Abstracts Notfall + Rettungsmed 2009 · 12:653–670 DOI 10.1007/s10049-009-1233-y © Springer-Verlag 2009
Abstracts der ÖNK 2009 13. Kongress der Österreichischen Gesellschaft für Notfall- und Katastrophenmedizin 4. bis 5. Dezember 2009 in Linz, Österreich G. Wildner1, S. Heschl2, S. Archan1, W. Spindelböck3, G. Prause1, H. Haller4 1 Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Medizinische Universität Graz 2 Cand. med., Medizinische Universität Graz
3 Medizinercorps, Österreichisches Rotes Kreuz, Bezirksstelle Graz-Stadt
4 Unfallkrankenhaus der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA), Linz
Zum 13. Mal findet in Linz, Österreich, der Kongress der Österreichischen Gesellschaft für Notfall- und Katastrophenmedizin (ÖNK) statt. Unter dem Leitthema „Feuer und Flamme“ bietet die Tagung in der Europäischen Kulturhauptstadt 2009 einen umfassenden Überblick über zahlreiche Themen aus der Notfallmedizin, dem Großunfallwesen und der Katastrophenhilfe. In den mehr als 25 Jahren ihres Bestehens hat sich die ÖNK zur Dachvereinigung der österreichischen notfallmedizinischen Gesellschaften und damit zu einer bestimmenden Größe in der mitteleuropäischen Notfall- und Katastrophenmedizin entwickelt.
Abstracts der Vorträge (IL – Invited lectures) ÖNK-IL 2009-01 Ausbildung des Notarztes in Österreich im Verhältnis zur EU Helmut Trimmel Abteilung für Anästhesie, Notfall- und Allgemeine Intensivmedizin, Landesklinikum Wiener Neustadt Österreich verfügt über das Notfallrettungssystem mit der höchsten Dichte an arztbesetzten Rettungsmitteln weltweit. Während die Finanzierbarkeit dieses hochentwickelten Rettungswesens Medien und Politik beschäftigt, ist auch eine intensive Diskussion um die Ausbildung der Notärzte in Gang gekommen. Derzeit ist für die Tätigkeit als Notarzt auch eine gesetzlich definierte Ausbildung gefordert, welche 1987 im §40 (2) ÖÄG erstmalig geregelt und zuletzt 1998 novelliert wurde. Kritikpunkte sind die kurze Lehrgangsdauer des Curriculums und fehlende klinische Ausbildung in relevanten Fertigkeiten. Die „theoretische und praktische Fortbildung“ wird je nach Bundesland unterschiedlich umgesetzt: meist in Form theoretischer Vorträge, ergänzt durch mehr oder weniger intensives Training am Phantom. In den letzten Jahren versucht man, die Vorgaben des European Resuscitation Council (z.B. ALS Provider, ETC) umzusetzen. Eine gesetzliche Neuformulierung der Ausbildung erscheint angesichts der bedeutenden Weiterentwicklungen in der prähospitalen Versorgung zwingend erforderlich; im europäischen Vergleich hat man dem längst Rechnung getragen. In vielen Ländern ist ein Mindestmaß an „technical skills“ definiert worden – Fertigkeiten, die der Notarzt vor Zulassung jedenfalls nachweisen muss (. Tab.1). Rettungsdienstspezifische theoretische Inhalte werden ebenfalls in Pflichtseminaren von unterschiedlichem Ausmaß vermittelt: hier sind etwa unsere neuen EU-Nachbarn in der Struktur deutlich weiter entwickelt als manches westeuropäische Land (. Tab.2). Die klinische Ausbildung junger Ärzte ist der EU ein wichtiges Thema: Schritte der Vereinheitlichung bringen zum Teil auch Veränderungen
der Ausbildungszeit (z.B. Verlängerung der Ausbildungsdauer von 4 auf 5 Jahre). Darüber hinaus könnten neue Formen der Berufsausübung entstehen, wie etwa die Einführung eines Facharztes für Allgemeinmedizin bzw. des approbierten Arztes. Gerade dadurch wird es besonders wichtig, auf die Qualifikation jener zu sehen, die fachüberschreitend tätig werden können: wieder rückt die notärztliche Ausbildung in den Mittelpunkt. Ein wichtiger Schritt wäre die Definition jener klinischen Ausbildung, welche für eine Tätigkeit als Notarzt unabdingbar sein sollte. Auch diesen Weg sind einige Mitgliedsländer der EU bereits gegangen und haben entsprechende gesetzliche Vorgaben festgelegt. Eine Synthese all dieser Ideen, und dabei gleichzeitig das Weiterbestehen eines interdisziplinären Zugangs zur Notfallmedizin ist aus Sicht der Österreichischen Anästhesiologie der vernünftigste Weg, eine qualitativ hochwertige und dabei finanzierbare Notfallversorgung auch in Hinkunft sicherzustellen. Die ÖGARI hat gemeinsam mit ÖNK, AAEM und Ärztekammer dem Ministerium einen entsprechenden Entwurf vorgelegt. Idealerweise ist dies mittels dreistufigen Modells abbildbar. – Stufe 1: Allgemeine Notfallkompetenz für klinisch tätige Ärzte: Umfang und Inhalt etwa gemäß dem aktuellen § 40, adaptiert an europäische Ausbildungsstandards (z.B. ERC) – Stufe 2: Spezielle Notfallkompetenz: Ausbildung für den Arzt im Rettungsdienst bzw. der interdisziplinären Notfallaufnahme. Definierte Ausbildungszeiten, Ausbildungslogbuch und Vorgabe diverser Skills ermöglichen eine Vorbereitung, die den aktuellen Erfordernissen entspricht. – Stufe 3: Additivfacharzt „Notfallmedizin“: für ärztliche Leitungsfunktionen in Rettungsdienst und innerklinischer Notfallmedizin, sowie Koordination und Weiterentwicklung der Ausbildung. Tab. 1 Skills Slowakei BRD
CH
ÖGARI
Narkoseeinleitung
100
50 + 20 (Kind)
Intubation
100
25
10 (Kinder) 50 + 10
Alternat. Atemweg
20 + 10
Coniotomie
10
3
ZVK / PVK
50 / 100
50 ges.
3/ nicht spezif.
intraoss. Zugang
10
3
Thoraxdrainage
10
2
5
3
Reanimation
20
1
Defibrillation/Kardioversion 25
ALS/ACLS/ ALS/ACLS/ PALS EPLS
Beatmungspatienten
20
Geburten
10
10
Einsätze supervidiert
30
50
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Abstracts Tab. 2 theoretische Ausbildung Notfall-/Rettungsmedizin Land
Stunden
Polen
312
Tschechien
136
Slowakei
160
Ungarn
160
Deutschland
80
Schweiz
32
Österreich
40
ÖNK-IL 2009-02 Die Situation der notärztlichen Versorgung unter dem Aspekt der Ausbildung und Anpassung an die Europäische Union Larissa Halb1, Herbert Haller2, Gerhard Prause3 1Cand. Med., Medizinische Universität Graz 2Unfallkrankenhaus, Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA), Linz 3Univ.-Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Medizinische Universität Graz Fragestellung: Um die Grundlagen für die Ausbildung und den späteren Bedarf an Notärztinnen und Notärzten zu klären, wurden Daten bezüglich ärztlicher Qualifikation, Fachspezifitäten, Alter, Dauer der notärztlichen Tätigkeit und Aktivitätsgrad erhoben. Ziel ist es, zu zeigen, wie sich die Anpassung der Ausbildung zum Notarzt/zur Notärztin an die Europäische Union auf die notärztliche Versorgung in Österreich auswirken wird. Methode: Mittels Fragebögen – von der ÖNK, ÖGARI und den Notfallreferenten der Ärztekammer entwickelt – wurden im Zeitraum von Jänner 2009 bis Oktober 2009 Daten elektronisch erfasst und ausgewertet. Ergebnisse: Eine erste Datenanalyse (n=1009) zeigte die Unterschiede in der Ausbildung bezogen auf die Kursstunden, die zwischen 12 und 160 Stunden variieren. In den Jahren 1980 bis 2009 haben 1000 Ärztinnen und Ärzte den Notarztkurs absolviert und den Fragebogen beantwortet, 820 davon besitzen eine heute noch gültige Lizenz. Davon sind 383 derzeit in einem organisierten Notarztsystem tätig, 194 waren tätig und haben ihre Notarzttätigkeit beendet, 241 übten ihre Notarzttätigkeit nie aus. Das Durchschnittsalter unserer Notärztinnen und Notärzte in der Studie lag bei 43,7 Jahren, deren Tätigkeitsdauer in einem organisierten Notarztsystem betrug im Mittel 5 Jahre. Interpretation: Diese Studie soll dazu beitragen, den zukünftigen Bedarf an Notärzten abzuschätzen und ein Grundstein für ein neues, innovatives und vor allem verbessertes Notarztausbildungssystem in Österreich sein. Literatur: – Fleischmann T, Fulde G (2007) Emergency medicine in modern Europe. Emergency Medicine Australasia 19:300–302 – Kirsch TD, Holliman CJ, Hirshon JM, Doezema D (1997) The development of international emergency medicine: a role for U.S. emergency physicians and organisations. ����������������������������������������������������������� SAEM International Interest Group. Acad. Emerg. Med. 1997; 4:996������������ 1001.
ÖNK-IL 2009-03 Wege und Irrwege in der Notfallmedizin der letzten 55 Jahre Peter Sefrin Sektion für Präklinische Notfallmedizin, Universitätsklinikum Würzburg – Zentrum Operative Medizin, Würzburg, Deutschland Die Notfallmedizin heutiger Progredienz hat in den zurückliegenden 55 Jahren eine rasante Entwicklung genommen. Der Ausgangspunkt einer Akutversorgung unter Mitwirkung von Ärzten am Notfallort war initiiert durch den Chirurgen Kirschner, der visionär im Oktober 1938 eine fahrbare chirurgische Klinik vorstellte. 1954 setzte ein anderer Chirurg, Wechselberger, beispielhaft in Österreich einen Notarztwagen ein. Vor dem Hintergrund der steigenden Verkehrsunfallopfer war es im Jahre
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1971 mit ca. 20.000 Toten pro Jahr in Deutschland auch naheliegend, diesen Patienten eine frühzeitige erste ärztliche Hilfe zukommen zu lassen. Durch die Vorverlagerung intensivmedizinischer Behandlungsmethoden in den Bereich des Rettungsdienstes wurde es notwendig, dass Notärzte in der Lage sein mussten invasive Notfalltechniken zu beherrschen. Bis heute besteht in der Umsetzung dieser Maßnahmen jedoch ein Defizit. Auch wenn das Trauma durch die Berichterstattung für den Außenstehenden ein typisches Einsatzszenario der Notfallmedizin ist, muss man heute realistischerweise sagen, dass ein Bodennotarzt nur 1x im Jahr ein Polytrauma zu versorgen hat. Spezielle Techniken, z.B. eine Thoraxdrainage legt der Notarzt statistisch alle 80 Monate. Zwischenzeitlich hat sich das Patientenkollektiv der Notfallmedizin im Rettungsdienst gewandelt. Nicht mehr der Unfallpatient ist der typische Notfallpatient, sondern Akuterkrankte, sodass das Patientenmanagement nicht mehr fachrichtungsspezifisch, sondern fachrichtungsübergreifend und problemorientiert zu erfolgen hat. Durch diese Sichtweise gelang es die Notfallmedizin in praxi fachübergreifend zu etablieren, woran eine Vielzahl engagierter Promotoren beteiligt war. Mit dem Einzug von Leitlinien in die Medizin sollten diese auch in die Notfallmedizin implementiert werden. Dies gelang nur teilweise, da die Evidenz durch multizentrische, randomisierte, kontrollierte Untersuchungen in der Präklinik sich nur schwer umsetzen ließ und häufig am Votum von Ethikkommissionen scheiterte. Es war nicht zu vermeiden, dass auf der Suche nach einem optimalen und effektiven Weg auch Irrwege eingeschlagen wurden. So glaubte man lange, dass Laien im Rahmen der Reanimation nur in der Lage sein konnten nur eine Atemspende durchzuführen oder dass die Defibrillation nur dem Arzt vorbehalten bleiben muss. Aus der Überzeugung der Potenz der Notfallmedizin resultierte der Anspruch, einen voll versorgten Patienten im Krankenhaus übergeben zu müssen, was zu überlangen präklinischen Zeiten führte. Das Prinzip „stay and play“ war die Basis des präklinischen Verfahrens. Die frühe Medikation am Notfallort hatte die Pharmafirmen auf den Plan gerufen, um neue Absatzmärkte zu erkunden. Der Einsatz von Trasylol® beim Polytrauma, von Dexamethason beim Schädelhirn- oder Wirbelsäulentrauma, Vasopressin oder Metalyse bei der Reanimation waren Beispiele dafür. Therapiekonzepte wie die exzessive Volumentherapie beim Schock („in doubt give volume“), ausgiebige Kühlung bei Verbrennungen oder die präklinische Hyperventilation beim Schädelhirntrauma konnten sich nicht durchsetzen. Notfallmedizin war in der Vergangenheit stets auf den präklinischen Einsatz focussiert. Der klinische Bereich war ausgespart. Neben der Etablierung im Bereich der zentralen Notaufnahme sind Akutversorgungsteams heute eine Möglichkeit, bestehende klinische Defizite auszugleichen. Die Spezialisierung im Krankenhausbereich hatte in der Vergangenheit auch die Folge, dass jede Disziplin glaubte, einen eigenen Aufnahmebereich haben zu müssen. An der Schnittstelle zwischen Präklinik und Klinik entstanden Defizite zu Lasten des Patienten. Bei der Qualifikation im Bereich der Notfallmedizin war man in der Vergangenheit darauf angewiesen nach einer theoretischen Unterweisung (z.B. im Rahmen eines Notarztkurses) die erforderliche Routine am Patienten zu erwerben. „Learning by doing“ war das Prinzip der praktischen Qualifikation. Heute besteht die Möglichkeit der realitätsnahen Simulation, im Rahmen derer notfallmedizinische Praktiken und Abläufe trainiert werden können. Neue Ausbildungskonzepte sollten sowohl die Vermittlung von Kognition und psychomotorischen Fertigkeiten, als auch das Training von Verhaltensmustern einschließen. Während der Notarzt in früheren Jahren als Einzelkämpfer tätig war, ist heute CrewRessource-Management Basis für ein sicheres Handeln. Gerade diese Handlungsweise lässt sich in der realitätsnahen Simulation trainieren. Trotz erheblicher Fortschritte und Verbesserungen in den zurückliegenden 55 Jahren sind auch heute weitere Investitionen in die Notfallmedizin sinnvoll. Väter der Notfallmedizin – wie beispielsweise Bergmann – haben deren Stellenwert schon früh erkannt. Engagierte Notfallmediziner haben versucht, diese in der Praxis zu etablieren. Die derzeitige politische Lage steht der Umsetzung neuer Erkenntnisse und Konzepte mehr als in der Vergangenheit entgegen. Trotzdem sollte nichts unversucht bleiben, um weitere Verbesserungen zu erreichen.
ÖNK-IL 2009-04 Zukunft der Erstversorgung von Notfällen im notarztorientierten Europa – die aktuelle Organisationsform in Italien Giuseppe Ciccone em. Unfallchirurgiechefarzt Notfallstation KH Lodi, Italien SIMEU (Società Italiana Medicina Emergenza Urgenza) Präsident der Europäischen Kommission für internationale ÜMANV-Kooperation
Negative Aspekte: Notfallstationsmissbrauch vonseiten der Bürger ohne Notsituation
Zwischen den europäischen Ländern sowie zwischen mehreren Regionen eines Einzellandes zeigte die Notfallmedizin erhebliche Unterschiede in der (externen) örtlichen Einsatzleitung und in der internen Organisation der Krankenhäuser. Heute nimmt der Begriff „Fachnotarzt“ feste Gestalt in einem großen Teil Europas an. In Bezug auf die Kurzreferate dieser Roundtablekonferenz und auf die aktuelle Organisationsform in Italien möchte ich auf folgende Fragen eingehen und meine Einschätzung abgeben: 1. Wer wird die präklinische Versorgung der Zukunft durchführen? Notärzte, Paramedics, Relationen zueinander? In nächster Zukunft sollen Notärzte und Paramedics in allen Notfällen die präklinische und klinische Erstversorgung sowohl bei den Notfallstationen als auch außerhalb der Krankenhäuser zusammen durchführen. 2. Wo und wie wird die klinische Erstversorgung der Zukunft stattfinden? a) In interdisziplinären Notfallaufnahmen b) In fachorientierten Notfallaufnahmen c) Welche Fächer werden diese Notfallaufnahmen beinhalten? d) Welche Organisationsstrukturen liegen den derzeitigen (eigenen?) Notfallaufnahmen zugrunde? a) In interdisziplinären von Notärzten geleiteten Notfallaufnahmen (es ist so in der Lombardei) b) nein c) In Notfallaufnahmen sollen nur Notärzte – zukünftig Notfachärzte – beschäftigt sein. Bei den Fachabteilungen muss man immer einen Facharztwachdienst Tag und Nacht haben. Der Notarzt kann/soll sich nach Bedarf an weitere Fachärzte wenden. d) – Strukturen: 1) Von Paramedics durchgeführter Triageraum und Warteraum. Sondereingang für Ambulanzen 2) Erstsprechstundensaal, 3) Reanimationssaal, 4) Eigener Instrumentenausrüstungssaal, 5) Operationssaal 6) Saal mit wenigen Betten für Kurzbeobachtung – Entsprechende Einrichtungen:1) Fernmeldewesen (Computer, usw.), 2) Medikamenten- Instrumentenschränke, 3) wie üblich, auch CPAP, 4) EKG, Echocardiographie, Doppler, 5) Instrumentenausrüstung für kleine Traumachirurgie. – Alles für Erstdiagnose, Erstversorgung, weitere Facharztberatungen. – Von hier Entscheidungen treffen, d.h. Entlassung oder Kurzbeobachtung in Notfallstation oder Noteinlieferung bei Fachstation (eventuell auch bei Fachspital) 3. Wer wird die Erstversorgung von Notfällen durchführen? a) Allgemeinmediziner b) Fachärzte der jeweiligen Disziplinen c) Fachärzte für Notfallmedizin unabhängig ob Additivfach oder klinisches Sonderfach d) Fachärzte für Notfallmedizin, welche sich an Facharzt auf Wache der jeweiligen Disziplinen wenden können. 4. Wer wird in Zukunft den innerklinischen Notfall betreuen? Notfall innerhalb der Abteilung? Der Facharzt der Abteilung? Notfall von Innere Medizin? Notfallmedizinfacharzt? 5. Wo wird die Abgrenzung der Aufnahmestationen zur Notaufnahmestation sein? Zwei Wartesäale? Notfallmedizinfacharzt: Positive Aspekte: interdisziplinäre Kompetenz, bessere Diagnose und Versorgung, Abbau der überflüssigen Aufnahmen, daher niedrigere Kosten
Ungarn hat eine Fläche von 93.000 km2 und eine Bevölkerung von zehn Millionen Einwohnern, davon leben fast zwei Millionen Menschen in Budapest. Die Rettung in Ungarn hat eine 121 Jahre lange Geschichte. Seit 1948 gibt es ein einheitliches, staatlich organisiertes Rettungssystem. Der Ungarische Landesrettungsdienst hat 228 Rettungswachen, die mit 770 Fahrzeugen ausgerüstet sind, davon 167 NAW’s. Neben den Rettungsstationen sind 7 Heliports jeweils mit einem RTH besetzt. Im Jahr 2008 gab es eine Million Einsätze, davon 2450 mit RTH. In Ungarn gab es eine Fachausbildung für Rettungsmediziner, die nach fünf Jahren Ausbildung zum „Facharzt für Oxyologie“ wurden. Seit 2008 ist diese „Facharztprüfung“ und die Ausbildung zum „Facharzt für Notfallmedizin“ eine gemeinsame Ausbildung und so werden Rettungsmediziner und Fachärzte, die in der Notfallaufnahme arbeiten, gemeinsam ausgebildet. Nach Zusammenfassung der Geschichte und der heutigen Situation werde ich über die weitere Planung und Zukunftsvorstellungen sprechen.
ÖNK-IL 2009-05 Erstversorgung in Ungarn: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft László Gorove Ungarischer Landesrettungsdienst, Ungarn
ÖNK-IL 2009-06 Verletzungsmechanismus als Grundlage der Einschätzung der Dringlichkeit der Versorgung unter dem Aspekt der präklinischen Situation Christian Zeckey, Michael Frink, Frank Hildebrand, Christian Krettek Unfallchirurgische Klinik, Medizinische Hochschule Hannover, Deutschland Einleitung: Durch eine Verkürzung der Rettungszeit und eine gesteigerte passive Fahrzeugsicherheit konnte eine deutliche Verringerung der präklinischen Mortalität nach Polytrauma erreicht werden [1]. Trotzdem ist das Polytrauma in der Altersklasse <40 Jahre noch immer für den höchsten Verlust an Lebensjahren verantwortlich. Der Verletzungsmechanismus kann zur Einschätzung sowohl des Verletzungsmusters als auch der Verletzungsschwere wertvolle Hinweise geben. So wird in der Literatur empfohlen, die Schockraumbehandlung in einem Traumazentrum beim Vorliegen definierter Verletzungsmechanismen (Sturz >3 Meter, getöteter Mitinsasse und/oder aus dem Fahrzeug ejektierte Patienten, deformierte Fahrgastzelle, eingeklemmte Personen, Überrolltrauma, angefahrene Radfahrer/Fußgänger) durchzuführen [2,3]. Im Rahmen der vorliegenden Literaturrecherche wurde untersucht, inwieweit der Verletzungsmechanismus die präklinische Versorgungspriorität beeinflusst. Methodik: Wir führten eine Literaturrecherche mittels Pubmed mit den Schlüsselworten „injury mechanism, injury predictor, correlation of mechanism and injury“ durch. Berücksichtigt wurden Beiträge in englischer und deutscher Sprache. Die Bewertung aller Abstracts wurde unabhängig durch zwei der Autoren (MF und CK) durchgeführt. Es wurden alle Artikel in dem Zeitraum von 1985 bis 2008 gescreent, die sich mit dem Einfluss des Unfallmechanismus auf die Verletzung, Diagnostik und Behandlung beim Schwerverletzten (ISS≥16) beschäftigen. Die Referenzen sämtlicher gefundener Artikel wurden ebenfalls hinsichtlich der Relevanz und Evidenz beurteilt. Ergebnisse: Die höchste Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Polytraumas liegt nach der Recherche bei Patienten vor, die >20min eingeklemmt waren [3]. Bei Stürzen wurde die höchste Spezifität für das Vorliegen eines Polytraumas mit 96% für eine Sturzhöhe >5 Meter ermittelt [4]. Unfallbedingt verstorbene Patienten im gleichen Fahrzeug geben ebenfalls harte Hinweise auf eine Schwerverletzung, die Sensitivität und Spezifität für diese Entität variieren in den Studien jedoch deutlich und werden mit bis zu 84% angegeben [4,5,6] (. Tab. 1). In einer eigenen Studie zur Bedeutung von Fussverletzungen beim Polytrauma konnte eine Notfall + Rettungsmedizin 8 · 2009
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Abstracts signifikant erhöhte Inzidenz von Fussverletzungen bei Stürzen aus >3m und bei Suiziden beobachtet werden [7]. Diskussion: Die Datenlage bezüglich der Bedeutung des Unfallmechanismus als Einschätzungskriterium des Patientenzustandes wird kontrovers diskutiert. Während von einigen wenigen Autoren statistische Auswertungen und Analysen durchgeführt werden, stösst die Pauschalisierung solcher Modelle weitestgehend auf Ablehnung [3,4,5,6]. Der Unfallmechanismus allein kann daher allenfalls bei der primären Beurteilung der Patienten zu einer nochmals erhöhten Wachsamkeit für das potentielle Vorliegen schwerer Verletzungen beitragen. Konsens hingegen herrscht in der Meinung, nicht aufgrund des Mechanismus, sondern aufgrund dessen Auswirkungen auf die Vitalfunktionen die Behandlungs- und Transportstrategie festzulegen [1-6]. Tab. 1 Sensitivität und Spezifität des Verletzungsmechanismus für das Vorliegen eines Polytrauma Mechanismus
Sensitivität Spezifität
Autor
Sturz >5m
4%
96%
Knudson et al.
59%
59%
Long et al.
56%
46%
Long et al
53%
41%
Simon et al.
Eingeklemmter Patient (>20 min) 73%
73%
Long et al.
65%
63%
Simon et al.
53%
41%
Simon et al.
84%
84%
Long et al.
n.d.
n.d.
Knudson et al.
Deformierte Fahrgastzelle
Verstorbener Front-Mitinsasse
während der gesamten Notfallversorgung verbleibt. Die Platte kann am Schockraum-Tisch, der gleichzeitig der CT-Tisch ist, angedockt werden, und ist darauf in Längsrichtung frei verschiebbar. Der zweite Teil des Transportsystems ist ein lebenserhaltendes Modul mit Monitoring-Systemen, Beatmungsgerät und Infusionspumpen, das an das Kopfende der Patientenliege angekoppelt wird. Dieses System ermöglicht auch den hausinternen Transport von Intensivpatienten zur CT-Untersuchung ohne dass der polytraumatisierte Patient mehrfach umgelagert und die Gefäßzugänge und Monitoring-Systeme umgehängt werden müssen. Die Erarbeitung des Schockraumprotokolls erfolgte bereits vor der Übersiedelung in das neu errichtete UKH und nimmt für den Patienten auf das im Schockraum untergebrachte CT-Gerät besonders Rücksicht. Eine der Grundlagen bei der Erstellung des Ablaufplans war das international verbreitete ATLS-Konzept (Advanced Trauma Life Support), in dem die Prioritäten in der Behandlung und Diagnostik innerhalb der ersten 10 Minuten nach Einlieferung eines polytraumatisierten Patienten vorgegeben werden. Ist der Patient hämodynamisch stabil, so wird gemäß dem Linzer Schockraum-Algorhythmus sofort eine „Traumaspirale“, mit der CTUntersuchung von Schädel, Halswirbelsäule, Thorax, Abdomen und Becken, gefahren. Die Scanzeit beträgt rund zwei Minuten, nach der der Patient auf der Kohlefaserplatte wieder in die Ausgangsposition gebracht wird und die Anästhesie die stabilisierenden Maßnahmen fortsetzen kann, während gleichzeitig die CT-Bilder ausgeworfen und Rekonstruktionen berechnet werden. Der Algorithmus ist darauf bedacht, dass die CT-Untersuchung im Rahmen der Polytrauma-Versorgung so rasch wie möglich und für den Patienten so schonend wie möglich gemacht wird.
ÖNK-IL 2009-07 Zeitkritische Versorgung im Schockraum Albert Kröpfl Unfallkrankenhaus, Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA), Linz
ÖNK-IL 2009-08 Schädel-Hirn-Trauma mit Polytrauma – Kühlen oder wärmen? Andreas Schneider, Bernd W. Böttiger Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Universitätsklinikum Köln, Deutschland
Mit der Eröffnung des neuen UKH Linz der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) im Juli 2005 wurde auch eine neue Schockraumlogistik eingeführt. Die überarbeiteten Bereiche umfassten die Schaffung eines Schockraum-Teams und dessen Alarmierungslogistik, die Implementierung eines neuen Schockraum-Algorithmus, die bauliche Umsetzung eines neuartigen Schockraum-Konzepts und die Einführung eines speziellen Patienten-Lagerungs- und Transportsystems. Das Schockraummanagement kann nicht isoliert gesehen werden, sondern der gesamte Ablauf der Notfallversorgung muss einem exakt ausgearbeiteten Plan folgen. Dies beginnt mit der Alarmierung des definierten Schockraum-Teams, das im Linzer UKH durch die Telefonvermittlung zentral mittels eines Sammelrufs ausgelöst wird. Das Schockraum-Team findet sich darauf hin entweder komplett im Schockraum ein, oder ein Teil des Teams übernimmt den Schwerverletzten direkt am Hubschrauberlandeplatz. Neu daran war, dass eine genau definierte Personengruppe rund um die Uhr für die Polytrauma-Versorgung und Schockraumbehandlung zuständig ist und zentral alarmiert wird. Ein grundlegender Gedanke bei der Planung des Schockraums war, unnötige Umlagerungen und unnötige Transportwege zu vermeiden, um Zeit für die Polytrauma-Versorgung zu retten. Das auffälligste Element in diesem Konzept ist der 124 m2 große Schockraum mit einem fahrbahren Multislice-CT-Gerät. Der Schockraum ist in zwei Behandlungsplätze geteilt, die durch den Computer-Tomographen, der auf in den Boden eingelassenen Schienen in den jeweiligen Bereich eingefahren werden kann (Sliding-gantry-Technologie), getrennt sind. Dadurch entfallen Umlagerungen und Transportwege der Patienten. Das Umlagern eines polytraumatisierten Patienten und der Transport zum und vom CT stellen für den schwerverletzten Patienten ein zusätzliches Trauma dar und kosten extrem viel Zeit. Zusätzlich sind die beiden Behandlungsplätze mit konventionellen Röntgengeräten ausgestattet. Einen wesentlichen Beitrag zur Beschleunigung der Versorgung hat auch das neue Lagerungs- und Transport-System geleistet. Dieses besteht aus einer Kohlefaserplatte, auf der der Patient gelagert wird und auf der er
Im Laborexperiment schützt die therapeutische Hypothermie das ZNS nach einer Vielzahl von Noxen, darunter globale und fokale Ischämie und Trauma. Mit Ausnahme des Herz-Kreislauf-Stillstands verliefen klinische Untersuchungen jedoch weniger eindeutig. Bis heute haben sich ein gutes Dutzend randomisierter klinischer Studien mit der therapeutischen Hypothermie beim Schädel-Hirn-Trauma befasst. Klar ist, dass die Hypothermie einen erhöhten intrazerebralen Druck senkt [1,2]. Kontrovers diskutiert wird dagegen, ob die Hypothermie einen Effekt auf das Outcome hat. Mehrere Metaanalysen zum Thema legen nahe, dass eine therapeutische Hypothermie nach Schädel-Hirn-Trauma Mortalität und Morbidität senken könnte [2–4]. Ein statistisch signifikanter Unterschied wurde in diesen Untersuchungen jedoch nicht gezeigt. Eine generelle Empfehlung zur Hypothermie nach Schädel-Hirn-Trauma kann bisher nicht ausgesprochen werden. Vermieden werden muss dagegen eine Hyperthermie. Ein Anstieg der Körpertemperatur tritt häufig nach zerebraler Schädigung auf und ist mit einer ungünstigen Prognose vergesellschaftet [2,5]. Hier sollten Kühlmaßnahmen zur Sicherstellung einer Normothermie unternommen werden. Patienten mit intrakraniellem Druckanstieg könnten möglicherweise von einer milden Kühlung profitieren. Hier ist jedoch kritisch auf das Auftreten von Nebenwirkungen wie etwa der arteriellen Hypotension zu achten, ebenso auf mögliche Rebound-Effekte bei der Wiedererwärmung. Kontraindikation für eine therapeutische Hypothermie sind aktive Blutungen [6]. Plasmatische Gerinnung und Thrombozytenfunktion sind direkt temperaturabhängig. Der polytraumatisierte Patient stellt damit eine Herausforderung für eine mögliche Hypothermie-Therapie dar. Eine akzidentelle Hypothermie nach Polytrauma erhöht die Mortalität, die Wiedererwärmung führt zu einer verbesserten Blutungskontrolle, einer hämodynamischen Stabilisierung und einer Verbesserung des Überlebens [7]. Eine therapeutische Hypothermie käme allenfalls nach initialer Stabilisierung des Patienten in Frage mit Blick auf das individu-
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elle zugrunde liegende Verletzungsmuster, sie kann jedoch aktuell nicht als generelle Routinemaßnahme empfohlen werden [2]. Fazit: Traumatisierte Patienten sollten möglichst normotherm gehalten werden. Fieber sollte gesenkt werden, insbesondere wenn gleichzeitig ein Neuro- bzw. Schädel-Hirn-Trauma vorliegt. Eine therapeutische Hypothermie bleibt dabei Einzelfällen vorbehalten. Literatur 1. Polderman KH et al. (2002) Effects of therapeutic hypothermia on intracranial pressure and outcome in patients with severe head injury. Intensive Care Med 28: 1563-1573 2. Polderman KH (2008) Induced hypothermia and fever control for prevention and treatment of neurological injuries. Lancet 371:1955-1969 3. Brain Trauma Foundation (2007) Guidelines for the management of severe traumatic brain injury. 3rd edition. J Neurotrauma 24: S1-S106 4. Peterson K et al. (2008) Hypothermia treatment for traumatic brain injury: a systematic review and meta-analysis. J Neurotrauma 25: 62–71 5. Jiang JY et al. C (2002) Early indicators of prognosis in 846 cases of severe traumatic brain injury. J Neurotrauma 19: 869-874 6. Spahn DR et al. (2007) Management of bleeding following major trauma: a European guideline. Crit Care 11: R17 7. Gentilello LM et al. (1997) Is hypothermia in the victim of major trauma protective or harmful? A randomized, prospective study. Ann Surg 226: 439–447
ÖNK-IL 2009-09 Neuropsychiatrische Notfälle beim Alterspatienten Friedrich Leblhuber Abteilung für Neurologisch-Psychiatrische Gerontologie, Oberösterreichische Landesnervenklinik, Linz Aufgrund der demographischen Entwicklung stellen Patienten in der Alterskategorie über 70 Jahre eine ständig wachsende Untergruppe dar. Diese ist charakterisiert durch hohe Komorbidität sowie kontinuierliche Verschlechterung der Kognition. Diese Faktoren führen dazu, dass geriatrische Patienten ein erhöhtes Risiko für weitere Verschlechterung mit Notwendigkeit einer Langzeitpflege, für wiederholte Rehospitalisierung [1] und für erhöhte Mortalität aufweisen [2]. Klinisch bedeutsam für Notfälle im Alter ist das erhöhte Sturzrisiko dieser Patientengruppe [3] mit daraus resultierenden Komplikationen durch ernsthafte Verletzungen. Ein weiterer wesentlicher Faktor für Notfälle von Alterspatienten sind die disproportional häufiger auftretenden deliranten Syndrome [4], die in kausalem Zusammenhang mit Multimorbidität inklusive Demenz und Polypharmazie stehen und die Prognose der Betroffenen entscheidend beeinflussen. Literatur 1. Han JH et al. ������������������������������������������������������������������� (2009) Delirium in the nursing home patients seen in the emergency department. J Am Geriatr Soc 57:889-894 2. McCusker J et al. (2002) Delirium predicts 12-month mortality. Arch Intern Med 162:457-463 3. Vind AB et al. (2009) An outpatient multifactorial falls prevention intervention does not reduce falls in high-risk elderly Danes. J Am Geriatr Soc 57:971-977 4. Cole MG (2004) Delirium in elderly patients. Am J Geriatr Psychiatry 12:7-21
ÖNK-IL 2009-10 Psychose und Notarztdienst Harald Oberbauer Universitätsklinik für Allgemeine Psychiatrie und Sozialpsychiatrie, Department für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Universität Innsbruck Der psychiatrische Notfall ist nach den internistischen und chirurgischen Notfällen der dritthäufigste Einsatzgrund eines Notarztes. Inzidenz: 9% im ländlichen Raum, bis 15% und mehr in Großstädten (Untersuchungen von F. König et al, F. Pajonk et al, K. Seiger et al ) Vorwiegend: – Entzugssyndrome (53%) – Erregungszustände (24%)
– Psychosen im engeren Sinne (15%) (K. Seiger, Rettungsdienst Aachen-09/04) Es existieren eine Reihe epidemiologischer Untersuchungen für zahlreiche Notfallsituationen im Notarztdienst. Für psychiatrische Notfälle findet sich dagegen nur spärliche Literatur im deutschsprachigen Raum. Ebenso findet der psychiatrische Notfall in der Notarztausbildung bisher nur geringe Bedeutung. Dementsprechend beschreiben Notärzte ihr psychiatrisches Wissen als eher gering und sehen sich zu einem nicht unbedeutenden Anteil mit psychiatrischen Notfallsituationen überfordert (F. Pajonk). Die emotionale Belastung von Notärzten sowie die Prophylaxe und adäquate Erkennung und Behandlung von „burn-out“ oder „PTSD“ (Posttraumatische Belastungsreaktion) von „Tertiäropfern“ gewinnt erst in den letzten Jahren an Bedeutung. „Der psychiatrische Notfall im Notarztdienst“ – ein wichtiger Aspekt für die weitere Arbeit. ÖNK-IL 2009-11 Earthquake in L’aquila 06-04-2009 – A preliminary report G. Giangiuliani Avezzano-Sulmona (AQ), Italien In our technologically advanced society the presence of nature and its manifestations are almost completely relegated to photo magazines and travel reports, and only when a catastrophic event, though often predictable, appears and shows all its strength we become aware of the dangers and the responsibilities connected. In emergency situations due to natural disasters, we remember the conditions of overpopulation, poverty, urbanization which increase the concentration of people in small, polluted areas; and the impact of climate changes that are causing more and more frequent and extreme events. Emergencies and natural disasters are increasing, and it is essential to be ready to manage them, by defining in advance the different needs and the specific responses required. The earthquake that last 06/04/2009 hit the city of L’Aquila and its province has been an important test for the Italian Civil Protection system and the Local Health Agency. This article presents a preliminary report of the earthquake’s effect on the health of the local population and on the national Civil Protection system response. References – Alexander DE (2000) Confronting Catastrophe: New Perspectives on Natural Disasters. ������������������������������������������������������������������� Terra Publishing, Harpenden, U.K., and Oxford University Press, NY – Glass RI, Craven RB, Gregg DJ (1989) The Public Health Consequences of Disasters. ��������������� C D C, Atlanta. – Liang NJ, Shih YT, Shih FY et al. ��������������������������������������������� (2001). Disaster epidemiology and medical response in the Chi-Chi earthquake in Taiwan. Annals of Emergency Medicine 38(5): 549-555 – Lechat MF (1976) The Epidemiology of Disasters. ������������������������������� Proceedings of the Royal Society of Medicine 69: 421-6 – Noji EK, Toole MJ (1997) The historical development of public health responses to disasters. Disasters Vol. 21, (4): 366-376. – Western, K A (1972) The Epidemiology of Natural and Man-made Disasters: The Present State of the Art. Unpublished thesis. University of London
ÖNK-IL 2009-12 Brand im Altenheim Egg Peter Spöttl Bundesfeuerwehrarzt Österreich Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Landeskrankenhaus Feldkirch Am 8.2.2008 um ca. 18:40 kommt es im Vinzenzheim, einem Seniorenund Pflegeheim, in Egg im Bregenzerwald zu einer Brandkatastrophe. Durch eine in einem Wäsche/Abfallwagen im 1. Stock entsorgte Zigarette entsteht ein Brand mit extremer Rauchentwicklung. Durch fehlenden Brandschutz, es gibt nur lokale Brandmelder und keine Rauchabschnitte, und durch Fehlverhalten der Bewohner, die Zimmertüren bleiben offen, kommt es zur Katastrophe. Trotz der Löschversuche Notfall + Rettungsmedizin 8 · 2009
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Abstracts der 2 Betreuer und trotz massivem und schnellem Einsatz der Hilfs- und Rettungsorganisationen (. Tab. 1) können von den 23 teilweise bettlägerigen und pflegebedürftigen Senioren nur 12 lebend (6 verletzt, 6 unverletzt) gerettet werden. Das Menschenrettungsmotto der Feuerwehr – so schnell wie nötig, so schonend wie möglich – konnte hier nicht angewendet werden. Im Rauch und unter Atemschutz ist eine Beurteilung – wer ist bewusstlos bzw. wer schon tot – nicht möglich. Todesursache ist für alle 12 Opfer (eine Frau stirbt noch nach einer Woche Intensivbehandlung) Rauchgasvergiftung. Positiv war, dass der betreuende Arzt vor Ort war und beurteilen konnte, was ist Demenzverhalten, was ist Verwirrtheit durch Rauchgasvergiftung. Auch die Betreuung der Toten, sie wurden von fremden Personen gewaschen und für die Angehörigen in der HS-Aula hergerichtet (zum Leidwesen der Spurensicherung), war beeindruckend. Da das Verhalten der Bewohner auf Grund ihrer Krankheiten (Demenz, Bettlägerigkeit) kaum beeinflussbar ist, kommt dem vorbeugenden Brandschutz (Rauchabschnitte, Brandmeldeanlage, Sprinkler, etc.) größte Bedeutung zu. Nur so lassen sich solche Ereignisse in Zukunft vermeiden. Tab.1 Beim Brand des Altenheims Egg beteiligte Einsatzkräfte und Ressourcen 313
Feuerwehreinsatzkräfte
28
Fahrzeugezge (1 Drehleiter)
19
Leitern
37
Atemschutztrupps
68
Rot Kreuz Einsatzkräfte
16
Notärzte (1 LNA)
15
KIT Einsatzkräfte
6
Alarm LWZ (4) + RFL (2)
31
Behörden + Ämter
ÖNK-IL 2009-13 Die Tragödie am Kitzsteinhorn Gerhard Huber Österreichisches Rotes Kreuz, Landesverband Salzburg Katastrophen sind weder zeitlich noch geographisch im Vorhinein bestimmbar. Bei der Bewältigung dieser kann nach Richtlinien vorgegangen werden, entscheidend jedoch ist die Flexibilität in der Umsetzungsstrategie. Die Tragödie am Kitzsteinhorn ist eines von jenen Beispielen, welche in ihrem Ausmaß und Ursache kein Parallelbeispiel, vorher oder auch nachher, gefunden hat. Aufgrund der großen Hitzeentwicklung war es den Einsatzkräften nicht möglich, zum Einsatzort zu gelangen und sich ein Bild über den Zustand und vor allem Anzahl der im brennenden Gletscherzug verbliebenen Passagiere zu machen. Gemeinsam mit der Exekutive wurden alle Abreisenden aus dem Skigebiet zu Checkpoints zugeleitet, wo von Rotkreuzmitarbeitern nach einer rasch erstellten Checkliste Befragungen über etwaige Angehörige und deren Verbleib gestellt wurden. Alle Befragten, welche in Zusammenhang mit etwaigen Betroffenen zu sehen waren, wurden sofort in ein dafür vorbereitetes Krisenzentrum gebracht. Es erfolgte ein laufendes Update der Informationen und dementsprechende präventive, psychologische Vorbetreuung. Durch die Ergebnisse der Befragung und den damit erhaltenen Hinweisen war es der Exekutive möglich, bereits am Nachmittag 85 Opfer mit 90%iger Sicherheit zu identifizieren. Dementsprechend verstärkt wurde die psychologische und seelsorgerische Betreuung im Krisenzentrum für die vom Schicksal betroffenen Angehörigen. Seitens der organisatorischen Einsatzleitung wurden in Absprache mit dem leitenden Notarzt, in der Hoffnung doch noch viele Überlebende bergen zu können, die Einsatz- und Versorgungsräume festgelegt und infrastruktur- und personalmäßig dementsprechend eingerichtet. Die Vorinformationen an die Umkreis-Spitäler erfolgten gemäß den vorhandenen Einsatzplänen für Großereignisse, genauso wie die Beschaffung
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von Transportkapazitäten. Innerhalb von 24 Stunden wurde es Gewissheit, dass die Katastrophe 155 Tote und 18 zum Teil schwerst verletzte Opfer gefordert hat. Neben der notärztlichen-, sanitätsdienstlichen und psychologischen Betreuung war die Koordinierung der mehr als 600 anwesenden Journalisten von besonderer Wichtigkeit. Die Pressebetreuung erfolgte äußerst professionell durch das Landespressebüro, welches auch Pressegespräche, Termine, Unterkunft und Versorgung, sowie die zur Verfügungstellung von technischer Unterstützung organisierte. Bei jeder Pressekonferenz wurden die aussageautorisierten Personen festgelegt. Als weitere Unterstützung wurden seitens der Gemeinde Kaprun und auch des Roten Kreuzes Hotlines installiert. Bis Montag früh wurden bei den beiden Hotlines insgesamt mehr als 3000 Anrufe registriert. Die zeitraubende Registrierung von den nahezu 400 im Einsatz befindlichen RK-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern war ausschlaggebend, mit der Entwicklung eines elektronischen Mitarbeiterdatenausweises (EMDIS-Karte) zu beginnen. Nach halbjähriger Entwicklungszeit wurden sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit diesen Ausweisen ausgestattet. Mobile Erfassungsgeräte werden bei jedem Großeinsatz automatisch mitgeführt. Dieser Großeinsatz hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig die Zusammenarbeit der Einsatzorganisationen und behördlichen Stellen ist. Es gilt allen zu danken, welche zur Bewältigung dieses Ereignisses beigetragen haben. Unser Mitgefühl wird aber stets den Betroffenen und hinterbliebenen Angehörigen gelten. ÖNK-IL 2009-14 Konzept Alarmplan Brandverletzte Schweiz Ulrich Bürgi Notfallzentrum, Kantonsspital Aarau, Schweiz Schweizerische Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin (SGNOR) Ausgangslage: Die Versorgung von Schwerbrandverletzten (> 20% TBSA) wird in der Schweiz durch drei Zentren gewährleistet. Für Erwachsene sind das Universitätsspital Zürich (USZ) und das Centre Hospitalier Universitaire Lausanne (CHUV) zuständig, für Kinder das Kinderspital Zürich. Im Normalfall reichen die 12 stationären Behandlungsplätze für Erwachsene für eine optimale Versorgung aus. Im Falle eines Grossereignisses wird die Anzahl der Brandverletzten dieses Angebot übersteigen. Aus diesem Grund erarbeitete eine Expertengruppe unter der Leitung der kantonalen Gesundheitsdirektoren im Jahre 2008 das Konzept „Alarmplan Brandverletzte Schweiz“. Im präklinischen Bereich basiert das Konzept auf 3 Bereichen: Ausbildung der Leitenden Notärzte, Integration in die Abläufe der Sanitätseinsatzzentralen und Umsetzung durch die Schweizerische Rettungsflugwacht (REGA). Im Spitalbereich erfolgt eine Kategorisierung in First Level- und Second Level-Krankenhäuser, die Schaffung von Burn Expert-Teams und die Sicherstellung von Material und Medikamenten durch die Armeeapotheke. Prozess Massenanfall Brandverletzte: Die heute bestehenden Prozesse für die Einweisung von Brandverletzten zwischen den Sanitätseinsatzzentralen, den Rettungsdiensten, der REGA und den Krankenhäusern funktionieren. Der Prozess für einen Massenanfall – die Grenze für die Auslösung des Alarmplanes wurde bei fünf Patienten festgelegt – orientiert sich an den bestehenden Abläufen. Der Ablauf beginnt mit dem Auslösen des Alarmplanes und der Abklärung der Aufnahmekapazitäten. Die Auslösung erfolgt nach der Lagebeurteilung auf dem Ereignisplatz durch den LNA. Anschließend wird die Patientenzuweisung in die Krankenhäuser koordiniert. Parallel können die 1st und 2nd-Level Krankenhäuser Burn Expert-Teams zur konsiliarischen Unterstützung anfordern. Der LNA erhält ebenfalls Triage-Unterstützung durch einen Burn Expert. Diese Expertenteams werden aus Chirurgen, Intensivmedizinern und Pflegenden aus den Brandverletztenzentren zusammengesetzt. First Level-Krankenhäuser sind Universitäts- und Kantonsspitäler, die eine A-Intensivstation betreiben, Second Level-Krankenhäuser sind mit einer B-Intensivstation ausgerüstet. Internationale Zusammenarbeit: Die Zusammenarbeit mit den umgebenden Ländern Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien ist für
die Schweiz von zentraler Bedeutung. Bei einem Massenanfall müssen mit hoher Wahrscheinlichkeit Brandverletzte im benachbarten Ausland hospitalisiert werden. Die entsprechenden Vermittlungszentren in den einzelnen Staaten sind im IES (Informations- und Einsatzsystem) bekannt. Ebenfalls sind im IES Daten der spezialisierten Krankenhäuser im Ausland hinterlegt. ÖNK-IL 2009-15 Mikrobiologische Aspekte bei Großschadensereignissen mit Brandverletzten Martin Haditsch Mikrobiologie – MVZ Hannover, Deutschland TravelMedCenter Leonding Im Rahmen des Vortrags sollen kurz einige Punkte abgehandelt werden: so die allgemeinen mikrobiologischen Probleme bei Brandverletzten, die Analyse spezifischer Infektionsgefahren, die Liste problematischer Mikroorganismen, Möglichkeiten der Primärprophylaxe (sowohl für Patienten als auch für Einsatzpersonal) sowie der Sekundärprophylaxe bzw. der Therapie. Bekanntermaßen setzt sich das Infektionsrisiko bei Brandverletzten aus mehreren Facetten zusammen, wie u.a. der Schaffung zusätzlicher (und z.T. großflächiger) Eintrittspforten durch Verlust physiologischer Barrieren, einer relevanten Schwächung der Abwehr oder einer (z.T. unvermeidbaren) iatrogenen Komponente. Prinzipiell können durch manche Mikroorganismen bei ALLEN Brandverletzten mögliche Probleme resultieren. Andererseits können – wenn auch selten – spezifische Infektionsgefahren bestehen, wenn beispielsweise vom brennenden Objekt prinzipiell eine selektive Infektionsgefahr ausgeht. Hier muss geklärt werden, ob neben den betroffenen Brandverletzten auch Gefahr für das Einsatzpersonal oder die lokale Bevölkerung besteht. Bei problematischen Mikroorganismen gibt es hinsichtlich des Sicherheitsstandards eine Definition in Form des Bio-Safety-Levels (BSL), wobei BSL 3 besagt, dass es sich um Agentien mit der Möglichkeit der aerogenen Übertragung handelt, die ernste oder letale Folgen haben können. BSL 4 wiederum bezieht sich auf gefährliche (exotische) Agentien, die ein hohes Risiko einer tödlichen Infektion und der aerogenen (Labor-) Infektion bergen, sowie ähnliche Agentien mit unbekanntem Infektionsweg/-risiko. Zahlreiche Faktoren, wie beispielsweise starker Wind, eine aerogene Übertragbarkeit, ein hoher Kontagiositätsindex (=“Infektiosität“), brandbegleitende Explosionen (unkontrollierte Ausbreitung), kommunizierende Hohlraumsysteme (Rohrpost, Kamine, Klimaanlage) wie auch das allgemeine Chaos können das individuelle oder auch kommunale Gefährdungspotential erhöhen. Die Liste problematischer Mikroorganismen hat hierbei einen hohen Deckungsbereich mit jener potentieller B-Waffen. Maßnahmen der Primärprophylaxe umfassen eine entsprechende Primärversorgung, die Kontrolle und bedarfsweise Ergänzung des nötigen Impfschutzes sowie auch eine entsprechende Schutzausrüstung für das betroffene Personal. Im Einzelfall kann auch eine gezielte Dekontamination nötig sein. Sekundär- und tertiärprophylaktische Massnahmen, d.h. die Verhinderung bzw. Eingrenzung von Folgeschäden umfassen eine Versorgung „state-of-the-art“, die Früherkennung und konsequente Therapie von Infektionen wie auch die Berücksichtigung der immunologischen Situation. Man muss sich bewusst machen, dass – unabhängig von der Zahl der Betroffenen – bei Brandverletzten infektiologische Standardprobleme IMMER zu berücksichtigen sind und darauf auch in den SOP’s eingegangen werden sollte. Sondersituationen sind Gott sei Dank selten bis sehr selten. Ein Fehlverhalten könnte hier allerdings verheerende Auswirkungen haben. Vernünftiger Zugang: Nicht überbewerten, aber daran denken!
ÖNK-IL 2009-16 Der Wellenplan beim MANV Peter Sefrin Sektion für Präklinische Notfallmedizin Universitätsklinikum Würzburg – Zentrum Operative Medizin, Würzburg, Deutschland Ein Problem bei einem Massenanfall von Verletzten ist neben der Versorgungsstrategie in der Präklinik die stationäre Zuweisung der Betroffenen. Während üblicherweise bei einem MANV die Leitstelle versucht, Krankenhäuser bezüglich ihrer Aufnahmekapazität abzufragen, ist ab einer bestimmten Zahl von Betroffenen sie nicht mehr in der Lage die aktuelle Versorgungskapazität zu eruieren. Unter diesen Bedingungen muss auf eine „Zuweisungsstrategie“ umgeschaltet werden, d.h., das jeweilige Krankenhaus bekommt eine bestimmte Anzahl von Patienten mit unterschiedlicher Schwere. Die Entscheidung für die Anwendung dieser Zuweisungsstrategie liegt bei der gesetzlich vorgeschriebenen Sanitätseinsatzleitung. Mit dem Umschalten auf die Zuweisungsstrategie reduziert sich der Kommunikationsaufwand, wodurch die Einsatzabwicklung beschleunigt werden kann. Damit die Zuweisungsstrategie funktioniert, legt man die Versorgungskapazitäten und Aufnahmemöglichkeiten im Vorhinein fest. Diese werden im Alarmplan der Krankenhäuser fixiert. Die Einführung dieses Konzeptes beruht auf den Vorbereitungen zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Auf Grund dieser Erkenntnisse wurden in Bayern im Vorfeld der WM die Versorgungskapazitäten sämtlicher Krankenhäuser abgefragt. Das Ergebnis wurde in einem „Krankenhausatlas“ zusammen gefasst, der in elektronischer Form eine landesweite Übersicht bietet. Damit kann über die Einsatzleitung eine Zuweisung der gesichteten Patienten erfolgen. Durch eine zeitliche Staffelung der Zuweisung wird eine Überlastung der klinischen Aktivitäten verhindert. Die Patienten werden in Abhängigkeit von den vorhandenen Transportkapazitäten und den Entfernungen zum Schadensort in „Wellen“ zu den Krankenhäusern transportiert. Die Erfahrungen des Bombenattentats in London haben, ohne dass eine derartige Planung vorgesehen war, die Vorteile dieses Konzeptes in praxi bestätigt. ÖNK-IL 2009-17 Interkulturelles Spannungsfeld Arzteinsatz Andreas Stupka Institut für Human- und Sozialwissenschaften, Landesverteidigungsakademie Wien Prämisse 1 §1 Der Arzt ist Heiler von Krankheiten und körperlichen Gebrechen, er ist Helfer in der Not, er ist Retter. Er hilft allen Menschen – die sich helfen lassen wollen! Helfen ist daher kein Automatismus, sondern eine Beziehung. Auch wenn dies in manchen Fällen anders zu sein scheint, etwa bei Unfällen oder Ausfällen, ändert sich an diesem Grundsatz nichts. Die Verpflichtung des Arztes, zu helfen, muss vom Patienten gewollt sein. §2 Mit seiner Tätigkeit dringt der Arzt sehr tief in die Intimsphäre eines Menschen ein. Der Arzt ist in der Regel Fremder, ganz selten nur Bekannter. Er muss als Fremder erst zugelassen werden. Jemanden in die Intimsphäre zu lassen erfordert Vertrauen. Vertrauen ist nicht ein a priori Vorhandenes. Es ist daher nicht selbstverständlich, dass der Mensch dem Arzt vertraut. Auch wenn in Österreich die Ärzte ein hohes Ansehen genießen, gibt es keinen Automatismus. Vertrauen will also erworben sein. §3 Ein Mensch ist selten allein. Meist ist er eingebettet in ein Milieu, seine Familie, seine unmittelbare Gesellschaft, seinen Kulturkreis. Der Patient ist somit geprägt; er und seine Umwelt zeigen bestimmte Verhaltensmuster. Je näher der Arzt dem Patienten steht, desto leichter ist normalerweise der Zugang. Je fremder der Arzt ist, desto größer können die Barrieren sein. Die Verpflichtung zu helfen erfordert den Zugang. Prämisse 2 §4 Das Vertrauen ist zweigeteilt. Wir unterscheiden einerseits das Vertrauen in den Arzt als Mediziner und andererseits das Vertrauen in den Notfall + Rettungsmedizin 8 · 2009
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Abstracts Arzt als Mensch. Beide Vertrauensarten bedingen einander wechselseitig. §5 Normalerweise ist das Vertrauen in den Arzt als Mediziner gegeben. Es kann allerdings religiös-kulturelle Einschränkungen geben. Exakte Aufklärung über Hilfestellung und Heilungsschritte fördert das Vertrauen. In zahlreichen Kulturen ist es nicht der Patient, der die Entscheidungen trifft. §6 Das Vertrauen in den Arzt als Mensch ist nicht zwingend gegeben. Dies vor allem dann nicht, wenn er einem anderen Kulturkreis angehört. Der Arzt muss Vertrauen im Milieu finden, um zugelassen zu werden. Wissen über andere Kulturen öffnet einen Zugang. Interkulturelles Verstehen schafft Vertrauen. Konklusion §7 Interkulturelle Kompetenz kann die Verpflichtung ermöglichen – sie ist daher für den Arzt von entscheidender Bedeutung. ÖNK-IL 2009-18 Pulmonalembolie Kurt Lenz Interne Abteilung mit Intensivstation, Konventhospital Barmherzige Brüder, Linz Die Pulmonalembolie ist charakterisiert durch einen embolischen (Teil-) Verschluß der Pulmonalarterien. Verursacht wird dies durch Thromben, die vorwiegend aus dem Venensystem der unteren Extremitäten stammen (Tiefe Beinvenenthrombose). Bei Verlegung > 50% der Pulmonalisstrombahn durch diese Thromben kommt es durch die Nachlasterhöhung zum Rechtsherzversagen mit kardiogenem Schock. Es sind hier jedoch nicht nur mechanische Faktoren, die zu dieser Nachlasterhöhung führen, sondern auch eine zusätzliche Freisetzung von vasokonstriktorisch wirkenden Mediatoren. Prädisponierende Faktoren für die Entstehung tiefer Beinvenenthrombosen sind vor allem Immobilität, Infektionen, Malignome und angeborene Gerinnungsstörungen. Die Diagnose bzw. Ausschluß einer Pulmonalembolie erfolgt einerseits durch klinische Zeichen, Hilfsbefunde (EKG), Laborhilfsbefunde (D-Dimer), endgültig durch eine CT oder MR Angiographie der Pulmonalarterien, oder durch eine Ventilations-Perfusionsszintigraphie. Bei Patienten im Schock wird alleine durch ein Herzecho die Diagnose gestellt (Befund akute Rechtsherzdilatation). Die Therapie besteht in der Beseitigung der Nachlasterhöhung. Dies impliziert eine Auflösung des Embolus, dies kann durch eine Heparinisierung erfolgen, die lokal aus dem Endothel freigesetzten Faktoren lösen in den nächsten Tagen allmählich den Embolus auf. Bei Rechtsherzinsuffizienz kann dies aber zeitlich problematisch werden. Durch eine systemische Lyse gelingt eine raschere Auflösung. Durch die Verwendung von neuen Substanzen wie dem Gewebsplasminogenaktivator (ActilyseR) kann gegenüber der Streptokinase eine raschere Auflösung des Gerinnsels erreicht werden. Aber auch bei Verwendung von Actilyse muß man mindestens 2 Stunden überbrücken, bis ein relevanter hämodynamischer Effekt daraus resultiert. Die Therapie des Rechtsherzversagens erfolgt hier mittels einer Volumentherapie. Bei zu massiver Ausdehnung des rechten Ventrikels kommt es jedoch durch den erhöhten enddiastolischen Druck zusammen mit einem Abfall des arteriellen Systemdruckes (MAP) zu einer Verminderung der Koronarperfusion des rechten Ventrikels, einhergehend mit einer Rechtsventrikulären Ischämie (Rechtsherzinfarkt mit hoher Mortalität). Warnzeichen hierfür sind ein erhöhtes Troponin und das Herzecho. Besteht im Herzecho eine Verschiebung des interventrikulären Septums mit Kompression des linken Ventrikels, sollte keine weitere Volumentherapie mehr erfolgen. Therapie der Wahl ist in dieser Situation die Verbesserung des Koronarperfusionsdruckes durch Anhebung des arteriellen Blutdruckes mittels Noradrenalin. In einem dritten Schritt muß nun eine entsprechende Prophylaxe zur Verhinderung eines Rezidivs erfolgen. Dies geschieht initial durch Heparin, überlappend dann durch eine Antikoagulation mit Marcoumar. Die Dauer ist mindestens 3 Monate, danach muss über eine lebenslange
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Antikoagulation entschieden werden, bei einem Rezidiv (in über 15% zu erwarten) auf alle Fälle lebenslang. Die Risikoeinschätzung erfolgt nach den Risikofaktoren Geschlecht, Adipositas und Schwere der Akuterkrankung. Entsprechende Gerinnungstests können die Risikoeinschätzung weiter verbessern. ÖNK-IL 2009-19 Pneumothoraxfalle Peter Wegerer, Herbert Haller Unfallkrankenhaus Linz der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA), Linz Bei unserem Vortrag stellen wir eine 22-jährige Patientin vor, die bei einem Verkehrsunfall aus dem Auto geschleudert wurde. Sie wurde vor Ort von einem Allgemeinmediziner intubiert und beatmet. Anschließend erfolgte der rasche Transport mit dem Rettungshubschrauber in unser Krankenhaus. Sie wurde mit Verdacht auf SHT und Beckenverletzung in unserem Schockraum abgeklärt und stabilisiert. In der Computertomographie zeigte sich zunächst ein schweres SHT, Serienrippenfrakturen mit Hämatopneumothorax beidseits und ein ausgeprägtes Pneumoperikard. Ferner fanden sich noch ein Milzriss mit einem Haemaskos, Brüche der Darmbeinschaufel und des Kreuzbeins sowie offene Brüche an der linken oberer Extremität. In der Folge stellen wir unseren Versorgungsablauf und das Outcome dieser Patientin dar. ÖNK-IL 2009-20 Der Notarzt im Brennpunkt der Medien – zwischen öffentlichem Interesse und ärztlicher Schweigepflicht Gerhard Lukesch Oberösterreichische Nachrichten, Linz Einleitung: Der Mediziner im Notarztdienst kann von einer Sekunde auf die nächste mit einem Problem konfrontiert werden, mit dem er sich weder im Studium noch bei seiner Ausbildung und bisherigen Tätigkeit auseinandersetzen musste. Er ist plötzlich nach einem Einsatz der erste Ansprechpartner für Journalisten aller Medien. Speziell die Fernsehberichterstattung nach Unfällen in der Formel 1 hat den Mediziner massiv in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Dabei sei nur an Prof. Sid Watkins nach den Crashes von Gerhard Berger 1989 im italienischen Imola und Ayrton Senna 1994 ebenfalls in Imola gedacht. Diese und viele weitere Anlässe, wie der Skirennunfall von Matthias Lanzinger 2008, haben dazu beigetragen, den Notarzt als Ansprechpartner für die Medienvertreter als Interviewpartner sichtbar und interessant zu machen. Problemstellung: Es muss sich jedoch gar nicht um einen spektakulären Sportrennunfall mit internationalem Echo handeln – auch ein Notfall auf regionaler Ebene in Österreich kann das mediale Interesse auf sich ziehen. Dabei kann es sich neben einem Unfall auch um ein internes Notfallgeschehen (Reanimation nach Insektenstich) oder ein kriminelles Delikt handeln. Oft weiß der Notarzt gar nicht, warum er plötzlich in das Interesse der Medien rückt. Ein Aspekt ist die Entwicklung der redaktionellen Gestaltungsregeln in den vergangenen Jahrzehnten, die von den Journalisten verlangt, verstärkt die an den Ereignissen beteiligten Menschen in den Vordergrund zu stellen. Einerseits, um den Bericht lebendig zu machen, andererseits um dringend benötigte Informationen von kompetenten Ansprechpartnern zu erhalten – womöglich mit einem direkten Zitat. Ergebnisse: Grundsätzlich jede Auskunft zur verweigern, ist sicher der falsche erste Schritt zu einer effizienten Zusammenarbeit mit den Medien. Zu groß ist die Gefahr, dass der Journalist sich sein eigenes Bild von den Notfallgeschehen konstruiert, das nicht den Fakten entspricht. Der Notarzt darf aus rechtlicher Sicht keine personenbezogenen Auskünfte erteilen. Er kann aber durchaus grundsätzliche Aussagen, wie Anzahl der
Verletzten und Schweregrad der Verletzung machen, ohne auf Details einzugehen. Prognosen sind zu unterlassen. Wenn medizinische Aussagen getroffen werden, müssen dabei wesentliche Punkte in der direkten Kommunikation beachtet werden: medizinische Details sind so einfach wie möglich zu beschreiben; es dürfen nicht mehr Information geben werden, als rechtlich erlaubt (keine Namen und Adressen). Es wird dringend angeraten, nur den eigenen Kompetenzbereich zu beschreiben und bei Bedarf auf andere zuständige Stellen (z. B.: Feuerwehr, Polizei) zu verweisen. Ein spezielles Medientraining für Notärzte, wie von der Ärztekammer Oberösterreich angeboten, wird empfohlen! ÖNK-IL 2009-21 Intraossäre Verabreichung von Flüssigkeiten Michael Bernhard Interdisziplinäre Notaufnahme, Klinikum Fulda gAG, Fulda, Deutschland Seit den im Jahr 2005 aktualisierten Leitlinien des European Resuscitation Councils (ERC) und der American Heart Association (AHA) ist die intraossäre Punktion als Methode der Wahl bei verzögerter oder misslungener Anlage eines intravenösen Zuganges in den Vordergrund gerückt [1,2]. Dabei findet der intraossäre Zugang nicht nur bei pädiatrischen Patienten, sondern auch bei Erwachsenen Anwendung [3]. Insbesondere bei vital bedrohten pädiatrischen Patienten sollte auf den intraossären Zugang spätestens nach 3 frustranen Punktionsversuchen bzw. nach 90-120 Sekunden zurückgegriffen werden. Die alleinige Anlage eines intraossären Zugangs zur rein prophylaktischen Etablierung eines Zugangs zum Gefäßsystem ist nicht sinnvoll. Das Prinzip der intraossären Punktion ist dabei denkbar einfach und besteht in der Kanülierung einer knöchernden Vene, die auch bei Kälte, Vasokonstriktion und Hypovolämie nicht kollabiert [3]. Als Punktionsstellen werden beim Kind ≤6 Jahre zum Schutz der Wachstumsfuge die proximale mediale Tibiafläche rund 1-2 cm unterhalb der Tuberositas tibia empfohlen. Als Alternativen werden die Tibiainnenseite rund 2-3 cm kranial des Malleolus medialis oder der distale Femur 1-2 cm oberhalb der Patella benannt [4,5]. In der Altersgruppe >6 Jahren wird die Punktion der distalen Tibia vor der proximalen Tibia und des Femurs, beim Erwachsenen je nach Punktionssystem und Zulassung auch der proximale Humerus empfohlen [4,5]. Sternale Punktionen verbieten sich im Kindesalter und sollten im Erwachsenenalter nur mittels speziell hierfür entwickelter Punktionssysteme erfolgen. Die Bioäquivalenz, Zirkulationszeit und Effektivität nach intraossärer Applikation ist der nach intravenöser Gabe vergleichbar [6]. Alle relevanten Notfall- und Narkosemedikamente können problemlos über den intraossären Zugang appliziert werden [4,5,6]. Einschränkungen ergeben sich vorwiegend durch die geringe Durchflussrate der intraossären Nadel. Eine Volumentherapie lässt sich mittels intraossärer Punktion im Säuglings- und Kleinkindesalter etablieren, im Erwachsenenalter aber nicht erreichen. Die Erfolgsraten und Insertionszeiten unterscheiden sich bei den verfügbaren Systemen, zeigen aber insgesamt eine hohe Anwendersicherheit und rasche Etablierung eines Zugang zum Gefäßsystem [4,5,6]. Die intraossäre Punktion ist aber nur eine überbrückende Maßnahme in der prähospitalen, frühen innerklinischen oder perioperativen Phase, bis ein peripher- oder zentralvenöser Zugang etabliert werden kann. Literatur: 1. Nolan JP et al. (2005) European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005: Section 4. Adult Advanced Life Support. Resuscitation 67 S1:S39-S86 2. American Heart Association (2005) American Heart Association Guidelines for Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care. Part 7.2: Management of Cardiac Arrest. Circulation 112 Suppl.1:IV-58–IV-66 3. Fowler R et al. (2007) The role of intraosseous vascular access in the out-of-hospital environment (resource document to NAEMSP position statement). Prehosp Emerg Care 11:63-66 4. Weiss M et al. (2007) Technique of intraosseous infusion. Notfall Rettungsmed 10:99-116 5. Helm M et al.(2008) Invasive techniques in emergency medicine. ������������ Notfall Rettungsmed 11:317-324 6. Bernhard M et al.(2008) Die intraossäre Punktion – Renaissance einer vergessenen Technik? Intensiv & Notfallbehandlung 33:200-206
ÖNK-IL 2009-22 Basic Life Support (BLS)/Automated Extern��������������������������� al Defibrillation (AED)/Immediate Life Support (ILS) Joachim Schlie��� ber1, Markus Gschanes1, Astrid Benirschke2, Sassan Lachini3 1Allgemeines und Orthopädisches Landeskrankenhaus Stolzalpe, Abteilung für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Stolzalpe 2Gailtalklinik Hermagor, Abteilung für Neurologie, Hermagor 3Diakonissenkrankenhaus Schladming, Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Schladming Das European Resuscitation Council (ERC) ist der interdisziplinäre Rat für Wiederbelebung in Europa. Die Mission des ERC ist es, das Leben von Patienten zu bewahren, die einen Kreislaufstillstand erleiden. Dieses Ziel soll durch zwei Maßnahmen erreicht werden: Erstellen von Leitlinien und Empfehlungen für die Praxis der Herz-Lungen-Wiederbelebung, sowie die Entwicklung standardisierter Trainingsprogramme. Jedes Kursformat wird von einem Internationalen Kurs-Komitee des ERC erarbeitet und begleitet. Es gibt spezielle Ausbildungsprogramme sowohl für die Anwender (Provider) wie auch für die Ausbildner (Instructor). Das Ziel der Ausbildung ist es, den Lernenden in die Fähigkeit zu versetzen, eine Reanimation unter realen (klinischen) Bedingungen auf einem Niveau durchzuführen, das seinem Wissens- und Ausbildungsstand entsprechend von ihm erwartet wird. Basic Life Support Kurse werden in Österreich nahezu ausschließlich von den anerkannten Hilfsorganisationen angeboten. Hingegen ist der Immediate Life Support Kurs ein Format, das sich hervorragend dazu eignet, die Reanimationsausbildung ganzer Krankenanstalten auf neue Beine zu stellen. Der ILS Kurs ist für die Mehrzahl des medizinischen Personals (healthcare professionals) gedacht. Dieses ist selten mit Wiederbelebung konfrontiert, lebt aber in der ständigen Verlegenheit als Ersthelfer (First Responder) agieren zu müssen. Der Kurs vermittelt die gesicherten Fähigkeiten, die zu einer erfolgreichen Reanimation führen sollen, während man auf das Eintreffen des designierten Reanimationsteams wartet. Die große Gruppe von potentiellen Teilnehmern sind diplomiertes Krankenpflegepersonal, Pflegehelfer, Krankenpflegeschüler, Ärzte, Medizinstudenten, Physiotherapeuten, Röntgenassistenten etc. Der ILS Kurs wird an einem Tag (acht Stunden) abgehalten und beinhaltet Vorträge und überwiegend praktische Übungen. Fähigkeiten wie zum Beispiel Thoraxkompression, automatische externe Defibrillation, Beutel-Masken-Beatmung werden trainiert und abschließend in einem so genannten Cardiac-Arrest Scenario Teaching (CASTeach) zusammengeführt. Das Programm beinhaltet eine Reihe von Optionen, die ein auf die Zielgruppe maßgeschneidertes Training ermöglichen. Eine unlängst veröffentlichte Arbeit zeigt, dass nach Etablierung der ILSAusbildung in einem aus mehreren Standorten bestehenden 1200 Betten Krankenhaus (Beobachtungszeitraum: sechs Jahre) es zu einer Verminderung der Sterbefälle in Folge von Kreislaufstillständen kommt. Es zeigt sich ein zeitlicher Zusammenhang zwischen ILS-trainiertem Personal und dem Outcome. Die Autoren schlussfolgern, dass ein simples, jedoch weit verbreitetes Trainingsprogramm hilft, Leben zu retten. Literatur – Baskett PJF et al. (2005) European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2005 - Section 9: Principles of training in resuscitation. Resucitation 67 S1:181-189 – Spearspoint KG et a. (2009) Impact of the Immediate Life Support course on the incidence and outcome of in-hospital cardiac arrest calls: An observational study over 6 years. Resuscitation 80:638-643 – Sandroni C (2009) Can the implementation of an ILS course prevent in-hospital cardiac arrests? Resuscitation 80:971-972
ÖNK-IL 2009-23 European Paediatric Life Support (EPLS) & European Paediatric Immediate Life Support Course (EPILS) Siehe ÖNK-FA 2009-12
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Abstracts ÖNK-IL 2009-24 Newborn Life Support Siehe ÖNK-FA 2009-10 ÖNK-IL 2009-25 European Trauma Course (ETC) Siehe ÖNK-FA 2009-07 ÖNK-IL 2009-26 Schüsse im Bezirksgericht Linz-Urfahr Andreas Wilhelm Heinz Österreichisches Rotes Kreuz, Landesverband Oberösterreich Als am 10. März 1995, einem Freitag, um ca. 15:15 Uhr die Pager der Besatzung des Rot-Kreuz-Notarztwagens 1 Linz (NAW 1) auslösen, ahnt noch keines der Teammitglieder, welch dramatische Situation sich am Bezirksgericht Linz-Urfahr im gleichnamigen Linzer Stadtteil abgespielt hat. Die übermittelte Erstmeldung für die Einsatzkräfte lautete auf Schusswechsel im Bezirksgericht Urfahr, die Zahl der beteiligten Personen war zu diesem Zeitpunkt noch unbekannt. Aufgrund dieser unklaren Lage wurde eine große Zahl an Rettungsfahrzeugen seitens des Roten Kreuzes und des Samariterbundes zur Adresse Ferihumerstraße 1 entsandt. Das ersteintreffende Fahrzeug war der Notarztwagen 1 des Roten Kreuzes, der von einem Polizisten in Empfang genommen wurde. Beinahe im Minutentakt trafen dann die alarmierten Rettungsfahrzeuge ein. Die Einsatzleitung vor Ort wurde von einem Notfallsanitäter des NAWTeams übernommen, der zudem als Führungskraft ausgebildet war. In der Folge wurde ein Wagenhalteplatz für den Rettungsdienst errichtet, der Diensthabende Offizier für den Bezirk Linz-Stadt verständigt, die aufgrund des Sicherheitskorridors angehaltene Straßenbahn wurde als abgeschotteter Bereich für die eintreffenden Angehörigen der potentiellen Opfer verwendet und der Pfarrer der nahen Stadtpfarrkirche Urfahr um Beistand für die Angehörigen gebeten. Die Lage am Einsatzort war sehr lange ungewiss, da davon ausgegangen werden musste, dass sich der Täter noch im Gebäude befindet. Nach erfolgter Freigabe durch die Polizei wurden 2 Patienten von der Notärztin versorgt, bei 5 Menschen konnte nur noch der Tod festgestellt werden. Die beiden lebensgefährlich verletzten Überlebenden wurden von den Teams des NAW 1 und des nachgeforderten NAW 2 des Samariterbundes in Linzer Krankenhäuser gebracht. Sehr „beeindruckend“ war auch die Präsenz der am Einsatzort erschienenen 6 deutschen TV-Übertragungswagen von privaten Sendern, zur Live-Berichterstattung. Fieberhaft wurde von der Polizei nach dem Täter gesucht, man hatte auch kurz befürchtet, er hätte sich unter die Schaulustigen gemischt. Rund eine Stunde später kam dann die Mitteilung der Polizei, dass sich der Täter, ein 64-jähriger Pensionist aus Feldkirchen, in einem Haus in der Nähe von Linz selbst gerichtet hat. Nach diesem Vorfall wurde die von den Justizbeamten zuvor schon mehrmals geforderte Verbesserung der Sicherheitsmaßnahmen bei Gerichten verwirklicht. Seither wurden den Besuchern von privaten Sicherheitsdiensten tausende gefährliche Gegenstände abgenommen. ÖNK-IL 2009-27 Drugs & Rock‘n‘Roll (Drogennotfälle) Rainer Schmid Toxikologische Intensivstation, Wilhelminenspital Wien Drogennotfälle sind Situationen, in denen die Ingestion von Drogen zu klinisch bedrohlichen Zustandsbildern führt. Opioide: Weitaus am häufigsten sind Überdosierungen von Opioiden, hier wiederum von Substitutionspräparaten (Substitol®, Methadon®), welche intravenös, seltener peroral, sehr selten geraucht oder gesnifft appliziert werden. NB: Heroinüberdosierungen sind mittlerweile deutlich seltener geworden.
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Die Beeinträchtigung des Bewusstseins bei Drogenüberdosierungen kann zu Störungen der Vitalfunktionen Atmung und Kreislauf führen, insbesondere Opioide wirken per se atemdepressiv und kreislaufdepressiv (Hypotonie, Bradykardie). Die Versorgung von Drogenüberdosierungen wird sich daher nicht nur auf den (seltenen) Versuch einer Giftelimination (nur bei peroraler Einnahme sinnvoll) oder die Behandlung mittels Antidota (Naloxon, Flumazenil) beschränken, sondern vor allem auf exaktes Monitoring der Atemfunktion (Pulsoxymetrie, Atemfrequenz) sowie der Kreislauffunktion (Blutdruck und EKG) konzentrieren. Als Sinnspruch gilt: Therapieren von „symptoms and signs“ Zudem ist auf das Auftreten von Komplikationen zu achten: Kompartmentsyndrome mit der Folge einer Crushsymptomatik sowie Infektionen (Pneumonien, Endocarditiden) mit oft bereits septischem Zustandsbild der Patienten sind zu beachten. CAVE! Bedenke Hyperkaliämie bei Crushsymptomatik und daher die Kontraindikation für Lysthenon! Im Krankenhaus sollen klinische Untersuchungen (Druckstellen, geschwollene Kompartimente insbesondere an den Extremitäten und am Gesäß; Auskultation von Lunge und Herz), laborchemische Untersuchungen (Kreatinkinase – CK, Kalium, BUN und Kreatinin-Bestimmung, infektiologische Parameter – Leukozyten, CRP) und ggf. bildgebende Verfahren (Thoraxröntgen) angeschlossen werden. Bei grobblasigen Rasselgeräuschen über der Lunge und schlechter Sauerstoffsättigung ist immer an ein toxisches Lungenödem zu denken. Dieses wäre mit PEEP zu behandeln, entwässernde Maßnahmen stellen keine Therapieoption dar! Benzodiazepine: Häufig bedingt der (Bei-)Konsum von Benzodiazepinen eine Verstärkung der Symptome von Opioidüberdosierungen. Isolierte Benzodiazepinvergiftungen treten bei Drogenabusus nur selten auf (sondern sind typischerweise bei suizidaler Absicht von nicht drogenabhängigen Patienten vertreten). In der Szene weitaus am Beliebtesten ist Somnubene®, welches typischerweise gelutscht und nicht geschluckt wird (daher oft blaue Verfärbung von Lippen, Zähnen und Zunge). Behandlung symptomatisch, Antidot: Anexate® Kokain: Alkaloid; farbloses (weißes) geruchloses Pulver Einnahme: meist geschnupft (nasal), dann oft noch Pulverreste in der Nase erkenntlich, oft intravenös, gelegentlich inhalativ (geraucht bzw. Kokaindampf inhaliert), selten geschluckt. „Crack“ = free base cocaine (Cocainhydrochlorid und Natriumhydrogencarbonat = Backpulver wird aufgekocht), auskristallisiert und dann inhaliert oder geraucht. Oft Beimengung von geringen Mengen an Strychnin, um bitteren Geschmack (=Qualitätsmerkmal von gutem Kokain) zu erzeugen. Strecken mit zu viel Strychnin kann toxische Symptome verursachen! Auch andere „Streckmittel“ (Coffein, Ephedrin, ASS,. . .) können toxische Symptome verursachen. Symptomatik: Stimulation des ZNS (Euphorie, Unruhe, Tremor, Halluzinationen, Krämpfe), aber auch Angst, paranoide Symptome Kardiovaskulär: Koronarspasmen! Palpitationen, Thoraxschmerz, Hypertension. Konsumentenklientel sehr unterschiedlich: zum Teil Beikonsum bei Opioidabhängigkeit („Wiener Mischung“: Heroin+Kokain); ausschließlicher Kokainkonsum eher in „besseren Kreisen“: hier fast nie Überdosierungen, welche ärztliche Intervention benötigen, zu beobachten. Selten: „Koks-run“ oder „Koks-rush“: Konsument konsumiert über Tage zunehmende Mengen an Kokain und „kommt dann nicht mehr runter“, d.h.: beginnt typische Überdosierungssymptomatik zu entwickeln: Tachykardie, Hypertonie, Nervosität, Angst, Aggression. Therapie: „cool-down“ mit Benzodiazepinen (oft hohe Dosen erforderlich), ggf. Blutdruckregulation mit Urapidil (Ebrantil®). Denke an ACS (auch bei jungen Patienten!), daher bei Symptomatik EKG und Herzenzyme bestimmen Psychomimetika: Ecstasy, MDMA, Speed,... Clubbingszene; z.T. auch Missbrauch als Dopingmittel (Bodybuilder!) oder Appetitzügler Symptomatik: Zunahme der Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit, Schlaflosigkeit, motorische Unruhe, Reizbarkeit; fehlendes Durst-
gefühl; im Hypothalamus Hemmung des Appetitzentrums; peripher: Blutdruckanstieg (NA-Wirkung an den Gefäßen), Tremor. Therapie: Füssigkeitsersatz, Benzodiazepine Halluzinogene: LSD, Rauschpilze, Rosenholzsamen, Spice, … Wirkung: Hauptangriffspunkt ist das limbische System. Euphorie, Schwindel, Nystagmus, Kopfschmerzen, Halluzinationen. Atypische Verläufe: Bad Trip, Horrortrip Chronischer Missbrauch: Apathie, Motivationsverlust, Persönlichkeitsabbau Beim Rauchen oder iv. (=sehr seltene Applikationsform) maximale Spiegel nach 3-9 Min., nach oraler Einnahme langsamere Anflutung: 20-30 Min. viele psychogene Substanzen in medizinischen Labors nicht nachweisbar. Therapie: „talk-down“ bei Angstzuständen, Benzodiazepine THC (Tetrahydrocannabinol): Blätter = „Gras“; Blüten = „Marihuana“, „Ganja“, „Weed“; Harz = „Dope“, „Haschisch“, „Shit“ Symptomatik: Euphorie, Nystagmus, gerötete Bindehäute, Schwindel, Hypotonie, Hunger Therapie: Benzodiazepine bei Erregungszuständen; Infusionstherapie bei Hypovolämie Rechtliche Situation: länderspezifische Regelungen, z.B. Wien (Stand 2008): für „gärtnerische Zwecke“ Anbau von bis zu 3 Pflanzen geduldet; es dürfen „keine Erntespuren“ erkenntlich sein. Lebenszeiterfahrung 18jähriger Österreicher >30% !! „Spice“: Legal erwerbliche Kräutermischungen (Z.B.: Helmkraut, blauer Lotus, . . .) welche als „Räuchermischung zur Raumluftaromatisierung“ verkauft werden. Päckchen zu 3 Gramm kostet 15-25 Euro. Definition von Konsumenten: „Cannabis für Weicheier“, „mild und dem Marihuana ähnlich“. Bisher keine Intoxikationen bekannt. GBL (Gammabutyrolacton), fälschlicherweise auch Liquid Ecstacy genannt. GHB = Gammahydroxybuttersäure: Als Medikament erhältlich: Alkover®, Somsanit® GBL = Gammabutyrolacton: Vorstufe zu GHB; wird innerhalb weniger Minuten im Organismus zu GHB umgewandelt. GBL im Drogistengroßhandel erhältlich, ca. 340 Produkte auf dem österreichischen Markt mit GBL als Inhaltsstoff (v.a. Farben, Lacke, Nagellacke, Felgenreiniger, . . .) Symptomatik: in niedriger Dosierung euphorisierend, entspannend, Libido steigernd; Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit; Mydriasis; Bradykardie; Bei höherer Dosierung Rauschzustand (ähnelt einem Alkoholrausch); insbesondere Kombination mit Alkohol kann zu Übelkeit und Erbrechen führen; cerebrale Krämpfe; häufiger Gebrauch kann zu psychotischen Zuständen führen Der Zustand der betroffenen Person wird von Sanitätern und Helfern oft falsch eingeschätzt. Meist wird eine Überdosierung von Benzodiazepinen oder Alkohol oder Opioiden vermutet. (DD zu Opioidintoxikation: KEINE Atemdepression). Typische Anamnese bei Überdosierung: „wie vom Blitz getroffen umgefallen“ Derzeit kein klinisch relevantes Nachweisverfahren in Österreich! (prinzipiell: gaschromatografisch oder massenspektrometrisch nachweisbar). Therapie: unspezifisch Rechtliche Situation: GBL ist nicht im Betäubungsmittelgesetz aufgeführt, doch wird die Abgabe in Europa größtenteils durch die Vertreiber überwacht („Monitoring“: Der Besitz ist nicht strafbar, ist aber durch das Chemikaliengesetz und die Gefahrenstoffverordnung geregelt). Strafbar ist der Missbrauch von GBL zur Synthese von GHB sowie die zweckentfremdete Abgabe oder der Verkauf zum Konsum (Arzneimittelgesetz). Eigenkonsum nicht strafbar. GHB wird in Österreich seit 2002 nach dem Suchtmittelgesetz bewertet. Allgemeine Regeln bei der Behandlung von Drogennotfällen: Beachtung von möglicher Selbstgefährdung: Hohes infektiologisches Risiko (Hepatitis C, HIV)
Sichern der Vitalfunktionen: – Bewusstseinslage: Beurteilung des Glasgow-Coma-Scale (GCS), notärztlich-neurologischer Status (Erkennen anderer Komaursachen wie z.B. Insult oder Blutung). – Atmung: Atemmuster (Atemtyp, Frequenz), rechtzeitige Intubation bei Aspirationsgefahr – Kreislauf: Schockzeichen beachten (Opioide verursachen Kreislaufdepression), Kokain kann zu ACS führen. – Sonstige vital bedrohliche Symptome: Dehydratation, Elektrolytentgleisung, Kompartmentsyndrom, im Winter oft Hypothermie Diagnosestellung: Oft nur durch Anamnese möglich! NB: nicht jeder polytoxikomane Patient ist bei Bewusstseinstrübung intoxikiert, auch andere Ursachen – z.B. Sepsis, ZNS-Infektion, vorangegangene cerebrale Hypoxie, cerebrale Blutung (insbesondere bei Kokain) können verantwortlich sein Toxidrome: Symptomkomplexe, die bei Vergiftungen auftreten. Allerdings zu unspezifisch, um auf ein Toxin mit Sicherheit schließen zu können. Opioid-Toxidrom: Miosis, Koma, Atemdepression, Darmatonie, Harnverhalten. Labortests: problematisch: Harntests oft wochenlang und auch bei therapeutischer Medikamenteneinnahme positiv – also z.B. bei laufender Substitutionstherapie, Serumtests nicht für alle Medikamente und Substanzen verfügbar, teuer! Antidota: Kompetitive Antagonisten: dosisabhängige Verdrängung der Toxine vom Rezeptor. Flumazenil = Anexate® = Antidot bei Benzodiazepinen. CAVE! Oft ist auch eine Aufwachreaktion auf Anexate® bei stark alkoholisierten Patienten zu beobachten, daher nicht aus positiver Reaktion auf Anexate® zwingend auf eine Benzodiazepinüberdosierung schließen!) Naloxon = Narcanti® = Antidot bei Opioiden Beim Einsatz von Antidota immer an die Problematik eines akut auftretenden Entzugssyndroms denken und auch daran, dass ein sedierter Patient viel einfacher zu handeln ist als ein wacher, incomplianter Patient (welcher aber in diesen Zustand nur durch den Einsatz von Antidota gelangt ist und daher die große Gefahr besteht dass er rasch wieder eintrübt). CAVE! Forcierte Verabreichung von Anexate® kann zum Auftreten einer Entzugsepilepsie führen! Weitere Hinweise zu Intoxikationen: Siehe Skriptum, welches im Internet (www.a-k-n.at, Bereich „Dokumente“) herunter zu laden ist. ÖNK-IL 2009-28 Kindesmisshandlung durch thermische Noxe Marija Trop Brandverletzteneinheit für Kinder- und Jugendliche, Univ.-Klinik für Kinderund Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz Kindesmisshandlung ist Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und wurde 1962 als „The battered-child syndrome“ das erste Mal in der medizinischen Fachliteratur beschrieben. Eine besonders brutale Form der körperlichen Misshandlung stellt die Verbrühung oder Verbrennung dar. – WER sind die Opfer? Generell ist das Misshandlungsrisiko für Kinder, die jünger als ein Jahr sind, sechsmal so hoch wie für die über Fünfjährigen. Buben sind zwei bis dreimal häufiger betroffen als Mädchen. – Wie oft kommt die Verbrühung als Misshandlung vor? Die Angaben über die Häufigkeit schwanken stark. Zwischen 1 und 39 Prozent der Kinder, die stationär mit einer Verbrühung / Verbrennung aufgenommen werden, sind nach den Literaturangaben Opfer von Misshandlungen. – Was sind die Ursachen? Verbrühung / Verbrennung wird als Erziehungsmittel oder Züchtigung angewandt, eigene Aggressionen werden an schutzlosen Opfern ausgelassen. – Wer sind die Täter? In überwiegender Mehrzahl sind es die Eltern.
Notfall + Rettungsmedizin 8 · 2009
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Abstracts – Wann muss man an eine Misshandlung denken? Zeigt die Wunde ein typisches Muster, wurde das Kind spät zur Behandlung gebracht, wurden unrealistische Angaben über den „Unfallhergang“ gemacht, sind unklare Verletzungen in der Vergangenheit vorgefallen, ist das Kind verwahrlost und unterernährt – all das sind Zeichen, die für eine Misshandlung sprechen. Kinder werden in allen Ländern der Welt und in allen gesellschaftlichen Schichten misshandelt. In den meisten westlichen Industrieländern ist die Kindesmisshandlung zwar strafbar, aber die bleibenden Folgen für die Opfer sind immer verheerend und kaum wieder gutzumachen. Nicht selten werden ehemalige Misshandlungs-Opfer später selbst zu Misshandlungs-Tätern. ÖNK-IL 2009-29 Interreg IV Italien-Österreich Projekt : Diagnose: Gewalt ! – Interventionsmöglichkeiten im Gesundheitswesen gegen häusliche Gewalt Ursula Waibel1, Marcella Pirrone2, Angela Federspiel3 1Österreichisches Rotes Kreuz, Landesverband Tirol 2Frauenhäuser Südtirol, Italien 3Gewaltschutzzentrum Tirol, Innsbruck Ziel des Projektes ist die Verbesserung des Schutzes von Opfern häuslicher Gewalt durch Vernetzung von Krankenhäusern, niedergelassenen Ärztinnen/Ärzten und Opferschutzeinrichtungen. Weiters soll eine bessere Aufklärung von Opfern häuslicher Gewalt erreicht werden. Für das medizinische und pflegerische Personal im Gesundheitswesen werden im Zuge des Projektes Arbeitsbehelfe für Fachkräfte erarbeitet, die das Erkennen und Eingreifen in Fällen häuslicher Gewalt erleichtern. Ferner ermutigen Plakate die Opfer bzw. Patientinnen/Patienten, sich dem medizinisch/pflegerischen Personal anzuvertrauen. Informationskarten – sogenannte Info-Cards – im Taschenformat bieten schließlich nützliche Hinweise auf Beratungseinrichtungen, die Hilfe anbieten. Mediziner/innen und Pflegekräfte stoßen in ihrer täglichen Arbeit häufig auf Folgen häuslicher Gewalt, meist Gewalt an Frauen und Kindern. Gerade in Krankenhäusern sind sie oft die ersten Fachkräfte, die Kontakt mit den Gewaltopfern haben. Häufig wird die häusliche Gewalt gar nicht als wahre Ursache von Verletzungen und Erkrankungen erkannt. Das liegt auch daran, dass Opfer von häuslicher Gewalt nicht darüber sprechen, sei es aus Scham- oder Schuldgefühlen, aus Angst vor weiterer Gewalt oder weil ihre Glaubwürdigkeit in Frage gestellt wird. Mediziner/innen und Pflegekräfte wiederum wünschen sich vielfach besseres Rüstzeug für den Umgang mit Gewaltopfern. Rechtliche Rahmenbedingungen sind im klinischen Alltag häufig schwer umzusetzen. Ausbildungsdefizite, die im Umgang mit Opfern und Gesprächsführungen bestehen, sowie Schwierigkeiten, akzidentelle von bewusst beigebrachten Verletzungen zu unterscheiden, führen zu großer Verunsicherung im Umgang mit potentiellen Opfern. Das hat sich im Erfahrungsaustausch mit den Beratungseinrichtungen (Gewaltschutzzentrum Tirol) und Frauenhäusern in Südtirol immer wieder bestätigt . Dazu wurde bis Juli 2009 mit dem Ausbildungszentrum West für Gesundheitsberufe der Tilak GmbH als Leadpartner im Rahmen eines Interreg IV Italien-Österreich Projekts ein Leitfaden erarbeitet, der digital im Internet und als Broschüre verfügbar ist und im Anschluss in Krankenhäusern und bei niedergelassenen Ärztinnen/Ärzten in den beiden Regionen eingeführt wird. Die Homepage, die während des Projekts erstellt wurde, ist für alle interessierten Fachkräfte unter dem Link www.diagnose-gewalt.eu zu besuchen. Der Zugang ist kostenlos und die Inhalte werden laufend aktualisiert.
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Notfall + Rettungsmedizin 8 · 2009
Eingereichte Abstracts (FA – Freie Abstracts) ÖNK-FA 2009-01 Präklinischer Ultraschall beim Akuten Koronarsyndrom, Non-STEMI (ACS) T. Michalski1, F. Chmelizek2, M. Pichler1 1Universitätsklinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin 2Universitätsklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Lehrinstitut mit Sonderauftrag Notfallmedizin Paracelsus Privatmedizinische Universität an den Landeskliniken Salzburg Die präklinischen apparativen Untersuchungsmethoden in der Notfallmedizin sind aufgrund der Größe von Geräten und deren Bedienungsaufwand stark eingeschränkt. Mittlerweile gibt es kleine portable Ultraschallgeräte, die unkompliziert in jeder Jackentasche des Notarztes transportiert werden können, schnell in Sekunden einsetzbar und von recht guter Schallqualität sind. Sicherlich sind in der Präklinik nur Ausschlussdiagnosen wichtig, wie mögliche Dissektion, freie Flüssigkeit, regionales Pumpversagen, Perikardtamponade oder Hilfe bei Gefäßpunktionen (V. jugularis interna ). Im Salzburger Notarztdienst konnte bei einem Patienten mit akutem Thoraxschmerz und veg. Symptomatik bei Z.n. ACVB-Operation die Diagnose eines Non-STEMI erhärtet werden. Das EKG zeigte unspezifische Erregungsrückbildungsstörungen, die präklinische Echokardiographie eine septale Hypokinesie, bei sonst gutem Auswurf. Innerklinisch wurde die Diagnose enzymatisch bestätigt (Tropnonin T 0,82ng/l, CK 575U/l). Eine Koronarographie konnte wegen der eingeschränkten Nierenfunktion (Kreatinin 3,4mg/dl) nicht durchgeführt werden, war auch wegen der guten hämodynamischen Situation nicht notwendig. Der Präklinische Ultraschall wird sicher mehr und mehr bei der Entscheidungshilfe des Notarztes (z.B. hämodynamisch instabile Pulmonalembolie, Linksherzversagen, Aortendissektion) mit einbezogen und ist eine günstige und unkomplizierte Untersuchungsmethode. ÖNK-FA 2009-02 Räumung einer Intensivstation im Brandfall T. Michalski1, I. Petsch1, M. Pichler1, G. Fritsch2, B. Ziegler2, U. Hutter3, D. Mack3 1Universitätsklinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin 2Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin 3Stabsstelle für Riskmanagement Paracelsus Privatmedizinische Universität an den Landeskliniken Salzburg Kliniken befassen sich zunehmend mit Schadensereignissen, die die Krankenhauseinrichtung selbst treffen können. Die irrtümliche Annahme, dass Katastrophen nur von außen an eine Klinik herangetragen werden, traf einige Krankenhausanstalten in letzter Zeit unvorbereitet. Deswegen sind Schadens- und Katastrophenfälle im Krankenhaus keine undenkbaren Ereignisse. Hochwasserereignisse, Bombendrohungen, Amokläufe und sogar totale Ausfälle einer elektronischen Datenverarbeitung haben in der Vergangenheit zu einem Umdenken in der Krankenhauslandschaft geführt. In Salzburg hatte man die Möglichkeit, durch eine noch nicht in Betrieb genommene neue Intensivstation ein Brandszenario mit einer Räumung von zehn Intensivpatienten zu erproben. Natürlich ist der apparative Aufwand von komplexen Intensivpatienten eine besondere Herausforderung. Insgesamt wurde die Übung zügig und effektiv durchgeführt. Die Absprache mit den Rettungsorganisationen und der Einsatzleitung war durch besondere Kennzeichnung übersichtlich. Drei krankenhausinterne Beobachter standen an den unterschiedlichen Plätzen (Schadensraum, Triageplatz, Erdgeschoss Notaufnahme) zur Verfügung. Überraschenderweise entsprachen die genormten Brandschutztüren nicht den Erwartungen der Berufsfeuerwehr, da der künstlich erzeugte Kaltrauch teilweise trotzdem die Barrieren durchdrang.
Des weiteren fiel eine Verbauung eines Fluchtfensters durch Mobiliar auf. Außerdem stellt sich in einem fünfstöckigen Gebäude natürlich die Frage nach einer totalen Räumung aller Bereiche, was im Maximalfall bis 500 Personen betreffen kann. Eine Inbetrachtnahme einer solchen Schadensausdehnung muss jederzeit zu einer weiteren einsatztaktischen Varianz führen. Wenn Schadensorte nicht im Erdgeschoss liegen sind Aufzugseinrichtungen sowie Treppenhäuser nur in Begleitung der Feuerwehreinsatzkräfte und nach deren Freigabe als Bergungsweg möglich. Insgesamt sollte niemals die Chance zur Übung solcher Einsatzszenarios, wenn sich die Möglichkeit durch einen baulichen Leerstand ergibt, verpasst werden. Krankenhäuser müssen sich gezielt auf interne Schadenslagen vorbereiten und Katastrophen dürfen eine Krankenanstalt niemals unvorbereitet treffen. Die ständige Anpassung des Organisationsplanes für Großschäden und Katastrophen (OGK-Plan) muss auch für krankenhausinterne Schadensannahmen geregelt sein. Dabei müssen professionelle Riskmanager hinzugezogen werden, die mit jeder Krankenanstalt individuell einen gültigen Alarmplan abstimmen. Die Frage des „ob?“ wird sich dabei nie stellen, sondern nur des „wann?“. Wünschenswert wäre natürlich „nie!“. Die Landeskrankenanstalten Salzburg mit Ihrem Universitätsklinikum werden jedenfalls die Anforderungen an eine Adaption des OGK-Plans für interne und externe Schadenslagen als Herausforderung und Investition in die Sicherheit eines Krankenhausbetriebes sehen und ihren Beitrag dazu leisten. ÖNK-FA 2009-03 Schwerpunkte der Notfallmedizin in der Präklinik T. Michalski1, M. König2, J. Schuler1, M. Pichler1 1Universitätsklinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin, Paracelsus Privatmedizinische Universität an den Landeskliniken Salzburg 2Unfallchirurgische Abteilung, Kardinal Schwarzenberg’sches Krankenhaus, Schwarzach Eine realistische Betrachtung des Notfallgeschehen(n=2676/Jahr) zeigt, dass die internistischen Problemstellungen im Notfalldienst den größten Anteil (53%) stellen (Trauma 18%). Ebenso sind bei den schwersten Erkrankungen mit NACA-Graden 5-7(11% aller Notfälle) internistische Kasuistiken führend. 62,5% der Notfälle und Schwersterkrankten sind dem internistischen Behandlungsfeld zuzuordnen (Trauma 16%). In urbanen Zentren ist dieser Anteil höher als 80%. Dabei hat sich die Notfallmedizin in den letzten 30 Jahren vom traditionellen Unfallmanagement unbewusst entfernt. Eine Orientierung in dieser Fachdisziplin fällt vielen Kollegen dabei schwer, weil in einigen Fällen die Erwartungshaltung von Notärzten eine andere ist. Ohne die internistische Notfallmedizin als interdisziplinäres Medium und wesentlicher Bestandteil der Notfallmedizin wird sich möglicherweise eine Entwicklung zur rein an Notfallparametern orientierten Behandlungsstrategie ergeben. ÖNK-FA 2009-04 Zentrale Notaufnahmen als Portal zur prähospitalen Medizin: Entwicklungsmodell Salzburg T. Michalski1, J. Schuler1, HX Hoyer2, M. König3, M. Pichler1 1Universitätsklinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin 2Institut für Sportmedizin der Landeskliniken Salzburg Paracelsus Privatmedizinische Universität an den Landeskliniken Salzburg 3Abteilung für Unfallchirurgie, Kardinal Schwarzenberg´sches Krankenhaus, Schwarzach Der unkoordinierte Selbstzulauf von Patienten und die dezentralen Notfall-Strukturen von Kliniken machen es notwendig, wie an vielen Orten schon begonnen, eine Bündelung im Sinne einer optimalen Patientenversorgung, Ausbildung und wissenschaftlicher Weiterentwicklung vorzunehmen. Dabei ist die Zentrale Notaufnahme als wichtigster Übernahmepartner der Rettungsorganisationen die Struktur, die auch im präklinischen Bereich ihren Einfluss nehmen sollte. Wer, wenn nicht
der Notaufnahme-Arzt, der auch die Kompetenz der Versorgung in der Klinik besitzen sollte, hat die breite fachliche und auch ständige Anforderung an seine Notfallkompetenz. In Salzburg versucht man diese Strukturen unter Einbindung aller extra- und intramuraler Ressourcen zusammenzuführen. Gerade in einem universitären Zentralkrankenhaus, das von verschiedenen fachlichen Strukturen geprägt ist und für 500.000 Menschen im Bundesland Salzburg zuständig ist, sind zukunftsorientierte und vorbildliche Wege notwendig. Im angloamerikanischen Bereich ist man in dieser Richtung weit voraus und spricht vom „Emergency Department and Emergency Physician“. Dabei ist Interdisziplinarität und Teamgeist gefragt. Abteilungsgrenzen müssen überwunden und Kompetenzen klar zugeordnet werden. Ohne eine klare Kostentransparenz, die zweifelsohne nur durch eine Autonomie zu erreichen ist, wird die Rechnung auch für die Krankenhausträger nicht aufgehen. Dem Einbezug der präklinischen Versorgung kommt dabei eine große Rolle zu, weil ohne diese Serviceleistung in optimaler Form auch das Krankenhaus als Servicecenter seiner Aufgabe nicht gerecht nachkommen kann. ÖNK-FA 2009-05 Frequenz spezieller notärztlicher Maßnahmen im Überblick – Lösungsansätze zur Qualitätssicherung Ulrich Anton Hager1, Gerhard Prause2, Gernot Wildner2, Stefan Magerl3, Sylvia Archan2 1Cand. Med., Medizinische Universität Graz 2Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Medizinische Universität Graz 3Abteilung Ausbildung, Österreichisches Rotes Kreuz, Bezirksstelle Graz-Stadt Hintergrund: Aufgrund der Notwendigkeit flächendeckender Notarztsysteme und der damit verbundenen großen Anzahl tätiger Notärzte ergibt sich eine Verminderung der Einsatzfrequenz für den einzelnen Notarzt. Die Durchführung notärztlicher Maßnahmen am Einsatzort erfordert jedoch nicht nur eine fundierte Ausbildung, sondern auch ausreichende Erfahrung und Routine im präklinischen Bereich. In dieser Arbeit soll anhand der Einsatzprotokolle des NEF LKH-Graz geklärt werden, ob durch die alleinige Einsatztätigkeit eine ausreichende Routine gewährleistet ist oder nicht. Des Weiteren werden Lösungsansätze zur Qualitätssicherung präsentiert. Methode: Zur Analyse wurde ein von 1996-2006 gesammelter Datensatz des NEF LKH-Graz verwendet. Dieser umfasst 17827 Einsatzprotokolle mit insgesamt 106 gelisteten Notärzten sowie 27 verschiedenen notärztlichen Maßnahmen. Es wurden die Einsatzverteilung und Verweildauer im System, die Einsatzfrequenz der Notärzte, der NACA-Score, sowie notärztliche Maßnahmen in der Übersicht und spezielle notärztliche Leistungen im Vergleich zu erwünschten Sollwerten zur Klärung der Fragestellung herangezogen. Ergebnisse: Im Bereich der Einsatzverteilung und Verweildauer zeigte sich, dass 71 Notärzte in Summe lediglich 24% aller getätigten Einsätze absolvierten und 66 der 106 Notärzte die mittlere Tätigkeitsdauer von 43,58 Monaten nicht erreichten. Die durchschnittliche Einsatzfrequenz betrug 39,89 pro Jahr und Notarzt, erhöhte sich aber auf 46,81 für jene Jahre mit durchschnittlich weniger tätigen Notärzten. Bei der Analyse des NACA-Scores ergab sich, dass lediglich 29,77% der Einsätze einer Notarztindikation entsprachen und in 19,33% der Fälle die Dokumentation fehlerhaft oder nicht verwertbar war. Bei der Durchsicht spezieller notärztlicher Maßnahmen (z.B. CPR, Intubation, 12-Kanal-EKG etc.) erreichten 72,03% der NotärztInnen nicht eine anhand von Lernkurvenuntersuchungen vorgegebene jährliche Frequenz. Im Mittel wurden die erwünschten Zielwerte bei keiner der spezifischen Leistungen erreicht. Lediglich in den Bereichen CPR, 12-Kanal-EKG und Traumahandfertigkeiten wurde das Soll von einem Notarzt übertroffen. Interpretation – Lösungsansätze zur Qualitätssicherung: Wie aus den zuvor genannten Ergebnissen ersichtlich, ist durch alleinige Einsatztätigkeit kaum notärztliche Routine aufrecht zu erhalten. Auch die derzeitige Aus- und Weiterbildungssituation in Österreich kann kaum die fächerübergreifenden notärztlichen Maßnahmen lückenlos vermitteln oder die Notfall + Rettungsmedizin 8 · 2009
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Abstracts Ausbildung am Notfallpatienten ersetzen. Nachstehende Lösungsansätze zur Qualitätssicherung sollen Möglichkeiten für den Qualifikations- und Routineerhalt eines Notarztes darstellen: – Reduktion der tätigen Notärzte und Erhöhung der persönlichen Einsatzfrequenz – Optimierung der Leitstellendisposition – Optimierung der notärztlichen Dokumentation – Optimierung und/oder Neustrukturierung der notärztlichen Ausbildung – Ergänzende Weiterbildungen mit Training und Simulation seltener Maßnahmen – Regelmäßige akut- und intensivmedizinische Tätigkeit an der Klinik ÖNK-FA 2009-06 Sonographischer Herzstillstand – ein neues sicheres Todeszeichen? G Aichinger1, PM Zechner1, JC Fox2, G Wildner3, G Prause3 1Medizinercorps, Österreichisches Rotes Kreuz, Bezirksstelle Graz-Stadt 2Department of Emergency Medicine, University of California Irvine Medical Center, Orange, CA, USA 3Univ.-Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Medizinische Universität Graz Fragestellung: Die Entscheidung über Abbruch oder Fortsetzung von Wiederbelebungsmaßnahmen (CPR) stützt sich oft auf unsichere Hinweise und subjektive Kriterien. Klare Guidelines wären notwendig, existieren aber nicht. Intrahospital durchgeführte Untersuchungen zeigten, dass Patienten mit sonographisch gesichertem vollständigem Herzstillstand eine infauste Prognose aufweisen [1-3]. In einer prospektiven Studie wird diese Hypothese im prähospitalen Bereich überprüft. Methodik: Die Studie wird in einem urbanen Notarztsystem durchgeführt. Alle teilnehmenden Notärzte erhalten eine standardisierte Einschulung inklusive Videodemonstration verschiedener Sonographiebefunde. Im Rahmen der CPR wird während eines Rhythmuschecks im subxiphoidalen Vierkammerblick beurteilt, ob das Herz völlig still steht, oder ob myokardiale Aktivität vorhanden ist. Aufgrund des Sonographiebefundes werden keine Entscheidungen über Abbruch oder Weiterführung der CPR getroffen. Die CPR wird nach Durchführung der Sonographie für mindestens 10 Minuten nach aktuellen ERC-Guidelines fortgeführt. Ergebnisse: Bisher wurden 32 Patienten (24 Männer, 8 Frauen) in die Studie eingeschlossen. Bei 25 Patienten wurde sonographisch ein Herzstillstand beobachtet, 7 Patienten wiesen deutlich sichtbare Restkontraktionen auf. 24/25 der Patienten mit sonographisch identifiziertem Herzstillstand verstarben noch am Notfallort. Deren CPR wurde nach der Sonographie für durchschnittlich 15 Minuten fortgesetzt. Bei 4 der 7 Patienten mit kardialer Aktivität sowie einem einzigen von 25 Patienten ohne kardiale Aktivität in der Sonographie stellte sich unabhängig vom initialen EKG-Rhythmus ein Spontankreislauf ein, der bis zur Krankenhauseinlieferung bestehen blieb. Interpretation: Unsere Daten bestätigen die bisherigen Ergebnisse innerklinischer Studien [1-3]. Größere prähospitale Fallzahlen zu dieser Fragestellung sind noch ausständig. In Zukunft könnte die Sonographie eine wichtige Entscheidungsgrundlage für das Fortsetzen oder Abbrechen der CPR sein. So könnten Patienten gerettet werden, die bereits aufgegeben wurden und aussichtslose Reanimationen frühzeitig abgebrochen werden. Dies würde Ressourcen für andere Patienten freigeben und in der schwierigen Entscheidung über den Abbruch von Wiederbelebungsmaßnahmen dem Notarzt eine wesentliche Stütze sein. Literatur: 1. Blaivas M, Fox JC (2001) Outcome in cardiac arrest patients found to have cardiac standstill on the bedside emergency department echocardiogram. Acad Emerg Med 8:616-621 2. Salen P, O‘Connor R, Sierzenski P et al (2001) Can cardiac sonography and capnography be used independently and in combination to predict resuscitation outcomes? Acad Emerg Med 8:610-615 3. Salen P, Melniker L, Chooljian C et al (2005) Does the presence or absence of sonographically identified cardiac activity predict resuscitation outcomes of cardiac arrest patients? Am J Emerg Med 23:459-462
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ÖNK-FA 2009-07 Der Europäische Trauma Kurs – „The Team Approach“ des European Resuscitation Council in Österreich M. Hüpfl1,5, C. Schlimp2,5, C. Wutti3,5, M. Baubin4,5 1Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie, Medizinische Universität Wien 2UKH Klagenfurt, Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin 3LKH Klagenfurt, Abteilung für Anästhesiologie und allgemeine Intensivmedizin 4Universitätsklinik für Anästhesie und allgemeine Intensivmedizin, Medizinische Universität Innsbruck 5Austrian Resuscitation Council (www.arc.or.at) Trauma als Todesursache Nummer 1 bis zum mittleren Lebensalter hat in der ganzen Welt und ganz besonders in Europa weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung. Neben den Todesfällen verursachen die Rehabilitationsprozesse und Behinderungen neben dem großen individuellen Leid auch hohe gesellschaftliche Kosten. Präventivmassnahmen konnten besonders im Straßenverkehr in unseren Breiten die Todesrate senken, trotzdem bleibt das Trauma ein nicht zu vernachlässigendes Problem. Durch die niedrigere Inzidenz hat allerdings auch der Trainingseffekt bei medizinischem Personal abgenommen. Bahnbrechend in der Trainingslandschaft war die Entwicklung von ATLS- und PHTLS-Kursen in den USA. In den letzten Jahren wurde unter der Schirmherrschaft des European Resuscitation Council und der europäischen Fachgesellschaften ein darüber hinausgehender Kurs entwickelt, der mit der Integration des Teamansatzes die präklinische wie auch die klinische Realität in den meisten Teilen Europas widerspiegelt. Nach einer intensiven internationalen Pilotphase wurde in Österreich der erste offizielle „European Trauma Course“ nach der Vorstellung beim europäischen Kongress des ERC mit tatkräftiger Unterstützung der ÖNK und der Gesellschaft für Unfallchirurgie sowie der Gesellschaft für Anästhesie, Reanimation und Intensivmedizin veranstaltet. Mittlerweile haben bereits 3 Kurse in Österreich und fast 20 Kurse europaweit stattgefunden. Der Kurs hat einen überwiegend praktischen Trainingsansatz, der durch das hohe Trainer/Teilnehmerverhältnis von 1:2 optimal unterstützt wird. Er beinhaltet Trainingsstationen zu den Themen – Thoraxtrauma – Atemweg – Schock – abdominelles Trauma – Wirbelsäulentrauma – Schädelhirntrauma – das traumatisierte Kind – Extremitätentrauma Während in den ersten Kursen die innerklinische Versorgung und das Management im Rahmen der Schnittstellen im Vordergrund stand, wird zunehmend der präklinische Bereich in den Kurs integriert und die Szenarien und Inhalte in Absprache mit dem internationalen Course Management Committee an die lokalen Verhältnisse und Schwerpunkte angepasst. Der Kurs schließt mit einem internationalen Zertifikat ab. ÖNK-FA 2009-08 High- Fidelity Simulation – die Szene in Österreich M. Hüpfl1, K. Schebesta1, J. Schwindt2, K. Klebermass2, G. Burda2, G. Röder1, W. Klimscha3 1Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie, Medizinische Universität Wien 2Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Wien 3Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin, Donauspital Wien Während viele Standardsituationen in der klinischen Routine erlernt werden können, sind Notfälle so selten und vielfältig, dass aus der klinischen Arbeit keine Anwendersicherheit entstehen kann. Daher ist im
Sinne der Patientensicherheit der Einsatz von Übungsszenarien üblich. Diese können in vielen Fällen klar umschriebene Notfallsituationen durch ein Algorithmentraining behandeln. Viele Situationen sind aber so komplex und vielfältig, dass sie gar nicht durch einen Algorithmus erfassbar sind. Neben der medizinischen Komponente rückt der Focus des Trainings zunehmend auf die „human factors“ und versucht durch den standardisierten Einsatz von Simulationsinstruktoren und high fidelity Simulatoren die aus der Piloten- und Flugpersonalschulung bekannten Crew Resource Management-Prinzipien bewusst zu machen und die Fähigkeit zur dynamischen Problemlösung zu entwickeln. In Österreich wurden die ersten high-fidelity Simulatoren 2001 eingeführt und seit damals wächst die Anzahl der Anwender und Gruppen stetig. Beginnend von anästhesiologischen Zentren haben sich vor allem pädiatrische, anästhesiologische und intensivmedizinische sowie notfallmedizinische Gruppen entwickelt. In einer von der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesie, Reanimation und Intensivmedizin unterstützten Veranstaltung haben sich Vertreter verschiedenster Gruppen organisiert und einen Querschnitt über die derzeitigen Aktivitäten und geplanten Möglichkeiten gegeben. Die Situation in Österreich stellt sich wie in Tabelle 1 ersichtlich dar: Tab. 1 High-Fidelity-Simulation in Österreich Institution
Simulatoren Simulatoren Post Under adult paediatric graduate graduate
AKH Linz
Meti iStan
MetiBaby
Medizinische Universität Graz
SimMan
Medizinische SimMan Universität Innsbruck
LKH Feldkirch
SimMan
OEGARI
SimBaby
Paracelsus Universität Salzburg
Meti iStan HPS
ANS Salzburg
Meti iStan
Medizinische Universität Wien
2 SimMan AirMan HAL adult
SimBaby HAL 5y
Wiener Rettung
SimMan
SMZO - Donauspital
SimBaby
LKH Villach
Sim Newborn
ÖNK-FA 2009-09 Die Evakuierung einer OP Einheit im Vollbetrieb im innerklinischen Katastrophenfall M. Hüpfl1, P. Felkel2 1Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie, Medizinische Universität Wien 2AKH Wien Während im präklinischen Bereich und in Betreuungseinrichtungen Evakuierungspläne zunehmend üblich und vorbereitet sind, stellt die Evakuierung einer gesamten OP-Gruppe eine logistische und medizinische Herausforderung dar, die nicht mit Routinemaßnahmen zu bewältigen ist. Das Allgemeine Krankenhaus / Medizinische Universität Wien ist eines der größten Krankenhäuser Europas. Im Normalbetrieb sind in der OP Ebene von den 44 vorhandenen ca. 35 OP Säle und 3 Aufwachräume mit 8-26 Betten zugleich in Betrieb. Die Ebene ist in mehrere Brandabschnitte eingeteilt. Weitere ca. 20 OP Einheiten verteilen sich auf den ganzen Komplex. Im Rahmen einer vorausschauenden Gefahrenabwehr wurde ein Evakuierungsplan der OP-Gruppen in enger Zusammenarbeit der Sicherheitsbeauftragten und dem klinischen Personal entwickelt, der erlaubt,
selbst bei laufenden Operationen eine Evakuierung und adäquate Weiterbehandlung der Patienten zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang wurden nicht nur die Führungs- und Kommunikationsstrukturen, sondern auch Checklisten für jede/n an diesem Einsatz beteiligte/n Mitarbeiterin entwickelt und im Rahmen einer Übung auf ihre Alltagstauglichkeit überprüft. ÖNK-FA 2009-10 Die ersten Newborn Life Support (NLS) Kurse des European Resuscitation Council in Österreich J. Schwindt1, K. Klebermass1, G. Burda1, M. Hüpfl2, S. Niedersüß-Markgraf3, U. Klingkowski4, U. Kreth5, A. Pollak1 1Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Wien 2Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie, Medizinische Universität Wien 3Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Klinikum Wels-Grieskirchen 4Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Innsbruck 5Abteilung für Kinderheilkunde und Neonatologie, Allgemeines Krankenhaus Viersen Die Reanimation eines kritisch kranken Neugeborenen verursacht auf Grund der Seltenheit, der Unsicherheiten in den Algorithmen der Erstversorgung und nicht zuletzt auf Grund des hohen emotionalen Drucks immer wieder große Schwierigkeiten. Die unabhängige amerikanische Joint Commission hat bereits 2004 empfohlen, dass alle Organisationen, die mit der Versorgung von Neugeborenen betraut sind, ein Ausbildungssystem entwickeln müssen, dass sowohl das Training von Algorithmen und technischen Fähigkeiten der Neugeborenenversorgung, als auch „nicht-technische“ Fähigkeiten, wie Kommunikation und Teamwork beinhaltet. Bisher gab es in Österreich keine standardisierten Kurse zur Neugeborenenversorgung. Im März 2009 hat die pädiatrische Arbeitsgruppe des Austrian Resusciation Council (ARC) die ersten beiden durch das European Resuscitation Council (ERC) akkreditierten Neugeborenen-Reanimationskurse veranstaltet. Grundlage der medizinischen Inhalte sind die Guidelines 2005 des European Resuscitation Council zur Versorgung und Reanimation von Neugeborenen. Zielgruppe des Eintageskurses sind alle mit der Versorgung von Neugeborenen betrauten Mitarbeiter des Gesundheitssystems. An den ersten österreichischen NLS-Kursen nahmen Hebammen, Gynäkologen, Allgemeinpädiater, Rettungssanitäter und Notfallmediziner teil. Als Lehrtechniken dienen neben Kurzvorträgen v.a. Workshops und realitätsnahe Szenarien. Theoretische Grundlagen der Neugeborenenversorgung und die dem Reanimationsalgorithmus zugrundeliegenden Überlegungen zur Pathophysiologie werden in wenigen Kurzvorträgen vermittelt. „Hands-on“-Workshops beinhalten u.a. Techniken der Beatmung, Legen eines Nabelvenenkatheters, Notfallmedikamente der Neugeborenenreanimation. In realitätsnahen Szenarien, von der Routineversorgung des gesunden Neugeborenen bis zur Reanimation des kritisch kranken Neugeborenen, werden die erlernten technischen Fertigkeiten und nicht-technische Fähigkeiten wie Kommunikation und Teamwork zusammengeführt. Zur Erlangung des Zertifikates des European Resuscitation Council erfolgt die Erfolgskontrolle in schriftlicher und praktischer Form. Die neuen standardisierten Newborn Life Support Kurse des Austrian Resuscitation Council leisten einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Ausbildung im Bereich der Neugeborenenversorgung und führen zu einer Verbesserung der Patientensicherheit.
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Abstracts ÖNK-FA 2009-11 Outcome präklinisch reanimierter Patienten durch Anwendung frühzeitiger Kühlung Sabine Terler1, Gerhard Prause2, Heribert Walch3, Reinhard Doppler4 1Medizinercorps, Österreichisches Rotes Kreuz, Bezirksstelle Graz-Stadt 2Univ.-Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Medizinische Universität Graz 3Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin, LKH Graz-West 4Abteilung für Innere Medizin, LKH Bruck an der Mur Hintergrund: In den Notarztsystemen von Graz und Bruck an der Mur wurde anlässlich der Empfehlungen des ILCOR und des ERC 2005, möglichst frühzeitig mit therapeutischer Hypothermie nach primär erfolgreicher Reanimation zu beginnen, im Herbst 2008 die Möglichkeit zur präklinischen Kühlung geschaffen. In dieser Beobachtungsstudie wird ohne Beeinflussung der therapeutischen Vorgehensweise evaluiert, ob sich das neurologische Outcome reanimierter Patienten durch diesen frühzeitigen Kühlbeginn tatsächlich verbessert. Methoden: Die Patienten wurden entsprechend der Kühlmethode verschiedenen Gruppen zugeordnet: die Patienten der Gruppe 1 wurden verzögert, also nach Aufnahme auf der Intensivstation gekühlt und Patienten der Gruppe 2 frühzeitig im präklinischen Setting. Präklinisch gekühlte Patienten, bei denen die Kühlung innerklinisch nicht fortgesetzt wurde (Gruppe 3) sowie trotz gegebener Indikation nicht gekühlte Patienten (Gruppe 4) wurden gesondert erfasst. Das neurologische Outcome wurde ein Monat nach dem Herzkreislaufstillstand anhand der GlasgowPittsburgh Outcome Categories beurteilt. Ergebnisse: 19 Patienten wurden der Gruppe 1 und 11 Patienten der Gruppe 2 zugeordnet. Dabei erreichten 36,8% der verzögert gekühlten Patienten ein gutes neurologisches Outcome (6 Patienten erreichten eine Cerebral Performance Category (CPC) von 1 und eine Person erreichte CPC 2) im Vergleich zu 45,5% der frühzeitig gekühlten Patienten mit innerklinischer Aufrechterhaltung der Hypothermie (hier wurden 4 Patienten mit CPC 1 und ein Patient mit CPC 2 beurteilt). Ein schlechtes neurologisches Outcome wurde in der ersten Gruppe in 63,2% beobachtet (11 Patienten verstarben, CPC 4 bei einem Patient). In der zweiten Gruppe erreichten 45,5% ein schlechtes neurologisches Outcome (4 Patienten starben, ein Patient überlebte mit CPC4). Jeweils 4 Patienten wurden den Gruppen 3 und 4 zugeordnet. Dabei überlebten 50% der dritten Gruppe mit gutem Outcome (CPC 1) und 50% verstarben. In Gruppe 4 wurde ein gutes Ergebnis in 25% beobachtet. In der Korrelationsanalyse zeigte sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen Kühlmethode und dem neurologischen Ergebnis. Statistisch signifikante Zusammenhänge fanden sich aber zwischen dem neurologischen Outcome und der Verzögerung bis zum Einsetzen erster BLS-Maßnahmen (p<0,001), der ersten Defibrillation durch das ALSTeam (p=0,008) und bis zum ersten Wiedereinsetzen des Spontankreislaufs (p=0,015). Schlussfolgerung: Eine statistisch signifikante Verbesserung des neurologischen Outcomes durch präklinischen Beginn therapeutischer Hypothermie konnte bei relativ geringer Patientenzahl nicht beobachtet werden.
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Notfall + Rettungsmedizin 8 · 2009
ÖNK-FA 2009-12 European Paediatric Life Support (EPLS) Kurse des European Resuscitation Council in Österreich J. Schwindt1,5, K. Klebermass1,5, G. Burda1,5, S. Niedersüß-Markgraf3,5, G. Schmölzer4,5, A. Pollak1, M. Hüpfl2,5 1Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Wien 2Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie, Medizinische Universität Wien 3Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Klinikum Wels-Grieskirchen 4Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz 5Austrian Resuscitation Council (www.arc.or.at, www.kinderreanimation.at ) Hintergrund: Kindernotfälle sind selten, dann aber umso gefährlicher. „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“ ist eine oft zitierte Wahrheit, die besonders die Notfallmediziner in so einer Situation an ihre mangelnde Erfahrung mit diesen Notfällen erinnert. Aufgrund der Seltenheit dieser Zwischenfälle sind allerdings auch geübte KindermedizinerInnen maximal gefordert, diese Situationen, die meist sehr schwerwiegende Konsequenzen für das weitere Leben des Kindes haben, zu meistern. In einer Situation in der es auf jede Sekunde ankommt, ist gezieltes und geübtes Handeln ein Grundstein des Erfolges. Der Kurs: Auf Basis der ERC-Guidelines wurde ein praxisorientierter Kurs entwickelt, der mit einer Trainer zu Teilnehmer Ratio von 1:3 die hohe Ergebnisqualität der praxisorientierten Lehrmethode garantiert. Die Inhalte des Kurses spannen einen Bogen von Basic Life Support über die Neugeborenenversorgung zum Erkennen und Management des kritisch kranken/verletzten Kindes. Der überwiegende Teil des 3-tägigen Kurses ist Workshops, Skilltrainings in Kleingruppen und Scenariotrainings gewidmet, theoretische Wissensvermittlung beschränkt sich auf wenige prägnante Zusammenfassungen. Ergebnisse: Seit 2004 wurden in 24 Kursen von einer internationalen Faculty über 600 ÄrztInnen, SanitäterInnen und Pflegepersonal in ganz Österreich trainiert. Die Multidisziplinarität der TeilnehmerInnen (Pädiatrie, Anästhesie, Notfallmedizin, Gynäkologie, Innere Medizin) ist ein weiterer Baustein des Erfahrungsaustausches auf höchstem Niveau. Die international zertifizierten Kursabschlüsse sind europäischer Standard in der Notfallausbildung pädiatrischer Notfälle. ÖNK-FA 2009-13 Burncase 3D Mobile – Ein mobiles System zur Diagnoseunterstützung von Verbrennungen bei Notfällen J. Rotschne, M. Giretzlehner, J. Dirnberger, R. Owen, H. Haller RISC Software GmbH Fragestellung/Einleitung: Einer der wichtigsten Faktoren in der effektiven Behandlung von Verbrennungsopfern ist die korrekte Einschätzung des Ausmaßes der Brandverletzung am Unfallort, sowie die darauf basierende Zuweisung des Patienten zu Verbrennungszentren und Krankenhäusern. Aufgrund unterschiedlicher Erfahrungswerte der behandelnden Ärzte unterliegt diese Schätzung oftmals großen Fehlern und individuellen Schwankungen. Abhilfe kann hier der Einsatz einer Software schaffen, die diesen Entscheidungsprozess durch standardisierte Methoden objektiv unterstützt. Viele Krankenhäuser setzen bereits Software zur Aufnahme und Dokumentation von Verbrennungsfällen ein. Um Medizinern eine bestmögliche Unterstützung zu bieten, ist es erforderlich die Verletzungen so früh wie möglich zu erheben – im Idealfall am Unfallort selbst. Methodik: Aufbauend auf BurnCase 3D, einem Diagnose- und Dokumentationssystem für Verbrennungen, welches sich bereits über die Landesgrenzen hinweg in mehreren Kliniken etabliert hat, wird derzeit an einem Prototypen einer mobilen Version für das iPhone™ von Apple™ gearbeitet. Analog zur Desktopversion werden mit Hilfe eines angepassten dreidimensionalem Patientenmodells Oberflächenausmaße und medizinische Kennzahlen bestimmt, die den Mediziner bei der Beurteilung des
Wundzustandes und bei der medizinischen Versorgung des Patienten unterstützen. Patientendaten können somit bereits direkt am Unfallort erfasst und gespeichert werden. Die Hochgeschwindigkeitsdatenverbindung des iPhone™ ermöglicht eine Anbindung an bestehende Krankenhausinformationssysteme, um neu erfasste, sowie bereits bestehende Daten über große Entfernung hinweg zu synchronisieren, abzurufen oder zu bearbeiten. Interpretation: Durch Unterstützung des Notarztes am Unfallort ist dieser bei der Bestimmung des Verbrennungsausmaßes nicht mehr abhängig von individueller Erfahrung und heuristischen Methoden. Exakte Berechnungen ermöglichen eine Unterstützung bei der Triagierung und resultieren in einer verbesserten Erstversorgung des Unfallopfers. Eine mobile Kommunikationsmöglichkeit mit dem Krankenhausinformationssystem ermöglicht eine optimale Vorbereitung der Behandlung in der Klinik. ÖNK-FA 2009-14 Behandlung von neu aufgetretenem Vorhofflimmern in der Notaufnahme – Daten einer 2-Jahres Erhebung aus der Notaufnahme der 3. Medizinischen Abteilung des LK St. Pölten B. Lileg, S. Hraby, S. Weinmann, H. Mayr, MM Hirschl 3. Medizinische Abteilung, Landesklinikum St.Pölten Einleitung: Die medikamentöse Kardioversion stellt bei neu aufgetretenem Vorhofflimmern innerhalb von 48 Stunden eine attraktive Option dar. Bisher existieren wenige Daten zu den Ansprechraten der verschiedenen Antiarrhythmika bzw. zu Parametern, welche mit einer erfolgreichen Kardioversion assoziiert sind. Methodik: Im Zeitraum von Jänner 2007 bis Dezember 2008 wurden 376 Patienten mit neu aufgetretenem Vorhofflimmern in unserer Notaufnahme registriert und in diese Datenerhebung inkludiert. Die Art der antiarrhythmischen Therapie wurde individuell entschieden. Flecainid, Ibutilide, Amiodaron sowie Digoxin und Diltiazem in vorgegebener Dosierung standen als Therapieoptionen zur Wahl. Kontinuierliches Monitoring und 20-minütige Blutdruckmessungen erfolgten während der antiarrhyhtmischen Therapie sowie in einer 4-stündigen Observanzphase nach Erzielen einer Normofrequenz. Ergebnis: Die höchsten Konversionsraten konnten mit Flecainid (95%) und Ibutilide (76%) erreicht werden, während Amiodaron mit einer Kardioversionsrate von 36% nur geringe Effektivität zeigte. Ebenso konnten durch Digoxin oder Diltiazem mit 19% bzw 18% keine zufriedenstellenden Ergebnisse erzielt werden, während hingegen durch die fixe Kombination von Digoxin und Diltiazem eine Konversionsrate von 69% erlangt werden konnte. Ein normaler systolischer Blutdruck sowie ein kurzes Intervall seit Beginn der Arrhythmie waren mit einer höheren Konversionsrate assoziiert. Interpretation: Flecainid und Ibutilide sind die effizientesten Antiarrhythmika bei der Behandlung des neu aufgetretenen Vorhofflimmerns und sollten als Therapie der 1. Wahl eingesetzt werden. ÖNK-FA 2009-15 Das Myokardinfarkt-Netzwerk Mostviertel – 1 Jahres-Ergebnisse S Hraby, F Erhart, M Gattermeier, W Brunner, F Steger, F Pfeffel, H Mayr, MM Hirschl 3. Medizinische Abteilung, Landesklinikum St.Pölten Fragestellung: Die Prognose des ST-Hebungsinfarktes hängt zu einem großen Teil vom Zeitintervall zwischen Schmerzbeginn und Reperfusion ab. Eine Verbesserung der Prognose konnte unter anderem durch die Gründung von Netzwerken zur Versorgung von Patienten mit STEMI erzielt werden. Informationen hinsichtlich der Etablierung von Myokardinfarkt-Netzwerken im ländlichen Raum sind nur spärlich vorhanden. Es wurde daher im Juli 2006 das Myokardinfarkt-Netzwerk MOSTVIERTEL in Niederösterreich gegründet. In einer ersten Phase (August – Dezember 2006) wurde der Ist-Zustand der STEMI-Versorgung erhoben. Auf Basis dieser Daten wurde in einer zweiten Phase (Jänner – Juli
2007) ein standardisiertes Transport- und Behandlungsprotokoll etabliert, um die internationalen Richtlinien in der Behandlung des STEMI zu gewährleisten. Methodik: Das Netzwerk MOSTVIERTEL besteht aus 5 primär versorgenden Krankenhäusern (Lilienfeld, Melk, Waidhofen/Ybbs, Amstetten, Scheibbs), dem PCI-Zentrum St. Pölten und den Notarztstützpunkten der jeweiligen Krankenhäuser. In der primären Phase wurden die Behandlungsstrategien, die inter- und intrahospitalen Transferzeiten und die 30-Tages-Mortalität erfasst. In der zweiten Phase wurden die Behandlungsstrategien entsprechend den internationalen Richtlinien (AHA und ESC) etabliert. Die Auswirkungen des Netzwerkes betreffend Behandlungsqualität, Transportzeit und 30-Tage-Mortalität wurden evaluiert. Ergebnisse: Es wurden 245 Patienten (Phase1: 132, Pahse 2: 113) mit akutem STEMI im Netzwerk versorgt. Die Transportzeit nach St.Pölten konnte signifikant (158 min vs 84 min; p < 0.01) reduziert werden, der Anteil der richtlinienkonformen Therapien gesteigert (88% vs 96%; n.s.) und die 30-Tage-Mortalität ebenfalls signifikant (10.3% vs 7.5%; p < 0.05) gesenkt werden. Interpretation: Die Etablierung eines Netzwerkes im ländlichen Bereich führte zu einer Verbesserung der richtlinienkonformen Therapie, einer signifikanten Reduktion der Transferzeit in das PCI-Zentrum St.Pölten und in Folge zu einer signifikanten Reduktion der 30-Tage-Mortalität. ÖNK-FA 2009-16 Der arterielle Zugang im Notarztdienst Nina Pauker1, Gernot Wildner2, Marcel Rigaud2, Gerhard Prause2 1Medizinercorps, Österreichisches Rotes Kreuz, Bezirksstelle Graz-Stadt 2Univ.-Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Medizinische Universität Graz Fragestellung: In der Anästhesiologie und Intensivmedizin ist die arterielle Leitung eine einfache und weit verbreitete Methode zur invasiven Blutdruckmessung und Probengewinnung für wiederholte Blutgasanalysen [1]. In der vorliegenden Studie wurde die Durchführbarkeit im Notarztdienst untersucht. Methodik: Im Rahmen einer prospektiven Beobachtungsstudie an 4 Notarztstützpunkten wurden mit Hilfe eines eigens erstellen Protokoll die Indikationen, Durchführbarkeit, Punktionsort, Zeitaufwand und die therapeutischen Konsequenzen erfasst. Ergebnisse: Über das gesamte Jahr 2008 (Anfang Jänner bis Ende Dezember) wurde bei 115 von 137 PatientInnen — 78% davon mit NACA V oder VI — die Anlage eines arteriellen Zuganges erfolgreich durchgeführt. Die Indikationen waren Herzkreislaufstillstand (36,5%), Post Resuscitation Care (16,8%), Ateminsuffizienz (24,1%), Schock (10,9%), Bewusstlosigkeit (22,6%). Als Ziele standen die invasive arterielle Blutdruckmessung sowie, wo verfügbar, zusätzlich die Durchführung einer arteriellen BGA zwecks Azidoseausgleich und Beatmungseinstellung im Vordergrund. Als Hauptpunktionsort wurde die A. radialis (80,3%) gewählt. Bis zum gewünschten Erfolg wurden im Median 2 Punktionsversuche benötigt. Der Zeitaufwand für das Legen des arteriellen Zugangs lag bei durchschnittlich 161 Sekunden, für den Aufbau der invasiven Blutdruckmessung bei 181 Sekunden. In 3 Fällen wurde von den Anwendern eine Behinderung des Einsatzablaufes durch die Maßnahme angegeben. Hatten die Anwender eine Möglichkeit zur BGA, ergaben sich als weitere Konsequenzen in 34,4 % der Fälle eine Medikamentengabe (Hämodynamische Therapie, Pufferung, Elektrolytausgleich), in 26,1% eine Veränderung der Beatmungseintellungen, weiters wurde in 47,7% ein invasives Blutdruckmonitoring durchgeführt. Interpretation: Zusammengefasst ergaben sich gute Erfahrungen mit dem arteriellen Zugang im organisierten Notarztdienst. Die Maßnahme wurde allerdings nur von einer geringen Anzahl von Notärzten eingesetzt, vor allem von solchen, die über regelmäßige Erfahrung mit dem arteriellen Zugang und dessen Möglichkeiten verfügen. Der Personalaufwand hält sich bei entsprechender Schulung in Grenzen. Die Ergebnisse zeigen, dass der arterielle Zugang im Notarztdienst durchaus ohne Beeinträchtigung des Einsatzablaufes anwendbar ist, vor allem das Monitoring verbessert und wichtige therapeutische Konsequenzen Notfall + Rettungsmedizin 8 · 2009
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Abstracts nach sich ziehen kann. In Kombination mit der Möglichkeit zur arteriellen Blutgasanalyse [2] stellt die Maßnahme ein wirkungsvolles Mittel zur optimierten präklinischen Versorgung kritisch erkrankter Patienten dar. Literatur 1. Crahé R. Invasive Blutdruckmessung. In: Hintzenstern Uv, Sakka SG (Hrsg.). ������������������������������������� Praxisbuch Invasives hämodynamisches Monitoring. 1. Aufl. �������������������������� München: Urban & Fischer; 2006:38-47 ���������� 2. Prause G, Hetz H, Lauda P, Pojer H, Smolle-Juettner F, Smolle J. A comparison of the endtidal CO2 documented by capnometry and the arterial pCO2 in emergency patients. Resuscitation 1997 Oct; 35(2):145-8
ÖNK-FA 2009-17 Medizinische Notfälle und Gewalt an Bord von Verkehrsflugzeugen Joachim Huber www.doc-on-board.com Das globale jährliche Passagieraufkommen beträgt derzeit ca. fünf Milliarden – Tendenz steigend! In diesem Augenblick befinden sich weltweit ca. 1 Million Menschen in der Luft. Im Airbus 380 werden über 800 Passagiere befördert! Für diese Menschen gibt es jedoch keine vorgesehene ärztliche oder pflegespezifische Versorgung. Täglich haben rund 350 Passagiere an Bord von Verkehrsflugzeugen akute Gesundheitsprobleme. Medizinische Ereignisse an Bord mit einer Häufigkeit 1:5.000 Passagiere, das immer höhere Alter der Passagiere, die damit verbundenen Vorerkrankungen der Reisenden, Reise-Stress und Alkohol vermehren die sehr hohen Unsicherheits- und Aggressionspotentiale der Patienten bzw. ihrer Angehörigen. Dabei kommt es, neben diversen medizinischen Notfällen, auch immer öfters zu erheblichen, wenn auch „nur“ verbalen Angriffen gegen die Flugbegleiter und die Crew.(Im Jahr 2007 >6000 Events bei europäischen Fluglinien). In ca. 50% aller Flüge befindet sich ein Arzt oder Notfallsanitäter an Bord, der (nach internationaler Rechtslage) auch als Passagier zur Hilfeleistung verpflichtet ist, aber meist die folgenden Probleme nicht oder zu wenig kennt: Diagnosen an Bord: – ca. 35% Herz-Kreislauf , ca. 15% Atmung, ca. 15% Magen-Darmtrakt – ca. 10% psychische Notfälle und Flugangst, ca. 10% neurologisch – ca. 5% Traumen, ca. 3% HNO, Augen – andere Erkrankungen: Stoffwechsel (DM), Thrombosen, Pädiatrisch, Gyn-Urologisch, moribunde Patienten: ca. 2500 Todesfälle bei 250 IATA Airlines/Jahr Gewalt an Bord: – notfallmäßige Zwischenlandung (Psychosen, Medikamente, Alkohol- Suchtgift) Ausrüstung an Bord (AUA, LH, SWISS) Was dürfen die Flugbegleiter im Notfall? Wie sind die rechtlichen Grundlagen? Dr. David Gabriel und Dr. Joachim Huber haben 2004 gemeinsam mit Austrian Airlines das Projekt „DOC ON BOARD“ ins Leben gerufen. Ärzte und Notfallsanitäter werden gemeinsam mit Piloten und Flugbegleitern speziell für medizinische Notfälle und Krisenmanagement an Bord geschult. Sie sind an ihrer DOB Card erkennbar und stehen auch während ihrer privaten Reisen der Crew kompetent zur Verfügung. Die Kosten für diese Spezialausbildung werden durch Prämienmeilen von Miles & More kompensiert.
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