Chromosoma (Berl.) 11, 25--28 (1960)
Aus dem Botanischen Institut der Universitat Wien l~BER D E N E I N B A U VON Ha-THYMIDIN I N D I E DNS UND D I E E N D O M I T O S E T A T I G K E I T I N D E R W U R Z E L VON V I C I A FABA Von ELISABETIt TSCHERMAK-WoEss
(Eingegangen am 23. Januar 1960) Die Aufnahme von markiertem Thymidin in die Zellkerne yon Vicia /aba erfolgt nicht nur im eigentlichen Meristem der Wurzel, sondern auch in der Verl/ingerungszone, welche unmittelbar an das Meristem anschliel3t. Dies stellten P~LC und L&CovR mit Hilfe autoradiographischer Methoden lest. Des weiteren zitieren sie unverSffentlichte, anderen Erfahrungen zum Grol3teil widerspreehende Resultate yon S~OAD, wonaeh sich mittels der Feulgen-Photometrie 4 C-Werte der DNS in 2 mm Entfernung yon der Wurzelspitze und eine Reduktion der FeulgenWerte in einer Region yon 5--20 mm Distanz yon der Spitze finden sollen 1. Auf Grund der Befunde yon SNOAD wird mit Sicherheit angenommen, dab in der Wurzelrinde in 2 mm Entfernung yon der Spitze keine DNS-Zunahme mehr erfolgt. Wenn trotzdem in diesen ~lteren Teilen ein H3-Thymidin-Einbau in die DNS zustande kommt, so mfisse man ihn als Anzeichen eines Austausches von DNS-Komponenten betrachten;soweit die Befunde, Annahmen und Folgerungen yon P~LC und LA Could. Berficksichtigt man jedoeh die Kenntnisse fiber das Vorkommen yon Endopolyploidie (zusammenfassend zuletzt: TSCHERMAK-WoEss, 1956) und die Resultate der Feulgen-Mikrophotometrie von DE]~LEY, DAVIES und CHAYE~r - - die PELC und LA COUR zwar zitieren, aber anscheinend nieht riehtig bewerten - - , so dr/ingt sieh eine andere, zwanglosere Deutung auf. DEWL]~u DAWns und CHAYEI~ linden n~mlieh in der sieh differenzierenden Wurzelrinde von Vicia/aba 4 - - 8 mm yon der Spitze entfernt vorwiegend Kerne mit DNS-Werten von 4 C, einige mit 2 C und 8 C und daneben solehe mit Zwischenwerten; fiir die ausdifferenzierte Wurzelrinde geben sie nur 4 C- und 8 C-Werte an, und zwar verh/~lt sieh die Anzahl der betreffenden Kerne ungef/ihr wie 2:1 (vgl. die untenstehende FuBnote). Zusammen mit diesen Befunden sprechen alle Angaben yon z Den Wert C besitzen posttelophasische haploide Kerne, 2 C haben praprophasische haploide und posttelophasische diploide Kerne; 4 C ist fiir pr/iprophasische diploide Kerne und ffir praendomitotische, in Endomitose befindliche und postendomitotische Kerne des ersten Endomitosezyklus charakteristisch; zu letzterem vgl. TSCH~.R~Ax-Wo~.ss(1959).
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ELISA]~ETH T S C t t E R M A K - W O E s S :
PELC und LA CouR daffir, dab die an das Meristem angrenzende, bei 1,9 mm hinter der Spitze beginnende Zone, in der sie eine auffallende H3-Thymidin-Einlagerung in die Kerne feststellen, mit der Zone fibereinstimmt, in der intensive Endomitosets herrseht. Hier entstehen zun~ehst tetraploide Kerne; und wenn sieh in einer Entfernung yon ~ungef~hr 4,5--6,5 mm yon der Spitze in den autoradiographisehen Prs oberhalb vieler Kerne (etwa 25%) eine besonders hohe KSrnehendichte finder, so handelt es sich aller Wahrsehein|iehkeit nach um oktoploide Kerne, in die im Zuge eines zweiten Endomitosezyklus besonders viel H3-Thymidin eingelagert worden ist. Ffir diese Deutung spricht vor allem der Befund fiber zweistiindige H3-Thymidinbehandlung. Bei dieser fanden sich ns fiber Kernen in 4--7 m m Entfernung von der Spitze im Durehsehnitt doppelt so viele KSrnehen wie fiber den am intensivsten markierten Kernen im Meristem. Bei den letzteren handelt es sieh offensiehtlich urn 4 C-Kerne, die im Zug der pr~prophasischen DNS-Verdoppelung yore 2 C- in den 4 C-Zustand fibergegangen waren, w/ihrend die ersteren im Zusammenhang mit einer zweiten Endomitose den ()bergang yon 4 C zu 8 C hinter sieh hatten. Tats~chlieh kann man sich mit Hilfe stichprobenartiger Untersuehungen sehr leieht davon fiberzeugen, dab in der kritisehen, knapp an das Meristem angrenzenden Zone bei gutem Waehstum reichlieh Endomitosen ablaufen 1. Diese sind gut kenntlieh an der Zersti~ubung der Chromozentren. Die ersten Endomitosen kann man allerdings nieht mit Sieherheit yon den letzten prophasischen Zerst~ubungen unterseheiden, doch besteht in etwas ~lteren Absehnitten, wo keine Mitosen mehr vor sieh gehen, nicht der geringste Zweifel, dab es sieh um den endomitotisehen Formwechsel handelt. Ubrigens laufen auch in der Wurzelhaube Endomitosen ab, und zwar unter anderem in den bereits yon der Spitze durchwachsenen Teilen, die der Wurzel seitlieh anliegen, allerdings nur in jfingeren derartigen Teilen. Daraus ist es leicht verst~ndlieh, wenn nach PELt und LA CouR auch in der Wurzelhanbe intensiv markierte Kerne auftreten. DaB diese unmittelbar neben meristematischen Kernen liegen, ist nicht welter erstaunlieh, da die Region der Endomitosetiitigkeit in der Wnrzel so wie in den meisten anderen Geweben unmittelbar an die Region der Mitosetgtigkeit anschliei~t und sieh mit ihr besonders bei Keimwurzeln aueh gelegentlieh fibergreift, was sieh bekanntlich bei manehen Pflanzen im spontanen Auftreten polyploider Mitosen in <eren Teilen des Meristems ~ul~ert. Wenn im vorliegenden Fall die ersten sieher als solche fai~baren Endo1 Untersuchung an Handschnitten (Fixierung Alkohol-Eisessig, F~rbung Karminessigs~ure), die nur so weir gequetscht sind, dal3 der Zusammenhang der Zellen in L~ngsreihen gewahrt bleibt.
DNS-Einbau und Endomitosetittigkeit bei Vicia
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mitosen bei 2,1 mm yon der Spitze auftreten (Haube wie bei DEELEu DAVIES und CHAYEN und vermutlieh aueh PELC und LA COUB nicht mit eingereehnet), w/thrend sie im Material von PELt und LA COUR offenbar n/iher der Spitze abliefen, so hat dies nieht viel zu sagen, da ja das Meristem in Abh/ingigkeit yon gul3eren und inneren Faktoren versehieden lang sein kann 1. Jedenfalls spiele/1 sieh die ersten sicher erkennbaren Endomitosen in Zellen ab, die eben beginnen sieh zu verl~tngern und vSllig denen gleiehen, die die beiden Autoren Jn ihrer Abb. 2b darstellen. DaB Endopolyploidie in der Wurzelrinde yon Vicia [aba vorkommt, geht fibrigens aus Experimenten und Beobaehtungen yon MELETTI hervor, der mittels 2,4 D bei Keimpflanzen Mitosestimulierung erreiehte; n~here Angaben fiber den hSehsten Polyploidigrad und alas Verteilungsmuster der endopolyploiden Zellen macht dieser Autor jedoeh nicht, tlOLZEI~ sowie TSCIIERMAK-WoEss und DOLEZAL erhielten bei I-IeteroauxJnbehandlung und fiber Seitenwurzelanlagen rmr Tei|ungen in den inneren kleinzelligen, diploid bleibenden Rindenschicb~en, w~hrend die s nieht ansprachen; doch nahmen sie auf Grund der GrSSenverh~Lltnisse der Kerne und Zellen und naeh der Kernstruktur an, dal~ sic endopolyploid werden. In Analogie zu den Verh/~ltnissen bei Lens esculenta (HoLzEX) und auf Grund des Vergleiches mit den Kernen in der Aehse (FENzL und TSCHERMAK-WoEss) ist als hSehste Stufe Oktoploidie so gut wie sieher zu erwarten. Dies stimmt mit den erw~thnten Messungsergebnissen yon DEELEY, DAVIES und CHAYE~ fiberein. Wie sich die tetraploiden und oktoploiden Zellen fiber die peripheren Rindensehichten verteilen, mfil3te allerdings erst dureh DNS-Messungen in situ oder dureh karyometrisehe Untersuchungen gekl/irt werden 2. Die von PELC und LA CouR angeschnittene Frage, ob nach Beendigung der DNS-Reproduktion ein Austauseh yon DNS-Komponenten erfolgen kann, 1/~13t sieh jedenfa!ls nicht auf dem yon den Autoren beschrittenen Wege kls An Stelle endomitotisch waehsender Gewebe mfil3ten ausdifferenzierte Gewebe herangezogen werden, wobei zu berfieksichtigen ist, ~dal3 aueh in diesen gelegentlieh oder auch regelm~l~iger spontane oder im Fall der Wurzeln durch Seitenwurzelbildung induzierte Mitosen stattfinden kSnnen (vgl. z. B. TSCttERMAK-WoEsSund DOLEZAL; WINKLE~). 1 Ebenso verh~lt es sich wahrseheinlich mit der Zone, in der Endomitosen ablaufen; vielleicht kommt es in dtinneren Wurzeln aueh zu einer relativ geringeren Endomitoset&tigkeit als in dickeren, so dab ihre Zellen also niedriger polyploid bleiben bzw. etwas weniger Zellen endopolyploid werden. 2 Often ist~ auch noeh die Frage, wo bei den mikrophotometrischen Untersuchungen von DEELEY, DAVIESund CHAYENdie diploiden Zellen der inneren Rindenschichten geblieben sind. Vielleicht wurden sie bei der Priiparation zusammen mit dem Zentralzylinder entfernt.
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]~. TSCHERMAK-WOEsS: DNS-Einbau und Endomitoset~tigkeit bei Vicia
Zusammenfassung Die y o n PELC u n d LA C o u ~ bei W u r z e l n y o n Vicia labs festgestellte H a - T h y m i d i n - A u f n a h m e in die Zellkerne der S t r e c k u n g s z o n e u n d d e r W u r z e l h a u b e b e r u h t offensichtlich darauf, d a b in diesen R e g i o n e n i m Zuge y o n 2 E n d o m i t o s e z y l d e n eine DNS-Reprodulction erfo]gt. Diese ~ D e u t u n g legen eigene U n t e r s u c h u n g e n fiber die L a g e y o n K e r n e n i m e n d o m i t o t i s c h e n S t r u k t u r w e c h s e l n a h e ; doch e r g i b t sie sich bereits auf G r u n d der m i k r o p h o t o m e t r i s c h e n Befunde y o n DEELEY, DAVIES u n d CHA~EN u n d auf G r u n 4 der allgemeinen K e n n t n i s s e fiber die V e r b r e i t u n g u n d das Z u s t a n d e k o m m e n der e n d o m i t o t i s c h e n Polyploidie. A u c h spezicll ffir die W u r z e l r i n d e y o n Vicia ]aba lagen schon A n g a b e n fiber das A u f t r e t e n y o n E n d o p o l y p l o i d i e v o r u n d d a m i t A n h a l t s p u n k t e ffir eine l~nger w~hrende, fiber das eigentliche Meristem hinausgreifende DNS-Reproduktion. Die Ergebnisse y o n PELC u n d LA C o v ~ stellen s o m i t keinen schli~ssigen
Beweis /i~r einen Metabolismus von DNS-Komponenten unabh~ingig von der DN S-Reproduktion dar.
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