INDUSTRIE LEICHTBAU
AUTOMOBILER LEICHTBAU UNTER EINBEZUG DES GESAMTEN LEBENSZYKLUS Moderne Leichtbauweisen sind eine der Schlüsseltechnologien für eine effiziente und zukunftsfähige Mobilität. Neben der Erfüllung aller technischen Anforderungen hat sich die Volkswagen AG zum Ziel gesetzt, auch die Umweltverträglichkeit ihrer Produkte kontinuierlich zu verbessern. Dies erfolgt frühzeitig im Entwicklungsprozess stets unter Einbezug des gesamten Lebenswegs. Die Ökobilanz nach ISO 14040/44 ermöglicht es, die Umweltverträglichkeit quantitativ zu bewerten und die Entscheidungsfindung zu unterstützen.
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AUTOREN
DR. STEPHAN KRINKE
ist Abteilungsleiter Umwelt Produkt bei der Volkswagen Konzernforschung in Wolfsburg.
DR.-ING. CHRISTOPH KOFFLER
war bis März 2010 in der Abteilung Umwelt Produkt der Volkswagen Konzernforschung in Wolfsburg zuständig für Leichtbau-Ökobilanzen. Er arbeitet heute als Senior Consultant bei PE International.
DIPL.-ING. GÜNTER DEINZER
ist Abteilungsleiter Technologieentwicklung Nichtmetallische Werkstoffe & FVK im Audi Leichtbau Zentrum Neckarsulm.
DIPL.-ING. UWE HEIL
ist in der Abteilung Werkstofftechnologie und Recycling der Audi AG in Ingolstadt zuständig für Ökobilanzen.
LEICHTBAU-ÖKOBILANZEN
Leichtbau ist aus dem heutigen Automobil nicht mehr wegzudenken. Stetig steigende Anforderungen der Gesetzgeber erfordern mittelfristig eine deutliche Reduktion der CO2-Flottenemissionen und somit die Senkung des Kraftstoffverbrauchs über alle Fahrzeugklassen hinweg [1], . Ungefähr ein Drittel des Kraftstoffverbrauchs im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) ist dabei ganz oder teilweise masseabhängig, . Neben Effizienzsteigerungen am Antriebsstrang und der aerodynamischen Optimierung ist somit vor allem der Leichtbau eine geeignete Maßnahme, den Kraftstoffverbrauch eines Automobils zu senken. Bei der Bewertung der Umweltverträglichkeit eines Fahrzeugs müssen neben den Fahremissionen der Nutzungsphase auch Emissionen aus der Herstellung und dem Recycling betrachtet werden. Die Volkswagen AG hat sich daher zum Ziel gesetzt, ihre Produkte im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung stets so weiterzuentwickeln und zu optimieren, dass sie über den gesamten Lebenszyklus ein besseres Umweltprofil aufweisen als ihr jeweiliger Vorgänger [2]. Zur Quantifizierung der Umweltwirkungen über den gesamten Lebenszyklus stellt die Ökobilanz, wie sie in den ISO-Normen 14040 und 14044 beschrieben ist [3, 4] ein geeignetes Umweltmanagement-Instrument dar. Eine Ökobilanz erfasst und bewertet sämtliche Inputs (Ressourcen, Energie) und Outputs (Emissionen, Energie) aus der beziehungsweise in die Umwelt, die durch ein Produktsystem im Verlauf von dessen Herstellung, Nutzung und Verwertung verursacht werden. Im Gegensatz zu anderen Werkzeugen des Umweltmanagements, wie der Materialflussanalyse oder des Risk Assessment, ist sie produktorientiert, quantitativ, integrativ und naturwissenschaftlich [5]. Dadurch ist sie geeignet, Umweltwirkungen auf Produktebene zu vergleichen, Problemverschiebungen zu vermeiden und eine qualitativ hochwertige Datenbasis für Entscheidungsunterstützung zur Verfügung zu stellen [6]. In Bezug auf den automobilen Leichtbau ist dieser Ansatz von besonderer Relevanz, da bekannt ist, dass Leichtbauwerkstoffe, wie Aluminium oder Magnesium, in der Herstellung energieintensiv sind, [7]. Die damit in Verbindung stehenden Umweltlasten, allen voran die Treibhausgase des Kyoto-Protokolls [8], sollten aus Sicht des Klimaschutzes durch die Kraftstoffeinsparungen in der Nutzungsphase möglichst frühzeitig wieder ausgeglichen werden. Erst dann ist bei der Volkswagen AG von „intelligentem“ Leichtbau die Rede, . METHODISCHES VORGEHEN
Die Volkswagen AG verfügt über langjährige Erfahrungen im Bereich der automobilen Ökobilanzierung. Die erste diesbezügliche Studie weltweit wurde bereits 1996 veröffentlicht [9]. Seitdem wurde das Instrument der Ökobilanz für die unternehmensinterne Anwendung systematisch weiterentwickelt und in interne Prozessabläufe zur Entscheidungsunterstützung eingebunden. Leichtbaubilanzen bilden dabei einen Schwerpunkt. Während Informationen zur Werkstoffherstellung in vielen Fällen kommerziell oder öffentlich verfügbar sind [7, 10-13], ist es vor allem die Berechnung der Nutzungsphase, die besondere Aufmerksamkeit verdient. 06I2010
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INDUSTRIE LEICHTBAU
CO2-Gesetzgebungen für Pkws weltweit
Der aktuelle Kenntnisstand zu dieser Thematik wurde vor Kurzem veröffentlicht [14] und soll an dieser Stelle aus Anwendersicht dargestellt werden. Der zentrale Parameter in automobilen Leichtbaubilanzen ist der sogenannte Fuel Reduction Value (FRV). Diese Kennzahl sagt aus, um wie viel der Verbrauch eines Pkws sinkt, wenn das Fahrzeuggewicht um 100 kg reduziert wird. Dieser Verbrauchseffekt lässt sich für konventionelle Verbrennungsmotoren anhand der Steigungen der sogenannten Willans-Linien (Differenzwirkungsgrade) bestimmen [15]. Im NEFZ beträgt dieser Wert für Ottomotoren zirka
0,15 l/100 km·100 kg und für Dieselfahrzeuge zirka 0,12 l/100 km·100 kg. Erlaubt die Gewichtsreduktion darüber hinaus eine Anpassung des Antriebsstrangs (Hubraumreduzierung und/oder Getriebeverlängerung bei gleichbleibenden Fahrleistungen), erhöht sich der Einspareffekt nochmals deutlich auf rund 0,35 beziehungsweise 0,28 l/100 km·100 kg [16], . Vergleicht man ein Referenzbauteil mit einer Leichtbauvariante, welche die gleiche Funktion und Qualität bei gleichzeitig reduziertem Bauteilgewicht aufweist, so ergibt sich die gewichtsinduzierte Kraftstoffeinsparung nach Gl. 1.
GL. 1
mit ΔCcomp,i:
gewichtsinduzierte Kraftstoffeinsparung von Bauteilvariante i [l/100 km] mcomp,i: Gewicht von Bauteilvariante i [kg] mcomp,ref: Gewicht des Referenzbauteils [kg] V100 kg, NEFZ: Fuel Reduction Value [l/100 km·100 kg]. Kann beispielsweise das Karosseriegewicht durch eine Leichtbaumaßnahme um 35 kg verringert werden, errechnet sich für ein Fahrzeug mit Ottomotor bei Annahme gleichbleibender Fahrleistungen im NEFZ ein Minderverbrauch gemäß Gl. 2.
GL. 2
Verbrauchsaufteilung Golf A6 1,4 TSI 90 kW M6
Treibhausgasemissionen verschiedener Werkstoffe [7]
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ΔCcomp,i=(mcomp,i–mcomp,ref)· V100 kg, NEDC·0.01
ΔCcomp,1=–35 kg·0,35 l/ 100 km·100 kg·0,01= –0,12 l/100 km
Ohne Aggregateanpassung reduzierte sich die Verbrauchseinsparung entsprechend nur auf 0,05 l/100 km. Die Annahme einer Aggregateanpassung ist daher in allen Berechnungen von elementarer Bedeutung. Sie ist aus Sicht der Ökobilanz notwendig, da dadurch die funktionelle Gleichheit in Bezug auf die Fahrdynamik vor und nach der Leichtbaumaßnahme gewahrt wird. Dennoch ist diese Sichtweise in erster Linie akademischer Natur, da in der Praxis die Realisierung der Aggregateanpassung von vielen Faktoren abhängt, zum Beispiel vom Ausgangsgewicht des Fahrzeugs, seiner Positionierung bezüglich der Schwungmassenklassen, der Höhe der Summe aller
ADMA
entsprechend durch Summation der Einzelmaßnahmen berechnen, Gl. 3.
Gewichtseinsparungen im Fahrzeug, den im Unternehmen verfügbaren Motoren und Getrieben sowie nicht zuletzt vom Zeitpunkt im Entwicklungsprozess, zu dem die jeweilige Maßnahme ausgeplant wird. So lässt sich der maximale Einspareffekt vor allem in einem frühen Stadium in Fahrzeug-Neuentwicklungen erzielen, wenn eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen eine Aggregateanpassung zunehmend wahrscheinlicher werden lässt. Die Frage, ob die Summe aller Leichtbaumaßnahmen zu einer Aggregateanpassung führt oder nicht, ist daher nur aus Fahrzeugsicht unter Kenntnis auch aller anderen Leichtbaumaßnahmen zu beantworten. Oft liegen jedoch nur Informationen über die konkret zu bewertende Leichtbaumaßnahme vor. Es empfiehlt sich daher, im Rahmen der ökobilanziellen Untersuchung von Leichtbaumaßnahmen eine Aggregateanpassung zwar als wahrscheinlichstes, nicht aber als einziges Szenario darzustellen. Der praxisrelevante Einspareffekt auf den absoluten Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs, wie in 3 dargestellt, lässt sich
n
GL. 3
∑ ΔC
Cveh,j=Cveh,ref+
i=1
comp,i
mit Cveh,j:
Kraftstoffverbrauch von Fahrzeugkonzept j [l/100 km] Cveh,ref: Kraftstoffverbrauch des Referenzfahrzeugs [l/100 km] ΔCcomp,i: gewichtsinduzierte Kraftstoffeinsparung von Bauteilvariante i [l/100 km] n: Anzahl aller Leichtbaumaßnahmen in Fahrzeugkonzept j. Es ergibt sich folglich nur auf der Fahrzeugebene ein Absolutverbrauch. Für eine Einzelmaßnahme (Bauteil/-gruppe) lässt sich nach Gl. 1 lediglich ein negatives Verbrauchsdelta ausweisen, was sich in Anlehnung an 3 durch eine negative Geradensteigung ausdrücken würde (daher auch Fuel Reduction Value und nicht Fuel Consumption Value). Das Referenzbauteil würde in einer solchen Darstellung entsprechend durch die Nulllinie repräsentiert.
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mit Aggregateanpassung gleichbleibende Fahrdynamik
0,35
0,28
ohne Aggregateanpassung gesteigerte Fahrdynamik
0,15
0,12
Fuel Reduction Values (FRV) im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) in l/100 km·100 kg [16] 06I2010
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INDUSTRIE LEICHTBAU
Treibhausgase formgehärteter Teile im Passat B6 (Herstellungsphase)
Treibhausgasbilanz formgehärteter Teile über Lebenszyklus im Passat B6 (Delta)
UMSETZUNG IN DER PRAXIS
Die Volkswagen AG verfolgt je nach Anwendungsfall verschiedene Ansätze, um das Fahrzeuggewicht zu reduzieren. Dazu gehört neben der Werkstoffauswahl zum Beispiel auch die Integration von Funktionen zur Reduzierung der Teilevielfalt. Im Karosserierohbau, der zirka 35 % des Gesamtgewichts eines Pkw ausmacht,
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haben sich bisher in der Serienproduktion der Stahl- und der Aluminium-Leichtbau sowie entsprechende Mischbauweisen durchgesetzt. Unter Stahl-Leichtbau versteht man den Einsatz besonderer Stahlgüten und/oder spezieller Formgebungsverfahren. Diese begünstigen die mechanischen Bauteileigenschaften, wie Festigkeit oder Steifigkeit, derart, dass insgesamt eine Teile-
und Materialreduktion bei gleicher oder verbesserter Funktionalität erzielt wird. Ein Beispiel dieser Vorgehensweise ist das sogenannte Formhärten hochfester Stähle, wie es in zahlreichen Konzernfahrzeugen zum Einsatz kommt. Das Prinzip ist denkbar einfach: die niedriglegierten und speziell beschichteten Bleche werden vor der Umformung auf eine Temperatur von rund 900 Grad Celsius erhitzt und anschließend während der Umformung unter definierten Bedingungen abgekühlt. Durch die dabei stattfindende Gefügeänderung lassen sich die mechanischen Eigenschaften derart verbessern, dass im Vergleich zu konventionell umgeformten Blechbauteilen beispielsweise für die betroffenen Bauteilumfänge des Passat rund 27 % Gewicht eingespart und die Teileanzahl in den entsprechenden Baugruppen deutlich reduziert werden konnte. Durch diese Gewichtseinsparung und den damit reduzierten Bedarf an Stahl sowie die Verwertung der Verschnitte in der Elektrostahl-Route sind die Treibhausgasemissionen formgehärteter Blechteile für dieses Fallbeispiel – trotz eines erhöhten Erdgasverbrauchs in der Fertigung – bereits am Werkstor niedriger als die konventionell tiefgezogener Bleche, . Durch den zusätzlichen Leichtbaueffekt in der Nutzungsphase ergeben sich weitere Einsparungen, so dass im Passat über den gesamten Lebenszyklus rund 6,1 kg CO2e pro kg formgehärtetem Bauteil eingespart werden können, . Im Aluminium-Leichtbau macht man sich die Dichtevorteile dieses Werkstoffs soweit wie möglich zunutze. Das Leichtbaupotenzial gegenüber Stahl beträgt je nach Anwendung und Stahlbauweise zwischen 10 und 40 %. Heutzutage setzt man vor allem auf eine Mischbauweise, also auf die optimale Kombination von Aluminium und Stahl. Die Herausforderung bei solch einer Mischbauweise liegt aufgrund der unterschiedlichen Materialeigenschaften insbesondere in der Beherrschung der Fügetechnik. Aktuelle Fahrzeuge wie der Audi TT oder der Audi A8 belegen die bereits seit 1994 in der Serie erfolgreiche Umsetzung dieser Bauweise. Durch die Verwendung von Aluminium in der Karosserie kann gegenüber einer vergleichbaren Stahlkonstruktion rund ein Drittel des Rohkarosseriegewichts eingespart werden. Im vorliegenden Fallbeispiel eines Misch-
baukonzepts im Mittelklasse-Segment betrug die realisierte Gewichtseinsparung 36 %, . Zusätzlich können die TreibhausgasEmissionen in der Herstellung durch ein hochwertiges Recycling der Blechverschnitte nochmals deutlich reduziert werden. Die Audi AG führt dazu beispielsweise beim aktuellen A8 die Blechverschnitte sortenrein getrennt an den Blechlieferanten zurück und ermöglicht dadurch ein Blech-zu-Blech-Recycling ohne Qualitätsverluste (closed loop). Trotz dieser Maßnahmen sind die Treibhausgas-Emissionen für die Herstellung der Aluminium-Mischbauweise im untersuchten Fallbeispiel höher als die einer konventionellen Stahlbauweise, 7. Ein weiteres Optimierungspotenzial liegt im Einsatz von Aluminium-Knetlegierungen, deren Elektrolyse zu 100 % auf Wasserkraft beruht (Beispiel Skandinavien). Durch den Leichtbaueffekt und die damit erzielbaren Kraftstoffeinsparungen während der Fahrzeugnutzung lässt sich dennoch ein Break-even erreichen. Für das konkrete Fallbeispiel ergibt sich, unter Berücksichtigung der Aggregateanpassung bei gleichbleibenden Fahrleistungen, ein Break-even von 90.000 km gegenüber der Stahlkarosserie, . Ein weiterer Einflussfaktor für die Treibhausgas-Bilanz ist die Verwertung am Lebensende des Fahrzeugs. Je nachdem, welcher Verwertungspfad beschritten wird, fällt die Gutschrift für das Sekundärmaterial mehr oder weniger hoch aus. Allen vorangegangenen Betrachtungen liegt zugrunde, dass sie ausschließlich auf einzelne Komponenten und Systeme im Vergleich der Standard- zur Leichtbaulösung beziehen. Erweitert man die Grenzen der Bilanzierung auf das Gesamtfahrzeug, so sind weitere Verbrauchseinsparpotenziale zu berücksichtigen. So ist die signifikante Gewichtseinsparung bei einer modernen aluminiumintensiven Mischbaukarosserie die Basis für weitere gewichtsreduzierende Sekundärmaßnahmen, wie etwa kleiner dimensionierte Fahrwerke und Bremssysteme. Hinzu kommen masseunabhängige verbrauchssenkende Maßnahmen, wie cw-Wert-Optimierungen, Reduzierung von Reibungsverlusten etc. Bei Audi durchgeführte Studien zeigen Verbrauchsreduzierungen, die bei Berücksichtigung aller verbrauchssenkenden Maßnahmen auf Fahrzeugebene 06I2010
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im Vorgänger-Nachfolger-Vergleich zu Break-even von unter 40.000 km führen. Die Fallbeispiele zeigen auch, dass eine pauschale Aussage, wie „Werkstoff A ist immer besser oder immer schlechter als Werkstoff B“, nicht getroffen werden kann. Ob eine Leichtbaumaßnahme zu einer besseren Treibhausgasbilanz führt oder nicht, hängt maßgeblich von der jeweils realisierten Gewichtsersparnis, der
Realisierung einer Aggregateanpassung sowie der Qualität der Sekundärwerkstoffe am Ende des Lebenswegs ab. In der Praxis kann beispielsweise eine Leichtbaumaßnahme im Fahrzeug A dazu führen, dass eine Aggregateanpassung vorgenommen werden kann, während die gleiche Leichtbaumaßnahme in einem anderen Fahrzeugprojekt B für sich genommen eine solche Anpassung nicht rechtfertigt.
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INDUSTRIE LEICHTBAU
Treibhausgase eines ausgewählten Aluminium-Mischbaukonzepts (Herstellungsphase)
In der Praxis werden aber oft einzelne Bauteile oder -gruppen unabhängig von anderen Maßnahmen optimiert und bewertet, deren Stellung in der Kausalitätskette, die letztlich zu einer Aggregateanpassung führt, nicht immer eindeutig festzustellen ist. Der Einfluss dieses Parameters ist jedoch von zentraler Bedeutung, und sollte in der Ergebniskommunikation berücksichtigt werden. Dies geschieht durch Verwendung beider FRV-Werte, wobei der eine den ausschließlich gewichtsinduzierten Effekt
beschreibt und der höhere FRV-Wert eine mögliche Aggregateanpassung beinhaltet. Darüber hinaus bestehen für jeden Leichtbauwerkstoff weitere Optimierungspotenziale. zeigt die jeweiligen Akteure und Maßnahmen entlang des Lebenszyklus. So lassen sich in der Herstellung der Werkstoffe die spezifischen CO2-Emissionen pro kg Werkstoff durch Reduzierung des spezifischen Energieverbrauchs oder/ und durch Einsatz regenerativer, CO2armer Energiequellen deutlich senken.
Treibhausgasbilanz eines ausgewählten Aluminium-Mischbau-Konzeptes über Lebenszyklus (Delta)
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Der Einsatz von Sekundär-Rohstoffen (Rezyklaten) kann einen weiteren Beitrag zur Reduzierung der Umweltlasten leisten. Als Beispiel sind hier bestimmte Gusslegierungen zu nennen, die bereits heute zu über 90 % aus Sekundärmaterialien gewonnen werden können. Aber auch prozesstechnische Aspekte, wie der Einsatz klimafreundlicher Schutzgase zum Beispiel in der Magnesiumproduktion (Substitution von SF6) oder die Verringerung von Verschnitt und Ausschuss, sind hier zu nennen. In der Nutzungsphase ist neben der verbrauchsarmen Konstruktion des Fahrzeugs durch den OEM auch der Kunde selbst gefordert, diese Potenziale optimal in die Praxis umzusetzen. Bei der Verwertung der Leichtbauwerkstoffe ist die Qualität der aufbereiteten Sekundär-Rohstoffe eine entscheidende Stellgröße, die über den weiteren Einsatz und die damit verbundenen Umweltentlastungen entscheidet. Betrachtet man dieses Gesamtbild, so erkennt man, dass umweltgerechte Produktentwicklung im Leichtbaubereich eine Vielzahl an Facetten und Handlungsoptionen bietet. Hier sind neben den Ingenieuren der Automobilindustrie auch die anderen Akteure entlang der Wertschöpfungskette (Werkstoffhersteller, Lieferanten, Verwerter) in der Pflicht, ihre Produkte weiter zu optimieren und die ganzheitliche Umweltbilanz der Fahrzeugkonzepte der Zukunft noch positiver zu gestalten.
LEBENSZYKLUSPHASE UND HAUPTAKTEURE
PRODUKTION (ZULIEFERER, OEM)
NUTZUNGSPHASE (OEM, KUNDE)
VERWERTUNG (RECYCLING-INDUSTRIE)
ASPEKT
: : : :
MASSNAHME
Energieverbrauch Engergiemix Sekundärrohstoffe prozessspezifische Aspekte
: : : :
reduzierter Energiebedarf CO2-reduzierter Energiemix erhöhter Reziklateinsatz optimierte Betriebstoffe
: Leichtbaueffekt (gewichtsinduziert, SekundärMaßnahmen wie Downsizing) : Nutzerverhalten
: konsequente Auslegung auf niedrigen Verbrauch : Vermeidung unnötigen Ballasts, optimaler Reifendruck etc.
: Rückgewinnung der Materialien : Verfügbarkeit : Qualität der Schrotte : Qualität der Rezyklate
: Einrichtung von Rücknahmesystemen : Weiterentwicklung von Separationstechnologien : Erhöhung der Ausbeute/ Qualität
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FAZIT
Wie am Beispiel der Treibhausgase gezeigt werden konnte, ist die Ökobilanz nach ISO 14040/44 dasjenige UmweltmanagementWerkzeug, welches es erlaubt, den Einfluss von Leichtbaumaßnahmen auf die Umwelt über den gesamten Lebensweg zu quantifizieren und zu bewerten. Auf diese Weise kann eine Problemverschiebung vermieden und der Netto-Effekt auf transparente und wissenschaftliche Weise ermittelt werden. Für die Berechnung der Nutzungsphase sollte das hier vorgestellte Berechnungsverfahren mittels der ausgewiesenen Fuel Reduction Values angewandt werden. LITERATURHINWEISE
[1] Europäische Union, Verordnung (EG) Nr. 443/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen im Rahmen des Gesamtkonzepts der Gemeinschaft zur Verringerung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen. 2009 [2] Volkswagen AG, Volkswagen Group Environmental Principles Products. 2008: Wolfsburg [3] Deutsches Institut für Normung, DIN EN ISO 14040: Umweltmanagement – Ökobilanz – Grundsätze und Rahmenbedingungen (ISO 14040:2006). 2006, Beuth: Berlin [4] Deutsches Institut für Normung, DIN EN ISO 14044: Umweltmanagement – Ökobilanz – Anforderungen und Anleitungen (ISO 14044:2006). 2006, Beuth: Berlin [5] de Haes, H.A.U. and M. van Rooijen, eds. Life Cycle Approaches - The road from analysis to practice. ed. U.S.L.C. Initiative. 2005, UNEP Division of Technology, Industry and Economics (UNEP/DTIE): Paris
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[6] UNEP/DTIE, Life Cycle Assessment: what is it and how to do it. 1996, United Nations Environmental Programme: Paris [7] PE International, GaBi 4 Professional. 19922010, Leinfelden-Echterdingen: PE Europe GmbH [8] Vereinte Nationen, Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen. 1998 [9] Schweimer, G.W. and M. Schuckert, Sachbilanz eines Golf, in Ganzheitliche Betrachtungen im Automobilbau, VDI, Editor. 1996, Verein Deutscher Ingenieure (VDI): VDI-Bericht 1307: Wolfsburg [10] World Steel Association, World Steel Life Cycle Inventory. 2002, World Steel Association: Brüssel [11] Ramakrishnan, S. and P. Koltun, Global warming impact of the magnesium produced in China using the Pidgeon process. Resources, Conversation & Recycling, 2004. 42: p. 49-64 [12] EAA, Environmental Profile Report for the European Aluminium Industry. 2000, European Aluminium Association: Brüssel [13] Plastics Europe, Eco-profiles and Environmental Declarations. 2009: Brussel [14] Koffler, C. and K. Rohde-Brandenburger, On the calculation of fuel savings through lightweight design in automotive life cycle assessments. International Journal of Life Cycle Assessment, 2010. 15(1): p. 128-135 [15] Rohde-Brandenburger, K. and J. Obernolte, CO2-Potenzial durch Leichtbau im Pkw, in DVMTag 2008 – Leichtbaustrategien. 2008, Deutscher Verband für Materialforschung und -prüfung e.V.: Berlin [16] Rohde-Brandenburger, K. and J. Obernolte, Wieviel Kraftstoff kosten 100 kg Mehrgewicht – Theoretische und experimentelle Untersuchungen. Interne Studie. 2002, Volkswagen AG: Wolfsburg
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