Aus der K6niglich Chirurgischen Klinik zu Kiel. (Direktor: Prof. Dr. W. A n s c h i i t z .
Uber das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosen im Kindesalter Von Dr. M a x B r a n d e s , Assistent der Klinik.
I. Es liegt nicht in unserer Absicht, auf Grund neuerer Erfahrungen die Streitfrage tier Indikationsstellung flit eine konservative oder operative Behandlung zu entscheklen. Wir wollen uns lediglich aus dem hier zusammengetragenen Materiale ein Bild davon machen, wie das Endresultat tier im Kinclesalter wegen Tuberkulose vorgenommenen Resektionen des Kniegelenks aussieht. Zu einer Nachuntersuchung veranlaBten uns verschieclene Momente: Einmal ist in letzter Zeit wiederholt auf die angeblich traurigen Resultate solcher Kniegelenksresektionen hingewiesen worden, so dab wir uns selbst gem ein eigenes Urteil durch Nachuntersuchungen bilden wollten, zum andern interessierte uns besonders zu erfahren, ob die b o g e n f 6 r m i g e n R e s e k t i o n e n nach der Methode H e l f e r i c h s bessere ocler schlechtere Endresultate ergeben wtirden. Wir haben nun versucht, um ein klares Bild zu erhalten, alle Kinder, we]che in den Jahren 1899--I9o 7 (8 89 Jahre) wegen Tuberkulose des Kniegelenks reseziert wurden, nachzuuntersuchen, um Erfolge unc[ MiBerfolge clieser Methode pers6nlich kennen zu lernen. Zugleich stellten wir auch Nachforschungen nach den Kinclern an, welche in jenen Jahren tiberhaupt einem radikalen operativen Eingriff wegen Kniegelenktuberkulose unterzogen wurden, um tiberclas g e s a m t e o p e r i e r t e Kindermaterialjener I) Uber das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosen b c i Erwachscnen wird yon M a y berichtet werden.
l~ber das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosen usw.
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Jahre berichten zu k6nnen. Nur solche ausgedehnten Untersuchungen k6nnen uns kritisch zu verwertende Urteilsm6glichkeiten geben. A u s g e f i i h r t w u r d e n i n d e n 81~ J a h r e n im g a n z e n 27 r a d i k a l e E i n g r i f f e b e i 26 K i n d e r n u n t e r 15 Jahren. Diese Zahl ist eigentlich nicht grog, obwohl in Schleswig-Holstein die Knochen- und Gelenktuberkulose sehr h~iufig ist und im allgemeinen auffallend schwere F~ille der Klinik zugefiihrt werden. Aus dieser Zahl ist demnach schon die Tatsache zu entnehmen, dab damals nur jene FS.lle im Kindesalter operiert wurden, wo die konservative Therapie versagt hatte oder wo der herunter gekommene k6rperliche Zustand dringend einen radikalen Eingriff forderte. Im sp~teren Lebensalter ist die Indikation eher und damit h~iufiger gestellt worden; aus den Krankengeschichten ist festzustellen, dal3 wegen Kniegelenktuberkulose b e i IOO R a d i k a l e i n g r i f f e n j e n e r J a h r e 73 O p e r a t i o n e n auf Patienten f i b e r 15 J a h r e e n t f i e l e n . Das Hauptaugenmerk richteten wir auf das E n d r e s u 1 t a t der resecierten F~ille, undumhiereinsicheresBildzu erhalten, haben wir alle tiberhaupt noch auffindbaren Kinder auf unsere Kosten nach Kiel reisen lassen, um sie hier einer eingehenden Untersuchung zu nnterziehen. Wir konnten unm6glich auf das Herumschicken von Fragebogen uns beschr~inken, da hierbei durch die Unriehtigkeit der Angaben mannigfaltige T~iusehungen m6glieh sind, welche auf diese Weise allein sicher ausgeschlossen werden konnten. Einige Kinder waren verstorben, einige Familien haben wir dutch eine Reihe von Gemeinden verfolgt, bis sich schlieglich jede weitere Nachforschung als erfolglos herausstellte. Immerhin ist es uns doch gelungen, yon den resecierten Kindern, auf die es uns haupts/ichlich ankara, noeh 14 (darunter 2 Arthrektomien), aufzufinden und alle 14 haben sich der Nachuntersuchung in der Klinik willig gestellt. Auch die frtiher a m p n t i e r t e n Kinder haben wit persSnlich nachuntersucht. Ist so die Statistik und das ihr zugrunde liegende Material bei der reservierten Stellung der Indikation zu einem radikalen Eingriff im Kindesalter (obwohl ein Zeitraum yon 8 89 Jahren beriicksichtigt wurde) notwendigerweise nur klein, so glaube ich doch,
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dab unsere Resultate deshalb einen besonderen Wert beanspruchen dfirfen, weil sie festgestellt sind durch eine fast lfickenlose pers6nliche Nachuntersuchung aller jener, nach den gleichen Grunds~itzen operierten, kindlichen Kniegelenks-Tuberkulosen, bei denen in einzelen F~illen die O p e r a t i o n b i s zu 12 J a h r e n z u rfickliegt. Auf die Frage, warm die konservative Therapie abgebrochen und die Indikation zu einem chirurgischen Eingriff gestellt werden soll, will ich nicht eingehen. Die Grenze, bis zu welcher der einzelne mit der konservativen Therapie zu gehen pflegt, variiert auch heute noch so sehr, dal3 auch das Endresultat der Resektion allein eine einheitlichere Anschauung hier anzubahnen, nicht ausreichen wird. Zu viele andere Momente pflegen hier die M6glichkeit oder Unm6glichkeit der Fortsetzung einer konservativen Therapie zu beeinflussen und spielen, ganz abgesehen von Schulansichten der Artze und sozialen wie-allgemeinen Lebensverh~iltnissen der Patienten, eine bedeutende Rolle. Dem formalen und funktionellenEndresulrate der resezierten Extremitgten soil haupts~ichlich unser Interesse zugewandt sein; erst das Fazit dieser und auf breiter Basis vielleicht fortgesetzter gleicher Untersuchungen kann im Verein mit anderen Momenten, zu einer Revidierung oder Fixierung unserer Anschauungen fiber die Indikation zur radikalen Therapie ftihren. - - Ein kurzer Uberblick fiber die Endresultate, welehe in den groBen Statistiken, soweit sie das Kindesalter besonders beriieksichtigen, niedergelegt sind, erscheint mir unerl~iBlich, jedoch soil derselbe ~iuBerst knapp gehalten sein. Ich verweise auf die am Schlul3 zusammengestellte Literatur zur weiteren Orientierung. Die ~ilteren Arbeiten yon A 1 b r e c h t und C a u m o n t beziehen sich zum Teil noch auf F~ille der vorantiseptischen Zeit, ihre Konsequenzen sind nicht mehr brauchbar, zumal auch nichttuberkul6se Erkrankungen einbezogen sind. Naehdem 1884 auf dem Chirurgenkongrel3 K 6 n i g und V o 1 k m a n n die Kniegelenkresektion bei Kindern unter 14 Jahren wegen ihrer schlechten funktionellen Resultate ganz zu verlassen vorschlugen, (was A 1 b e r t schon 1874 getan hatte) und an ihrer Stelle die Arthrotomie oder Arthrektomie empfahlen, versuchte man doch zun~ichst yon verschiedenen Seiten die Resektionsberechtigung aufrecht zu erhalten.
13bet das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosen usw. 493 So gab H o f f a 1885 eine Zusammenstellung der Kniegelenksresektionen bei Kindern. Er sammelte 13o F~lle aus der Literatur, welche mindestens ein Jahr lang nach der Operation (meist jedoch viel l~ngere Zeit nach derselben) nachuntersucht worden sind. Er selbst ftigte25 v o n L i n h a r t , B e r g m a n n , Riedinger undMaas resezierte F~lle hinzu. Seine eingehenden Nachuntersuchungen gaben ein das Resultat der Resektion gut illustrierendes Material. Wir wollen nur wenige Tatsachen, die als Parallelstellung zu unseren Ergebnissen wichtig erscheinen, hervorheben. Wegen tuberkul6ser R e z i d i v e muBten yon 195 Kindern i I = 6 Proz. sp~ter amputiert werden, es starben sp~ter (trotz der Resektion), an Tuberkulose von 186 Kindern 13 ~ 7 Proz. Wichtig fiir die Beurteilung des Endresultates ist die dutch die Operation, wie dutch eine Wachstumsst6rung eintretende V e r k ii r z u n g des Beines. Bei den H o f f a schen F~llen ist eine Gruppierung gemacht, je nachdem ob durch die Resektion beide Epiphysenlinien entfernt oder bei der Operation schon durch den Krankheitsprozel3 als zerst6rt erkannt wurden, oder ob eine lediglich intraepiphys~re Resektion vorgenommen werden konnte. Nach Z e r s t 6 r u n g beider Epiphysenlinien ist natiirlich eine enorme Verkfirzung eingetreten, - - z w e i Jahre nach der Operation bestehen schon Differenzen his zu IO cm; nach 31/2 Jahren wurde eine solche von 15 cm beobachtet. Die Verkt~rzungen nehmen dann zu, entsprechend der L~nge der nach der Resektion verflossenen Zeit. Bei Z e r s t 6 r u n g nur einer Epiphysenlinie fanden sich Verkiirzungen yon 6--17 cm, wenn es sich um die Femur-Ephiphysenlinie handelte; von 6--151/2 cm, wenn die Tibiaepiphysenlinie zerst6rt war. Die Verkiirzungen bei i n n e r h a l b der Epiphysenlinie ausgefiihrten Operationen schwanken zwischen i cm und zwar ein Jahr nach der Operation und 131/2 cm 6 Jahre nach der Resektion. Aus H o f f a s iibersichtlichen Tabellen (auf Seite 79o--91) geht evident hervor, wie mit dem seit der Operation verstrichenen Zeitranme die Gr6Be der Verkiirzung zunimmt, und daraus folgt, wie ungerechtfertigt es ist, kurze Vergleichswerte verschiedener Statistiken hieriiber in Durchschnittszahlen gegeneinander auszuspielen. Nur groge Ubersichtstabellen, wo alle beeinflussenden Momente beriicksichtigt sind, geben richtige und wertvolle Einblicke. Die bedeutenden Verkiirzungen, welche nicht mehr der Gr6ge der bei der Resektion entfernten Knochenteile entsprechen, glaubt H o f f a nicht der Resektion, sondern der tuberkul6sen Erkrankung selbst zuschreiben zu miissen, denn auch bei konservativer Behandlung und Heilung kann es zu enormen Verkiirzungen kommen (18 cm nach 12
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Jahren), welehe teilweise auf einer Inaktivit~itsatrophie (K 6 n i g , B r y k) oder auf trophischen St6rungen (K 6 n i g , W o 1 f f) beruhen sollen; ihre Hauptursache liegt aber nach H o f f a s Ansicht in der Knochenerkrankung selbst. Die Verktirzungen allein, welche, wie H o f f a ausdriicklich hervorhebt, bei gelungener intraepiphys~irer Resektion nach Jahren nicht gr6Ber sind, als bei der Mehrzahl tier konservativ behandelten gleichartigen Erkrankungen, - - o f t aber sogar geringer, haben nicht die gr6Bte Schuld an tier Tatsache, dab die Resektionen im Kindesalter schon so frfih in MiBkredit geraten sind; schwerer in die Wagschale fallen die Flexionskontrakturen. In dem von H o f f a zusammengetragenen Materiale fanden sich 54 real Flexionskontrakturen und zwar handelte es sich 24 mal urn leichte, 30 real urn st~irkere Winkelstellungen. DaB die leichten Flexionsstellungen nicht als MiBerfolge zu betrachten sind, sondern friiher sogar absichtlich von den Operateuren herbeigefiihrt wurden, soll bier nut erw~ihnt werden, sp~iter komme ich noch n~her auf die Genese, Therapie und Bedeutung yon Flexionskontrakturen zuriick. H o f f a neigte in seiner Arbeit der Ansicht zu, dab die Flexionskontrakturen sieh dutch rationelle Methodik und mindestens I Jahr durchgefiihrte Nachbehandlung vermeiden lassen mtissen und glaubte aueh, die Verkiirzungen durch sparsame Abs~igung schmaler Scheiben tier Gelenkenden auf ein Minimum herabsetzen zu k6nnen. So diirfen wir wohl annehmen, dab H o f f a der Resektion im Kindesalter nicht ablehnend gegeniiberstand, wenn eine anfiingliche, konsequent durchgefiihrte konservative Therapie nicht zum Ziele fi~hrte. Eine hoch interessante kurze Mitteilung fiir die Berechtigungsfrage der Resektion im Kindesalter brachte D o 11 i n g e r (1888). Er wies nach, dab bei nicht resezierten Kindern die Extremit~t im Wachstume zuriickzubleiben beginnt, wenn der entztindliche Reizungszustand, die Hyper~imie, aufgeh~rt hat, und ,,wenn infolge der narbigen Schrumpfung zahlreiche Gef~iBe in tier Umgebung des Gelenkes obliterieren und die Epiphysenknorpel mit Blut mangelhaft versehen werden." Dabei steht die L~ingendifferenz der Knochen mit der Zahl tier seit Beginn der Entztindung verflossenen Jahre nicht immer im geraden Verh~iltnisse", vielmehr ,,spielt die Intensit~it tier abgelaufenen Entztindung, die Zerst6rung, welche sie in dem Ern~hrungsapparate der Epiphysenknorpel oder in den Knorpelscheiben verursachte, eine bedeuten~te modifizierencte RoUe." Auf Grund dieser Beobachtung bejaht aueh D o 11 i n g e r die Berechtigungsfrage der Resektion im Kindesalter, wenn auch zugegeben werden muB, dab die Resektion der Gelenkscheiben die unmittelbare Ursache der (so lange das Wachstum dauert) zunehmenden Verkiirzung des Beines ist.
l~ber das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosen usw. 495 ,,Aber schon der Umstand, (lab (lie Verkiirzung der Extremit~tt selbst dann nicht ausbleibt, wenn die Knorpelscheiben bei der Resektion geschont wurden, macht es wahrscheinlich, (lab in diesen Fallen f ii r die Verkiirzung nicht der operative Eingriff zur Verantwortung gezogen werden kann, sondern dab die Epiphysenknorpel durch den tuberkul6sen ProzeB zur regelm~iBigenKnochenbildung unf~ihig werden." Bei nicht resezierten Beinen wurden yon D o 1 1 i n g e r bei schweren tuberkul6sen F~illen Verkiirzungen um 8 - - I O cm, ja bis zu 191/o_ cm beobachtet, was auch H o f f a schon hervorgehoben hatte. Da man gr6gere Verkiirzungen kaum nach Kniegelenksresektionen im Kindesalter beobachtete, glaubt D o 11 i n g e r , (lab selbst (lie bei schweren ostalen Formen ev. notwendige Fortnahme der Epiphysenknorpel bei der Resektion alas Endresultat nieht mehr verschlechtert, da diese Wachstumsorgane auch bereits in solchen F~illen durch den tuberkul6sen Prozeg zerst6rt oder bis zur Bedeutungslosigkeit gesch/idigt worden sind. Da man im Kindesalter wohl stets nur schwere tuberkul6se Erkrankungen einer Resektion zu unterwerfen pflegt, mu[3 man nach H o f f a s und D o 11 i n g e r s Darlegungen selbst (lie h6heren Grade der Verkiirzungen nicht mehr der Resektion an sich zuschreiben; (lie konservative Ausheilung ftihrt in schweren F~illen zu denselben Verkiirzungen! Auch C a u m o n t hat eine Durchschnittsverkiirzung von 4,3 cm bei konservativer Behandlung nach 8 Jahren gefunden. Anders mit der Flexionskontraktur; in dieser St6rung haben wit ganz offenbar einen Naehteil, welcher als Sp~itfolge eigentlich lediglich nach der Operation eintritt. Die Arbeiten von W i l l e m e r (K6nig 1885), H i t z e g r a d (Esmarch, 1888) bringen ein groBes Material, doch beherrschten hier wesentlich andere Momente und Fragen das Interesse, eine Beurteihmg gerade des funktionellen Endresultats nach kindlichen Resektionen steht hier nicht im Vordergrunde. H i t z e g r a d s Arbeit zeigt, (lab nach durchschnittlich 51"., Jahren yon den geheilt und unvollkommen geheilt entlassenen Patienten 91 Proz. sich einer guten, zum Tell vorziiglichen Gebrauchsf~ihigkeit ihres Beines erfreuen und resiimiert, (lab also auch die Endresultate den Wert tier Resektion nieht herabsetzen. Uns interessiert, (lab in dieser Statistik fast nut jugendliche, sogar sehr viel kindliche F~ille enthalten ~ind. Die 1889 erschienene Arbeit von N e u g e b a u e r enth~ilt wohl zahlreiche Resektionen yon Kindern, jedoch ist eine Heranziehung dieses Materials unm6glich, da Diagnose und (lie Mitteilung der Krankengeschichte so unvollkommen ist, (lab eine Ausbeutung und kritische Verwertung tier kindlichen, wirklich wertvollen F~tlle und ihrer Endresultate unm6glich ist; jedoch hat T s c h u d y nachgerechnet, daf3
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die durchschnittliche Winkelstellung bei den Unerwachsenen 164 Grad (I. his 9 - L e b e n s j a h r ) u n d 169 Grad (9. his 18. Lebensjahr) hier betrageu haben soll. Die B o t h e s c h e Arbeit aus tier B r u n s s c h e n Klinik (189o) enth~ilt ebenfalls viele kindliche Resektionsfiille, bei denen die Nachuntersuchung Verkfirzungen yon I - - I I und 12 cm ergaben, bei Betroffenwerden der Epiphysenlinien steigen die Verkfirzungen his zu 14 und 19 cm (letztere 8 Jahre nach der Resektion). Andererseits wurde auch hier wieder festgestellt, dab die Verkfirzung des Beines bei Patienten unter 14 Jahren, die vor Inehr als 4 Jahren reseziert wurden, eine kleine geblieben ist, falls die Ausdehnung der Resektion mSglichst beschr~nkt wurde, dab aber bei den Patienten, wo wegen grSBerer Ausdehnung der Krankheit mehr entfernt wurde, ,,die Verkiirzung zwar oft eine betr~chtliche ist, aber keineswegs eine solche, um das Bein zu einem unbrauchbaren zu machen, es erffillte vielmehr in allen F~llen eine ibm zukommende T~tigkeit in stets hinreichender, meist abet sehr guter Weise." Allein die bei der Gesamtheit seiner F~lie in einem kleinen Bruchtell der Resektionen die guten Resultate vereitelnden Winkelstellungen beeintr~ichtigen die sonst g~instigen Resultate, jedoch ffihrt d a s G e samturteil Bothes zur Anerkennung der Berechtigung der Resektion im Kindesalter. 1892 verSffentlichte T s c h u d y eine Untersuchung fiber ,,d i e funktionellen Resultate tier konservierenden und operativen Behandlung chronisch-fungSser Kniegelenksentziindungen i m K i n d e s a 1 t e r", welche eine eingehende Besprechung verdient. Er berichtet fiber 17 konservativ behandelte F~lle, 7 Arthrektomien und IO Resektionen aus dem Kindesalter, wobei er besonders alas Endresultat berficksichtigt. Uns interessiert nur alas Endresultat seiner Resektionen, welche alle an schweren Formen yon Tuberkulose litten; 2 real trat bald nach tier Operation ein Rezidiv ein. Die durch Operation gesetzten Verktirzungen nahmen ausnahmslos mit den Jahren zu, die geringste Verkfirzung, durchschnittlich 9 Jahre nach der Resektion, miBt 9,4 cm, die st~rkste 18 cm. (Mittlere Gesamtverkfirzung 11, 5 cm). Noch schlechter erweisen sich die Resultate, wenn man die eingetretenen Winkelstellungen ins Auge fafit: ,,Bei keinem der Patienten ~rhielt sich die zuerst vorhandene Streckstdlung und wurde deshalb in 9 yon den IO F~llen spiiter eine Korrektur der Stellung vorgenommen und zwar 3real wegen Genu varum, 5 real wegen Flexionskontraktur. In 4 F~llen suchte man dutch einfaches Redressement forc~ zum Ziele zu gelangen, 5 real wurde die Osteotomie der Tibia zu Hilfe genommen."
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In einem Fall beobachtete T s c h u d y das Eintreten einer nur fibr6sen Vereinigung der beiden Knochenenden, in einem anderen Falle bestand eine Pseudarthrose. Dutch nachtr~iglieh ausgeftihrte Korrekturen wurden nur in 4 F~llen bleibende Gradstellungen des Gliedes erreicht: ,,bei den iibrigen 6 Kranken ist trotz aller Bemiihungen wieder Flexionsstellung yon 15o bis 127 Grad eingetreten, wozu in 3 F~illen Genu varum yon 167 bis ~5o Grad und in einem Falle Genu valg. yon 164 Graq trat." Das sind in der Tat traurige Resultate; als Grund m6ehte ich eine ungentigende Naehbehandlung annehmen. Besonders wertvoll ist die Arbeit T s c h u d y s noch, wie ich nicht vers~iumen m6chte, hervorzuheben, dutch die Angaben tiber Verktirzungen und Flexionsstellungen bei kindlichen und jugendlichen F~illen, die T s c h u d y aus den fftiheren Statistiken anderer Kliniken zusammengestellt hat. Naeh T s c h u d y liefert die konservative Behandlung aueh die besten funktionellen Endresultate; ein operativer Eingriff soil daher m6glichst lange vermieden werden. ,,Gestalten sich die Umst~inde so, dab die Operation nicht mehr zu umgehen ist, so kommt die Arthrektomie in erster Linie ftir das Kindesalter in Frage; w~ihrend die Resektion m6glichst zu vermeiden ist." I894 hat H e r b i n g Resultate yon Knieresektionen mitgeteilt, welche zum Tell durch eigene Nachuntersuchungen kontrolliert waren. H e r b i n g vertritt einen auffallend radikalen Standpunkt der Frtihresekdon, die Resultate sind flit uns daher weniger wichtig. Auch ftir die Frtihresektion ist I9OI L u d lo f f eingetreten in einem Vortrage in K 6 n i g s b e r g tiber die Dauererfolge in der Behandlung der Kniegelenkstuberkulose; hier hat L u d l o f f auch die bogenf6rmige Resektionsmethode H e 1 f e r i c h s empfohlen. Erw~ihnen will ich nut noch, dab L u d l o f f hier feststellte, dab bis zum 15. Lebensjahre das konservative Verfahren 26%, das blutige 28% Kontrakturen zur Folge gehabt hatte. 19o 3 hat D a m i a n o s Beitr~ige zur operativen Radikalbehandlung der Kniegelenkstuberkulose mit besonderer Beriicksichtigung der Anwendung der Jodoformplombe nach v. M o s e t i g mitgeteilt. Bei den Resektionen wurde nach H e l f e r i c h bogenf6rmig abges~igt. D a m i a n o s konnte tiber das Sp~itresultat yon 12 resezierten Kindern berichten; es waren I I Kinder dauernd geheilt geblieben. Die Verktirzung in diesen F~illen ist auffallend gering, in einzelnen F~illen kaum merklich; in einem Falle nach 3 Jahren keine Verkiirzung vorhanden. (Literatur yon 1894 his 19o2 ist am Ende dieser Arbeit eingehend angegeben.) Erst im Jahre 19o 3 erschien H o f In e i s t e r s eingehende Arbeit ,,fiber Verkriimmungen des Beines nach Kniegelenksresektionen im Kindesalter", in welcher H o f m e i s t e r Bericht erstattete tiber das funktionelle Endresultat
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yon lO7 F~illen, welche 1 - - 7 Jahre nach der Resektion im Kindesalter nachuntersucht wurden. Absolut gerade Beine fanden sich nur 18 real ( ~ 16,8 Proz.) bei Einrechnung der F~lle his 165 Grad Flexion 29real ( = 2 7 , I Proz.); Flexionskrfimmungen von 14o--16o Grad (30 ~ 28 Proz.). Schwere Flexionskriimmungen, d. h. solche von 13o Grad und weniger fanden sich in 47 F~illen ( = 44 Proz.). H o f m e i s t e r glaubte feststellen zu k6nnen, dab die Flexionskrtimmung urn so h~iufiger ist, je friiher bei Kindern die Resektion vorgenomlnen wurde; wird die Resektion erst ienseits des 14. Lebensjahres vorgenommen, so glaubt H o f m e i s t e r die Entstehung einer Flexionskontraktur ausschlietlen zu k6nnen. Hatten vor allem H o f f a s und B o t h e s Arbeiten doch noch Aussichten auf eine erfreulichere Herbeifiihrung funktionell gtinstigerer Resektionsresultate auch im Kindesalter gegeben, so miissen T s c h u d y s Mil3erfolge und die H o f m e i s t e r s c h e n Zahlen iiber das noch sprite Eintreten so zahlreicher und hochgradiger Flexionskriimmungen geradezu niederschmetternd gewirkt haben. Auf die Studien H o f in e i s t e r s iiber die Formen und die Genese der Flexionskontrakturen gehe ich spXter kurz ein. Nicht weniger als I I zeigten einen Kriimmungswinkel unter IOO, die st~irkste Kriimmung betrug 7 0 Grad. Die Verkfirzungen hat I-I o f m e i s t e r nicht n~iher beriicksichtigt. Hervorheben will ieh nur, dab erst bei den Patienten, welche eine Flexionskontraktur yon 13o oder weniger besaBen, noch durch eine Keilresektion eine operative Korrektur des Resultates herbeigefiihrt wurde. DasvonBruns, BotheundHofmeisterpnblizierteMaterial hat sp~iter B 1 a u e 1 noch eimnal zusammengefal3t und ergiinzt, so dab er in seiner 19o4 erschienenen Arbeit fiber 400 Resektionen berichten konnte, welche in einem Zeitraum von 27 Jahren in der Tiibinger Klinik nach derselben Indikation und denselben Prinzipien ausgeffihrt waren. Bei den von D r a u d t (19o5) aus tier G a r r ~ schen Klinik mitgeteilten Resektionsuntersuchungen findet sich wieder best~itigt, dab fast alle Flexionskontrakturen nur bei Resektionen im 1.--13. Lebensjahre eintreten. 18 zeigen eine Verkriimmung von 17o--15o Grad, 37 Patienten unterhalb 13 Jahren reseziert, sind gestreckt heil, 7 Patienten weisen st~irkere Verkriimmungen als 15o Grad auf. In Prozentzahlen heil3t dies: 53,7 Yroz. gerade, 33,3 Proz. m~il3ig krmnm ( - - 1 5 o Grad), 12, 9 Proz. sehr krumm. Bei einem Vergleiche mit den friiher erw~ihnten H o f m e i s t e r schen und H o f f a schen Zahlen aus dem Kindesalter sind diese Resultate demnach ausgezeichnete. Die Vergleiche tier Zahlen seien bier kurz angeffihrt :
fJber das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosen usw. gerade
D r a u d t (Garr4): Hofmeister(Bruns): H o f f a:
krumm
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sehr k r u m m
53,7 Proz. 33,3 Proz. (--15o Grad) 12, 9 Proz. 27,1 ,, 28,o , , (--13o , , ) 44,9 , , 22, 9 , , 47,1 ,, 29,8 ,,
Die st~irkste Flexionskontraktur (9o Grad) fand D r a u d t bei einem im Alter yon 7 Jahren resezierten Jungen, die Kriimmung war in den vier ersten Jahren nach der Operation entstanden und dann station~ir geblieben. D r a u d t h~lt die Verkiirzung fiir eine gr6Bere Beeintdiehtigung der Funktion eines Beines als die Winkelstellung; er beobachtete Verkiirzungen yon 1 - - 7 cm, je einmal auch von io, 12, 13 und 15 cm, die Durchschnittsverkiirzung betrug 2, 7 cm. Die grol3en Verkiirzungen entstanden bei F~illen, wo durch den Krankheitsprozel3 der Epiphysenknorpel besch~digt war. Leider sind hier die kindlichen F~tlle nicht gesondert gruppiert. Nach der D r a u d t schen Statistik, welche bei den 117 lebenden Resezierten 92,3 Proz. gute und nur 7,7 Proz. schlechte Resultate zu verzeichnen hatte, sind lange Jahre keine neuen Untersuchungsergebnisse anderer mehr mitgeteilt worden. Nicht verfehlen will ich, wenigstens auf die Anschauungen K 6 n i g s, welcher 1884 an Stelle der Resektion im Kindesalter die Arthrektomie empfohlen hatte, hier noch hinzuweisen, wenn ich sie auch als bek a n n t voraussetzen darf. In den Monographien von 1896, wie besonders der von 19o6 scheint K 6 n i g doch yon einem Vorteil der Arthrektomie wenigstens im allgemeinen nicht mehr so sehr iiberzeugt zu sein. Seite lO9: ,,Ich babe schliel31ich die Arthrektomie nur noch bei Kindern ausgefiihrt, weil die Erfahrungen, welche ich mit den funktionellen Erfolgen dieser Operationen machte, nicht derartige waren, dab man sie der Resektion vorziehen konnte." Aber auch nach Arthrektomien erlebte K 6 n i g (S. IiO) schwere Verkiirzungen; dab nach der Arthrektomie genau so gut wie nach der Operation K o n t r a k t u r e n auftreten, ist auf der H a n d liegend. Zwar will K 6 n i g (S. lO8) eine Resektion bei Kindern nur in F~illen machen, wo sie durch schwere Knochenerkrankungen verlangt wird, - - das ist aber meistens auch der Standpunkt der anderen Autoren wenigstens in der letzten Zeit gewesen. Ein Ersatz der Resektion durch Arthrektomie ist nicht aufrecht zu erhalten. Die mitgeteilten Resultate D r a u d t s bei Kindern und Erwachsenen stehen unerreicht da, zweifellos dtirften sie auch k a u m zu iibertreffen sein. W e r f e n wir bei dieser Gelegenheit einen Riickblick auf die A r t tier N a c h u n t e r s u c h u n g e n , welche in den g e n a n n t e n gr613eren S t a t i s t i k e n v o r g e n o m m e n waren, so h a t H o f f a , abgesehen y o n
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einer grof3en Zahl von F~illen aus der L i t e r a t u r , seine P a t i e n t e n pers6nlich n a c h u n t e r s u c h t , allerdings wohl nur etwa 1 - - 2 J a h r e nach der Operation. T s c 11 u d y s Urteil basiert auf d u r c h schnittlich 9 J a h r e nach den Resektionen w ) r g e n o m m e n e n pers6nlichen N a c h u n t e r s u c h u n g e n . Auch B o t 11 e hat den gr6Bten Teil der P a t i e n t e n pers6nlich n a c h u n t e r s u c h t , ebenso H o f m e i s t e. r und B 1 a u e 1, welche ja z u m Teil allerdings das gleiche Material wieder benutzten. Die Arbeiten der Tiibinger Klinik haben zweifellos vor anderen den Vorzug, dab alle P a t i e n t e n nach gleichen Indik a t i o n e n und Prinzipien operiert waren und dab die. pers6nlich wiederholte Kontrolle derselben P a t i e n t e n ein kritischeres Urteil g e s t a t t e t , als das Resultat von Arbeiten uns gibt, in welchen die P a t i e n t e n einmal und d a n n vielleicht nur mit Hilfe von Fragebogen n a c h u n t e r s u c h t sind. Die B e a n t w o r t u n g der F r a g e n tiber Verkiirzung und Winkelstellung lediglich von seiten de.r P a t i e n t e n k a n n und muB u. E. zu Ungenauigkeiten und Tiiuschungen fiihren. Im Jahre I9O9 hat L i n h a r t aus der W 6 1 f l e r s c h e n Klinik zu Prag einen Beitrag zur Resektion des tuberkul6sen Kniegelenks geliefert und auch das Spatresultat durch Nachuntersuchungen festgestellt. Der vierte Tell seines Materials sind Kinder unter 15 Jahren gewesen, auch hier wurde die bogenf6rmige Resektionsmethode geiibt. L i n h a r t konnte bei seinen Fa.llen keine wesentliche Wachstumsverkiirzung konstatieren. Nur ein Patient, welcher bei der Operation 9 Jahre alt war, hatte eine Flexionskontraktur yon 14oU; fiinf Falle wiesen leichte seitliche Verbiegungen auf. Von den 16 operierten Kindern war blog in 3 Fallen kein gtinstiger Ausgang zu verzeichnen, ein Kind starb an Peritonitis, ein zweites mul3te amputiert werden, bei einem dritten stellte sich nach einem Sturze ein Rezidiv ein. ,,Nach Abzug aller Verstorbenen und Nachamputierten kommen also 28 F~lle mit reseziert gebliebenem Kniegelenk in Betracht. Beziiglich dieser ergibt die Nachuntersuchung bzw. die Ermittelung allerdings recht gute Resultate. Davon sind: Geheilt . . . . . . 26 Falle - 92,8 Proz. Mit Fistel geheilt. I Fall ~ 3,5 ,, Ungeheilt . . . . . I Fall 3,5 ,, Nach L e h r und S e h a n z tritt, abgesehen von der Verktirzung, nicht nur eine einfache Beugestellung der resezierten Extremita.ten ein, sondern es k o m m t auflerdem zu einer A d d u k t i o n und zu einer I n n e n r o t a t i o n des Unterschenkels u n d einer Lage-
f i b e r d a s E n d r e s u l t a t r a d i k a l operierl:er K n i e g e l e n k s t u b e r k u l o s e n usw.
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ver/inderung des Fibulak6pfchens, welches nach oben verschoben wird. Auf G r u n d einiger B e o b a c h t u n g e n verneint L e h r 19o9 die Berechtigungsfrage der Resektion im Kindesalter. - W e n n auch L e h r seine Mitteilung zugleich als einen Beitrag zurFrage der operativen oder konservativen Behandlung der Kniegelenkstuberkulose im K i n d e s a 1 t e r bezeichnet, so ist doch yon v o r n h e r e i n klar, d a b seine B e o b a c h t u n g e n zu einem Urteil in diesen Dingen nicht berechtigen, d a selbstverst~indlich nur 3liBerfolge eine orthop~id.ische Heilanstalt aufsuchen werden. Eine eingehende, umfassende und d a r u m wertvollere Arbeit v e r d a n k e n wir A1 a p y , der 191o fiber die. E n d e r g e b n i s s e der konservativen Coxitisund Gonitisbehandlung berichtete. A l a p y konnte iiber das Schicksal von 67 Kniegelenkentztindungen aus den Jahren ~897--I9O 7 berichten, und zwar ist das hier gesckilderte Resultat der konservativen Behandlung um vieles besser, als das Resektionsresultat anderer Kliniken. Als zulange konservativ behandelt elaviesen sich abet doch die vereiterten Kniegelenke, welche A 1 a p y in Zukunft zu resezieren gedenkt. Ieh werde sp~iter auf diese ausgezeichnete Arbeit noch h/iufiger zuriickkommen, ich will nut hier hervorheben, (tab sich in dieser Arbeit Iolgender Satz findet: ,,Es ist klar, (lab (lie schlechten Erfolge vorwiegend zu Lasten der e i t r i g e n F~tlle zu schreiben sind. Und so diirfte (lie Sch!uBfolgerung nicht unberechtigt sein, dab fiir diese letzteren ein a k t i v e s, o p e ratives Vorgehen auch dann am Platze ist, wenn us sich um Kinder handelt, trotzdem (tie Kniegelenkresektion bei diesen bekanntlich recht traurige funktionelle Erfolge gibt." - - , , H a t sich (tie Kniegelenkentziindungeinmal mit Eiterungkompliziert und ist dieselbe mit konservativen Mal3nahmen nicht binnen kurzer Zeit zum Versiegen zu bringen, dann s o l l b e i K i n d e r n in der" N ; i h e d e s 15. L e b e n s j a h r e s mitder Resektion, bei viel jtingeren Kindern mit der Amputation nicht allzulange gez~Sgert werden." Wenn A 1 a p y nach sehr griindlichen Priifungen seiner Resullate zu solchen Konsequenzen gedr~ingt wird, so miissen wir solchen S~ttzen ernste Beobachtung schenken. Von so griindlichen Arbeiten, wie die A 1 a p y s, mfissen wir unsere Ansichten und Indikationsstellungen 5eeinflussen lassen. Der Satz L e h r s dagegen, welcher am Ende seiner Arbeit steht: ,,Anf jeden Fall miissen wir an dem allen Grundsatze festhalten, dab es beim Kinde kaum eine Indikation gibt, die als Rechtfertigung Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie. r ~7. lid.
33
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ffir den verstfimmelnden Eingriff einer Resektion am Kniegelenk angeffihrt werden kann," ist auch nach der L e h r schen Arbeit in solch allgemeiner Fassung nicht berechtigt, denn drei F~illen, fiber deren Vorgeschichte, Zustand, Indikation zur Operation und Resektionsmethode wir nichts erfahren, diirfen wir h 6 c h s t e n s kasuistisehe Bedeutung beimessen. Ich habe diese beiden Arbeiten hier zun/ichst einander gegeniibergestellt, weil aus den zitierten Stellen am schlagendsten hervorgeht, wit verschieden die Auffassung fiber die Berechtigung und Indikation bei radikalen Operationen im Kindesalter auch in den letzten Arbeiten heute noch ist. Aber auch aus dem Satze A 1 a p y s geht doch hervor, dab auch er die Resektionsresultate im Kindesalter direkt als traurige ansprieht. Noch elav~ihnen will ich aus den letzten Jahren, dab I m p a 11 o m e n i e (19o9) die Resektionen vor dem 14. Lebensjahre vmavirft, w~ihrend C a 1 c a g n i (191o) folgende S~itze fiber Endresultate der operativen Behandlung der Kniegelenktuberkulose bei Jugendlichen aufstellt: I. eine Verallgemeinerung des Prozesses durch den operativen Eingriff kann als ausgeschlossen angesehen werden, 2. auch in schweren F~illen, die man yon vornherein amputieren wollte, vermag die Resektion Heilung zu bringen, 3. die so gefiirchteten Waehstumsst6rungen treten durchaus nicht immer ein, wenn nicht der ganze Konjugationsknorpel entfernt wird, 4. das dauemde Tragen eines Apparates nach der Resektion, mfglichst bis zum Schlusse der Wachstumsperiode, vermag Deformit~iten der Extremit~t vollkommen zu verhiiten, 5. sind solche eingetreten, dann bringt der zu ihrer Korrektur ansgefiihrte operative Eingriff l~ingere Zeit nach Abheilung des spezifischen Prozesses kein Rezidiv und keine Verallgemeinerung. Die letzten Jahre haben uns weder weitere neue Vorschl~ige zur Besserung dieser Resektionsresultate gebracht, noeh auch nur neues 5Iaterial an die H a n d gegeben, das eine kritische Verwertung zur Anbahnung einer auf allgemeinere Zustimmung und Anerkennung rechnen k6nnende L f s u n g ermfglichte. So hielten wit es ffir angebracht, die hier friiher nach der H e 1 f e r i c h schen Methode ausgefiihrten F~lle einer Nachuntersuchung zu unterwerfen, um pers6nlich die Erfolge und Mil3erfolge dieser 3lethode kennen zu lernen. - -
~ber das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosenusw. 503 Leider ftihrt uns die konservative Therapie immer noch in einer Reihe von F~illen nieht zum Ziele; so bleibt uns, abgesehen yon einem nur langsam fortschreitenden Ausbau der konservativen Therapie, nichts anderes iibrig, als die bis jetzt immer noch notwendigen Opreationen radikaler Eingriffe m6glichst schonend und doch vollkommen zu gestalten. Unsere Urteile diirfen wir aber lediglich auf m6glichst liickenlosen Reihen in sp~iteren Jahren nachuntersuchter Patienten aufbauen. Nachuntersuchungen mit Hilfe von Fragebogen, welche lediglich von den Patienten beantwortet werden, reichen bier nicht aus. - Ieh Iiihre hier kurz die H e 1 f e r i c h sche Resektionsmethode an, naeh welcher unsere Patienten operiert wurden. Im Jahre 1891 teilte H e l f e r i c h 1) (L. Arch., Bd. 41) ein neues Verfahren mit zur Operation der winkligen Kniegelenksankylose, ,,welches in ausgedehnter oftener Durchschneidung der spannenden Faszie und Sehnen in der Kniekehle und dann in der Resektion eines nur kleinen, bogenf6rmig ausges~igten Keiles besteht' bezweckte H e 1f e r i c h, durch die Entnahme eines nur schmalen Knochenstiickes (tie Beinl~inge nur wenig zu ktirzen, eine Vefletzung des Intermedi~irknorpels sicher auszuschliegen, (tie so entstandenen breiteren KnochenflS.chen sollten bessere kn6cherne Verwachsungen liefem, und die Fixation der Knochenenden naeh der bogenf6rmigen Resektion soUte keine oder nur geringe Schwierigkeiten machen. War die bogenf6rmige Resektion auch anfangs als Operation der Ankylose in Flexionsstellung an Stelle der Keilosteotomie von H. gedacht, so berichtete H. doch schon in einem Nachtrag zu dieser Arbeit, dab er (lie bogenf6rmige Anfrischung der Knochenenden auch an Stelle der typischen Knieresektion bei Tuberkulose glaubte emp fehlen zu kSnnen. Damals hatte H. aber erst einen derartigen Fall operiert. Er schreibt zum Schlul3: ,,Der Vorteil des angewendeten Verfahrens besteht bier darin, dab nur sehr wenig von den Knochenenden reseziert wurde und doch znr Heilung gut geeignete Knochenfl~ichen hergestellt wurden und dann in der ausgezeichneten Festigkeit, welehe das resezierte und in Streckstellung gebrauchte Gelenk darbot. Ich glaube, dab sieh das empfohlene Verfahren der bogenf6rmigen Anffischung fiir manche F~ille von Kniegelenkresektion gut eignen wird." (S. 355)Im Jahre i893 hat H e l { e r i e h noch einmal seine Erfahrungen mit der bogenf6rmigen Resektion im A r c h . f. k l i n . C h i r u r g i e , Bd. 46 mitgeteilt. Uber die Vorztige der Methode i) In seiner 2. Mitteilung i893 erwS.hnt Hel f e r i c h selbst, dab 187I schon von M e t z g e r und F e n r i c k , I888 yon Kocher die bogenf6rmige Absigung bei der Kniegelenkresektionempfohlen worden ist. 33*
504
BRANDES
schreibt er hier: ,,Die bogenf6rmige Resektion des Kniegelenkes als typische Operation gestattet die konservierendste Behandlung der Knochenenden, sie schafft breite Knochenfl~chen, sie schiitzt jedenfalls den unteren Intermedigrknorpel des Femur, in geringerem Grade den oberen der Tibia, und endlich sie gestattet sofort nach der Operation eine Fixation der Knochenenden so, dab eine eigentliche Verschiebung ansgeschlossen und nur eine Bewegung im Sinne von Beugung und Streckung m6glich ist; die letztere ist aber durch einen Schienenverband auf die einfachste Weise zu verhindern." H e l f e r i c h beschreibt hier eingehend seine Methode bei der Resektion wegen Tuberkulose (S. 46o/61); die von uns untersuchten Patienten sind erst sp~iter operiert, das Verfahren ist aber im wesentlichen dasselbe geblieben. Soweit ich das Vorgehen H e 1f e r i e h s bei den uns hier besch~iftigenden Kindern aus den Krankengeschichten rekonstruieren kann, war der iibliche Verlauf dieser Operation etwa folgender: I n Chloroformnarkose und unter Blutleere wurde entweder der T e x t o r sche untere Bogensehnitt benutzt, oder es wurden zwei seitIiche Schnitte durc.tl einen queren vorderen Schnitt verbunden und dann Haut- und Unterhautfettgewebe des vorderen oberen Lappens soweit nach oben frei prgtpariert bis das Ende des vorderen Recessus des Kniegelenkes zum Vorschein kam. Von bier aus erfolgte dann das Yreipdiparieren der ganzen Gelenkkapsel einschlieBlich Patella u n l die m6glichst zusammenh~tngende Exstirpation dieser Teile. Dabei wird das Bein im Kniegelenk mehr und mehr gebeugt, um unter Durchtrennung der seitlichen, inneren und hinteren B~tnder des Kniegelenkes sich da,s ganze Gebiet zug~inglich zu machen und exakt j ede tuberkul6se Ver~inderung zu entfernen. Weichteilabszesse werden freigelegt und s~uberlieh exkochleiert. Dann erfolgte mit der H e 1 f e r i c h schen SXge die bogenf6rmige Abtragung dii n n e r Knorpelknochenscheiben der Gelenkenden, so dab die erhaltene Konvexit~t des Femurkondyls in die neugeschaffene Konkavit~t des Tibiakopfes paf3te. Nicht selten wurden erst dann nach Wegnahme der oberfl~ichlichen Scheiben Knochenherde in den Epiphysen sichtbar. Diese wurden mit dem seharfen L6ffel exkochleiert, die HShlenwandung rnit dem Paquelin verschorft und dann mit J odoformbrei bestrichen oder mit J odoformplombe ausgefiillt. Auch die Weichteile werden mit Jodoform bestrichen, dana die Knochen aufeinander adaptiert, und meistens als einzige Fixation der Knochenenden einige derbe Katgutn~ihte durch die R{inder der Knochen gelegt und die Enden der Katgutf~iden zu beiden Seiten der Hautwunde heraush~tngen gelassen, um so zugleich als Drains zu dienen. Fails bei
l:)ber das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosen usw.
505
infizierten Gelenken die Operation stattfand, wurde tamponiert oder noch auf andere Weise drainiert, sonst die Hautzwunde geschlossen. Auf eine exakte Streckstellung an der Resektionsstelle wurde Bedacht genommen, dann ein Gipsverband angelegt, weleher nach zirka 3--4 Wochen erst gewechselt wurde. Bei dem ersten Verbandwechsel wurde genau die Stellung des Beines revidiert und fails keine vollkommene Streckung bestand, in Narkose eine solche exakt wiederhergestellt. hn erneuerten Gipsverbande pfleg-te dann die Entlassung aus tier Klinik zu erfolgen. In manchen Einzelheiten der Operationen sind natfirlich gelegentlieh Variationen ausgefiihrt women, sowohl in der Erfffnung des Gelenkes, wie tier Schnittfiihrung (DurehsStgung tier Patella) usw. Die Nachbehandlung bestand in ca. I Jahr lang Iortgesetzter Fixierung im Gipsverband o:!er Wasserglasverband und dann im Tragen einer Lederhiilse. Bei F~illen, wo st~irkere Flexionskontrakturen bestanden, wurden auch in der Kniekehle die Flexorensehnen durchschnitten. Auf diese kleinen Besonderheiten bei einzelnen F~illen ist in den beigefiigten Tabellen sp~tter noch yon mir hingewiesen. Seitdem V o 1 k m a n n selbst seine verstfimmelnde Resektionsmethode verworfen hatte, scheint schon yon fast allen Operateuren, welche noch die Resektionen fibten, besonderer Nachdruck auf eine sparsame oder nur partielle Wegnahme tier Epiphysenteite Wert gelegt zu sein, ~crotzdem liegt in dem Vorgehm H e 1 f e r i c h s doch noch mancherlei neues und vorteilhaftes. Wit bringen zun/ichst tediglich die Nachuntersuchtmg der kindlichen F/ille; die Naehuntersuchung tier Endresultate tier Resektionen bei Patienten fiber I5 Jahren ist bereits ebenfalls abgeschlossen uncl wird in einer Dissertation von M a y , welche sich eng an diese Arbeit anlehnt, erscheinen. Am Ende der Arbeit von M a y wird noch eine LJbersieht fiber das gesamte Material gegeben werden. II. In einem Zeitraum yon 81~ Jahren wurden IOO Radikaloperationen bei Kniegelenktuberkulose ausgefiihrt. Gesamtzahlen: Resektionen Arthrektomien Amputationen
75 6 19 Ioo
506
B~*ND~s
Von den IOO Operationen entfallen auf das Kindesalter (I. bis 15. Lebensjahr) 27 Operationen. Die einzelnen Operationen verteilen sich folgendermal3en: bci E r w a c h s e n e n :
Resektionen Arthrektomien Amputationen
56 2 15 73
bei Kindern :
19 4 4 27
Im folgenden ist nur von den Operationen im Kindesalter die Rede. Z u n ~ i c h s t d a s S c h i c k s a l tier 4 amputierten Kinder. Die Indikation hatte in allen 4 F~llen nach ergebnisloser rationeller konservativer Therapie der unglaublich tmrabgekommene k6rperliche Zustand der Patienten gefordert, in 2 F~.llen lagen multiple tuberkuhSse Erkrankungen vor. In dem 4. Falle war zuerst eine Resektion ausgeftihrt worden, sp~ter wurde infolge tezidivierenden Erysipels uncl bedrohlicher Infektion die Amputation notwendig. F a 11 i. M. S., M~idchen von 14 Jahren. Gonitis tub. dext. mit groBem Abszeg am Oberschenkel und mehreren Fisteln! Seit 2 Jahren mit Incisionen (!) behandelt. Zum Skelett abgemagertes, total heruntergekommenes Kind. Decubitus! Aul3er der Knietuberkulose leichte Lungen- und Darmtuberkulose; 23. V. 19o6 Amputatio femoris. 17. VI. Perforation eines tuberkul6sen Darmgeschwtirs, Peritonitis. Exitus! Die Sektion ergab auBerdem noch ausgedehnte peritoneale Tuberkulose. Jedes epikritische Wort eriibrigt sich bei diesem Fall. F a l l 2. Job. N., schw~ichlicher Knabe yon 12 Jahren. Gonitis tub. fistulans mit Beugekontraktur (40 Grad). Fungus cub. dext.; Caries der Rippen; Halsdriisen-Tuberkulose. Die Erkrankung des Knies besteht seit 2 Jahren, vor einem Jahr land bereits eine Exkochleation statt. 30. IV. 19o40berschenkelamputation. Prim~ire Heilung. F a 11 3. Jotl. W., Knabe von 4 Jahren. Gonitis tub. mit AbszeB und Beugekontraktur. Seit 3 Jahren krank, nach 16 monatiger, erfolgloser, konservativer Behandlung wurde, da rapide Abnahme der KSrperkr~ifte erfolgte, am 28. I. 19o6 (lie Amputatio femoris ausgeftihrt. Heilung p. pr. F a 11 4. W. P., Knabe yon 14 Jahren. Gonitis tub. mit Knochenherd in der Tibia. 9. II. 19o4 bogenf6rmige Resektion. 20. III. schweres Erysipel der Wunde. 3. IV. Erysipelrezidiv. Da infolge des Erysipels totale Vereiterung der Operationswunde eintritt, muB bei fortschreitendem VerfaU des Kr~,iftezustandes die Amputation ausgeftihrt werden. 13. VIII. Vollendung der Amputation. Deckung des Stumpfes. Heilung.
~3ber das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosen usw. 507 E p i k r i s e: Von den 3 iiberlebenden K i n d e r n stellten sich alle 3 zur N a c h u n t e r s u c h u n g ein. Alle 3 sind w)llst~ndig geheilt geblieben, keines ist einer neuen Lokalisation der Tuberkulose zum Opfer gefallen. Die Amputation lebensrettende
war in Operation.
diesen
F~llen
die
Naeh Abzug der 4 A m p u t a t i o n e n blieben von den 27 Operationsf~llen: 23 P a t i e n t e n , welche reseziert w u r d e n (darunter 4 Arthrektomien). V o n diesen Familien waren leider t r o t z A u f w e n d u n g aller Mittel 4 nicht a u f f i n d b a r (darunter 2 A r t h r e k t o m i e n ) . Von den fibrig bleibenden 19 Resektionen 1) (inkl. 2 A r t h r e k t o mien) im Kindesalter ist zun~chst zu berichten, dab ein Todesfall bei der O p e r a t i o n sich ereignete (Chloroformtod) u n d dab unsere E r m i t t e l u n g e n ergaben, dal3 sp~ter 3 andere K i n d e r gestorben sind. Bericht iiber vier Todesfiille. F a 11 5. I) Ctfloroformtod w~ihrend der Operation. H. Th. (1899). F a l l 6. 2) J. Kr., Knabe von 7 Jahren zurzeit der Resektion (19o7). Das Kind ist 19o 9 a n D i p h t h e r i e gestorben. Nach der Resektion war es noch ca. 2 Jahre lang naclibehandelt, der Zustand des geheilten Kniegelenks blieb gut. F a l l 7. 3) E. B., M~idchen von 8 Jahren zur Zeit der Resektion. (1899) . Gestorben 19Ol an m u l t i p l e r Tuberkulose. Eine Fistel am Knie soil bestanden haben; sp~iter S p o n d y 1 i t i s! ,,Das Bein war gerade geblieben." F a l l 8. 4) K. H., M~idchen von 8 Jahren zur Zeit der Resektion. (19Ol). 19o 5 gestorben an G e h i r n h a u t e n t z ii n d u n g, (wahmcheinlich meningitis tuberculosa). ZShlen wir diese 4 Todesf/ille und den einen Resektionspatienten, bei dem sp~,iter eine A m p u t a t i o n (Fall 4) naeh Erysipel n o t w e n d i g wurde, v o n den 19 Operationsfiillen ab, so bleiben: i) Die Einrechnung dieser zwei Arthrektomien geschieht deshalb, well beide Male die ganzen Knorpeltiberziige mit einem Messer abgetragen wurden. Diese F/ille unterscheiden sich also nicht mehr wesentlich yon den H e 1f r i c hschen Resektionen, in den Krankengeschichten waren sie aber als Arthrektomien gefiihrt. Dem iiblichen Begriff der Arthrektomie diirften diese beiden Fiille nicht mehr entsprechen, wir miissen sie eher als nicht ganz typisch ausgefiihrte Resektionen betrachten.
508
BRA~DF.S
1 4 r e s e z i e r t e K i n d e r zur N a e h u n t e r s u c h ung und Beurteilung des E n d r e s u l t a t e s dcr Kniegelenkresektion fibrig. Diese 14 Kinder sind yon mir persSnlieh nachuntersucht. Ich mdchte ganz darauf verzichten, mit langen Krankengeschichtsausztigen das operierte Kindermaterial zu illustrieren. Statt dessen ftihre ich lieber in kurzer Zusammenstellung einige iibersichtliche Tabellen auf, welche die vornehmlich interessierenden Fragen beantworten kSnnen. Auch die Resultate de.r Naehuntersuchung bringe ich in Ubersichtstabellen, welehe zum Teil den Gruppierungen, wie sic A 1 a p y in seiner genannten Arbeit vorgenommen hat, nachgebildet sind. - - Ich glaube im allgemeinen yon E ndresultaten reden zu kSnnen, d a i i O p e r a t i o n e n 8, o d e r m e h r w i t 8 J a h r e z u r i i c k l i e g e n ! Auf den Tabellen 1 und 2 wird fiber Zustand der Patienten, ferner fiber die konservative Behandhmg, den klinischen Befund, den bei der Resektion erhobenen lokalen Befund berichtet, die Tabellen 3 und 4 sollen das Operationsresultat und die Dauer nnd Art der notwendigen Nachbehandlung wiedergeben. Die Kenntnis dieser Dinge halte ich fiir unumg:tnglich notwendig, wenn man richtig das Endresultat bewerten will. Diese 14 F~tlle verteilen sich auf das 4. bis I3. Lebensjahr, auf 9 Knaben kommen nur 5 M~idchen. Einige Worte fiber die Dauer und Art der konservativen Behandlung sind notwendig. Die kiirzeste Zeit betrug 4 und 7 Wochen (2 FNle). Die l~tngste hatte 5 Jahre betragen, in diesem Falle lag zugleich eine spinale KinderlSahmung an demselben Beine vor. Im allgemeinen bestand die Behandlung in Fixation, Entlastung, Jodoformglyzerin-Injektion, gelegentlieh auch Stauung; in mehreren Fhllen war eine rationelle konservative Behandlung v o n d e r Poliklinik und Klinik selbst geleitet. Einige F~tlle waren einer falschen Diagnose zum Opfer gefallen; hier kann man zum Teil kaum yon einer konservativen Behandlung sprechen. -
-
So wurde Fall 13, 14 und 19 mit Incision behan:lelten; dab der Effekt dieser Therapie: sekund~treInfektion, Fistel und Verschlimmerung des lokalen, wie Allgemcinzustandes heiBt, brauche ich kaum hervorzuheben. Fall x7 war von einem Kurpfuscher einige Wochcn lang behandelt, welcher wicderholt versucht hatte, das Kniegelenk einzu-
5o9
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renken. Abgesehcn yon den zuletzt el~v~ihntcn F~]ien, war die konservative Behandlung eine durchaus rationelle gewesen. Trotzdem hatte sie keine anhaltende Besserung ergeben, so dab die Resektion gerechtfertigt erschien. Die klinischen Untersuchungen hatten bei 9 F~illen zur Abnahme yon Knochenherden oder erhebliehen Knorpelzerst6rungen gefiihrt, bci der Operation ergab sich, dab bei den iibrigen 5 F~illen 3 real Knochenherde doch noch vorhanden waren und einmal ein fiber haselnuBgroBer AbszeB im Epicondyl. int. femoris gefunden wurde; auI3erdem war stellenweise tler Knorpeliiberzug zerst6rt. So 1)leibt nut ein Fall (I2), wo lediglich eine synoviale Form der Erkrankung vorgelegen hat. Beziiglich Einzelheiten des klinischen, wie Operationsbefundes sei auf die Tabellen I und 2 verwiesen. Nut auf die Bedeutung der unter ,,besondere Bemerkungen" in Tabelle 2 zusammengestellten Tatsachen sei bier kurz noch eingegangen. 5 real ist beim ersten, in Narkose vorgenommenen Gipsverbandwechsel eine S t e 11 u n g s k o r r e k t u r notwendig gewesen. Dieses ist so zu erkl~iren. Falls nach der Operation eine vollkommene Streckung sich nur schwer herstellen oder halten lieB, hat man die endgiiltige tadellose Streckstellung erst beim ersten Verbandwechsel herzustellen g e s u c h t . - Nur einmal hatte eine leichte Idberstreekung (Fall 15) stattgefunden; bier wurde sp~iter sogar absiehtlich eine leichte Flexion hergestellt. Aus den Tatsachen geht jedenfalls hervor, mit welcher Genauigkeit man bemiiht war, eine vollkommene Streckung herzustellen und zu erhalten. Im Fall 2o gelang die Streckung nur nach der Tenotomie der Flexorensehnen; eine vollkommene Streekung wurde jedoch auch hier erst beim n~iehsten Verband.wechsel erzielt. Die Tabelle 3 gibt Auskunft fiber Heilung und Wundverlauf. 9 real erfolgte prim~re Heilung; eine etwas verz6gerte Heilung, bei welcher einzelne Stellen per Granulation heilen mul?ten, l~iflt sich 4 real feststellen. In einem Falle fand eine wesentliche St6rung tier Heilung uncl des Wundverlaufes statt, 2 malige Abszel3bildung forderte Spaltung und Exkochleation; in diesem uncl im 22. Falle, wo eine Tamponade notwendig gewesen war wegen der offenbar infizierten Abszesse, wurden die Patienten mit noch sezernierenden Fisteln entlassen. In allen anderen F~illen hatte eine vollkommene Heilung stattgefunden. Ein Rezidiv hat sich im AnschluB an keine Operation dieser F~ille eingestellt. Die Dauer der klinischen Behandlung ist nattirlich
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512
BRAIgDES
Tabelle
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Stellenweise per granulat.
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p. p.
17 18 19
p. p.
20
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21
p.p.
p.p.
Nur an den Stellen wo Drains lagen per granulat.
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ebenso
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13 14 15
16 17 18 x9 20 21 22
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f i b e r d i e A r t und, D a u e r Tabelle
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Dauer der kiln. Behandlung nach der Operation 17. III.--2. V. x9. II.--24. Ill. 31. V.--17. VI. i. IX.--18. IX. 29. V.--6. VIII. 18. VI.--26. VII. 7. IV.--IO. V. 9. III.--9. V. 8. V.-- 3. VI. 23. 1I.--26. III. 4. VI.--I. VIII. x3. VI.--14. VII. 6. XII.--23. XII. 25. XI.--lo. I1.
der Nachbehancllung.
4. Nachbehandlung
Gips
Hiilse
al Jahr fiber I Jahr I!.', Jahr 4 Monate tiber x Jahr einige Wochen 2 Jahre ! :, Jahr 2 Jahre 5 Wochen dauernd seit 19o4 !:t Jahr 2 Jahre l 1., Jahr 21:, Jahre / 2 ~,lonate , [ Jahr fiber !-i Jahr 'dauernd seit x9o7 ca. I Jahr kein ganzes Jahr ca. a:t Jahr m
StS.rke- oder Zinkleimvcrband. 1,., Jahr
13ber das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosen usw.
5 I3
Die kiirzeste klinische Behand.lung vom Tage der Operation gerechnet, betrug 17 und 18 Tage in den F/illen II, 12 und 21. In anderen FNlen war der Krankenhausaufenthalt ein wesentlich lingerer. DaB eine m6glichst lange und konsequente Nachbehandlung dieser kindlichen Fille angestrebt wurde, geht ebenfalls aus der Tabelle 4 hervor. Im allgemeinen blieben die resezierten Kinder monatelang in GipsverbS.nden und erhielten dann Lederhiilsen; in FS.11en, wo offenbar die Kosten fiir letztere nicht aufgebracht werden konnten, wurde die Gipsverbandbehandlung linger ausgedehnt. Ich will bier noch hervorheben, dab in den drei letzten F~llen die Nachbehandlung mit Gips und Hiilsen eine auffallend kurze gewesen ist; in der Tat sind diese 3 FSlle auch diejenigen, welche infolge Ausbildung einer hochgradigen Flexionskontraktur dig schlechtesten Endresultate darstellen und einer Nachoperation unterworfen werden mul3ten. Hieraus diirfte hervorgehen, u n d ich will nicht versS.umen, schon bier darauf hinzuweisen, dab das Endresultat sehr wesentlich abh~ingig ist von einer konsequent und lange Zeit ausgefiihrten Nachbehandlung, welche die Erhaltung einer tadellosen Streckstellung bezweckt. Die Resektionen k6nnen daher im Kindesalter wohl niemals als Methoden zur Abkiirzung der (kons.) Behandlung gelten; eine m6glichst lange Nachbehandlungszeit ist bier unumginglich notwendig, - - wenn dieselbe auch geringere Anforderungen stellt und sp~iter nur in einer konsequenten Kontrolle der Patienten zu bestehen braucht. Die Kenntnis der bisher er6rterten Tatsachen ist notwendig, um das Endresultat der Resektionen richtig zu bewerten. Die f o l g e n d e n T a b e l l e n s o i l e n d a s f u n k t i o n e l l e Endergebnis illustrieren. Die Gruppierung der Fille ist im allgemeinen nach dem Jahr der Resektion vorgenommen, nur die 3 als MiBerfolge zu betrachtenden.F~ille sind an das Ende gestellt (Fall 20, 21, 22). Werfen wir zun~chst einen Blick auf die angetroffenen Atrophiert des Oberschenkels, so ergibt sich aus Tabelle 5 daft
514
BRANDES
clieselbe am hochgradigsten bei den Flexionskontrakturen ist (8, 9 und IO cm), und sich hier infolge mangelnder Inanspruchnahme des Beines ausgebildet hat. Auffallend ist, dal3 auch im 9- Falle eine Oberschenkelatrophie yon 8 cm besteht, obwohl dieser Patient den ganzen Tag zu arbeiten pflegt. Die Unterschenkelatrophie ist in fast allen Ffialen auffallend gering. Die Differenz yon 5 89 cm im 15. Falle ist wohl auf das stete Tragen der Hiilse zu beziehen, - - eine ausgesprochene Abh~[ngigkeit der Muskelatrophie yon der Dauer der Fixationszeit ist bei so sparer Nachuntersuchung nicht mehr vorhanden; die Benutzung des Beines ist yon gr6Berer Bedeutung geworden. - - Die d u r c h s c h n i t t l i t h e A t r o p h i e des O b e r s c h e n k e l s b e t r ~ g t 5 , 7 c m , d i e des U n t e r s c h e n k e l s 1,7 era. T a b e 11 e 5. F a 11
9 IO II 12
13 14 15 16 17 18 19 2O 21 22
(Atrophic.)
Zeitdauer der Nachbehandlung (Fixation) 1 8 8 Jahr fiber I Jahr x 89 Jahr ca. 1 89 Jahr fiber 2 Jahre 2 89 Jahr stets Hfilse getragen 2 88 Jahr 3 Jahre I Jahr 2 Monate stets Hfilse getragen I Jahr kein ganzes Jahr ca. 3A Jahr
Umfangsdifferenz am
Oberschenkel
Unterschenkel
8 2
I 4 89
4 89 7
o o
4 6 5 589
t 89 89 589 o
389 3
4 89 I0
9 8
Durchschnittl. Atrophie des Oberschenkels: ,, . . . . Unterschenkels :
89 189
2 89 I1/2
2 88 2 5,7 cm.
1,7 cm.
DaB die G e b r a u c h s f ~ h i g k e i t des Beines durch eine grSBere Atrophie wesentlich leidet, ist kaum anzunehmen, ernster miissen wit schon die Verkiirzung bewerten; hier zeigt uns die Tabello 6 Werte yon I u n d 2 cm bis zu io era. Wegen der Flexionskontraktur war ein reelles Mag bei den drei letzten F~llen unm6glich. Die geringste Verkiirzung yon I cm land sich 4 Jahre nach der Resektion bei einem Kinde, wo allerdings nicht die typische R e -
(Jber das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosen usw.
515
sektion ausgefiihrt war, sondern lediglich mit dem Skalpell die Knorpel abgetragen wurden, bei einer typisch ausgefiihrten Resektio~ betrug die geringste Verkiirzung 2 cm 6 Jahre nach der Operation. Das ist auffallend wenig; eine ausgesproehene Waehstumsverktirzung dtirfte hier kaum hinzugekommen sein. T a b e 11 e 6. F all
9
IO II I2 I3 I4 I5 16 17 18 I9 20 21
22
(Verkiirzung.)
Verkfirzung des kranken Beines
71/.~
cm.
8
Alter bei der Operation ~3 I2 8 I0 12
,)
Jahre ,) ~, ,) ,)
6
,,
I0
>~
I0
,, ,,
I2 I2
~) ))
I2
,,
21,~ 2
))
I I bei der bestehendenhochgradigen Flexionskontrakturkanneinereelle Verkfirzung nichtangegeben werden. Vgl. die Verkiirzungen nach der 2. Operation: (IO--Iol~--II
cm.)
VerstricheneZeit seit Operation I i Jahre Ii IO
,, ))
9
,,
8
~,
6 6
,) ,,
7 4
~ .
7
,,
4
,,
8
,,
fast IO Jahre
4
,,
fast 12 Jahre
7
,,
7
Jahre.
Im allgemeinen haben wir anzunehmen, daB, abgesehen von der Wegnahme des Knochensttickes, bei den Operationen sich auch noch eine mehr oder weniger erhebliche Wachstumsverkiirzung ausbildet, da wit auch bei konservativ ausheilenclen Formen dieser Tatsache begegnen. Hierbei handelt es sich nicht nut um eine Inaktivit~.tsatrophie, wie V o l k m a n n uncl L a n g e n b e c k meinten, da C a u m o n t und T s c h u cly nachweisen konnten, dab keine Differenz cler Ful31ttngen bei selbst hochgradiger Verktirzung des Beines bestand. Schon K 6 n i g hat vielmehr die Verkiirzungen, welche nicht der GrSl3e des resezierten Knochenstiickes entsprechen, Ms bedingt durch eine Erkrankung der Epiphysenlinie schon vor cler Operation angesprochen, ebenso D o 1 1 i n g e r , T s c tl u d y und andere. So mtissen wir wohl in allen Ftillen, die wir resezieren, denn wir resezieren nur schwere Formen, mit dem Eintreten einer Wachstumsverktirzung rechnen, eine schonende Resektions-
516
BRAN
DES
methode ist abet vielleicht doch wohl imstande, die Bedingung zu dieser Wachstumsverkiirzung nicht noch zu vermehren und so scheint es mir kein Zufall zu sein, dab bei den yon uns nachuntersuehten Patienten nur Verktirzungen des Beines bis zu IO em gefunden werden konnten. Tabelle
7.
(Gehverm6gen.)
~'~ "-m c*
m ~ "
~='~
~: m
G a n g mit m:2
~
m
9
Stock?
hoher Sohle ?
nein
nein
IO
+ (5cm
II I2
I3
+
+ ( 8 cm.)
~4
7
16
++
17
~8 19
,j
Flex. Valg.)
--
+ Oocm.) ~7
+
--
7 84
m
2O
+
2I
+
22
+
mit 'Stock
3
Erst nach der zweiten Operation, welche zur Beseitigung der Flexionskontraktur ausgefiihrt wurde, fancl sich in den Fallen 2~ I I -I0 cm. ,, 2I je eine Verkiirzung yon --101/2 ,, ,,
22
--II
,, .
A u f f a l l e n d ist, d a b k e i n e r u n s e r e r P a t i e n t e n mit h o h e r S o h l e g i n g ; auch die Patienten m i t den grSl3eren Verkiirzungen trugen gewShnliches Schuhwerk. Sie schienen dutch Beckensenkung der kranken Seite die Verkiirzung geniigend auszugleichen. ~ber den G a n g d e r v e r s c h i e d e n e n P a t i e n t e n gibt d i e Tabelle '/ noch n~here Einzelheiten. Hinweisen will ich nut noch auf die Angaben B o t h e s , welcher der zweifellos richtigen Ansicht ist, dab eine geringe Ver-
~ber
das Endresultat
radikal
operierter
Kniegelenkstuberkulosen
usw.
5 I7
ktirzung des kranken Beines bei dem Gehen mit versteiftem Knie nur vorteilhaft sein kann. Unsere P a t i e n t e n glichen alle ihre Verktirzungen dutch d.ie Beckensenkung allein aus; mit SpitzfuB ging. abgesehen y o n den 3 schweren Flexionskontrakturen (Fall 2o--22) niemand. Ob es richtig ist, was B o t h e sagt, dab eine Verkiirzung, welche durch Beckensenkung u n d SpitzfuBstellung ausgegliehen wird, ,,bei guten K6rperkr~iften auch noch ein zu Tabelle
Fall
Tadellose Streckstellung.
15~
9 IO
:75 ~
[2
16 I7 18 19 20 21 22
~ ~ o ~.~,~
Stellung.)
Genu valg. oder var.
o
9
leichtes Genu valg. leichtes Genu valg. Genu valg. 070%
m
J
:530
II
13 14 :5
ca ~ ~" o ~ "6 ~ ]
8.
vollk.. vollk. i6o o
etwas fiberstreckt ! vollk. einige Grade fehlen.
I3
II
I2
II
8
IO
IO I2 IO :2
9
12 12
6 6
1650
I20 ~
13 ~
:3 ~
7
7
leichtes Genu varum.
I75 ~
8 8
4
8 4 7
Io I2
7
3 allen lm gew6hnlichen Leben v o r k o m m e n d e n Verrichtungen leistungsfShiges Bein" gibt, k a n n ich nicht mit Sicherheit beurteilen, ist mir aber nicht recht glaubhaft; zweifellos wird die Leistungsf~ihigkeit bei notwendigem Spitzful3gang doch wesentlich geringer sein, als bei Patienten, welche die ganze Verkiirzung lediglich durch Beckensenkung noeh auszugleichen verm6gen. Die TabeUe 8 gibt die fiir das Iunktionelle E n d r e s u l t a t wichtigsten Verhttltnisse, die W i n k e 1 s t e 1 1 u n g der resezierten Beine an. Deutsche Zeitschrift f, Chirurgiel ii 7. Bd. 34
518
BRANDES
Mit fast allen Nachuntersuchern stimme ich darin ~iberein, dab eine geringe Beugestellung eher f6rderlich ftir den Gang (Abwickeln des FuBes) als hinclerlich ist. Die s e i t l i c h e n A b weichungen an der Resektionsstelle waren in allen F~llen so gering, dab yon ihnen keine Beeintr~chtigung der Gebrauchsf~higkeit des Beines ausging. - B e u g u n g e n im Knie von wenigen Graclen, habe ich zur Gruppe ,,tadellose Streckstellung" gerechnet; zu dieser Gruppe z~hlen 7 Patienten, allerdings ist darunter ein Patient, wo sich eine geringe Uberstreckung im Knie fand. Diese hatte sich schon bei der Operation eingestellt, wurde beim ersten Werbandwechsel schon einmal korrigiert, war aber sp~ter doch wieder eingetreten. Die Krt~mmungen bis zu einem Winke] von 15 ~ habe ich als geringe bezeichnet, diese waren bei 4 Patienten vorhanden. Die drei erheblichen Kontrakturen zeigten Kriimmungen von 12o, 12o und 13 o~ Diese drei Resultate mtissen infolgedessen als Mil3erfolge bezeichnet werden, bei allen 3 Patienten wurde dutch Keilresektion operativ eine Geradestellung herbeigefiihrt. Dreimal fand sich ein leichtes Genu valgum, nur einmal ein ]eichtes Genu varum. Ausgesprochene Innenrotationen des Unterschenkels, wie sie S c h a n z und L e h r z. B. beschreiben, babe ich nicht gesehen, fiberhaupt fand sich keine typische Resektionsdeformit~t, wie sie L e h r als Regel hingestellt hat. - - Die drei Patienten mit den hochgracligen Flexionskontrakturen standen zur Zeit der Operation im 8., 4. uncl 7. Lebensjahre, zur Zeit der Nachuntersuchung lagen die Resektionen IO, 12 und 7 Jahre zuriick. Ich lasse in aller Kfirze einige Angaben und die wichtigsten Befunde aus den Krankengeschichten dieser 3 Patienten, welche zum 2. Mal operiert werden muBten uncl ca. I J a h r n a c h d i e s e r 2. O p e r a t i o n y o n m i r n o c h e i n m a l n a c h u n t e r s u c h t w o r d e n s i n d , hier folgen. F a 11 I. Herin. H., junger Mann yon 17 Jahren. Die Resektioll war nach 5 j~hriger Krankheit (zugleich spina]e Kinderl~hmung am Bein) 19Ol im Alter yon 8 Jahren vorgenommen. Bei der Nachuntersuchung sind fast IO Jahre verstrichen. Angeblich hat vor 4 Jahren die
iJber das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosenusw. 519 Verkriimmung begonnen, dieselbe ist ganz allm~ihlich erheblicher geworden und hat jetzt 12o Grad erreicht. 7. III. 1911 Operation: bogenf6rmige Kei!resektion an der Kriimmungsstelle mit einer Basis yon ca. 2 cm L~inge. Im Gipsverband am 9. IV. entlassen. -- 1/2 Jahr Gipsverband, dann Kniehtilse. N a c huntersuchung am 27 . I. 1912. Das Bein steht in StrecksteUung fest ankylosiert. Die linearen Narben sind glatt, unempfindlich, noch nicht ganz auf der Unterlage verschieblich. Die Verkiirzung betr~igt: IO cm. Atrophie: Oberschenkelumfang links 34 cm, rechts 48 cm; Unterschenkelumfang links 31 cm, rechts 35 cm. Gang: Deutliches Niedersinken der linken Seite beim Auftreten; tritt mit ganzer FuBsohle auf; starke Beckensenkung; bisher ohne erh6hte Sohle gegangen. Nach 3--4 stiindigem Gehen tritt Ermtidung ein; Patient arbeitet weiter als Pantoffelmacher. F a 11 2. Willy M., Schiller von 15 Jahren. Die Resektion wurde nach fiber I Jahr dauernder, rationeller konservativer Behandlung am 6. XlI. 1899 bei dem damals 4 j~ihrigen Knaben ausgefiihrt. Es sind bis zur ersten Nachuntersnchung fast 12 Jahre verstrichen. Es wird bestilnmt angegeben, dab das Bein jahrelang tadellos gerade geblieben ist und erst vor einem halben Jahre bemerkt worden sei, dab das Bein eine leichte Kriimmung an der Operationsstelle zeigte, welche sich dann auffallend schnell vermehrte. Der Knabe suchte yon selbst die Klinik auf. Es besteht im September 191o eine Flexionskontraktur yon 13o Grad. 15. IX. 191o Operation: bogenf6rmige Resektion eines Knochenkeiles an tier Stelle der Kriimmnng. --Gipsverband in Streckstellung. 30. X. 191o Entlassung im Gipsverband. Nach einigen Monaten Kniehiilse. N a c h u n t e r s u c h u n g am 2. II. 1912. Das Bein zeigt eine geringe Flexionsstellung an tier Resektionsstelle (h6chstens IO Grad) ; es findet sich eine feste Ankylose, die Narben sind blaB, glatt, schmerzlos. Die geringe Kriimmung soll sogleich nach der Operation bestanden haben. Die Verktirznng betr~igt: lOl/2 cm. Atrophie: Oberschenkdumfang links 35 cm, rechts 47 cm; Wadenumfang links 281/2 cm, rechts 35 cm. Gang: Wiegend, dentliches Hinken, welches beim Gehen mit erh6hter Sohle fast verschwindet; angeblich keine Ermiidung nach mehrstiindigem Gehen, macht Tagestouren. Tr~igt erh6hte Sohle nnd Kniehiilse. Patient kann mit ganzer FuBsohle auftreten infolge starker Beckensenkung. Beruf: Schreiber. 34* m
520
BRANDES
F a 11 3. Heinr. Sch., Schiller von ca. 14 Jahren. Die Resektion wurde 19o 4 nach 11/2 j~ihriger konservativer Behandlung und Verschlechterung des Zustandes nach einem Trauma ausgefiihrt, als der Knabe 7 Jahre alt war; es sind seither fast 7 Jahre verflossen. - - D e r Vater behauptet, eine vollkommene Streckstellung habe schon, als tier Knabe aus dem Gipsverband kam, nicht mehr bestanden, jedoch soll erst seit ca. I Jahr die Verkriimmung zugenommen haben. - - B e i tier ersten Nachuntersuchung besteht eine Flexionskontraktur von 13o Grad. Infolge tier Verkiirzung und Flexion bleibt der Ful3 16 cm vom Boden entfernt. 14. XI. 191o Operation: bogenfSrmige Resektion eines Keiles mit einer Basis yon fiber ca. 3 cm L~inge. Die Anspannung der Weichteile in der Kniekehle ist eine so hochgradige, dab dieTenotomie der Flexorensehnen zu beiden Seiten der Kniekehte noch ausgefiihrt werden muB. Darauf gelingt vollkommene Streckung, jedoeh bleibt tier Unterschenkel und FuB nach Abnahme des E s m a r c h schen Schlauches blutleer! Es wird eine leichte Flexion an der Resektionsstelle hergestellt, darauf tritt die Blutzirkulation ein; offenbar wurde durch die Streckung die Art. poplitea verlegt! 1) Am 21. XI. wurde dann bei dem ersten Verbandwechsel :vollkommene Streckstellung hergestellt ohne StSrung tier Blutzirkulation. Es entwickelte sich jetzt eine deutliche L~hmung des N. peroneus. W~ihrend der n~ichsten Wochen geht dieselbe langsam, aber vollkommen unter Massage- und elektrischer Behandlung zuriick. Wir diirfen diese Nervensch~tdigung wohl ebenfalls auf eine Sch~tdigung desselben durch Dehnung in der Kniekehle bei der Streckung zuriickfiihren. Auf die bei diesem Patienten erlebte Zirkulations- und Nervenst6rung komme ich noch einmal kurz zuriick. - - 5- XII. 191o im Gipsverband entlassen. --a/4 Jahr im Gipsverband, dann Kniehiilse. Nachuntersuehung am 29. I. 1912. Das Bein steht in guter Streckstellung (es fehlen allerdings ca. 5 Grad) lest ankylosiert. Die Narben sind glatt, ziemlich gelockert, blab und unempfindlich. Die Verktirzung betr~igt: I I cm. Atrophie: Oberschenkelumfang links 48 cm, rechts 35 cm; Unterschenkelumfang links 32 cm, rechts 28 cm. Gang: Starkes Einsinken beina Auftreten mit rechtem Bein, jedoch tritt die ganze Ful3sohle auf infolge starker Beckensenkung. Der Knabe ist w~ihrend des ganzen Tages ohne Schonung auf den Beinen, turnt, l~iuft Schlittschuh, fithrt Rad (l), macht Tagestouren, ohne Beschwerden im Bein zu haben! Patient noch Schiller, will Schreiber werden, jedoch nicht lediglich wegen seines Beines! Die friiher gel~ihmten Muskeln funktionieren prompt und zeigen normales elektrisches Verhalten. I) H e l f e r i c h hat Iriiher schon die gleiche Beobachtung gemacht, vgl. Deutsches Arch. f. klin. Chir. Bd. 46, S. 447.
~ b e r das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosen usw.
52I
E p i k r i s e: Die Nachuntersuchungen dieser 3 F~lle haben ergeben, dab sich auch diese Patienten heute in einem Zustande befinden, dab wit sie nach der 2. Operation nicht mehr als MiBerfolge betrachten kSnnen. Auffallend ist (tie verh~ltnism~Big geringe Verkfirzung nach den 2. Operationen: Verkiirzung: Fall 20 ,, 21 ,, 22
IO cm IO89 . . ii . .
Resektionstellung:
. .
. .
Streckstellung (18o Grad) . . (17o Grad) . . (I75 Grad)
Alle 3 Patienten sind mit ihrem Resultat vollkommen zufrieden; auf unsere Empfehlung gehen alle 3 auf erh6hter Sohle und tragen welter eine Kniehiilse, Alle 3 Patienten befinden sich heute, wie alle anderen, in einem erwerbsf~higen Zustande. Es ist interessant, einen Blick auf die letzte, Tabelle 9, zu werfen, wetche eine kurze Ubersicht gibt fiber die B e r u f e und die von den Patienten angegebene Leistungsf~higkeit. Die 3 letzten Patienten sind zum SchluB noch einmal mit ihren Angaben nach der 2. Operation angeffihrt (s. Tabelle S. 522). Nur noch wenige Punkte mSchte ich kurz beriihren. Es ist bekannt, dab wiederholt empfohlen worden ist, die Tenotomie der Flexorensehnen in der Kniekehle gleichzeitig mit der Resektion des Gelenkes vorzunehmen. Ich m6chte einige Bedenken auf Grund einer Erfahrung dagegen anffihren. Wenn wir bei bestehender Subluxation und Flexionskontraktur sogleich bei der Resektion auch die Flexorensehnen tenotomieren, haben wit keinen MaBstab mehr, um bei der Streckung des Unterschenkels beurteilen zu kSnnen, wie sehr wir die Weichteile (d. h. die Gef~Be und Nerven) in der Kniekehle dabei anspannen. In der Tat haben wir bei einem Patienten zuerst die Spannung so stark erhalten, dab die arterielle Blutzufuhr sistierte, his wir eine leichte Flexion wieder herstellten; als wir dann sp~ter die volle Streckstellung ausffihrten, erhielten wit zweifellos infolge starker Dehnung der Nerven eine ausgesprochene Peroneusl~hmung, welche erst nach Wochen sich langsam zurfickbildete.
522
BRAND.S
Haben wir die Resektion ausgefiihrt und die Tenotomie der Flexorensehnen sofort angeschlossen, so h i n g t der ganze Unterschenkel nur noch an den Gefil3en, Nerven und einem kleinen Hautlappen. Tabelle . N0r ~ 4o
v. &< 9
24
io
23
Ii
18
I2
I9
13
20
I4 I5
I8 I9
*6
x8
17
18
I8 19
I4 8
20
18
21 22
16 14
Beruf
19
2I
17
22
15
Angaben
Schmied
HSJt Iostilndige Arbeitszeit ein und empfindet keine Beeintr/ichtigung der Erwerbsfiihigkeit in seinem Berufe. Legt groBe Tagesm~irsche zurilck. Verheiratet;vorh. Hat alles gearbeitet als Dienstm~idchen. Dienstmidchen Dienstm~dchen Versieht alle Arbeiten, erst nach l~ingerer schwerer auf demLande Arbeit tritt Ermildung ein. Beim Melken behindert infolge Erschwerung des Hinsetzens und Aufstehens. Obersekundaner Treibt viel SportI Geht angeblich bis6o km an einem Tage; besterFuBgS.nger seinerKlasse. Freischwimmer. Bedauert, nur nicht s c h n e l l laufen zuk6nnen. Landmann Wihrend des ganzen Tages beschiftigt, die wirklich schweren Landarbeiten kann er angeblich nicht verrichten. Schreiber Macht stundenlange Touren ohne Ermildung. Sch~ifer Macht als ScNifer nut leichte Arbeit. Nach zweistfindigem strammen Gehen soil Ermildung auftreten. LandmannsVlacht alle Hausarbeiten ohne Beschwerden. Kann tochter Touren yon mehreren Stunden, auch halbe Tagestouren machen. Schneiderin Ober Heilresultat sehr zufrieden; kann mehrere Stunden ohne Ermildung gehen. Schiller Ermildung nur nach angestrengtem Gehen und Laufen. Schiller WS.hrend des ganzen Tages ohne Schonung auf den Beinen. Macht stundenlange Touren und turntI PantoffelmacherBisher nur leichte Handarbeit Beschwerlicher Gang, lehrling stark hinkend mit Stock. Schnelle Ermildung. Schiller Keine nennenswerte Arbeitsm6glichkeit. Schiller
I Jahr 20
9.
nach
d e r 2. O p e r a t i o n "
Pantoffelmacher Hat seinen frilheren Beruf beibehalten (geistig sehr zurilckgebliebener junger Mann). Schreiber Macht Tagestouren. Keine Ermildung nach mehrstilndigem Gehen. Schiller Turnt, 15.uft Schlittschuh; macht stundenlange Touren ohne Ermfidung.
Ich m6chte vorschlagen, nur in den NotfSJlen, wo eine einigermaBen ausgiebige Streckung bei bestehender hochgradiger Flexions-
?3ber das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosen usw.
523
kontraktur nicht m6glich ist, die Tenotornie gleichzeitig vorzunehmen, sonst nicht; auch nach vorgenornrnener Tenotornie darf die Streckung nicht ohne weiteres bis I8o ~ betrieben werden, die Spannung und Dehnung der Gef~Be nnd Nerven mul~ hier berficksichtigt werden. Dagegen rn6chte ich dringend raten, auch bei primer erreichter vollkornrnener Streckung an der Resektionsstelle sp~ter noch die Tenotornie der Flexorensehnen auszuffihren, urn nach M6glichkeit der Entstehung einer Flexionskriirnmung entgegenzuarbeiten. Wit haben in der letzten Zeit stets etwa 89 Jahr nach der Resektion des Kniegelenkes bei Kindern eine R e s e k t i o n d e r Flexorensehnen ausgefiihrt. Wit machen sogleich nach tier Resektion die Eltern der Kinder darauf aufmerksam, dab sparer noch eine kleine Nachoperation notwendig sein wird, urn das erreichte gute Resultat zu einern dauernden zu rnachen. Von zwei seitlichen Schnitten der Kniekehle werden alle Sehnen freigelegt und in einer Ausdehnung von mehreren Zentimetern reseziert. Die Resektion halten wir fiir notwendig, urn eine schnelle Wiedervereinigung der Sehnenenden, wie sie nach einer Tenotomie vorkomrnt, auszuschliel3en. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dab die Zugwirkung der Flexoren eine grol3e Rolle bei dem Zustandekornrnen der Flexionskriimmung nach kindlichen Resektionen spielt und dai3 wir auf diese Weise einer Krtimmung entgegenarbeiten k6nnen. Eine Transplantation der Flexoren auf die Streckseite, wie H e u s n e r vorgeschlagen hat, halten wit ftir fiberfliissig und fiir diese FXlle zu kompliziert. Unseren drei nachoperierten F~llen gemeinsarn ist, dab die Kriimmung sp~t, d. h. nach rnehreren Jahren erst eintrat; in dern letzten der drei F~lle soll bereits am Ende der Gipsverbandbehandlung eine leichte Krfirnmung bestanden haben. Ein Trauma oder eine andere ~ul3ere Ursache 16ste die Verkrfirnmung direkt nicht aus, jedoch ist bezeichnend und bedeutungsvoll, dab in d i e s e n d r e i F ~ l l e n d i e N a c h b e h a n d l u n g a m k f i r z e s t e n g e w e s e n ist. Im Fall 20 betrug die Dauer der Nachbehandlung ca I Jahr, im Fall 21 betrug die Dauer der Nachbehandlung kein ganzes Jahr, im Fall 22 betrug die Dauer der Nachbehandlung ca. 3/4 Jahr.
524
]3RANDES
Alle anderen Patienten sind meistens bei weitem lingere Zeit mit fixierendenVerMinden oder Kniehfilsen nachbehandelt worden; yon den drei Patienten hat keiner eine Kniehfilse getragen. Wir gehen daher wohl nicht fehl, wenn wir in der zu kurzen und ungenfigenden Nachbehandlung den Grund der sp/iter eintretenden Flexionskrfimmungen suchen. Ich m6chte nicht gerne noch auf die theoretische Frage der Entstehung solcher Krfimmungen eingehen; es ist genug dariiber geschrieben worden und meine drei F~ille geben kaum geniigende Anhaltspunkte zu einer Beleuchtung dieser Frage. Ich will nur hervorheben, daI3 wit wohl kaum den Grund der Flexionskriimmung in einer nicht geniigend fest eintretenden primiren Ankylosierung an der Resektionsstelle zu suchen haben; die Ansicht K 6 n i g s, dab die meisten Verwachsungen hier nur knorpelige oder straff fibr6se seien und keine oss~iren, ist sieherlich nicht zutreffend. In unseren F/illen, auch den drei letzten, bestanden feste oss~ire Verwachsungen an der Resektionsstelle. Obwohl ich welter oben anerkannt habe, dab eine geringe Flexion an der Resektionsstelle giinstiger fiir das Abwickeln des FuBes ~fiir den Patienten ist, mfissen wir doch zu erstreben suchen, nach der Operation eine vollkommene Streckstellung herzustellen und w~ihrend der Verbandperiode zu erhalten. Wiirden wir, wie B r o d i e und P a m b e r t o n vorgesehlagen haben, eine leichte Beugung herstellen, so wiirde die Folge nach kindlichen Resektionen sicher die sein, dal3 sieh infolge der Belastung dureh das K6rpergewicht allm~ihlieh eine hochgradigere Flexion ausbildete. Wir miissen meines Erachtens mit allen Mitteln danach streben, die hergestellte Streckstellung zu erhalten und miissen, wie das in den zusammengestellten F~illen wiederholt ausgefiihrt ist, ev. in Narkose w~ihrend des ersten Verbandwechsels die Streckstellung korrigieren und vervollkommnen. Dieser gewissenhMten und energischen Nachbehandlung und Kontrolle sind wohl nicht zum geringsten Teile auch die geschilderten Resultate zu danken. Ich habe eingangs gesagt, dab wir diese ganze Untersuehung vorgenommen haben, um uns ein pers6nliches Urteil zu bilden, ob
Ober das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosen usw.
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wMdich alle kindlichen Resektionen als traurige Erfolge, d. h. mehr oder weniger als MiBerfolge zu gelten haben. Ich glaube, die Resektionen des Kindesalters verdienen diesen Ruf nicht ganz! Zweifellos sind die Wachstumsverktirzungen u n d d i e ev. F l e x i o n s k o n t r a k t u r e n ernste Schattenseiten dieser Methode, welche aber eine vorsichtige und sparsam mit Knochenmaterial umgehende, die Epiphysenlinien unter allen Umst~nden schonendeResektionsmethodeimVereinmit rationeller Nachbehandlung auf ein gewisses Mindestmal3 zurt~ckdr~ngen kann. Keineswegs sollen die Resektionen jemals die konservative Behandlung ersetzen, etwa um die Krankheitszeit abzukilrzen; falls aber die konservative Therapie in schweren F~llen nach rationeller und gentigend langer Anwendung zu keinem Erfolge ftihrt, sind wir bereehtigt, eine Resektion nach dem Muster H e 1 f e r i c h s bei Kindern auszufilhren; nur mfissen wir zugleich imstande und bereit sein, die ev. jahrelang notwendige Kontrolle und Gips- bzw. Hiilsenbehandlung solcher F/ille fortzuftihren. Vor allem das Iunktionelle Endresultat der nachuntersuchten F~ille hat uns in dieser Meinung best~irkt. Alle naehuntersuehten Patienten sind heute mit ihrem Zustande durchaus zufrieclen und erfiillen zum Teil schwere Arbeit w~hrend des ganzen Tages. Damit stehen unsere Resultate und Ansichten im Widerspruch mit denen L e h r s (Zeitschr. f. orthop~id. Chir., Bd. 23, S. 554ff), wo L e h r behauptet, dab die funktionellen Endresultate durchweg schlecht sind und schlecht sein milssen! L e h r hat offenbar seine Behauptungen auf Grund der Kenntnis lediglich yon MiBerfolgen aufgestellt. Wenn uns L e h r yon der Richtigkeit seiner Ansicht tiberzeugen will, wird er uns die s~imtlichen Resektionsf~ille der Operateure, von denen die angefiihrten MiBerfolge stammen, bringen mtissen, damit man iibersehen kann, wie Erfolge und MiBerfolge sieh ziffernm~iBig verteilen. Nur solche Darlegung kann ein richtiges Bild vom Werte oder Unwerte der Resektionen im Kindesalter geben. Widersprechen milssen wir auch L e h r darin, dab mit Naturnotwendigkeit infolge
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BRA~DES
statischer Belastungsverh~iltnisse und der Wachstumsvorg~nge eine typische Resektionsdeformit~t sich einstellen muB I In unseren F~llen war dieselbe nicht vorhanden, offenbar deshalb nicht, weil mit gr6Bter Schonung der Epiphysenlinien operiert worden war. In so hochgradiger Weise, wie L e h r abbildet, diirfte die Resekfionsdeformit~tt wohl nur dort vorkommen, wo eine Sch~idigung der Tibiaepiphysenlinie stattgefunden hat. Wir werden also in Zukunft an der Resektionsmethode H e 1 f e r i c h s festhalten und auch in kindlichen F~illen, wo wir mit konservativen Mitteln nicht zum Ziele kommen, diese Methode fiben. Nachtr~iglich werden wir die Resektion der Flexorensehnen vornehmen und eine m6glichst lange Nachbehandlung durchfiihren. Ich habe bisher stets vermieden, bei dem hier dargelegten Krankenmaterial Prozentzahlen anzufiihren; am Ende der Arbeit von M a y, welche die Nachuntersuchungen der Kniegelenksresektionen b e i E r w a c h s e n e n bringen wird, wird eine ~bersicht fiber das gesamte Maeriatl mit Berechnung von Prozentzahlen gegeben werden. Ganz kurz m6chte ich als SchluB einen Bericht fiber das Resultat dieser Nachuntersuchungen geben (I), demselben jedoch eine kurze Pr~izisierung unserer Anschauungen fiber Behandlung kindlicher Kniegelenkstuberkulosen anfiigen (II). Zmammenlassung. I. L In einem Zeitraum y o n m e h r als 8 J a h r e n w a r e n a n 26 K i n d e r n 27 r a d i k a l e O p e r a t i o n e n wegen Kniegelenktuberkulose a u s g e f f i h r t , d a v o n w a r e n x9 Resektionen nachHelferich, vierArthrektomien, vier Amputationen. 2. V o n d i e s e n K i n d e r n k o n n t e n f a s t a l l e l e b e n d e n Patientenpers6nlichnachuntersucht werden; vonden Resezierten muBten 3 Patienten wegen Flexionskontraktur einer Nachoperation unterworfen werden; alle anderen zeigten einen guten Befund; der lokale ProzeB war dutch die Operation dauernd beseitigt,
0ber das Endresultat radikal operierter Kniegelenkstuberkulosen usw.
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3. H e u t e b e s i t z e n a l l e 14 r e s e z i e r t e n P a t i e n t e n e i n e I e s t e oss~ire A n k y l o s e in g e n i i g e n d e r S t r e c k s t e l l u n g , alle b e f i n d e n s i c h in e i n e m e r w e r b s f ~ i h i g e n Z u s t a n d e . 4. E r r e i c h t i s t clieses R e s u l t a t d u t c h d i e s c h o n e n d e bogenf6rmige Resektionsmethode nach Helferich, verbunden mit gewissenhafter, langzeitiger, rationeller Nachbehandlung. 5. W i r d i i r f e n a l s o a u c h im K i n d e s a l t e r z u r R e sektion schreiten, wenn wit imstande sind, die Pflicht r a t i o n e l l e r N a c h b e h a n d l u n g u n d ev. j a h r e l a n g e r K o n t r o l l e s o l c h e r F / i l l e zu i i b e r n e h m e n . 6. Als P r o p h y l a x e e i n e r i m m e r m 6 g l i c h e n F l e x i o n s kontraktur empfiehlt sich die sekund~tre Resektion der Flexorensehnen. II. I. D i e e r s t e B e h a n d l u n g ilder K n i e g e l e n k t u b e r k u l o s e im K i n d e s a l t e r sei s t e t s k o n s e r v a t i v . R e s e k t i o n e n als F r t i h o p e r a t i o n e t w a z u r A b k i i r zungder Behandlungszeithabenim Kindesalterkeine Berechtigung. 2. A b e r in F~tllen, wo e i n e r a t i o n e l l e , l~ingere Z e i t d u r c h g e f i i h r t e B e h a n d l u n g e r f o l g l o s i s t , - - wie w i r das bei sekund~ir infizierten Abszessen oder Fisteln mit Stellungsnomalien Knochenherden, multiplen t u b e r k u l d s e n P r o z e s s e n , e i n h e r g e h e n d m i t e i n e r st~tndigen Abnahmme des k6rperlichen Zustandes, gelegentlich immer wieder erfahren miissen -- bringe m a n n i c h t d u r c h e i n zu z 6 g e r n c l e s H i n a u s s c h i e b e n des radikalen Eingriffes das Leben solcher Kinder in G e f a h r . 3. D i e H e l f e r i c h s c h e b o g e n f d r m i g e Resektionsm e t h o d e t r i t t d a n n b e i u n s als s c h o n e n d s t e r und e r f o l g r e i c h e r r a d i k a l e r E i n g r i f f in i h r R e c h t . 4. D i e A m p u t a t i o n ist nur berechtigt, wo e i n liingerer operativer Eingriff wegen direkter Lebensg e f a h r a u s g e s c h l o s s e n ist.
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BRASDES, ~ b e r d. E n d r e s u l t a t r a d i k a l oper. K n i e g e l e n k s t u b e r k u l o s e n usw.
Literaturverzeichni~. [. 2. 34. 5. 6. 7. 8. 9. Io. tl. x2.
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