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Mark Deinert
BI Goes Mobile – wie sich das Controlling bei SAP verändern wird Technologietrends eröffnen neue Möglichkeiten Die Einführung von Mobility- und In- Memory Lösungen wird sich nachhaltig auf das Controlling auswirken. Durch die rapide Verbreitung mobiler Endgeräte werden wir zukünftig jederzeit auf aktuelle, steuerungsrelevante Informationen zugreifen, Arbeitsschritte ohne Desktop remote durchführen und Führungskräften wie Experten eigenständige Analysen ermöglichen können. Gleichzeitig wird mit Hilfe der In-Memory Technologie die Verarbeitung größter Datenmengen mit Analysen und Prognosen in Echtzeit ermöglicht (Big Data). Neben den daraus resultierenden Performanceverbesserungen in
Autor
Mark Deinert studierte Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Industriebetriebslehre und Steuern an den Universitäten Bayreuth und Mannheim. Seine Laufbahn bei der SAP AG begann 1995 in Japan, wo er zunächst im Bereich der Beratung als Controller arbeitete. Später war er zuständig für die Region North East Asia, bevor er nach Deutschland wechselte. Dort unterstützte er zunächst die Umstellung von HGB zu US GAAP durch die Einführung des Umsatzkostenverfahrens und arbeitete als Assistent des kaufmännischen Leiters des Konzerns, bevor er als Controller die Region Europa betreute. Seit 2001 ist Mark Deinert für den Bereich Konzerncontrolling bei der SAP AG verantwortlich. E-Mail:
[email protected].
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der Verarbeitung der Daten, eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten im Hinblick auf die Analyse und Simulation von Szena rien. In Folge dieser Trends wird sich das Nutzungsverhalten von Business Intelligence-Werkzeugen nachhaltig verändern. Insbesondere der Visualisierung und der zielgruppenspezifischen Bereitstellung von Berichtsinhalten wird in der Zukunft eine sehr viel größere Rolle zukommen als noch in der Vergangenheit als Business Intelligence-Analysewerkzeuge fest in den Händen von Experten lagen. Das Controlling der SAP hat vor diesem Hintergrund frühzeitig die Business Intelligence-Strategie überdacht, um die ganze Bandbreite der neuen technologischen Möglichkeiten zukünftig nutzen zu können. Dabei zeigt sich, dass dem Controlling eine Schlüsselrolle in der Umsetzung und Adaption zukommt, insbesondere in der Übersetzung steuerungsrelevanter Anforderungen in Analysesichten sowie der Einbettung in die Business Intelligence-Strategie des Controllings.
Zentrale Rolle des Controllings bei der Übersetzung der Anforderungen Neben den technischen Möglichkeiten stellen die Trends auf der fachlichen Seite insbesondere das Controlling vor neue He rausforderungen: Zukünftig werden Führungskräfte wie Experten wesentlich stärker eigenständig auf Informationen und Analysen zugreifen können (Self-Service BI) und weniger abhängig von „vorgefertigten Papierberichten“ sein. Die jederzeitige Verfügbarkeit und die reduzierte Komplexität im Zugriff und Umgang mit Systemberichten aufgrund mobiler Endgeräte wird dem Vorschub leisten. Bisherige Gelegenheitsnutzer werden sehr viel intensiver und eigenbestimmter mit Analysewerkzeugen umgehen als bisher. In Bezug auf die Inhalte ist daher eine einfach verständliche und leicht lesbare Darstellungsform gefragt – die
Anforderungen an Design und Visualisierung steigen. Hier kommt offensichtlich dem Con trolling eine zentrale Aufgabe zu, wenn es darum geht, aus einem starken Geschäftsverständnis heraus relevante Inhalte und Darstellungsformen zu überarbeiten oder neu zu gestalten. Im Kern bedeutet dies inhaltliche Standards und eine einfache und konsequente Standardisierung bei der Wahl der Darstellungsformen. Neben Design und Visualisierung ist eine einheit liche Taxonomie von zentraler Bedeutung, um sicherzustellen, dass ein klares Verständnis über die Inhalte vorliegt (Bsp.: Einheitliche Definition des Auftragseingangs). Aufgrund der Vielzahl von Informa tionen muss der Zugriff rollenspezifisch auf Führungskräfte und Experten zugeschnitten werden; dabei sind Analyseschritte vorzudefinieren bzw. zu antizipieren, um sicherzustellen, dass beispielsweise Kenn-
■■ Die Einführung von Mobility- und InMemory Lösungen wird sich nachhaltig auf das Controlling auswirken. ■■ Zukünftig werden Führungskräfte wie Experten stärker eigenständig mit Berichten wie Dashboards und Analysewerkzeugen arbeiten. Dem Controlling kommt in der Gestaltung der Inhalte eine entscheidende Rolle zu, um eine zielgerichtete Informationsbereitstellung verbunden mit einem hohen Entscheidungsbezug sicherzustellen. ■■ Insbesondere der Visualisierung und der zielgruppenspezifischen Bereitstellung von Berichtsinhalten wird in der Zukunft eine sehr viel größere Rolle zukommen als noch in der Vergangenheit, als Business Intelligence-Analysewerkzeuge fest in den Händen von Experten lagen. Im Kern bedeutet dies inhaltliche Standards und eine einfache und konsequente Standardisierung bei der Wahl der Darstellungsformen.
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zahlen immer im richtigen Kontext gesehen werden. Gerade in der frühen Umsetzungsphase erfordert dies von den Controllern – sehr eng zusammen mit den verantwort lichen Führungskräften/Managern – das Reporting auf die jeweiligen Rollen hin zu gestalten. Beständige Zielsetzung dabei ist immer die Verbesserung unternehmerischer Entscheidungen durch zielgerichtete Informationsbereitstellung, sprich die Erhöhung des Entscheidungsbezugs.
Einbettung in die Business Intelligence-Strategie des Controllings Offensichtlich müssen die Anforderungen für eine zielgerichtete Umsetzung klar kanalisiert werden. Innerhalb des Controllings der SAP ist die Abteilung „Processes & Services“ global verantwortlich für alle Controllingprozesse (Kostenrechnung, Planung, Berichtswesen). Sie bildet die zentrale Schnittstelle zur internen IT der SAP, um fachliche Anforderungen zu formulieren, die Umsetzung zusammen mit IT sicherzustellen
■■Klare Taxonomy: Letztendlich müssen sich die Dimensionen und Kennzahlen der Unternehmenssteuerung im Datenmodell widerspiegeln. ■■Standardisation and Simplicity: Dezentrale Reportinglösungen sollen abgelöst werden. Gleichzeitig greifen bisherige Gelegenheitsnutzer auf Echtdaten zu. Damit steigen die Anforderungen an die Vereinheitlichung von Stammdaten und eindeutige Bezeichnungen von Datenquellen und Merkmalen, da eine „Nachbearbeitung“ von Daten außerhalb des Systems in Tabellenkalkulationsprogrammen unterbleibt. Hinzu kommt, dass mit der Speicherung der Daten In-Memory und den damit einhergehenden signifikanten Performanceverbesserungen Daten nicht mehr voraggregiert werden müssen, sondern ohne Einschränkung in Echtzeit abgerufen und analysiert werden können. Nur mit Hilfe eines umfangreichen Geschäftsverständnisses wird das Controlling in der Lage sein, diese Aspekte ausreichend in die Business Intelligence-Strategie einzubringen. Abbildung 1 gibt hierzu einen Überblick.
und die Prozesse mit den Anforderungen und Zielen der operativen Geschäftseinheiten abzustimmen. Dementsprechend kommt dem Bereich eine zentrale Rolle bei der Übersetzung und Umsetzung der neuen Anforderungen zu. Generell richten sich die Anforderungen nach folgenden Erfordernissen: ■■Realtime Insight to Action: Neben der Schaffung von Transparenz muss sich die Gestaltung an der Verbesserung unternehmerischer Entscheidungen durch zielgerichtete Informationsbereitstellung und die Erhöhung des Entscheidungs bezugs orientieren. ■■Single Source of Truth: Daten sind einmalig in einem zentralen Datenlayer vorzuhalten. ■■Usability: Die Nutzung erfolgt zukünftig über unterschiedliche Endgeräte. Zur effektiven Nutzung wird ein konsistentes Design unerlässlich sein – verbunden mit insgesamt deutlich höheren Anforderungen an Design und Benutzerfreundlichkeit. ■■Self Service BI: Die Nutzer sollen ermächtigt werden, eigenständig analysieren zu können.
Abb. 1| BI Architecture Connecting with our customer, agility and operational excellence are the key drivers for our BI success NewBI Architecture
Principles …
Best of breed front end technology platform drives user adoption
REPORTING SAP BusinessObjects 4.0
Fast and user driven reporting delivery
Single source of truth EDL with In-memory technology
IT focused roles
Self service enabled Mobile capabilities DATA DA ATA Conso Consolidation olidation ation atio n & Com Co Composition mpo possittion
CRM
Classic HANA DB
ERP
BW 7.30
by-side
HANA
PULL Principles
Lines of Business (LoB) driven data mart design with IT technology expertise
LoB focused roles
Objective
by-side
HANA
„business-consumption“ ready Transparency Certified KPIs/reports Business Warehouse (BW): Extract ONCE deploy many (corporate data model)
Classic DB
HANA Analytics
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Interner Projektansatz innerhalb der SAP
Bilanzbuchhalterprüfung Steuern!
Aufgrund der Signifikanz der anstehenden Änderungen haben wir sehr viel Wert auf die Umsetzungsplanung gelegt. Der Lenkungsausschuss besteht aus Vorständen und Senior Executives und unterstreicht damit die Relevanz des Projektes. Die Projektleitung ist dual aus dem Fachbereich Controlling und der internen IT besetzt und die Projektteams arbeiten Hand in Hand mit der Standardentwicklung, zumal wir Lösungen bereits vor der generellen Verfügbarkeit einsetzen. Neben dieser engen Zusammenarbeit arbeitet das Team in einem agilen Projektvorgehensmodell (SCRUM) und konsequent mit so genannten Mock-Ups, um Lösungen frühzeitig zu visualisieren. Gerade hierdurch vermeidet das Projektteam übermächtige Projektpläne und arbeitet lösungs- und umsetzungsorientiert. Um zeitnah Lösungen nutzen zu können, haben wir fünf Szenarien definiert, in denen wir die direkte Anbindung von Dashboards an ein zentrales Business Ware house-System, die integrierte Anbindung der Planung, den Einsatz von Web-Intelligence Lösungen, mobile Analyse-Anwendungen sowie die unmittelbare Zurverfügungstellung von Ergebnisdaten aus dem CO-PA in Memory testen. Ein Kernbestandteil der Vorgehensweise war bereits im vergangenen Jahr, ein zentrales Business Warehouse direkt auf eine InMemory Datenbank (SAP HANA) zu setzen, um a) deutliche Performancever besserungen nutzen zu können und b) Echtzeitdaten verarbeiten zu können. Die bisherigen Erfahrungen haben uns das enorme Potenzial aufgezeigt und verdeutlicht, wie wichtig die frühzeitige Einbindung des Controllings ist.
springer-gabler.de
Sven Braun / Birgitta Dennerlein / Manfred Wünsche
DOI: 10.1365/s12176-012-0128-9
Mit Übungsklausuren für die IHK-Prüfung 2. Aufl. 2011. 422 S. Br. EUR 34,95 ISBN 978-3-8349-2728-6 Das Buch ist für angehende Bilanzbuchhalter geschrieben, die kurz vor der Prüfung stehen. Es bietet eine klare, kompakte Anleitung zur Prüfungsvorbereitung im Fach Steuern. Die Einteilung in Lerneinheiten ermöglicht Ihnen das gezielte Herausgreifen einzelner Themen. Lernziele definieren, was Sie inhaltlich erwartet. Klausurtypische Prüfungsaufgaben helfen Ihnen, Ihr Wissen und Verständnis der Sache zu überprüfen.
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Steuerrecht und betriebliche Steuerlehre
Welche Änderungen ergeben sich für die Arbeitsweise des Controllings? Offensichtlich kommt dem Controlling eine zentrale Aufgabe in der Umsetzung der technologischen Trends zu (TechnologyEnabler). Gleichzeitig eröffnen sich neue Möglichkeiten, da Controller stärker von reinen Reportingaufgaben entlastet werden und Werkzeuge an die Hand bekommen, um effektiver arbeiten zu können. Insbesondere durch In-Memory Technologie, die die Verarbeitung großer Daten-
mengen (Big Data) über längere Zeiträume ermöglicht, werden Controller in die Lage versetzen, entscheidungsrelevante Informationen im Kontext der unternehmerischen Fragestellung zeitnah zur Verfügung zu stellen. Um diese Potenziale tatsächlich ausschöpfen zu können, investieren wir controllingseitig in die Standardisierung von Prozessen und Inhalten sowie den Aufbau von so genannten Centers of Ex pertise, sprich in das Provisioning von Inhalten, da die Consumption stärker durch Führungskräfte und Experten oder auch die Controlling-Business Partner erfolgen soll. Da die internen Business Intelligence-Kunden zukünftig noch stärker aus den Geschäftsbereichen kommen werden, steigen auch die Anforderungen an diese zentralen Teams. Gleichzeitig können Shared Service Teams oder Centers of Expertise nur funktionieren, wenn Controller ein hohes Maß an Geschäftsverständnis haben, sprich die Verbindung zum Business nicht verlieren. Aus diesem Grunde überlegen wir, von Beginn an einen permanenten Austausch und gezielte Stellenwechsel in das Konzept einzubetten. Daneben kommt den Controllern die Aufgabe zu, den Wandel aktiv mitzugestalten. Letztendlich müssen Manager und Business-User in die Lage versetzt werden, mit den neuen BI-Tools zielgerichtet umgehen zu können und keine vorschnellen falschen Schlüsse zu ziehen. Da Controller zukünftig weniger Zeit mit reinen Berichtsarbeiten verbringen sollen, bleibt ihnen mehr Zeit, eng mit dem Business zusammen arbeiten zu können. Dies wird ganz entscheidend sein, um zu vermeiden, dass das Business sich vom Controlling ent koppelt. Die bisher gemachten Erfahrungen haben uns das Potenzial der neuen Techno logien aufgezeigt und verdeutlicht, dass sich die Einführung von Mobility- und InMemory Lösungen nachhaltig auf das Controlling auswirkt. Vordergründig geht es um die Begleitung der Umsetzung von Analysewerkzeugen – im Kern aber da rum, wie die eigentlich auf Erfahrung und Instinkt der Controller beruhenden Ana lysen Führungskräften und Experten nähergebracht werden können und die Komplexität der finanziellen Steuerung deutlich reduziert dargestellt werden kann. Als Controller sollten wir diese Trends begrüßen und gleichzeitig aktiv an deren Gestaltung mitwirken.
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