Abstracts Monatsschr Kinderheilkd 2017 · 165:633–648 DOI 10.1007/s00112-017-0315-z © Springer Medizin Verlag GmbH 2017
Abstracts der 89. Wissenschaftlichen Halbjahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie e. V. (GPOH) 19./20. 05. 2017, Charité Campus VirchowKlinikum, Berlin Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. med. Angelika Eggert
Grußwort Sehr geehrte Leserinnen und Leser, wir freuen uns sehr, Ihnen in dieser Ausgabe der Monatsschrift Kinderheilkunde erneut Einblicke in die aktuellen Themen der Kinderonkologie und -hämatologie zu geben. Bei der Halbjahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) am 18./19. 05. 2017 in Berlin haben Sie die Gelegenheit, diese spannenden Beiträge mit aktuellen Daten und Konzepten präsentiert zu bekommen und mit den Referenten zu diskutieren. Bei dieser Frühjahrstagung werden wir den Teilnehmern am Freitagvormittag im Fortbildungsteil den aktuellen Stand der onkologischen Supportivtherapie vorstellen und anschließend der „jungen GPOH“ ein Forum zur Präsentation ihrer Forschungsergebnisse geben. Der State-of-the-Art-Keynote-Vortrag wird sich mit der molekularen Diagnostik der pädiatrischen Hirntumoren beschäftigen. Am Nachmittag liegen die Schwerpunktthemen diesmal bei den Rhabdoidtumoren, der genetischen Krebsprädisposition und neuen Ergebnissen aus frühen klinischen Studien. Am Samstag freuen wir uns auf interessante Vorträge und Diskussionen zu den Schwerpunktthemen der Hochrisikoneuroblastome, des myelodysplastischen Syndroms (MDS) und der schweren aplastischen Anämie. Abgerundet wird das Programm durch zahlreiche freie Vorträge zu gemischten Themen der pädiatrischen Onkologie und Hämatologie. Übersichten zu diesen neuen Daten finden Sie in der Auswahl der Abstracts in dieser Ausgabe. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen dieser informativen Abstracts.
Prof. Dr. Angelika Eggert Vorstandsvorsitzende GPOH
Bei den mit * gekennzeichneten Autoren handelt es sich um die präsentierenden Autoren. Monatsschrift Kinderheilkunde 7 · 2017
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Abstracts
Update Supportivtherapie Fieber bei granulozyopenen Kindern mit Krebserkrankungen: 2017 Update internationaler Empfehlungen Thomas Lehrnbecher1, Andreas H. Groll2 Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität Frankfurt, Frankfurt, Deutschland, 2Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität Münster, Münster, Deutschland 1
Infektionen sind nach wie vor eine wichtige Ursache für Morbidität und Letalität von Kindern, die aufgrund einer Krebserkrankung eine zytotoxische Chemotherapie erhalten. Die Granulozytopenie ist dabei der wichtigste Einzelrisikofaktor für eine infektiöse Komplikation. Fieber kann ein Zeichen einer Infektion sein, und Fieber bei granulozytopenen Kindern stellt eine Notfallsituation dar. 2012 wurden von einem internationalen Arbeitskreis Empfehlungen zum Vorgehen bei Kindern mit Fieber und Granulozytopenie publiziert [1], die kürzlich aktualisiert wurden. Die wesentlichen Änderungen werden vorgestellt und diskutiert. Die Empfehlungen zu Risikostratifizierung und zur Evaluation der Patienten wurden basierend auf Beobachtungsstudien sowie systematischen Reviews aktualisiert. Alle Empfehlungen zur antibiotischen und antimykotischen Therapie beruhen auf aktuellen systematischen Reviews randomisierter Studien. Die Empfehlungen zur Risikostratifizierung blieben im Vergleich zu 2012 unverändert, und bei der empirischen antibiotischen Therapie wurde lediglich ein 4.-Generation-Cephalosporin hinzugefügt. Dahingegen finden sich größere Modifikationen bei den Empfehlungen zur empirischen antimykotischen Therapie. Hier wurden die Risikostratifizierung für Hochrisikopatienten für invasive Pilzinfektionen verfeinert und wesentliche Änderungen zu den Empfehlungen von Biomarkern und radiologischen Untersuchungen bei Kindern mit prolongierter febriler Granulozytopenie vorgenommen. Eine schwache Empfehlung gibt es zudem für Kinder mit niedrigem Risiko für invasive Pilzinfektionen, bei prolongierter febriler Granulozytopenie auf eine empirische antimykotische Therapie zu verzichten. Allerdings können für viele klinische Situationen weiterhin keine evidenzbasierten Empfehlungen gegeben werden. Hier sind zukünftige Studien notwendig, die jedoch nur in Kooperationen durchzuführen sind. Literatur 1. Lehrnbecher et al (2012) J Clin Oncol 30(35):4427–4438. doi: 10.1200/JCO.2012.42.7161
Ambulant erworbene respiratorische Viren in der Hämatologie und Onkologie – Epidemiologie und Therapieoptionen Marie von Lilienfeld-Toal Jena, Deutschland Ambulant erworbene respiratorische Viren sind die Ursache für banale Erkältungen (obere Atemwegsinfektionen), die klassische Grippe und viral bedingte Lungenentzündungen (untere Atemwegsinfektionen). Während obere Atemwegsinfektionen selten letal verlaufen, können untere Atemwegsinfektionen den Patienten unmittelbar bedrohen. Circa 1/3 der Infektionen mit Influenza oder RSV verlaufen als untere Atemwegsinfektionen, von diesen ist eine Letalitätsrate von ca. 25–30 % berichtet. Aus diesem Grund sollten respiratorische Viren rasch und effektiv diagnostiziert und mittels adäquater Infektionsprävention sowie allgemeiner und kausaler Maßnahmen angemessen behandelt werden. Zur virologischen Diagnostik werden Nukleinsäureamplifikationstechniken wie die PCR bevorzugt empfohlen. In der Bildgebung einer virusinduzierten Pneumonie ist die CT dem Röntgen-Thorax weit überlegen und wird deswegen primär empfohlen. Die wichtigste allgemeine Maßnahme gilt der Vermeidung von Infektionsausbrüchen mittels Standardhygienemaßnahmen, wobei zu bedenken ist, dass Krebspatienten ambulant erworbene respiratorische Viren
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häufig deutlich länger ausscheiden als gesunde Personen. Grippeschutzimpfung wird allgemein empfohlen. Eine nachgewiesene Influenzainfektion sollte möglichst früh mit einem Neuraminidaseinhibitor behandelt werden, während eine RSV-Infektion mit intravenösen Immunglobulinen und Ribavirin behandelt werden kann. Für die meisten anderen respiratorischen Viren gibt es bisher keine kausale Standardtherapie. Das Ziel der Behandlung ist, eine untere Atemwegsinfektion zu verhindern und das Überleben zu verlängern. Prospektive Untersuchungen inklusive randomisierter Therapiestudien sind für alle Krebspatienten und alle respiratorischen Viren dringend erforderlich.
Multiresistente Erreger. Infektionskontrolle in Hochrisikobereichen Stefanie Kampmeier Institut für Hygiene, Universitätsklinikum Münster, Münster, Deutschland Fragestellung. Bakterielle Infektionserreger mit Resistenzen gegen mehrere Antibiotika (multiresistente Erreger, MRE) stellen in den letzten Jahren eine immer größer werdende hygienische Herausforderung dar. Die am häufigsten vorkommenden Vertreter sind hierbei Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) sowie die Gruppe der multiresistenten gramnegativen Erreger (MRGN). Als Ursachen für die Zunahme von MRE im Gesundheitssystem müssen eine unzureichende Infektionskontrolle und Hygiene, ein Intraund Interspeziestransfer von Resistenzfaktoren, eine Zunahme invasiver und immunsuppressiver Therapien sowie eine erhöhte Anzahl von Patienten mit Risikofaktoren in Betracht gezogen werden. Ergebnisse. Standards im Umgang mit MRGN und MRSA wurden bereits 2012 respektive 2014 durch die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlicht. Diese Empfehlungen im Alltag in Hochrisikobereichen umzusetzen, stellt medizinisches Personal im täglichen Umgang häufig vor Herausforderungen. Kolonisationen und Infektionen mit MRE bedeuten einen Mehraufwand in der Versorgung der betroffenen Patienten: Erweiterte Hygienemaßnahmen schließen die Einzelzimmerunterbringung betroffener Patienten sowie den Gebrauch persönlicher Schutzausrüstung wie Handschuhe, Kittel, Haube und Mund-Nasen-Schutz ein. Patiententransporte, die Durchführung diagnostischer sowie therapeutischer Maßnahmen sowie die Entsorgung und Aufbereitung von patientenbezogenen Materialien sind bei Vorliegen einer MRE-Kolonisation oder -Infektion aufwendiger als bei nichtbetroffenen Patienten. Dekolonisationsversuche bei MRE-Besiedlung können bevorzugt für MRSA angestrebt werden. Sanierungsmaßnahmen für MRGN und VRE sind noch nicht evaluiert und häufig nicht erfolgreich, da hier von einem Langzeitkolonisationsstatus auszugehen ist. Zur schnellstmöglichen und gezielten Identifizierung von MRE bei Risikopatienten werden Screeninguntersuchungen eingesetzt, wobei hier die korrekten Techniken und Entnahmestellen von Bedeutung sind. Im Falle einer Kolonisation oder Infektion mehrerer Patienten mit derselben Bakterienspezies müssen weitergehende Maßnahmen zur Infektionskontrolle ergriffen werden, die z. T. sequenzbasierte Surveillance-Strategien, Umgebungsuntersuchungen oder auch Personalscreening einschließen. Schlussfolgerung. Die Implementierung eines optimalen Hygienemanagements ist notwendig, um nosokomiale Übertragungen und die nach Infektionsschutzgesetz meldepflichtigen Ausbrüche von MRE zu verhindern.
Invasive Pilzinfektionen bei Kindern mit Krebserkrankungen oder allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation. Eine Interimsanalyse der prospektiven multizentrischen Studie IFI-PED
Outcome of children with cancer and/or allogeneic hematopoietic stem cell transplantation in the intensive care unit: Experience at a large European Pediatric Cancer Center
Fiona Poyer1, Thomas Lehrnbecher2, Andishe Attarbaschi1, Jamina Georg2, Andreas Becker2, Stefan Schöning2, Kathrin Gordon3, Andreas H. Groll3 1 St. Anna Kinderspital, Wien, Österreich, 2Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Frankfurt, Frankfurt, Deutschland, 3 Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Münster, Münster, Deutschland
Catharina T. M.M Barking1, Stefan Zöllner1, Katja Masjosthusmann2, Georg Rellensmann2, Karoline Ehlert1, Sophie Jocham1, Berit Bohnenkamp3, Almut Kremer3, Esther Rieger-Fackeldey2, Andreas H. Groll1 1 Department of Pediatric Hematology and Oncology, University Children’s Hospital Münster, Münster, Germany, 2Department of General Pediatrics, University Children’s Hospital Münster, Münster, Germany, 3Medical Controlling, University Hospital Münster, Münster, Germany
Fragestellung. Es gibt kaum Daten über Inzidenz und Prognose invasiver Pilzinfektionen (IFI) bei Kindern mit hämatologischen Malignomen (HM) oder nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation (HSZT). Zumeist stammen sie aus monozentrischen, retrospektiven Studien; Daten bezüglich neuer verfügbarer Triazolderivate und Echinokandinen sind kaum verfügbar. Mit dieser prospektiven multizentrischen Studie (DRKS00006341) möchten wir systematisch Informationen über Häufigkeit und Prognose von IFI bei Kindern mit HM oder erfolgter HSZT sowie über den prophylaktischen, empirischen und therapeutischen Einsatz antifungaler Therapie gewinnen. Studiendesign. Seit April 2014 wurden in den drei größten deutschsprachigen Zentren für pädiatrische Hämatoonkologie (Wien, Frankfurt, Münster) sämtliche Kinder mit der Neudiagnose einer Leukämie, eines Non-Hodgkin-Lymphoms (NHL) sowie deren Rezidive und Kinder mit erfolgter allogener HSZT in die Studie eingeschlossen. Eine Interimsanalyse ist im August 2016 durchgeführt worden. Daten wurden nach Patient sowie nach erfolgtem Chemotherapieblock (definiert als Zeitraum vom Beginn des Blockes bis zum Beginn des nächsten Blockes) bzw. bei Patienten mit allogener HSZT in zwei Intervallen (von Konditionierung bis Engraftment sowie von Engraftment bis Tag +100) ausgewertet. Ergebnisse. Insgesamt waren zum Zeitpunkt der Analyse 204 Patienten (128 Buben, 76 Mädchen, mittleres Alter 5,7 Jahre [0,2–18,3 Jahre]) mit akuter lymphoblastischer Leukämie (ALL, 129 Patienten [6 Patienten mit ALL-Rezidiv], insgesamt 714 Chemotherapiezyklen), akuter myeloischer Leukämie (AML, 17 Patienten [2 Patienten mit AML-Rezidiv], insgesamt 62 Chemotherapiezyklen) und NHL (20 Patienten, insgesamt 113 Chemotherapiezyklen) eingeschlossen worden. Zusätzlich wurden 40 Patienten mit allogener HSZT eingeschlossen. Bei 10 Patienten wurde eine mögliche IFI (nach EORTC-Kriterien) diagnostiziert (5 %; 8 HSZT-Patienten und 2 Patienten mit AML), wahrscheinliche bzw. bewiesene IFI wurden bei jeweils 4 Patienten diagnostiziert (4 %; 6 Patienten mit ALL [4,6 % aller ALL-Patienten] und 2 Patienten nach HSZT [5 % aller HSZT-Patienten]). Als Erreger der bewiesenen/wahrscheinlichen IFI wurden Aspergillus spp. (n = 6), Candida spp. (n = 1) sowie eine Koinfektion mit Aspergillus spp. und Rhizopus spp. (n = 1) nachgewiesen. Sechs Wochen nach Diagnosestellung waren 7/8 Patienten mit bewiesener/wahrscheinlicher IFI am Leben. 112 Patienten (55 %) erhielten während 292 der analysierten Episoden (30 %) eine primäre antifungale Prophylaxe. Eine empirische antifungale Therapie erhielten 41 Patienten (20 %) in 55 der analysierten Episoden (6 %). Schlussfolgerung. Die erste Interimsanalyse dieser prospektiven, multizentrischen Studie zeigt, dass 55 % bzw. 20 % der Patienten mit HM oder nach allogener HSZT eine prophylaktische oder empirische antifungale Therapie erhielten. Genauere Analysen sind notwendig, um die Patienten zu identifizieren, welche am meisten von einer primären antifungalen Prophylaxe profitieren, und ein verbessertes Outcome dieser Patienten zu erreichen.
Background. Pediatric cancer treatment and hematopoietic stem cell transplantation (HSCT) carry considerable risks of morbidity. We analyzed intensive care unit (ICU) admissions in children and adolescents treated for cancer or undergoing HSCT who developed life-threatening complications. Methods. Patients ≤ 21 years with hematological or oncological disorders or status post allogeneic HSCT receiving care at the Department of Pediatric Hematology and Oncology admitted to the ICU between 2003 and 2013 for life-threatening conditions were identified through a search of the University Hospital’s medical controlling database. Demographics, disease related parameters, medical course during the ICU stay and outcome of the ICU stay were analyzed. The primary endpoint of outcome was survival in the ICU; survival at discharge from the hospital, at 30, 100 and 365 days post-admission, and long-term survival probability were further endpoints. Causes of death (cancer vs. complications) and parameters with potential impact on outcome were analyzed by uni- and multivariate analysis. The study was reviewed and approved by the local ethics committee. Results. During the study period, 140 patients had 188 admissions to the ICU for a life-threatening medical condition, accounting for 1.6% of all 11,890 hospital admissions of patients to the Department of Pediatric Hematology and Oncology. The majority of patients (60.6%) had a hematological malignancy, and 38.3% were post allogeneic HSCT; the median age was 10.4 years (range, 0.0–20.5). The main reasons for ICU admission were respiratory insufficiency (85; 45.2%), cardiovascular insufficiency (52; 27.7%) and sepsis (51; 27.1%). The median duration of ICU stay was 3 days (range, 1 h–80 days); re-admission to the ICU within 7 days occurred in 23 cases (12.2%). Mortality in the ICU was 19.1% (36) and related to organ failure and acute complications (28; 77.8%) or irreversible progress of the underlying malignancy (8; 22.2%). Mortality rates at 30, 100 and 365 days post discharge from the ICU were 24.5%, 30.9%, and 39.9%, respectively. After a median follow-up of 1735 days (range, 404–3931), survival probabilities (Kaplan–Meyer) after five and ten years following admission to the ICU were 46.4% and 39.8%. There was no trend over time regarding individual survival endpoints. Parameters associated with death in the ICU by univariate analysis included status post allogeneic HSCT, prior ICU admission(s), the number of days in the ICU, the presence of infections, occurrence and number of organ failures and the number of supported organ systems. Multivariate analysis revealed the number of failed organ systems (OR 6.21; 95% CI: 2.55–15.120; p < 0.01), the number of prior ICU stays (OR 4.66; 95% CI: 1.20–18.02; p = 0.025), and the number of days in the ICU (OR, 1.09; 95% CI: 1.01–1.17; p = 0.015) as parameters that were significantly associated with death in the ICU. Conclusions. The outcome of pediatric cancer/HSCT patients admitted for acute, life-threatening conditions was not as dismal as reported for some centers in the literature. Most patients benefitted from ICU care and survival was predominantly compromised by the evolution of complications.
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Junge POH Point-of-Care-Gerinnungsdiagnostik am Beispiel der Thrombelastometrie Fabian Knörr, Marius Rohde Kinderklinik Gießen, Gießen, Deutschland Intraoperative und Point-of-Care-Gerinnungsdiagnostik spielen insbesondere im Rahmen von kardiochirurgischen Eingriffen unter Nutzung einer Herz-Lungen-Maschine eine wichtige Rolle zur Reduktion von Blutungs- und thrombotischen Komplikationen. Dabei findet im Kinderherzzentrum Gießen die Thrombelastometrie mittels des Rotationsthrombelastogrammverfahrens ROTEM® Verwendung. Dieses erlaubt die zeitgleiche Bestimmung von multiplen Gerinnungsparametern und die Therapiesteuerung von Gerinnungspräparaten, Heparin, Protamin und Antifibrolytika mit geringer Zeitverzögerung. In dem Fortbildungsbeitrag soll das Verfahren anhand von kurzen Video sequenzen kurz vorgestellt und mit den theoretischen Grundlagen der Gerinnung verknüpft werden. Anhand eines Fallbeispiels können die Teilnehmer ihr frisch erworbenes Wissen direkt anwenden.
Molekulare Diagnostik Hirntumoren: State of the Art Molekulare Neuropathologie 2.0 – Validierung epigenetischer Klassifikationsverfahren und Genpanelsequenzierung mit dem Ziel der Integration in die klinisch-neuropathologische Primärdiagnostik kindlicher ZNS-Tumoren Dominik Sturm1,2, David T. W. Jones1, David Capper3, F. Sahm4, A. v. Deimling4, Agata Rode1, Stefan Rutkowski5, M. Warmuth Metz6, B. Bison6, M. Gessi7, Torsten Pietsch7, Stefan M. Pfister1,2 im Namen des Behandlungsnetzwerks HIT 1 Abteilung für Pädiatrische Neuroonkologie, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg, Heidelberg, Deutschland, 2 Abteilung für Onkologie, Hämatologie, Immunologie und Pneumologie, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland, 3Institut für Neuropathologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland, 4Abteilung für Neuropathologie, Universitätsklinikum Heidelberg, und Klinische Kooperationseinheit Neuropathologie, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg, Heidelberg, Deutschland, 5Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland, 6Neuroradiologisches Referenzzentrum, Institut für Neuroradiologie, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg, Deutschland, 7 Hirntumor-Referenzzentrum der DGNN, Institut für Neuropathologie, Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland Hintergrund. Die exakte Klassifikation von Tumoren des zentralen Nervensystems (ZNS) in klinisch und biologisch verschiedene Entitäten stellt eine große Herausforderung dar. Kinder und Jugendliche können von > 100 klinisch-pathologisch definierten Hirntumorentitäten mit unterschiedlicher Prognose betroffen sein, von denen einige außerordentlich selten auftreten. Die Untersuchung genomweiter DNA Methylierungsmuster birgt zusätzliche Möglichkeiten, biologisch unterschiedliche Varianten von ZNS-Tumoren voneinander abzugrenzen. Die Zielsetzung der Studie Molekulare Neuropathologie 2.0 (MNP2.0) ist die Validierung neuer (epi)genetischer Klassifikationsmethoden durch Abgleich mit den Ergebnissen der neuropathologischen Referenzdiagnostik für neu diagnostizierte ZNS-Tumoren im Kindes- und Jugendalter. Studiendesign. Eine molekulare Diagnose wird anhand der DNA-methylierungsbasierten Tumorklassifikation sowie der zielgerichteten Sequenzierung von > 130 ausgewählten Genen gestellt, die diagnostisch und/oder therapeutisch nützliche DNA-Mutationen und Genfusionen detektiert. Die Ergebnisse werden mit der Diagnose des Hirntumor-Referenzzentrums der DGNN (HTRZ) gemäß WHO-Klassifikation 2016 abgeglichen
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und abweichende Befunde in einer interdisziplinären Fallkonferenz inklusive der neuroradiologischen Referenzbegutachtung diskutiert. Über 400 Patienten wurden bislang eingeschlossen. Ergebnisse. Das im Rahmen der Studie zugesandte Material war in ca. 90 % der Fälle ausreichend, um molekulargenetische Analysen zu ermöglichen. Zehn Leerschnitte formalinfixierten Paraffinmaterials (FFPE) sind in > 95 % der Tumoren ausreichend, um verwertbare Ergebnisse der DNAMethylierungsanalyse zu generieren. Der Abgleich mit der neuropathologischen Referenzdiagnose führt zu vier möglichen Befundkonstellationen: a) übereinstimmende Klassifikation (~ 77 %), b) abweichende Klassifikation, die durch Falldiskussion und/oder zusätzliche Untersuchungen aufgelöst werden kann (~ 5 %), c) abweichende Klassifikation in verschiedene Entitäten ohne aktuell verfügbare Möglichkeiten der Auflösung (~ 8 %) und d) Tumoren, deren (epi)genetische Klassifikation derzeit nicht eindeutig möglich ist (~ 10 %). Abweichungen liegen gehäuft in bestimmten neuropathologischen Entitäten vor, wie z. B. histologisch hochgradige Gliome mit molekularem Profil niedriggradiger Gliome. Schlussfolgerung. Genomweite (epi)genetische Analysen bieten eine wertvolle zusätzliche Informationsebene in der neuropathologischen Diagnostik von Tumoren des ZNS. Die MNP2.0-Studie wird aufzeigen, für welche Tumorentitäten der Einsatz der methylierungsbasierten Tumorklassifikation und/oder Genpanelsequenzierung besonders nützlich sein wird, um nach ausreichender Validierung eine Optimierung der Diagnostik und der Risikostratifizierung für zukünftige Generationen betroffener Patienten zu erreichen. Zudem eröffnet die Studie vielfältige Möglichkeiten für neue wissenschaftliche Erkenntnisse, insbesondere in Tumoren mit unerwarteter Befundkonstellation.
Molekulare Diagnostik bei Hirntumorrezidiven im Rahmen des INFORM-Registers Pfaff, Elke*,1,2,3, Worst, Barbara C.*,1,2,3, Pajtler, Kristian W.1,2,3, Blattner-Johnson, Mirjam1,3, Balasubramanian Gnana Prakash3,6, Fiesel, Petra3,7, van Tilburg, Cornelis M.2,3,4, Witt, Ruth4, Freitag, Angelika4, von Deimling, Andreas3,7, Eggert, Angelika8, Lichter, Peter3,9, Capper, David3,7, Pfister, Stefan M.1,2,3, Jones, David T. W.1,3, Witt, Olaf2,3,5 1 Abteilung für Pädiatrische Neuroonkologie, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg, Heidelberg, Deutschland, 2 Abteilung für Onkologie, Hämatologie, Immunologie und Pneumologie, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland, 3Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) Heidelberg, Heidelberg, Deutschland, 4NCT Studienzentrale, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, Heidelberg, Deutschland, 5Klinische Kooperationseinheit Pädiatrische Onkologie, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg, Heidelberg, Deutschland, 6Abteilung für Angewandte Bioinformatik, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg, Heidelberg, Deutschland, 7Abteilung für Neuropathologie, Universitätsklinikum Heidelberg, und Klinische Kooperationseinheit Neuropathologie, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg, Heidelberg, Deutschland, 8Abteilung für pädiatrische Onkologie und Hämatologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland, 9 Abteilung für Molekulare Genetik, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg, Heidelberg, Deutschland Hintergrund. Die Rezidivsituation von Patienten mit malignen Hirntumoren stellt eine große Herausforderung in der pädiatrischen Onkologie dar. Betroffene Patienten haben zumeist eine besonders ungünstige Prognose und es fehlt häufig an gut etablierten Behandlungskonzepten. Im Rahmen des INFORM-Registers („INdividualized therapy FOr Relapsed Malignancies in children“) wird das bei einer Routinebiopsie dieser Patienten gewonnene Tumormaterial mittels molekulargenetischer Methoden möglichst genau charakterisiert. Diese Analysen haben zum Ziel, molekulare Veränderungen als mögliche Ansatzpunkte für neue zielgerichtete Therapien zu identifizieren. Studiendesign. Die molekulare Charakterisierung des aktuellen Rezidivtumors erfolgt durch Sequenzierung des gesamten Exoms und in niedri-
ger Auflösung des gesamten Genoms, RNA-Sequenzierung, Analyse der DNA-Methylierung sowie durch Erstellen eines Genexpressionsprofils. Die Daten werden in Hinblick auf mögliche Ansatzpunkte für zielgerichtete Therapien sowie auf tumorbiologisch relevante Alterationen ausgewertet. Nach Abschluss der Analysen erfolgt eine Diskussion der Ergebnisse im wöchentlichen interdisziplinären molekularen Tumorboard zusammen mit den behandelnden Ärzten sowie Vertretern der involvierten GPOHStudiengruppen. Ergebnisse. Von den über 200 in den ersten beiden Jahren der INFORMRegisterphase eingeschlossenen Patienten war etwa ein Drittel von einem rezidivierten bzw. progredienten Hirntumor betroffen. Die Diagnose der Hälfte dieser Patienten bestand in einem hochgradigen Gliom (inklusive diffuser intrinsischer Ponsgliome, die bereits bei Erstdiagnose eingeschlossen werden können). Patienten mit Ependymomen machten etwa 20 %, Patienten mit Medulloblastomen etwa 10 % aller eingeschlossenen Hirntumorpatienten aus. Die übrigen Fälle waren Patienten mit ATRT, ETMR und mit histologisch als PNET diagnostizierten Tumoren. Es zeigte sich ein sehr breites Spektrum an Alterationen einschließlich Punktmutationen, Kopienzahlveränderungen sowie Genexpressionsveränderungen. Diverse bekannte onkogene Signalwege wie Rezeptortyrosinkinasen, der PI3K/AKT/mTOR-Signalweg oder der MAPK-Signalweg wiesen in verschiedenen Entitäten Alterationen auf. Zudem konnten in Einzelfällen seltene relevante Veränderungen, wie NTRK- oder ALK-Fusionen, identifiziert werden. Während bei Patienten mit hochgradigen Gliomen und ATRT in etwa 60 % der Fälle Veränderungen mit einem hohen Evidenzgrad nachgewiesen werden konnten, lag der Anteil bei Medulloblastompatienten bei etwa 25 %. Für andere Entitäten, wie beispielsweise Ependymome, ergaben sich niedrigere Frequenzen von Alterationen mit potenzieller klinischer Relevanz. Schlussfolgerung. Die Durchführung einer umfangreichen molekularen Charakterisierung in der Rezidivsituation ist im klinischen Rahmen möglich. Für Hirntumorpatienten können durch diese Diagnostik molekulare Veränderungen identifiziert werden, die möglicherweise Therapieoptionen mit neuen zielgerichteten Medikamenten eröffnen.
Rhabdoidtumoren Neue Risikostratifizierung für atypische teratoide rhabdoide Tumoren (AT/RT) – Lehren aus 119 einheitlich behandelten Fällen des EU-RHAB Registers Michael C. Frühwald1, Karolina Nemes1, Pablo Hernaiz-Driever2, Martin Ebinger3, Peter Hauser4, Irene Schmid5, Niels Clausen6, Maura Massimino7, Maria-Joao Gil Da Costa8, Paul-Gerhardt Schlegel9, Thomas Klingebiel10, Uwe Kordes11, Harald Reinhard12, Martha Perek-Polnik13, Rhoikos Furtwängler 14, Joachim Gerss15, Rolf-Dieter Kortmann16, Reinhard Schneppenheim17, Beate Timmermann18, Monika Warmuth-Metz19, Karsten Nysom20, Reiner Siebert21, Marcel Kool22, Martin Hasselblatt23 for the EU-RHAB network 1 Children’s Hospital Augsburg, Swabian Children’s Cancer Centre, Augsburg, Deutschland, 2Department of Pediatric Haematology and Oncology, University Berlin, Otto-Heubner-Children’s Center, Berlin, Deutschland, 3 Department of Pediatrics, University Tübingen, Tübingen, Deutschland, 42 nd Department of Pediatrics, Semmelweis University, Budapest, Ungarn, 5Department of Pediatric Haematology and Oncology, Dr. von Haunerschen Children’s Hospital, Ludwig-Maximilian-University Munich, München, Deutschland, 6Department of Paediatrics, Børneafdelingen, Aarhus University Hospital, Skejby, Aarhus N, Dänemark, 7Department of Pediatrics, Fondazione IRCCS, Istituto Nazionale dei Tumori, VMilano, Italien, 8 Department of Pediatric Haematology and Oncology, Hospital Pediatrico Integrado, Centro Hospitalar Sao Joao, Almaeda Hernani Monteiro, Portugal, 9 Department of Pediatric Haematology and Oncology, University Würzburg, Würzburg, Deutschland, 10Department of Pediatrics, University Frankfurt, Frankfurt am Main, Deutschland, 11Department of Pediatric Haematology and Oncology, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland, 12Children’s Hospital Asklepios, Department of Pediatric Haematology and Oncology, Augustin, Deutschland, 13Children’s Cancer Center, „Pomnik-Centrum Zdrowia Dziecka“, Warschau, Polen, 14 Department of Pediatric Haematology and Oncology, University of Saarland, Homburg, Deutschland, 15Institute of Biostatistics and Clinical Research, University of Münster, Münster, Deutschland, 16Department of Radiooncology, University of Leipzig, Leipzig, Deutschland, 17Department of Pediatric Haematology and Oncology, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland, 18Particle Therapy Clinic at West German Proton Therapy, University Hospital Essen, Essen, Deutschland, 19Department of Neuroradiology, University Hospital Würzburg, Würzburg, Deutschland, 20 Section of Paediatric Haematology & Oncology, Dept. of Paediatrics & Adolescent Medicine, Section 5051, Rigshospitalet, Copenhagen, Dänemark, 21 Department of Human Genetics, Institute of Human Genetics, University of Ulm, Ulm, Deutschland, 22Division of Pediatric Neurooncology (B062), German Cancer Consortium (DKTK), German Cancer Research Center (DKFZ), Heidelberg, Deutschland, 23Institute of Neuropathology, University Hospital Münster, Münster, Deutschland Fragestellung. AT/RT als prototypische „orphan disease“ stellen Kinder onkologen weltweit vor Herausforderungen. Hierzu gehören die mangelhafte Definition eines Therapiestandards, das Fehlen kontrollierter klinischer Studien, aber auch die ungenügende Verfügbarkeit von ausreichend Gewebe für molekulare Analysen. EU-RHAB sammelt seit mehr als 10 Jahren prospektiv klinische Daten zu betroffenen Kindern aus verschiedenen europäischen Ländern. Ziele sind u. a. die Definition eines Therapiestandards, Erkenntnisse zur molekularen Biologie und zu potenziellen Therapiezielen sowie eine entsprechende Einteilung in Risikogruppen für die Stratifizierung. Studiendesign. 119 Patienten mit AT/RT wurden nach den Empfehlungen des EU-RHAB-Registers behandelt und wann immer möglich molekulargenetisch analysiert. Mutationen der Gene SMARCB1 und/oder SMARCA4 wurden mittels FISH, MLPA und Sequenzierung untersucht. Wann immer genügend Gewebe verfügbar war, erfolgte die 450k-Methylierungsanalytik zur Einteilung in die kürzlich beschriebenen molekularen Subgruppen ATRT-MYC, -SHH oder -TYR [1]. Die molekulargenetischen
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Abstracts Befunde wurden mit klinischen Daten inklusive der Überlebensdaten nach erfolgter Konsensustherapie korreliert. Ergebnisse. Das mediane Alter der 68 Jungen und 51 Mädchen lag bei 29,5 Monaten (0–231 Mon.). 57 % der AT/RT lagen infratentoriell und 2,5 % spinal. In 66 Fällen gelang eine umfassende Analytik des SMARCB1/SMARCA4-Mutationsstatus aus Tumor- und Keimbahngewebe. Die Mehrzahl der Fälle zeigte homozygote Deletionen. Biallelische Mutationen („nonsense“, „missense“, „splice-site“, „frameshift“) und intragenische Deletionen der DNA-Bindungsdomäne waren selten. 22 von 94 analysierbare Fälle präsentierten Keimbahnmutationen (23 %). Am häufigsten waren dies „nonsense“-Mutationen von Exon 2 (c.118 C>T p.Arg40*, c.157 C>T p.Arg53*). Eine molekulare Untergruppierung gelang in 54 Fällen. 19 zeigten eine ATRT-TYR-, 10 eine ATRT-MYC- und 25 eine ATRTSHH-Signatur. Unsere detaillierten Analysen belegen zwei Hochrisikogruppen. Die eine ist charakterisiert durch sehr junges Alter (Median 6,9 Mon.), vorwiegend infratentorielle Lokalisation, synchrone Tumoren und eine Keimbahnmutation. Die andere durch eine ATRT-MYC-Signatur, die Abwesenheit einer Keimbahnmutation sowie ein etwas höheres Alter (Median 34,3 Mon.). Schlussfolgerung. Im Gegensatz zur bisherigen Lehrmeinung sind AT/ RT keine homogene Gruppe von Erkrankungen, sondern lassen sich anhand molekularer und klinischer Faktoren in unterschiedliche Risikogruppen einteilen. Die von uns aufgedeckten Faktoren müssen nun prospektiv im Rahmen randomisierter klinischer Studien validiert werden, um so Schritt für Schritt einen Risikoscore für die stadiengerechte Therapie zu entwickeln. EU-RHAB wird unterstützt von der „Deutschen Kinderkrebsstiftung“ DKKS 2010.03, den Elterninitiativen Lichtblicke Augsburg und „Horizonte“, Weseke. Literatur 1. Leroy et al (2017)
Rhabdoide Tumoren der Niere. 22 Jahre Erfahrungen der GPOHStudien Rhoikos Furtwängler1, C. Vokuhl 2, Ivo Leuschner2, J. P. Schenk3, P. Melchior4, C. Rübe4, Leo Kager5, Karolina Nemes6, Martin Ebinger7, Norbert Graf1, Michael C. Frühwald6 für die EU-RHAB- und die GPOH-NierentumorStudiengruppen 1 Klinik für pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg, 2Kindertumorregister, Paidopathologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Kiel, 3Sektion für Kinderradiologie, Universitätsklinikum, Heidelberg, 4Klinik für Strahlentherapie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg, 5 St. Anna Kinderspital, Wien, 6Kinderklinik Augsburg, Schwäbisches Kinderkrebszentrum, Augsburg, 7Klinik für pädiatrische Onkologie und Hämatologie, Universitätskinderklinik, Tübingen Fragestellung. Die Behandlung der seltenen malignen rhabdoiden Tumoren der Niere (MRTK) stellt Kliniker aufgrund des aggressiven Wachstums, des jungen Alters und des meist fortgeschrittenen Stadiums der Erkrankung vor gegensätzliche Herausforderungen. Insbesondere die Indikation zur Bestrahlung, die intensive Anthrazyklin- und die Hochdosistherapie mit autologem Stammzell-Rescue werden kritisch hinterfragt. Studiendesign. Insgesamt wurden 52 Patienten mit MRTK über einen Zeitraum von 22 Jahren innerhalb der konsekutiven Studien SIOP9/GPO, SIOP93-01/GPOH, SIOP2001/GPOH und EU-RHAB behandelt. Ergebnisse. Drei Patienten zeigten eine multifokale Erkrankung mit synchronem AT/RT, einer dieser Patienten verstarb unbehandelt. 22 Patienten hatten Fernmetastasen bei Diagnose, in der Regel pulmonal (82 %). 13 Patienten wurden primär operiert, 38 erhielten eine präoperative Behandlung, davon 19 Actinomycin D und Vincristin (AV), 18 AV und Doxorubicin und einer eine nicht näher bekannte Therapie. Das Ansprechen auf die präoperative Therapie mit Doxorubicin war sowohl bzgl. der Tumorvolumenreduktion (60 % Volumenreduktion gegenüber 19 % Zunahme, p < 0,001) als auch des Anteils an Patienten mit einem objektiven Ansprechen, definiert als Partial Response nach RECIST, signifikant besser als auf AV (87 % vs. 32 %).
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Das Gesamt- und das ereignisfreie Überleben (2y-OS/EFS) für die Kohorte waren mit 35,7 % und 36,3 % beinahe deckungsgleich. In der Risikoanalyse zeigten sich die bereits zuvor dokumentierten Risikofaktoren lokales Stadium III (p = 0,01), Stadium IV (p = 0,001) und Alter unter 12 Monaten (p = 0,02). Patienten mit einer Hochdosistherapie (n = 11) zeigten ein nichtsignifikant besseres Überleben als Patienten ohne eine Hochdosistherapie im Rahmen ihrer postoperativen Therapie (n = 38) (60 % vs. 34 %, p = 0,06). Schließt man Patienten mit einem frühen Progress (
Extrakranielle rhabdoide Tumoren. Therapeutischer Fortschritt durch einheitliches Management Karolina Nemes1, Thomas Kroencke2, Christian Vokuhl3, Ivo Leuschner3, Uwe Kordes4, Reinhard Schneppenheim4, Reiner Siebert5, Christian Rübe6, Ewa Koscielniak7, Joachim Gerss8, Rhoikos Furtwängler9, Michael C. Frühwald1 for the EU-RHAB network 1 Children’s Hospital Augsburg, Swabian Children’s Cancer Centre, Augsburg, Deutschland, 2Klinik für Diagnostische Radiologie und Neuroradiologie, Klinikum Augsburg, Augsburg, Deutschland, 3Kindertumorregister, Paidopathologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Kiel, Deutschland, 4Department of Pediatric Haematology and Oncology, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland, 5Department of Human Genetics, Institute of Human Genetics, University of Ulm, Ulm, Deutschland, 6Department of Radiotherapy and Radiation Oncology, Saarland University Medical Centre, Homburg/Saar, Deutschland, 7CWS-Studienzentrale Olgahospital – Zentrum für Kinderund Jugendmedizin, Stuttgart, Deutschland, 8Institute of Biostatistics and Clinical Research, University of Münster, Münster, Deutschland, 9Department of Pediatric Haematology and Oncology, University of Saarland, Homburg, Deutschland Fragestellung. Extrakranielle rhabdoide Tumoren sind sehr seltene Malignome mit 10–15 neu diagnostizierten Patienten in Deutschland pro Jahr. Die Behandlung stellt Kinderonkologen weltweit aufgrund des jungen Alters der Betroffenen, der Aggressivität des Tumors und der fehlenden kontrollierten klinischen Studien vor Herausforderungen. Das EU-RHAB-Register wurde gegründet, um klinische und genetische Daten betroffener Patienten europaweit zu sammeln und durch einheitliche Therapieempfehlungen das Überleben zu verbessern. Studiendesign. Zwischen 2009 und 2016 wurden 94 Patienten mit extrakraniellen RT (n = 69 eMRT, n = 25 RTK) in EU-RHAB registriert und gemäß der Konsensustherapieempfehlung behandelt. Die Mutationsanalytik zu SMARCB1 (SMARCA4) (Tumor und/oder Blut) wurde mittels FISH, MLPA und Sequenzierung erhoben. Ergebnisse. 67 % der Tumoren waren eMRT, 21 % RTK und 12 % synchrone Tumoren (AT/RT + eMRT = 6, AT/RT + RTK = 5). 45 Patienten hatten bei Diagnose bereits Fernmetastasen. Keimbahnmutation wurde in 17 von 69 analysierbaren Fällen nachgewiesen. Die Analytik von SMARCB1/ SMARCA4 (FISH, MLPA, Sequenzierung) aus Tumorgewebe gelang in 42 Fällen. Am häufigsten waren homozygote Deletionen von SMARCB1. Eine komplette Tumorresektion (GTR) gelang in 38 %. Eine komplette Chemotherapie nach EU-RHAB wurde in 54 %, eine Hochdosistherapie in 21 % und eine Radiotherapie in 48 % durchgeführt.
Schlussfolgerungen. Alter bei Diagnose, Fernmetastasierung, das Vorliegen einer Keimbahnmutation, Genetik SMARCB1 (SMARCA4) aus Tumorgewebe, eine GTR, komplette Chemotherapie nach EU-RHAB, Radiotherapie und eine erreichte CR sind signifikante prognostische Faktoren, die das Überleben der Patienten mit extrakraniellen rhabdoiden Tumoren beeinflussen. Die extrakraniellen MRT sind (wie die AT/RT) keine homogene Krankheitsgruppe. Die klinische und molekulare Heterogenität extrakranieller MRT sollte weiter analysiert werden, um einen risikoangepassten, strategischen Therapiestandard zu entwickeln. EU-RHAB wird unterstützt von der „Deutschen Kinderkrebsstiftung“ DKKS 2010.03, den Elterninitiativen Lichtblicke Augsburg und „Horizonte“, Weseke.
Das Spektrum der SMARCB1-Keimbahnmutationen. Rhabdoide Tumoren und noch viel mehr! Uwe Kordes1, Forian Oyen1, Till Holsten2, Ulrich Schüller2, Christian Hagel3, Michael C. Frühwald4, Victor-Felix Mautner5, Reinhard Schneppenheim1 1 Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland, 2 Institut für Neuropathologie, Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie und Forschungsinstitut Kinderkrebszentrum Hamburg, Hamburg, Deutschland, 3 Institut für Neuropathologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland, 4 I. Klinik für Kinder und Jugendliche, Schwäbisches Kinderkrebszentrum, Augsburg, Augsburg, Deutschland, 5 Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland Hintergrund und Fragestellung. Das Rhabdoid-Tumor-PrädispositionsSyndrom Typ 1 (RTPS1) ist ein paradigmatisches Knudson-2-Hit-Tumormodell, welches einen epigenetischen Regulator als Tumorsuppressor instrumentalisiert. Weniger bekannt in der Kinderonkologie sind die funktionell andersartigen SMARCB1-Keimbahnmutationen, die eine Schwannomatose (SWNTS1) oder eine Variante des Coffin-Siris-Syndroms (CSS Typ 3) verursachen. SWNTS1 hat ein medianes Alter bei Diagnose von 30 Jahren, ist charakterisiert durch spinale und periphere Schwannome, oft mit einem neuropathischen Schmerzsyndrom, jedoch ohne Vestibularisschwannome. Beim CSS liegen eine schwere syndromale intellektuelle Einschränkung vor sowie typische Stigmata wie vergröberte Gesichtszüge, Daumenund Zehenhypolasie und Hypertrichose. Überschneidungen dieser Syndrome kommen in Ausnahmefällen vor. Dieses wird anhand eines Fallbeispiels aus unserer Klinik mit RTPS1, frühem AT/RT und später Schwannomatose illustriert, im Vergleich zu den hauseigenen sporadischen Schwannomen bei Kindern und Jugendlichen. Methode und Ergebnisse. Kasuistische Zusammenstellung der klinischen, pathologischen Befunde. Retrospektive monoinstitutionale Analyse der unilateralen kindlichen intrakraniellen Schwannome. Schlussfolgerung. Die langfristige Überwachung und Vorsorgeuntersuchungen bestimmter kindlicher Tumorprädispositionen sind auch nach Transition und außerhalb der sogenannten kritischen Phase von großer Bedeutung.
Frühe klinische Studien Precision-Oncology-Programme Olaf Witt, Stefan Pfister Hopp-Kindertumorzentrum am NCT Heidelberg (KiTZ), KKE Pädiatrische Onkologie und Abteilung Pädiatrische Neuroonkologie, DKFZ Sektion Pädiatrische Hirntumore, Klinik für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie UKL Heidelberg, Heidelberg, Deutschland Fragestellung. Grundprinzip der Präzisionsonkologie sind die Identifizierung von tumortreibenden molekularen Targets oder Mechanismen und die Zuordnung von Therapien, die spezifisch und effektiv das Target erreichen und in seiner Funktion ausschalten. Das molekulare Screening
von Patientenpopulationen auf molekulare Zielstrukturen ist logistisch, technisch, personell und finanziell aufwendig und muss unter klinischen Bedingungen anwendbar sein. Der klinische Benefit solcher Präzisionsonkologieprogramme muss ultimativ in prospektiven klinischen Studien getestet werden. Studiendesign. In der pädiatrischen Onkologie werden in Europa derzeit in verschiedenen Ländern Plattformen für Präzisionsonkologie aufgebaut. Dazu zählen das INFORM-Programm in Deutschland und das MAPPYACTS-Programm in Frankreich, die seit 2 Jahren bereits erfolgreich Patienten rekrutieren. Darüber hinaus befinden sich weitere Programme im Aufbau: iTHER in den Niederlanden und SM-PAEDS in UK. Beide inkludieren die gleichen SOPs, Labor- und bioinformatischen SOPs wie INFORM und die Ergebnisse sind daher direkt vergleichbar. Ergebnisse. In das INFORM-Register wurden in der 2-jährigen Aufbauphase im Zeitraum 2015–2017 250 Patienten mit rezidivierten Tumorerkrankungen rekrutiert und unter klinischen Bedingungen mittels NGS analysiert. Die häufigsten Diagnosen sind Hirntumore und Sarkome, gefolgt von Neuroblastomen und selteneren Entitäten. In der Gesamtkohorte findet sich etwa in 50 % der Fälle ein molekulares Target, wobei die TargetFrequenz in Abhängigkeit von der histologischen Diagnose stark variiert. Häufige Targets betreffen MAPK-, PI3k/mTOR- und RTKI-Signalwege. Es wurden darüber hinaus aber auch neue Targets von bisher nichtbeschriebenen Fusionsgenen entdeckt sowie eine Subgruppe an Patienten mit hoher Mutationslast/PDL1-Expression. Vergleiche von Tumorpaaren aus der Primär- und Rezidivsituation zeigen in vielen Fällen eine molekulare Progression unter Erstlinientherapie. Darüber hinaus führen die molekularen Untersuchungen im Rezidiv in einem relevanten Anteil zur Änderung der Diagnose, Identifizierung von Zweitmalignomen und Detektion von hereditären Krebsdispositionssyndromen. Die Rekrutierung von Patienten in offene Phase-I/II-Studien der GPOH gelang nur in 2/250 Fällen infolge des aktuell limitierten Portfolios an offenen frühen klinischen Studien in der GPOH. Schlussfolgerung. Diagnostische Precision-Medicine-Programme in der Kinderonkologie in Europa sind in Deutschland und Frankreich flächendeckend etabliert und in weiteren Ländern im Aufbau. Das INFORMRegister wird aktuell international ausgeweitet. Proof-of-concept-Phase-I/ II-Studien haben in der ITCC begonnen (eSMART) bzw. sind in Vorbereitung (INFORM2). Die Studienstrategien Umbrella/Basket versus Trial-Series-Konzepte sind dabei unterschiedlich. Erste INFORM2-Studien werden rezidivierte Tumore mit hoher Mutationslast, ALK/MET-alterierte Tumore sowie MYC-getriebene Tumore adressieren.
Genetische Krebsprädisposition Keimbahnmutationen bei krebskranken Kindern. Düsseldorfer Erfahrung mit Trio-Whole-Exome-Sequenzierung zur Evaluation einer Krebsprädisposition Michaela Kuhlen1, Triantafyllia Brozou1, Julia Fremerey1, Michael Gombert1, Dagmar Wieczorek2, Carolin Walter3, Martin Dugas3, Arndt Borkhardt1 1 Klinik für Kinder-Onkologie, Hämatologie und Klinische Immunologie, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland, 2Institut für Humangenetik, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland, 3Institut für Medizinische Informatik, Universität Münster, Münster, Deutschland Hintergrund. Bei einem relevanten Anteil von krebskranken Kindern und Jugendlichen liegt ein Krebsprädispositionssyndrom (CPS) zugrunde. Für viele CPS ist das Verhältnis von vererbten zu neu aufgetretenen (De-novo-)Mutationen unbekannt. Dies macht die Beantwortung der elterlichen Frage nach dem Erkrankungsrisiko der gesunden Geschwisterkinder oft sehr schwierig. Zudem ist unklar, wie betroffene Eltern einer umfassenden Untersuchung des eigenen Materials gegenüberstehen.
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Abstracts Studiendesign. Wir haben eine prospektive Studie mit umfangreicher anamnestischer, klinischer und molekulargenetischer Evaluation inklusive Whole-Exome-Sequenzierung (WES) von Eltern-Kind-Trios initiiert, deren Ziel es ist, das Vorliegen einer Krebsprädisposition und deren Vererbungsmuster bei neu diagnostizierten krebskranken Kindern zu untersuchen. Ergebnisse. In der Zeit von 01/2015 bis 12/2016 haben 81 (85,3 %) von 95 Familien ihre Zustimmung zur Teilnahme an der Studie erteilt, 14 (14,7 %) lehnten eine Teilnahme ab. Von 81 Kindern präsentierten sich fünf (6,2 %) mit kongenitalen Tumoren und vier (4,9 %) mit Tumoren mit einer hohen Wahrscheinlichkeit für ein zugrunde liegendes CPS. In den Stammbäumen (3 Generationen) von 68 Familien zeigten sich bei drei (4,4 %) Familien ein Malignom im Alter <18 Jahren, bei sechs (8,8 %) bei einem Verwandten <45 Jahren, bei 14 (20,6 %) bei >1 Verwandten und bei 26 (38,2 %) bei mindestens einem Angehörigen. Bei zehn (14,7 %) Familien war ein erst- oder zweitgradig Verwandter an Brustkrebs erkrankt, bei vier (5,9 %) an einem Sarkom und bei jeweils drei (4,4 %) an lymphatischen Neoplasien bzw. Dickdarmkrebs. Bisher wurden 57 Trios mit einer Sequenziertiefe von 250–700x bei einer medianen Abdeckung von >95 % sequenziert. Eine bioinformatische Auswertung wurde etabliert, die aktuell eine Liste von ca. 2000 Genen umfasst und stetig anhand neuester Publikationen erweitert wird. Basierend auf den publizierten Daten der St.-Jude-Studiengruppe [1] erfolgte eine Klassifizierung der Varianten in drei unterschiedliche pathogenetisch relevante Kategorien. Funktionelle Analysen wurden angeschlossen, wenn eine Variante „of unknown significance“ (VUS) identifiziert wurde, die unter Berücksichtigung aller klinischen und bioinformatischen Daten für die betroffene Familie von Bedeutung sein könnte, hierzu aber keine Informationen in der wissenschaftlichen Literatur vorliegen. In der Studienkohorte wurden bisher zwei Kinder mit Li-Fraumeni-Syndrom und jeweils ein Kind mit Dicer-Syndrom, CMMRD und APC-assoziierter Polyposis identifiziert. Zahlreiche VUS befinden sich in der experimentellen Bearbeitung. Schlussfolgerung. Die genetische Untersuchung auf ein zugrunde liegendes Krebsprädispositionssyndrom ist für Familien mit einem krebskranken Kind von hohem Interesse. Die überwiegende Mehrheit der Familien entscheidet sich für ihr Recht auf Wissen. Das Wissen um das Wiederholungsrisiko für weitere Kinder ist für die Eltern von zentraler Bedeutung. Wir empfehlen neben der ausführlichen anamnestischen und klinischen Beurteilung die Triosequenzierung als Methode der Wahl. Literatur 1. Zhang et al (2015) N Engl J Med 373(24):2336–2346. doi: 10.1056/NEJMoa1508054
MNP2.0-Studie: Untersuchung der genetischen Prädisposition bei kindlichen Hirntumoren Kerstin Grund1,3, Dominik Sturm2,3, Nicola Dikow1, Christian Sutter1, Felix Sahm4, Katrin Hinderhofer1, Kristian W. Pajtler2,3, Ute Moog1, David TW Jones3, Stefan M. Pfister2,3 1 Institut für Humangenetik, Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland, 2Zentrum für Kinder- und Jugendheilkunde, Abteilung für päd. Hämatologie und Onkologie, Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland, 3Deutsches Krebsforschungszentrum, Abt. für päd. Neuroonkologie, Heidelberg, Deutschland, 4Abt. Neuropathologie, Institut für Pathologie, Universität Heidelberg, und Klinische Kooperationseinheit Neuropathologie, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg, Deutschland Hintergrund. Im Rahmen der bundesweiten diagnostischen MNP2.0-Studie wurde von bisher 304 Kindern mit Hirntumoren DNA aus Tumormaterial und Leukozyten zur molekularen Diagnostik untersucht. Eine kausative Sequenzvariante nicht nur im Tumor, sondern auch in der Keimbahn ist Hinweis auf eine erbliche Tumorprädisposition, die humangenetisch abgeklärt werden sollte. Bisher nicht bekannt war in diesem Kollektiv der Anteil krankheitsursächlicher Keimbahnvarianten und, welche Gene vor-
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wiegend betroffen sind. Wir stellen ein interdisziplinäres Konzept zur Abklärung bei V. a. Keimbahnmutation vor. Studiendesign. MNP2.0-Studienteilnehmer erhalten eine NGS-Panelsequenzierung von aktuell 130 (Tumormaterial), bzw. 49 (Keimbahn) mit einer Krebserkrankung assoziierten Genen. Bei Nachweis einer Keimbahnsequenzvariante in einem Gen mit klinischer Relevanz für den Patienten oder seine Familie folgt die humangenetische Bewertung und Validierung im molekulargenetischen Diagnostiklabor. Der Befund wird dem einsendenden Arzt übermittelt, die Befundmitteilung und ggf. Untersuchung weiterer Familienmitglieder erfolgt durch den lokalen Humangenetiker. Ergebnisse. Bei 10,5 % (32/304) der bislang in MNP2.0 untersuchten Patienten wurde eine pathogene Keimbahnmutation nachgewiesen. Besonders hoch war die Nachweisrate bei Patienten mit hochgradigem Gliom (HGG) (10/38 bzw. unter Ausschluss der molekulargenetisch als LGG klassifizierten Tumoren 8/28) und atypischem Teratoid-/Rhabdoidtumor (ATRT) (3/10). Am häufigsten wurden Mutationen in TP53 (3x HGG, 3x MB), „mismatch repair“-Genen (MSH6 (2x LGG, 1x HGG), MLH1 (1x HGG, 1x LGG), MSH2 (1xHGG)) und SMARCB1 (3x ATRT) nachgewiesen. Es wurde eine enge Zusammenarbeit zwischen der päd. Onkologie, der Abt. für Neuropathologie und dem Institut für Humangenetik etabliert. Alle betroffenen Familien aus Heidelberg (n = 4) haben eine genetische Beratung wahrgenommen, Vorsorgeempfehlungen teilweise auch für andere Organsysteme erhalten und die Untersuchung weiterer Familienmitglieder veranlasst. Schlussfolgerung. Eine genetisch bedingte Tumorprädisposition findet sich bei ca. 10 % der päd. Hirntumorpatienten als Erkrankungsursache. 6/33 nachgewiesene Keimbahnvarianten betrafen das TP53-Gen. Ein interdisziplinäres Konzept zur systematischen humangenetischen Untersuchung scheint deshalb bei Kindern mit Hirntumoren, ganz besonders bei HGG-Patienten, eine sinnvolle Ergänzung zur onkologischen Diagnostik zu sein.
Spektrum und Prävalenz einer hereditären Prädisposition bei Patienten mit einem Medulloblastom Sebastian M. Waszak1*, Paul A. Northcott2,3*, Ivo Buchhalter4,5, Giles W. Robinson6, Christian Sutter7, Susanne Groebner2, Kerstin B. Grund7, Laurence Brugières8, David T. W. Jones2, Kristian W. Pajtler9, A. Sorana Morissy10, Marcel Kool2, Thomas Zichner1, Maia S. Wang1, Joachim Weischenfeldt1,11,12, Tobias Rausch1, Balca R. Mardin1, Xin Zhou13, Suyash S. Shringarpure14, Francisco M. De La Vega14, Carlos D. Bustamante14, Cristina Baciu15, Christian Lawerenz16, Jennifer Chan17, Pascale Varlet18, Lea Guerrini-Rousseau8, Daniel W. Fults19, Wieslawa Grajkowska20, Peter Hauser21, Nada Jabado22, Young-Shin Ra23, Karel Zitterbart24, Ho-Keung Ng25, David Samuel26, David A. Solomon27, Arie Perry27, Stefan Rutkowski28, Tone Eggen29, Finn Wesenberg29, Maria Feychting30, Birgitta Lannering31, Joachim Schüz32, Tina V. Andersen33, Martin Röösli34, Claudia E. Kuehni35, Michael Grotzer36, Claus R. Bartram7, Wolfram Scheurlen37, Marina V. Ryzhova38, Scott L. Pomeroy39, Christian P. Kratz40, Jinghui Zhang13, Roland Eils4, Vijay Ramaswamy41, Marco Marra42, Andrey Korshunov43,44, David Malkin45, Peter Lichter46, Michael D. Taylor47, Amar Gajjar6, Jan O. Korbel1*, Stefan M. Pfister2,9* 1 European Molecular Biology Laboratory (EMBL), Genome Biology Unit, Heidelberg, Deutschland, 2Division of Pediatric Neurooncology, German Consortium for Translational Cancer Research (DKTK), German Cancer Research Center (DKFZ), Heidelberg, Deutschland, 3Department of Developmental Neurobiology, St. Jude Children’s Research Hospital, Memphis, TN, USA, 4Division of Theoretical Bioinformatics, German Cancer Research Center (DKFZ), Heidelberg, Deutschland, 5Division of Applied Bioinformatics, German Cancer Research Center (DKFZ), Heidelberg, Deutschland, 6Department of Oncology, St. Jude Children’s Research Hospital, Memphis, TN, USA, 7Institute of Human Genetics, Heidelberg University, Heidelberg, Deutschland, 8Department of Children and Adolescents Oncology, Gustave Roussy Cancer Campus, Villejuif, France, 9 Department of Pediatric Hematology and Oncology, Heidelberg University Hospital, Heidelberg, Deutschland, 10Developmental & Stem Cell Biology Program, The Hospital for Sick Children, Toronto, ON, Kanada, 11The Finsen Laboratory, Rigshospitalet, University of Copenhagen, Copenhagen, Denmark, 12Biotech Research and Innovation Centre (BRIC), Copenhagen, Denmark, 13Department of Computational Biology, St. Jude Children’s Research Hospital, Memphis, TN, USA, 14Departments of Genetics and Biomedical Data Science, Stanford University School of Medicine, Stanford, CA, USA, 15Ontario Institute for Cancer Research, Toronto, ON, Canada, 16Data Management Facility, German Cancer Research Center (DKFZ), Heidelberg, Deutschland, 17Departments of Pathology & Laboratory Medicine, Oncology, Clinical Neurosciences, University of Calgary, Calgary, AB, Canada, 18 Department of Neuropathology, Sainte-Anne Hospital, Paris, Frankreich, 19 Department of Neurosurgery, University of Utah School of Medicine, Salt Lake City, UT, USA, 20Department of Pathology, Children’s Memorial Health Institute, Warschau, Polen, 212nd Department of Pediatrics, Semmelweis University, Budapest, Ungarn, 22Department of Pediatrics, McGill University, Montreal, QC, Kanada, 23Department of Neurosurgery, Asan Medical Center, Seoul, Korea, 24Department of Paediatric Oncology, University Hospital Brno and Faculty of Medicine, Masaryk University, Brno, Tchechien, 25 Department of Anatomical and Cellular Pathology, The Chinese University of Hongkong, Hongkong, China, 26Valley Children’s Hospital, Madera, CA, USA, 27Division of Neuropathology, Department of Pathology and Helen Diller Family Comprehensive Cancer Center, University of California, San Francisco, CA, USA, 28Department of Pediatric Hematology and Oncology, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland, 29 The Cancer Registry of Norway, Majorstuen, Oslo, Norwegen, 30Institute of Environmental Medicine, Karolinska Institutet, Stockholm, Schweden, 31 Department of Pediatrics, University of Gothenburg, The Queen Silvia Children’s Hospital, Gothenburg, Schweden, 32Section of Environment and Radiation, International Agency for Research on Cancer (IARC), Lyon, Frankreich, 33Danish Cancer Society Research Center, Danish Cancer Society, Kopenhagen, Dänemark, 34Department of Epidemiology and Public Health, Swiss Tropical and Public Health Institute, Basel, Schweiz, 35Swiss Childhood Cancer Registry, Institute of Social and Preventive Medicine, University
of Bern, Bern, Schweiz, 36Department of Pediatric Oncology, University Children’s Hospital Zurich, University of Zurich, Zürich, Schweiz, 37Cnopf’sche Kinderklinik, Nuremberg, Deutschland, 38Department of Neuropathology, Burdenko Neurosurgical Institute, Moskau, Russland, 39Department of Neurology, Boston Children’s Hospital and Harvard Medical School, Boston, Massachusetts, USA, 40Pediatric Hematology and Oncology, Hannover Medical School, Hannover, Deutschland, 41Division of Neurosurgery, The Hospital for Sick Children, Toronto, Ontario, Kanada, 42Michael Smith Genome Sciences Centre, BC Cancer Agency, Vancouver, BC, Kanada, 43 Clinical Cooperation Unit Neuropathology, German Cancer Research Center (DKFZ), Heidelberg, Deutschland, 44Department of Neuropathology, University Hospital, Heidelberg, Deutschland, 45Division of Haematology/ Oncology, The Hospital for Sick Children, Department of Pediatrics, University of Toronto, Toronto, ON, Kanada, 46Division of Molecular Genetics, German Consortium for Translational Cancer Research (DKTK), German Cancer Research Center (DKFZ), Heidelberg, Deutschland, 47Division of Neurosurgery, The Hospital for Sick Children, Toronto, ON, Kanada Fragestellung. Das Medulloblastom ist einer der häufigsten malignen Hirntumore bei Kindern. Die Prävalenz und das Spektrum einer hereditären Prädisposition ist jedoch weitestgehend unbekannt und erschwert somit die Entwicklung von Leitlinien für die klinische Diagnostik und die genetische Beratung. Studiendesign. In dieser Studie untersuchten wir 110 Krebsgene auf pathogene Mutationen in 1022 Patienten und verglichen die Ergebnisse mit 53.105 gesunden Personen. Potenzielle Risikogene für Medulloblastome wurden zudem im Kontext der vier bekannten molekularen Untergruppen untersucht (Gruppe 1, Wingless/WNT; Gruppe 2, Sonic Hedgehog/ SHH; Gruppe 3; Gruppe 4) und mit somatischen Mutationssignaturen aus Tumorgenomen assoziiert. Ergebnisse. In 10 % der Patienten wurde eine potenzielle genetische Veranlagung für Krebs gefunden. Unter den untersuchten Genen waren APC (WNT-Signalweg), SUFU und PTCH1 (SHH-Signalweg), PALB2 und BRCA2 (homologe DNA-Reparatur) sowie TP53 signifikant häufiger in Patienten als in gesunden Personen verändert vorzufinden (P < 0,001). Pathogene Keimbahnmutationen in diesen sechs Risikogenen erklärten die Krankheitsentstehung in 5,2 % aller Patienten und 20 % der pädiatrischen Patienten mit einem SHH-Medulloblastom. Klinische oder familiäre Anzeichen eines hereditären Tumorsyndroms wurden in 68 % der Patienten mit einer potenziell krankheitsrelevanten Keimbahnmutation dokumentiert. Integrative genomische Analysen ergaben zudem Hinweise auf einen autosomal dominanten Erbgang sowie auf einen Defekt in der homologen DNA-Reparatur in Trägern einer PALB2- bzw. BRCA2-Mutation. Schlussfolgerung. Hereditäre Faktoren spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Medulloblastomen und integrative genomische Analysen helfen bei der Beurteilung von Keimbahnmutationen, die eine unsichere klinische Relevanz aufweisen. Basierend auf unseren Ergebnissen stellen wir für Medulloblastome Empfehlungen für die klinische Diagnostik und genetische Beratung aus.
Praktische Erfahrungen in der risikoadaptierten Behandlung bei Li-Fraumeni-Syndrom Gabriele Strauß, Andra Böhm, Lutz Wickmann, Lothar Schweigerer Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Helios Klinikum Berlin-Buch Fragestellung. Untersuchungen im Hinblick auf genetische Tumorsyndrome haben längst Eingang in unsere tägliche Praxis gefunden und sind für eine Reihe von onkologischen Erkrankungen fester Bestandteil der Therapieoptimierungsstudien. Im Folgenden differenzierte Betrachtung der Therapieoptionen bei unterschiedlichen Erkrankungen mit Nachweis einer TP53-Mutation. TP53 ist das am häufigsten mutierte Gen bei menschlichen Krebserkrankungen[1]. Fallbeispiele. 1. 17-jähriger Junge mit einer B-ALL (ED 2007), Therapie gemäß B-NHL-BFM 2004 und aktuell common-ALL (ED 2016) mit Monosomie 7 und 17, hypodiploider Chromosomensatz, Nachweis einer TP53Mutation einer Variante mit unbekannter Signifikanz (VUS) c.473>G;p
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Abstracts heterozygot im TP53-Gen sowie einer Indikation zur Stammzelltransplantation. 2. 17-jähriger Junge mit hochmalignem, zentral osteoblastischem Osteosarkom distaler Femur rechts ohne Fernmetastasen (ED10/2016), zeitgleich erkrankt mit dem 42-jährigen Vater, der ein Rezidiv eines undifferenzierten Sarkoms hat. Bei beiden Nachweis eines Li-Fraumeni-S. pathogene Variante c.1024 C>T;p.(Arg342*) im TP53-Gen mit Keimbahnmutation. Ergebnisse. Zu Patient Nr. 1: Familie gesund. Im Rahmen von Prot. I nach AIEOP schlechte Therapieakzeptanz und nach dem 1. HR-Block lange Aplasiedauer. Bei Remission Entscheidung zur toxizitätsreduzierten Konditionierung (Fludarabin (5 × 30 mg/m2), Treosulfan 30 g/m2, ATGF bzw. Neovii (3 × 20 mg)) im Rahmen einer allogenen Stammzelltransplantation, aktuell Tag + 200, kompletter Spenderchimärismus. Bis auf CSA induziertes reversibles akutes Nierenversagen keine Auffälligkeiten im Posttransplantationsverlauf. Zu Patient Nr. 2: familiäres Li-Fraumeni, Testung der Geschwister steht noch aus. Fortführung der neoadjuvanten Chemotherapie analog Euramos-1/COSS-Therapieoptimierungsprotokoll. Tumorresektion und Rekonstruktion mittels TEP distaler Femurersatz zementfrei, R-0-Resektion, „poor respons“, Regressionsgrad 5 nach Salzer und Kuntschik. Bei diesem Patienten ist keine Therapiereduktion geplant, jedoch eine Anpassung der Nachsorge mittels MRT der Lunge zur Vermeidung von Röntgen- und CTThoraxaufnahmen sowie im Weiteren Nach- beziehungsweise Vorsorge nach dem Toronto-Protokoll. Schlussfolgerung. Nach neueren Daten ist die Frequenz der TP53-Mutation für jüngere Osteosarkompatienten bei fast 10 %(Mirabello et al. 2016), bei anderen Tumorerkrankungen bei etwa 3 %. Aus diesem Grund ist die Kenntnis gerade für die Nach- und Vorsorge dieser Patienten extrem wichtig, sodass alle Patienten gemäß dem Toronto-Protokoll (Villani et al. 2016) untersucht werden sollten. Das heißt für Patienten/Familienangehörige mit Mutation <18 Jahre: alle 3–4 Monate: Untersuchung/Blutbild/Blutsenkung/Laktatdehydrogenase sowie jährliches Ganzkörper-MRT und bei Patienten/Familienangehörigen >18 Jahren zusätzlich Sonographie des Abdomens/Mammographie/Colonoskopie/Hautuntersuchung. Durch die verbesserten Untersuchungs- und Therapiemöglichkeiten werden voraussichtlich mehr familiäre Tumorprädispositionssyndrome diagnostiziert. Eine gezielte Dokumentation und Sammlung dieser Patienten scheint dringend notwendig und sinnvoll, um eine risikoadaptierte Therapie empfehlen zu können. Literatur 1. Leroy et al. (2017)
Li-Fraumeni-Syndrom-Krebsprädispositionssyndromregister 01 Christian P. Kratz1, Stafan M. Pfister2,3 Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Medizinische Hochschule Hannover, 2Zentrum für Kinder- und Jugendheilkunde, Abteilung für pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universität Heidelberg, 3Deutsches Krebsforschungszentrum, Abteilung für pädiatrische Neuroonkologie
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Hintergrund. Zunehmend wird die Rolle von Krebsprädispositionssyndromen (KPS) bei Kindern mit onkologischen Erkrankungen erkannt [1, 2] und derzeit gehen wir davon aus, dass 7–10 % aller pädiatrischen Patienten mit einer onkologischen Erkrankung an einem KPS leiden. KPS lassen sich in 7 Gruppen einteilen: (1) Li-Fraumeni-Syndrom (LFS), (2) Wilms-Tumor und Großwuchssyndrome, (3) Syndrome mit erhöhtem Risiko für neurale Tumore, (4) gastrointestinale Tumore, (5) neuroendokrine Tumore, (6) hämatologische Neoplasien und (7) andere KPS. Im Rahmen eines Expertentreffens der American Association for Cancer Research wurden aktuelle Früherkennungsempfehlungen für Kinder mit besonders hohem Krebsrisiko erstellt [3]. Der Nutzen dieser Früherkennungsmaßnahmen ist für viele KPS nicht belegt und es bestehen offene Fragen zum natürlichen Verlauf, zu Biologie, Therapieverträglichkeit und -ansprechen. Mit dem Li-Fraumeni-Syndrom-Krebsprädispositionssyndromregister 01
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wollen wir dazu beitragen, diese offenen Fragen in Zusammenarbeit mit den GPOH-Studiengruppen zu adressieren. Studiendesign. Bei dem Li-Fraumeni-Syndrom-Krebsprädispositionssyndromregister 01 handelt es sich um eine Beobachtungsstudie, bei der MARVIN-basiert klinische KPS-Daten zu Neoplasien und Früherkennung, genetische Befunde sowie biologische Proben von KPS-Patienten gesammelt werden, um die oben beschriebenen Fragen zu bearbeiten. KPS-Patienten mit und ohne vorheriger Krebserkrankung werden in das Register aufgenommen. In der initialen Pilotphase liegt der Fokus auf Patienten mit LFS. Ein Datenaustausch mit den GPOH-Studiengruppen ist geplant. Schlussfolgerung. Das Register wird das Wissen zum natürlichen Verlauf, zur Biologie und zur Effizienz von Früherkennungsmaßnahmen verbessern. In dem Vortrag werden praxisnah aktuelle Vorsorgeempfehlungen und Abläufe des neuen Registers vorgestellt. Literatur 1. Ripperger et al. 2. AJMG 2017 3. Clinical Cancer Research (in press)
Hochrisikoneuroblastom Konzept der neuen SIOPEN-HR-NBL2-Studie für Hochrisikoneuroblastome Angelika Eggert1, Barbara Hero2, Holger Lode3, Thorsten Simon2 und die SIOPEN-Studiengruppe 1 Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland, 2 Universitätskinderklinik Köln, Köln, Deutschland, 3Universitätskinderklinik Greifswald, Greifswald, Deutschland Das Protokoll einer neuen randomisierten Phase-III-AMG-Studie für Hochrisikoneuroblastome mit den klassischen Endpunkten EFS und OS wird zurzeit gemeinsam von der europäischen SIOPEN-Studiengruppe und der deutschen GPOH-Neuroblastomstudiengruppe unter dem Namen SIOPEN-HR-NBL2 erstellt. Zur Hochrisikogruppe gehören definitionsgemäß alle Patienten mit einem Alter ≥18 Monate bei Diagnosestellung mit INSS-Stadium-4/INRG-Stadium-M-Neuroblastom und alle Patienten, deren Neuroblastom eine MYCN-Amplifikation aufweist. Das Studienkonzept besteht wie bisher aus den Therapieabschnitten Induktion, Konsolidierung und Dauertherapie. Die Hauptfragestellungen der Induktionsphase sind eine Randomisierung deutscher versus europäischer Chemotherapiezyklen und – abhängig von ersten Ergebnissen in Pilotstudien – a) die randomisierte Prüfung des monoklonalen Anti-GD2-Antikörpers Dinutuximab beta (Isquette) parallel zur Induktionschemotherapie und b) die biomarkerbasierte Prüfung eines ALK-Inhibitors parallel zur Induktionschemotherapie. In der Konsolidierungsphase soll das Konzept einer autologen Tandemstammzelltransplantation (SZT) im Vergleich zu einer einfachen SZT mit Busulfan/Melphalan-Konditionierung geprüft werden. Das Konzept für die Dauertherapie sieht die erneute Gabe von Dinutuximab beta vor. Zusätzliche Ziele der Studie sind die international vergleichbare Durchführung und Dokumentation klar vorgegebener radiotherapeutischer und chirurgischer Konzepte. Der Rekrutierungsbeginn der Studie ist für Ende 2018/Anfang 2019 vorgesehen.
Biomarkerbasierte ALK-Inhibitortherapie Johannes H. Schulte1, G. Schleiermacher2, Angelika Eggert1, Patrick Hundsdörfer1, Barbara Hero3, Holger Lode4, Thorsten Simon3 und die SIOPENStudiengruppe 1 Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland, 2Institute Curie, Paris, Frankreich, 3Universitätskinderklinik Köln, Köln, Deutschland, 4 Universitätskinderklinik Greifswald, Greifswald, Deutschland Die Behandlung von Neuroblastomen der Hochrisikogruppe ist nach wie vor eine klinische Herausforderung, und die Prognose von Patienten mit
einem Neuroblastomrezidiv ist nahezu infaust. Aktivierende Mutationen im Gen der anaplastischen Lymphomkinase (ALK) sind die häufigsten Mutationen in Neuroblastomen, die aktuell einer zielgerichteten Therapie zugänglich sind. Präklinische Daten stützen die Hypothese einer Onkogenabhängigkeit der Neuroblastomzellen von mutierter ALK und deuten auf eine hohe Effizienz einer Therapie hin, die auf die Inhibition von ALK abzielt. Erste pädiatrische Studien mit ALK-Inhibitoren der ersten und zweiten Generation sind bereits abgeschlossen oder stehen kurz vor dem Ende der geplanten Rekrutierung. In diesen Studien ließ sich bei einigen Neuroblastompatienten ein gutes Initialansprechen beobachten, allerdings kam es häufig zu einer sekundären Resistenzentwicklung. Daher könnte eine frühzeitigere Verabreichung von ALK-Inhibitoren bei Neuroblastompatienten in der Erstlinientherapie parallel zur Chemotherapie noch vielversprechender sein. In aktuellen präklinischen Studien wird zunächst der in vitro und in vivo optimal wirksame ALK-Inhibitor ausgewählt, der anschließend in einer Phase-I-Pilotstudie bei neu diagnostizierten Neuroblastompatienten mit ALK-Mutation parallel zur Induktionschemotherapie geprüft werden soll.
Molekulare Begleitforschung bei Hochrisikoneuroblastomen Angelika Eggert1, Johannes H. Schulte1, Hedwig Deubzer1, Matthias Fischer2, Frank Westermann3, Christian Beltinger4 1 Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland, 2 Universitätskinderklinik Köln, Köln, Deutschland, 3DKFZ Heidelberg, Heidelberg, Deutschland, 4Universitätskinderklinik Ulm, Ulm, Deutschland Bisher waren nur wenige molekulare Marker für das Hochrisikoneuroblastom als Standarddiagnostik anerkannt, darunter die Amplifikation des MYCN-Onkogens und Deletionen der Chromosomenabschnitte 1p und 11q. Im Rahmen umfassender Genomanalysen an großen Neuroblastomkollektiven konnte in den vergangenen Jahren zusätzlich die prognostische und pathogenetische Bedeutung von Mutationen der anaplastischen Lymphomkinase (ALK), des Transkriptionsregulators ATRX und von TERT-Rearrangements nachgewiesen werden. Heute haben wir zusätzliche technologische Möglichkeiten, eine umfassende Tumoranalyse auf sogenannten PanOmics-Plattformen durchführen zu können, wie es für eine komplette molekulare Charakterisierung benötigt wird. Neue Erkenntnisse aus der Genomik, Transkriptomik, Epigenomik, Proteomik und Metabolomik werden zukünftig dazu beitragen, Neuroblastome noch besser klassifizieren zu können und individuelle Therapiezielmoleküle für jeden Tumor zu identifizieren, die dann in der Rezidivsituation therapeutisch genutzt werden können. Die umfassende molekulare Charakterisierung individueller Neuroblastome (Tumorgewebe mit Tumormikromilieu, Knochenmark, Blut, Urin, Stuhl) wird zukünftig systematisch und prospektiv innerhalb der Hochrisikostudie erfolgen.
Einführung von Liquid Biopsies beim Hochrisikoneuroblastom Hedwig Deubzer1, Johannes H. Schulte1, Marco Lodrini1, Karin SchmelzReuter1, Patrick Hundsdörfer1, Angelika Eggert1 1 Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland Die molekulare Diagnostik des Neuroblastoms erfolgt aktuell aus Tumorgewebeproben einer Initialbiopsie oder einer Second-Look-Operation. Es handelt sich hierbei um invasive Probenentnahmen, weshalb eine mehrfach wiederholte, sequenzielle Gewinnung von Gewebematerial aus ethischen Gründen ausgeschlossen ist. Nichtinvasive Liquid Biopsies aus Blut, Urin oder Knochenmark ermöglichen es hingegen, das Therapieansprechen über die Zeit zu verfolgen, und haben zudem den Vorteil, Erkenntnisse zur klonalen Evolution von Tumorpopulationen und zur intratumoralen Heterogenität zu liefern. Neuroblastome können Circulating Tumor Cells (CTCs) in das periphere Blut oder Disseminated Tumor Cells (DTCs) in das Knochenmark abgeben. Darüber hinaus werden frei zirkulierende Nukleinsäuren („cell-free nucleid acids“: cfNA) wie DNA, mRNA, miRNA sowie Exosomen und Metabolite in Blut, Knochenmark, Urin und Liquor abgesondert. Zudem gibt es erste Hinweise auf die Bedeutung des Darmmikrobioms für das Therapieansprechen bei soliden Tumoren. Um
die diagnostische und prognostische Bedeutung dieser neuen „Flüssigbiomarker“ für das Neuroblastom zu erfassen, ist die Sammlung longitudinaler Liquid Biopsies im Therapieverlauf jedes Patienten unerlässlich. Unsere Hypothese ist, dass jedes Neuroblastom charakteristische Biomarker in periphere Flüssigkeiten abgibt und diese Liquid Biopsies die molekularen Eigenschaften des Tumors widerspiegeln. Inwieweit sich Liquid Biopsies für das sensitive Monitoring des Therapieansprechens und für die Frühdiagnose eines Rezidivs eignen, muss in retrospektiven und prospektiven Studienkohorten geprüft werden. An der Charité ist daher die Logistik für eine solche flüssige Biobank und die entsprechende Analyse der Proben etabliert worden. Ein positives Votum der Ethikkommission für das Projekt liegt vor, sodass ab 01. 07. 2017 die Verschickung und Untersuchung von Liquid Biopsies im Rahmen des Neuroblastomregisters und zukünftig der Hochrisikostudie flächendeckend erfolgen soll.
Towards a richer and more comprehensive understanding of neuroblastoma through liquid biopsies Marco Lodrini1,2,3, Annika Sprüssel1, Kathy Astrahantseff1, Ulrich Keilholz4, Angelika Eggert1,2,3, Hedwig E. Deubzer1,2,3,5 1 Department of Pediatric Hematology, Oncology and Stem Cell Transplantation, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany, 2 German Cancer Consortium (DKTK), Partner Site Berlin, Germany, 3Berlin Institute of Health (BIH), Berlin, Germany, 4Charité Comprehensive Cancer Center, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany, 5Junior Neuroblastoma Research Group, Experimental and Clinical Research Center (ECRC), Berlin, Germany Neuroblastoma, an embryonal tumor of neuroectodermal origin, accounts for 11% of all cancer-related deaths in children. Molecular aspects create the extreme heterogeneity of this disease, spanning spontaneous regression to rapid metastasizing progression. Treatment varies with this broad prognostic range and spans observation or surgical tumor resection to multimodal therapy in patients at high risk. Despite decades of considerable international efforts to improve outcomes, long-term survival of highrisk disease remains as low as 40%. Two major remaining obstacles are managing resistance to induction therapy, which causes progression and early death, and managing chemotherapy-resistant relapses due to minimal residual disease (MRD), which can occur years after initial diagnosis. The invasive nature of surgical biopsies most often prevents their sequential application to monitor disease status. Even when available, single biopsies often fail to reflect cancer dynamics, intratumor heterogeneity and drug sensitivities likely to change during cancer evolution and treatment. Emerging data indicate that implementing molecular characterization of tumor surrogates, such as cell-free nucleic acids, exosomes, metabolites, circulating and disseminated tumor cells isolated from body fluids, will improve outcome prediction, patient monitoring and treatment selection for cancer patients by providing a method to follow clonal evolution in tumor subpopulations and treatment response as well as capture the molecular landscape of all tumor clones. To provide the basis for future neuroblastoma studies in the field of liquid biopsies, we initiated a liquid biopsy biobank for the nationwide collection and storage of blood, bone marrow and urine samples from neuroblastoma patients. As a first experimental step, we established droplet digital PCR (ddPCR) protocols to analyze cell-free DNA (cfDNA) from blood and bone marrow plasma from patients, and demonstrated that our ddPCR protocols reliably detect MYCN and ALK copy number status as well as the ALKF1174L and ALKR1275Q hotspot mutations, justifying the further development of neuroblastoma characterization from cfDNA in patient blood and bone marrow plasma. An expanded molecular diagnostic monitoring palette will improve monitoring of disease progression including relapse and metastatic events as well as therapy success or failure in high-risk neuroblastoma patients.
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Abstracts Surgery in neuroblastoma with encasement of major visceral vessels Varol Emine, 2Kietz Silke, 3Vogelgesang Silke, 2Lode H. N., 1Barthlen W Department of Pediatric surgery, University Hospital Greifswald, Greifswald, Germany, 2Department of Pediatric Oncology/Hematology, University Hospital Greifswald, Greifswald, Germany, 3Department of Pathology, University Hospital Greifswald, Greifswald, Germany 1
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Introduction. Prognosis of neuroblastoma (NB) patients depends on age, stage, biology of the tumor and surgical risk factors as outlined in the INRG system. Here we addressed the question of whether gross total resection in NB with encasement of great visceral vessels is feasible in order to achieve better local control and thereby improve overall survival. Patients and methods. Twenty-six children with advanced NB were treated with ablative surgery in our institution from 2008–2016. According to INRGS, 2 children were stage L2, 21 patients were stage M and 3 children were stage MS. Results. Encasement of aorta, caval vein and renal vessels by NB tissue was present in 10 children. Additional involvement of the hepatoduodenal ligament with liver infiltration was found in 3 children. Encasement of the celiac trunk occurred in 7 children, involvement of all abdominal vessels including the superior mesenteric artery in 4 children and encasement of the thoracic aorta in 2 children. We achieved a gross total resection in 19 children and incomplete resection in 7 children. Complications consisted of laceration of the thoracic aorta, an abscess formation and a shrinkage of one kidney. The event-free survival rate was 61.5% and the overall survival rate was 65.4%. Conclusion. A total resection of NB despite encasement of major visceral vessels is feasible with an acceptable complication rate in order to improve local tumor control.
Freie Vorträge Aktivierende Keimbahn-STAT3-Mutationen bei Patienten mit Autoimmunität und Lymphoproliferation Maximilian Heeg , , Anne Rensing-Ehl , Sabine Jägle , Christian Klemann , Neil Jones3, Kai Lehmberg4, Claudia Bettoni5, Klaus Warnatz2, Ariane Biebl6, Uwe Schauer7, Marita Führer8, Myriam Lorenz8, Klaus Schwarz8,9 und Stephan Ehl1,2 1 Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Deutschland, 2Centrum für chronische Immundefizienz, Universitätsklinikum Freiburg, Medizinische Fakultät, Albert-LudwigsUniversität Freiburg, Freiburg, Deutschland, 3Kinderonkologie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Salzburg, Österreich, 4 Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum HamburgEppendorf, Hamburg, Deutschland, 5Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland, 6 Pädiatrie, Universitätsklinikum Linz, Linz, Österreich, 7Klinik für Kinderund Jugendmedizin, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland, 8Institut für Transfusionsmedizin, Universität Ulm, Ulm, Deutschland, 9Institut für Klinische Transfusionsmedizin und Immungenetik Ulm, DRK Blutspendedienst Baden-Württemberg und Hessen, Ulm, Deutschland 12
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Fragestellung. Die häufigste Ursache für autoimmunlymphoproliferative Immundefekte (AL-PID) sind Keimbahn- oder somatische Veränderungen im FAS-Gen (ALPS-FAS). Bei Patienten ohne FAS-Mutationen bleibt die Diagnose eine Herausforderung, da die meisten Fälle nicht die klassische Konstellation autosomalrezessiver Immundefekte aufweisen, sondern sporadisch auftreten. Bei einer laufenden systematischen Untersuchung unserer AL-PID-Kohorte finden wir am häufigsten aktivierende STAT3-Keimbahnmutationen, die bisher vorwiegend mit frühkindlichem Diabetes assoziiert sind. Diese Analyse gibt einen ersten Überblick über diese Patienten.
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Studiendesign. AL-PID-Patienten mit nachgewiesenen STAT3-Mutationen wurden klinisch anhand eines Fragebogens dokumentiert. Zusätzlich erfolgte eine immunologische Phänotypisierung von T- und B-Zell-Subpopulationen, der T-Zell-Funktion sowie von Biomarkern. Ergebnisse. Bisher wurden 24 Patienten (11 männlich, 13 weiblich) mit aktivierender STAT3-Mutation identifiziert. Davon sind 8 asymptomatische Patienten durch eine Familienuntersuchung des Indexpatienten aufgefallen. Von 19 Patienten liegen klinische Daten vor. Die häufigste lymphoproliferative Erscheinung ist eine z. T. massive Splenomegalie (78 %, n = 15), in 52 % der Fälle tritt eine Lymphoproliferation vor dem 6. Lebensjahr auf (n = 10). Die häufigste autoimmune Beteiligung stellen Zytopenien (73 %, N = 14) dar. In 11 Fällen (57 %) traten erste autoimmune Erscheinungen vor dem 6. Lebensjahr auf. Eine Infektanfälligkeit bestand bei 52 % der Betroffenen (n = 10), ein Kleinwuchs wurde bei 6 von 9 (66 %) Patienten dokumentiert. Insgesamt fanden wir 10 verschiedene STAT3-Mutationen in unserer Kohorte.
Die immunologische Untersuchung zeigte in den symptomatischen Patienten eine Verminderung der NK-Zellen (CD16+CD56+CD3-) bei 10 von 12 Patienten und bei 1 von 6 asymptomatischen Trägern. Die klassengewechselten B-Zellen (IgD-CD27+ von B-Zellen) waren bei 15/15 symptomatischen Mutationsträgern vermindert (<6 % der B-Zellen). Die doppeltnegativen T-Zellen (CD4-CD8-TCRa/b+) zeigten sich bei allen (n = 15) symptomatischen Patienten erhöht (>2,5 %), jedoch nur bei 2 von 6 asymptomatischen Trägern.
Schlussfolgerung. Aktivierende Keimbahnmutationen im STAT3-Gen sind nicht nur mit früh einsetzendem Diabetes assoziiert, sondern stellen eine häufige Ursache für einen autoimmunlymphoproliferativen Immundefekt dar. Splenomegalie und Autoimmunzytopenien sollten an diese Diagnose denken lassen, insbesondere in Verbindung mit Kleinwuchs. Eine sichere Diagnosestellung durch klinische Symptomatik oder Biomarker ist bisher noch nicht möglich, sondern muss durch eine genetische Untersuchung erfolgen. Eine gute Charakterisierung dieser Patienten kann helfen, diese früher zu diagnostizieren und so den Krankheitsverlauf durch neue Therapieansätze wie IL-6-R-Blockade, JAK-Inhibitoren oder sich in der Entwicklung befindende STAT3-Inhibitoren positiv zu beeinflussen. Literatur 1. Milner et al (2015) Blood 125(4):591–599. doi: 10.1182/blood-2014-09-602763
Identification of a selective histone deacetylase inhibitor for MYCdriven medulloblastoma by high-throughput drug screening Marc Remke1,2,3, Viktoria Marquardt1,2,3,4, Guido Reifenberger2,4, Arndt Borkhardt1,4 1 Department of Pediatric Oncology, Hematology and Clinical Immunology, Medical Faculty, Heinrich-Heine-Universität (HHU) Düsseldorf, Düsseldorf, Germany, 2Institute of Neuropathology, Medical Faculty, Heinrich-HeineUniversität (HHU) Düsseldorf, Düsseldorf, Germany, 3Division of Pediatric Neuro-Oncogenomics, German Cancer Research Center (DKFZ) and German Cancer Consortium (DKTK), 4Institute of Pharmaceutical and Medicinal Chemistry, Heinrich-Heine-Universität (HHU) Düsseldorf, Düsseldorf, Germany Introduction. Inhibitors of histone deacetylases (HDACs) represent a promising compound class for the treatment of various oncologic malignancies and are increasingly evaluated in clinical trials. HDAC inhibitors reverse the oncogenic silencing of genes and thereby induce cell cycle arrest, differentiation and apoptosis. Medulloblastomas represent the most common malignant brain tumor in children with frequent metastatic dissemination through the CSF already present at diagnosis. This tumor entity can be divided into four distinct molecular subgroups (WNT, SHH, Group 3 and Group 4), which are characterized by different genetic background, clinical and prognostic features. Despite multimodal treatment, especially patients with MYC-driven Group 3 medulloblastoma have a dismal prognosis.
Methods/Results. Employing our drug screening platform, we evaluated an in-house library of more than 200 HDAC inhibitors in a panel of cell lines derived from different brain tumor entities (including 8 glioblastoma, 10 medulloblastoma and 6 atypical teratoid/rhabdoid tumor cell lines). We could thereby identify a clinically established HDAC inhibitor that selectively inhibits proliferation in MYC-driven medulloblastoma. We further confirmed MYC-dependent response to this inhibitor in two medulloblastoma cell lines with CRISPR/CAS9-based MYC overexpression compared to isogenic controls with low MYC expression. Notably, inhibitor treatment significantly reduced MYC mRNA/protein expression levels. Besides a decrease in cell viability, the class selective HDAC inhibitor induces apoptosis and reduces the invasive and clonogenic propensity in vitro. Lastly, we demonstrated a significantly prolonged survival, a concomitant decrease in tumor growth and spinal metastasis in two orthotopic medulloblastoma xenograft mouse models. Conclusion. In all, our results suggest a MYC-dependent response to HDAC inhibition in medulloblastoma and provide compelling rationale for further development of a novel, potentially highly effective therapeutic strategy against the primary site and importantly the metastatic compartment in this fatal disease.
Aggressive Fibromatose bei Kindern und Jugendlichen. Erfahrungen der Cooperativen Weichteilsarkom Studiengruppe (CWS) Monika Sparber-Sauer, M. D.1, Guido Seitz, M. D.2, Thekla von Kalle M. D.3, Christian Vokuhl, M. D.4, Ivo Leuschner, M. D.4 #, Monika Scheer, M. D.1, Marc Münter, M. D.5, Gustaf Ljungman, M. D.6, Stefan S. Bielack, M. D.1,7, Felix Niggli, M. D.8, Ruth Ladenstein, M. D.9, Thomas Klingebiel, M. D.10, Joerg Fuchs, M. D.11, Ewa Koscielniak, M. D.1,12 on behalf of the CWS Study Group 1 Klinikum Stuttgart – Olgahospital, Stuttgart Cancer Center, Zentrum für Kinder-, Jugend- und Frauenmedizin, Pediatrics 5 (Oncology, Hematology, Immunology), Stuttgart, Deutschland, 2University Children’s Hospital Marburg, Department of Pediatric Surgery, Marburg, Deutschland, 3Klinikum Stuttgart, Zentrum für Kinder-, Jugend- und Frauenmedizin, Olgahospital, Institute of Radiology, Stuttgart, Deutschland, 4University of Kiel, Institute of Paidopathology, Kiel, Deutschland, 5Klinikum Stuttgart“ Institute of Radiotherapy, Stuttgart, Deutschland, 6Uppsala University, Department of Women’s and Children’s Health, Pediatric Oncology, Uppsala, Sweden, 7 University of Muenster, Department of Pediatric Hematology and Oncology, Muenster, Deutschland, 8University of Children’s Hospital Zürich, Pediatric Oncology, Zürich, Swizzerland, 9St. Anna Kinderspital, Pediatric Oncology, Wien, Austria, 10University of Frankfurt, Hospital for Children and Adolescents, Frankfurt/M., Deutschland, 11University Children’s Hospital, Department of Pediatric Surgery and Urology, Tuebingen, Deutschland, 12 Children’s Hospital, Department of Pediatric Hematology and Oncology, Tuebingen, Deutschland Fragestellung. Es gibt nur wenige Daten über den Therapieverlauf inklusive Chemotherapie (CHT) über Kinder und Jugendliche mit aggressiver Fibromatose (AF). Fragestellung der aktuellen Analyse war, welche prognostischen Faktoren in unserem Patientenkollektiv vorhanden waren und wie das progressionsfreie Überleben bezüglich unterschiedlicher Therapiemodalitäten war. Studiendesign. Retrospektive Analyse von 90 prospektiv behandelten Kindern und Jugendlichen mit AF. Alle Patienten waren in fünf Studien und einem Register der Cooperativen Weichteilsarkom Studiengruppe (CWS) zwischen 1985 und 2015 registriert worden. Ergebnisse. Das mittlere Alter der untersuchten Patienten mit AF betrug 9,48 Jahre ([0,02–18,05). Primäre Resektion(en) (mit bestem Ergebnis R0 in 12, R1 in 25, R2 in 17) waren bei 54 Patienten mit Tumoren, die hauptsächlich in den Extremitäten oder dem Körperstamm lokalisiert waren, durchgeführt worden. Eine CHT ist bei 29/54 Patienten aufgrund von Progression oder Rezidiv notwendig gewesen. Bei 35/90 war die CHT als initiale Therapiemodalität verabreicht worden, mit einer mittleren Dauer von 375,5 Tagen (13–1367). Die CHT bestand hauptsächlich aus Methotrexate und Vinblastin (n = 18; 51 %). Bei 22/35
Patienten war(en) nach erfolgter CHT sekundäre Resektion(en) (mit bestem Ergebnis R0 bei 9 Patienten, R1 bei 7, R2 bei 5, n. a. bei 1) durchgeführt worden. Bei 15 Patienten wurde der Tumor ergänzend bestrahlt. Ein Patient wurde lediglich beobachtet. Alle Patienten haben überlebt, das progressions-(ereignis-)freie Überleben (EFS) betrug 44 %. Bei einem mittleren Follow-up von 5,05 Jahren (0,25–14,88) wurde bei 52 Patienten eine komplette Remission (CR) erreicht, bei 27 Patienten eine Stabilisierung der Erkrankung (SD). Interessanterweise war der Resektionsstatus (beste Resektion) kein prädestinierender Faktor (p = 0,77). Die Kinder und Jugendlichen, die mit einer initialen Resektion behandelt worden waren, hatten ein 5-Jahres-EFS von 35 %; Patienten, die mit primärer CHT behandelt worden waren, von 59 % (p = 0,08). Schlussfolgerung. CHT scheint für Patienten, bei welchen eine primäre komplette Resektion nicht möglich ist, bzw. bei Progression/Rezidiv sehr geeignet zu sein eine dauerhafte Stabilisierung mit oder ohne zusätzliche Chirurgie zu erreichen.
CWS-2007-HR A randomised phase-III trial for localised high-risk rhabdomyosarcoma and rhabdomyosarcoma-like soft tissue sarcoma (STS) in children, adolescents, and young adults. Status update. Koscielniak E, M. Sparber-Sauer, M. Scheer, T.Klingebiel on behalf of the CWS Study Group Patients and Methods. Maintenance therapy seems to improve prognosis in patients with STS but this correlation has not been proven in a randomized way. We therefore initiated a trial to investigate whether the addition of oral maintenance chemotherapy with O-TIE (etoposide, idarubicin, trofosfamide) for six months improves the event-free survival (EFS) in patients <21 years with localised, high-risk RMS and RMS-like soft tissue sarcoma. Results. The trial was initiated in 2009 in Germany, 2010 in Austria, 2011 in Sweden, 2012 in Switzerland, and 2013 in Poland. Therefore, the full recruitment capacity was achieved 2013, four years later than expected. Between 2010 and 2016, 325 patients fulfilled the eligibility at diagnosis, 253 were eligible at the end of standard therapy, 137 were randomised, 126 accepted the randomisation results. The number of patients randomised in Germany per year varied between 11 and 21, the randomisation rate per year (eligible at end of standard therapy/randomised) was between 50% and 84%, in other countries between 0 and 75%. The main reason for non-randomisation was the parents’ refusal to participate. No safety problems occurred. Conclusions. The main obstacle to achieving the calculated numbers of randomised patients is the high percentage of randomisation refusals by parents. Further measures are urgently needed to improve acceptance of randomised trials in children and adolescents.
Motorische Fähigkeiten bei nichtbestrahlten Überlebenden einer ALL im Kindes- und Jugendalter Anna-Maria Goebel1,*, Elisabeth Koustenis1,*, Stefan M. Rückriegel1, Markus Schuelke2, Laura Pfuhlmann2, Rick Brandsma3, Deborah Sival4, Skarabis Horst5, Pablo Hernáiz Driever1 1 Klinik für Pädiatrie m. S. Onkologie und Hämatologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland, 2 Klinik für Pädiatrie m. S. Neurologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Deutschland, 3 Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Groningen, Groningen, Niederlande, 4 Klinik für Pädiatrie, Universitätsklinikum Groningen, Groningen, Niederlande, 5 Institut für Soziologie, Freie Universität Berlin, Berlin, Deutschland; *equaly contributed 1st authors Hintergrund. Bis zu 40% der Überlebenden einer akuten lymphoblastischen Leukämie (ALL) im Kindes- und Jugendalter leiden an feinmotorischen Problemen, welche Schulleistungen und den Alltag beeinträchtigen. Noch sind Schreib- und Malfertigkeiten sowie manuelle Geschicklichkeit von Überlebenden nach alleiniger Chemotherapie wenig untersucht. Bis
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Abstracts dato wurden diese Patienten nicht mit standardisierten Untersuchungsmethoden auf Ataxie und Tremor untersucht. Ziel. Ziel dieser Studie war die Untersuchung von Feinmotorik, Ataxie und isometrischem Tremor bei lediglich mit Chemotherapie behandelten Überlebenden. Zudem untersuchten wir klinische Risikofaktoren. Ergebnisse. 3,5 Jahre nach Therapie untersuchten wir nichtbestrahlte ALLÜberlebende (n = 31) neurologisch bezüglich Händigkeit (Edinburgh Handedness Inventory), Ataxie (International Cooperative Ataxia Rating Scale, ICARS), Schreib- und Zeichenfähigkeiten (digitales Schreibtablett, DT, mit niedrig- und hochkomplexen Aufgaben) und isometrischen Tremors (Nine Hole Steadiness Tester, NHST). Wir fanden signifikant mehr Linkshänder bei den ALL-Überlebenden als bei gesunden Gleichaltrigen. Die ALL-Überlebenden zeigten signifikante Zeichen- und Schreibdefizite, wobei 19% unter der 5. Perzentile lagen. Kein Überlebender zeigte Ataxie oder Tremor. Beeinträchtigte Zeichen- und Schreibfertigkeiten korrelierten mit einer kürzeren Erholungszeit seit Ende der Therapie. Schlussfolgerung. Eine relevante Anzahl an Überlebenden einer pädiatrischen ALL zeigen signifikante Beeinträchtigung der Feinmotorik mehr als 3 Jahre nach Ende der Therapie, wohingegen Ataxie und Tremor zu diesem Untersuchungszeitpunkt nicht gefunden wurden. Eine kürzere Erholungszeit nach Therapieende beeinflusst möglicherweise feinmotorische Einbußen. Es bedarf prospektiver Studien, um Auswirkungen motorischer Schäden und deren Erholung, spezifische therapeutische Interventionen und genetische Risikofaktoren aufzudecken.
Small-fiber neuropathy in survivors of pediatric acute lymphoblastic leukemia Sascha Lieber1, M. Blankenburg 2,4, K. Apel 3, G. Hirschfeld 4, Tobias Reindl1, Pablo Hernáiz Driever1 1 Department of Pediatric Oncology and Hematology, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany, 2 Department of Pediatric Neurology, Psychosomatics and Pain Therapy, 3 Department of Pediatric Oncology and Hematology, Olgahospital Stuttgart, Stuttgart, Deutschland, 4 German Pain Center, Children’s Pain Therapy & Paediatric Palliative Care, University of Witten ⁄ Herdecke, Germany Background. Chemotherapy-induced peripheral neuropathy (CIPN) in survivors of pediatric acute lymphoblastic leukemia (ALL) is common and still underestimated. We aimed at describing small- and large-fiber toxicity associated somatosensory deficits including central pain sensitization in this group. Methods. In a cross-sectional, bicentric study we assessed 46 survivors of pediatric ALL (mean age: 5.7 ± 3.5 years at diagnosis, median 2.5 years after therapy; males: 28). Inclusion criteria: ≥6 years of age and ≥3 months after last therapy following standard ALL protocols (cumulative dose of vincristine: 12 mg/m2). We evaluated two approaches: a reduced pediatric-modified total neuropathy score (rPed-mTNS) as a bedside test and quantitative sensory testing (QST) for small- and large-fiber neuropathy as well as central sensitization. We compared both to nerve conduction studies (NCS) as the gold standard for large-fiber neuropathy. Results. Thirty-three percent of survivors had abnormal rPed-mTNS values. QST revealed significant deficits with high sensitivity: vibration (72%) and tactile (63%) hypesthesia, hyperalgesia to mechanical and blunt pressure (41%), increased mechanical pain sensitivity (26%) and dynamic mechanical allodynia (35%). Only 15% had pathologic NCS. Using NCS as the gold standard, sensitivity of QST vibration detection threshold reached 86% and tactile detection threshold 57% with specificity of 31% and 36%, respectively. Conclusion. QST is a sensitive tool that revealed signs of large-fiber neuropathy in two-thirds and small-fiber neuropathy and central pain sensitization in one-third of survivors. Vibration detection and ped-mTNS re valuable bedside tests to assess large-fiber CIPN.
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Monatsschrift Kinderheilkunde 7 · 2017
Die Europäische PanCareSurFup-Kohorte* ehemaliger Krebspatienten im Kindes- und Jugendalter. Methodik und Ergebnisse zur Etablierung der Kohorte Desiree Grabow, Peter Kaatsch, stellvertretend für das PanCareSurFupKonsortium Deutsches Kinderkrebsregister am Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI), Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland *Dieses Projekt wurde im Rahmen des siebten Forschungsrahmenprogramms „Research, Technological Development and Demonstration“ unter der Grant Agreement No. 257505 (PanCareSurFup) gefördert. Fragestellung. In den zurückliegenden Jahrzehnten haben sich die Heilungschancen einer Krebserkrankung im Kindes- und Jugendalter deutlich verbessert. Mit Zunahme der Anzahl Langzeitüberlebender steigt auch die Zahl derer, die an potenziellen Spätfolgen leiden. Ziel des Projektes PanCareSurFup (PanCare Childhood and Adolescent Cancer Survivor Care and Follow-up Studies) ist, die Nachsorge ehemaliger Patienten zu optimieren und forschungsbezogene Informationen bereitzustellen, die alle Spätfolgen der Krebstherapie betreffen. Zu diesem Zweck wurde eine große europäische Kohorte von Patienten mit einer Krebserkrankung im Kindes- und Jugendalter aufgebaut, nachbeobachtet und das Auftreten von (a) Zweittumoren, (b) kardialen Spätfolgen und (c) das Versterben der Patienten mehr als fünf Jahre nach der Erkrankung („late mortality“) erfasst. Aus Sicht des für die Datenerfassung und -harmonisierung zuständigen Datenzentrums beschreiben wir hier die Methodik der Datenerhebung für die PanCareSurFup-Kohorte und für die spätfolgenspezifischen Kohorten innerhalb von PanCareSurFup. Studiendesign. In PanCareSurFup lieferten 12 Länder Daten an das Datenzentrum in Mainz: Frankreich, Ungarn, Italien, die Niederlande, Skandinavien, Slowenien, die Schweiz und das Vereinigte Königreich. Für die Datenbereitstellung wurde eine einzige gemeinsame Variablenliste erarbeitet, die die Erfassung der drei genannten Spätfolgen berücksichtigt. Die Daten wurden auf Gültigkeit geprüft, validiert, harmonisiert und den drei spätfolgenspezifischen Arbeitsgruppen des PanCareSurFup-Konsortiums zur Verfügung gestellt. Ergebnisse. Insgesamt sammelten wir Daten von mehr als 110.000 Patienten, die in den letzten sieben Dekaden mit Krebs im Kindes- und Jugendalter diagnostiziert wurden. Darunter sind über 80.000 Patienten, die 5 Jahre oder mehr überlebt haben. Nicht alle Patienten gingen in spätfolgenspezifische Teilkohorten ein. Insgesamt wurden in den Teilkohorten über 1000 Patienten mit mindestens einem kardialen Ereignis, etwa 4000 mit mindestens einer zweiten Krebserkrankung und etwa 9000 Verstorbene ermittelt. Schlussfolgerung. Durch die intensive Zusammenarbeit vieler europäischer Länder und eines zentralen Datenerfassungs- und Harmonisierungszentrums gelang es dem Projekt, die bislang größte Spätfolgenkohorte von Kindern und Jugendlichen mit Krebs in vereinheitlichter Form zu bündeln. Der daraus resultierende Datensatz bietet eine hervorragende Gelegenheit, die Ergebnisse von Patienten, die über sieben Jahrzehnte diagnostiziert wurden, untereinander zu vergleichen.
Interdisziplinäre Nachsorgesprechstunden für nun Erwachsene, ehemals krebskranke Kinder und Jugendliche. Ein Erfahrungsbericht aus zwei Zentren Judith Gebauer1, Sarah Rieken2, Sonja Schuster3, Birgit Hahn3, Norbert Meidenbauer4, Georg Brabant1, Thorsten Langer2, Markus Metzler3 1 Experimentelle und Klinische Endokrinologie, Medizinische Klinik 1, UKSH, Campus Lübeck, Lübeck, Deutschland, 2Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, UKSH, Campus Lübeck, Lübeck, Deutschland, 3Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Kinderund Jugendklinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland, 4 Medizinische Klinik 5, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland
Fragestellung. Dank verbesserter Behandlungsmöglichkeiten kann seit Jahren ein großer Anteil der an Krebs erkrankten Kinder und Jugendlichen geheilt werden. Aus internationalen Studien ist bekannt, dass auch lange nach einer überstandenen Krebserkrankung noch therapieassoziierte Folgeerkrankungen auftreten können, deren Prognose und Behandlungsmöglichkeiten oft von einer frühen Diagnose abhängen. Da die reguläre pädiatrisch-onkologische Nachsorge häufig fünf Jahre nach Therapieabschluss, jedoch spätestens nach dem Erreichen des Erwachsenenalters endet, wurden interdisziplinäre Nachsorgezentren zur strukturierten kontinuierlichen Weiterversorgung dieser Patienten entwickelt. In Erlangen und Lübeck wird eine solche Sprechstunde seit 3 Jahren angeboten. Die Fragestellung der aktuellen Auswertung war, welche Patienten dieses Angebot nutzen und welche Folgeerkrankungen erfasst wurden. Studiendesign. Es erfolgte eine retrospektive Datenanalyse aller Patienten, die von März 2014 bis Februar 2017 in der interdisziplinären Nachsorgesprechstunde in Lübeck und Erlangen behandelt wurden. Die Einschlusskriterien waren die Diagnose einer Krebserkrankung im Kindes- oder Jugendalter, deren Therapieende min. 5 Jahre zurückliegen musste, sowie ein Alter von min. 18 Jahren. Als Endpunkte wurden allgemeine Charakteristika der Patienten sowie die Häufigkeit einer Hypothyreose und einer Sekundärneoplasie insgesamt sowie nach bestimmten Risikoexpositionen definiert. Ergebnisse. In den zurückliegenden drei Jahren wurden in den interdisziplinären Nachsorgesprechstunden in Lübeck und Erlangen insgesamt 228 Patienten behandelt. Die häufigsten onkologischen Primärdiagnosen waren Leukämien (36,4 %) sowie Lymphome (21,5 %) und ZNS-Tumoren (12,7 %). Fast die Hälfte der Patienten (43 %) hat die Sprechstunde während des definierten Zeitraums bereits zweimal oder häufiger aufgesucht. Das Durchschnittsalter der Patienten in der Sprechstunde betrug 25,7 Jahre und es waren im Mittel 16,49 Jahre seit der Diagnose der onkologischen Ersterkrankung vergangen. Es fand sich bei 16,2 % der Studienteilnehmer eine manifeste Hypothyreose, die signifikant häufiger nach einer Strahlenexposition im Rahmen der onkologischen Behandlung aufgetreten ist. Zudem traten bei 9,2 % der Patienten Sekundärneoplasien auf, wobei 2,6 % der Patienten von 3 oder mehr Sekundärneoplasien betroffen waren. Am häufigsten wurden Basaliome sowie Meningeome und Schilddrüsenkarzinome diagnostiziert. Die Sekundärneoplasien traten signifikant häufiger nach Strahlenexposition sowie mit zunehmendem Abstand zur onkologischen Ersterkrankung auf. Schlussfolgerung. In der aktuellen Analyse konnte gezeigt werden, dass auch in Deutschland die Anzahl der Folgeerkrankungen, dargestellt am Beispiel der Hypothyreose und der Sekundärneoplasien, nach einer onkologischen Erkrankung im Kindes- und Jugendalter mit zunehmendem Abstand zum Therapieende deutlich zunimmt. Die angebotenen interdisziplinären Nachsorgesprechstunden werden von den Patienten regelmäßig genutzt und können einen Beitrag zur strukturierten Früherkennung und -behandlung von therapieassoziierten Spätfolgen leisten.
Methoden. Hier stellen wir die Auswertung einer prospektiven anonymen Befragung von Eltern (n = 166) und untersuchten Kindern (n = 75) vor. Außerdem wird der Erfolg der Untersuchungsvorbereitung im ÜbeMRT ausgewertet (n = 150). Ergebnisse. Im Kinder-MRT konnte die Zahl der Untersuchungen unter Narkose deutlich reduziert werden (von >30 % auf 15 %). Während der Vorbereitung im Übe-MRT haben die Pädagogen die Möglichkeit einer Untersuchung im Wachzustand verlässlich prognostiziert: Bei 119 der 150 Kinder haben die Pädagogen eine Wachuntersuchung als sicher (103) oder wahrscheinlich (16) möglich eingeschätzt. Bei drei von 119 Kindern konnte die Untersuchung wegen Schmerzen oder Unruhe nicht abgeschlossen werden. Bei 11 Kindern wurde trotz Bewegungsartefakten eine diagnostisch verwertbare Untersuchung durchgeführt. Bei der Befragung von 166 Eltern bzw. 75 untersuchten Kindern geben diese an, dass sie sich im Vergleich zu einer Untersuchung im konventionellen Setting signifikant besser auf die Untersuchungen vorbereitet fühlen. Dieses spiegelt sich auch in einer geringeren Sorge vor dem Untersuchungsergebnis wider. Das Gerät wird von den Kindern im Vergleich zu einem konventionellen MRT als signifikant weniger laut, eng und furchteinflößend beurteilt. Im Kinder-MRT weinen die Kinder weniger als im konventionellen MRT. Entsprechend wird die Untersuchung im KinderMRT von Kindern und Eltern positiv bewertet. Schlussfolgerung. Kinder können nach einer pädagogisch begleiteten Übephase durch kindgerechte Gestaltung des Untersuchungsablaufs eine MR-Untersuchung im Wachzustand schaffen und als positiv und nichtbelastend erleben.
Angstfreie Untersuchung im Kinder-MRT dank audiovisueller Animation. Auswertung nach einem Jahr A. Seyfert, A. Schmitz-Stolbrink, P. Lindel, A. Winkelmann, M. Klein, A. Leutner, S. Rohde, Dominik T. Schneider Klinikum Dortmund gGmbH, für die Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin, Kinderchirurgie und Kinder-Urologie, Radiologie und Neuroradiologie, Dortmund, Deutschland Hintergrund. 2015 wurde mit Unterstützung einer großen Fundraisingaktion in Dortmund ein „Kinder-MRT“ eingerichtet. Neben der Einführung lärmreduzierter Sequenzen sind Raum und Gerät durch „Traumwelten“Videoinstallationen so gestaltet, dass Gerät und Medizintechnik in den Hintergrund geraten. Dieses erlaubt den Kindern eine neue audiovisuelle Wahrnehmung der Untersuchung, sodass der Charakter der Untersuchung ins emotional Positive verändert wird. Bei Bedarf haben Kinder und Eltern außerdem die Möglichkeit, sich unter pädagogischer Begleitung ohne Zeitdruck in einem maßstabgetreuen „Übe-MRT“ auf die Untersuchung vorzubereiten. Monatsschrift Kinderheilkunde 7 · 2017
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