Beitr ige zum Zinsfugproblem Von Ernst Zwinggi (Basel) In der Untersuchung ,A study of the dependence of the premium on the rate of interest"0 haben wir festgehalten, daft bei der L/Ssung des Zinsful~problems in den weitaus meisten F~illen versucht wird, den Rentenbarwert zum neuen (variierten) Zinssatz ohne Neuberechnung der Kommutationszahlen anzugeben; nut ausnahmsweise wird auf die Prlimie oder auf das Deckungskapital unmittelbar, d. h. ohne vorherige Bestimmung des Rentenbarwertes, geschlossen. Anschliei~end an diese Feststellung haben wir ein Verfahren entwickelt, das ohne gr/Sfleren Rechenaufwand als er fiir die Ermittlung des Rentenbarwertes erforderlich ist, die Pr~imie zum neuen Zinsfuf~ direkt zu berechnen erlaubt. Im folgenden m6chten wir ein weiteres Verfahren mitteilen, das ebenfalls ohne bedeutenden Aufwand die neue Pr~imie anzugeben gestattet; daran anschliei~end leiten wir Formeln ab, welche das Deckungskapital bei variiertem Zinsfui~ unmittelbar bestimmen lassen. Die Grundlagen des Vorgehens gehen auf einen Ansatz zuriick, der uns den Einfluf~ einer Variation der Invalidierungswahrscheinlichkeiten auf die Pr~imie ermitteln liei~2). 1 Fiir den AnfangszinsfuB i0 mit v 0 -- 1 + i~ und mit den Abkiirzungen F(t) = rio+t dx+t, (1)
Fn = v~lx+n, o(t) =
1x+t,
l~it~t sich die Pr~imie der gemischten Versicherung ,1" schreiben als 3) n--i
(2)
F(t) + Fo P(io) _ t=on - - 1
y o(t)
t=0
t) erschienenin der Skandinavisk Aktuarletidskrift, 33. Jahrgang, 1950, S. 88--97. 2) Variation der Rechnungsgrundlagen in der Invalidenversicherung. Mitteilungen der Vereinigung schweizerischer Versicherungsmathematiker, 49. Band, 1949, S. 158--164.
3) Wir verzichten voriibergehend, das Alter x und die Dauer n als Indizes mitzufiihren. 105
1
Wir lassen io in i iibergehen. Wir setzen dazu v -
1 + i -- v° + e, womit
e bestimmt ist. Fiir die neue Pr~imie folgt dann n-1
(3)
Z (v° + e)t+l dx+t + (v o + e)n lx+n P(i) = t=o n--1
II --I'-°
E (% + e)t lx+t t=O
Durch Entwicklung yon (v o + e) t in die Binomialreihe erhalten wir fiir den Nenner unter Beachtung der Abkiirzungen (1) die Form n--I
(4)
I = E
n--I
qo(t) + -L-e
t=O
V0
n-i
qo(t) + =
q~(t) + . . . . =
Sei mit n-I
E z:=O (5)
~(~)
und n-t
bezelchnet. Ferner beachten wir, dag
(6)
iq w = ~ 0+'I • / - - (Dlt+'-i~ ~ r-1 ?j~_2 #~li+,-2~ / ~ , r-2 1 - - -
~_
- + ... ( - ~)'-' (,_~,) ('+,') + l - ~)' und schlieglich dag 4) n--i
(7)
n-1
~=0
t=O
n-1
n--I
4=0
t=O
Gleidmng (4) l~igt sich nunmehr unter Verwendung yon (5), (6) und (7) s&reiben als
..... 4) Es handelt sidl bei (7) um die T3bertragung einer bekannten Eigenschaft der Summen der diskontierten Zahlen der Lebenden Dx, S~) = Nx, S(x1) = Sx, S~ ). . . . auf die Funktion 9a(t). Vgl. dazn E. Fischer: Das Zinsfugproblem der Lebensversicherung als Interpolationsaufgabe. (Mitteilungen der Vereinigung schweizerischer Versicherungsmathematiker, 42. Band, 1942, S. 211.) Man hat an die Stelle yon Dx+ t blog ~o(t) zu setzen. 106
Wir fiihren weiter die Abkiirzungen ein
m1=
~ o 0 - - ~ o °) '
(9)
v0 mo=
2 ! ( ~ ( f f ) - - 2 ~ ° 1 1 + ~ (°°))
%9 und erhalten (10)
8"
I = m o + role + m~. ~
+ ......
Diesen Ausdruck setzen wir gleich (ll)
I = m oexp 21e+
e" + . . . .
,
wobei zwischen~ .den Parametern mi und 2i die Beziehungen gelten 5) ml
(12)
=
/%1 ITIO,
m2 = 21 ml + 22 mo,
Etwas ausgedehnter gestaltet sich die Umformung des Z~ihlers II in (3). Wir entwickeln ebenfalls zuerst in die Binomialreihe und erhalten unter Beachtung yon (1)
H = y~ F(~) + Fo + ± (13)
V°
t=o
('~')F(~) +(~)Fn + Ll=O
+ --~ ~,~o (~')F(~) +(~) F~ + . . . . . . Sei n--I
(14)
V,~°)o = ~, F(t); t=O
dann ist, analog zu (7), n--I
(15)
n--1
iF(°" = ~ , ~P~)= E ~=0
(t+')F(t)"
t=O
5) Thielesche Semi-Invarianten. Die Giiltigkeit yon (i2) kann leicht durch Differentiation yon (I0) und (11) und Koeffizientenvergleich erwiesen werden. 107
Zur U m f o r m u n g yon ~ (t-~1)F(t) beniitzen wir die Eigenschaft, da~ n--I
n--1
~0
t=O
¢o2,=y, ~,:,= y ('~)F(o, woraus folgt n--I
(16)
Y (T)F(o = WCo~)-~(o'. t=O
Die Gleichungen (14), (15) u~d (16) in (13) eingefiihrt fiihren auf
~o ~(o'+
Fo +
(17) + Vo~
......
Wir setzen no = ~(o°) + Fn, (18)
n 1 --
~(o' + (I)Fn Vo
n2 ~
2~ (,V(o2~-,/o'~+ (~) Fo), Vg
und erhalten g2
(19)
II=n o+nle+n~+
.....
,
oder auch (20)
II = n o exp )'le + 72 ~
+ .....
mit nl ~
(21)
~1 Ilo~
n~ ----Yl nl + Y2 no,
Die Ergebnisse (20) und (11) werden in (3) eingesetzt; es folgt P(i) = II I Well aber
no exp 0'1 - - 41) e + ()'2 - - 1 ~ ) ~ + " ' - • mo
-mo no -= ist, wird 108
~p(o°) + Fn ~(oO) -- P(io)
(22)
P(i) = V(i0) exp (71 - - 41) e + (y= - - 42) ~
+ .....
Damit ist eine sehr einfa&e Beziehung zwischen der gesuchten Priimie P(i) und der als bekannt vorauszusetzenden Pr~imie P(i0) hergestellt. Die Koeffizienten Yl, 7~ . . . . . ,ll, ,1o. . . . . lassen sich ohne Miihe berechnen, da sie ldcht durch die Summen der diskontierten Zahlen der Lebenden und Gestorbenen ausgedrii&t werden kiinnen. Es folgt der Rdhe nach: aus (7) 11--1
~(oO)=mo
1 EDx+t
Nx--Nx+n x V0
V~ t = 0 n--1 v=O
Vo
1 [S(a) __ S(2) - - n Sx±n' ~(?r °, = v~- [ x x+~
n(n + 1) Nx+n] ," 2 l
aus (9) ml=
m 2 --
1+va °I
1
-- Sx - - Sx+n - - Nx - - (n - - 1 ) Nx+n ,
(1 +voX i°)'° [2 S~) - - 2 S(2)x+.- - 4 Sx - - (2n - - 4) Sx+n + + 2 N ~ - - (n 2 - - 3 n + 2) Nx+n] ;
aus (12) ~1
ml m o
'1= _
m~
).~ ;
m o
aus (1) Dx+n Fn = - - ; x Vo
aus (14) n--1
v'°°) = v 7
M x - - Mx+n . x Vo
= c~+, =
au~ (15) n--1
~,0~, = y , ~ = v=O
Rx-
~
+~-
n Mx+o
V~
n(n + 1) M.+~] ! 2 109
aus (18) no
1 [Mx v~
n 1 --
1-Fi° [Rx--Rx+n--nMx+n-knDx+nl X
Mx+n + Dx+n] ,
"V0
rl 2 ~
,
(1 +voXi°)' [21~)- 2 R (2~x+n-- 2 Rx --(2n -- 2) Rx+n --
-
n(n - - 1) Mx+n -t- n(n -- 1) Dx+n t ;
aus (21) n 1 n o
7~
n2 -
-
n o
2
71"
Fiir Absch~itzungen und fiir kiirzere Versicherungsdauern geniigt es, sich in (22) auf die Bestimmung der Koeffizienten Yl und 21 zu beschr~inken, d. h. die Beziehung zu verwenden (23) P(i) P(i0) exp [(71 - - 21)~]. Gleichung (23) besagt nicht, daf~ sich die Pr~imie als eine Exponentialfunktion mit dem Zinsfuf~ selber als Variable darstellen l~i~t; die Variable ist =
~ V - - V
O.
Wir tassen auf Seite 111 einige Zahlenbeispiele folgen, welche die Giiltigkeit des Verfahrens bdegen. Die Werte unter Ziffer A sind nach Formel (23) berechnet, die Werte unter B nach Formel (22) und Beschr~inkung auf die dort angegebenen Glieder. Als Sterbetafeln und Ausgangszinss~itze i0 w~ihlten wir: a) Schweizerische Volkssterbetafel fiJr M~inner 1939/44 (SM 1939/44); i 0 = 3°/0. b) Deutsche Sterbetafel fiir M~inner 1924/26 (DM 1924/26); i 0 = 4%. Formel (23) reicht in ihrer Genauigkeit aus, Zinsfuf~variationen bis zu +1/2% zu erfassen; die relativen Abweichungen iibersteigen in keinem der durchgeredmeten Beispiele 0,50/00. Zur Berechnung der Parameter 71 und 21 find hSchstens die Zahlen Rx und Sx nStig, die wohl fiJr alle Sterbetafeln tabelliert vorliegen. Fiir Zinsfugvariationen zwischen +1/2% und + 1% steigt bei Verwendung yon (23) die relative Abweichung auf 1,9%o maximal; fiir Absch~itzungen geniigt (23) jedenfaIls immer noch. Sofern grS£ere Genauigkeit erforderlich ist, wird man (22) heranziehen; zur Berechnung yon 7~ und 2~ bedarf man der R E) und S~). Die Tabellierung dieser Werte bedeutet keinen grot~en Rechenaufwand und lohnt sich auch fiir andere Zwecke. 110
Relative Abweich~ngen in Promille
X
SM 1939/44 i o = 3°/o
DM 1924/26 i o = 4°1o
i
A
i
2°/o
1,7
0,5
1,9 1,2 0,4 0,4 0,3 0,3 0,4 0,3 0,8
0,1 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 (--) 0,5
rl
B
20 30 40 20 30 40 20 30 40 20
40 30 20 40 30 20 40 30 20 40
30
30
1,5
(--) o,2
40
20
1,0
(--) 0,1
21120/0
31/~°/o
4°/o
3°/o
A
B
1,2
0,5 0:2 0,0 0,0 0,0 0,0 0,1 0,1 0,1
0,9 0,9 0,3 0,2 0,2 0,5 0,2 0,2
3~/-'°/o
41/2%
Sofern man sich auf Gleichung (23) bes&r~.nkt und annimmt, es seien die Pr~imien fiir zwei Zinss~itze bekannt, so liif~t sich die Ermittlung yon y~ und )l1 aus den Kommutationszahlen umgehen. Fiir i = il lautet (23) e(il) = P(i0) exp [(X, - - 22) e] = P(io) exp [K e] mite = vl-
v 0. Daraus ist K berechenbar; es wird
K = 1 in P(i0. e P(io) ' damit ist die, Bestimmung yon P(i) aus
P(i)
(24)
= P(io) exp [K e]
mit der beliebigen Zinsful~variation e -- v - - v o m~Sglich. Die folgenden numerischen Beispiele belegen die Genauigkeit des Vorgehens. Fiir die Sterbetafel SM 1939/44, i o = 3°/o und i 1 = 21/2°/o erhalten wir die folgenden Abweichungen:
Relative Abweiehungen in PromiHe i
20/o 31/s°/o
4°/o
x = 20 n=40
x = 30 n=30
x = 40 n=20
1,0
0,9 0,9 2,5
0,5 0,6
0,6 1,4
1,6
Es kann nicht allgemein dariiber ausgesagt werden, welches dcr beiden beschriebenen Vorgehen genauer ist; im einen Fall sind die relativen Ab111
weidmngen kleiner, im andern gr/Si~er. Maf~gebend ist nicht allein die Zinsfuf~variation e, sondern auch der Umstand, ob man von P(i0) oder yon P(il) aus extrapoliert. Abschliei~end wollen wit die beschriebenen Verf~hren auf die n~iherungsweise direkte Bestimmung des Deckungskapitals bei Variation des Zinsfufles ausdehnen. Wir haben fiir den Zinsfut~ i0 die Beziehung t V ~ (io) = 1 - - a~+t: ~ (io) a~n7 (io)
(25) Weil
1
n-i
ax~ (io) ~- L-x ~
vt° lx +t -- m°lx
t=O
ist, folgt entsprechend I in (3) fiir den variierten Zinsfufl i die Beziehung 1
I1--1
ax~ (i) = ~ ~ (Vo + ~)t lx+t t=0
und gem~ifl (11), wenn wit nunmehr in 41 und 22 die Indizes x und n beifiigen, (26)
ax~ (i) = a ~ (i0) exp '~l (x, n) e + 42 (x, n) ~ - + . ' . .
Analog ist a~+t ".~--~1(i) = a~+t ."n--~l (i0) exp/41 (x -t- t, n - t ) e + + ,~(x-I- t , n - t ) - ~ - + . . . . Beide Gleichungen eingefiihrt in t V ~ (i) = 1
ax+t: ~ (i) ax~ (i)
ergeben tVx~ (i) - - 1 - - ( 1 - tVx~ (io))exp [(41 (x + t, n - t ) -
4t (x, n))e +
Es treten in (27) die n~imlichen Parameter ~1 und 4z auf wie in (22); somit gelten fiir die Darstellung durch Kommutationszahlen die gleichen Formeln wie vorher. Die Giite der Approximation geht aus den folgenden Beispielen hervor, welche fiir x = 30, n = 30 berechnet sind. Die Werte unter Ziffer A gelten bei Besdtr~inkung auf 41, die Werte unter B bei Mitnahme des Gliedes mit 42. 112
Relative Abweichungen in Promille Sterbetafel
t = 10
Zinsfut~
t = 20
A
B
A
B
SM 1939/44 i 0 = 3 °/0 i i
= 2*/2% = 31/2%
( - ) 1,3
0,0 0,0
(--) 0,4 ( - ) 0,4
0,0 0,1
( - ) 5,0 ( - ) 1,3 (--) 1,3
(--) 0,1 0,0 0,1
( - ) 2,0 ( - ) 0,5 (--) 0,6
0,0 0,0 0,0
(--)
DM 1924/26 i o = 4 °/o i = 3 % i = 31/-.% i = 4'/2%
1,2
Begniigt man sich in (27) mit dem Parameter 21, also mit (28)
tVx~ ( i ) = 1 - - ( 1 - -
tVxn7 (io)) exp [(21 (x + t , n - - t ) - - 3 4 (x, n)) 8]
und nimmt an, das Deckungskapital sei zu den beiden Ziffern io und il bekannt, so fiihrt das schon bei der Pr~imie angewendete Verfahren zu einer einfachen Extrapolationsformel. Fiir i = i 1 ist tVxn7 ( i l ) = 1 - - ( 1 -
tVxn7 (io))exp [(2x (x + t , n - - t ) - -
21 (x, n))13] =
= 1 - - (1 - - tVxn7 (io)) exp [ H e ] mit ~ = v 1 - - v o. Daraus folgt fiir (29)
H
1 In 1 - - tVx~ (il) 8 1 - - t V x n 7 (io) " Aus dem nun bekannten H kann auf das Deckungskapital zum Zinsfuf~ i geschlossen werden gem~if~ =
(30) tVxn7 ( i ) = 1 - - ( 1 - - tVxn7 (io)) exp [ H e ] mit 8 = v - - v o. Filr die Sterbetafel DM 1924/26, x = 30, n = 30, i o = 4°/o, i 1 = 3t/Wo erhalten wir folgende Abweichungen:
Relative Abweichungen in Promille t
i = 30/o
10 20
(--) 2,6 (--) 1,0
i =
4112o/0
(--) 2,8 (--) 1,2
Auch hier gilt die Bemerkung, daf~ die Genauigkeit davon abh~ingt, wie wir io und il w~ihlen und ob wir yon i o aus oder von il aus extrapolieren. 113