Leitthema Ophthalmologe 2015 · 112:907–911 DOI 10.1007/s00347-015-0141-4 Online publiziert: 26. Oktober 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
L.M. Heindl1,2 · K.R. Koch1 · M. Schlaak2,3 · C. Mauch2,3 · C. Cursiefen1,2 1 Zentrum für Augenheilkunde, Universität zu Köln, Köln, Deutschland 2 Centrum für Integrierte Onkologie (CIO) Köln-Bonn, Köln, Deutschland 3 Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
Adjuvante Therapie und interdisziplinäre Nachsorge des Bindehautmelanoms Trotz exzellenter mikroskopisch kon trollierter Tumorexzision neigen ma ligne Melanome der Bindehaut zur lo kalen Rezidiventwicklung und lym phogenen sowie hämatogenen Me tastasierung. Deshalb sind die adju vante Therapie in Form von Kryo-, Ra dio-, topischer Chemo- und/oder Im muntherapie wie auch die interdiszi plinäre Nachsorge der Patienten mit dem Angebot der psychoonkologi schen Betreuung essenziell bei die ser potenziell lebensbedrohlichen Er krankung. Die Prognose maligner Melanome der Bindehaut wird entscheidend beeinflusst durch Tumorgröße und -lokalisation, zusammengefasst in der 2009 erarbeiteten TNM-Klassifikation des American Joint Committee on Cancer (AJCC) [1, 18, 38, 40, 48]. Danach sind T1-Melanome auf die bulbäre Konjunktiva beschränkt, T2Melanome weisen eine Ausbreitung auf die palpebrale, fornizeale und/oder karunkuläre Bindehaut auf, T3-Melanome zeigen eine lokale Invasion in Bulbus, Augenlid, Orbita und/oder Nasennebenhöhlen, und T4-Melanome betreffen das zentrale Nervensystem [1]. In der größten rezenten Studie von Shields et al. [38] an 343 Patienten betrug die 5-Jahres-Lokalrezidivrate bei T1-Tumoren 44 %, bei T2Tumoren 78 % und bei T3-Tumoren 76 %. Die 5-Jahres-Rate der lymphogenen Metastasierung in die regionalen LymphknoHerrn Professor Dr. med. Dr. h.c. mult. G.O.H. Naumann, Emeritus der Augenklinik mit Poliklinik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, zum 80. Geburtstag gewidmet.
ten wurde bei T1-Melanomen mit 17 % angegeben, bei T2-Melanomen mit 52 % und bei T3-Melanomen mit 49 % [38]. Die 5-Jahres-Fernmetastasierungsrate belief sich bei T1-Tumoren auf 11 %, bei T2-Tumoren auf 35 % und bei T3-Tumoren auf 42 % [38]. Die melanomspezifische 5-Jahres-Mortalität betrug bei T1-Melanomen 5 %, bei T2-Melanomen 20 % und bei T3Melanomen 23 % [38]. Eine vollständige Tumorexzision in Minimal-touch-Technik mit lamellärer Sklerektomie oder Korneosklerektomie mit einem Sicherheitsabstand von 4 mm gilt in der Literatur als Standard [7, 30, 31, 39, 41, 42, 46]. In mehreren unabhängigen Studien wurde bei einfacher chirurgischer Exzision ohne jedwede adjuvante Therapie eine hohe lokale Rezidivrate beobachtet, die ein Risiko für die Entstehung von Metastasen und damit höhere Letalität darstellt [3, 8, 9, 44]. Deshalb sollte beim Bindehautmelanom immer eine adjuvante Therapie erfolgen. Hier finden Kryo-, Radio-, topische Chemo- und/ oder Immuntherapie ihren Einsatz.
Adjuvante Kryotherapie Bereits früh wurde die Kryotherapie adjuvant eingesetzt. Die zytotoxische Wirkung der Kryotherapie beruht auf 3 Mechanismen [10, 11]: 1. Die rasche intrazelluläre Eisentwicklung wirkt letal auf die Zelle [10, 11]. 2. Die extrazelluläre Eisentwicklung entzieht intrazelluläres Wasser, wodurch die Zelle schrumpft, Zellmembranen kollabieren und damit zytotoxische Proteine freigesetzt werden [10, 11].
3. Beim Tauvorgang von extrazellulärem Eis drängen große, freiwerdende Wassermassen zurück in die Zelle, was die Zelle zum Platzen bringt [10, 11]. Die adjuvante Kryotherapie mit doppeltem Einfrieren und Auftauen der angrenzenden Bindehaut mit flüssigem Stickstoff nach chirurgischer Tumorexzision reduziert signifikant die lokalen Rezidivraten im Vergleich zur chirurgischen Tumorexzision alleine, hat aber keinen wesentlichen Effekt auf die Metastasierung [9, 22]. Allerdings birgt die schwer standardisierbare Kryotherapie das Risiko der Schädigung benachbarter Strukturen mit der Folge von teilweise schweren Komplikationen wie Uveitis, Katarakt, Ziliodestruktion mit konsekutiver Hypotonie und Skleraeinschmelzung [42, 43]. Shields [42] empfiehlt deshalb, die Kryosonde an die Unterseite der leicht angehobenen Bindehaut zu applizieren, um damit die Sklera zu schonen. Aber erst mit der Entwicklung von Finger [11] im Jahr 2005 konnte eine gewisse Standardisierung erreicht werden mit dem sicheren Erreichen der Zieltemperatur (sicherer Zelltod bei − 40 bis − 50 °C) über einen definierten Zeitraum, dem Ausnutzen des Zyklus von Frieren und Auftauen sowie der Wiederholung des Friervorganges.
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Die Rezidivrate nach Kryotherapie ist höher als nach Brachytherapie Dennoch ist die Kryotherapie in den letzten Jahren von immer mehr Zentren verDer Ophthalmologe 11 · 2015
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Leitthema lassen worden. Denn in verschiedenen Studien – wenn auch nicht randomisiert verblindet – konnte gezeigt werden, dass die Rezidivrate nach Kryotherapie deutlich höher als nach Brachytherapie ist [8, 32].
Adjuvante Radiotherapie Die topografische Anatomie der Konjunktiva als komplexe Fläche, die funktionelle Bedeutung der Bindehaut zur Benetzung und damit zum Erhalt des Auges wie auch die Nähe zu anderen Risikostrukturen sind Gründe, warum epibulbäre Tumoren lange Jahre für unzugänglich für eine Radiotherapie gehalten wurden. Inzwischen wird von vielen ophthalmoonkologischen Zentren die adjuvante Radiotherapie beim Bindehautmelanom als Standard empfohlen [7, 23, 46].
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Häufig wird die adjuvante Radiotherapie als Standard empfohlen Lokal umschriebene Prozesse der bulbären Konjunktiva, die den Fornix nicht erreichen, sind nach deren kompletten Exzision im Gesunden adjuvanter Brachytherapie zugänglich. Es werden Ruthenium-106- [7, 46], Strontium-90- [6] oder Jod-125- [23] Applikatoren verwendet. Allerdings stellen umschriebene Bindehautneoplasien, die von einer brachytherapeutischen Plaque erfasst und abgedeckt werden können, die Ausnahme und nicht die Regel dar [46]. Ein Befall von Fornix, Karunkel und palpebraler Bindehaut ist mit einem Applikator primär nicht zu erreichen [46]. Bei großflächiger, diffuser oder multilokulärer Ausdehnung des Bindehautmelanoms kann eine Protonenbestrahlung als organerhaltende Alternative zur primären Exenteratio orbitae in Betracht kommen [47]. In einer ersten Verlaufsbeobachtung von 20 Patienten betrug die Rezidivrate nach 3 Jahren 30 %, die Metastasierungsrate 30 % und die Mortalität 20 % [47]. Zudem ist mit schweren Benetzungsstörungen des Auges mit squamöser Bindehautmetaplasie zu rechnen, die den Erhalt des Auges gefährden [45, 46]. Weitere Studien sind notwendig.
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Adjuvante topische Chemotherapie Die Augenoberfläche ist einer topischen Tropfentherapie sehr gut zugänglich. Deshalb schlugen Frucht-Pery und Pe’er [14] 1996 eine topische Chemotherapie mit dem Antimetaboliten Mitomycin C vor – initial zur Therapie der primär erworbenen Melanose (PAM) mit Atypien, einer Vorläuferläsion des Bindehautmelanoms. In mehreren, meist kleinen Studien konnte die gute Wirksamkeit von Mitomycin C in der Therapie der PAM mit Atypien belegt werden [24, 26, 33, 34, 49]: Von insgesamt 22 dokumentierten Patienten mit PAM mit Atypien zeigten 10 Augen (45 %) eine komplette Remission, 9 Augen (41 %) eine partielle Remission und 3 Augen (14 %) ein Rezidiv [24, 26, 33, 34, 49]. In der Behandlung des malignen Bindehautmelanoms ist die Datenlage deutlich anders [16, 24, 26, 33, 34, 41]. Bei primärer Therapie mit Mitomycin C zeigten von insgesamt 7 dokumentierten Fällen 3 Augen (43 %) eine komplette Remission, 1 Auge (14 %) eine partielle Remission und 3 Augen (43 %) ein Rezidiv [24, 26, 33, 34]. Dabei wurden Rezidive insbesondere bei nodulärem Melanomwachstum beobachtet, vermutlich wegen der zu geringen Eindringtiefe von Mitomycin C. Aufgrund dieser niedrigen lokalen Tumorkontrollrate sehen wir und andere Arbeitsgruppen [4, 30, 36, 46] die primäre Therapie von Bindehautmelanomen mit Mitomycin C als obsolet an. Bei adjuvanter Anwendung von Mitomycin C nach primär chirurgischer Bindehautmelanomexzision zeigten von insgesamt 20 dokumentierten Patienten 6 Augen (30 %) eine lokale Rezidiventwicklung und 1 Patient (5 %) eine Metastasierung [16, 26, 41]. Deshalb sehen wir – auch im Zeitalter der Protonentherapie – bei diffus wachsenden Bindehautmelanomen nach chirurgischer Exzision im Gesunden bzw. atypischer PAM in den Schnitträndern eine Indikation zur adjuvanten topischen Mitomycin-C-Therapie. In der Regel wird sie lokal gut vertragen. Vorübergehend kann es zu Keratokonjunktivitiden, Augenlidschwellungen und Epitheldefekten kommen, selten zu langfristigen Beeinträchtigungen
wie Pannus, Allergien, kornealem Haze, Hornhautnarben oder Tränenpünktchenstenosen [4]. Eine Limbusstammzellinsuffizienz wurde von Lichtinger et al. [29] bei 24 % der Patienten beschrieben, häufiger nach langfristiger, hoch dosierter Therapie. Bezüglich des Tropfregimes und der verwendeten Konzentrationen (meist 0,04 %, aber auch 0,02 %) variieren die Studien zum Teil erheblich. Die Autoren haben mit Mitomycin C 0,04 % Augentropfen 4-mal/Tag für 2 Wochen mit 2 Wochen Pause in 2 bis 5 Zyklen (abhängig vom klinischen Ansprechen) gute Erfahrungen gemacht.
Adjuvante topische Immuntherapie Rekombinantes Interferon-α-2b wird erfolgreich in der Behandlung anderer Tumorentitäten, wie beispielsweise beim Hautmelanom, eingesetzt und scheint indirekt über einen immunregulatorischen Mechanismus gegen den Tumor zu wirken [12]. Sein Einsatz in der Behandlung melanozytärer Bindehautprozesse wurde in 2 Studien untersucht [12, 20]. Herold et al. [20] wandten Interferon-α-2b-Augentropfen 5-mal/Tag für 6 Wochen bei 9 Patienten mit PAM mit Atypien und/oder konjunktivalem Melanom an und beobachteten eine komplette Regression der Pigmentierung bei 7 Patienten. Finger et al. [12] applizierten Interferon-α-2b-Augentropfen 4-mal/Tag für 3 Monate bei 5 Augen mit bioptisch gesichertem Bindehautmelanom und beobachteten bei 4 Augen ein gutes Therapieansprechen. Systemische oder irreversible lokale Nebenwirkungen traten nicht auf [12, 20]. Interferon-α-2b könnte eine wirksame Alternative in der adjuvanten Behandlung des rezidivierenden Bindehautmelanoms, insbesondere bei Intoleranz von Mitomycin C darstellen [37]. Weitere prospektive Studien mit Langzeitbeobachtungen sind notwendig.
Neue adjuvante Therapieansätze Die Ausbildung neuer aus bereits bestehenden Lymph- und Blutgefäßen (Lymph- und Hämangiogenese) gilt als
Zusammenfassung · Abstract ein entscheidender Risikofaktor für die Metastasierung und Mortalität maligner Tumoren. Auch bei malignen Tumoren der Augenoberfläche ist eine tumorassoziierte Lymphangiogenese nachweisbar [17– 19, 50]. Diese tumorinduzierten Lymphgefäße korrelieren signifikant mit der lokalen und systemischen lymphogenen Metastasierung, dem Rezidivrisiko und der Mortalität [18]. Erste klinische und experimentelle Daten weisen darauf hin, dass eine adjuvante topische anti(lymph) angiogene Therapie (z. B. Aflibercept) die Rezidiv- und Metastasierungsraten dieser malignen Augenoberflächentumoren minimieren könnte [2, 21, 25]. Dies ist u. a. Gegenstand momentaner Forschung im Rahmen der DFG Forschergruppe FOR 2240 „(Lymph)Angiogenesis And Cellular Immunity In Inflammatory Diseases Of The Eye“ an der Universitätsaugenklinik Köln. Ein weiterer neuer therapeutischer Ansatz beruht auf der Implementierung jüngster molekulargenetischer Ergebnisse. So konnte bei ca. 47 % von 78 Bindehautmelanomen eine NRAS- oder BRAFMutation nachgewiesen werden [15, 28], in Parallelität zum Haut- und Schleimhautmelanom, aber im Kontrast zum Uveamelanom. Dies öffnet den Patienten mit metastasiertem Bindehautmelanom die Tür zu den laufenden und zukünftigen klinischen Studien des metastasierten Haut- und Schleimhautmelanoms. Selektive BRAF-Inhibitoren, MEK-Inhibitoren oder die Kombination wären interessante Ansätze [5, 13].
Interdisziplinäre Nachsorge Die interdisziplinäre Nachsorge in enger Kooperation zwischen Augenheilkunde, Dermatoonkologie, medizinischer Onkologie, Radiologie, Hals-Nasen-OhrenHeilkunde und ggf. anderen Disziplinen gilt der Früherkennung von Lokalrezidiven, lymphogenen und hämatogenen Metastasen. Bei tränenwegsnaher Melanomlokalisation ist eine Ausbreitung per continuitatem in die Tränenwege und den Nasopharynxbereich auszuschließen [34]. Die lymphogene, regionale Metastasierung betrifft vornehmlich die parotidalen, präaurikulären, submandibulären und zervikalen Lymphknoten [7–
Ophthalmologe 2015 · 112:907–911 DOI 10.1007/s00347-015-0141-4 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 L.M. Heindl · K.R. Koch · M. Schlaak · C. Mauch · C. Cursiefen
Adjuvante Therapie und interdisziplinäre Nachsorge des Bindehautmelanoms Zusammenfassung Hintergrund. Maligne Melanome der Bindehaut neigen trotz mikroskopisch kontrollierter Exzision zur lokalen Rezidiventwicklung und lymphogenen sowie hämatogenen Metastasierung. Fragestellung. Die Möglichkeiten der adjuvanten Therapie wie auch die Struktur einer interdisziplinären Nachsorge sollen für diese Patienten dargestellt werden. Methoden. Der Beitrag bietet eine Literaturübersicht aus PUBMED und eigene klinische Ergebnisse. Ergebnisse. Beim Bindehautmelanom sollte eine vollständige Tumorexzision in Minimaltouch-Technik immer kombiniert werden mit einer adjuvanten Therapie in Form von Kryo-, Radio-, topischer Chemo- und/oder Immuntherapie. Bei lokal umschriebenen Prozessen der bulbären Konjunktiva kann eine adjuvante Brachytherapie angeschlossen werden, bei nichtbulbärer, großflächiger, diffuser oder multilokulärer Ausdehnung eine adjuvante topische Mitomycin-C-Therapie oder
Protonenbestrahlung. Neue adjuvante Ansätze umfassen die topische Interferon-α-2bImmuntherapie, die topische Anti-VEGF-Therapie oder im Falle nachgewiesener BRAFMutationen die personalisierte Therapie mit selektiven BRAF- oder in Kombination mit MEK-Inhibitoren. Alle Patienten sollten in ein interdisziplinäres Nachsorgeprogramm eingebunden werden mit vierteljährlichen Kontrollen innerhalb der ersten 5 Jahre und dem Angebot einer psychoonkologischen Betreuung. Schlussfolgerungen. Nach mikroskopisch kontrollierter Exzision sind die adjuvante Therapie in Form von Kryo-, Radio-, topischer Chemo- und/oder Immuntherapie wie auch die interdisziplinäre Nachsorge entscheidend in der modernen Betreuung von Patienten mit Bindehautmelanom. Schlüsselwörter Tumor · Maligne Melanome · Bindehaut · Rezidiv · Metastasierung
Adjuvant therapy and interdisciplinary follow-up care of conjunctival melanoma Abstract Background. Despite microscopically controlled tumor excision, malignant melanomas of the conjunctiva have a propensity for local recurrence, lymphatic spread and distant metastases. Objectives. This review outlines the options of adjuvant therapy as well as the structure of interdisciplinary follow-up care for patients with conjunctival melanoma. Methods. The study provides a PubMed literature review and own clinical results. Results. In conjunctival melanoma complete tumor excision using a minimal touch technique should always be combined with adjuvant therapy, such as cryotherapy, radiotherapy, topical chemotherapy and/or immunotherapy. For locally circumscribed lesions of the bulbar conjunctiva adjuvant brachytherapy can be supplemented and for nonbulbar, extensive, diffuse or multilocular tumor growth, complementary adjuvant topical mitomycin C therapy or proton radiotherapy can be used. Novel adjuvant approach-
9, 18, 30–32, 38, 40, 44, 46, 48]. Bei der hämatogenen Fernmetastasierung gibt es keine Organpräferenz, wobei Lunge und
es include topical interferon alpha-2b immunotherapy, topical vascular endothelial growth factor (VEGF) inhibitors or in cases of BRAF mutations personalized therapy using selective BRAF inhibitors or in combination with mitogen-activated protein kinase (MAPK) and extracellular signal-regulated kinase (ERK), MAPK/ERK (MEK) inhibitors. All patients should be integrated into an interdisciplinary follow-up care program including quarter yearly checkups in the first 5 years and psycho-oncological healthcare. Conclusion. Following microscopically controlled tumor excision, adjuvant treatment using cryotherapy, radiotherapy, topical chemotherapy and/or immunotherapy as well as interdisciplinary follow-up care are mandatory for the modern management of patients with conjunctival melanoma. Keywords Malignant melanoma · Conjunctiva · Tumor · Recurrence · Metastasis
Leber die häufigsten Metastasierungsorte darstellen [7–9, 18, 30–32, 38, 40, 44, 46, 48]. Der Ophthalmologe 11 · 2015
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Leitthema DDStandardisierte Leitlinien nationaler oder internationaler Fachgesellschaften existieren nicht für die Nachsorge maligner Bindehautmelanome. Am Centrum für Integrierte Onkologie (CIO) Köln-Bonn erfolgt die interdisziplinäre Nachsorge in Anlehnung an die anerkannten Richtlinien für das Hautmelanom. Innerhalb der ersten 5 Jahre sind vierteljährliche Kontrollen empfohlen, anschließend jährliche Kontrollen. Neben der eingehenden augenärztlichen Untersuchung (einschließlich Spaltlampenbiomikroskopie, Fotodokumentation, ggf. Ultraschallbiomikroskopie und standardisierte Echographie) umfasst unser Nachsorgeprogramm die Palpation und Sonographie der parotidalen, präaurikulären, submandibulären und zervikalen Lymphknoten, die Inspektion der Nasopharynxregion sowie die Blutabnahme (u. a. LDH, AP, S-100). Bei Bindehautmelanomen ab dem T2-Stadium sollte zusätzlich 2-mal im Jahr ein Staging mit CT von Thorax/Abdomen und MRT des Schädels erfolgen. Sollten Rezidive oder Metastasen festgestellt werden, erfolgt eine individuelle Therapieberatung und -empfehlung im Rahmen des interdisziplinären Tumorboards. Angesichts dieser potenziell lebensbedrohlichen, potenziell visusbedrohenden und potenziell durch eine Exenteration entstellenden Erkrankung ist das frühzeitige Angebot einer psychoonkologischen Betreuung obligatorisch [27].
Fazit für die Praxis 55Beim Bindehautmelanom sollte eine vollständige Tumorexzision in Minimal-touch-Technik immer kombiniert werden mit einer adjuvanten Therapie in Form von Kryo-, Radio-, topischer Chemo- und/oder Immuntherapie. 55Bei lokal umschriebenen Prozessen der bulbären Konjunktiva kann eine adjuvante Brachytherapie angeschlossen werden, bei nichtbulbärer, großflächiger, diffuser oder multilokulärer Ausdehnung eine adjuvante topische Mitomycin-C-Therapie oder Protonenbestrahlung.
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55Neue adjuvante Ansätze umfassen die topische Interferon-α-2bImmuntherapie, die topische AntiVEGF-Therapie oder im Falle nachgewiesener BRAF-Mutationen die personalisierte Therapie mit selektiven BRAF- oder MEK-Inhibitoren. 55Alle Patienten sollten in ein interdisziplinäres Nachsorgeprogramm eingebunden werden mit vierteljährlichen Kontrollen innerhalb der ersten 5 Jahre und dem Angebot einer psychoonkologischen Betreuung.
Korrespondenzadresse Prof. Dr. L.M. Heindl Zentrum für Augenheilkunde, Universität zu Köln Kerpener Straße 62 50924 Köln
[email protected]
Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt. L.M. Heindl, K.R. Koch, M. Schlaak, C. Mauch und C. Cursiefen geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
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Neue Broschüre: Gutes Sehen am Bildschirm Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes verbringen etwa zwei Drittel der 25- bis 54-jährigen Beschäftigten in Deutschland täglich einen Teil ihrer Arbeitszeit vor dem Computer. Mit der Broschüre „Gutes Sehen im Büro. Brille und Bildschirm – perfekt aufeinander abgestimmt“ gibt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) wichtige Tipps, um Beschwerden wie ermüdeten Augen vorzubeugen. Wichtig ist die Auswahl einer passenden Brille für die individuelle Tätigkeit, sofern eine Fehl- oder Alterssichtigkeit vorliegt. Im nächsten Schritt wird der Abstand und Neigungswinkel des Monitors passend zur Brille festgelegt. Gutes Sehen ist eine der Grundvoraussetzungen, um gute Arbeit am Bildschirm im Büro leisten zu können. Doch etwa 30 bis 40 Prozent der Beschäftigten verfügen über ein nicht ausreichendes oder nicht ausreichend korrigiertes Sehvermögen. Insbesondere bei Beschäftigten ab 40 Jahren kann Alterssichtigkeit vorliegen. Auch deshalb geht die Broschüre auf das Angebot einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung ein. Zudem zeigt sie die Stärken und Schwächen verschiedener Brillentypen auf. Abschließend lässt sich die Bildschirmposition mit den Hinweisen aus der Broschüre einfach ermitteln. Abbildungen und Infokästen unterstützen die Umsetzung der einzelnen Schritte. Darum eignet sich die Broschüre auch als Handlungshilfe für Ergonomieberater oder Praktiker im Betrieb. Die Broschüre „Gutes Sehen im Büro. Brille und Bildschirm – perfekt aufeinander abgestimmt“ steht zum Download zur Verfügung. Quelle: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, www.baua.de
Der Ophthalmologe 11 · 2015
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