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Was Sie bei Facebook, Twitter und anderen Online-Portalen beachten müssen
Arztpraxis im Internet: Welche Infos sind erlaubt? Dr. Gwendolyn Gemke | Fachanwältin für Medizinrecht, München Facebook, Twitter und Online-Bewertungsportale – die Präsenz der Arztpraxis im Internet hat in den vergangenen Jahren rasant an Bedeutung gewonnen. Patienten schätzen die neuen Informationsangebote, so dass es fast unmöglich ist, sich diesen zu verschließen. Das ärztliche Berufsrecht hat in weiten Teilen nachgezogen. Dennoch gelten für den Arzt, der die neuen Medien nutzen will, weiterhin rechtliche Einschränkungen, die über die Verpflichtung zur Wahrung des Arztgeheimnisses und des Rechts der Patienten auf informationelle Selbstbestimmung hinausgehen. Bei der Vielzahl unterschiedlicher Angebote fällt es schwer, den Überblick zu behalten. Twitter bereitet rechtlich die wenigsten Probleme. Beschränkt auf die Funktion als Plattform zur Verbreitung von kurzen Textnachrichten mit höchstens 140 Zeichen, sind die Einsatzmöglichkeiten beschränkt. Darf ein Arzt als sogenannter „Tweeps“ Nachrichten ins Netz stellen, die von Patienten als
Für die Patienten kann der Arztauftritt im Internet eine wichtige Informationsquelle sein.
„Follower“ abonniert werden? Selbstverständlich darf eine spezialisierte Praxis z.B. bestimmte Patientengruppen über Twitter über medizinische Innovationen oder Gesundheitspolitik genauso auf dem Laufenden halten wie über Neuigkeiten aus der eigenen Praxis. Die namentliche Nennung von Patienten oder die Verbreitung von Nachrichten, die sich einem Patienten zuordnen lassen, sind dabei tabu. Allerdings sollte der Arzt stets § 30 der Berufsordnung beachten, der Ärztinnen und Ärzte auf ihre ärztliche Unabhängigkeit verpflichtet. Ferner dürfen sie nach § 31 Abs. 2 der Berufsordnung ihren Patienten nicht ohne hinreichenden Grund bestimmte Leistungsanbieter aus dem Bereich der Gesundheitsdienstleistungen empfehlen oder an diese verweisen oder aber für solche werben. Bei der Information über Innovationen, insbesondere aus dem Bereich der Arzneimittel, wird es häufig eine Gratwanderung sein, wann eine bloße Information über Fortentwicklungen in der Medizin und wann eine Werbung für ein bestimmtes Arzneimittel vorliegt. Nachdem § 10 HWG die Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel ohnehin weitgehend einschränkt, ist bei der Nennung bestimmter Präparate oder Hersteller Zurückhaltung geboten. An dieser Stelle ist daher Fingerspitzengefühl gefragt. Im Zentrum solcher Kurznachrichten sollte stets eine handfeste Information für den Patienten stehen – andernfalls dürfte auch der Mehrwert für die Follower fehlen und die Aktion leerlaufen.
Facebook als Marketingmaßnahme?
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Konfliktbeladen ist der Internetauftritt des Arztes in Facebook, da das soziale Netzwerk typischerweise auf die Kommunikation zwischen den einzelnen Nutzern – und damit zwischen Arzt und Patient – abzielt. Facebook kann als Marketingmaßnahme für die Praxis sicher ein erfolgreiches Mittel sein. Grenzen setzen jedoch auch hier das Arztgeheimnis, die Persönlichkeitsrechte des Patienten sowie die Regelungen der Berufsordnung und des Heilmittelwerberechts. Natürlich steht es Patienten frei, persönliche Daten im Netzwerk zu offenbaren und z.B. Krankheitsverläufe und/oder eigene Erfahrungen mit bestimmten Therapieverfahren zu schildern. Nicht immer machen sich die Patienten dabei bewusst, dass es sich um eine offene Plattform handelt. Selbst wenn ein Patient z.B. eine Frage zum eigenen Gesundheitszustand stellt und eine Antwort auf der Plattform erwartet, sollte für Antworten nur die direkte Kommunikation gewählt werden. Der Arzt kann nicht davon ausgehen, dass die öffentliche Anfrage eines Patienten ihn berechtigt, eine Diagnose in eben diesem Medium zu stellen, denn der Patient als Laie kann etwaige Implikatio-
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nen, insbesondere mögliche Indikationen, nicht überblicken. Abgesehen davon ist die individuelle ärztliche Behandlung ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien nach § 7 Abs. 4 MBO weiterhin unzulässig. Eine rein telemedizinische Praxis, die in anderen Ländern der Europäischen Union bereits zulässig ist, ist in Deutschland nach derzeitigem Berufsrecht nicht vorstellbar. Als Verhaltensmaxime lässt sich daher festhalten: Für den Fall, dass ein Patient konkrete Gesundheitsdaten in einer in Facebook verankerten Anfrage an die Praxis einstellt, sollte der unmittelbare Kontakt zu diesem Patienten gesucht werden – und zwar unter Ausschluss der „Öffentlichkeit“. Ignorieren geht genauso wenig wie die Flucht in allgemeine Aussagen oder Empfehlungen – mit einer Ausnahme: Bitte wenden Sie sich persönlich an uns, da wir aus Datenschutzgründen in unserem Facebookauftritt zu medizinischen Fragestellungen keine Stellung nehmen dürfen.
Arztgeheimnis muss gewahrt werden! Erfahrungsgemäß herrscht im fachlichen Austausch von Medizinern, z.B. bei Fortbildungsveranstaltungen, eine gewisse Sorglosigkeit im Umgang mit Patientendaten sowie der bildlichen Darstellung von Befunden. Hier gilt speziell für Benutzergruppen in Facebook: Auch im Rahmen einer solchen, ausschließlich aus Medizinern zusammengesetzten Benutzergruppe, ist das Arztgeheimnis der Patienten zu wahren. Ein fachlicher Austausch ist wünschenswert, aber es muss sichergestellt sein, dass konkrete Behandlungsfälle nur ausreichend anonymisiert in die Diskussion gebracht werden. Aufgrund der rasanten Entwicklung bei Bild- und Gesichtserkennungsprogrammen kann bei der Einstellung von Patientenphotos nur zur höchsten Vorsicht geraten werden: Der übliche „schwarze Balken“ dürfte häufig nicht ausreichen, um einen ausreichenden Patientenschutz zu gewährleisten. Generell bestehen bei der Einstellung von Fotos in Facebook rechtliche Schranken. Zwar ist es absoluter Standard, dass Unternehmen auf Facebook mit Abbildungen einen „kundennahen“ Eindruck von ihrem Unternehmen vermitteln. Für Ärzte gilt hierbei jedoch das Heilmittelwerbegesetz. So untersagt § 11 HWG die Darstellung von Mitgliedern der Heilberufe bei der Ausübung
ihrer Tätigkeit. Ein Praxisrundgang im Sinne der Darstellung der Praxis und ihrer Ausstattung ist dagegen ebenso zulässig wie die Vorstellung des Praxisteams – letztere nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch in Berufskleidung – und natürlich nur mit Zustimmung der abgebildeten Mitarbeiter. Dies kann bei Ausscheiden eines Mitarbeiters durchaus eine Rolle spielen! Gegebenenfalls sollte die Zustimmung also schriftlich eingeholt werden. Immer dann, wenn es sich nicht um selbst gefertigte Fotografien handelt, sind auch urheberrechtliche Fragestellungen zu berücksichtigen. Es ist empfehlenswert, sich vom Fotografen weitgehende Nutzungsrechte übertragen zu lassen.
Missbrauch in Bewertungsportalen melden Wer kennt sie nicht, die Arzt-Bewertungsportale im Netz? Sie haben bereits für viel Aufregung gesorgt und dies wird so bleiben. Seitens der Ärzteschaft besteht die berechtigte Sorge, dass derartige Bewertungsportale weniger ein objektives Bild vermitteln, als vielmehr subjektiven Emotionen von Patienten Raum bieten und schnell zur Arztschelte mutieren. Manche Bewertungsportale haben reagiert und sehen die Möglichkeit vor, Missbrauch zu melden. In der Regel wird hier auch reagiert. Ein echter Rechtsanspruch auf Unterlassung besteht jedoch erst dann, wenn entweder die Grenze zur Schmähkritik überschritten wird oder wenn falsche Tatsachen behauptet werden. Berufsrechtlich wird derzeit diskutiert, ob es dem Arzt gestattet ist, in Arzt-Bewertungsportalen entgeltlich Werbung zu platzieren und damit die Trefferquote im Rahmen von Suchfunktionen zu erleichtern. So kann es passieren, dass bei Aufrufen eines gesuchten Namens im Portal parallel bezahlte Werbung für fachgruppengleiche Kollegen platziert wird. Hier muss sich eine Rechtsmeinung der Kammern und der Rechtsprechung erst noch herausbilden. Generell ist jedoch davon auszugehen, dass die Anzeigenwerbung auch in Online-Arztportalen zulässig ist, soweit für den Nutzer erkennbar ist, dass es sich um eine bezahlte Werbung handelt. Mit der Änderung des ärztlichen Berufsrechts in den letzten Jahren steht die effektive Nutzung sozialer Netzwerke auch der Ärzteschaft frei – es gilt nunmehr, die neuen Möglichkeiten effektiver zu nutzen. .
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7B eruflich bedingte Leukoderme
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Vitiligo: Zelltransplantation ist auch bei Kindern erfolgreich
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Flecken. Was sorgt für Farbe bei Vitiligo?
Leidensdruck im arabischen Raum 7G enetische Forschung: Neue
Gen-Varianten bei Vitiligo entdeckt
Das Dossier finden Sie unter 7www.springermedizin.de/241396 oder indem Sie auf der Startseite www.springermedizin.de die Nummer 7241396 in das Suchfeld eingeben. 7 Auf der Startseite von springerme-
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