Abstracts Monatsschr Kinderheilkd 2010 · 158:502–511 DOI 10.1007/s00112-010-2166-8 © Springer Medizin Verlag 2010
75. Wissenschaftliche Halbjahres tagung der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) 28./29. Mai 2010 in Berlin Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. T. Klingebiel
Liebe Interessierte an der Arbeit der Pädiatrischen Hämatologie und Onkologie, ich freue mich darüber, dass wir für die 75. Halbjahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie, die im Frühjahr traditionsgemäß in Berlin stattfinden wird, wieder ein hochinteressantes und aktuelles Programm zusammen stellen konnten. Die Vielfalt der Themen, die auf dieser Halbjahrestagung diskutiert wird, spiegelt sich in den Abstracts. Im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Sitzungen werden als übergreifende Themen die Palliative Medizin und die Supportive Therapie diskutiert werden, ebenso wie die Rolle des Deutschen Kinderkrebsregisters für die Epidemiologie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen. Daneben kommen ausführlich Themen der Hämatologie zu Wort, wobei der Eisenstoffwechsel eine besondere Rolle spielen wird. Unter den Therapiestudien werden AML und CML im Mittelpunkt stehen. Ein besonderes Highlight wird gesetzt durch die Diskussion über die Herausforderung, denen die Fachgesellschaft sich in der Weiterentwicklung der Studienkultur gegenüber sieht. Ich freue mich auf spannende Vorträge und interessante Diskussionen und wünsche allen Teilnehmern eine erfolgreiche Tagung. Mit den besten Grüßen
Prof. Dr. med. Thomas Klingebiel Vorsitzender der GPOH Direktor der Klinik II/III, (Hämatologie, Onkologie, Hämostaseologie und Kinderkardiologie) Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt
Politische und organisatorische Rahmenbedingungen der spezialisierten ambulanten und stationären pädiatrischen Palliativversorgung und deren Bedeutung für pädiatrischonkologische Abteilungen Boris Zernikow1, Carola Hasan1, Andreas Müller2, Margit Baumann-Köhler3 1 Vodafone Stiftungsinstitut und Lehrstuhl für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin, Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln (VKJK), Universität Witten/Herdecke; 2Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, 3Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Münster Jährlich sterben in Deutschland mehr als 500 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene an Krebs. Die Palliativversorgung wird maßgeblich von den pädiatrisch-onkologischen Abteilungen erbracht. Die stationären DRG-Erlöse können durch die OPS 8-982 um das Zusatzentgelt von 1321 Euro bis 3354 Euro gesteigert werden. Voraussetzungen hierfür sind u.a. die Durchführung eines standardisierten palliativmedizinischen Basisassessments und die multiprofessionelle Versorgung unter Leitung eines Facharztes mit Zusatzbezeichnung Palliativmedizin. Klassische Palliativstationen existieren in der Pädiatrie bis dato nicht. Ob sie eine sinnvolle Ergänzung der Versorgungsstruktur für krebskranke Kinder sind, wird nach Fertigstellung der Kinderpalliativstation an der VKJK evaluiert werden. Ambulant tätige Brückenteams werden von fast allen Kinderonkologien vorgehalten. Gesetzliche Grundlagen für deren Finanzierung sind die Gesetze zur „Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung“ (§43 (2) und §132c SGB V, 2004; „Nachsorge“) und zur „Stärkung des Wettbewerbs in der Gesundheitsversorgung“ (§37b im SGB V; Februar 2007, „spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV)“). Bei Kindern mit lebenslimitierenden Erkrankungen überschneiden sich Indikationen, Leistungen und Qualitätsansprüche beider Versorgungsarten. Die SAPV fokussiert ausschließlich auf Patienten, die an einer „nicht heilbaren, fortschreitenden und (…) weit fortgeschrittenen Erkrankung leiden“. Sie hat zum Ziel „die Lebensqualität und die Selbstbestimmung schwerstkranker Menschen zu erhalten, zu fördern und zu verbessern und ihnen ein menschenwürdiges Leben bis zum Tod in ihrer vertrauten häuslichen Umgebung (…) zu ermöglichen“. Die SAPV-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (SAPVRL GBA) vom 20.12.2007 regelt Grundlagen und Ziele der SAPV, die Gemeinsamen Empfehlung der Krankenkassen vom 23.06.2008 die Qualitätskriterien, personellen sowie räumlichen Voraussetzungen für die Erbringung der SAPV. In seinem Jahresbericht 2009 vermeldet der GBA keinen einzigen SAPV-Versorgungsvertrag im Bereich der Pädiatrie, obwohl gesetzlich krankenversicherte Kinder seit 2007 einen Rechtsanspruch auf SAPV haben. In den vergangenen zwei Jahren sind somit bundesweit mehrere Monatsschrift Kinderheilkunde 5 · 2010
| 507
Abstracts Millionen Euro Spendengelder in einem Bereich verausgabt worden, der per Gesetz 2007 in die Regelfinanzierung überführt worden ist. Entwicklung eines Leitfadens zur Optimierung der stationären Palliativversorgung von Kindern und Jugendlichen in der Lebensendphase A. Florax, Y. Hülsheger, H. Jürgens, M. Baumann-Köhler Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Münster In den letzten Jahren hat sich die Spezialisierte Ambulante Pädia trische Palliative Versorgung (SAPPV) onkologisch erkrankter Kinder in der Lebensendphase zunehmend professionalisiert. Aus der Kinder onkologie heraus hat sich am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Münster das palliativmedizinisch arbeitende „Brücken-Team“ entwickelt. Seit 3 Jahren betreut es jährlich ca. 50 Patienten, davon ca. 70% onkologisch erkrankte Patienten, überwiegend im häuslichen Bereich. Trotzdem versterben aus vielfältigen Gründen ca. 30% dieser Patienten in der Klinik - meist auf der kinder onkologischen Station. Diese Tatsache erfordert weiterhin eine regelhafte Implementierung und Umsetzung palliativmedizinischer Kenntnisse auch im stationären Bereich, um eine möglichst gute Versorgung zu ermöglichen. Der durch das Brücken-Team multidisziplinär entwickelte „Leitfaden für die Stationäre Versorgung Pädiatrischer Palliativpatienten (LSPP)“ soll in diesem Sinne eine unkompliziert anwendbare Hilfestellung für alle beteiligten Fachdisziplinen (Pflegepersonal, Ärzte und psychosoziale Mitarbeiter) leisten. Er soll ähnlich dem „Liverpool Care Pathway“ der Erwachsenen Anwendung bei den Patienten finden, für die das Behandlungsteam gemeinsam festgestellt hat, dass die Terminal- bzw. Sterbephase eingetreten ist. Der LSPP umfasst verschiedene Elemente, die vorgestellt werden sollen: – Initialerfassung: Checkliste, anhand derer ausführlich der aktuelle Zustand des Patienten exploriert wird, wobei neben medizinischen Informationen auch soziale, psychologische und spirituelle Aspekte erfasst werden. Aus der Initialerfassung ist dann ein individueller interdisziplinärer Versorgungsplan abzuleiten. – Verlaufsbogen: Dokument, mit dem eine rasche Erfassung von Veränderungen des Zustands/der spezifischen Symptome des Patienten in der Terminal-/Sterbephase ermöglicht wird. – Versorgung über den Tod hinaus: Checkliste und Hilfestellungen für die Organisation nach dem Versterben des Patienten. – Pflegeleitlinien und Medikamenten-Empfehlungen: Aufgelistete Therapieoptionen, die zusätzlich befähigen rasch und angemessen auf die sich verändernden Bedürfnisse des Patienten zu reagieren. Die praktische Anwendung des LSPP wird ab April 2010 auf der kinderonkologischen Station des UKM beginnen. Eine Begleit untersuchung wird den Effekt der Anwendung des LSPP, differenziert nach den verschiedenen beteiligten Berufsgruppen (Ärzte, Pflege, Psychosoziale Mitarbeiter), in Hinblick auf die Punkte: Entscheidungsfindung, Kommunikation, Gewinn von palliativmedizinisch / pflegerischem Fachwissen und Sicherheit in der Versorgung evaluieren. Die Schnittstelle zwischen kurativer und palliativer Therapie bei Kindern nach Knochenmarktransplantation Monika Führer1,2, Ayda Duroux1,2, Monika Grasser1,2, Barbara Klein1 1 Dr. von Haunersches Kinderspital und 2Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin, LMU München Hintergrund: Die Blutstammzelltransplantation (HSCT) wird als hochtechnisiertes kuratives Therapieverfahren bei Kindern mit bösartigen Erkrankungen eingesetzt. Dieses Verfahren ist mit einer Gesamtsterblichkeit von 25-30% verbunden und kann für die Kinder und ihre Familien sehr belastend sein. Der Übergang von der HSCT zur palliativmedizinischen Therapie stellt für alle Beteiligten eine große Herausforderung dar.
508 |
Monatsschrift Kinderheilkunde 5 · 2010
Projektbeschreibung: Retrospektive Analyse aller Patienten nach HSCT, die zwischen 2004 und 2009 durch das Team der Koordinationsstelle Kinderpalliativmedizin (KKiP) am Klinikum der Universität München betreut wurden. Ergebnisse: Das KKiP–Team betreute zwischen 3/04 und 10/09 insgesamt 196 Kinder mit lebensbegrenzenden Erkrankungen. Bei 42 Kindern (21%) lag eine maligne Erkrankung vor. 18/42 (43%) hatten mindestens eine HSCT erhalten (4 autologe HSCT bei soliden Tumoren, 14 allogene HSCT bei akuten Leukämien). Bisher sind 14/18 Patienten verstorben, 11 an der zugrunde liegenden Erkrankung und 3 an chronischer Graftversus-Host Erkrankung (cGvHD). Das mediane Alter zum Zeitpunkt des Todes lag bei 11,9 Jahren (6,3–18 J.), die mediane Überlebenszeit nach HSCT bei 1,25 Jahren (0,3–6,8 J.). 10/14 Kindern (71%) starben zuhause, 2 auf der Intensivstation und 2 auf der HSCT-Station. Bei den Patienten mit Rezidiv waren die führenden Symptome starke Tumorschmerzen bei 7/11 und Dyspnoe bei 3/11 Kindern. Zwei der drei Kinder mit schwerster Dyspnoe bei cGvHD der Lunge wurden maschinell beatmet. Die vier bisher überlebenden Kinder erhielten eine zweite HSCT, zwei von Ihnen 6-11 Monate nach Beginn der palliativmedizinischen Behandlung. Zusammenfassung: Der Übergang von Kindern nach HSCT in eine palliativmedizinische Behandlung stellt aufgrund der Gegen sätzlichkeit zwischen dem hochintensiven kurativen und dem palliativmedizinischen Therapieansatz eine besonders große He rausforderung dar. Diese Gegensätzlichkeit kann zu erheblichen emotionalen Belastungen bei allen Beteiligten, insbesondere den Eltern, führen. Besonders bemerkenswert ist, dass sich zwei Patienten nach einer längeren Phase palliativmedizinischer Therapie für einen erneuten kurativen Versuch entschieden haben. Die Besonderheiten der Palliativmedizin bei Kindern nach HSCT werden anhand von drei exemplarischen Verläufen illustriert und die Konsequenzen für die klinische Praxis sowie für zukünftige Forschung diskutiert. Bedrohliche Ereignisse in der ambulanten pädiatrischen Palliativversorgung – 12 Jahre Erfahrungen eines Kinderpalliativteams Michaela Kuhlen, Stefan Balzer, Arndt Borkhardt, Gisela Janßen Klinik für Kinder-Onkologie, Hämatologie und Klinische Immunologie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Einleitung: Immer häufiger entscheiden sich Familien, ihre Kinder mit lebensverkürzenden Erkrankungen in den letzten Lebenswochen zu Hause zu versorgen. Unerwartete oder aus Sicht der Angehörigen bedrohliche Ereignisse können Angst und Verunsicherung auslösen. Ziel der Untersuchung ist die Ermittlung von Auftreten, Häufigkeit und Folgen bedrohlicher Ereignisse im ambulanten Setting einer pädiatrischen Palliativversorgung. Methoden: Die Betreuung aller Patienten, die in der Zeit von 01/98-12/09 durch das Kinderpalliativteam der Klinik für KinderOnkologie des Universitätsklinikum Düsseldorf betreut wurden, wurde dokumentiert. Wir überprüften diese Daten im Hinblick auf das Auftreten bedrohlicher Situationen. Ergebnisse: 137 Kinder und Jugendliche, davon 128 mit onkologischen und 9 mit nicht-onkologischen lebensverkürzenden Erkrankungen, wurden in o.g. Zeitraum in palliativer Situation zu Hause betreut. Bei 36/137 Patienten ereignete sich ein akutes, bedrohliches Ereignis, welches entweder mit den vorbereiteten Maßnahmen nicht hinreichend kontrolliert werden konnte oder nicht entsprechend vorbereitet war. 3 Kinder erlitten eine lebensbedrohliche Blutung, 5 einen unvorhergesehenen prolongierten Krampfanfall davon 2 mit Status epilepticus, 10 Patienten erlitten schwerste Dyspnoeanfälle, 4 entwickelten eine akute Tetraparese, 3 Kinder erblindeten akut, 4 mussten aufgrund eines akuten, symptomatischen Harnverhalts katheterisiert werden, 2 entwickelten konservativ nicht zu kontrollierendes Erbrechen, 6 einen plötzlichen Bewusstseinsverlust, 2 entwickelten schwere Agitationen, bei 1 Kind kam es akut zu Misere und bei 1 weiteren trat eine obere Einflussstauung auf. Ein Patient musste aufgrund einer pathologischen
dislozierten Fraktur mit dem Rettungswagen in die Klinik gebracht werden. Bei 3/36 Patienten erfolgte aufgrund der bedrohlichen Situation die Alarmierung des Notarztes. Nur 3/36 Kinder wurden infolge der bedrohlichen Situation erneut stationär aufgenommen. Diskussion: Die beobachteten, in der Regel akut aufgetretenen, bedrohlichen Situationen konnten überwiegend entweder via telefonischer Anordnung oder häuslicher Intervention kontrolliert werden. Zur Verhinderung inakzeptabler Exazerbationen verbunden mit einer Verängstigung und Verunsicherung der Eltern ist eine antizipatorische Planung, detaillierte Aufklärung der Eltern und eine 24 h-Rufbereitschaft eines Kinderpalliativteams notwendig. Die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder, Jugendlichen und Eltern sind zu berücksichtigen. Multiresistente Erreger - Epidemiologie und Management Dr. med. Christine Geffers, Nationales Referenzzentrum für Surveillancen von nosokomialen Infektionen, Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Charité-Universitätsmedizin Berlin Die Behandlung von Infektionen bei schwerstkranken Patienten wird immer wieder auch durch das Auftreten sogenannter multiresistenter Erreger (MRE) erschwert. Klinisch relevante MRE sind beispielsweise Methicillin resistente S. aureus (MRSA), Vancomycin resistente Enterokokken (VRE) oder extended-spectrum-Betalaktamase-bildende gramnegative Erreger wie Klebsiella pneumoniae oder E. coli. (ESBL). Während MRSA national ein hohes aber stabiles Niveau erreicht haben, nimmt die Häufigkeit von VRE und insbesondere ESBL E. coli stark zu. MRE sind durch eine oder mehrere Resistenzen gegenüber den üblicherweise zur Behandlung von Infektionen mit diesen Erregern eingesetzten Antibiotika charakterisiert. Insbesondere durch die hierdurch häufig verzögert beginnende adäquate Therapie ist die Letalität von Infektionen bei Beteiligung von multiresistenten Erregern erhöht. Aber nicht nur Infektionen mit multiresistenten Erregern stellen die Behandelnden vor Probleme. Darüber hinaus erfordert bereits die Besiedlung mit multiresistenten Erregern eine Anpassung des Managements beim Umgang mit dem Patienten, um Transmissionen und damit einer weiteren Verbreitung der Erreger entgegenzuwirken. Die relevantesten MRE werden durch direkten und indirekten Kontakt übertragen. Bei Besiedlung des Rachenraumes ist jedoch auch eine Tröpfchenübertragung z.B. durch Husten, beim Absaugen usw. möglich. Zur Verminderung des Transmissionsrisikos müssen daher in erster Linie Maßnahmen der sogenannten Kontaktisolierung durchgeführt werden. Die wichtigste Einzelmaßnahme unter den verschiedenen Komponenten der Kontaktisolierung ist die korrekte und mit hoher Compliance durchgeführte hygienische Händedesinfektion. Begleitet werden sollte diese Maßnahme vom Tragen von Einmalhandschuhen (Reduktion der Kontaminationsgefahr für die Hände), einem Schutzkittel bei patientennahen Tätigkeiten (Reduktion der Kontami nationsgefahr für die Bereichskleidung), patientenbezogenem Einsatz von Medizin- und Pflegeprodukten sowie, als indirekt wirkende unter stützende Maßnahmen, die räumliche Isolierung der betroffenen Patienten und die Zimmerpflege. Bei Tätigkeiten, die mit der Gefahr von Tröpfchenübertragungen verbunden sind, ist zusätzlich eine Mund-Nasen-Maske im Rahmen der persönlichen Schutzkleidung erforderlich. Angepasst an die epidemiologische Situation in der eige nen Einrichtung ist für einige MRE die Einführung eines Screenings zur frühzeitigen Identifizierung und Isolierung besiedelter Patienten bzw. eine Anpassung des Antibiotika-Regimes zur Reduktion des Selektionsdruckes zu diskutieren.
Chemoprophylaxe invasiver Pilzinfektionen in der Pädiatrischen Hämatologie und Onkologie Andreas H. Groll1, Thomas Lehrnbecher2 1 Infektiologisches Forschungsprogramm, Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde, Universitätsklinikum Münster; 2Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universität Frankfurt Invasive opportunistische Pilzinfektionen (IFI) durch Candida-, Aspergil lus- und seltene Pilzarten sind eine bedeutende Ursache von Morbidität und Letalität von Kindern und Jugendlichen mit hämatologischonkologischen Erkrankungen. Betroffen sind vor allem Patienten in der Intensivtherapie hämatologischer Neoplasien, in der Aplasiephase bzw. während Immunsuppression nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation (HSZT). Die Inzidenz von IFIs in diesen Populationen ist trotz empirischer antimykotischer Therapie bis 25%, und die fallbezogene Mortalität liegt in Abhängigkeit vom Erreger zwischen 50 und 75%. Präventive Interventionen einschließlich der Chemoprophylaxe mit antimykotischen Substanzen sind deswegen gerechtfertigt und grundsätzlich indiziert. Da Studien bei pädiatrischen Patienten fehlen, müssen für den Wirksamkeitsnachweis die Daten bei Erwachsenen mit gleichartigen Grunderkrankungen herangezogen werden. Zwei Interventionen haben hierbei stringente Kriterien einer prophylaktischen Wirk samkeit (Reduktion invasiver Infektionen und Reduktion der Gesamtsterblichkeit) in randomisierter Prüfung erfüllt: Die Gabe von Fluconazol nach allogener HSZT für 75 Tage nach Beginn der Konditionierung (Reduktion invasiver Candida-Infektionen/bis 8 Jahre nach der Intervention nachweisbarer Überlebensvorteil) und die Gabe von Posaconazol in der Induktionstherapie bei AML/MDS (Reduktion invasiver Pilzinfektionen/Reduktion invasiver Aspergillus-Infektionen/ erhöhte Überlebenswahrscheinlichkeit). Präventive Wirksamkeit bei granulozytopenen Patienten mit hämatologischen Neoplasien oder nach allogener HSZT in adäquaten randomisierten Studien konnte darüber hinaus für Itraconazol, Voriconazol, systemisches und inhalatives liposomales Amphotericin B und Micafungin unter Einschluss von Aspergillusarten gezeigt werden; bei Patienten nach allogener HSZT und Immunsuppression wegen GVHD resultierte die Gabe von Posaconazol in einer Reduktion von IFIs und der invasiven Aspergillose. In keiner dieser Studien konnte jedoch ein Effekt auf das Gesamtüberleben nachgewiesen werden. Präventive Strategien bei Kindern müssen neben der Beurteilung des Erkrankungsrisikos im Weiteren die Existenz einer pädiatrischen Dosis, Interaktionen mit antineoplastischen Substanzen, die Langzeit-Verträglichkeit und Aspekte der praktischen Umsetzbarkeit berücksichtigen. Mit der Verfügbarkeit einer breiten, auch gegenüber Fadenpilzen wirksamen Chemoprophylaxe muss die Wertigkeit dia gnostischer und therapeutischer Algorithmen im Falle von Durch bruchsinfektionen neu evaluiert werden. Dies wird unterstrichen durch zunehmend häufige Berichte über seltene non-albicans Candida-Arten, Zygomyzeten, sowie Azol-resistente Aspergillus- und Echinocandinresistente Candida-Arten nach Langzeit-Exposition. Liposomales Amphothericin B (LAmB) zur Pilzprophylaxe bei pädiatrisch-onkologischen Patienten Konrad Bochennek, Nadine Schedler, Lars Tramsen, Martina Becker, Thomas Lehrnbecher Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universität Frankfurt Hintergrund: Invasive Pilzinfektionen (IFI) haben eine hohe Morbidität und Letalität bei pädiatrisch-onkologischen Hochrisikopatienten. Leider fehlen bei diesem Patientenkollektiv prospektive Daten zur Pilzprophylaxe. Methode: Prospektive Beobachtungsstudie bei Hochrisikopatienten, die eine antimykotische Prophylaxe mit LAmB 2,5 mg/kg zweimal pro Woche erhielten. Vergleich der Effektivität mit historischer Kontrollgruppe ohne systemische Pilzprophylaxe. Monatsschrift Kinderheilkunde 5 · 2010
| 509
Abstracts Ergebnisse: Prospektiv analysiert wurden 135 Prophylaxeepisoden von 33 Hochrisikopatienten (16 Jungen, Alter 6 Monate bis 21 Jahre). Die Diagnosen umfassten HR-ALL/ALL-Rezidive (n=9/8), AML/AML-Rezidive (n=10/2) und NHL (n=5). Die mittlere Dauer einer Prophylaxeepisode betrug 28 Tage (5-140), die mittlere Granulozytopeniedauer (<500/µl) 13 Tage (0-52). Effektivität: Bei keinem der Patienten trat eine nachgewiesene oder wahrscheinliche IFI auf, lediglich bei einem Patienten wurden auf eine IFI verdächtige Lungeninfiltrate nachgewiesen (mögliche IFI). Im Rahmen der 135 Prophylaxeepisoden kam es zu 47 Episoden von Granulozytopenie mit Fieber, stationärer Aufnahme und empirischer antibiotischer bzw. antimykotischer Therapie. In der historischen Vergleichsgruppe mit 43 Patienten (25 Jungen, Altersmedian 8 Jahre, 7/9 HR-ALL/ALL Rezidive, 19/3 AML/AML Rezidive, 5 NHL) wurden dahingegen 6 mögliche, 1 wahrscheinliche und 1 gesicherte IFI diagnostiziert (P=0.03 versus Prophylaxegruppe). Die Häufigkeit von Episoden von Granulozytopenie und Fieber unterschied sich jedoch nicht von den Patienten mit LAmB Prophylaxe. Unerwünschte Nebenwirkungen: Bei vier Patienten wurde die LAmB Prophylaxe aufgrund von allergischen Reaktionen abgebrochen (je 2x CTC Grad 2 bzw.3). GOT-/GPT-Erhöhungen > Grad 2 waren in 11 bzw. 23 Prophylaxeepisoden nachweisbar. Keine KreatininErhöhungen höher als Grad 2 wurden beobachtet. Insgesamt traten 62 Hypokaliämieepisoden auf. Dabei wurde in 11 Fällen Kalium oral oder parenteral substituiert, ein Patient wurde hierfür stationär aufge nommen. Schlussfolgerung: Eine LAmB Prophylaxe bei Hochrisikopatienten kann möglicherweise die Häufigkeit möglicher, wahrscheinlicher und nachgewiesener IFIs reduzieren und mit relativ geringer Nebenwirkungsrate durchgeführt werden. Kontrollierte prospektive Studien an größeren Patientenkollektiven sind jedoch notwendig. Azol-basierte Chemoprophylaxe invasiver Pilzinfektionen bei pädiatrisch-onkologischen Patienten Andreas H. Groll, Sara Yunus, Stephanie Pieper und Birgit Fröhlich Infektiologisches Forschungsprogramm, Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde, Universitätsklinikum Münster Invasive Pilzinfektionen sind eine wichtige Ursache von Morbidität und Mortalität bei Kindern und Jugendlichen mit hämatologischonkologischen Erkrankungen. Außerhalb des Transplantationssettings umfassen epidemiologisch definierte Risikogruppen Patienten in der Intensivphase der Therapie der akuten myeloischen Leukämie und von Leukämierezidiven sowie Patienten mit Knochenmarkversagen während der Induktion der immunsuppressiven Therapie (IST). Inzidenzraten von über 10% sowie eine unbereinigte Mortalität von über 50% rechtfertigen und fordern präventive Interventionen. Eine präventive Wirksamkeit gegenüber invasiven Candida- und Aspergillus-Infektionen ist durch adäquate Studien bei erwachsenen Patienten mit hämatologischen Neoplasien bzw. nach allogener HSZT für alle Triazole mit Aktivität gegenüber Aspergillus-Arten (Itraconazol, Posaconazol, Voriconazol) belegt; ein Effekt auf das Gesamt-Überleben sowie Wirksamkeit bei augmentierter Immunsuppression wurde jedoch nur für die Gabe von Posaconazol nachgewiesen. Während Voriconazol eine pädiatrische Zulassung besitzt, ist die Dosisfindung von Posaconazol noch nicht abgeschlossen. Daten bei Kindern > 12 Jahre unterstellen jedoch eine ähnliche Disposition wie bei Erwachsenen. Aufgrund der Datenlage bei Erwachsenen, des Fehlens klinischer Studien bei pädiatrischen Patienten und der Notwendigkeit einer antimykotischen Prophylaxe ist in der Pädiatrischen Hämatologie und Onkologie des UKM ab 2006 eine Azol-basierte Chemoprophylaxe Standard der Supportivtherapie bei Patienten mit akuter myeloischer Leukämie, mit Leukämierezidiven und während der Induktionsphase einer IST bei Knochenmarkversagen. Patienten ≥ 13 Jahre erhalten Posaconazol-Suspension (3x200mg/Tag), und Patienten ≤ 12 bis 2 Jahre
510 |
Monatsschrift Kinderheilkunde 5 · 2010
Voriconazol Suspension bzw. Tabletten (2x200mg/Tag) mit Abschluss eines Chemotherapieblockes bis zur hämatopoetischen Regeneration bzw. mit Start der IST bis Absetzen der Steroide. Patienten, bei denen eine orale Medikation nicht möglich ist, erhalten Voriconazol intravenös in Standarddosierung oder liposomales Amphotericin B 1mg/kg alternierend an 3 Tagen der Woche. Algorithmen bei Fieber und Granulozytopenie beinhalten wie bei Patienten mit anderen hämatologischen Neoplasien bzw. Hochdosistherapie ohne Prophylaxe das Monitoring mit Blutkulturen, HR-CT und eine frühe (48 – 72h) empirische antimykotische Therapie bzw. invasive Diagnostik und präemptive antimykotische Therapie bei Nachweis von Lungeninfiltraten (Klassenwechsel auf liposomales Amphotericin B oder Caspofungin bei Patienten mit Prophylaxe). Der Beitrag berichtet über die bisherigen Erfahrungen am UKM anhand eines Audits von Durchführbarkeit, präventiver Wirksamkeit und Verträglichkeit der Azol-basierten Prophylaxe bei bislang 25 Hochrisikopatienten. Eine Evaluation von Patienten mit anderen hämatologischen Neoplasien bzw. Hochdosistherapie ohne Prophylaxe ist Gegenstand einer separaten Untersuchung. Voriconazole as Antifungal Prophylaxis in Paediatric Haploidentical Stem Cell Recipients Judith Moskovits, Konrad Bochennek, Miguel Koerte, Peter Bader, Thomas Lehrnbecher Paediatric Haematology and Oncology, University of Frankfurt Background: Since patients after haploidentical stem cell transplantation (haploSCT) are at high risk for invasive fungal infection (IFI), we prospectively evaluated safety and efficacy of voriconazole prophylaxis in paediatric haploidentical stem cell recipients. Methods: Patients undergoing haploSCT received voriconazole antifungal prophylaxis (dosage: 2-12 years: 14 mg/kg BID intravenously or 200 mg BID orally; >12 years: 12 mg/kg loading dose BID on day 1, followed by 8 mg/kg BID intravenously, or 400 mg BID orally). Prophylaxis was instituted day +10 post-transplantation or after cessation of empirical antifungal therapy, respectively. Results: To date, 15 patients [9 boys/6 girls; mean age (range) 12.9 years (5-21) with relapsed ALL (4), AML (5), solid tumour (2), thalassaemia (1), or aplastic syndromes (3)] were included in the study. Conditioning regimen consisted of fludarabine, thiotepa and melphalan, GvHD prophylaxis of mycophenolatmofetil. The mean CD 34+ cell count of the CD3CD19 depleted graft was 10.18x106/kg (range: 4.8x106–15.6x106). The median time of voriconazole prophylaxis was 81 days (36-109) [intravenous formulation: 5 days (2-84); oral formulation 76 (36-107)]. At follow-up day +100, all patients were alive, except one who died due to progression of leukaemia. None of the patients developed proven or probable IFI during voriconazole prophylaxis. In addition, none of the patients discontinued voriconazole prophylaxis due to adverse events (AEs). Clinical AEs were usually mild and included abdominal pain, nausea and pruritus. Laboratory parameters (e.g., liver enzymes, alkaline phosphatase, creatinine) considerably increased during voriconazole prophylaxis. However, laboratory parameters returned to comparable levels as seen at start of prophylaxis in patients without clinical signs of GVHD. Conclusion: Voriconazole seems to be safe and effective as antifungal prophylaxis in paediatric haploidentical stem cell recipients. Pharmacokinetic studies in this patient population are ongoing and address the possible relationship of serum level and efficacy and AEs, respectively.
Störungen des Eisenstoffwechsels als Ursachen hereditärer mikrozytärer Anämien Martina Muckenthaler, Klinik für Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Immunologie Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Angelika Lautenschläger Klinik, Universität Heidelberg Hereditäre mikrozytäre Anämien sind eine heterogene Erkrankungs gruppe, die meist durch Störungen der Hämoglobinsynthese verur sacht sind. Diese Störungen können verschiedene Komponenten des Hämoglobinmoleküls betreffen. Mutationen der Globingene verur sachen die sog. Thalassämien, weltweit die häufigsten genetischen Krankheiten überhaupt. Wissenschaftlich sind in letzter Zeit die hereditären Erkrankungen des Eisenstoffwechsels in den Vordergrund getreten. Häufig entsteht dabei ein funktioneller Eisenmangel meist mit Anämie, was die Lebensqualität der Patienten durch Müdigkeit, Blässe, Schwindelgefühle und verminderte kognitive Fähigkeiten beeinträchtigt. Die Entdeckung neuer Eisentransporter und Regulatoren des Eisenstoffwechsels hat in erheblichem Maße zur Diagnose neuer Formen von hereditären mikrozytären Anämien beigetragen. Diese Gendefekte beeinträchtigen entweder (1) die duodenale Eisenaufnahme (z.B. Nramp2/DMT1), (2) die in der Leber stattfindende Regulation des systemischen Eisenspiegels (z.B. TMPRSS6), (3) die Eisenaufnahme in die erythroiden Vorläuferzellen (z.B. Steap3, Sec15l1, mitoferrin) oder (4) das Eisenrecycling durch die Makrophagen (z.B. HO1, Ferroportin1). Sideroblastische Anämien entstehen durch genetische Defekte in der Häm- (z.B. eALAS) oder FeS cluster Biogenese (z.B. ABC7, GLRX5). Je nach Gendefekt diagnostiziert man zusätzlich zur Anämie normale, erniedrigte oder sogar erhöhte Eisenspeicher in Zellen und Organen. Diese spezifische Eisenverteilung ist für die Therapieentscheidung von großer Bedeutung. Die Behandlungstrategien schließen deshalb orale/parenterale Eisengabe (mit oder ohne Erythropoietin) bzw. Eisenelimination mit ein. Hier werde ich exemplarisch Eisenstoffwechs elstörungen als Ursachen mikrozytärer Anämien diskutieren. Iron-refractory iron-deficiency anaemia (IRIDA) mit Mutationen in TMPRSS6 – Starving in the land of plenty (of iron) Kai Lehmberg1, Reinhard Schneppenheim1, Hans Jörg Schmid2, Gritta Janka1 1 Klinik und Poliklinik für pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Eppendorf, Hamburg 2 Klinik für Kinderheilkunde, Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Medizinische Hochschule Hannover Hintergrund: Iron-refractory iron deficiency anaemia (IRIDA) stellt eine autosomal rezessiv vererbte Erkrankung des Eisenstoffwechsels dar, die durch Mutationen in dem kürzlich identifizierten, die Matriptase-2 kodierenden Gen TMPRSS6 verursacht wird. Durch die Protease Matriptase-2 wird in Hepatozyten durch Spaltung von Hämojuvelin über die zugehörige Signalkaskade die Expression von Hepcidin negativ reguliert, so dass bei einem Defekt der Matriptase-2 ein erhöhter Hepcidinspiegel im Serum vorliegt. Hepcidin verursacht in Enterozyten, Makrophagen und Hepatozyten den Abbau von Ferrportin, welches den Übertritt von Eisen in das Plasma ermöglicht, so dass bei IRIDA-Patienten ein funktioneller Eisenmangel resultiert. Klinisch kennzeichnend ist eine ausgeprägte mikrozytäre, hypochrome Anämie mit reduziertem Serumeisen trotz suffizienter Eisenzufuhr und ausreichenden Eisenspeichern. Patienten: Wir berichten von vier Patienten aus drei unverwandten Familien mit hypochromer, mikrozytärer Anämie (Hb 6,1–6,9 g/dl, MCV 51–57 fl, MCH 14,4–16,8 pg), erniedrigtem Serumeisen (<2–3,6 µmol/l) und erniedrigter Transferrinsättigung (< 3-5 %), jedoch normalem Serum-Ferritin (18 – 42 µg/l). Der exemplarisch bei einem Patienten im SQUID-Biosuszeptometer ermittelte Lebereisengehalt war erhöht (720 µg/g Leber, Norm 100 – 500), jedoch die Erythrozyt eninkorporation von oral verabreichtem 59Fe vermindert (57 %, Norm
70 – 90). Durch orale Eisensubstitution konnte nur ein geringfügiges Ansprechen der Anämie erreicht werden. Alle Patienten haben sich trotz der persistierenden Anämie regelrecht entwickelt, bei einem aktuellen Alter von 10 – 23 Jahren. Mutationen: Nach Ausschluss von Mutationen in anderen im Eisenstoffwechsel relevanten Genen (Hamp und DMT1) wurden bei drei Patienten bisher nicht beschriebene biallelische trunkierende Mutationen in TMPRSS6 gefunden. Bei einem Patienten konnte bislang in den Exons und flankierenden Nukleotiden nur eine heterozygote Mutation gefunden werden, so dass möglicherweise auf Intronebene eine weitere relevante Mutation vorliegt. Ein neues Krankheitsbild mit mikrozytärer Anämie und Makrophagen-aktivierung durch Hämoxygenase-1 Defekt Johann Greil, Mavi Verga-Falzacappa, Martina Muckenthaler, Andreas E. Kulozik Klinik für Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Immunologie, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Angelika Lautenschläger Klinik, Universität Heidelberg Ein zwei Monate alter Junge wurde zur Abklärung einer mikrozytären zunächst hämolytisch imponierenden Anämie vorgestellt. Trotz intensiver Diagnostik blieb die Ursache zunächst ungeklärt. Eine empirische Therapie mit Eisensubstitution führte zu keiner Besserung der Anämie. Im zweiten Lebensjahr verschlechterte sich der Zustand des Jungen schrittweise. Er entwickelte einen Transfusionsbedarf für Erythrozyten und ein HLH-ähnliches Bild mit zunehmender Hepa tosplenomegalie, hohem Fieber, Hyperferritinämie und deutlicher Erhöhung von löslichem CD25. Die histologische Untersuchung von Lebergewebe zeigte eine ausgeprägte Lympho- und Erythrophagozytose sowie eine deutliche Siderose. Eine Therapie mit Dexamethason führte zu einer raschen Besserung der lebensbedrohlichen Entzündungs reaktion und im weiteren Verlauf erhielt der Patient eine Therapie mit Cyclosporin A, Etoposid und Dexamethason. Ein konstant nicht nachweisbares Bilirubin im Serum trotz erhöhten freien Hämo globins deutete auf einen Defekt des Hämoglobin-Abbaus hin. Häm wird durch die Hämoxygenase-1 (HO-1) via α-Hydroxyhemin zu Biliverdin abgebaut und ist das limitierende Enzym für die Bildung von Bilirubin. Die Expression des HO-1 Proteins wird durch Hemin stark induziert. Eine funktionelle Analyse des HO-1 Proteins in den peripheren mononukleären Zellen dieses Patienten zeigte eine bereits hohe Expression von HO-1, die in vitro durch Stimulation mit Hemin nicht weiter gesteigert werden konnte. Eine Sequenzanalyse zeigte eine homozygote GGT (Gly) zu GTT (Val) Mutation des HO-1 Codons 139. Diese Mutation betrifft das katalytische Zentrum der HO-1 und führt zu einem Verlust der Hämoxygenase-Aktivität und einem Zugewinn einer pathologischen Peroxidasefunktion. In Übereinstimmung mit diesen in vitro Befunden fanden sich im Urin des Patienten exzessiv erhöhte Konzentrationen für Metabolite, die einen oxidativen Stress anzeigen. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass die Makrophagen dieses Patienten in Vergleich zu gesunden Kontrollen auf Stimulation mit Lipopolysaccharid stark überschießend proinflammatorische Zytokine bilden. Die Siderose der Leber konnte durch regelmäßigen Aderlass erfolgreich behandelt werden. Im Verlauf konnte die Intensität der immunsuppressiven Therapie zur Behandlung der chronischen Entzündung reduziert werden. Aktuell hat der Patient im Alter von sechs Jahren noch eine mäßige mikrozytäre Anämie und keine klinischen Symptome der Makrophagenaktivierung bei jedoch weiter bestehenden laborchemischen Zeichen einer Gerinnungsaktivierung. Zusammenfassend definieren wir hier ein bisher unbekanntes Krankheitsbild, das durch HO-1 Mutation zum einen zur Störung des Eisenrecyclings und dadurch zum funktionellen Eisenmangel führt. Zum anderen entwickelt sich durch ein Zusammenspiel von intrazellulärer Eisenüberladung, fehlender Bilirubinsynthese und durch die pathologische Peroxidasefunktion der mutierten HO-1 eine überschießende Makrophagenaktivierung. Monatsschrift Kinderheilkunde 5 · 2010
| 511
Abstracts Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der sekundären Eisenüberladung bei Patienten mit angeborenen Anämien Holger Cario (1), Regine Grosse (2), Gisela Janssen (3), Andrea Jarisch (4), Jörg Meerpohl (4), Gabriele Strauss (6) Universitätskinderkliniken Ulm (1), Hamburg (2), Düsseldorf (3), Frankfurt/ M.(4), Freiburg (5), Berlin (6) Bisher wird das Thema „Eisenüberladung“ in den deutschen Leitlinien nur innerhalb der Leitlinie „Thalassämien“ behandelt. Patienten mit anderen angeborenen Anämien wurden analog zur Thalassämie, entsprechend gesonderter Empfehlungen in Studienprotokollen (z.B. DBA2000) oder aber auf individueller Entscheidungsbasis behandelt. Im Mittelpunkt der Behandlung stand meist die Eiseneliminationsther apie mit Desferrioxamin. Inzwischen gibt es verschiedene Möglichkeiten der medikamentösen Behandlung der sekundären Eisenüberladung einschließlich der intensivierten Eiseneliminationstherapie, wobei die Datenlage bzgl. einzelner Krankheitsbilder und einzelner Therapieformen variiert. Auch im Bereich der Therapieüberwachung, insbesondere der nichtinvasiven Herz- und Leber-Eisenbestimmung, wurden neue Methoden entwickelt und eingeführt. Diese Entwicklungen, die Seltenheit der Erkrankungen und damit einhergehend die eingeschränkte Erfahrung des einzelnen Behandlers sowie das bisherige Fehlen klarer Empfehlungen für einzelne Erkrankungen machten die Erstellung einer separaten Leitlinie zur Behandlung der sekundären Eisenüberladung bei angeborenen Anämien notwendig. Die Autoren haben die Leitlinie im Auftrag der GPOH in Abstimmung mit der DGHO auf der Basis der verfügbaren wissenschaftlichen Literatur entworfen, diskutiert und für eine formale Konsensfindung vorbereitet. Die Leitlinie wurde in einer Konsensuskonferenz einstimmig verabschiedet und wird als Leitlinie der Entwicklungsstufe S2 bei der AWMF zur Veröffentlichung eingereicht. Im Zentrum der Leitlinie stehen neun Konsensusempfehlungen zu den Themen Diagnostik (Eisenstatus, Siderose-bedingte Organschäden, Nebenwirkungen), Beginn der Eiseneliminationstherapie, Indika tionen zur intensivierten Therapie, Eiseneliminationstherapie bei Thalassaemia major, Sichelzellkrankheit, Diamond-Blackfan-Anämie, Thalassaemia intermedia und kongenitalen dyserythropoetischen Anämien und Eisenelimination nach Stammzelltransplantation. Die Leitlinie enthält ausführliche Erklärungen zu den verschiedenen diagnostischen Verfahren sowie zur Eisenelimination bei verschiedenen Krankheitsbildern und in besonderen klinischen Situationen. Eine Aktualisierung der Leitlinie ist für 2014 geplant. Zu diesem Zeitpunkt werden hoffentlich neue Daten insbesondere bei den Anämien mit überwiegend resorptiv bedingter Eisenüberladung dazu beitragen, weiter gehende, dezidierte und fundierte Empfehlungen auszusprechen. Teilnehmer der Konsensuskonferenz (alphabetisch): H. Cario, N. Gatter mann, R. Grosse, A. Jarisch, A.E. Kulozik, G. Janka, S. Lobitz, J. Meerpohl, A. Pekrun, G. Strauss. Moderation: U. Creutzig Molekulare Karyotypisierung in Erkrankungen mit erworbenem Knochenmarkversagen. Dr. Marcin Wlodarski 1, PD.Dr.Christian Flotho 1, Prof. Jaroslaw Maciejewski 2, Prof. Charlotte Niemeyer 1. 1) Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Freiburg Mathildenstraße 1, D-79106 Freiburg. 2) Experimental Hematology, Cleveland Clinic, Cleveland, OH, USA Die aplastische Anämie (AA) und refraktäre Cytopenie (RC) sind Erkrankungen mit erworbenem hypoplastischen Knochenmarkversagen (KM-Versagen) im Kindesalter mit bisher unbekannter Ätiologie. Die RC macht prozentual den größten Anteil der myelodysplastischen Syndrome (MDS) im Kindesalter aus und wurde im Jahr 2008 als „provisional entity“ in die internationale WHO Klassifikation aufgenommen. Das Knochenmark ist in der Mehrzahl der RC- und bei allen AA Patienten hypozellulär, und die Zytogenetik häufig nicht
512 |
Monatsschrift Kinderheilkunde 5 · 2010
informativ. Dadurch wird eine Abgrenzung untereinander und zu den angeborenen KM-Versagen erschwert. Bei einem Teil der Patienten mit KM-Versagen kommt es im Verlauf zur klonalen malignen Evolution. Die Unfähigkeit solche Patienten früh zu erkennen, stellt den Kliniker vor eine große Herausforderung. Die SNP-Array (SNPA) Technologie bietet die Möglichkeit, neben genetischen Polymorphismen auch große sowie submikroskopische, für Zytogenetik unzugängliche, chromosomale Aberrationen zu untersuchen. Unsere Hypothese ist, dass mittels molekularer Karyo typisierung unter Verwendung von SNPA eine verbesserte Erkennung und Charakterisierung von genomischen Aberrationen in Patienten mit KM-Versagen ermöglicht wird. Unter der Verwendung von Affymetrix 6.0/250K SNPA wurden Ganzgenom-Analysen von 102 AA Patienten und 34 RC Patienten mit normaler Zytogenetik durchgeführt. Es konnten DNA-Verluste oder -Zugewinne und kopienzahl-neutrale LOH (knLOH) identifiziert werden. Klonale Evolution ereignete sich bei 13 AA Patienten und longitudinale SNPA Untersuchungen zeigten, dass in über 1/3 dieser Patienten numerische Aberrationen früher mittels SNPA vs. Zytogenetik detektiert wurden. Zudem konnte in 4 von 13 Fällen eine erworbene uniparentale Disomie (UPD) nur in der myeloiden, aber nicht in der lymphoiden Zellreihe aufgedeckt werden. Die Analyse der SNPA-Genotypen von RC Patienten ergab in 48% der Fälle genomische Zugewinne und in 10% genomische Verluste. Diese Läsionen sind mit den bisher bekannten „copy number variants“ von Hapmap-Kontrollen nicht überlappend und bedürfen weiterer Untersuchung, insbesondere der Abklärung des somatischen Ursprungs. Zusammenfassend zeigen diese Ergebnisse, dass SNPA-basierte molekulare Karyotypisierung die frühe Identifikation von numerischen Aberrationen und die Entdeckung von submikroskopischen Läsionen in BMF Patienten ermöglicht, und somit die Standard-Zytogenetik sinnvoll ergänzt. Unter der Verwendung von SNPA konnten innerhalb der AA Kohorte Patienten aufgezeigt werden, die trotz normaler/ nichtinformativer Zytogenetik, bereits zum MDS evolviert waren. Leukämierisiko bei genetischen Untergruppen der angeborenen Neutropenien Cornelia Zeidler, Gusal Pracht, Manuela Germeshausen, Karl Welte SCNIR an der Medizinischen Hochschule Hannover und Abteilung Molekulare Hämatopoese, Zentrum Kinder- und Jugendmedizin, Medizinische Hochschule Hannover Ein erhöhtes Leukämierisiko ist für Patienten mit angeborenen Neutropenien (congenital Neutropenia; CN) bereits gut dokumentiert worden. Die Leukämieinzidenz der Gesamtgruppe liegt aktuell bei 12,7% (ASH 2009). Seit Ende der 1990er wurden die genetischen Ursachen dieser heterogenen Erkrankungsgruppe zunehmend aufgedeckt. Mittlerweile sind mehr als 10 Gendefekte mit autosomal dominantem, autosomal rezessivem oder XChromosomalem Erbgang bekannt. Die Verteilung der Gendefekte aller genetisch charakterisierten Patienten mit angeborenen Neutropenien im europäischen Neutropenie-Netzwerk des SCNIR (Severe Chronic Neutropenia International Registry) und die jeweilige Leukämieinzidenz der genetischen Untergruppen sind in der Tabelle unten dargestellt. Die Häufigkeiten der Genmutationen können jedoch zwischen den verschiedenen ethnischen Bevölkerungsgruppen erheblich schwanken.
Verteilung von Leukämien nach genetischem Subtyp bei Patienten mit angeborenen Neutropenien Diagnosis
Patients N
MDS/Leukämie n / (%)
Congenitale Neutropenie
305
36 (11.8)
• ELANE-CN
66
11 (17,0)
• HAX1-CN
23
4 (17.4)
• ELANE neg/HAX1neg
35
6 (17,1)
• SDS
44
4 (9,1)
• WAS
18
2 (11,1)
• GSD1b
21
0
• G6PC3
8
0
• Barth-Syndrom
5
0
• p14
4
0
• nicht getestet
81
9 (11,1)
Zyklische Neutropenie
64
1 (0.6)
• ELANE-CyN
20
0
• ELANE neg-CyN
6
0
• nicht getestet
38
1 (0,3)
• Gesamt
369
37 (11,2)
Zusammenfassung: Trotz der großen Heterogenität ursächlicher Genveränderungen und assoziierter Begleitfehlbildungen lassen sich Gendefekte mit sehr hohem Leukämierisiko von solchen, bei denen bislang keine Leukämien dokumentiert wurden, unterscheiden. Es werden weitere Gemeinsamkeiten und Unterschiede (Therapieansprechen, Häufigkeit von G-CSF Rezeptor-Mutationen und Leukämieoutcome) der Gruppen dargestellt. AML-BFM 2004 Ergebnisse D. Reinhardt, Ursula Creutzig für die AML-BFM Studiengruppe (Hannover) Bis Ende 2009 wurden insgesamt 753 Kinder und Jugendliche in die AML-BFM 2004-Studie aufgenommen. Darunter waren 652 Proto kollpatienten - einschließlich 75 Kindern mit einer Myeloischen Leukämie bei Down Syndrom - und 101 Beobachtungspatienten (sekundäre AML n=30, Myelosarkom n=16, Acute Leukemia of Ambiguous Lineage [ALAL] n=21, Syndrome n=12, sonstige n= 22). Obwohl die Therapie im Rahmen der randomisierten Fragestellungen intensiviert wurde (Dosissteigerung Anthrazykline; liposomales Daunorubicin [L-DNRSteigerung um 33%, zusätzliche Gabe von Cladribin für Hochrisikopatienten, HR]) war die „Treatmentrelated mortality“ (TRM) mit 2,5% niedrig. Insgesamt kam es zu 16 Frühtodesfällen (3%) sowie 11 Todesfällen in kompletter Remission (2%; 9 nach Stammzelltransplantation). Für die folgenden Auswertungen wurden Patienten bis 9/2009 eingeschlossen (n=522, mediane Nach beobachtung 3 [0,5 bis 6] Jahre). Die Ergebnisse zeigten insgesamt eine Verbesserung des geschätzten ereignisfreien-(EFS) und Gesamtüberlebens (OS; Kaplan-Meier; 5 Jahre) gegenüber der Vorstudie AML-BFM 98 (56±3% vs. 49+2%, p=0.03 und 75±3% vs. 63±2%; p<0.001). Dieses gilt sowohl für die Standardrisikogruppe (n=185; OS 92±2% vs. 77±2%, p=0,0006, EFS 71±4% vs. 64±4% p=0,18) als auch für die Hochrisikogruppe n=337; OS 65±4% vs. 54±3%, p=0,003, EFS 48±4% vs. 40±3%, p=0,048). Die prognostische Relevanz der zytogenetischen Aberration wurde bestätigt (t (15;17): n=26, EFS 88±6%; OS 92±5%; t(8;21) n=57, EFS 66±7%; OS 91±4%; inv(16): n=32, EFS 73±6% ; OS 100%). Für Patienten
mit MLL-Rearrangement (n=96) ergaben sich im Vergleich zur Studie AML-BFM 98 deutliche Verbesserungen (EFS 59±5% vs. 35±5% p=0,07; OS 77±5% vs. 52±5% p=0.015). Zusammengefasst ergeben die vorläufigen Daten der AML-BFM 2004 Studie in beiden Risikogruppen deutliche Verbesserungen. Die wesentlichen Gründe dafür sind die Therapieintensivierung, eine weiter optimierte supportive Therapie und eine verbesserte Rezidivbe handlung. Erhöhte Rezidivinzidenz nach G-CSF-Behandlung bei Kindern mit einer AML und Überexpression der G‑CSFR Isoform IV Stephanie Ehlers1, Christin Herbst1, Martin Zimmermann1, Dirk Reinhardt1 1 Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Med. Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Einleitung: In der Studie AML-BFM 98 erfolgte eine randomisierte G‑CSF-Applikation mit dem Ziel, die Neutropeniedauer und damit die Infektionshäufigkeit zu senken, um so die Therapieergebnisse zu verbessern. Die Auswertung dieser Daten ergab keine Verbesserung der Mortalität oder Morbidität in der Gesamtgruppe der Kinder und Jugendlichen mit AML. In der Subgruppenanalyse der Standardrisikogruppe (SR; definiert als AML FAB M1/2 mit Auerstäbchen, AML FAB M4eo bzw. den korrespondierenden Translokationen t(8;21) und inv(16)) und einem guten Therapieansprechen) zeigte sich eine Tendenz zu einer gesteigerten Häufigkeit von Rezidiven bei Kindern, die G-CSF erhalten hatten, p=0,054. Patienten und Methoden: Wir untersuchten 50 Patienten der SR Gruppe (n=154 in der Studie AML-BFM 98) bezüglich der G-CSFROberflächenexpression mittels FACS und der G‑CSFR Isoform I und IV-Expression mittels RQ-RT-PCR. Zum Ausschluss erworbener Muta tionen wurde eine Sequenzanalyse des zytoplasmatischen Abschnitts des G‑CSFR durchgeführt. Ergebnisse: Die G‑CSFR-Oberflächenexpression zeigte keine Korrela tion mit einer erhöhten Rezidivinzidenz. Bei keinem der untersuchten Patienten traten G‑CSFR-Mutationen auf. Von den Kindern, die G‑CSF erhalten hatten, zeigten die 16 Patienten mit einer Überexpression der G‑CSFR Isoform IV eine signifikant höhere 5-Jahres kumulative Rezidivinzidenz (CI 50 ± 13%). Im Gegensatz dazu, betrug die CI bei den Kindern mit niedriger G‑CSFR Isoform IVExpression nur 14 ± 10%, p = 0,04. In der Kontrollgruppe ohne G‑CSFApplikation gab es keinen Einfluss der G‑CSFR Isoform IV-Expression auf die Rezidivinzidenz (0 ± 0% bei Patienten mit hoher Expression (n=9) und 18 ± 12% bei Patienten mit niedriger Expression (n=11), p=0,19). In der Multivariantanalyse unter Berücksichtigung der G‑CSFR Isoform IV-Überexpression, des Geschlechts und zytogenetischer Veränderungen mit günstiger Prognose zeigte sich eine prognostische Relevanz für das 5-Jahres ereignisfreie Überleben (P=0,031) und die kumulative Rezidivinzidenz (p=0,049). Zusammenfassung: Unsere Ergebnisse zeigen, dass Kinder und Jugendliche mit einer AML, die die G‑CSFR Isoform IV überexpremiert, eine deutlich gesteigerte Rezidivinzidenz nach G-CSF-Applikation aufweisen. Patienten mit einer AML und Überexpression der G‑CSFR Isoform IV sollten nicht mit G‑CSF behandelt werden.
Monatsschrift Kinderheilkunde 5 · 2010
| 513
Abstracts Commentaries on chronic myeloid leukemia (CML): Interim analysis and report on national and international activities from the pediatric study group CML-paed II Meinolf Suttorp (1), Christian Thiede (2), Josephine T. Tauer (1), Bernadette Jaeger (1), Silja Röttgers (3), Nils von Neuhof (4), Manuela Krumbholz (5), Markus Metzler (5) (1) Dpt. of Pediatrics, Univ. Hospital, Dresden; (2) Dpt. of Internal Medicine I, Univ. Hospital, Dresden; (3) Oncogenetic Lab., Dpt. of Pediatrics, Univ. Hospital, Giessen; (4) Dpt. of Cell and Molecular Pathology, Medical School, Hannover; (5) Dpt. of Pediatrics, Univ. Hospital, Erlangen. In the last decade -like in adults- imatinib (IMA) has been established also as first line treatment for children with CML while allogeneic stem cell transplantation (SCT) as treatment option is postponed for those patients (pts) becoming intolerant or refractory to tyrosine kinase inhibitor (TKI) treatment. ������������������������������������������� Children with CML generally show tolerable side effects and good treatment responses (R; cytogenetic: CyR; molecular: MR) under up-front treatment with IMA. Regular monitoring of the disease burden by cytogenetics and quant. RT-PCR of the BCR-ABL transcript rate is mandatory in accredited laboratories to steer the therapy according to criteria adopted from adults [Baccarani et al , J Clin Oncol. 2009; 27:6041]. A landmark analysis showed that pts entering study CML-paed-II in CML-chronic phase exhibited at month three no complete hematological response in 2/42 pts; at month twelve no complete CyR in 2/28 pts; at month eighteen no MR in 2/19 pts. Consequently SCT as curative option was postponed for pts only becoming intolerant or refractory to IMA. Overall side effects [Millot et al, Leukemia ������������������������������������������������������������� 2006; 20:187; Suttorp, Bone Marrow Transplant 2008; 42(Suppl.2):S40] �������������������������������������������������������� were mild and affected 15% of the total cohort. Two pts experienced intolerance and received 2nd generation TKI. As TKI ������������������������������������������������������������� also inhibit c-kit, PDGFR and c-FMS -thus exerting an impact on the differentiation and proliferation of osteoclasts and osteoblastsdisturbances of bone metabolism and longitudinal growth impairment are of special concern in a not yet outgrown pediatric cohort [������������������������������ Vandyke et al, Blood, Nov 2009; doi:10.1182/blood-2009-08-237404]. Body height was closely monitored during IMA treatment in 22 pts in France: the difference of the height standard deviation scores decreased significantly (p<0.0001) with a median of -0.37 (range, -1.09 to +0.14) between the start of IMA and 12 months later [Millot et al, ASH 2009, abstract #863). In pts from study CML-paed II the 25-OH-vitamine D3 level was <30 µg/l in 70% of the cohort, while 1,25-(OH)2-vitamine D3 was normal except for 5/56 (10%) specimen. Parathyroid hormone level was elevated in 14/57 (25%) specimen. Data regarding bone formation showed an increased osteocalcin level at the beginning of IMA therapy which declined significantly during further IMA therapy reaching and holding normal range. In contrast, bone resorption markers (CTX-I, DPD) displayed either increased levels (CTX-I) in 60% of the pts over the entire period of IMA therapy or an increased level at the beginning with significant decline during treatment (DPD). In ���������������� an animal model w����������������������������������������������������������������� e exposed juvenile rodents to IMA, ������������������������������ studied bone metabolism, bone ultra structure and development using dedicated small tomographs for pQCT and micro CT and could mimic side effects as observed in humans [Suttorp et al, ASH 2008, abstract #1100]. As prognostic marker the BCR-ABL fusion transcript type (b2a2 or b3a2) may possibly exert an impact also in children showing that pts exhibiting the e14a2 transcript respond better to IMA [Lucas et al, Haematologica. 2009;94:1362]. Also identification of the genomic BCR-ABL breakpoint as a DNA-marker has been established in selected pediatric pts and provides a valuable tool for monitoring minimal residual disease with higher sensitivity than RT-PCR amplification from m-RNA. Under the umbrella of the I-BFM group collaborative efforts have resulted in founding a working party (Chairman: F. Millot, France) and an international database (A, AUS, B, BY, D, DK, F, GB, HK, I, J, NL, RA, SK) for pediatric CML to study treatment responses, course of the disease and side effects –especially on growth– more closely in larger cohorts.
514 |
Monatsschrift Kinderheilkunde 5 · 2010
Rapid diagnosis of familial hemophagocytic syndrome by analysis of NK cell and CTL function. Andrea Maul-Pavicic1, Jan Rohr1, Stephan Ehl1 and the CURE HLH consortium 1 Centre of Chronic Immunodeficiency, University of Freiburg, Germany Familial hemophagocytic lymphohistiocytosis is a life-threatening hyperinflammatory disease caused by uncontrolled activation of T cells and macrophages. There are primary and secondary forms of the disease, which in most cases are indistinguishable in their clinical manifestations. However, since the prognosis for both forms of the disease is different and primary HLH requires rapid stem cell therapy, an early differentiation is highly desirable. In a common European effort, we have established a panel of assays investigating NK cell and CTL functions that have the potential to establish a diagnosis within 2-3 days. While microscopical analysis can rule out Chediak-Higashi and Griscelli syndromes and protein-based assays can rapidly establish the diagnosis of Perforin and XIAP-deficiency, functional degranulation assays can discriminate between MUNC13-4 deficiency and Syntaxin11 or MUNC18-2 deficiency and confirm lymphocyte degranulation defects in pigmentation disorders. Finally, a modified cytotoxicity assay allows the rapid diagnosis of XLP. In an European collaboration in the framework of the CURE-HLH consortium we have standardized these protocols and have performed round-robin tests to assess their performance. Prospective validation of the assays within the framework of the HLH2004 study is currently underway. These studies represent an important advance in the diagnosis of this life-threatening immunodeficiency. Metastatic medulloblastoma: Preliminary results of children and adolescents treated by conventional chemotherapy and hyperfractionated radiotherapy in the prospective GPOH-study HIT 2000 André O. von Bueren1, Rolf D. Kortmann2, Monika Warmuth-Metz3, Stefan Rutkowski1 1 Department of Pediatric Hematology and Oncology, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, 2Department of Radiation Oncology, University of Leipzig, 3Department of Neuroradiology, University of Wuerzburg Purpose: To assess the survival rates of patients with metastatic medulloblastoma (MB, M1-M4) between 4 and 21 years at diagnosis, treated within the prospective multicenter trial HIT 2000 without high-dose chemotherapy (conventional arm). Patients and Methods: Children received 2 cycles of HIT-SKK chemotherapy consisting of systemic multiagent chemotherapy and intraventricular chemotherapy with methotrexate, hyperfractionated radiotherapy (2 x 1 Gy/d, 40 Gy craniospinal, 60 Gy posterior fossa, 68 Gy tumor bed, 50-60 Gy boost to metastatic deposits) and 4 cycles of maintenance chemotherapy. Results: 173 patients were registered between January 2001 and December 2007. In 128 patients so far eligible for analyses of the conventional arm (15, HDCT-arm) with a median age of 7.97 years and a median follow-up of 4.1 years, rates for four-year event-free survival (EFS) and overall survival (OS) were 65±5 % and 80±4%. Four-year EFS was not different between 35 patients with isolated microscopic tumor dissemination to the cerebrospinal fluid (M1-stage, EFS 62±8%) and 93 patients with macroscopic metastases (M2/M3-stage ± M1-stage, EFS 65±5%). Pattern of relapse was local (7 patients) distant (27) and combined (7 patients). There was no significant difference in survival rates of 107 children with classic, 15 desmoplastic, and 6 large-cell / anaplastic MB. Multivariate analyses for EFS and OS identified age, histology, response to first HIT-SKK cycle, and number of ������������������������������ intraventricular methotrexate� applications during the first HIT-SKK cycle as independent risk factors. There were no major unexpected toxicities, and no treatment-related deaths reported.
Conclusion: These preliminary survival rates are significantly higher than results from the previous study HIT’91. Improved survival rates, in the range of results obtained by other strategies including HDCT or hyperfractionated accelerated radiotherapy, can be obtained by conventional chemotherapy and hyperfractionated radiotherapy with acceptable acute toxicities. Neurocognitive outcome needs to be assessed. Non-Hodgkin Lymphome bei Adoleszenten: Erfahrungen zu 378 Patienten aus der NHL-BFM Studie Birgit Burkhardt1, Martin Zimmermann1, Alfred Reiter1 1 NHL-BFM Studienzentrale, Abteilung für pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Justus- Liebig Universität, Gießen Age-related differences in distribution, biology and treatment-response of NHL remain to be elucidated for adolescents. The current analyses present clinical parameters and outcome of adolescents treated in pediatric NHL-BFM trials. Patients were stratified for histological subtypes: 1) lymphoblastic lymphoma (LBL), 2) mature B-NHL, including Burkitt lymphoma/leukemia (BL/B-AL), diffuse B-cell lymphoma (DLBCLCB) and mediastinal B-cell lymphoma (PMLBL), 3) anaplastic large cell lymphoma (ALCL). Between 10/1986 and 12/2007, 2915 patients were registered, with 378 (13%) adolescents (15-18-years) including BL/BAL (n=101), ALCL (n=74), DLBCL-CB (n=55), T-LBL (n=45), PMLBL (n=24), pB-LBL (n=13) and rare or not specified NHL-subtypes (n=66). EFS (5y) was 79±2% for adolescents compared to 85±1% for patients aged <15y (p 0.014). EFS for adolescents was 87±6% in T-LBL, 82±4% in BL/B-AL, 85±5% in DLBCL-CB, 57±10% in PMLBL and 70±6% in ALCL. 5y-EFS according to gender was 70±5% in females versus 84±2% in males (p 0.004), mainly due to inferior outcome for adolescent females with T-LBL (57±17% versus 92±6% in males, p 0.0036) and DLBCL-CB (71±9% versus 97±3%, p 0.0067). Adolescents with NHL treated according to pediatric NHL-BFM protocols have an 79±2% EFS that is marginally inferior to that in children. In adolescent patients with T-LBL and DLBCL-CB, female gender is associated with a worse prognosis. EBV-assoziierte Lymphoproliferation bei nicht-immunsupprimierten Kindern- ein primärer T-Zell-Defekt? Aufbau eines Patientenregisters Kirsten Huck, René Linka, Frank Krux, Arndt Borkhardt Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Abteilung für Kinder-Onkologie, –Hämatologie und klinische Immunologie, Universitätsklinikum Düsseldorf Über 90% der erwachsenen Weltbevölkerung beherbergt das EpsteinBarr-Virus asymptomatisch in latent infizierten B-Zellen. Bei Patienten mit angeborenem Immundefekt mit beeinträchtigter T-Zell-Funktion sowie unter iatrogener Immunsuppression ist EBV als Auslöser von lymphoproliferativen Erkrankungen und Lymphomen bekannt. Selten fallen auch zuvor scheinbar gesunde Kinder durch eine schwere Immundysregulation mit EBV-positiver Lymphoproliferation (z.B. atypische B-Zell-Proliferationen, lymphomatoide Granulomatose, Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphome) auf. Eine inzwischen gut charakterisierte Erkrankung ist die X-linked lymphoproliferative diesease (XLP), die in der Mehrzahl der Fälle durch Defekte in SAP oder XIAP auf dem X-Chromosom ausgelöst wird. Patienten mit SAP- und XIAPDefekt gemeinsam ist der Mangel an NKT-Zellen im peripheren Blut. Bei zwei Schwestern mit XLP–ähnlichem Krankheitsverlauf konnten wir mittels einer SNP-array basierten genomweiten Linkage-Analyse homozygote Mutation im Gen für die IL-2 induzierbare T-Zell-Kinase (ITK) als neuen autosomal-rezessiven primären Immundefekt mit EBV-assoziierter Lymphoproliferation identifizieren. ITK ist Teil der Signalkaskade unterhalb des T-Zell-Rezeptors und essentiell für eine regelrechte thymische Selektion und Differenzierung von konventionellen und innate T-Zellen im Mausmodell. Die Calcium-Mobilisation nach TZell-Rezeptorstimulation ist bei den Patienten deutlich eingeschränkt. In Analogie zum ITK-/-Mausmodell zeigen die Patienten eine Reduktion
von NKT-Zellen und naiven CD8+-T-Zellen zugunsten einer CD8+T-Zell-Population mit memory-Phänotyp und Merkmalen von innatetype T-Zellen im peripheren Blut. In einer heterogenen Gruppe von 27 Patienten mit EBV-assoziierter Lymphoproliferation und klinischem oder molekulargenetischem Ausschluss von Defekten in SH2D1A oder XIAP konnte 1 weiterer Patient mit homozygoter ITK-Mutation identifiziert werden. Es ist daher von einer breiten genetischen Heterogenität der selektiven Abwehrschwäche gegenüber EBV auszugehen, deren Gemeinsamkeit eine gestörte Signaltransduktion über den T-ZellRezeptor mit Auswirkung auf den thymischen Selektionsprozess der TZellen sein könnte. Seit Juli 2009 erfassen wir deutschlandweit die Inzidenz EBV-assoziierter lymphoproliferativer Erkrankungen bei nicht-immunsupprimierten Kindern über die Erhebungseinheit für seltene pädiatrische Erkrankungen in Deutschland (ESPED). Um weitere Patienten in die immunologischen und molekulargenetischen Untersuchungen einzubeziehen, wurde ein von ESPED unabhängiges Patientenregister etabliert, in dem die über ESPED erhobenen klinischen Daten sowie Patientenmaterial gesammelt werden. Reduziert-intensive Konditionierung für Kinder mit Refraktärer Zytopenie: Interim Analyse der EWOG-MDS Studie Brigitte Strahm1, Peter Bader2, Franco Locatelli3, Charlotte Niemeyer1 1 Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Freiburg, 2 Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Frankfurt, 3 Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, IRCCS Policlinico San Matteo, Universität Pavia, Italien Patienten mit Refraktärer Zytopenie (RC) können in 80% der Fälle durch eine allogene Stammzelltransplantation (SZT) geheilt werden. Durch eine myeloablative Konditionierung kann das Auftreten von Rezidiven nahezu vollständig verhindert werden, während in ca. 15% der Fälle transplantations-assoziierte Todesfälle zu beobachten sind. Die vorliegende Analyse wurde durchgeführt, um die Ergebnisse der SZT mit einer reduziert intensiven Konditionierung bei Patienten mit RC auszuwerten. Sechsundfünfzig Patienten erkrankten im medianen Alter von 11,2 (1,817,9) Jahren an einer RC. Keiner der Patienten hatte einen abnormen Karyotyp. Die Patienten wurden von einem Geschwisterspender (n=15), einem anderen Familienspender (n=1) oder einem unverwandten Spender (n=40) transplantiert. Es bestand eine Übereinstimmung in mindesten 9/10 HLA Merkmalen (HLA-A,-B,-C,-DRB1,-DQB1). Die Stammzellquelle war Knochenmark (n=48) oder peripheres Blut (n=8). Alle Patienten erhielten eine Konditionierung mit Thiotepa (3x5mg/ kg) und Fludarabin (4x40mg/m2). Die Prophylaxe der Graft-versusHost-Erkrankung (GVHD) bestand aus CsA+/-MTX+/-MMF für Geschwisterspender und CsA, MTX und Anti-Thymozyten-Globulin für Fremdspender. Je zwei Patienten erlitten ein primäres bzw. sekundäres Transplan tatversagen. Vierundfünfzig Patienten hatten nach einer medianen Zeit von 24 (11-105) Tagen ein Neutrophilenengraftment. Ein Thrombo zytenengraftment konnte bei 48 Patienten nach einer medianen Zeit von 28 (1-201) Tagen nachgewiesen werden. Drei der vier Patienten mit einem Transplantatversagen konnten durch eine zweite SZT ge rettet werden. Die Inzidenz der akuten GVHD Grad II-IV bzw. Grad III-IV war 23% bzw. 5%. Zehn der 52 Patienten (19%) unter Risiko entwickelten eine chronische GVHD. Ein Patient verstarb an einer VOD mit Multiorganversagen. Virale Infektionen waren die häufigste Komplikation. Nach einer medianen Beobachtungszeit von 2,0 (0,1-7,0) Jahren leben 54/56 Patienten. Die Wahrscheinlichkeit für das Überleben nach allogener SZT vom Geschwisterspender bzw. Fremdspender ist damit 0,95 bzw. 1,0. Zusammenfassend führt die SZT nach einer Konditionierung mit Thiotepa/Fludarabin zu einem exzellenten Ergebnis für Patienten mit RC. Die chronische GVHD und virale Infektionen sind die am häufigsten beobachteten Komplikationen. Langzeitbeobachtungen sind Monatsschrift Kinderheilkunde 5 · 2010
| 515
Abstracts notwendig, um die Beurteilung der erwarteten Reduktion der Spätfol gen möglich zu machen.
zusätzlich untersucht werden. Blutproben werden grundsätzlich nicht mehr in die Analysen eingeschlossen.
c-CBL Keimbahnmutationen bei Kindern mit juveniler myelomono zytärer Leukämie (JMML) Charlotte M. Niemeyer, Christian Flotho, Mignon Loh Universitätsklinikum Freiburg
Sirolimus zur Behandlung der Angio-Lipomatose beim Proteus– Syndrom -mTOR-Inhibition bei einer PTEN-Hamartom-TumorErkrankungEberhard Maaß1, Beatrice Ullrich2, Thekla von Kalle3, Stefan Bielack1 Klinikum Stuttgart, Olgahospital: 1 Kinderklinik, Abt. Onkologie-Hämato logie-Immunologie, 2 Kinderchirurgische Klinik, 3 Radiologisches Institut
In der Pathogenese der juvenilen myelomonozytären Leukämie (JMML) spielen Keimbahnmutationen und somatische Mutationen, die den RAS - Signalweg aktivieren, eine wesentliche Rolle. Ca. 70% der JMML Patienten haben oncogene Mutationen in PTPN11, NRAS oder KRAS, oder tragen die klinische Diagnose einer Neurofibromatose Typ I. Wir konnten kürzlich zeigen, dass bei weiteren ca. 10% der Kinder mit JMML c-CBL mutiert ist. Cbl Proteine fungieren als Adaptermoleküle in Signalkomplexen und haben E3 Ubiquitin- Ligase-Aktivität für aktivierte Tyrosinkinasen. Interessanterweise zeigten alle bisher von uns untersuchten c-CBL mutieren JMML Patienten eine Keimbahnmutation mit Verlust des gesunden Allels in hämatopoetischen Zellen. Die hier erstbeschriebene genetische Erkrankung ist neben einer Prädisposition für JMML und andere Tumoren durch Entwicklungsverzögerung, Kleinwuchs und Autoimmunerkrankungen wie einer Vaskulitis der großen Gefäße charakterisiert. Auch wenn einige der c-CBL mutierten JMML Patienten eine spontane Besserung ihrer Myeloproliferation zeigen, kann die hämatopoetische Stammzelltransplantation zur Ver hinderung immunologischer Komplikationen indiziert sein. MMD/MRD-Untersuchungen bei Patienten mit Weichteilsarkomen. Begleitprojekt der CWS-Studiengruppe Sabine Stegmaier, Thomas Klingebiel, Ewa Koscielniak Olgahospital, Klinikum Stuttgart, Klinik für Kinderheilkunde III, Frankfurt Die prospektive Evaluierung minimal disseminierter Erkrankung in Knochenmark (KM) und Blut von Patienten mit alveolärem Rhab domyosarkom (RMA), Synovialsarkom (SS) oder einem Tumor der Ewing-Gruppe (EES/PNET) hinsichtlich ihrer prognostischen Relevanz wurde als biologische Begleitstudie (MMD/MRD, minimal metastatic/residual disease) mit den Studien CWS-2002-P und CWSDok-IV-2004 initiiert. Zwischen 2003 und 2009 waren von insgesamt 233 aus Deutschland im CWS-Datenregister gemeldeten Patienten in 34% (RMA n=50, SS n=21, EES/PNET n=9) die Einschlusskriterien zur Aufnahme in die MMD/MRD-Studie erfüllt (FusionstranskriptMarker positiv, initiale KM/Blut-Proben verfügbar, Patienten-Einver ständniserklärung vorhanden). Die aktuelle Zwischenauswertung bei überwiegend nicht abgeschlos senem follow-up lässt bei Patienten mit RMA eine Korrelation zwischen primärer Tumorausbreitung und MMD/MRD-Ergebnis erkennen. Der Anteil an Patienten mit primär lokalisiertem RMA (St. I-III, n=21) und positivem MMD/MRD-Nachweis lag mit 29% deutlich unterhalb dem bei primär metastatischem RMA (90%; gesamt St. IV n=29). Eine detaillierte Auswertung der MMD/MRD-Analysen und eine Aussage zur prognostischen Bedeutung wird nach Vervollständigung der follow-up-Daten möglich sein. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen aus der MMD/MRD-Studie, unter Berücksichtigung von Compliance und Probenverfügbarkeit, werden die Analysen für Patienten, die im neuen CWS-Register „SoTiSaR“ aufgenommen werden wie folgt angeboten: der Nachweis minimaler Tumorzell-Dissemination wird an Probenmaterial, das im Rahmen der Routine-Diagnostik zum Nachweis von Tumorzellen bei Patienten mit RMA, SS oder EES/PNET und nachgewiesenem Fusionstranskript-Marker entnommen wird, durchgeführt. D.h. bei primär lokalisierter und primär metastatischer Erkrankung sollen initiale KM-Proben untersucht werden. Bei Stadium IV Patienten mit zytologisch nachweisbarer KM-Infiltration sollen KM-Proben, die für Routine-Kontrollen zur Woche 9, 18 und 27 gewonnen werden,
516 |
Monatsschrift Kinderheilkunde 5 · 2010
Die rasche Progression einer abdominellen Angio-Lipomatose führte bei einem 12 jährigen Jungen mit Proteus-Syndrom zu schwerer Atemnot durch hochstehende Zwerchfelle mit monströser Bauchumfangzunahme. Das gesamte rechte Bein wurde gleichzeitig durch die Lipomatose grotesk dicker, mit fortschreitender Bewegungseinschränkung, Sensi bilitätsstörungen und starken Schmerzen. Seit dem dritten Lebensjahr war der Junge häufig operiert worden: acht Zehen mussten amputiert und beide Füße durch eine Reduk tionsplastik korrigiert werden, um eine Versorgung mit orthopädi schen Schuhen zu ermöglichen. Bei kontinuierlicher Blutung aus hämangiomatösen Gefäßen der Darmschleimhaut erfolgte eine Rek tumresektion. Zahlreiche Teilresektionen von Häm- und Lymphangiomen im Abdomen und in den Beinen folgten. Langfristig waren die Blutungsquellen chirurgisch nicht zu sanieren und regelmäßige Transfusionen von Erythrozytenkonzentraten nicht zu vermeiden. Selbst mit einer Mantelfeldbestrahlung wurde versucht, die kontinu ierlichen kutanen Blutungen am Bein zu stoppen. Vincristin- und Corticoidgaben führten jeweils nur zu kurzzeitiger Verminderung des multilokulären Blutverlustes. Die fortschreitende Lipomatose war nicht mit chirurgischen Maßnah men anzugehen, Therapiestandards für eine solche Situation gab es nicht. Nach einem Fallbericht einer australischen Gruppe über die erste Behandlung einer progredienten Lipomatose bei einem Kind mit ProteusSyndrom setzten wir Sirolimus als individuellen Heilversuch ein. Die Schmerzen ließen rasch nach, die Umfänge von Bauch, Ober- und Unterschenkel nahmen messbar ab, nach wenigen Wochen waren die Sensibilitätsstörungen und die Dyspnoe verschwunden. Die Haut blutungen am linken Oberschenkel haben inzwischen sistiert, die intestinalen Blutungen kamen weitgehend zum Stillstand, seit Beginn der Sirolimus-Einnahme vor 14 Monaten war keine Erythrozytentransfusion mehr erforderlich. Zudem kann sich der Junge wieder besser bewegen, er geht lange Strecken, besucht täglich die Schule, er schwimmt und fährt Fahrrad. Nebenwirkungen dieser Medikation waren bisher nicht zu beobachten. Eine MRT-Kontrolle zeigte eine ausgeprägte Regression des proliferierten Fettgewebes im Bein, im Mesenterium und im Becken. Bei Tuberöser Sklerose und bei Lymphangiomyomatose gibt es klinische Studien, die die Wirkung von Sirolimus durch die mTORC1-Inhibition belegen. Diese Beobachtung ist ein Hinweis, dass Sirolimus auf diese Weise auch beim Proteus-Syndrom, einer Erkrankung aus der PTENHamartom-Tumor-Syndromgruppe wirksam sein kann.