HeilberufeSCIENCE
K O N G R E S S E
Abstracts der Fachvorträge und Workshops vom 7. Gesundheitspflege-Kongress 2009
Inhalt 5
Die Generation 50 plus. Lebenslanges Lernen – Qualifikationen bei schwindenden Budgets Peter Bechtel
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Die Generation 50 plus. Ältere Arbeitnehmer in der Pflege Michael Isfort
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Die Generation 50 plus. Gesundheitsförderung als Managementaufgabe Stephan Brandenburg
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Akademische Ausbildung in der Pflege. Die Entwicklung der Krankenpflege sowie der pflegerischen Ausbildung im europäischen Vergleich Johannes Keogh
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Akademische Ausbildung in der Pflege. Das Bildungskonzept des Deutschen Bildungsrates für Pflegeberufe
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Palliative Care – lindern, beistehen, begleiten. Ätherische Öle in der Palliativpflege Michael Key
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Die Zukunft der Pflege gestalten. Professionalisierung der Pflege Ricarda Klein
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Die Generation 50 plus. Alternde Belegschaften in der Pflege – Bedarfe erkennen und Konzepte entwickeln
Michael Breuckmann
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Die Zukunft der Pflege gestalten. Gesundheitssysteme und der Beitrag der Pflege im internationalen Vergleich Reinhard Busse
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Führungsmanagement. Einstellungsassessment in der stationären Altenpflege Stefan Dietsche, Christoph Löschmann
Kornelius Knapp
Familiengesundheitspflege – vom Pilotprojekt in die Breitenwirkung. Familiengesundheitspflege in Deutschland Inge Eberl
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(K)ein Kreuz mit dem Kreuz – Rückenbelastung in der Pflege Dagmar Fröse, Fred Babel
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Schlaganfall – von der Intensivstation zur Nachsorge. Neurologische Frührehabilitation Christine Krützelmann
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Palliative Care – lindern, beistehen, begleiten. Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV nach § 37b SGB V) Sven Goldbach
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Familiengesundheitspflege – vom Pilotprojekt in die Breitenwirkung. Familienbegleitung zur Entlastung und Gesundheitsförderung einer pflegenden Angehörigen mit demenzkrankem Vater Petra Lobenwein
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Familiengesundheitspflege – vom Pilotprojekt in die Breitenwirkung. Ambulante Pflege und Gesundheitsförderung – Möglichkeiten und Grenzen
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Schlaganfall – von der Intensivstation zur Nachsorge. Die Arbeit der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe
Ingrid Kollak
Mathilde Hackmann
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Pflegerecht im Alltag. Von Fall zu Fall – Pflege im Recht Rolf Höfert
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Führungsmanagement. Neuer Skill-Mix in der Pflege – eine Herausforderung für das Pflegemanagement Josef Hug
Leiden – Sterben –Tod. Ethische, rechtliche und soziale Aspkte einer Praxisorientierten Pflegeethik
Frank Münzinger
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Palliative Care – lindern, beistehen, begleiten. Stationäre Palliativpflege am Beispiel des Palliative-CareTeams des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf Carsten Nordbrock
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Standards in der Pflege. Standard für die Ernährung und Flüssigkeitsversorgung von Bewohnern stationärer Pflegeeinrichtungen Ulrike Olschewski, Ulrike Arens-Azevédo, Christoph Löschmann
HeilberufeSCIENCE 2009; 2 (5): 4–26 DOI 10.1007/s00058-009-1702-1
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Führungsmanagement. Leistungsorientiertes Entgeltsystem – erste Erfahrungen Angelika Keding, Anja Rhode
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Abstracts der Fachvorträge und Workshops vom 7. Gesundheitspflege-Kongress am 30. und 31. Oktober 2009 in Hamburg
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Pflegerecht im Alltag. Zur Rolle von Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht in der Pflege
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Akademische Ausbildung in der Pflege. Neue Ausbildungsmodelle: Dualer BA Pflege – ein Kooperationsmodell der Hochschule für angewandte Wissenschaften und des Albertinen-Diakoniewerks e.V. Hamburg Petra Weber
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Beschwerdemanagement und Kommunikation – das A und O im Krankenhaus Ina Welk
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Familiengesundheitspflege – vom Pilotprojekt in die Breitenwirkung. Familiengesundheitspflege – eine Ausprägung von Advanced Nursing Practice (ANP)
Bärbel Schönhof
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Die Zukunft der Pflege gestalten. Neue Berufsordnung für Hamburg – Last oder Chance? Ingrid Smerdka-Arhelger
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Kommunikation als Erfolgsfaktor im Pflegebereich Gabriele Stiegler
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Die Zukunft der Pflege gestalten. Neuer Expertenstandard „Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege“
Andrea Weskamm
Antje Tannen
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Schlaganfall – von der Intensivstation zur Nachsorge. Akuter Schlaganfall Götz Thomalla Palliative Care – lindern, beistehen, begleiten. Palliative Schmerztherapie Monika Thomm
Die Generation 50 plus Lebenslanges Lernen – Qualifikationen bei schwindenden Budgets Peter Bechtel Herz-Zentrum/Theresienklinik II Bad Krozingen, Pflegedirektor, Vorsitzender des Verbandes BALK e. V., Geschäftsführer der RbP GmbH, Südring 15, 79189 Bad Krozingen Die aktuellen gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen und die damit verbundenen Restriktionen im Bereich der Finanzierung des Gesundheitswesens bieten nicht gerade optimistische Zukunftsperspektiven für eine weitere Qualifizierung der Angehörigen der Profession Pflege. In der täglichen Praxis ist der verantwortliche Ökonom einer Einrichtung doch eher dazu geneigt, die Kosten im Personalbereich zu reduzieren und dazu gehören leider all zu oft auch die Ausgaben für Qualifizierungsmaßnahmen in der Pflege. Ein sehr kurzsichtiges und kurzfristiges Sparmodell, das zwar ad hoc monetäre Einsparungen bringt und die Bilanzen auffrischt, sich langfristig aber im Sinne dann fehlender Qualifikationen negativ auf die Versorgungsqualität der Patienten auswirkt. Was also tun mit diesem Dilemma zwischen Anspruch und Wirklichkeit, wie kann die Profession Pflege den Bereich der Qualifizierung im Sinne eines lebenslangen Lernens selbst gestalten? Natürlich geht hier nichts ohne die entsprechenden finanziellen Ressourcen, allerdings müssen diese, ob der Knappheit der Mittel, zielgerichtet eingesetzt werden. Legt man die sich ständig verändernde Aufgabenstellung in der Praxis für entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen zugrun-
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Führungsmanagement. Ableitung eines Arbeitszeitmodells auf Grundlage einer Arbeitsablaufanalyse Gerhard Witt, Monika Herzog
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Burnout in der Pflege – Stressabbau und Entspannungstechniken Christine Zimmermann
de, muss die Ausbildung neu strukturiert werden und eine Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Ausbildungsabschnitten erzielt werden. Dazu hat der Deutsche Bildungsrat für Pflegeberufe die entsprechenden Vorschläge erarbeitet und auch publiziert. Darauf aufbauend werden die fachspezifischen Weiterbildungen sowie die Bildung von Expertenwissen beispielsweise im Wundmanagement eine herausragende Stellung einnehmen. Die Modularisierung dieser Angebote wird zu einer größeren Akzeptanz beitragen. Sowohl der Deutsche Pflegerat wie auch die Bundesländer Bremen und Saarland haben Berufsordnungen für Pflegende erstellt, die als Orientierung für die Berufsangehörigen Gültigkeit haben. Darin ist jeweils die Pflicht zur kontinuierlichen Fort- und Weiterbildung verankert. Leider fehlen bis dato noch die entsprechenden Sanktionsmechanismen, wenn diese Forderungen nicht eingehalten werden. Mit der Registrierung für beruflich Pflegende besteht nun auch in Deutschland für alle professionell Pflegenden die Möglichkeit, sich bei einer unabhängigen Registrierungsstelle zentral erfassen zu lassen – unabhängig von einer Verbandsmitgliedschaft! In anderen europäischen Ländern sowie in den USA und Australien ist dies längst praktizierter Standard. Vorrangige Zielsetzung der Registrierung beruflich Pflegender ist es, die Vorarbeit für eine künftig gesetzlich verpflichtende Registrierung und die Notwendigkeit zur kontinuierlichen Fort- und Weiterbildung zu leisten. Neue und moderne Formen des Lernens müssen künftig viel stärker einbezogen werden. Beispielhaft sei hier das e-Learning genannt. Hierzu hat der Deutsche Pflegerat in Kooperation mit dem Thieme Verlag Stuttgart das umfassende Online-Lernportal CNE® (Certified Nursing Education) konzipiert.
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Abstracts der Fachvorträge und Workshops vom 7. Gesundheitspflege-Kongress am 30. und 31. Oktober 2009 in Hamburg
Lebenslanges Lernen und entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen bei der Profession Pflege sind aber auch eine bilaterale Angelegenheit. Zum einen muss über den Arbeitsgeber die Möglichkeit gegeben werden, an entsprechenden Maßnahmen teilzunehmen, zum anderen liegt aber auch bei den Berufsangehörigen eine Verpflichtung zur kontinuierlichen Fort- und Weiterbildung, um das Fachwissen auf aktuellem Stand zu halten. Dabei ist natürlich auch Eigeninitiative gefragt!
Die Generation 50 plus Gesundheitsförderung als Managementaufgabe Prof. Dr. jur. Stephan Brandenburg BGW Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Pappelallee 35/37, 22089 Hamburg Immer mehr alte Menschen auf der einen Seite, immer weniger Beitragszahler und Berufsanfänger auf der anderen – das bedeutet mehr Pflegebedarf mit weniger Geld und Personal. Gleichzeitig soll die Qualität der Pflege gehalten oder sogar verbessert werden. Das ist eine Herausforderung für die Pflege, die schwer zu bewältigen ist. Ein wesentlicher Grundbaustein, um dieser Herausforderung gewachsen zu sein, sind gesunde und motivierte Beschäftigte. Dabei kommt den Führungskräften eine wichtige Bedeutung zu, denn sie gestalten die betrieblichen Rahmenbedingungen und können einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass es ihren Mitarbeitern gut geht. Dies gelingt zum einen durch ein gesundheitsförderliches Führungsverhalten und zum anderen durch den Aufbau eines funktionsfähigen betrieblichen Gesundheitsmanagements. Zu den Maßnahmen und Aktivitäten im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung gehören beispielsweise eine ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen, Anerkennung und Wertschätzung, eine aktive Beteiligung der Beschäftigten bei betrieblichen Entscheidungen und die Gewährung von Handlungsspielräumen. Aber auch Maßnahmen zur Verbesserung der außerbetrieblichen Rahmenbedingungen tragen zur Gesundheitsförderung bei. So helfen etwa familienfreundliche Arbeitszeiten und Angebote zur Kinderbetreuung den Beschäftigten, eine bessere Work-Life-Balance zu finden. Betriebliche Gesundheitsförderung ist jedoch keine einmalige, zeitlich befristete Maßnahme, sondern der Einstieg in einen kontinuierlichen Lern- und Entwicklungsprozess. Erst wenn das betriebliche Gesundheitsmanagement dauerhaft in die betriebliche Routine integriert ist, sich in Managementstrukturen, Qualitätsprozessen und im Verhalten der Führungskräfte und Mitarbeiter widerspiegelt, ist ein nachhaltiger Erfolg gewährleistet. Damit dies gelingt, sollte Folgendes beachtet werden: Entwicklung einer in betriebliche Strukturen integrierten Unternehmensstrategie zum Thema „Gesundheit“ Wahrnehmung der betrieblichen Gesundheitsförderung als oberste Führungsaufgabe Vernetzung der Akteure und Maßnahmen
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Gestaltung der betrieblichen Gesundheitsförderung als System mit vier Kernprozessen (Steuerkreisbildung zur Planung und Koordination der Aktivitäten, Ist-Analyse, Intervention, Erfolgskontrolle) Sorgfältige Planung und Festlegung von Rollen, Kompetenzen, Verantwortlichkeiten und Ressourcen für die Umsetzung der Ziele Kontinuierliches Engagement Verständnis des betrieblichen Gesundheitsmanagements als verhaltens- und verhältnispräventive Maßnahme Wenn es gelingt, ein tragfähiges, langfristig angelegtes betriebliches Gesundheitsmanagement aufzubauen, bringt dies für alle Beteiligten Vorteile. Die Beschäftigten können zum Beispiel besser mit Belastungen umgehen und sind weniger gesundheitlichen Risikofaktoren ausgesetzt. Zudem verbessert sich die Arbeitszufriedenheit und die Arbeitsmoral. Durch gesündere, motiviertere Mitarbeiter entstehen für das Unternehmen beispielsweise weniger Ausgaben und Probleme aufgrund von Fehlzeiten und Fluktuation. Darüber hinaus kann die Pflegequalität verbessert und letztlich auch die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden.
Akademische Ausbildung in der Pflege Das Bildungskonzept des Deutschen Bildungsrates für Pflegeberufe Dipl.-Med. Pädagoge Michael Breuckmann Geschäftsführer Akademie für Gesundheitsberufe, gemeinnützige GmbH, Vogelsangstr. 106, 42109 Wuppertal Im Gesundheitswesen werden derzeit nahezu alle beruflichen Qualifikationen, unterschiedlich intendiert, inhaltlich und auch strukturell in Frage gestellt. Die hierzu in Institutionen und auf unterschiedlichen Ebenen stattfindenden Diskussionen werden teilweise sehr kontrovers geführt. Zur Sicherstellung einer qualitätsorientierten Versorgung der Gesellschaft ist eine veränderte Bildung im Gesundheitswesen erforderlich. Der Deutsche Bildungsrat für Pflegeberufe hat mit seinem Bildungskonzept 2009 „Pflegebildung offensiv“ Punkte und Forderungen für eine neue Bildungsstruktur im Pflegebereich ausgearbeitet. Stichworte hierzu sind: Kompetenzorientierung, generalistische Ausbildung, grundständige Hochschulqualifikation, Modularisierung, Europäischer und Deutscher Qualifikationsrahmen etc. Die sich aus diesem Bildungskonzept ergebenden Konsequenzen betreffen die Bildungsträger, die Lehrerinnen und Lehrer, die Auszubildenden, die Kostenträger und die Politik.
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Die Zukunft der Pflege gestalten Gesundheitssysteme und der Beitrag der Pflege im internationalen Vergleich Prof. Dr. med. Reinhard Busse Technische Universität Berlin, Institut für Technologie und Management, Management im Gesundheitswesen, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin Die Bedarfsplanung von Pflegekräften ist eine der wesentlichen Funktionen im Krankenhausmanagement. Sowohl die Anzahl der Pflegenden pro Station als auch deren Qualifikation müssen genau aufeinander abgestimmt werden, um die Qualität der Patientenversorgung sicherzustellen und die Kapazitäten der Pflegekräfte zu schonen. Die internationale Studie RN4CAST verfolgt das Ziel, zuverlässige Prognosemodelle zur Bedarfsplanung von Krankenpflegekräften zu entwickeln, die neben dem Management der Personalressourcen auch die Ausbildungsplanung und die Qualität der Pflege berücksichtigen. Das 3-Jahresprojekt RN4Cast startete im Januar 2009. Finanziert wird das Projekt durch das 7. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Kommission. Für die internationale Studie wurde ein Konsortium aus Vertretern von 15 Ländern gegründet. Um die geplante Mindestzahl an Akutkrankenhäusern in der Studie zu gewährleisten, plant das deutsche Forschungsteam, mindestens 2.500 Pflegekräfte in mindestens 50 deutschen Krankenhäusern im Herbst dieses Jahres zu befragen. Neben Routinedaten zur Behandlungsqualität spielen bei den Pflegekräften mittels Fragebogen erhobene Daten zum Arbeitsumfeld (z.B. Ansehen, Kooperation mit Ärzten), zur Arbeitszufriedenheit (z.B. Pläne zum Berufswechsel/-ausstieg), zur Arbeitsbelastung (z. B. Burnout), zur Qualität und Sicherheit und zu konkreten Tätigkeiten während der jeweils letzten Schicht eine entscheidende Rolle. Auf den Stationen zusätzlich durchgeführte Patientenbefragungen sollen die Erhebungen zur Pflege- und Versorgungsqualität durch Patientenerfahrungsberichte ergänzen. Die erhobenen Pflegedaten werden mit Krankenhausstrukturdaten (Trägerschaft, Bettenzahl etc.) und den klinischen Patientendaten der jeweiligen Krankenhäuser zusammengeführt. Durch die jeweiligen Korrelationen sollen einerseits Aussagen darüber getroffen werden, ob und welche Krankenhauscharakteristika Einfluss auf den Belastungsgrad (Burnout) und die Zufriedenheit des Pflegepersonals haben, andererseits soll versucht werden, den wechselseitigen Einfluss von Patienten-Outcomes auf Mitarbeiterzufriedenheit und Belastungsgrad (Burnout) herauszufiltern. Es wird erwartet, dass so auch in Deutschland (sowie in den anderen Ländern) der Zusammenhang zwischen „guter“ Pflege (im Sinne von Anzahl, Qualifikation, Kooperation etc.) und „guten“ Ergebnissen für die Patienten gezeigt werden kann – eine wesentliche Voraussetzung für eine angemessene Berücksichtigung der Pflege bei Vorausplanungen auch in qualitativer Hinsicht. Das Projekt ermöglicht einen Vergleich für die deutsche und internationale Krankenhauslandschaft und gibt so dem einzelnen
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Krankenhaus eine gute Einschätzung der eigenen Situation. Auf besonders interessante Ergebnisse lässt der Vergleich mit den deutschen Durchschnittsergebnissen von vor zehn Jahren hoffen. Denn in der internationalen Hospital-Reform-Outcomes-Studie (1997–1999) wurde schon einmal ein internationaler Vergleich über die Lage deutscher Krankenhäuser mit denen in den USA, Kanada, England und Schottland angestellt und Zusammenhänge zwischen Rahmenbedingungen der stationären Versorgung, der Pflegearbeit und der Patientenergebnisse abgebildet. Ferner sollen die Ergebnisse von RN4Cast Entscheidungsträger in der Politik über die Wichtigkeit einer zuverlässigen Pflegebedarfsplanung aufklären und damit als Grundlage für zukünftige Entscheidungen dienen.
Führungsmanagement Einstellungsassessment in der stationären Altenpflege Dipl.-Psychologen Stefan Dietsche1, Christoph Löschmann2 1 Stellvertretender Wissenschaftlicher Leiter, eqs – Privatinstitut für Evaluation und Qualitätssicherung im Gesundheits- und Sozialwesen, Heselstücken 7, 22453 Hamburg 2 Geschäftsführer, eqs – Privatinstitut für Evaluation und Qualitätssicherung, im Gesundheits- und Sozialwesen, Heselstücken 7, 22453 Hamburg Die Anforderungen an das Personal in der Altenpflege steigen, zum Beispiel durch eine stärkere EDV-Basierung von Pflegeplanung und -dokumentation oder die stärkere Spezialisierung von Pflegeeinrichtungen auf bestimmte Indikationen. Damit steigt auch die Bedeutung von Personalauswahl und -entwicklung. Ziele des Personalassessments sind daher sowohl die Unterstützung der Personalverantwortlichen bei der Auswahl von Bewerbern als auch die Erhebung von Weiterbildungsbedarf. Für diesen zweiten Aspekt ist die Einführung eines standardisierten Assessments auch dann sinnvoll, wenn durch eine geringe Anzahl von Bewerbern eine Auswahl kaum noch möglich ist. Durch das eqs-Institut wurde für die Marseille-Kliniken AG ein Personalassessment entwickelt, welches für verschiedene Berufsgruppen standardisierte Eignungs- und/oder Wissenstests beinhaltet. Die erste Fassung des Assessments wurde 2007 angewendet; inzwischen wurde das Verfahren mehrfach weiterentwickelt. Das Einstellungsassessment wurde inzwischen von über 6.000 Personen durchlaufen. Wichtig für den praktischen Einsatz eines Personalassessments ist die schnelle Rückmeldung der Ergebnisse. In der Marseille-Kliniken AG wurde daher eine komplett EDV-gestützte Variante umgesetzt. Das Assessment wird vom Bewerber am Computer durchgeführt, von einer zentralen Datenbank ausgewertet und per Email innerhalb von wenigen Minuten als Profilblatt an den für das Bewerbungsgespräch Verantwortlichen geschickt. So können die Ergebnisse auch für das dann folgende Bewerbungsgespräch herangezogen werden. Für den Wissenstest werden Fragen verschiedener Schwierigkeitsgruppen zufällig aus
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einem großen Itempool gezogen und in zufälliger Reihenfolge abgefragt. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass das Personalassessment eine sinnvolle Unterstützung für die Bewerberauswahl durch die Personalverantwortlichen darstellt. Durch bessere Werte im Assessment können Pflegekräfte identifiziert werden, die im Berufsalltag besser zurechtkommen und im Verlauf eine geringere Wahrscheinlichkeit für eine Arbeitgeberkündigung aufweisen. Damit ist das Personalassessment in begrenztem Umfang auch ein Mittel zur Senkung der Fluktuation. Der Wissenstest wird zurzeit weiterentwickelt; dies umfasst sowohl die Vergrößerung des Itempools wie auch eine testtheoretische Überarbeitung (Rasch-Skalierung) des Verfahrens. Der Eignungstest soll grundlegend überarbeitet werden, um validere Angaben zu ermöglichen. Und schließlich sollen die Testergebnisse noch stärker mit dem individuellen Weiterbildungscurriculum verknüpft werden.
Familiengesundheitspflege – vom Pilotprojekt in die Breitenwirkung Familiengesundheitspflege in Deutschland. Inge Eberl Daiserstr. 45 /Rückgebäude, 81371 München Die Notwendigkeit für das neue Handlungsfeld Familiengesundheitspflege konnte bereits in der „Projektdesign- und Konsensphase zur Implementierung der Family Health Nurse in Deutschland“ aufgezeigt werden. Die in dieser Vorstudie erarbeiteten Szenarien ermöglichten Aussagen über die virtuelle Machbarkeit; Aussagen über die praktische Machbarkeit der Familiengesundheitspflege wurden jedoch erst durch das wissenschaftlich begleitete Pilotprojekt des DBfK Bundesverbandes e.V. möglich. Die wissenschaftliche Begleitung war als Longitudinalstudie mit mehrmaligen Befragungen aller Beteiligten der Weiterbildung, den begleiteten Familien und den Arbeitgebern der Absolventen konzipiert. Es wurden die Passung des Curriculums, die Weiterbildung, der Verbleib der Absolventen und erste Auswirkungen des neuen Handlungsfelds analysiert und bewertet. Die Resultate der Begleitforschung bestätigen, dass die Bedarfe für das neue Handlungsfeld vorhanden sind und die Aufgabenfelder der Familiengesundheitspflegenden (FGP) und -hebammen (FGH) eine wichtige Ergänzung zu den Leistungen anderer Akteure der Gesundheits- und Sozialversorgung darstellen. Durch die Verknüpfung des zugehenden, systemischen und salutogenetischen Ansatzes und die zielgruppenorientierten und settingbezogenen Angebote sind die Pflegenden und Hebammen befähigt, die bestehenden Versorgungslücken vor allem für pflegebedürftige und/oder behinderte Personen und ihre Familien sowie für vulnerable Gruppen adäquat zu füllen und in Kooperation mit den anderen Akteuren auf die aktuellen Anforderungen und die künftigen Entwicklungen im deutschen Gesundheits- und Sozialwesen zu reagieren. Zudem konnten erste Hinweise auf den
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potenziellen gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Nutzen der Familiengesundheitspflege ermittelt werden. Die Empfehlungen zur Verstetigung des neuen Handlungsfelds beziehen sich vor allem auf die Bereiche Verortung in den Strukturen des Gesundheits- und Sozialwesens, Weiterentwicklung der Pflegeberufe und Aufgabenfelder sowie Finanzierung der Leistungen. Bezugnehmend auf aktuelle Anforderungen sollte die Ansiedlung einer FGP in einer Hausarztpraxis erprobt werden. Die FGP könnten aufsuchende Angebote zur Beratung, Schulung und Begleitung der Familien durchführen. Ebenso wurden mit der Reform der Pflegeversicherung Aufgaben wie Pflegeberatung und Casemanagement geschaffen, für welche die FGP geeignete Akteure sind. Des Weiteren können die FGP und FGH in Einrichtungen wie Gesundheits- und Jugendamt, Beratungszentren und Quartiersmanagement eine wichtige Ergänzung zu den bestehenden Akteuren darstellen. Zudem sollten die FGP in das soziale Frühwarnsystem eingebunden werden. Ebenso wären die FGP und FGH bei Präventionskampagnen der Krankenkassen zum Beispiel in Betrieben, Schulen und Kindertagesstätten eine wichtige Ressource. Für die Verstetigung ist die leistungsrechtliche Klärung der Aufgaben der FGP und FGH entscheidend. Zudem muss die multifaktorielle Rolle gemäß den Bedarfen der Gesundheits- und Sozialversorgung weiterentwickelt und der Nutzen auf politischer Ebene, bei den Akteuren im Gesundheits- und Sozialwesen und in der Gesellschaft dargestellt werden.
(K)ein Kreuz mit dem Kreuz Rückenbelastung in der Pflege Dagmar Fröse1, Fred Babel2 1 Unfallkasse Nord, Spohrstr. 2, 22083 Hamburg 2 Leitende Instruktorin für RüPt und Prävention, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistr. 52, 20246 Hamburg Jeder, der in der Kranken- und Altenpflege arbeitet, weiß es: Das ist Knochenarbeit im wahrsten Sinne des Wortes. Hohe Druckbelastungen in der Wirbelsäule, verbunden mit großen Hebelkräften und ungünstigen Körperhaltungen sind dabei häufige Belastungsfaktoren. Dabei geht es nicht um Patentlösungen nach dem Motto: Man nehme dies und mache das und schon geht alles ganz leicht. So einfach ist es nicht. Denn auf der einen Seite geht es hier um Menschen und nicht um Gegenstände und außerdem ist jeder Mensch anders. Und dies „Anderssein“ gilt in mehrfacher Hinsicht. Die Art und Weise, wie ein Patient rückengerecht bewegt werden kann, ist zum einen davon abhängig, wie dieser Patient in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt ist. Zum anderen ist zu fragen, über welche Fähigkeiten die Pflegekraft verfügt. Ein weiterer Gesichtspunkt ist die Frage der räumlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen sowie der Verfügbarkeit von Hilfsmitteln. Schon die Vielzahl der Einflussgrößen lässt Patentlösungen nicht zu. Seit 1993 sind Rückenerkrankungen in Deutschland als Be-
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Abstracts der Fachvorträge und Workshops vom 7. Gesundheitspflege-Kongress am 30. und 31. Oktober 2009 in Hamburg
rufskrankheit anerkannt und um diese Zeit begann die Entwicklung des Programms „Rückengerechter Patiententransfer in der Kranken- und Altenpflege“, das hier praktisch vorgestellt werden soll. Die Entwicklung des Programms begann mit zwei Workshops, zu denen erfahrene Praktiker, zum Beispiel Krankenschwestern, Altenpflegerinnen und Praxisanleiter, eingeladen waren. Von den Teilnehmern wurden Arbeitstechniken für häufig vorkommende und belastende Arbeitssituationen vorgeführt und selbstkritisch diskutiert. Die behandelten Arbeitssituationen wurden zuvor durch die Befragung von Beschäftigten ermittelt. Die vorgeführten Arbeitstechniken wurden auf Video aufgezeichnet und biomechanisch bewertet. Auf der Grundlage dieser Auswertung wurden die Techniken anschließend von den Praktikern optimiert. Dabei wurden folgende Kriterien zugrunde gelegt: Biomechanische Erkenntnisse müssen beachtet werden Hygienische Erkenntnisse sind einzuarbeiten Die Technik darf nicht viel Zeit in Anspruch nehmen Akzeptanz von Seiten der Beschäftigten und der Patienten Integration von kleinen Hilfsmitteln Wir zeigen Ihnen die gebräuchlichsten Transfers, die in der Kranken- und Altenpflege häufig vorkommen. Dabei geht es immer wieder um die Umsetzung des AHA-Prinzips (A = Ansprache, H = Höhe einstellen, A = Ausgangsstellung): Nicht heben, wo man ziehen kann Arme durch Laken „verlängern“ Körperschwerpunkt verlagern Auf gerade Körperachse achten Reibung reduzieren „Eingraben“ vermeiden Höhengefälle und Hebel benutzen Patientenaktivierung
Palliative Care – lindern, beistehen, begleiten Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV nach § 37b SGB V) Sven Goldbach Pflegeexperte Palliative Care, Pflegedienstleitung Palliativpflegedienst LichtBlick/PalliativPartner Hamburg, Stresemannstr. 52, 22769 Hamburg Der Gesetzgeber hat zum 1.4.2007 das Gesetz zur „Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung“ (SAPV) verabschiedet. Der § 37 b SGB V beinhaltet: „Versicherte mit einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei einer zugleich begrenzten Lebenserwartung, die eine besonders aufwändige Versorgung benötigen, haben Anspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung. Die Leistung ist von einem Vertragsarzt oder Krankenhausarzt zu verordnen. Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung umfasst ärztliche und pflegerische Leistungen einschließlich ihrer Koordination insbesondere zur Schmerztherapie und Symptomkontrolle und zielt darauf ab, die Betreuung der Versicherten nach Satz 1 in der vertrauten häus-
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lichen Umgebung zu ermöglichen. Dabei sind die besonderen Belange von Kindern zu berücksichtigen.“ Teamarbeit In der SAPV ist die Zusammenarbeit im multiprofessionellen Team auf gleicher „Augenhöhe“ unumgänglich. Zusammen mit Hausärzten, Fachärzten, Sozialarbeitern, Psychologen, Seelsorgern, Physiotherapeuten, ehrenamtlichen Helfern (AHD) und anderen wird ein festes Versorgungsnetz für den Patienten aufgestellt. Dabei tragen wir zu einer klaren Rollen- und Aufgabenverteilung bei. Regelmäßige Patientenbesprechungen, Teamgespräche und Supervisionen sind fester Bestandteil unserer Arbeit. Im Rahmen der SAPV ist zu gewährleisten, dass die an der Versorgung beteiligten Leistungserbringer die erforderlichen Maßnahmen aufeinander abgestimmt und bedarfsgerecht erbringen; die diesbezügliche Koordination ist durch die pflegerische und ärztliche Seite sicherzustellen. Über die gesamte Zusammenarbeit haben wir verbindliche Kooperationsvereinbarungen mit niedergelassenen Ärzten und AHDs schriftlich getroffen. Im multiprofessionellen Team unterstützen wir uns gegenseitig, akzeptieren unsere Grenzen, unsere Stärken und Schwächen. Wir arbeiten und kommunizieren offen miteinander. Aufgaben Koordination der spezialisierten palliativmedizinischen und palliativpflegerischen Versorgung unter Einbeziehung weiterer Berufsgruppen und von Hospizdiensten im Rahmen einer multiprofessionellen Zusammenarbeit Symptomlinderung durch Anwendung von Medikamenten oder anderen Maßnahmen Apparative palliativmedizinische Behandlungsmaßnahmen (z.B. Medikamentenpumpe) Palliativmedizinische Maßnahmen, die nach ihrer Art, Schwere oder Komplexität eine Kompetenz erfordern, die der einer Ärztin oder eines Arztes mit Zusatzweiterbildung Palliativmedizin entspricht Spezialisierte palliativpflegerische Leistungen, die nach ihrer Art, Schwere oder Komplexität eine Kompetenz erfordern, die der einer Pflegefachkraft mit einer curricularen Weiterbildung zu Palliative Care entspricht Führung eines individuellen Behandlungsplans, vorbeugendes Krisenmanagement, Bedarfsinterventionen Ruf-, Notfall- und Kriseninterventionsbereitschaft rund um die Uhr für die im Rahmen der SAPV betreuten Patienten zur Sicherstellung der im Rahmen der SAPV erforderlichen Maßnahmen Beratung, Anleitung und Begleitung der Patienten und ihrer Angehörigen zur palliativen Versorgung einschließlich Unterstützung beim Umgang mit Sterben und Tod Spezialisierte Beratung der betreuenden Leistungserbringer der Primärversorgung Psychosoziale Unterstützung im Umgang mit schweren Erkrankungen in enger Zusammenarbeit zum Beispiel mit Seelsorge, Sozialarbeit und ambulanten Hospizdiensten
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Organisation regelmäßiger Fallbesprechungen Dokumentieren und Evaluieren der wesentlichen Maßnahmen im Rahmen der SAPV Zukunft Zusammenfassend kann man sagen, dass die Umsetzung der SAPV eine große Chance für die Pflege zur Weiterentwicklung und in der Behauptung im Gesundheitswesen ist. Erstmalig werden hier gesetzlich enge Kooperationen zwischen Ärzten und Pflegekräften sowie weiteren Berufsgruppen im ambulanten Sektor festgeschrieben. Die SAPV ergänzt das bestehende Versorgungsangebot, insbesondere das der Vertragsärzte, Krankenhäuser und Pflegedienste. Sie kann als alleinige Beratungsleistung, additiv unterstützende Teilversorgung oder vollständige Patientenbetreuung erbracht werden. Andere Sozialleistungsansprüche bleiben unberührt. Hier kann die Pflege neue Wege in der Ausweitung ihrer pflegerischen Kompetenz einschlagen. Über eine erweiterte Pflegepraxis im Sinne von ANP (Advanced Nursing Practice) sollte hier seitens der Berufsverbände und der Bildungsträger nachgedacht werden und von den ärztlichen Kollegen auch anerkannt werden. Vorstellbar und teilweise schon vorhanden wären Pflegeexperten im Bereich des Schmerzmanagements, der Übernahme ärztlicher Tätigkeiten, der psychosozialen Krisenintervention und des pflegerischen Palliativkoordinators. Die Ausweitung der pflegerischen Kompetenzfelder muss hier dringend durch den Gesetzgeber, die Kostenträger, den gemeinsamen Bundesausschuss und die weiteren Berufsgruppen im Gesundheitswesen anerkannt werden. Letztendlich ist zu sagen, dass Pflege, wenn sie selbstbewusst und fachlich kompetent auftritt, ein Arbeiten auf Augenhöhe mit anderen Berufsgruppen in der Palliativversorgung bereits in den meisten Fällen erreicht hat, wenn alle Partner verstanden haben, dass nur so eine gerechte und fachlich kompetente Versorgung der Palliativpatienten durchgeführt werden kann.
Familiengesundheitspflege – vom Pilotprojekt in die Breitenwirkung Ambulante Pflege und Gesundheitsförderung – Möglichkeiten und Grenzen Mathilde Hackmann Fachbereich Gesundheit und Pflege, HFH – Hamburger FernHochschule gGmbH, Alter Teichweg 19, 22081 Hamburg Die Gesundheitsförderung als Aufgabe der Pflegeberufe ist seit einigen Jahren explizit mit der Berufsbezeichnung Gesundheitsund (Kinder)krankenpfleger/-in festgelegt. Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen der ambulanten Pflege in Deutschland spielt Gesundheitsförderung aber weiterhin keine große Rolle. Dabei lässt sich mit gezielter Gesundheitsförderung und Prävention die Lage vieler pflegebedürftiger Menschen verbessern. Es gibt aus der internationalen Pflegepraxis genügend Beispiele, wie ambulante Pflege gesundheitsfördernd und präventiv wirken kann.
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Im Vortrag werden zunächst die Begriffe Gesundheitsförderung und Prävention im Kontext des WHO-Programms „Gesundheit 21“ definiert. Ansätze und Handlungsstrategien der Gesundheitsförderung werden erläutert. Diese Ansätze und Handlungsstrategien werden anschließend anhand unterschiedlicher Beispiele aus der ambulanten gesundheitlichen Versorgung verdeutlicht. Dabei werden sowohl nationale als auch internationale Beispiele vorgestellt, die sich auf die Gesundheit von Einzelnen, Familien und auf die Gemeinde beziehen. Der zweite Teil des Vortrages konzentriert sich auf die Rahmenbedingungen und Grenzen der ambulanten Pflege in Deutschland. Die Entwicklung der ambulanten Pflege in Deutschland seit Inkrafttreten der Pflegeversicherung und die aktuelle Gesetzeslage aufgrund des Pflegeweiterentwicklungsgesetzes werden nachgezeichnet. Anschließend werden die Möglichkeiten der Umsetzung von Gesundheitsförderung innerhalb dieser Rahmenbedingungen thematisiert. Die abschließende kritische Bestandsaufnahme der auf die Familie bezogenen Gesundheitsförderung leitet die Diskussion mit den Teilnehmenden ein.
Pflegerecht im Alltag Von Fall zu Fall – Pflege im Recht Rolf Höfert Geschäftsführer, Deutscher Pflegeverband (DPV) e.V, Mittelstr. 1, 56564 Neuwied Sicher haben Sie im Pflegealltag schon einmal eine sogenannte Schrecksekunde erlebt. Vergleichbar der Luftfahrt kann es auch im medizinischen und pflegerischen Leistungsbereich zu einer „Beinahe-Katastrophe“ kommen. Die Prozesshäufigkeit im Strafund Zivilrechtsbereich gegen Pflegende hat sich wesentlich verstärkt. Dieses Referat soll aufzeigen, dass es grundsätzlich darum gehen muss, aus Fehlern zu lernen, um Fehler zu vermeiden. Medizinischer Fortschritt, Erkenntnisse der Pflegewissenschaft, alternde Gesellschaft, Forderungen steigender Effizienz bei knappen Ressourcen stellen eine große Herausforderung an alle Beteiligten im Gesundheitswesen dar. Neben diesen Rahmenbedingungen müssen Patienten- und Bewohnersicherheit, Qualitätssicherung und der Schutz der Profession Pflege im Mittelpunkt stehen. Der Patient und Bewohner geht aufgrund des geschlossenen Vertrages von einer Reduzierung seines Restrisikos aus. Die Rechtsempfindlichkeit der Bürger mit meist materiellen Schadenersatzansprüchen hat in den letzten Jahren wesentlich zugenommen. Mit dem Bundesaltenpflegegesetz von 2003 und dem Krankenpflegegesetz von 2004 wurden jeweils in § 3 die eigenverantwortlichen Aufgaben der Pflege klar definiert und die Verantwortung in Ausführung ärztlich veranlasster Maßnahmen konkretisiert. Im juristischen Ernstfall sieht sich die Pflege mit dem Vorwurf der gefährlichen Pflegehandlung konfrontiert. Strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen können einschneidende Folgen für jeden Einzelnen bedeuten. Häufigste Klagemomente gegen Pflegende betreffen den Dekubitus, den Sturz, die Fixie-
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Abstracts der Fachvorträge und Workshops vom 7. Gesundheitspflege-Kongress am 30. und 31. Oktober 2009 in Hamburg
rung, Dokumentationsmängel und Fehler in der Ausführung ärztlicher Verordnungen. Im Sinne der Beweisführung vor Gericht sind Standards und Richtlinien sowie deren belegbare Umsetzung in der Einrichtung von besonderer Bedeutung. Anhand von Fällen und Urteilen erhalten Sie Tipps zu den Brennpunkten des pflegerischen Alltags. Das Recht orientiert sich an Gesetzen und nicht an Rahmenbedingungen. Beispiele für Rechtsfälle aus der Praxis sind: Kaliumchlorid statt Natriumchlorid Hirnverletzung bei Kieferhöhlenoperation Abgebrochene Operationsnadelspitze bei Bandscheibenoperation Haken halten, Wundsekret absaugen und Gefäße koagulieren durch OP-Pfleger Tödliche Bakterieninfektion nach Kaiserschnittentbindung Bauchtuch bei Operation vergessen Amputation des Daumenendgliedes beim Verbandwechsel Vertauschtes Kreuzblut Tödliche Strangulation durch Bauchgurtfixierung Patientin verblutet nach Nierenbiopsie Rollstuhlfahrerin stürzt ins Treppenhaus Kontrastmitteleinlauf statt ins Rektum in die Scheide Gewaltsames Entfernen eines gefüllten Ballonkatheters Megacillin-Injektion bei Penicillin-Allergie Tödliche Sturzverletzung einer Heimbewohnerin, weil nur von einer Pflegekraft geführt Verspätete Reanimation mit Folge Wachkoma Darmperforation bei Verabreichung eines Klysmas Spritzenabszess Dekubitus, grobe Fahrlässigkeit Injektion von Narkosemittel in Arterie Badewasser über 50°C, Bewohnerin verstorben Fehlmedikation Besonders wichtig ist die Haftung für Fehler des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber, wenn dieser im Dienst zu einem hohen Schaden geführt hat, zum Beispiel haftet der Arbeitnehmer bei grober Fahrlässigkeit für den Gesamtschaden. Die Fälle und Urteile lassen sich auf alle Leistungsbereiche der Pflege übertragen. Vorbeugen ist besser als haften! (Rolf Höfert, Von Fall zu Fall – Pflege im Recht, Springer Verlag, 2. Auflage 2009, ISBN 978-3-540-79328-1)
Führungsmanagement Neuer Skill-Mix in der Pflege – eine Herausforderung für das Pflegemanagement Josef Hug Pflegedirektor, Städtisches Klinikum Karlsruhe gGmbH, Moltkestr. 90, 76133 Karlsruhe Unter dem Überbegriff Führungsmanagement wird auf dem 7. Gesundheitspflege-Kongress in Hamburg unter anderem das Thema „Neuer Skill-Mix in der Pflege – eine Herausforderung für
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das Pflegemanagement“ diskutiert. Es stellt sich die Frage, ob neue Begrifflichkeiten auch neue Erfahrungen mit sich bringen. Hinter dem Begriff Skill-Mix im Pflege- und Funktionsdienst steht die Idee, dass unterschiedliche Leistungen im Pflege- und Funktionsdienst von unterschiedlich ausgebildeten und weitergebildeten Mitarbeitern prozessorientiert erbracht werden können. Der WHO-Report 2000 kommt zu dem Ergebnis, dass die Bestimmung und Erreichung des richtigen Mix der im Gesundheitswesen Beschäftigten eine der größten Herausforderungen der meisten Gesundheitsorganisationen und Systeme sei. Dies betrifft insbesondere die Bundesrepublik Deutschland seit Einführung des German DRG-Systems mit einer drastischen Verkürzung der Verweildauer und einer zunehmend auf den Gesamtprozess ausgerichteten Arbeitsorganisation. Der Begriff Skill-Mix beschreibt die unterschiedlichsten beruflichen Erfahrungen und die individuellen Fähigkeiten, das heißt das Können der Mitarbeiter in der Umsetzungsphase. Der Begriff Grademix beschreibt die unterschiedlichen offiziellen Qualifikationen und Zusatzausbildungen der Mitarbeiter. Beide Begriffe können nur im Kontext betrachtet werden. Bezüglich dieser neuen Begrifflichkeiten bleibt festzuhalten, dass die theoretische Diskussion über die Aufgabenverteilung beziehungsweise die Neuzuschnitte der Aufgaben im Krankenhaus teilweise von der Praxis überholt wurden. Überall in der Bundesrepublik Deutschland haben sich sowohl Ausbildungs- als auch Einsatzmodelle entwickelt, in der die Weiterqualifikation und die Spezialisierung des Pflegepersonals bereits breiten Raum eingenommen hat. In dem Vortrag wird insbesondere auf diese bereits eingeführten und umgesetzten Entwicklungen eingegangen aber auch abzusehende Trends werden aufgezeigt. Bezüglich der Auswirkungen auf die Qualifikation des Personals und die Qualität der Arbeit bleibt festzuhalten, dass sowohl die Akademisierung der Pflegekräfte zum Bachelor of Nursing beziehungsweise die Weiterentwicklung zum Master bis hin zur Promotion aber auch die differenzierte Entwicklung des Berufsbildes Pflege auf der Tagesordnung steht. Unterhalb der Basisqualifikation der dreijährigen Kranken- und Gesundheitspflegeausbildung wird sich aller Voraussicht nach ein Abschluss zum Pflegeassistenten mit qualifiziertem Hauptschulabschluss, aber auch eine eventuell erweiterte dreieinhalbjährige Ausbildung Gesundheit und Pflege entwickeln. In den sich dann anschließenden Weiterqualifizierungen in modularisierten Weiterbildungen wird es aller Voraussicht nach stärker funktionsbezogene aber auch fachbezogene Weiterbildungsmodule geben. Diese Entwicklungen im sekundären Bildungssystem beruhen unter anderem auch auf einer Empfehlung des deutschen Bildungsrats für Pflegeberufe, dem sich auch andere berufsständische Organisationen, wie zum Beispiel die BALK, in vollem Umfang angeschlossen haben. Auf diesem Kongress wird unter anderem auch die effektive Einsatzplanung von Pflegekräften in Hinblick auf die eventuell notwendig werdenden Quoten von qualifizierten Mitarbeitern diskutiert. Aus Sicht der Praxis ist vorstellbar, dass 10% der qualifiziert Pflegenden einen Hochschulabschluss im Sinne des Bachelor of Nursing und der Weiterqualifikation erwerben, so dass circa
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30% der qualifiziert Pflegenden mit zweijährigem Abschluss und knapp 60 % derer mit der drei- beziehungsweise dreieinhalbjährigen Basisqualifikation zum Einsatz kommen. Insbesondere diese Aussage wird im Vortrag näher erläutert und sicher auch kritisch diskutiert. Die Regelungen zur Qualifikation des Personals bezüglich der Verteilung der Arbeit nach Qualitätssichtpunkten ist Voraussetzung für die anschließende Umsetzung in die Praxis. Hier muss insbesondere der Gesamtprozess der Patientenbehandlung, insbesondere im Krankenhaus, betrachtet werden und in sinnvolle Prozessabschnitte gegliedert werden. Dies wird in den kommenden Jahren entsprechend der Prognosen der WHO zu tiefgreifenden Veränderungen in der Organisation der Kliniken und Abteilungen führen. Auch in diesem Punkt hat allerdings die Praxis bereits Modelle entwickelt, vorgebracht und eingeführt, die uns den Weg weisen. Bezüglich des Prozessmanagements erübrigt sich die müßige Diskussion um das Reizwort Delegation, denn prozesshaftes Betrachten der Arbeitsabläufe bedeutet Allokation mit der Übernahme von Verantwortung für komplette Projektabschnitte. Abschließend bleibt festzuhalten, dass in den letzten zwei Jahren enorme Veränderungsprozesse im Sinne der Weiterentwicklung der Pflege- und Funktionsdienste in den Krankenhäusern stattgefunden haben und dass neben der Diskussion, die durch die Pflegegipfel ausgelöst wurden, unter anderem das Thema Aus-, Fort- und Weiterbildung eine immer stärker werdende Bedeutung einnimmt. Sowohl die politischen Signale als auch die Aussagen der berufsständischen Organisationen deuten darauf hin, dass ein spezifiziertes und modularisiertes Aus-, Fort- und Weiterbildungssystem entwickelt werden kann, um den gewaltigen Herausforderungen bezüglich des Pflegebedarfs in der Bundesrepublik Deutschland in der Zukunft Stand zu halten. Dies betrifft auch die heimstationäre Pflege und die ambulante pflegerische Versorgung.
Die Generation 50 plus Ältere Arbeitnehmer in der Pflege Dr. rer. Medic. Michael Isfort Abteilungsleiter Pflegearbeit und -beruf, Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung (DIP) e.V., Hülchrather Str. 15, 50670 Köln Vieles ist bekannt hinsichtlich der demografischen Entwicklung und der damit einhergehenden Veränderungen im Gesundheitswesen und in der Gesellschaft. Nicht nur der steigende Bedarf an pflegerischen Leistungen spielt dabei eine Rolle, sondern vor allem auch der sinkende Anteil junger Arbeitskräfte. Es wird davon ausgegangen, dass ein erheblicher Wettbewerb um junge Arbeitskräfte entstehen wird. Dabei wird die Entwicklung meist mit einer Zukunftsperspektive in der Diskussion verbunden, was trügerisch ist, denn die Entwicklung vollzieht sich bereits. Angaben des statistischen Bundesamtes zufolge ist zum Beispiel der Anteil von Krankenpflegenden unter 35 Jahren im Zeitraum von zehn Jahren (1997–2007) von 48,4% auf 32,8% gesunken. Dementsprechend
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stieg auch der Anteil an über 50-jährigen Pflegekräften von 12,2% auf 19,7% an. In der Altenpflege ist der gleiche Trend zu beobachten. Hier ist heute bereits jeder vierte Mitarbeiter über 50 Jahre alt. Mancherorts ist nicht nur der Altersdurchschnitt der Pflegenden angestiegen, sondern die Gesamtbelegschaft einer Station zusammen älter geworden und mittlerweile über vierzig Jahre. Junge Mitarbeiter gibt es dann bisweilen nur im Rahmen der Mitarbeit von Auszubildenden und es stellt sich die Frage, wie Übergänge und Wissensweitergabe gestaltet werden können. Im Pflege-Thermometer 2007 wurde hinsichtlich älterer Mitarbeiter spezifischer nachgefragt. Es konnte ermittelt werden, dass 78% befragter Pflegedirektionen im Krankenhausbereich davon ausgehen, dass die physischen Belastungen im Pflegedienst nicht bis zum Erreichen des Rentenalters tragbar sind. Bemerkenswert ist, dass es spezifische Arbeitsangebote für älteres Krankenpflegepersonal anscheinend nahezu gar nicht gibt. Nur 3,1% äußern sich zustimmend dazu, dass ausreichende Alternativen zur Verfügung stehen, wenn die Arbeitsbelastung in den bettenführenden Bereichen durch den Mitarbeiter nicht mehr bewältigt werden kann. Hinsichtlich der Frage nach speziellen Programmen für Altersteilzeit zeigte sich ebenfalls, dass dies ein Themenbereich mit Entwicklungsbedarf ist. Lediglich ein Drittel wies entsprechende Angebote aus. Im Vortrag wird diesen und anderen Ergebnissen nachgegangen und diskutiert, welche Auswirkungen dies auf die Gestaltung der Arbeitsplätze der Zukunft haben kann.
Akademische Ausbildung in der Pflege Die Entwicklung der Krankenpflege sowie der pflegerischen Ausbildung im europäischen Vergleich Prof. Johannes Keogh Fachbereich Pflege und Gesundheit, Fachhochschule Fulda, Marquardstr. 35, 36039 Fulda Die „moderne Pflege“ entstand in Kaiserswert, wo Florence Nightingale auch von Pastor Fliedner ausgebildet wurde. Nightingale gründete mehrere Pflegeschulen, aber Deutschland ist leider einen anderen Weg gegangen. Die erste primär qualifizierende Hochschulausbildung wurde 1909 an der Universität von Minnesota eingerichtet [Kozier, Erb, Berman & Snyder, 2004: 24]. Interessant ist, dass man in Leipzig um 1912 Vorbereitungen getroffen hatte, ein Pflegestudium einzuführen [Robert Bosch Stiftung, 1992: 31]. Dieses Vorhaben wurde durch den ersten Weltkrieg zunichte gemacht. Deutschland ist im Moment weltweit eines von drei Ländern, in denen die Pflegeausbildung ausschließlich an Pflegeschulen statt findet und nicht an Universitäten – und zwar zusammen mit Luxemburg und Liechtenstein! Eine akademische Erstausbildung wurde per Krankenpflegegesetz zwar nicht verboten, aber auch nicht erlaubt. Seit 2004 wurden mehrere erstqualifizierende Pflegestudiengänge als duale Bachelor-Studiengänge eingeführt.
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Die Auswirkungen der unterschiedlichen Pflegebildungsprogramme in Europa für die deutsche Pflege Berufsausbildung in Europa Die EU-Richtlinien für Krankenpflegeausbildung 2005/36/EG regeln die gegenseitige automatische Anerkennung der Ausbildungsprogramme für die Kranken- und Entbindungspfleger EUweit [BiBB, September 2007: 6]. Laut Stöcker [2004] wurden in den meisten EU-Ländern in den 1990er-Jahren umfassende Ausbildungsreformen in der Pflege durchgeführt. Diese Entwicklung entsprach den programmatischen Anforderungen der WHO von 1990. Somit wurde die Pflegausbildung in das höhere Bildungssystem integriert. Mit Ausnahme von Deutschland, Luxemburg und Österreich müssen Auszubildende die Sekundarstufe II als Zugangsvoraussetzung nachweisen, und mit Ausnahme von Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Österreich wurden die Pflegeausbildungen systematisch auf der Tertiärstufe angesiedelt [Stöcker, 2005]. Es ist noch zu vermerken, dass die Pflegebildung in der Mehrheit der Länder generalistisch zu absolvieren ist. Das gegenwärtige Problem ist, dass die Führung der Berufsbezeichnung über die EU-Richtlinien geregelt wurde. Aber: Die berufliche Bildung in den anderen EU-Ländern wurde auf die hochschulische Ebene verlagert. Bei der gegenseitigen Anerkennung entstehen infolgedessen potenzielle Probleme für die Anerkennung, da die Länder mit einer Hochschulausbildung die erste allgemeine horizontale Richtlinie (Hochschule) für die Anerkennung anwenden. Die deutschen Gesundheits- und Krankenpfleger/innen können lediglich die zweite allgemeine horizontale Richtlinie nutzen. Im ersten Fall wird der akademische Grad anerkannt, im zweiten die spezifische Berufsqualifikation beziehungsweise der Berufstitel. Die Frage, inwiefern es zukünftig innerhalb der Europäischen Union professionell Pflegende erster und zweiter Klasse geben könnte, ist somit berechtigt [Stöcker, 2005]. Die Entwicklung der Pflegestudiengänge An der Fachhochschule Osnabrück ist zum Wintersemester 1991/92 ein Diplomstudiengang „Krankenpflege-Management“ eingeführt worden [Robert Bosch Stiftung, 1992: 31]. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass anfänglich hauptsächlich Studiengänge für die Bereiche „Pflegemanagement“ und „Pflegepädagogik“ entwickelt wurden. Eine Ausnahme war das sogenannte „Hessen-Modell“, in dem man an drei hessischen Fachhochschulen grundständige, erstqualifizierende Studiengänge einführte. Hier war eine Ausbildung also nicht die Zugangsvoraussetzung für das Studium. Pflegeausbildung Die akademische Ausbildung ist in vielen Ländern fest etabliert. In Irland, Skandinavien, Kanada, Australien, Jordanien(!) und Neuseeland (ausgewählte Beispiele) ist die Pflege schon ein „Degree only“-Beruf mit einer Übergangsregelung. Eine weitere Entwicklung in der Ausbildung war die Verschiebung von reinen krankenhausorientierten Tätigkeiten hin zu einer sogenannten Kompetenzorientierung. Milligan [1998] besagt, dass man den Fokus
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und die Zielsetzung der Kompetenzen nicht aus den Augen verlieren darf. Um Kompetenzen zu erwerben, muss der Lernende in der Lage sein, Theorie und Praxis miteinander vor dem Hintergrund des lebenslangen Lernens zu verknüpfen. In einer qualitativen Studie von McMillan et al. [2007] konnte nachgewiesen werden, welche Vorteile ein erwachsener Ansatz in der Ausbildung hat. Die Studierenden übernehmen eine Eigenverantwortung für ihre Lernbedürfnisse. Somit sind sie motivierter, auch im Hinblick auf Lerninhalte, die Pflegestudierende traditionell eher fürchten (beispielsweise Wissenschaft und Theoriebildung). Anforderungen an die Pflege Die steigenden Kosten der Gesundheitsversorgung auf der einen Seite sowie die erhöhten Anforderungen für eine qualitativ hochwertige Versorgung der Klienten/Patienten andererseits, stellen neue Herausforderungen an die Pflege. Diesen Herausforderungen kann nur gerecht entsprochen werden, wenn sowohl die Qualität als auch die Inhalte der Ausbildung angehoben und verändert werden. Die akademische Pflege kann zu dieser Anforderung einen Beitrag liefern und dadurch die Zufriedenheit der Klienten/ Patienten steigern. Die neuen Entwicklungen im Krankenpflegegesetz, sowie die Veränderungen in den Ausbildungsmodalitäten (Diplom-/Bachelor-/Master-Studiengänge) bedeuten neue Herausforderungen für die Hochschulen. Mit den neuen Studiengängen „B.Sc. Pflege“ ist die akademische Ausbildung als Normalität der weltweiten Pflegeausbildung ein Stückchen näher gerückt. Zwar fehlt noch die rechtliche Anerkennung der Absolvent/innen, die sich nicht für einen dualen Studiengang entschieden haben, wie zum Beispiel in Hessen. Dafür liegt ein Erlass des Sozialministeriums für die hessischen Bachelor-Studiengänge vor und die Absolvent/innen haben die Möglichkeit, innerhalb von vier Jahren einen akademischen Abschluss sowie die Berufsanerkennung zu erhalten. Somit wird festgestellt, dass in den letzten zehn Jahren sehr viel bewirkt werden konnte.
Palliative Care – lindern, beistehen, begleiten Ätherische Öle in der Palliativpflege Michael Key Humboldtstr. 124, 22083 Hamburg „Solange wir atmen, riechen wir. Das Riechen ist der älteste der menschlichen Sinne und steuert unser Leben maßgeblich. Düfte wecken Gefühle, Erinnerungen und Stimmungen lange bevor der Verstand davon erfährt.“ Diese Aussage des renommierten Geruchsforscher Professor Hanns Hatt beschreibt eine Möglichkeit, die sich mit der Anwendung ätherischer Öle auch in der Palliativpflege ergibt – ganz unabhängig vom Kräftezustand des Patienten. Er erklärt mit verständlichen Begriffen die olfaktorische – das heißt geruchliche – Wahrnehmung von Düften in der Luft. Ätherische Öle werden aber auch noch auf anderen Wegen im Körper aufgenommen.
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„Damit ätherische Öle ihre Wirkung entfalten können, müssen sie in unseren Organismus eindringen können. Dies wird durch Einnahme (Schlucken), Einreibung/Massage (Haut) oder Inhalation (Atemwege) ermöglicht. Die Wirkstoffe der ätherischen Öle erreichen über den Blutkreislauf die zu behandelnden Organe und Organsysteme.“ (Prof. Dr. Dr. Dietrich Wabener). Ätherische Essenzen können in der Palliativpflege viele belastende und unangenehme Symptome von Krankheiten, Medikamenten und Therapien positiv beeinflussen. Sei es die Bekämpfung von schlechten Gerüchen durch Tumorzerfall, Übelkeit, Hautveränderungen und quälenden Juckreiz, Strahlenschäden, aber auch Traurigkeit und Angst. Es gibt kein grundsätzlich ungeeignetes Öl für die Pflege Schwerkranker und Sterbender. Der Anwender kann mit dem Patienten Gerüche ausprobieren und dessen Vorlieben berücksichtigen. Ist dies nicht mehr möglich, wählt die geschulte Pflegekraft das ätherische Öl nach seinem Wirkspektrum aus. Auswahlkriterien: Wünsche des Patienten Art der Anwendung (Raumbeduftung, Teilkörpermassage, Waschung) Ziel der Anwendung (Geruchsverbesserung, Entspannung, Steigerung des Wohlbefindens) Öle zur Raumluftverbesserung sind zum Beispiel Pfefferminze, Zitrone, Bergamotte, Mandarine, Lemongras, Litsea und Eukalyptus. Ausgleichend und harmonisierend wirken zum Beispiel Lavendel, Majoran, Römische Kamille, Rose, Neroli. Zur Hautpflege eignen sich besonders Lavendel, Rose, Sandelholz, Weihrauch und Cistrose. Das Mischen verschiedener Öle ermöglicht die Kombination schöner Düfte und die Potenzierung der Einzelwirkung. Darum sollte der Anwender Grundkenntnisse über ätherische Öle besitzen, die Herstellung von Mischungen beherrschen und Wirkungen und Kontraindikationen berücksichtigen. Für viele Menschen sind ätherische Öle in dieser letzten Lebensphase angenehme und hilfreiche Begleiter, die oft zu einer Verbesserung der Lebensqualität beitragen. Die duftenden Essenzen in der Palliativpflege einzusetzen ermöglicht aber auch der Pflegeperson die Erweiterung ihres Handlungsspielraumes, fördert den Kontakt zum Patienten und kann eine weitere Kommunikationsmöglichkeit sein. Nicht zuletzt können ätherische Öle den Rahmen für Abschiedsrituale von Pflegenden und Angehörigen bilden und den Trauerprozess begleiten.
Die Zukunft der Pflege gestalten Professionalisierung der Pflege Ricarda Klein Direktorin für Patienten- und Pflegemanagement, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistr. 52, 20246 Hamburg In der unmittelbaren Vergangenheit ging es darum, die Professionalisierung der Pflege in den Einrichtungen durch strukturelle Innovationen und Betonung der eigenverantwortlichen pflegerischen Handlungskompetenz voranzubringen. Beispiele hierfür
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sind unter anderem Leitbildentwicklung, Change Management hin zur lernenden Organisation, Lean Management, Einführung von Qualitätsmanagement, Umsetzung der Pflegeplanung und Orientierung an Pflegetheorien. Das neue Ausbildungsgesetz, die Akademisierung und das Streben nach Anerkennung haben das Bild der Pflegenden in der Öffentlichkeit nachhaltig verändert. Strategisch wird sich die Pflege in Zukunft in zwei Richtungen entwickeln: In den Fachhochschulen und Universitäten werden Generalisten ausgebildet, die den pflegerischen Leistungsumfang in der Gesundheitswirtschaft optimal positionieren. Auf der anderen Seite werden in den Kliniken verstärkt hoch spezialisierte Fachkräfte im Rahmen von multiprofessionellen Teams eingesetzt.
Die Generation 50 plus Alternde Belegschaften in der Pflege – Bedarfe erkennen und Konzepte entwickeln Kornelius Knapp Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) gGmbH, Obere Turnstr. 8, 90429 Nürnberg Sowohl die Einrichtungen der Altenpflege als auch die Krankenhäuser stehen vor großen Herausforderungen. Auf der einen Seite wächst mit der Alterung der Gesellschaft auch die Nachfrage nach Pflegeleistungen. Auf der anderen Seite stehen weniger Pflegekräfte zur Verfügung, deren Durchschnittsalter in Zukunft deutlich höher sein wird. Zudem wird es in Zukunft noch schwieriger werden, junges, qualifiziertes Fachpersonal zu gewinnen. Schon heute können viele Einrichtungen der Altenpflege ihre Stellen nicht adäquat besetzen. Auch im Krankenhausbereich steigt nach Jahren der Personaleinsparung der Personalbedarf wieder an. Schreibt man die gegenwärtigen Zahlen fort, droht eine Unterversorgung mit Pflegekräften [FZG 2008; HWP Planungsgesellschaft 2007, S. 80]. Zudem wandeln sich die Anforderungen an die Pflegekräfte. Stichworte sind beispielsweise Kundenorientierung, Ambulantisierung, Professionalisierung und Verdichtung der Arbeitsprozesse sowie Multimorbidität und Hochaltrigkeit der Patienten [Klein, Gaugisch, Stopper 2008]. Im Krankenhausbereich wird zudem über Aufgabenverlagerungen vom ärztlichen auf den pflegerischen Dienst diskutiert. Für die Arbeit der Pflegekräfte sind damit zusätzliche medizinische, pflegerische und arbeitsorganisatorische Anforderungen verbunden [Offermanns 2008]. Nachhaltige Unternehmensstrategien, mit deren Hilfe Altenpflegeeinrichtungen und Krankenhäuser die Herausforderungen meistern können, liegen noch nicht vor oder sind in der Breite nicht verwirklicht. Im Krankenhausbereich standen in den vergangenen Jahren eher andere Themen wie Rationalisierung und Personalabbau im Vordergrund. Konzepte für die nachhaltige Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter fehlen bislang [Knapp 2009]. In der Altenpflege wurden in den letzten Jahren unterschiedliche Erfahrungen gesammelt und Beispiele guter Praxis entwickelt. Der Transfer in die Breite steht bislang jedoch noch aus [Metz et al. 2009, S. 87].
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Abstracts der Fachvorträge und Workshops vom 7. Gesundheitspflege-Kongress am 30. und 31. Oktober 2009 in Hamburg
Die zentrale Herausforderung für den Pflegebereich liegt darin, Strategien zu entwickeln, die trotz der hohen berufsspezifischen Belastungen die Beschäftigten bis zum Renteneintrittsalter gesund, kompetent und motiviert erhalten. Der erste, unabdingbare Schritt dorthin ist eine sorgfältige Analyse der Ausgangssituation in den Einrichtungen. Nur wenn transparent ist, wie die Personalstrukturen, die Leistungsanforderungen und Arbeitsbedingungen im jeweiligen Unternehmen beschaffen sind, können tragfähige Lösungen entwickelt werden, um den aktuellen und künftigen Herausforderungen zu begegnen. Eine Bedingung für die erfolgreiche Implementierung demografiefester Unternehmensstrategien in den betrieblichen Alltag ist ein auf die jeweilige Einrichtung zugeschnittenes MaßnahmenPortfolio. Auf der Grundlage der betrieblichen Bedarfsanalyse, beispielsweise mittels einer Altersstrukturanalyse und einer demografiebezogenen Arbeitssituationsanalyse, können Empfehlungen für betriebsspezifische Maßnahmenpakete ausgearbeitet werden [Gerisch, Knapp, Töpsch 2009]. Ansatzpunkte einer zukunftsfähigen Personal- und Organisationsentwicklung können in fünf unterschiedlichen Handlungsfeldern liegen [Gottwald, Knapp 2008]. Wichtig für die Umsetzung ist, dass die Realisierung von Aktivitäten in den unterschiedlichen Handlungsfeldern nicht als eindimensionales Erfolgsrezept verstanden wird. Für die Sicherung der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter ist es erforderlich, dass einerseits eine Verbesserung der arbeitsorganisatorischen Bedingungen erzielt wird und andererseits die Kompetenzen und Qualifikationen der Beschäftigten weiterentwickelt werden.
Leiden – Sterben – Tod Ethische, rechtliche und soziale Aspekte einer praxisorientierten Pflegeethik Prof. Dr. Ingrid Kollak Pflege/Pflegemanagement, Alice-Salomon-Hochschule (ASH), Alice-Salomon-Platz 5, 12627 Berlin Der Workshop präsentiert interdisziplinäres Schulungsmaterial, das die Auseinandersetzung über ethische, rechtliche und soziale Aspekte von Leiden, Sterben und Tod unterstützt. Eine solche Auseinandersetzung gehört zur Ausbildung von Menschen, die professionell andere versorgen und bildet die Basis einer reflektierten Berufspraxis. Die Begegnung mit Sterben und Tod wird oft als Thema alter Menschen behandelt. Sterben und Tod auf den Kontext alter Menschen zu beschränken, verdrängt die Auseinandersetzung mit der Endlichkeit der eigenen Existenz. Die vorherrschende Verherrlichung der ewigen Jugend zielt darauf ab, die Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit und die menschliche Angst vor dem Tod zum Verschwinden zu bringen. Leiden und Tod lösen nicht selten Hysterie aus und erzeugen Druck. Betroffenen wird eine zusätzliche Last auferlegt durch die Reaktion ihrer Familie und ihres Umfelds. Dies zeigt sich beson-
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ders deutlich, wenn Kinder vom Tod betroffen sind. Leidvermeidung ist auf Dauer nicht möglich. Vielmehr geht es um den Umgang mit dem Leiden, um Beistand im Leiden und sehr oft um eine gute Schmerztherapie. Menschen wünschen sich einen Sekundenherztod oder ein ruhiges Abschiednehmen, schmerzfrei, zu Hause, im Kreis von Freunden. Die Realität sieht für viele Menschen am Ende des Lebens anders aus: Sie sterben im Krankenhaus, wie die meisten Menschen in Deutschland. Menschen wollen bis zuletzt gut versorgt sein und bis zuletzt selbst entscheiden können und hoffen, dass die Patientenverfügung ihnen das garantiert. Solche Vorstellungen vom Tod sind abstrakt. Entscheidungen über eine Therapie sind bis zuletzt dann stimmig, wenn sie sich an der konkreten medizinischen und sozialen Situation vor Ort ausrichten. Die Zahl alter Menschen, die Suizid begehen, steigt weiter an. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage der sozialen Bedingungen einer Versorgung am Ende des Lebens, die den Freitod als Alternative attraktiv macht.
Schlaganfall – von der Intensivstation zur Nachsorge Neurologische Frührehabilitation Dr. Anna Christine Krützelmann Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Kopf- und Neurozentrum, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Martinistr. 52, 20246 Hamburg Frührehabilitation in der Akutklinik Akutmedizin und Rehabilitation existierten in Deutschland als zwei völlig getrennte Bereiche in der medizinischen Versorgung. SGB V § 39 Absatz 3 (1.7.2001) definiert, dass die akutstationäre Behandlung auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation umfasst. Die Auffassung des BMGS vom 27.10.2004 grenzt die Frührehabilitation als frühzeitige rehabilitations-medizinische Behandlung im Krankenhaus von der Rehabilitation, bei der der akutmedizinische Behandlungsbedarf weitestgehend abgeschlossen ist, ab. Leistungserbringung nach OPS 8-552 Die Mindestmerkmale der neurologischen Frührehabilitation umfassen die Leitung eines Facharztes für Neurologie, der über eine mindestens dreijährige Erfahrung in der neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation verfügt. Im Frührehateam muss der neurologische oder neurochirurgische Sachverstand kontinuierlich eingebunden sein. Gefordert wird ein standardisiertes Frührehabilitationsassessment zur Erfassung und Wertung der funktionellen Defizite in mindestens fünf Bereichen (Bewusstseinslage, Kommunikation, Kognition, Mobilität, Selbsthilfefähigkeit, Verhalten, Emotion) zu Beginn der Behandlung. Der Patient hat einen Frührehabilitations-Barthel-Index nach Schönle bis maximal 30 Punkte zu Beginn der Behandlung. Es finden wöchentliche Teambesprechung mit wochenbezogener Dokumentation
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bisheriger Behandlungsergebnisse und weiterer Behandlungsziele statt. Voraussetzung ist aktivierend-therapeutische Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal auf dem Gebiet der neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation, sowie das Vorhandensein und der Einsatz von folgenden Therapiebereichen: Physiotherapie, Physikalische Therapie, Ergotherapie, Neuropsychologie, Logopädie/fazioorale Therapie und/oder therapeutische Pflege (Waschtraining, Anziehtraining, Esstraining, Kontinenztraining, Orientierungstraining, Schlucktraining, Tracheostomamanagement, isolierungspflichtige Maßnahmen u.ä.) in patientenbezogenen unterschiedlichen Kombinationen von mindestens 300 Minuten täglich im Durchschnitt der Behandlungsdauer der neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation.
Familiengesundheitspflege – vom Pilotprojekt in die Breitenwirkung Familienbegleitung zur Entlastung und Gesundheitsförderung einer pflegenden Angehörigen mit demenzkrankem Vater Petra Lobenwein Nemetkerstr. 24, 91186 Büchenbach Die demografische Entwicklung in Deutschland zeigt, dass die Menschen immer älter werden. Daher nimmt auch die Zahl der pflegebedürftigen und der zu pflegenden Personen zu. Deren Ehepartner, Töchter und Söhne werden somit immer häufiger durch kräfteraubende und körperlich anstrengende Pflegeaufgaben überfordert [Höpflinger, Hugentobler 2005]. Um diese Herausforderungen in der Zukunft bewältigen zu können, empfiehlt die WHO Europa die Etablierung der Family Health Nurse (Familiengesundheitspflegerin, FGP) in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Am Beispiel von Frau B. erläutere ich, wie nützlich Familiengesundheitspflege auch in Deutschland sein kann. Frau B., selbst herzkrank, pflegt seit sechs Jahren ihren demenzkranken Vater zu Hause. Seit zwei Jahren kann sie ihren Vater nicht mehr alleine in der Wohnung lassen, sie braucht für jede Besorgung außer Haus eine Betreuungsperson. Dadurch fühlt sie sich „absolut angehängt“. Vor Kontaktaufnahme mit der FGP versuchte sie, die Betreuung fast ausschließlich innerhalb ihrer Familie zu regeln. Mit den Kindern kommt es deshalb oft zu Konflikten, was Frau B. zusätzlich stark belastet. Sie kennt zwar einige Entlastungsangebote, doch durch ihre christliche Einstellung und die ihr eigene Bescheidenheit gibt es Blockaden in ihr, diese Angebote für sich in Anspruch zu nehmen. Im Gespräch mit der FGP kann Frau B. ihre Sorgen und Nöte aussprechen. Frau B. findet in der FGP eine aufmerksame Zuhörerin, die durch ihren systemischen Ansatz das ganze Familiensystem im Blick hat und mit gezielten Interventionen auf ihre speziellen Bedürfnisse eingeht. Gemeinsam erarbeitet die FGP mit Frau B. Lösungsstrategien, die den eigenen Bedürfnissen angepasst sind. Es gelingt, das Helfernetz der Familie durch Hilfssysteme von außen zu erweitern und somit für die Pflegende und ihre Kinder Entlastung zu schaffen. Am Ende der
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Beratung erreicht Frau B. eine höhere Kongruenz (M. Friedemann) mit sich und der Umwelt. Ohne diese zusätzliche, durch die FGP initiierte Entlastung von außen ist durch Überlastung von Frau B. eine Verschlimmerung ihres Gesundheitszustandes (Herzrhythmusstörungen) zu befürchten. Frau B. könnte dann die Pflege des dementen Vaters nicht mehr selbst leisten und müsste ihn ins Heim geben. Die Kosten im Pflegeheim sind nach den geltenden Pflegesätzen jedoch um ein Vielfaches höher als die Aufwendungen einer Kommune für die Anstellung einer Familiengesundheitspflegerin, wie sich schon am beschriebenen Einzelfall leicht nachweisen lässt. Deshalb kommt der FGP eine bedeutende Rolle in unserem Gesundheitssystem zu, da sie hilft, durch Gesundheitsförderung und Prävention erhebliche Kosten einzusparen.
Schlaganfall – von der Intensivstation zur Nachsorge Die Arbeit der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe Frank Münzinger Leitung Rehabilitation und Nachsorge, Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe, Carl-Miele-Str. 210, 33311 Gütersloh Seit der Gründung im Jahr 1993 durch Liz Mohn engagieren wir uns in der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe für eine effizientere Schlaganfallversorgung in Deutschland. Dabei verfolgen wir die Strategie, Schlaganfälle durch Aufklärung über die Risikofaktoren zu vermeiden sowie die Versorgungskette nach einem Schlaganfall zu verbessern, damit die Folgen eines Schlaganfalls so gering wie möglich bleiben. Die Optimierung beginnt mit der Vermittlung der Schlaganfallsymptome und dem Appell, sofort den Notruf 112 abzusetzen. Es folgt die Beschleunigung der Notfallkette durch bessere Zuweisungskonzepte und der Akutbehandlung auf einer auf den Schlaganfall spezialisierten Station (Stroke Unit). Daran sollte sich eine Rehabilitation in einer spezialisierten, neurologischen Fachklinik anschließen, die wiederum ohne Brüche in eine gut vernetzte und organisierte Nachsorge überleitet. Dies erreichen wir selbstverständlich nur im beständigen Dialog mit allen Akteuren der Schlaganfallversorgung und mit dem Fokus auf die Bedürfnisse von Betroffenen und ihren Angehörigen. Durch unser Netzwerk von derzeit rund 470 Selbsthilfegruppen bekommen wir diese Bedürfnisse sehr direkt rückgemeldet. Die Stiftung fördert die Selbsthilfe nach Schlaganfall seit ihrer Gründung, sie ist zentraler Teil unserer Arbeit. Betroffene und Angehörige erhalten über die Selbsthilfegruppe wichtige Impulse und Hilfestellung für den neuen Lebensabschnitt nach dem Schlaganfall. Damit leistet die Selbsthilfe einen unschätzbaren Beitrag für eine Normalisierung nach einer solchen Zäsur. Ganz konkret bieten wir ein umfangreiches Informationsangebot an, das nahezu alle Fragen rund um das Thema Schlaganfall beantwortet. Von Broschüren zu einem gesünderen Lebensstil, um einen (erneuten) Schlaganfall zu verhindern, bis hin zu einem Leitfaden über Sozialleistungen halten wir viele lebensnahe Pro-
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Abstracts der Fachvorträge und Workshops vom 7. Gesundheitspflege-Kongress am 30. und 31. Oktober 2009 in Hamburg
dukte bereit. Darunter auch ein von der Stiftung entwickeltes Curriculum zur Ausbildung von Schlaganfallbegleitern. Basierend auf dem Prinzip der Laienpflege können damit Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, schlaganfallspezifisch geschult werden. Pflegende Angehörige werden so stundenweise in ihrem harten Alltag entlastet. Dieser Ansatz tritt bewusst nicht in Konkurrenz zu professionell Handelnden, sondern versucht, Lücken zu schließen, die durch Brüche in der Pflegeversicherung entstehen.
Palliative Care – lindern, beistehen, begleiten Stationäre Palliativpflege am Beispiel des Palliative-Care-Teams des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf Carsten Nordbrock Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Universitäres Cancer Center Hamburg, Palliative Care Team, Martinistr. 52, 20246 Hamburg Palliativbetten im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Im Februar 2008 wurde am Universitätsklinikum eine Palliativeinheit mit vier Betten auf einer onkologischen Normalstation implementiert. Zurzeit gibt es einen Palliativbereich mit sechs Betten, dieser ist auf einem Flur mit einer zehn Betten Privatstation untergebracht. Diese beiden Bereiche arbeiten völlig unabhängig voneinander. Auf der Station arbeiten für beide Bereiche gemeinsam 15 Pflegekräfte, davon drei mit Palliativweiterbildung und zwei Pflegekräfte in der Palliativweiterbildung. Es sind für den Palliativbereich morgens zwei Pflegekräfte zuständig und nachmittags eine Pflegekraft. Für den Palliativbereich sind 2,5 Ärzte verantwortlich. Dieses Team wird von Sozialarbeitern, Psychoonkologen, Seelsorgern, Physiotherapeuten, Musiktherapie und Ernährungsberatern unterstützt. Einmal wöchentlich findet eine interdisziplinäre Patientenbesprechung mit allen Berufsgruppen statt. Dann wird der Patientenstatus (Probleme, Symptome) anhand eines „Wolkenbogens“ bestimmt und dann ein individueller, multidisziplinärer Therapieplan für jeden Patienten erstellt. Es findet zweimal täglich eine ärztliche Visite statt und zweimal täglich eine Pflege-Arzt-Übergabe. Die Patientenaufnahme wird über definierte Aufnahmekriterien vom Stationsarzt gesteuert. Das Ziel der Palliativstation ist die physische und psychosoziale Stabilisierung des Patienten und die Klärung und Organisation der weiteren Versorgung. Pro und Kontra der Implementierung einer Palliativbetteneinheit auf einer Normalstation Es gibt zurzeit einen Trend, dass Einrichtungen (Krankenhäuser, Altenheime) eine Palliativeinheit auf einer „Normalstation“ implementieren. Auch im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wurde die Palliativeinheit zunächst auf einer onkologischstrahlentherapeutischen Station implementiert. Ein Pflegepersonalteam war für beide Einheiten verantwortlich. Rückwirkend
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möchte ich die strukturellen und personellen Vor- und Nachteile bei diesem Implementierungsrahmen gegenüberstellen. Die bestehenden Strukturen einer „Normalstation“ ermöglichen es, sich vom ersten Tag auf die Aspekte von Palliative Care zu konzentrieren und neue Pflegeaspekte anzuwenden, speziell die Begleitung im Sterbeprozess. Auf der anderen Seite stehen zwei unterschiedliche Bereiche und unterschiedliche Philosophien. Die meisten Differenzen ergeben sich durch unterschiedliche Therapieansätze: auf einer Seite kurativ und auf der anderen Seite Palliative Care. Dadurch kommt es auf einer Station zu Irritationen und Problemen, für das Personal, aber vor allem auch für die Patienten. Ein Ergebnis ist für mich dass eine Implementierung einer Palliativeinheit auf einer “Normalstation“ gerade in der Anfangsphase sehr hilfreich sein kann. Aber dieser Zeitraum muss begrenzt sein. Um Palliative Care sicher zustellen, ist eine eigene strukturelle und personelle Palliative Care-Einheit erforderlich. Vorstellung des Ist-Zustandes und ein Ausblick in die Zukunft Palliativstation: aktuell gibt es einen 6-Bettenbereich, eine eigene Palliativstation mit 12 Betten soll entstehen( geplant 2011 ). Multidisziplinärer Palliative Care Konsiliardienst: spezialisierte palliativmedizinische Patientenversorgung auf allen Stationen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Palliativmedizinische Ambulanz: medizinische und psychosoziale Beratung und ambulante Mitbetreuung in Zusammenarbeit mit Hausärzten und Pflegediensten. Studentische Lehre und Fachweiterbildung für Pflegekräfte. Ausbau interdisziplinärer Forschungsaktivitäten. Gründung eines Fördervereins zur Unterstützung der Palliativmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Viermal jährlich Erinnerungsstunde für Angehörige von verstorbenen Patienten.
Standards in der Pflege Standard für die Ernährung und Flüssigkeitsversorgung von Bewohnern stationärer Pflegeeinrichtungen Ulrike Olschewski1, Ulrike Arens-Azevêdo2, Christoph Löschmann3 1 M.Sc. (Nursing and Administration), Dipl.-Pflegewirtin (FH), RbP, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, eqs – Privatinstitut für Evaluation und Qualitätssicherung im Gesundheits- und Sozialwesen, Heselstücken 7, 22453 Hamburg 2 Ernährungswissenschaftlerin, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW), Fakultät Life Sciences, Lohbrügger Kirchstr. 65, 21033 Hamburg 3 Dipl.-Psychologe, Geschäftsführer, eqs – Privatinstitut für Evaluation und Qualitätssicherung im Gesundheits- und Sozialwesen, Heselstücken 7, 22453 Hamburg Evaluation und Qualitätssicherung im Gesundheits- und Sozialwesen, Heselstücken 7, 22453 Hamburg
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Abstracts der Fachvorträge und Workshops vom 7. Gesundheitspflege-Kongress am 30. und 31. Oktober 2009 in Hamburg
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Ernährungswissenschaftlerin, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW), Fakultät Life Sciences, Lohbrügger Kirchstr. 65, 21033 Hamburg 3 Dipl.-Psychologe, Geschäftsführer, eqs – Privatinstitut für Evaluation und Qualitätssicherung im Gesundheits- und Sozialwesen, Heselstücken 7, 22453 Hamburg Mangelernährung stellt ein häufiges Problem bei älteren Menschen und Bewohnern stationärer Pflegeeinrichtungen dar [Pirlich et al. 2006, Pankin 2008, Tannen et al. 2008]. Vom eqs-Institut wurde in Zusammenarbeit mit Frau Prof. Arens-Azevêdo von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) ein Standard für das Management der Ernährung und Flüssigkeitsversorgung der Bewohner der stationären Pflegeeinrichtungen der Marseille-Kliniken AG erstellt. Der Standard dient sowohl der Vorbeugung einer Mangelernährung als auch der frühzeitigen Erkennung eines Mangelernährungsrisikos. Auf Basis der erhobenen Ressourcen und Probleme werden individuelle Maßnahmenpläne erstellt. Zum Einsatz kommen ein Screening und ein darauf aufbauendes Assessment, Verfahrens- und Arbeitsanweisungen sowie Ernährungs- und Trinkprotokolle [Olschewski et al. 2009]. Durch regelmäßige Kontrollen des Ernährungszustandes mittels des Screenings kann ein mögliches Risiko für eine Mangelernährung frühzeitig erkannt werden. Das Assessment dient im nächsten Schritt dazu, die genauen Ernährungsprobleme des Bewohners zu identifizieren, um dann zielgerichtete Maßnahmen zu planen. Zudem sind in Verfahrensanweisungen spezielle Maßnahmen für unterschiedliche Krankheitsbilder oder Pflegeprobleme geregelt (z.B. für Bewohner mit Demenz Finger Food, Eat by Walking oder Anregung der Sinne). Der Standard wurde über einen Zeitraum von sechs Monaten in drei ausgewählten Piloteinrichtungen auf Umsetzbarkeit und Wirksamkeit überprüft. In der Evaluation kamen quantitative und qualitative Methoden zum Einsatz. Am 1.7.2009 wurde der Standard in allen stationären Pflegeeinrichtungen der Marseille-Kliniken AG implementiert. In dem Beitrag werden der Standard sowie die Evaluationsergebnisse vorgestellt.
Führungsmanagement Leistungsorientiertes Entgeltsystem – erste Erfahrungen Angelika Keding1, Anja Rhode2 1 Personalentwicklerin, ASKLEPIOS Kliniken Hamburg GmbH, Rübenkamp 226, 22307 Hamburg 2 Arbeitsdirektorin, Asklepios Kliniken Hamburg GmbH, Rübenkamp 226, 22307 Hamburg Anlass und Ausgangspunkt Im Tarifvertrag (TV-KAH) zwischen dem Krankenhausarbeitgeberverband Hamburg und der Gewerkschaft Ver.di wurde in 2007
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vereinbart, dass ab dem 1. Januar 2008 ein Leistungsentgelt für alle Tarifbeschäftigten eingeführt werden soll. Für die Umsetzung dieser tariflichen Vorgabe wurde zwischen dem GBR und dem Arbeitgeber im September 2008 eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, die genau regelt, wie in der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH die leistungsbezogene Bezahlung umgesetzt werden soll. Die Betriebsvereinbarung wurde durch eine aus Arbeitgeberund Arbeitnehmervertretern paritätisch besetzte Gruppe erarbeitet. Dauer: circa ein dreiviertel Jahr. Da im Bereich Personalentwicklung genügend internes Know-how vorhanden war, haben wir auf eine externe Begleitung verzichtet. Hinter uns liegt ein sehr intensiver und zum Teil auch emotionaler Diskussions- und Arbeitsprozess, der länger gedauert hat als viele von uns erwartet hatten. Die Komplexität des Themas ist sehr viel höher als es auf den ersten Blick scheint. Welche Ziele wollen wir mit dem von uns gewählten System erreichen? Stärkung der Motivation der Beschäftigten Anerkennung von erbrachter Leistung Verbesserung der Führungskompetenz Verbesserung der Sicherstellung der Kommunikation zwischen Vorgesetzten und Beschäftigten Unterstützung der Eigenverantwortung durch aktive Mitwirkung der Beschäftigten bei der Gestaltung der Arbeitsprozesse. Welches Konzept haben wir gewählt und warum? Der Tarifvertrag hat verschiedene Möglichkeiten der Umsetzung benannt. Die Leistungsfeststellung kann über eine Zielvereinbarung oder eine systematische Leistungsbewertung erfolgen. Es können auch mit Gruppen von Beschäftigten Ziele vereinbart werden. Wir haben uns dafür entschieden, das Leistungsentgelt mit einer Zielvereinbarung zu verknüpfen: 1. Es gibt im Unternehmen seit 2003 positive Erfahrungen mit dem Führen von Zielvereinbarungen (bisher ohne Leistungsentgelt). 2. Das Führen mit Zielen entspricht einem partizipativen Führungsverständnis, dass wir mit diesem System befördern möchten. 3. Durch das Vereinbaren von Zielen ist die vereinbarte Leistung und die damit verbundene Prämie transparenter und von den Mitarbeiter/innen akzeptiert und beeinflussbar. Wir haben uns zudem dafür entschieden, in der ersten Phase der Umsetzung auf der Ebene der Mitarbeiter/innen Teamziele zu vereinbaren. Warum? 1. Die Kern-Leistung in einem Krankenhaus, also die qualitativ gute Versorgung eines Patienten, ist eine Teamleistung. 2. Wir wollen damit auch einen Beitrag zu einer positiven Teamidentität leisten (Wir-Gefühl). Mit Führungskräften und Mitarbeiter/innen auf Einzelarbeitsplätzen werden für das Leistungsentgelt individuelle Ziele vereinbart (ein bis zwei Ziele ). Nur in Ausnahmefällen ist eine systema-
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tische Leistungsbewertung möglich. Praktische Umsetzung: unsere Erfahrungen und Empfehlungen. Erfolgsfaktoren für die Umsetzung Gut aufgebaute und anregende Schulungen für alle Mitarbeiter/innen und Führungskräfte Gute organisatorische Umsetzung der Schulungen in den Krankenhäusern durch Personalabteilungen und/oder IBF Erstellung von Zielekatalogen für verschiedene Berufsgruppen mit praktischen Beispielen Enge und konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Betriebsräten und den Arbeitgebervertretern (Übergreifend und in den Krankenhäusern) Gesamtsteuerung durch eine Task Force, die sich auch mit im Umsetzungsprozess entstandenen Fragen befasst hat Begleitung von Teams zur Zielfindung durch externe Moderatoren Praxisberatungsgruppen für Führungskräfte, um Führungskräfte in der Umsetzung zu unterstützen Kommunikation von Ergebnissen und Erfahrungen im Intranet und per Mail Engagierte Führungskräfte, die den Prozess vor Ort inhaltlich vertreten und steuern Eine engagierte betriebliche Kommission, die gut geschult ist
Pflegerecht im Alltag Zur Rolle von Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht in der Pflege Bärbel Schönhof Rechtsanwältin, Frielinghausstr. 8, 44803 Bochum Die Demenzerkrankung bringt es mit sich, dass die Betroffenen ihr Leben mit fortschreitender Krankheit immer weniger überblicken und eigenständig regeln können. Der Verlauf der Krankheit und die damit verbundene psychische und physische Belastung der Betroffenen und ihrer Angehörigen führt häufig dazu, dass der Gedanke, dass eine Demenzerkrankung einschneidende juristische Auswirkungen haben kann, gar nicht aufkommt oder gleich wieder verdrängt wird, nach dem Motto: „Darum müssen wir uns auch irgendwann einmal kümmern.“ In vielen Fällen ist es dann jedoch zu spät. Aufgrund der verbesserten Frühdiagnostik bei Demenzerkrankungen befinden sich die Betroffenen bei Diagnosestellung oft noch in der Lage, das Ausmaß einer solchen Diagnose zu erfassen und sollten versuchen, die juristischen Folgen zu bedenken und ihnen entgegen zu wirken. Eine Demenzerkrankung führt im weiteren Verlauf dazu, dass die Betroffenen geschäftsunfähig werden. Dies bedeutet, dass aufgrund der Demenzerkrankung die freie Willensbestimmung ausgeschlossen ist. Eine solche Geschäftsunfähigkeit hat zur Folge, dass Vorsorgevollmachten nicht mehr wirksam erteilt, Testamente und Patientenverfügungen nicht mehr errichtet werden können. In einer solchen Situation bleibt zur interessengerechten Vertretung der
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Demenzkranken lediglich noch die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung. Der Workshop soll Informationen über die Vorsorgevollmacht und das gerichtliche Betreuungsverfahren geben. Hierzu wird das Beispiel der künstlichen Ernährung einer Demenzkranken mittels PEG vorgestellt, anhand dessen auch die gesetzliche Regelung der Patientenverfügung erläutert wird.
Die Zukunft der Pflege gestalten Neue Berufsordnung für Hamburg – Last oder Chance? Ingrid Smerdka-Arhelger Im Obstgarten 37a, 21614 Buxtehude Nach Bremen und dem Saarland bekommt Hamburg als drittes Bundesland eine Berufsordnung für Gesundheits- und Krankenpfleger/innen, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/innen sowie für Altenpfleger/innen. Für eine bundesweite Berufsordnung gibt es nach wie vor keinen gesetzlichen Rahmen, obwohl sich die großen Berufsverbände seit den 1990er-Jahren für den Erlass von Berufsordnungen im Pflegebereich engagieren. Warum setzen sich Pflegeverbände und viele Pflegende für eine Berufsordnung für alle Pflegekräfte ein? Seit langem steigen die Anforderungen an die Berufsangehörigen der drei Pflegeberufe. Verantwortlich dafür sind verschiedene Faktoren, allen voran die demografische Entwicklung und die höheren Erwartungen des Verbraucherschutzes, aber auch die wachsende Bereitschaft aufseiten der Patienten, mehr Selbstverantwortung zu übernehmen. Hinzu kommt der rasche Zuwachs an wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Medizin und Pflegewissenschaft, der eine ständige Anpassung des Wissens im Pflegealltag verlangt. Auch die gesundheitspolitischen Diskussionen zu Fragen der Delegation an das Pflegepersonal und der Allokation von ärztlichen Aufgaben beim Pflegepersonal sind Ausdruck des veränderten Verantwortungsrahmens der Pflegenden. All dieses ist Anlass, dass ausgebildete Pflegekräfte ihren Verantwortungsbereich der Gesellschaft gegenüber verdeutlichen und ihre Bereitschaft signalisieren, diese Verantwortung in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung als Berufsgruppe übernehmen zu wollen. Die Berufsordnung bietet dafür den geeigneten Rahmen. Welchen Beitrag kann eine Berufsordnung in diesem Kontext leisten? Bislang wird ein Verhaltenskodex für Pflegefachkräfte aus den jeweiligen Ausbildungsgesetzen und diversen betrieblichen Vorgaben abgeleitet. Einen expliziten, einheitlichen und verbindlichen Ordnungsrahmen für ausgebildete Pflegefachkräfte gibt es nicht. Die Berufsordnung schließt diese Lücke für Hamburg, indem die Berufsaufgaben und -pflichten für die ausgebildeten Pflegefachkräfte auf der Grundlage der bestehenden Gesetze definiert und in einer Verordnung zusammengefasst werden. Das Ziel der Berufsordnung ist es, einen Verhaltenskodex der Pflegenden in Hamburg
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festzulegen. Damit gibt es nach innen und außen einen verbindlichen Rahmen für den pflegerischen Verantwortungsbereich. Die Berufsordnung dient somit dazu, die fachliche und ethische Verantwortung von Pflegenden gegenüber Pflegebedürftigen und deren Bezugspersonen sowie gegenüber Kollegen und anderen Partnern im Gesundheitswesen transparent zu machen. Gleichzeitig soll sie in die Pflege hinein wirken und eine inhaltliche Richtschnur für qualitätssichernde Maßnahmen liefern. Die traditionellen akademischen Heilberufe haben seit Jahrzehnten auf der Grundlage des Heilberufsgesetzes erlassene und von den Aufsichtsbehörden der Länder genehmigte Berufsordnungen, in denen Aufgaben, Pflichten und angemessenes Verhalten der jeweiligen Berufsgruppe beschrieben sind. Von den nichtakademischen Gesundheitsfachberufen wurden lediglich für Hebammen Berufsordnungen in fast allen Bundesländern erlassen. Lange fehlten in Hamburg die gesetzlichen Möglichkeiten, dieses auch für Pflegefachkräfte umzusetzen. Die EU-Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen ermöglichte nun diesen Schritt. Dort wird für Gesundheits- und Krankenpfleger/innen sowie für Hebammen/Entbindungspfleger eine Fortbildungspflicht festgeschrieben und die Möglichkeit aufgezeigt, die Dienstleistungserbringer im Pflegebereich den berufsständischen, gesetzlichen oder verwaltungsrechtlichen Disziplinarbestimmungen des Aufnahmemitgliedstaates zu unterwerfen. Die dazu erforderliche Rechtgrundlage wurde im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinie in § 19 Abs. 4 des Hamburgischen Gesundheitsdienstgesetzes vom 18. Juli 2001 geschaffen, die den Senat ermächtigt, zur Regelung der Aufgaben und Pflichten der Angehörigen der Gesundheitsfachberufe Berufsordnungen zu erlassen. Das Gesetz ist am 14. Dezember 2007 in Kraft getreten. Parallel dazu haben vor etwa drei Jahren Pflegende in Hamburg erneut die Initiative ergriffen und gemeinsam mit der Gesundheitsbehörde in enger Zusammenarbeit mit dem Hamburger Pflegerat und den Berufsverbänden die Hamburger Berufsordnung entwickelt, die anschließend mit der HKG, den Trägern der ambulanten und stationären Pflege sowie mit Gewerkschaften abgestimmt wurde. Ende September 2009 soll diese Berufsordnung nun erlassen werden. Was ändert sich durch den Erlass der Berufsordnung ür Hamburger Pflegekräfte? Einerseits kann man sagen, dass inhaltlich keine neuen Aufgaben hinzukommen. Denn die allgemeinen und speziellen Berufspflichten der Berufsordnung beinhalten nichts anderes als das, was in den aktuellen Ausbildungsgesetzen und anderen für die Pflege einschlägigen Gesetzen bereits festgehalten ist. Nur werden diese Ziele nun für die gesamte Berufsgruppe auch nach der Ausbildung zur Arbeitsgrundlage erklärt. Das Spektrum reicht von der Zielvorgabe des respektvollen Umgangs mit Patienten über Beratungs-, Informations- und Beteiligungspflichten hin zur Dokumentations- und Schweigepflicht, um einige Beispiele für die Berufspflichten zu nennen. Anderseits trägt die Berufsordnung den Erwartungen vieler Patienten und natürlich auch der EU-Richtlinie Rechnung, indem sie im § 6 die Verpflichtung
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zur Kompetenzerhaltung und Qualitätssicherung aufnimmt. In der Kommentierung zur Berufsordnung heißt es dazu: „Im Hinblick auf die in anderen europäischen und außereuropäischen Ländern sowie in den Berufsordnungen der akademischen Heilberufe und der Hebammen festgeschriebene Pflicht zur Fortbildung wird in den pflegefachlichen Diskussionen immer wieder bemängelt, dass es Pflegekräften nach ihrem abgelegten Staatsexamen völlig freigestellt ist, ob und inwieweit sie sich für ihre weitere Berufsausübung qualifizieren. Der Verordnungsgeber geht davon aus, dass zu einer qualifizierten Berufsausübung in der Pflege die regelmäßige und kontinuierliche Aneignung von aktuellem Pflegefachwissen sowie relevanten Bezugswissenschaften unabdingbar ist. (…) Es gibt einen Nachholbedarf auf Seiten der Pflegefachkräfte, sich regelmäßig fortzubilden und sich für den Stand ihres aktuellen Fachwissens selbst verantwortlich zu fühlen.“ Für viele Pflegende ist das eine Selbstverständlichkeit. Allerdings ist die Anzahl derjenigen, die keine Fachzeitschriften lesen und die kaum eine Fortbildung besuchen, nach wie vor zu hoch. Denn auch sie versorgen täglich Patienten. Aus Verbrauchersicht ist das kritisch zu bewerten. Deshalb sollten die Hamburger Pflegekräfte die Chance ergreifen und die Berufsordnung zu einem Instrument der beruflichen Entwicklung nutzen. Ein erster Schritt dafür kann das Lesen der Berufsordnung und die Diskussion im Kollegenkreis sein. Nach heutigen Planungen wird die Berufsordnung auf dem Hamburger Pflegekongress in gedruckter Form vorliegen.
Kommunikation als Erfolgsfaktor im Pflegebereich Gabriele Stiegler Psychodramaforum Berlin, Giesebrechtstr. 11, 10629 Berlin Besonderheiten im Pflegebereich/Kommunikation unter begrenzten Zeitressourcen Erfolgreiche Kommunikation im Pflegebereich ist die empfängerorientierte Kommunikation. Um empfängerorientiert zu kommunizieren, ist es wichtig zu wissen, welche Einzelfaktoren kommunikationsrelevant sind und welche Wirkung sie auf meinen Gesprächspartner haben. Informationssignale werden von uns Menschen in Rangordnungen im Gedächtnis behalten für Gelesenes, Gehörtes und das Gefühlte, Selbstgemachte. Wenn wir es eilig haben, sprechen wir schneller, das Risiko, dass das Gesagte nicht beim Anderen hängenbleibt, ist umso größer; deshalb gilt grundsätzlich: Wer schnell etwas erreichen will, auch in der Kommunikation, muss langsam gehen beziehungsweise sprechen. Der Zeitfaktor ist in vielen Fällen die „faule Ausrede“; wichtig ist, sich die Zeit einzuplanen. Eine Tür-und-Angel-Kommunikation ist nur in wenigen Fällen produktiv. Wir werden dies an praktischen Beispielen erleben. Kommunikation im Team, mit Patienten und Angehörigen, Deeskalationsstrategien Eine der wichtigsten Gesprächstechniken in der Kommunikation ist die geschickte Frage, sie
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gibt dem Gesprächspartner das Gefühl, dass wir ihm interessiert zuhören erleichtert es uns, die Gesprächsrichtung zu ändern befähigt uns, Gegenargumente schneller zu erkennen ermöglicht uns ein diplomatisches Korrigieren des Gesprächspartners schafft die nötige Vertrauensbasis beim Partner hilft, den Gesprächspartner leichter einzuschätzen baut Aggressionen ab macht es einfacher, unfaire Angriffe zu parieren gibt uns Zeit, die nächsten Gedanken zu formulieren
Die Zukunft der Pflege gestalten Neuer Expertenstandard „Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege“ Dr. Antje Tannen Charité Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizin-/Pflegepädagogik und Pflegewissenschaft, Pflegedirektion/Institut für medizinische Soziologie, AG Pflegerische Versorgungsforschung, Augustenburgerplatz 1, 13357 Berlin Relevanz von Mangelernährung Mangelernährung geht mit einem erhöhtem Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko einher, denn sie führt zu einer negativen Beeinträchtigung sämtlicher Stoffwechsel- und Organfunktionen. Häufige Begleiterscheinungen sind beeinträchtigter Allgemeinzustand, Antriebsschwäche, Wundheilungsstörungen, Abnahme der Muskelkraft, erhöhte Sturzgefahr u.v.a. Weiterhin ist eine signifikante Minderung der Lebensqualität beschrieben. Besonders gefährdet sind Menschen mit chronischen und schwerwiegenden Erkrankungen, sowie ältere Menschen. Das rechtzeitige Erkennen eines mangelhaften Ernährungszustands und die Sicherstellung einer adäquaten Nahrungszufuhr gehören auch in den Verantwortungsbereich von Pflegekräften. Entwicklung des Expertenstandards Der neue Expertenstandard „Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege“ des DNQP (2008) beschreibt den pflegerischen Beitrag zum Ernährungsmanagement und zielt darauf ab, eine bedürfnis- und bedarfsgerechte Ernährung von kranken und pflegeabhängigen Menschen in allen Settings der gesundheitlichen Versorgung zu sichern und zu fördern. Basierend auf einer umfassenden Literaturrecherche werden darin von einer Expertengruppe evidenzbasierte Empfehlungen zu verschiedenen ernährungsrelevanten Versorgungsaufgaben der Pflege gegeben. Inhalte des Expertenstandards Der Expertenstandard beschreibt sowohl notwendige Strukturmerkmale der Einrichtungen und Kompetenzen der Pflegekräfte, wirksame Pflegeinterventionen als auch beobachtbare Pflegergebnisse.
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Zum Ernährungsmanagement gehören ein Screening aller Bewohner/Patienten auf mögliche Anzeichen oder Risiken von Mangelernährung, ein tiefergehendes Assessment der Ursachen bei gefährdeten oder betroffenen Personen, die Planung und Steuerung multiprofessioneller Maßnahmen zur Ernährungsgestaltung, eine individuelle ernährungsbezogene Pflegeplanung, eine adäquate Interaktions- und Umgebungsgestaltung während der Mahlzeiten, eine individuelle Unterstützung der Bewohner/Patienten bei der Nahrungsaufnahme, eine adressatengerechte Beratung, sowie eine fachgerechte Evaluation des Ernährungsmanagements mit Erfolgskontrolle. Implementierung Die modellhafte Implementierung des 7. Expertenstandards wird exemplarisch am Beispiel des Berliner Universitätsklinikums Charité beschrieben. Es werden das Vorgehen, die vorläufige Verfahrensregel und relevante Dokumente sowie erste Evaluationsergebnisse diskutiert.
Schlaganfall – von der Intensivstation zur Nachsorge Akuter Schlaganfall Dr. Götz Thomalla Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Kopf- und Neurozentrum, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Martinistr. 52, 20246 Hamburg In Deutschland erleiden jährlich circa 220.000 Menschen einen Schlaganfall. Dabei ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache und die häufigste Ursache für eine schwere Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Erwachsenenalter. Hinsichtlich der Ursachen muss zunächst zwischen Hirnblutungen und Hirninfarkten (Durchblutungsstörungen, ischämische Schlaganfälle) unterschiedenen werden. Ursache für ischämische Schlaganfälle sind zumeist Verschlüsse kleiner oder großer hirnversorgender Arterien. Die wichtigsten Ursachen hierfür sind atherosklerotische Veränderungen der Gefäße und kardiale Erkrankungen wie zum Beispiel Herzrhythmusstörungen. Die Diagnostik mit modernen bildgebenden Verfahren wie Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT) liefert dabei grundlegende Informationen für eine spezifische effektive Akutbehandlung sowie für eine ursächliche Einschätzung. Sie ermöglicht die Differenzierung zwischen Blutung und Ischämie und erlaubt darüber hinaus die Darstellung von bereits irreversibel geschädigtem Hirngewebe, eventuellen Gefäßverschlüssen und von Regionen mit kritisch verminderter Durchblutung. Die neurosonologische Diagnostik mit Doppler- und Duplexsonografie ermöglicht die Darstellung der extra- und intrakraniellen hirnversorgenden Arterien. In Zusammenhang mit ergänzender kardialer Diagnostik und gezielten Laboruntersuchungen lassen sich die spezifischen Schlaganfallursachen nachweisen und ein Überblick über das vaskuläre Risikoprofil jedes Patienten gewinnen. Diese Informationen sind die Grundlage für eine optimierte Sekundärprophylaxe zum Schutz vor weiteren Schlaganfällen.
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Abstracts der Fachvorträge und Workshops vom 7. Gesundheitspflege-Kongress am 30. und 31. Oktober 2009 in Hamburg
Der Schlaganfall ist ein neurologischer Notfall und erfordert eine unverzügliche Diagnostik und Therapie. Mit der Thrombolyse steht eine effektive Therapie für die Behandlung innerhalb der ersten Stunden eines Schlaganfalls zur Verfügung. Vorraussetzung ist der Ausschluss einer intrazerebralen Blutung mittels CT oder MRT. Nach aktuellen Studien ist eine Thrombolyse nachweislich effektiv, wenn sie in einem Zeitfenster von bis zu 4,5 Stunden nach Beginn der Symptomatik begonnen wird. Eine gute Abstimmung der prä- und intrahospitalen Rettungskette ist notwendig, um Patienten mit akutem Schlaganfall ohne Zeitverlust in geeignete Kliniken zu befördern und dort der entsprechenden Diagnostik und Therapie zuführen zu können. Alle Schlaganfallpatienten sollten auf spezialisierten Einheiten, sogenannten „Stroke Units“, versorgt werden. Die Behandlung auf der Stroke Unit umfasst ein engmaschiges Monitoring des klinischen Zustands und verschiedener physiologischer Parameter wie EKG, Blutdruck, Körpertemperatur und Blutzucker durch speziell geschultes Personal. Eine schnelle Versorgung von akuten Schlaganfallpatienten auf einer neurologischen Stroke Unit verbessert nachweislich die Prognose von Schlaganfallpatienten.
Palliative Care – lindern, beistehen, begleiten Palliative Schmerztherapie Monika Thomm Universitätsklinikum Köln, Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Schmerzzentrum Geb. 43, Kerpener Str. 62, 50937 Köln (Lindenthal) Bei der Betreuung von Tumorschmerzpatienten muss berücksichtigt werden, dass der Schmerz eine starke subjektive Qualität hat, der durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird. Cicely Saunders, die Vorreiterin der modernen Hospizbewegung beschreibt den Tumorschmerz als „total pain“, der vier Faktoren beinhaltet: den physischen, psychischen, spirituellen und sozialen Schmerz. Dies bedeutet, dass der Schmerz ganzheitlich behandelt werden muss. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 1986 Grundregeln zur Tumorschmerztherapie erarbeitet, die in vielen Studien bestätigt worden sind. Diese Richtlinien haben wesentlich zur Akzeptanz und zur Verbreitung einer einfachen und wirksamen Schmerztherapie beigetragen. Die systemische Pharmakotherapie gilt heute als wichtigstes Behandlungsverfahren bei chronischen Schmerzen. Ihre Effektivität hängt jedoch von der Einhaltung einiger elementarer Regeln ab: Einsatz der Medikamente nach der Uhr Nicht invasive (i.v., s.c.) Applikation, sondern oral oder transdermal, solange ein Patient schlucken kann oder intakte Haut hat; in der Terminalpahse Umstellung auf subkutane oder intravenöse Medikamentengabe Einnahme nach Stufenplan (WHO 1986) Therapie von Nebenwirkungen Individuelle Anpassung für den Patienten
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Ein Hauptaufgabengebiet der Pflegenden bei der Behandlung von Tumorschmerzpatienten ist die Symptomkontrolle. Der Begriff der Symptomkontrolle wurde von der englischen Hospizbewegung geprägt. Der Schmerz als Symptom bei Tumorkranken wird in der Regel von den Patienten und Angehörigen am meisten gefürchtet. Jedoch treten eine Reihe anderer Symptome in ähnlicher Häufigkeit auf, die tumor- oder therapiebedingt sein können wie zum Beispiel Obstipation, Übelkeit und Erbrechen, Mundtrockenheit, Dyspnoe. Oberstes Ziel aller therapeutischen Maßnahmen ist die Verbesserung der Lebensqualität und nicht die Verlängerung der Überlebenszeit! Voraussetzung für die Einleitung einer medikamentösen Schmerztherapie ist die Durchführung des Schmerzmanagements durch die Pflegenden: Schmerzmessung mit Skalen, die der Patient versteht, zum Beispiel die Numerische Rankskala (NRS), Verbale (VRS) oder Visuelle Rangskala (VAS) Dokumentation der erhobenen Messwerte im Krankenblatt, sorgt für Transparenz im Team Hope-Dokumentationsbogen (Hospiz- und Palliativeinrichtung) zur Verlaufskontrolle, der speziell für Palliativpatienten entwickelt wurde Die Schmerzmessung und -dokumentation sollte gerade in der Einstellungsphase wiederholt durchgeführt werden. Weiterhin wird nach sorgfältiger Anamnese der Schmerzcharakter bestimmt. Ist er nozizeptiv (dumpf, drückend) oder neuropatisch (einschießend, elektrisierend)? Handelt es sich um einen Dauerschmerz oder wiederkehrende Schmerzattacken? Je nach Schmerzstärke kommen niederpotente (WHO-Stufe II) oder hochpotente Opioide (WHO-Stufe III) zum Einsatz mit entsprechenden Adjuvantien (Koanalgetika und Begleitmedikamente). Ein Fallbeispiel: Es handelt sich um einen 69-jährigen Patienten, der im Januar 2008 an einem Chondrosarkom in Höhe BWK 8 erkrankt war. Nach Diagnosestellung wurde der Patient in einer Neurochirurgischen Klinik operiert und anschließend im Bereich der Brustwirbelsäule bestrahlt. Der Patient war circa eineinhalb Jahre lang beschwerdefrei. Wegen zunehmender Schmerzen stellte er sich im Mai 2009 erneut vor. Nach eingehender Röntgendiagnostik wurde ein Tumorrezidiv im Bereich der Brustwirbelsäule BWK 7/8 in Folge eines progredienten Tumorwachstums diagnostiziert, das wiederum operativ entfernt wurde. Der postoperative Verlauf gestaltete sich zwar komplikationslos, jedoch klagte der Patient über eine zunehmende radikuläre (neuropathisch) Schmerzsymptomatik mit Ausstrahlung in die rechte Thoraxwand. Nach Entlassung verordnete der behandelnde Neurochirurg 20 Tropfen Tramal (50 mg), die der Patient bei Bedarf zur Kupierung seiner Schmerzen einnehmen sollte. Im August 2009 stellte sich der Patient auf Anraten seiner Hausärztin in unserem Schmerzzentrum der Uniklinik Köln zum ersten Mal vor. Der Patient klagte über starke dumpf-drückende Schmerzen, die von der vorderen Axillarlinie bis nach ventral zögen. Bei der körperlichen Untersuchung fanden sich Sensibilitätsstörungen im Bereich TH 7–9. Die Schmerzstärke auf der nume-
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Abstracts der Fachvorträge und Workshops vom 7. Gesundheitspflege-Kongress am 30. und 31. Oktober 2009 in Hamburg
Tabelle 1
Einnahmezeiten Medikament
7:00 Uhr
11:00 Uhr
Morphin 30 mg Tbl
1
1
Schmerzmittel Hochpot. Opioid
Proxen 500 mg Tbl
1
1
Knochenschmerzen
Paspertin Trpf
30
Neurontin 100 mg Tbl
1
Pantozol 40 mg Tbl
1
Magenschutz
Laxoberal Trpf
20
Verstopfung
Sevredol 10 mg Tbl
1 Tbl so oft wie nötig
bei Schmerzen
Haldol 0,5 mg Trpf
5 Trpf
bei Übelkeit
Trpf
15:00 Uhr
vor
19:00 Uhr
den
1
23:00 Uhr
Indikation
Mahlzeiten
bei Übelkeit
1
neuropathische Schmerzen
Zusatzmedikation
Tabelle 2
Einnahmezeiten Medikament
7:00 Uhr
11:00 Uhr
15:00 Uhr
19:00 Uhr
23:00 Uhr
3:00 Uhr
Indikation
Durogesic 50 TTS
1 Pflaster alle 3 Tage
Proxen 500 mg Tbl
1
Pantozol 40 mg Tbl
1
Neurontin 100 Tbl
1
1
1
neuropathische Schmerzen
Paspertin Trpf
30
30
30
bei Übelkeit
Laxoberal Trpf
30
bei Verstopfung
Sevredol 10 mg Tbl
3 Tbl so oft wie nötig
bei Schmerzattacken
Haldol 0,5 mg Trpf
5 Trpf
bei Übelkeit
Schmerzmittel Hochpt. Opioid 1
Knochenschmerzen Magenschutz
Zusatzmedikation
rischen Rangskala (NRS) gab der Patient mit 7 an. Weiterhin klagte er über starke Übelkeit und Erbrechen, besonders nach Nahrungsaufnahme. Nur im Liegen ließe die Übelkeit nach. Zum Ausschluss eines Magenulkus und/oder Hirnmetastasen veranlassten wir entsprechende Untersuchungen, die jedoch keinen pathologischen Befund ergaben. Schmerzdiagnose: Ossärer Schmerz bei Knochentumor mit neuropathischer Komponente. Medikation (WHO-Stufe III) siehe Tabelle 1. Nach einer Woche stellte sich der Patient zur Verlaufskontrolle erneut vor. Seine Schmerzstärke lag auf der NRS Skala bei 6, die der Patient als erträglich empfand. Die Zusatzmedikati-
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on Sevredol 10 mg habe er jedoch circa 6 x/Tag (60 mg!) benötigt; die Basismedikation war demnach zu niedrig dosiert (Titration am Schmerz!). Er klagte weiterhin über starke Übelkeit und Erbrechen, besonders nach Einnahme der Morphintabletten. Daraufhin stellten wir den Patienten auf ein Durogesic SMAT® Pflaster (Fentanyl) um (siehe Tabelle 2). Umrechnung von Morphin auf Durogesic® TTS: 60 mg Morphin + 60 mg Sevredol 120 mg Morphin/Tag ≥ 50 μg/ Fentanyl/Tag (s. Umrechnungstabelle des Herstellers)
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Abstracts der Fachvorträge und Workshops vom 7. Gesundheitspflege-Kongress am 30. und 31. Oktober 2009 in Hamburg
Beim nächsten Kontrolltermin in unserem Schmerzzentrum gab der Patient Schmerzstärke 3 auf der NRS an. Neben dem Symptom Schmerz waren auch die Symptome Übelkeit und Erbrechen gut kontrolliert, so dass wir den Patienten in die hausärztliche Betreuung entlassen konnten mit der Option, sich jederzeit bei Schmerzverstärkung oder bei Auftreten anderer Symptome wieder bei uns vorstellen zu können.
Beschwerdemanagement und Kommunikation – das A und O im Krankenhaus
Merke! Bei nicht beherrschbarer opioidbedingter Übelkeit und Erbrechen Opioidwechsel vornehmen! Die Zusatzmedikation bei Tumorschmerzpatienten beträgt 1/6 bis 1/10 der Basismedikation!
Im Spannungsfeld zwischen Medizin, Pflege und Ökonomie steigt die Bedeutung des Beschwerdemanagements im Wettbewerb zwischen den Kliniken. Zu beachten ist dabei die Tatsache, dass viele Patienten sich nicht unmittelbar im Krankenhaus beschweren, sondern einen anderen Kommunikationsweg wählen um über negative Erlebnisse zu berichten. So werden Angehörige, Bekannte und vor allem Hausärzte zu Multiplikatoren. Als Konsequenz dieser Unzufriedenheit resultiert oftmals ein direkter Wechsel zu einem anderen Anbieter.
Akademische Ausbildung in der Pflege Neue Ausbildungsmodelle: Dualer BA Pflege – ein Kooperationsmodell der Hochschule für angewandte Wissenschaften und des Albertinen-Diakoniewerks e.V. Hamburg Prof. Petra Weber Fachbereich Sozialpädagogik, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Saarlandstr. 30, 22303 Hamburg Im Vordergrund des Beitrags steht die Auseinandersetzung um die Frage, wie unter gegebenen rechtlichen Bedingungen ein dualer Studiengang in der Pflege konstituiert sein kann, der einen Beitrag zu einem wissenschaftlich basierten, auf Handlungskompetenz zielenden Qualifizierungsprogramm leistet. Im Vortrag werden die Grundzüge des dualen Studiengangs Pflege an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) und sein Qualifikationsziel vorgestellt. Dabei soll der Fokus auf der Verzahnung der handlungs- und der reflexionsbezogenen Kompetenzanbahnung liegen. Im Vergleich und Unterschied mit herkömmlichen Ausbildungen der Gesundheits- und Krankenpflege zeichnet sich der duale Studiengang Pflege an der HAW in Hamburg insbesondere dadurch aus, dass Grundsatz der Arbeitsteilung ist, dass sich die Kooperationspartner jeweils mit ihren besonderen Stärken in den Studiengang einbringen. Da die Kooperationsstrukturen zwischen Hochschule, Schule, Studierenden und Praxisorten die Basis zur Realisierung dieses Anspruchs darstellt, werden diese in ihrer Entstehung und mit ihren Potenzialen und Problemen erläutert.
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Ina Welk Pflegedienstleitung Bereich 3, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel
Ziele des Beschwerdemanagements Primäres Ziel des Beschwerdemanagements ist es, den Anteil an zufriedenen Patienten zu erhöhen, die Bindung an Klinik/Unternehmen und eine Image-Stärkung zu induzieren. Eine Verknüpfung von Beschwerdemanagement mit der Erfassung kritischer Ereignisse (Risikomanagement) ist sinnvoll um Grundlagen eines Qualitätsmanagements zu etablieren. Organisation und Beschwerdebearbeitung Die klinikinterne Organisationsstruktur eines professionellen Beschwerdemanagements umfasst Erfassung, Bearbeitung und Auswertung der Beschwerden. Ausgangsbasis ist zunächst, die Beschwerdestimulation, das heißt den Weg der Beschwerdemeldung mit Benennung verantwortlicher Ansprechpartner zu beschreiben und Instrumente zur Beschwerdeführung anzubieten (z.B. Meinungskarten, IT-Fragebogen, Kummerkasten, Plakate, Hotline, persönliche Sprechzeiten etc.). Alle Mitarbeiter müssen im Umgang mit Beschwerdeführungen geschult sein und sich als ersten Ansprechpartner in einem kaskadenförmigen Deeskalationsmanagement verstehen. Der Erstkontakt ist ein wichtiger Meilenstein im Aufbau und Erfolg einer Beschwerde- und Fehlermeldekultur im Krankenhaus. Extrem wichtig für die adressatengerechte Beschwerdebearbeitung ist es, bereits bei der Beschwerdeannahme die Relevanz einzustufen (Auswirkungsgrad) und den weiteren Bearbeitungsweg einzuleiten. Beispiele: Grad 1 – keine besonderen Maßnahmen notwendig, quantitative Auswertung Grad 2 – Identifikation der Schwachstelle/Ursache, Stellungnahme der Beteiligten, Ableiten von Verbesserungen, Dokumentation, Feedback Grad 3 – hohe Priorität zum Beispiel Schadensfall, Medienwirksamkeit (gegebenenfalls Einbindung der Rechtsabteilung, Ärztekammer, Versicherungsträger etc. notwendig) Zusammenfassend sind folgende Eckpunkte innerhalb der Beschwerdemanagementstrukturen zielführend:
HeilberufeSCIENCE 2009 · No. 5 · Kongress-Abstracts
Abstracts der Fachvorträge und Workshops vom 7. Gesundheitspflege-Kongress am 30. und 31. Oktober 2009 in Hamburg
Beschwerdestimulation mit Implementierung geeigneter Instrumente zur Beschwerdeannahme Transparenz des Beschwerdemeldeverfahrens (Beschwerdekonzept) und der Beschwerdebearbeitung bei mündlicher, schriftlicher und persönlicher Beschwerdeführung Strukturiertes Procedere im Umgang mit Beschwerden von Beschwerdeannahme über Beschwerdebearbeitung bis Beschwerdereaktion mit Auswertung der Beschwerden und Etablierung eines Beschwerde-Controllings (z.B. in Form einer Verfahrensanweisung mit Definition von verbindlichen Bearbeitungszeitfenstern für jeden Bearbeitungsschritt bis zur Rückmeldung an den Beschwerdeführer) sowie Etablierung eines internen und externen Berichtswesens (Reporting) Vorteile eines Beschwerdemanagements Alle Anregungen und Beschwerden ermöglichen eine gute Wahrnehmung von Bedürfnissen und Identifikation von Trendentwicklungen im Anspruchsverhalten der Patienten/Kunden. Beschwerdeführer können quasi als „externer Berater“ gesehen werden und bieten der Klinik Möglichkeiten Schwachstellen in der Organisation und in den patientennahen Prozessen zu detektieren. Optimierungsmaßnahmen können abgeleitet und gezielt umgesetzt werden. Die Qualität der Beschwerdebearbeitung hat dabei direkten Einfluss auf die Patienten-/Kundenzufriedenheit. Eine strukturierte Auswertung ermöglicht eine systemische Analyse und ist Basis für eine kontinuierliche Qualitätsverbesserung. Zusammenfassung Die zunehmende Patienten-/Kundenorientierung zeigt die zentrale Bedeutung eines funktionierenden Beschwerdemanagements um die Patientenzufriedenheit zu erhalten, wieder herzustellen und negative Auswirkungen auf das Krankenhaus/Unternehmen zu minimieren. Die wichtigste Aufgabe des Beschwerdemanagements liegt in der Beschwerdestimulierung, Beschwerdeannahme, Kanalisierung der Beschwerdeführung und Bearbeitung mit systemischer Auswertung der eingegangenen Unzufriedenheitsäußerungen. Ziel ist es, durch die Rückmeldungen organisatorische oder strukturelle Schwachstellen zu detektieren und prozessorientierte Optimierungspotenziale abzuleiten. Im Bewusstsein der Mitarbeiter muss sich das Denken von schuldhafter, Personen gebundener Zuweisung verändern hin zur systemischen Analyse wie man es zukünftig besser machen kann um eine professionelle Unternehmensbeschwerdekultur zu entwickeln.
HeilberufeSCIENCE 2009 · No. 5 · Kongress-Abstracts
Familiengesundheitspflege – vom Pilotprojekt in die Breitenwirkung Familiengesundheitspflege – eine Ausprägung von Advanced Nursing Practice (ANP) Dipl.-Pflegewirtin Andrea Weskamm Projektleitung Kompetenzzentrum Familiengesundheitspflege, DBfK Bundesverband e.V., Salzufer 6, 10587 Berlin Advanced Nursing Practice, die erweiterte und vertiefte pflegerische Praxis durch Pflegeexperten, wie sie in den angelsächsischen Ländern, aber auch den USA und vielen anderen Staaten praktiziert wird, leistet einen wichtigen Beitrag zur medizinischen und pflegerischen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Internationale Beispiele zeigen, welch unterschiedliche Ausprägungen von Advanced Nursing Practice bestehen. Auch in Deutschland qualifizieren sich Pflegefachkräfte für erweiterte Aufgaben und erwerben neue Kompetenzen. Damit einher gehen Bestrebungen, die Handlungsautonomie in der Pflege zu erweitern. Dieses ist wiederholt vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen empfohlen worden. So wird im jüngst erschienenen Gutachten seitens der Pflege eine Überwindung der individuenzentrierten zugunsten einer familienorientierten Arbeitsweise – wie sie dem Family Health Konzept der WHO zugrunde liegt – empfohlen. Wichtige Impulse sind auch durch das Pflegeweiterentwicklungsgesetz (PfWG) gesetzt worden, welches durch die Erweiterung des § 63 SGB V die stärkere Einbeziehung nichtärztlicher Heilberufe modellhaft vorsieht. Eine Ausprägung von ANP ist die Familiengesundheitspflege. Basierend auf dem Konzept der WHO „Family Health Nurse“ ist das Curriculum zur Ausbildung der Familiengesundheitspflegerinnen und -hebammen an die Erfordernisse des deutschen Gesundheitswesens angepasst worden. Seit 2005 wird die zweijährige Weiterbildung angeboten. Familiengesundheitspflegerinnen und -hebammen besuchen Familien, die in Krisen- oder Umbruchsituationen sind. Dies kann durch eine ungeplante Schwangerschaft, eine demenzielle Erkrankung, chronische Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit entstehen. Im Vordergrund der Tätigkeit steht eine familiensystemische Beratung mit dem Fokus auf Gesundheitsförderung und Prävention. Durch den niedrigschwelligen Zugang wird insbesondere vulnerablen Gruppen der Zugang zu den Leistungen des Sozial- und Gesundheitswesens ermöglicht und bestehende Versorgungslücken können geschlossen werden. Familiengesundheitspflege erfährt zunehmende Bedeutung: neben Kostenerwägungen erfordert der demografische Wandel eine Anpassung der Versorgungsstrukturen an die Bedarfe der Nutzer im System. Der DBfK hat mit der Gründung des Kompetenzzentrums Familiengesundheitspflege die Aufgabe übernommen, die Familiengesundheitspflege in die Strukturen des deutschen Gesundheitswesens zu implementieren. Durch das bundesweite Angebot an Weiterbildungsstandorten entsteht ein Angebot an qualifizierten Pflegefachkräften. Über eine breite Öffentlichkeitsarbeit entsteht so eine Nachfrage nach diesem neuen und nachhaltigen
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Abstracts der Fachvorträge und Workshops vom 7. Gesundheitspflege-Kongress am 30. und 31. Oktober 2009 in Hamburg
Leistungsangebot. Alle Informationen zum Konzept sowie der Weiterbildung unter www.familiengesundheitspflege.de oder persönlich unter 030-2191570 (Frau Weskamm).
Führungsmanagement Ableitung eines Arbeitszeitmodells auf Grundlage einer Arbeitsablaufanalyse Gerhard Witte1, Monika Herzog2 1 Pflegerische Leitung Bereich II, Campus Kiel, Haus 9, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel 2 Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kinderklinik, Campus Kiel, Haus 9, Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel Beispielhaft zeigen wir eine Arbeitsablaufanalyse einer Station in der Allgemeinen Pflege, welche im Ergebnis an sechs verschiedenen Arbeitstagen durch Begleitung von Frau Herzog in verschiedenen Schichtdiensten erstellt wurde. Die Präsentation beinhaltet beispielhafte notwendige Rahmendaten welche durch unsere Abteilung Medizin und Pflegecontrolling zur Verfügung gestellt wurden. Die Arbeitsablaufanalyse umfasst wie bei anderen Produktivitätsanalysen eine Ermittlung des IST-Zustandes, Schwachstellenanalyse und Lösungsansätze sowie Auszüge eines Maßnahmenplans zur Umsetzung. Dabei wird schwerpunktmäßig die Fragestellung behandelt, wie stationsinterne Arbeitsabläufe organisiert sind, Schnittstellen zu anderen Bereichen sich darstellen und was inhaltlich im Ergebnis optimiert werden kann. Zielsetzung ist uner anderm ein eindeutiges Beschreiben von Abläufen, die dann nach Identifikation mit einem Arbeitszeitmodell unter Berücksichtigung eines Qualifikationsmixes gespiegelt werden.
die helfende Pflege, der beruflichen Tätigkeit. Hinzu kommt, dass die Erschöpfung auch nicht vor dem privaten Bereich Halt macht. Hier kommt es als letzter Schutz vor totalem Ressourcenverlust zu einem Rückzug aus dem Privatleben. Alle Bereiche, an denen früher Vitalität im Leben einen Platz hatte, werden ausgespart. Als ein Schwerpunkt im Bereich Burnout in der Pflege ist eine Dimension von Burnout besonders im Vordergrund zu sehen: die emotionale Erschöpfung. Eine Verflachung der emotionalen Selbstregulation. Die Gefühle werden sozusagen auf Eis gelegt. Diese palliative Maßnahme schützt vor noch mehr emotionalen Eindrücken von außen und hält gleichzeitig positive emotionale Aspekte ab. Menschen in Berufen, in denen Gefühle ein wichtiger Aspekt der Arbeit sind, sind besonders gefährdet, sich emotional zu erschöpfen. Die eigenen Gefühle können mitunter von dem Anspruch, anders fühlen zu müssen, derart überlagert werden, dass es keinen authentischen Zugriff mehr auf das tatsächliche private Gefühlsleben gibt. Der eigene Gefühlshaushalt wird ausgehöhlt und mit angenommenen Rollenmodellen von emotionaler Haltung gefüllt. Um die emotionalen Leerstellen wieder mit eigenem emotionalen Material zu füllen, gibt es einige Methoden, die helfen, sich selbst in der Situation zu verstehen und wieder authentisch zu fühlen. Zunächst muss der in der Regel hohe Anspruch an sich selbst abgesenkt werden. Man kann nicht immer 100% zugewandt sein, man darf auch ärgerlich auf Patienten sein, die einem das Leben schwer machen. Kleine Handlungsstrategien helfen, wieder mehr Freude in den Alltag zu bekommen. Es muss darum gehen, die eigene Gesundheit wieder mehr beeinflussen zu können, und zwar mit täglichen entstressenden Maßnahmen. Eine global orientierte Sinnhaftigkeit bezogen auf Beruf und den Stellenwert des Berufs im Leben schließt die Interventionsstrategien ab. Nur wenn die Interventionen für den Einzelnen wirklich einen Sinn ergeben, können auch kleine Änderungen im Alltag eine große entstressende Wirkung haben.
Burnout in der Pflege Stressabbau und Entspannungstechniken Dipl.-Psychologien Christine Zimmermann Institut für Burnout-Prävention, Köstorfer Str. 20, 21354 Barskamp In den Pflegeberufen ist ein hohes Maß an sozialer Kompetenz und Empathiefähigkeit gefordert. Sich immer wieder auf das Gegenüber emotional einstellen zu müssen, und das manchmal auch unter Zeitdruck und schwierigen Bedingungen, kann zu Stress und Erschöpfung führen. Die Folge davon ist der Verlust von beruflicher Motivation und Engagement für die Pflegepatienten. Ein beginnender Zustand der Erschöpfung kann sich durch dauerhaften Ressourcenverlust zu einer Verlustspirale wandeln. Die Folgen für den Einzelnen sind der Zustand tiefgreifender Erschöpfung, der Verlust an Lebensfreude, der Verlust von Selbstwert und Würde. Im beruflichen Kontext hat das zur Folge, dass die Arbeit, die im Pflegeberuf gerade auch die soziale Komponente beinhaltet, zu einer großen Belastung wird. Die Patienten werden eine Zumutung, und die persönlichen Anliegen der Pflegebedürftigen werden abgewertet und abgewehrt. Man verliert den ursprünglichen Sinn,
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HeilberufeSCIENCE 2009 · No. 5 · Kongress-Abstracts