(Aus der Universit~tsklinik fiir Ohren-, Nasen- u n d Halskrankheiten, GieBen. Direktor: Professor Dr. A. BRi)OGE~rA~ST.)
D a s V i t a m i n A als D i f f e r e n z i e r u n g s h e m m e r des g e s a m t e n E p i t h e l s . Von
Dozen~ Dr. WAnTER )IORITZ~ Oberarzt der Klinik.
Mit 20 Textabbildungen. (Eingegangen am 15. November 1942.)
Nach SCHRIDDEs1 grundlegenden Untersuehungen fiber die Entwieklungsgeschiehte des mensehliehen SpeiserShrenepithels und ihre Bedeutung ffir die Metaplasielehre wurde das ganze Problem der Epithelmetaplasie zu einem Problem der Zelldifferenzierung. So, wie yon Anfang an, blieb das Problem auch naeh diesem Fortschritt der Erkenntnis noeh zwei Jahrzehnte die Domi~ne der reinen morphologischen Histologie, der nieht die M6gliehkeit experimenteller :Forschung an die Seite gegeben war. Die Deutung des Vorganges der Epithelmetaplasie war auf die Ergebnisse der Zellforsehnng, der Entwieklungsgesehiehte und der epithelialen Geschwiilste sowie anderer pathologiseher Vorg~nge am Epithel angewiesen. Durch sie war man in der Lage, einzelne Formen der Metaplasie zu unterseheiden: Progressive Pseudometaplasie (ScHRIDDE), eehte Metaplasie, regressive Pseudometaplasie oder Anaplasie (SCttRIDDE), histologische Akkommodation oder Dysmorphie (O~T~). K~OM~ECHEns~ umfangreiche Epithelstudien haben ergeben, dag das Problem der wahren, echten Metaplasie, das ist derjenigen Metaplasie, bei der das Epithel eine wirkliehe Vers seines Charakters erf~hrt, ein Basalzellenproblem ist. SCHRIDDE hatte die erste Brfieke zwisehen den Epithelien geschlagen durch das Aufrollen des Differenzierungsproblems, KRON~'~CHER schlug die zweite Brfieke durch die Lehre der Multipotenz der Basalzellen. Naeh ihm haben die Basalzellen eines jegliehen Epithels die Fghigkeit, aueh ortsungeh6riges Epithel zu bilden. TEUTSCttLXNDEtt 3, ein Verfeehter dieser Erkenntnis, bezeichnete diese Zellen, die er als physiologische Tr~iger des UmwandlungsvermSgens erkannt hatte, als ,,Knotenzellen". Vergleicht man in der Literatur die Beobaehtungen yon echter Metaplasie an den verschiedenen Epithelien des menschliehen und tierisehen KSrpers (Literatur bei KRO1WPECtIER 2) SO kann man feststellen, dab es stets nur eine Fortentwieklung des Epithels gibt im Sinne des ScHI~IDD]~sehen Stammbaumes (Abb. 1). (Aueh SCH~IDDF~s anaplastisehe Metaplasie ist keine echte Metaplasie, es handelt sich dabei nur um das Persistieren yon Vorstufen ortsst/~ndiger Epithelien infolge yon Funktionsmangel.) Noch niemals wurde eine Metaplasie yon Plattenepithel in Zylinder- (Flimmer-) Epithel beobaehtet! Die eehte Metaplasie findet also am Epithel stets im Sinne einer progressiven Differenzierung start. Diese Tatsaehe ist ffir unsere Untersuchungen yon aussehlaggebender Bedeutung. Zeitschr. f. Anat. u. Entwicklungsgesch. B/t. 112.
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WxLmr~ ~V[ox~iTZ.*
Z u m besseren Verst/~ndnis der folgenden Ausfiihrungen ist es notwendig, sich den Vorgang der E n t w i c k l u n g des SpeiserShrenepithels beim Menschen (nach SCm~DDE*) vor Augen zu ffihren: Zu Beginn der Entwicklung ist das Oesophagusepithel einschiehtig und besteht aus kubisehen Zellen, welche sieh yon den anderen Entodermzellen morphologiseh nicht unterscheiden (Abb. 1, I). In der 5.--6. ~'etalwoche PHof~Zo T wird der Epithelbelag zu einem zweischichtigen hochprismatisehen Epithel. Die oberfli~chlichen Zellen werden dann beim Oesophagus in der 9.--10. Woche zu Flimmerzellen (Abb. i, III), Pl/mme~ep.d.?~T >IFerMokyo//#z)- die in der Trachea du rch Auswachsen in die Tiefe (PATZ~LT) die Basalmembran erreichen~ ~odI.B~,ozc,~. I eventuell aueh zu Becherzellen (Abb. 1, IV) )S/odle/,g. wie ira Magen und in den Bronchien, w~hrend ! im Oesophagus die unteren Zellen durch reich-rin6i'.Fli,'nmel,z.~t'6 ,~.~ )FQs~i~elzelle#l lichere Teilung ein gesehichtetes oder mehr6~Oes.,ogl~e~l~. 8,.o~ckiMGidePmi~, iestufiges i ~'limmerepithel herstellen. Dieser Vorgang ffihrt im Respirationstrakte zur Eatstehung des bleibenden, mehrreihigen, fhmmernden, hochprismatischen Epithels. Im Oesophagus sind jedoch diese Zellen nur vorfibergehende Erscheinungen, ,,ortsunterwertige Merkmale" ( S c t t R I D D E ) ; es tritt ein Umbau ~n~d.t >~o~e,,do~,in~lle dieses Epithels ein, indem die oberfli~chlichen Flimmerzellen allm~hlieh ausgestoBen und die v o n d e r Basis emporwachsenden, glykogen6"g~.-I ,[z/~d reichen, blasigen Zellen an der Oberfl~che zu piatten Zellen (Abb. 2) werden. ,,In dieser Entwicklungsstufe differenziert 8/#s/o-I ~f~78/rgH sich aus dem ursprfinglieh flimmernden hochprismatischen Epithel das definitive Plattenoder Faserepithel, das ,ortsdominierende Merk~q real' des Oesophagus, fiber ein Stadium unscharf eharakterisierter polygonaler Elemente, A b b . 1. S t a m m b a u m d e r E p i t h e l i e n des OesoP h a g u s u n d d e r B r o n c h i e n . ( N a c h SCHRIDDE 1.) in welchen zun/~chst in den Basalzellen - - auch hier, wie bei der Flimmerepithelbildungspielen die Basalzellen offenbar eine wichtige Rolle! - - Faserbildung (Abb. 1, V) auftritt. So kommt es schlie$1ich zur Bildung der verschiedenen Schichten des Plattenepithels im Oesophagus, welehe beim Mensehen blo$ bis zur Bildung eines Stratum granulosum, bei der Ratte aber bis zur Hornbildung fortsehreitet." Nach dieser Entwicklungsreihe ist also die Hornzelle die hSchate Di//erenzierungs. stu]e des Epithels, i n der allgemeinen Pathologie ist ein hSherer Differenzierungsgrad y o n E p i t h e l ebenfalls nicht b e k a n n t . AuGer dieser entwicklungsgeschichtlichen U n t e r s u c h u n g des Oesophagusepithels existieren ffir andere Epithe]ien keine /~hnlichen U n t e r s u c h u n g e n . U m so bedeutungsvoller sind die Mitteilungen TEUTSCHLX~DERs3 fiber die Epithelmetaplasie u n d die Epidermisierung der Lungen. Durch Zufall l a n d er i n einer epidemisch a u f t r e t e n d e n R a t t e n p n e u m o n i e ein besonders gfinstiges Untersuchungsobjekt ffir Epithelmetaplasie i n der Trachea u n d i n den Bronehien. Das reiche Material y o n fiber 100 R a t t e n l u n g e n setzte i h n in die Lage, echte Metaplasie yon Zylinder- (Flimmer-) Epithel i n P l a t t e n e p i t h e l in allen P h a s e n y o n Anfang bis zu E n d e zu verfolgen. Gleiche Befunde erhob ASKA~CAZr5 bei Grippebronchitis am * SCHRIDDE:
Zit. nach TEUTSCHL)~NDER3 und SCHAFFER 4.
Das Vitamin A als Differenzierungshemmer des gesamten Epithels.
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Mensehen. Der y o n TEUTSCttLXNDER geschilderte Vorgang der E p i t h e l m e t a p l a s i e erscheint vom S t a n d p u n k t der Oesophagusentwicklung b e t r a c h t e t als die ,,ortsungehSrige F o r t s e t z u n g oder Zuendeffihrung eines a n dieser Stelle u n t e r n o r m a l e n Verh~ltnissen n i c h t z u m ]etztmSgliehen AbschluB gelangenden E n t w i c k l u n g s : geschehens". Die wiehtigste Frage des Metaplasieproblems im Sinne der Zelldifferenzierung k o n n t e freilieh auch TEUTSCtILXNDER n i c h t b e a n t w o r t e n : Stellen das F l i m m e r - (bzw. Schleim-) E p i t h e l u n d das P l a t t e n (bzw. Horn-) E p i t h e l ontogenetiseh gleichwertige, terminale Entwieklungsstufen dar .~ Histologische U n t e r s u c h u n g e n fiber die Wirkungsweise des V i t a m i n A auf die versehiedenen E p i t h e l i e n ges t a t t e n es, diese u n d andere wichtige F r a g e n der EpithelAbb. 2. U m b a u des Oesophagusepithels v e t o 1 3 - - 1 4 w S c h i g c n differenzierung zu b e a n t E m b r y o . MfJLLERS F1.; F z u r AusstoBung b e s t i m m t e F l i m m e r zenen. P H P l a t t e n e p i t h e l h f i g e l . Vergr. 550. (Nach SCIIAFFER t.)
worten.
Literatur. a) A-Avitaminose im Tierversuch. WOLBACI~und Howe 6 waren wohl die ersten, die sich eingehender mit der Histologie der A-Avitaminose befaBten. Sie ffihrten exakte histologische Untersuehungen an A-avitaminotisch ern~hrten Ratten und Meerschweinchen durch. Ihre Untersuehungen sind auch die einzigen, die sieh mit den Schleimh~tuten der oberen Luft- und Speisewege n~her befagten. Ihre Befunde sind im wesentlichen folgende: Die l~ngere Zeit fortgesetzte Ern~hrung mit A-vitaminfreier OSBOI~E-~C[ENDELseherDi~t bewirkt mit Regelm~I]igkeit und in v611igerUbereinstimmungbei R~tten und Meersehweinehea eine in bestimmter Reihenfolge sich ausbildeude Umwandlung der Epithelfiberkleidung von Sehleimh~uten und Drtisen in verhornendes Plattenepithel, also eine sog. Epidermisierung. Zun/~ehst entsteht die unter dem Namen XerophthMmie (Keratomalaeie) bekannte Krankheit, die sich histologiseh als eine Verhornung des Hornhautepithels erwies (v~2). GOLDSC~rMIDT13 hat sie histologiseh genauer beschrieben, er faBt die versehiedentlieh festgestellten eitrigen Entzfindungen der pathologiseh ver/~nderten Hornhaut als sekundgr auf. Beteiligt ist auger dem Auge der Respirations-, der Verdauungs- und der Urogenitaltraetus, ferner der Thymus. Im einzelnen sind es die Nase mit Nebenh6hlen, Trachea, Bronehien, Sehmelzorgan, Speieheldriisen, akzessorisehe Speieheldrfisen am Zungenriieken, proximaler Teil des Rattenmagens, Pankreas, Blase, Ureteren, Nierenbeeken, Scheide, Uterus, Eileiter, Samenblasen, Samenleiter, Pros~ata und Nebenhoden. Die Reihenfolge des Befallenseins ist etwa folgende: Nase und Speieheldriisen, Trachea-Bronchien, Harnapparat, zuletzt Pankreas und Auge. Sehr hgufig ist die Bildung yon hornartigen Massen yon seiten des umgewandelten Epithels so stark, dab es zur Verlegung der ausgeweiteten R6hrensysteme bzw. zu relativ umffingliehen Cystenbildungen innerhalb der Drtisen kommt. Die Ausfiihrungsggnge sind gew6hnlieh zuerst v o n d e r Umwandlung betroffen. Histologisch kann man den Vorgang der Epidermisierung, der stets herdfSrmig beginnt, sehr genau verfolgen. Man sieht am Grunde des ortsst~ndigen Epithels sieh Zellen entwiekeln, die den Zellen des Stratum germinativum der Epidermis entspreehen und unter gehgufter Kernteihmg sgmtliehe Schiehten einer Epidermis aus sich aufbauen. Dabei wird das ortsst/~ndige Epithel emporgehoben und zur AbstoBung gebracht. Bei der Riiekbildung bei Vitamin A-Gaben gehen diese Sehichten wiederum in Verlust und aus der untersten Zellage regeneriert sieh das ortsstgndige Epithel. Die GesetzmgBigkeit aller dieser biologisehen Reaktionen ergibt sieh sehr eindrueksvoll aus der Gegentiberstellung der Versuehsergebnisse an Tieren und aus den einsehl~gigen Beobaehtungen am Menschen, die weitgehendste Ubereinstimmung erkennen lassen. (Diese Tieruntersuehungen sind dutch pathologiseh-anatomisehe Untersuehungen an Kindern, die 19"
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WALT~.~ MORITZ :
an A-Avitaminose verstorben sind, ergi~nzt worden.) Morn 14 land bei vitamin-A-frei ern~hrten Tieren Verhornungen in der Schleimhaut des L~rynx, der Trachea, sowie in den Hauptausffihrungsg~ngen der Speicheldrfisen. Nach TYsoN und SMIT~15 tritt die epitheliale Met~plasie zuerst an der Zunge und an den Nierenbecken auf. Im Vormagen fiihrt sic zu geschwfir~hnlichen Schleimhautverdickungen (FvJI•AXI, KIMUUA, WADA und S~IMADAle). Nach MOLL, DOMAGKund LAQUEI~17 sind im Vormagen yon Ratten bei A-Avitaminosen sehr h~ufig inselartige Verdickungen der Schleimhaut mit kraterfSrmiger Einsenkung anzutreffen. Histologisch finder sich hypertrophiertes Plattenepithel, das meist ringfSrmig eine atrophische oder noch relativ normale Partie des Magenepithels umgrenzt. C~AMERls beobachtete bei A:Avitaminose im Rattendiinndarm Atrophie der Zotten und Nekrose ihrer freien Enden. Weitere m i t pathologischen Verhornungsprozessen einhergehende Veri~nderungen wurden ~n der Vagina sowie am Digestions- und Respirationstractus yon GOLDSCItMIDTla, NEVER19, SCttMIDT 20, VA~'~ LEEI~SUM21, Morn ~a, MOLL und Mit~rbeitern 22, FE]~R23 u. a. beobachtet. Auf die Ver~nderungen der Vaginalschleimhaut bei vitamin-A-frei erni~hrten Rattenweibchen hat EvAns 2a als erster hingewiesen. Sie wurden sp~ter yon HOHLWEGund DO~RN2~ als Kolpokeratose beschrieben. Diese Kolpokeratose ist dutch kleine Vitamin A-Gaben rasch zu heilen, eine Beobachtung, die sp~ter sogar zu einer Testmethode ausgearbeitet wurde (I~IoHLW~G und Do~R~ 2~). Diese beiden Autoren wiesen auch nach, dal~ der bei Vitamin AMangel scheinbar bestehende Daueroestrus nicht yon der Ovarialfunktion abh~ngig ist, sondern auch bei kastrierten Rattenweibchen auftritt. D~ Jo~G ~6 konnte durch Follikelhormon Epithelumwandlungen mit Verhornung in Vesicul~rdrfisen und Prostata yon Mausen hervorrufen, ~hnlich den bei Avitaminose A an den gleichen Stellen zuweilen erhobenen Befunden. Eine Kombination yon Avit~minose A und Zufuhr von Fo]likelhormon ftihrte zu den gleichen Epithelver~nderungen, eine gegenseitige Abschwhchung oder Verstiirkung wurde jedoch nicht gefunden. HO]~LWEGund DO~N 2~ zeigten, da~ beide Prozesse (0estrus und A-Avitaminose) im histologischen Bild verschieden sind. SC~IDT 2v vermutete das Auftreten ,,eines Stoffes mit hormon~hnlicher Wirkung bei der Vitaminverarmung". Die Mitteilungen fiber histologische Befunde bei Vitamin A-Uberdosierung sind bisher sehr sparlieh. Es ist d~s Verdienst der biologischen Labor&torien der Chem. F a b r i k E. Merck, D a r m s t a d t (Leiter : Prof. Dr. MO~L), zuerst auf die schadigende W i r k u n g einer fibermi~i~igen V i t a m i n A-Zufuhr hingewiesen zu haben (MOLL, DOMAGK und LAQUEI~17, die ffir V i t a m i n D schon li~nger b e k a n n t ist). DOMAGK und v. DOBENECK~s trafen bei Uberdosierung mit Vitamin A-Konzentrat anl ~attenepithel folgende Feststellungen: Am Rattenvormagenepithel trat nach einer anfgnglich vermehrten Lipoidspeicherung in den normalerweise verhornenden Schichten starke Zellvermehrung der jungen, nichtverhornenden Epithelschichten auf, die Hornschicht fehlte schliel~lich vollkommen. Im Bereiche der nicht verhornenden Epithelschichten s~hen sie vermehrt Mitosen. Wi~hrend das normale Vormagenepithe] der Ratte hSchstens 1--2 Zellagen besitzt, zeigt es bei vitamin-A-iiberdosierten Tieren sehr z~hlreiche Zellschichten. W&hrend bei normalem Vormagenepithel etwa ~/s der Dicke aus mehr oder wenigeren stark verhornten Zellen besteht, fehlten hier die verhornenden Zellen fast ganz. Eine kernlose Hornschicht, wie sie bei normalen Tieren vorhanden ist, fehlte in ausgesprochenen Fallen vollkommen. Auch am Hautepithel, sowie an den Plattenepithelien, z. B. an der Vagina traten entsprechende Vergnderungen in Erscheinung: Das Plattenepithel verjtingt sich immer mehr, es wird zellreicher, schlie]lich kommt es zu Ausbildung eines ganz jungen, nicht mehr verhornenden Plattenepithels. Uber Vergnderungen des Flimmerepithels bei Vitamin A-Uberdosierung ist in der Literatur noch nichts erw~hnt. Sicher abcr ist nuch diesen U n t e r s u c h u n g e n , dab bei V i t a m i n A - ~ b e r d o s i e r u n g eine Tendenz im Sinne einer Rfickdifferenzierung ortsst~ndigen E p i t h e l s zu Vors t u f e n (Abb. 1, I ) festzustellen ist. b) A-Avitaminose beim Menschen. Den Ergebnissen a m T i e r e x p e r i m e n t stehen gleiehe am Menschen gegenfiber. DaB beim Mensehen V i t a m i n A-Mangel dieselben Epithelsch~digungen hervorruft, wie wir sic t i e r e x p e r i m e n t e l l erzeugen kSnnen, geht aus einer Mitteilung v o n WILSON und Dt~SOlS 29 hervor. Sie fanden
Das Vitamin A als Differenzierungshemmer des gesamten Epithels.
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pathologische Verhornungen in den Lungen, im Uterus und in der Glandula submaxillaris. Von besonderem Interesse sind auch PILLATS~~ Untersuchungen beim Mensehen, die er w/~hrend eines mehrj/thrigen Aufenthaltes in China anzustellen Gelegenheit hatte. Die Auswirkungen des Vitamin A-Mangels beim Menschen faBt er in folgendem Satz kurz zusammen: ,,Der Vitamin A-?CIangel fiihrt beim Menschen zu einer Erkrankung des gesamten Ektoderms und dessen AbkSmmlingen und ist als Systemerkrankung im weitesten Sinne des Wortes zu bezeiehnen." I m Auge land er eine ttyper- und Parakeratose der Horn- und Bindehaut, an der H a u t ebenfalls Hyper- und Parakeratose, sowie Vermehrung des epithelialen Pigments, an den Haaren Glanzverlust und Troekenheit als Ausdruck der Ver/~nderungen des Haarfollikels. An den Atmungswegen konnte er durehweg eine Umwandlung des Flimmerepithels in Plattenepithel beobaehten, das er frei]ich f/~lsehlicherweise als ,,weniger differenzierte F o r m " des Epithels bezeichnet. Am Verdauungstrakt stellte er an den Lippen eine Umwandlung der Zellen des Zwischenepithels in solehe der s H a u t lest. Ftir den iibrigen Bereieh des Digestionstraktes fehlen ihm histologisehe Grundlagen, doch g]aubt er, die Triibung und Mattigkeit der Sehleimhaut der MundhShle, die Funktionsver~nderung des Magens, sowie das Auftreten yon Durchf~llen und sehleimig-blutigen Stiihlen beim Vitamin A-Mangel der Kinder wie der Erwachsenen als Ausdruek pathologiseher Vers des Sehleimhautepithels betrachten zu kSnnen, was dureh die Tatsaehe bewiesen werde, dab die StSrungen dureh Vitamin A-Zufuhr zum Verschwinden gebraeht werden. Am Urogenitaltrakt bemerkte er einen reichen Gehalt von Epithelien im H a r n sowie geh~uftes Auftreten yon Nierenund Blasensteinem Die Befunde stimmen mit denen yon Tierexperimenten anderer Autoren iiberein, die ira Urogenitaltrakt Umwandlung des ortsstgndigen Epithels im Plattenepithel m i t teilweiser Verhornung fanden, wodureh es zur Bildung yon Nieren- und Blasensteinen k a m (Sw~PP 31 u. a.). PILLATs Befunde an den driisigen Organen des mensehliehen K6rpers sowie am Nervensystem sind nicht durch spezielle histologische Untersuchungen belegt. Aussehlaggebend sind die histologisch festgelegten Befunde, die durehweg auch beim Menschen metaplastische Vorggnge darstellen. Und zwar finder sich nicht nur die eehte Metaplasie (Umwandlung von Flimmer- in Plattenepithel), sondern auch die Prosoplasie (Verhornung yon mehrschichtigem Plattenepithel). Histologisehe Untersuehungen fiber Riickdi[jerenzierung ortsungeh6rigen, tiberdifferenzierten Epiththels, bei Vitamin A-Gaben existieren beim Menschen nicht, doch spreehen PILLATs Heilerfolge bei Vitamin A-Gaben beim Menschen sehr fiir die gleichen Verh/~Itnisse, wie sie beim Tierversuch vorliegen. Histologische Befunde bei Vitamin A-Uberdosierung existieren f/dr das menschliche Epithel ebenfalls nicht.
Eigene Untersuehungen. Zahlreiche Einzelmitteilungen yon Ffitterungsversuchen sind nicht verwertbar, da sie keine Angaben fiber die Versuchsdauer enthalten (EMMETT und ALLElg 32, CRAMEI~, DREW und MOTT~AMlS). Bei einzelnen Autoren war die Versuchsdauer offensichtlich zu kurz (DAvis und OVT~OVSE3a). Als maBgebend k6nnen die Versuchsanordnungen yon ~J~UDKIlgund LAMBERT34, WOLBACK und Howe 6 und vor allem yon MOLLund Mitarbeitern 35angesehen werden. Die Versuche wurden in den biologischen Laboratorien der Chemischen Fabrik E. Merck,
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W ~ L T ~ MO~ITz :
Darmstadt, durchgeffihrt. PersTnliche Wfinsche beziigtich der Anordnung der Versuchsreihe hat Herr Dr. Ki4n~E~ ~ entgegenkommend berfieksichtigt. Herrn Prof. Dr. MOLL und KREITMAre bin ich ffir ihr freundliches Entgegenkommen zu besonderem Dank verpflichtet. Bei den sp~rlichen Berichten fiber exakte pathologische Befunde bei Versuchen mit Vitamin A und wegen zahlreicher widersprechender Angaben erscheint es angebraeht, die Versuchsanordnungen mTglichst genau anzugeben:
Versuchsanordnung. Es wurden 32 weite und schwarze Ratten in der Versuchsreihe verwendet. I)a bei ausgewachsenen Ratten eine viel lfingere Versuchsdauer bis zum Auftreten yon Vitamin AMangelsymptomen benftigt ist als bei jungen Tieren, wurden die Versuche ausschlieBlich im Alter yon 4 Wochen begonnen. Ern~ihrung (Niiheres hierfiber s. bei MOLL und Mitarbeitern3S). Die Zuchttiere wurden zun~chst mit folgender Futtermischung ern~h1~: 7 Teile Maisschrot . . . . . . 15 ,, Weizen, ganz . . . . . l0 ,, Volhnilch . . . . . . . 3 ,, Hafer, ganz . . . . .
17,5% 37,5% 25 To 7,5%
5 Teile Brot . . . . . . . 12,5 % 0,03 ,, Calcium carbonicum 0,075% 0,06 ,, N a t r i u m c h l o r i d . . . 0,150%
Au$er diesem F u t t e r erhielten die Tiere eine Zugabe yon zweimal 4 g magerem, fettfreiem gemahlenem Pferdefleisch pro Woche und abwechselnd damit viermal 2 g frisches Gemiise (Salat und Grfinkohl) pro Tier. Sobald die jungen Ratten ein Gewicht yon 35--45 g erreicht haben und t o n der Mutter abgesetzt werden, beginnt die Mangelern~hrung. Die Tiere sind dann gewbhnlich 4 - - 5 Wochen alt. Mit Beginn der Mangelern~hrung werden die Tiere einzeln in Gl~ser auf Drahtrost gesetzt, under dem sich noch eine Lage S~gemehl zu besserem Wgrmesehutz befindet. Die Glgser stehen in einem hellen, gleichmgi~ig erwarmten, gut geliifteten t~aum und werden zweimal in der Woche gereinigt. Das Mangelfutter besteht aus vitamin-A-freier Grundfu*termischung nach SHERMAN36, die sich folgendermal]en zusammensetzt: Maisstiirke . . . . . . . . Casein . . . . . . . . . . Trockenhefe . . . . . . .
67 Teile 18 ,, 10 ,,
Salzgemisch nach OSBORNE und MENDEL37 . . . . . 4 Tei]e Kochsalz . . . . . . . . . 1 Tell Wasser . . . . . . etwa 70 ccm
Dieser Futtermischung wird pro Kilogramm 5 ccm einer mit vitaminfreiem Sesambl hergestellten Verdfinnung 1 : 300 yon Handelsvigantol (krystallisiertes Vitamin D) zugesetzt. Die t~igliche Futteraufnahme ist ausreichend, die Wasseraufnahme ist beliebig. Die Gewichtskontrolle zeigt, dal3 die Tiere nach 3 ~ Wochen aufhSren zu wachsen. Das Gewicht bleibt stehen, fallt nach weiteren 10--12 Tagen rapid ab und die Tiere gehen im allgemeinen nach 50--60 Tagen, yon ]~eginn der Mangelerniihrung an, ein. I m Verlaufe des Gewichtsstillstandes treten, wie MOLL und Mitarbeiter a5 feststellten, bei etwa 50% der Tiere die ersten Anzeichen yon Xerophthalmie auf (Zukneifen der Augen, Anschwellung und RStung der Augenlider, Absonderung yon blutig-schleimigem Sekret in den Augenwinkeln) bei 40% wghrend des Gewichtsabfalles und bei 10% fehlen sie. Die Zeit der Zuffitterung des Vitamins und Provitamins A bei einzelnen Tieren ist aus der Tabelle (Abb. 3) ersichtlich. Bei allen behandelten Tieren lagen schon Mangelzeichen vor. Die Darreichung erfolgte tgglich durch Eintr/iufeln mittels einer Pipette in das geSffnete Maul des Tieres. Diese Tiere (1, 2, 3, 4, 6, 7, 8, 9, 10, 13, 14, 18, 19) waren uns eine Xontrolle dMiir, dab die makroskopisch und mikroskopiseh erkennbaren Erscheinungen wirklich eine Folge des Vitamin A-Mangels waren, auBerdem dienten sie der histologischen Kontrolle der Heilwirkung des VRamins A auf avitaminotisehe Gewebsvergnderungen. ~ i h e r e Einzelheiten fiber die Versuchsanordnung sind der Tabelle 1 zu entnehmen. Untersucht wurden nut die Haut, die SchleimhAute und die Drtisen im Bereiehe des Kopfes u n d des tIalses. 10 Tiere waren ffir das Studium der Epithelien nicht brauchbar, da schwere interkurrente Infektionen der Schleimh~tute das Bild des Epithels zerstSrt hatten. (Diese Infektionen, die im Verlaufe der A-Avitaminose hgufig auftreten, sind yon anderer
277
Das Vitamin A als Differenzierungshemmer des gesamten Epithels.
Seite zur Geniige beschrieben und werden fiir unsere FMle in dem Absatz ,,Interkurrente Infektionen" n~her betraehtet.) Tabelle ]. V e r s u c h s r e i h e der v i t a m i n - A - f r e i erni~hrten R a t t e n . Vitaminfreie Ern~hrung Lf4. Nr.
Gewicht bei Dauer
Beginning Tagenin
Art der Behandlung mit Vitamin A-Pr~paraten Dauer
in Tagen
Art der Dosis
1
36--71
2 3 4 5 6
36--71 36--71 36--71
schwach wirksame (Carotin) wie Nr. 1
7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 I9 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 3O 31 32
42--51 43--78 43--78 43--78 43--78
Versuchsende Gewicht in g
,, ,, 1 unbehandelt wirksame (Vogan) wie Nr. 6 ~
~
6
~
~
6
~
y,
6
Art tier T6tung get6tet
interkurrent gestorben getStet
25--60 25--60 25--60
wirksame (Vogan) wie Nr. 13 unbehandelt wirksame (Vogan) wie ~ ' . 18 unbehandelt ,7
nein
:, J~ nein
ja ,,
unbehandelt 47--82 47--82
A-Mangcl lag vor
neln
]a gestorben get6tet
,, neln
gestorben getStet
ja ansgepr/i,gt
gestorben
:, ja
get6tet
ausgepr/~gt :, la
S/imtliche Tiere wurden yore Alter yon 4 Wochen ab vitamin-A-frei ern/~hrt. Als klinisohe (makroskopische) Kennzeiehen des ausgeprggten Vitamin A-Mangels galten: Xerophthalmie, Verhornungen an der Schnauze, struppiges Fell, Gewichtsabnahme nnd Wachstumstillstand. Interkurrente Infektionen. A u f f a l l e n d h/s war auch bei unseren Tieren das A u f t r e t e n i n t e r k u r r e n t e r I n f e k t i o n e n (bei 10 y o n 19 u n b e h a n d e l t e n Tieren). Unsere B e o b a c h t u n g e n beschr~nken sich freilich n u t auf den Bereich des K o p f e s u n d Halses. W i t k o n n t e n da folgende infektiSse E r k r a n k u n g e n feststellen: E i t r i g nekrotisierende Rhinitis, Sinusitis, leichte u n d schwere O t i t i d e n (dabei ein F a l l m i t D u r c h b r u c h in das L a b y r i n t h u n d Meningitis), K e r a t i t i s , Zungengrundabscesse, Abscesse im weichen G au m en , P h a r y n g i t i s , L a r y n g i t i s u n d Tracheitis. Bei 4 Tieren mul3 eine interk u r r e n t e I n f e k t i o n als Todesursache a n g e n o m m e n werden.
278
WAL~E~ Mo~Tz:
Es erhebt sich die von anderer Seite viel besprochene Frage, ob diese Infektionen als unmittelbare Folge des Vitamin A-Mangels aufzufassen sind. Die an Tierexperimenten getroffene Feststellung, dab bei vitamin A-freier Ern~hrung ein hoher Prozentsatz yon Versuchstieren an interkurrenten Infektionen erkrankte und zugrunde ging, gab die Anregung, die Bedeutung des Vitamin A ffir die Entstehung und Bek~mpfung von Infektionen zu untersuchen, l~ach den ersten klinisehen Mitteilungen fiber eine angeb]iche Schutzwirkung des Vitamin A gegen Infektionen (McCoLLuM Ss, DRUMMONDag, GREEN und MELLANBu4~ 41, HESSE a2, BLOOH4S) schlug MOORE44 ffir das Vitamin A die Bezeichnung ,,antiinfektiSses Vitamin" vor. Zahlreiche Mitteilungen folgten, die dieser Auffassung yon der antiinfektiSsen Wirkung des Vitamin A zustimmten (GuDJONSSON45, WERKMANN46, LASSEN47 SZULC-KOLODZIEPKA48, McCoy49 TURNER-ANDERSON5~ TOPIAY sl, HUMS und SCHMITH5u, FRANK5a, HARVEY und THATSCHER54, V. EULER 55, SHERMAN und BURTIS~6, OELRICH57, SHERMAN und STORMS~s, TURNER, ANDERSON und BLODGETT59, SHERMAN und MoLEoD 6~ ERBEN 61, GREINER und Mo-
SONY162). Schon fffihzeitig wurde allerdings die Vermutung ausgesprochen, dab die Metaplasie der Eloithelstruktur infolge des Vitamin A-Mangels in den Atmungsorganen Vorl/iufer der Infektionskrankheiten (Erk~ltungskrankheiten, Bronchitis und Bronchopneumonie) sei (McCA~RISON~a, WOLFE und S~TER 64, SEIF~IED ~5, HENNINGER66, TtlATSCItER und SURE67). Erst durch die serologischen Untersuchungen PI~ANNENSTIELS~s und JUSATZ'69 konnte erwiesen werden, dab dem Vitamin A eine prim/~r antiinfektiSse Wirkung nicht zukommt. JUSATZ stellte lest, dal~ auch nach l~nger dauernder Verffitterung sonst wirksamer Vitamin APr~parate beim vitamin A-frei ern/ihrten Kaninchen keine Steigerung des bactericiden Index im Blute eintrat. ,,Wenn man die Blutbactericidie als Gradmesser der unsloezifischen Abwehrkr~fte des Organismus gegen Infektionserreger gelten lassen will, so kann also nicht yon einer allgemeinen ResistenzerhShung nach Vitamin A-Darreichung gesprochen werden." Desgleichen konnte JUSATZ keine ErhShung des Phosphat- und Katalasegehaltes des Blutes nach Vitamin A-Gaben feststeHen. Diese interkurrenten Infektionen sind also a]s sekund~re Folge des Vitamin A-Mangels aufzufassen. Sie entstehen nut doff, wo es infolge des Vitamin A-Mangels zu 5rtlichen Gewebsveri~nderungen (Epithelverhornungen, Anh/~ufung yon abgesto!3enen Epithelzellen, Drfisensekret und Hornmassen) gekommen ist. Diese lokalen Epithelver/~nderungen ffihren lediglich zu einer Herabsetzung der ]okalen Resistenz. Die Bereitscha/t zu In/ektionen bei Vitamin AMangeI ist keine humorale, sondern eine rein lolcate, gewebliche. Bezeichnend daffir sind die Feststellungen HOHLWEGSund FlSCI~LsTM. Sie fanden in der Vagina vitamin A-frei ernfihrter Rattenweibchen regelm~iBig Spiroch~ten, die bei normal ern~hrten Ratten bzw. nach Vitamin A-Zufuhr nicht vorkommen bzw. verschwinden. So ist man heute also der Auffassung, dab das Vitamin A ein ,,Epithelschutzvitamin" ist und dab die Infektionen erst sekund~r als Folge der durch den Vitamin A-Mangel entstandenen Epithelver~nderungen entstehen. Es wird deshalb allgemein bei infektiOsen Prozessen dem Vitamin A eine therapeutische Wirkung versagt bleiben mtissen (HAm~IS71).
Histologische Teehnik. Besonderer Wert wurde auf die gleiche histologische Behandlung des gesamten Materials gelegt, da es yon vornherein wahrscheinlich war, dab auch aus dem
Das Vitamin A als Differenzierungshemmer des gesamten Epithels.
279
steten Vergleich feinerer morphologischer Befunde wichtige Schltisse zu ziehen seien. Freilich muSten wir damit auf Spezialfixierungen verzichten. Die Fixierung der I~attenkOpfe erfolgte sofort nach T6tung in 10%igem Formol. Entkalkung in 5%iger Salpeters/~ure. Einbettung in Celloidin. Ss RattenkOpfe wurden in Serien tells frontal, teils sagittal geschnitten. Von jedem Kopf wurden 4 Serien hergestellt und je nach Bedarf in folgenden FS,rbungen untersueht: van Gieson, DELAt~IELDSH/~matoxylin-Eosin, Wism]smrs Resorcin-Fuchsin, die 4. Serie wurde fiir Spezialf/trbungen reserviert (Schleim-, Fettf~rbungen). Histologische Be[uncle. Raumersparnishalber geben wir die his~ologischen Befunde zusammenfassend zur Kenntnis und vermeiden die Aufz~hlung der einzelnen Sektionsprotokolle. Die Beschreibung der Befunde beschr~nkt sich auf die Epithelver/~nderungen und die Ver~nderungen der Drfisen ekto- und entodermaler Herkunft im Bereiche des Kopfes und Halses. Die Befunde an normal ern~hrten Ratten werden als bekannt vorausgesetzt und liegen yon Kontrolltieren in Schnittserien vor. In den einzelnen Abschnitten werden nur solche Befunde beschrieben, die yon der Norm abweichen. Avitamin0se A. An der l~attenschnauze (Abb. 3) findet s i c h schon makroskopiseh als tumorartige Auftreibung e r k e n n b a r eine fiberm~$ige Itornbildung des sonst normMen verhornenden Plattenepithels. Das gesehiehtete Plattenepithel erseheint quantitativ vermehrt, so dab es zu warzen/~hnlichen Erhebungen kommt; die Verhornung der oberflKehlichen Zellschichten ist besehleunigt. Infiltratives Wachstum des Epithels ist in keinem A b b . 3. R a t t e l l . B l o c k I . S c h n i t t 2 . v . GIESON. V e r g r . 15. F r o n t a l s c h n i t t d u t c h d i e R a t t e n Falle festzustellen. Der sonst seharf ab- sehnauzebci ausgeprhgtem Vitamin A-Mangc]. gegrenzte l~bergang des an der lJberH Hornmassen. gangsstelle normalerweise mehrschichtigen, nichtverhornenden Plattenepithels zum Zylinderepithel der Nasenschleimhaut ist unregelm/iA}ig und oft weit gegen das Naseninnere zu verschoben. Das Plattenepithel zeigt durchweg, aueh direkt an den Ubergangsstellen, starke Verhornmlg. Es finder sich also an diesen Stellen eine Differenzierung einfachen mehrschichtigen Plattenepithels in verhornendes Plattenepithel (,,Prosoplasie" nach SC~RIDD]S). An der hrasenschleimhaut (normal: einschichtiges Zylinder-(Flimmer-)Epithel) linden sich bei den ausgeprs Fg,llen yon A-Vitaminose Umwandlungen des ortssts Epithels in mehrschichtiges Plattenepithel, das an den gAteren Stellen Verhornung zeigt. Der Umwandlungsprozeg des Flimmerepithels beginnt zugleich an zahlreichen Stellen. Von den vereinzelten, zerstreut liegenden Basalzellen des ortsst/indigen Epithels erheben sich unter den hochprismatischen Flimmerzellen Zellhaufen, deren Zel]en den Basalzellen zun~chst s sind (Abb. 4 und 5). Wir nennen sie Basalzellenhaufen oder mit TEUTS(JHLXNDER ,,Basalzellenkumuli". Diese
280
WALTER MOI~ITZ :
Basalzellenhaufen entwickeln sich zugleich an vielen Stellen und stehen zungchst untereinander nicht in Verbindung, was an den Serienschnitten nachzuweisen ist. Sie wachsen erst allms zusammen, tells infolge Fls tells infolge des Auftretens neuer Basalzellenhaufen. Das dariiberliegende Flimmerepithel tr~gt die Zeichen der Degeneration (tropfige Protoplasmazeichnung, schleehte FKrbbarkeit der Zellkerne) und wird bald friiher, bald spAter abgesto6en. Auf Abb. 5 sieht man die Absto13ung yon Flimmerzellen zwisehen zwei Basalzellenkumuli, die Ftimmerzellen werden erst abgestoi3en, nachdem zwei relativ welt differenzierte Plattenepithe]inseln zusammengewachsen sind. Abb. 5 ist mit der sehematisehen Darstellung der SpeiserShrenepithelentwieklung (Abb. 2) durehaus vergleiehbar. Die zusammengewachsenen Basalzellenhaufen machen zun~,ehst den Eindruek eines 15bergangsepithels infolge der feh]enden Abptattung der obersten Zellschichten. Das Bild erinnert an das Epithel der ableitenden Harnwege und an die Stadien der OesophagusAbb. 4. R a t t e 22. Block I I . S c h n i t t 5. ~. GII,;soN~. Vergr. 111. Einschichtiges Z y l i n d e r e p i t h e l der N a s e n s c h e i d e w a n d bei entwicklungvor der Ausbildung M a n i f e s t w e r d e n des V i t a m i n A-Mangels. & u f t r e t e n eines des Faserepithels (s. Abb. 2). u m s c h r i e b e n e n Basalzellcnhaufens (Bh), der in den oberen diesem Stadium der EpiSchichten schon Neighing zu A b p l a t t u n g zeigt. K K n o r p e l In des S e p t u m s . Schl. Schleirnhaut des S e p t u m s . a f t Einthelumbildung sind die Basalschichtiges F l i m m e r e p i t h e l , dessell hohe Z e n e n s c h m a l u n 4 atrophisch aussehen. B Basaizellen. zellen noeh kubisch, wie im Epithel der ableitenden Harnwege und dem erwahnten Stadium der Oesophagusentwicklung. Unter ihnen und den direkt darfiherliegenden Zellschiehten finden sieh h~Lufig Mitosen, die ZelIen vermehren sich in diesem Stadium sehr raseh. Allm~hlieh kSm~en in den unteren Zellagen Epithelfasern nachgewiesen werden. Zwischen den oberen Zellen sind vereinzelt Intercellularbrficken zu erkennen. Die obersten Zellschichten platten sich ab (Abb. 6 und 7). In diesem Stadium liegt der Befund eines eehten nichtverhornenden Platten- oder Faserepithels vor, wie es beim Menschen normalerweise im Oesophagus und am Lippenrot usw. vorkommt. Die Verhornung tritt dann sehr rasch ein. Dabei wird die Plattenepithelschicht schm~lex und Zelli~rmer, Mitosen fehlen in dem letzten Stadium der Verhornung vollkommen. Die Umwandlung des Flimmerepithels ist mit der Bildung der letzten Differenzierungsstufe, dem verhornenden Plattenepithel beendet (Abb. 8).
Das Vitamin A als Differenzierungshemmer des gesamten Epithels.
281
Dal3 es sieh bei diesen Befunden nicht u m ein Uberwaehsen des Plattenepithels yon dem normoplastischen Be]age der Schnauze oder des Rachens auf das Epithel der NasenhShle handelt, k a n n durch die Serienschnitte bewiesen werden. Sie zeigen, dal] die Epithelumwandlung yon masseuha]ten isolierten Stellen ausgeht. Die Annahme, dal~ es sieh bei diesen heterologen Epithelbildungen u m ein/ache Epithelmiflbildungen handeln kSnne, wird durch drei Tatsachen widerlegt : 1. Dysontogenetische Epithelformationen haben meisg eine eng begrenzte, typische Lokalisation und sind nicht fiber eine ganze Schleimhautfonn verstreut (Magendriisen im
Abb. 5. Ratte 22. Block II. Schnitt 5. v. GZESO~'. Vergr. I(}0. l~artie aus der oberen WSlbung der Nasensehleimhaut bei ausgepr~igtem u A-~Clangel. aFe FlimmereI)ithelzellen in tropfiger Entartung begriffen. Schb Sehleimballen. Bh BasalzeIlenhaufen. Bsch Basalzellenschicht, die erhalten bleibt. 1911 L u m e n einer Selde~mhautdritse mit atrophischen Drfisenzellen. D~2 L u m e n Sehleimhautdr~se, deren Zellen der Chromatolyse anheimgefa]len sind.
einer
untersten Teil des Oesophagus, Darmdriisen im Pylorusteil des Magens usw.). 2. Diese heterologen Epithelbildungen in der Nasenschleimhaut k6nnen in unserer Versuehsreihe n u r bei ausgepr~igter Vitamin A-Mangelerkrankung nachgewiesen werden. 3. Bei diesen Fitllen lassen sich alle Vorstufen u n d Uberg~inge in der Entwicklung des verhornenden Plattenepithels nachweisen. Es ist also d u t c h das histologische Bild aller iJ'bergangsstadien bewiesen, dab ein UmwandlungsprozeB am Epithel im Gange ist, w~hrend Epithelmil~bildungen einen Gewebszustand verkSrpern. Da fiir die histologischen Untersuchungen n u r die Fille verwertet wurden, bei denen sich a n Ort und Stelle keine interkurrenten Infektionen fanden, wird die A n n a h m e einer anisogenen Regeneration ftir die beschriebenen Umwandlungen am Flimmerepithel yon vornherein hinfMlig. Der Vorgang einer anisogenen Regeneration yon Flimmerepithel im Pla~tenepithel wurde yon TEUTSC~L~RDEI~a b e i l~attenpneumonie und yon ASKANAZY5 bei Grippebronchitis und -pneumonie beim Menschen beschrieben. Obwohl diese Befunde und Vorginge am
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WA~T~R MomTz:
Bronchiulepithel mit den unseren v611ige Ubereinstimmung zeigen, kann bei unseren Fallen nicht eine Regeneration des Epithels vorliegen, da keinerlei Faktoren vorher zu einer Alteration des ortsst~ndigen Epithels gefiihrt hatten. Bei unseren Beobachtungen handelt es sich vielmehr um einen einfachen Zellprozel~, d. h. urn einen Prozefl, der von den Basalzellen des ortsst~indigen Epithels selbst ausgeht und zu den Umwandlungen fiihrt. DaB dieser UmwandlungsprozeB yon den Basalzellen ausgeht, ist aus Abb. 5 einwandfrei ersichtlich. U n t e r den degenerierten Zylinderzellen liegt eine einfache Schicht y o n Basalzellen, die g u t e r h a l t e n ist. Zwischen den Basalzellen u n d den a t r o p h i s c h e n Zylinderzellen liegen ganz vereinzelte Zellen. A n diesem
,eindeutigen Befund, der an den Pr/~paraten hitufig zu erheben ist, I/iBt sich also feststellen, dab die Epithelumwandlung yon den ortsst~ndigen Basalzellen ausgeht. Es wird damit in besonderem MaBe die Lehre yon der Multipotenz der Basalzelle bewiesen. Aueh KRO~n'ECHE~s Ansicht, d a b das M e t a p l a s i e p r o b l e m ein Basalzellenproblem ist, erfs hierdurch eine wesentliche Stiitze. Der S c h l e i m h a u t der NasenhShle analog verh~lt sich die S c h l e i m h a u t der NasennebenhShlen. Auch bier vollzieht sich a m einschichtigen Z y l i n d e r e p i t h e l eine U m w a n d l u n g in verhornendes P l a t tenepithel, wobei auch bier die U m w a n d lung y o n den Basalzellen ausgeht. Ws r e n d auf Abb. 9 das n o r m a l e einschichtige F l i m m e r e p i t h e l der KieferhShle dargeAbb. 6. Ratte 22. Block II. Schnitt 12. v. Gin- stellt ist, sieht m a n a u f Abb. 10 bei aussoN. Vergr. 28. Septumschleimhaut bei ausgopr~igteln Vitamin A-Mangel. Bh Basalzollen- gepri~gtem V i t a m i n A-Mangel die vollzohaufen in fortgeschrittener Differenzierung mit dem Charakter mehrschichtigen Flimmerepithels. gene Differenzierung des E p i t h e l s in verBsch Basalzellensehicht unter dem degenerie- hornendes P l a t t e n e p i t h e l . I n beiden renden Plattene!aithel deutlich hervortretend. Fiillen sieht m a n rundzellige I n f i l t r a t e in P h i Phagocyt~ire Infiltration in der Septumschlcimhaut im Bereiche der degenerierendcn der subepithelialen Schicht. Diese leichte Driisenzellen. K Knorpel des Septums. entziindliche I n f i l t r a t i o n der Schleimh a u t findet sich in jeder n o r m a l e n Kieferh5hle. Die A n n a h m e einer E p i t h e l regeneration auf G r u n d fiberstandener entzfindlicher Vorg~nge trifft auch hier n i c h t zu, wie der Vergleich der Befunde in der ganzen Versuchsreihe ergibt, l~ur bei V i t a m i n A-Mangel l i n d e n sich auch in den NebenhShlen die beschriebenen Epithelvers Es wiirde n u r eine W i e d e r h o l u n g in der Beschreibung stets gleicher Befunde u n d Vorgs bedeuten, wollten wit bier die E p i t h e l u m w a n d l u n g bei V i t a m i n A-Mangel a n allen l%egionen des Kopfes u n d Halses einzeln beschreiben. Es mSge d a h e r der Hinweis geniigen, d a b sich die gleichen Vorg~nge der Fortdifferenzierung des E p i t h e l s bei V i t a m i n A-Mangel a m Epip h a r y n x , P h a r y n x , L a r y n x , Trachea, in der P a u k e n h S h l e u n d der T u b e finden.
D a s V i t a m i n A als D i f f e r e n z i e r u n g s h e m m e r
Abb.
7.
Ratte
22.
Block
II.
Schnitt
I0.
v.
GIESON.
Vergr. 111. S c h l e i m h a u t e i n e r Nasenrnuschel ( n o r m a l einschichtiges Flimrnerepitllel) bei al~sgepragtem V i t a m i n AMangel i m S t a d i u m des g e s c h i c h t e t e n P l a t t e n e p i t h e ] s .
des g e s a m t e n Epithels.
283
2kbb. 8, R a t t e 22. B l o c k l I . Schnitt 10. v. GI~SON, Vergr. 111. Schleimhattt d e r N a s e n s c h e i d e w a n d bei ansgeprfig'tern V i t a m i n A-l~iangel i m S t a d i u m dcr Ve~'hornun~. H Hornmassen.
Abb. 9. R u t t e 6. Block I. S c h n i t t 13. xT. G1ESON. Vergr. 28. KieferhShle einer R a t t e bei D - A v i t a m i n o s e . F e N o r m a l e s einschichtiges Flirnrnerepithel dcr Xiefer- u n d NasenhShlc.
284
WA~T~ Mo~,~Tz:
Ein vSllig anderes Verhalten zeigen die Dri~sen. Zweifellos stellen die Driisen. zellen als AbkSmmlinge des Epithels mit ihrer sekretorischen Funktion hSchste v Pe
Abb. 10, R a t t e 22. Block I I . S c h n i t t 12. v , GIESO~r. VergT. 28. K i e f e r h 6 h l e bei ausgepri~gtem V i t a m i n A-MangeL v P e V e r h o r n e n d e s P l a t t e n e p i t h e l in der l~ieferhShle.
Abb. 11, R a v t e 22. K k . S c h n i t t 8. v. G]Eso~'. u ]11. SerSse Drfise i m weichen G a u m e n bei ausgeprfigter A - A v i t a m i n o s e . A u s k l e i d u n g der e r w e i t e r t e n Ausf(ihrungsgfinge (_4gg) m l t geschichtete~n, bis v e r h o r n e n d e m P l a t t e n e p i t h e L B h Basalzcllenhaufen. aDe a t r o p h i s c h e s Drfisenepithel.
Differenzierungsstufen dar. (Eine)/[etaplasie oder Umwandlung des Zellcharakters sezernierender Driisenzellen ist nicht bekannt.)
Das Vitamin A als Differenzierungshemmer des gesamten Epithels.
285
Wir betrachten die Driisen mit Ausfiihrungsg/~ngen (exokrine) yon den Dr(isen ohne Ausfiihrungsg/~nge (endokrine) gesondert. Um auch hier Wiederholungen zu vermeiden, bringen wir fiir die exokrinen Driisen nur die Beschreibung der Glandula sublingualis als einer merokrinen Driise und der Ceruminaldriise als einer holokrinen (apokrinen) Drfise. Die
Abb. 12. R a t t e 22. B l o c k I I I . S c h n i t t 19. ~-. G l s s o h ~. V e r g r . 11. F r o n t a l s c h n i t t d u r c h d e n R a t t e n k o p f i n H S h e des w e i c h e n G a u m e n s bei a u s g e p r a g t e m V i t a m i n A-Sfangel. Z Z u n g e . wG W e i c h e r G a u m e n . Ch C h o a n e n d i c h t h i n t e r d e m E n d e des S e p t u m s . Agg D r i i s e n a u s f i i h r u n g s g f i n g e a m Z n n g e n g r u n d n n d w e i c h e n G a u m e n , die m i t v e r h o r n e n d e m P l a t t e n e p i t h e l a.nsgekleidet sind. D r a t r o p h i s c h e R c s t e Yon D r f i s e n a m Z u n g e n g r u n d . P ] P a p i l l a e f i l i f o r m e s . Ab A b s c c ~ b i l d u n g e n fn z u g r u n d e g e h e n d e n D r f i s e n i n f o l g e Yon I n f e k t i o n y o n d e r M u n d h S h l e h e r u n d Yon S e k r e t s t a n u n g . v P e Zfige u n d I n s e l n y o n v e r h o r n e n d e m P i a t t e n e p i t h e l in d e n C h o a n e n ( n o r m a l : e i n s c h i c h t i g e s F l i m m e r e p i t h e ] ) . N V N. t r i g e m i n u s I I .
an den gew/~hlten Beispielen beschriebenen Befunde, die durch Abbildungen verschiedener Driisen erganzt werden, fanden sich an allen Drtisen gleicher Art.
Glandula sublingualis. Das normalerweise niedere, kubische Epithel der Ausfiihrungsg/~nge zeigt hier, wie bei allen anderen Drtisen mit Ausfiihrungsg/~ngen, bei Vitamin A-Mangel zun/s eine U m w a n d l u n g in mehrschichtiges und schlieBlich in verhornendes Plattenepithel (Abb. 11, Agg, 12, Agg. und 13, Agg). Diese Epithelumwandlungen finden sich in allen Drfisenausffihrungsgs bis in die Schaltst/icke. Oft behalten die so ver~nderten Drfisenausfiihrungsg~nge normale
286
WALTS~ MOR~TZ:
jeGestalt und Umfgng (Abb. 13, Agg). Meist nehmen diese Ausfiihrungsgs doeh an Umfang zu (Abb. ll, Agg und 13, Agg), so dal~ sie in ausgepr~gten F~llen cystisehe Gestalt annehmen. Besonders eindrueksvoll sind diese Befunde an den Ausftihrungsggngen der Drfisen am Zungengrund (Abb. 12, Agg). In vielen F/~llen k o m m t es info]ge der Hornbildung in den Ausffihrungsg/ingen der Driisen
A b b . 13. R a t t e 22. B l o c k I I I . S c h n i t t 18. v . GIESO~-, V c r g r , 28, G l a n d u l a s u b l i n g u a l i s b e i a u s , < e p r ~ g t c m V i t a m i n A - M a n g e l , E s s i n d n u r n o c h R e s t e tier D r / t s e ~u s e h e n (/)). D i c h t e p h a g o c y t ~ t r e Infiltration um die res~lichen Drtisenacini (Phi). Lockeres Bindegewehe an Stelle der friiheren Drttsen~ciui ( B g ) . A u s K i h r u n g s g ~ n g e d e r S u b l i n g u u l d r i i s e ( A g g ) , die m i t v e ~ ' h o r n e n d e m P l a M e n e p i t h e l a u s g e k l e i d e t sJnd. ~ I M a n d i b l l ] ~ . Y3k f i i r A - A Y i t a m i n o s e ty:p~sche ~ : n g e l n i m D e n t i n e i n e s N a g c z a h n e s . U/ U m s c h l a g f a l t c d e r S c h l e i m h a n t , y o n d e r W a n g e zm" Z n n g e ( v e l h o r n e n d e s P l a t t e n c p i t h e l ) . Zm Zungenmuskulatur.
zu Sekretverhaltung und -stauung und damit zu Drueknekrose im Drtisengewebe. Infiziert sich dieser gestaute Driiseninhalt yon der Mundh6hle her, so k o m m t es zur Bildung yon regelrechten Abscessen, wie dies auf Abb. 12, Ab im weichen Gaumen und in der Zunge dargestel]t ist. Piese Abscel3bildungen an sich haben mit der Wirkung des Vitamin A nichts zu tun und Bind als reine interkurrente Infektionen aufzufassen. Den Befunden an den Drfisenausfiihrungsg/~ngen steht bei Vitamin A-Mangel dab Verhalten der Dr/isenacini bzw. der sezernierenden Driisenzellen gegentiber. Die sezernierenden Drtisenzellen setbstl als h6chste Differenzierungsstufen des Epitbels, sind, wie die Flimmerzellen selbst nicht mehr umwandlungsf~hig. Bei
Das Vitamin A als Differenzierungshemmer des gesamten Epithels.
287
einsetzendem Vitamin A-Mangel zeigt sich in den Ausfiihrungsggngen vermehrt Driisensekret (Abb. 16), die Driisenzellen selbst sind yon normaler GrSl3e, manehreal auffallend grol3. Diese Befunde, die bei allen exokrinen Driisen erhoben werden k6nnen, sprechen zun/Lchst ftir eine vermehrte Drtisensekretion, als Ausdruek der dureh den Vitamin A-Mangel einsetzenden fortsehreitenden Differenzierungstendenz. Sehon kurz naeh diesem Stadium zeigen die Drtisenzellen die
A b b . 14. R a t t c 22. Block I I I . S c h n i t t 18. v. GIESON. Vergr. I l l , G l a n d u l a sublingua]is bci ausgcpr~gtem u A-Mangel. Z)a Driisenacini m i t a t r o p h i s c h c n Drfiscnzellen. JDz Z u g r u n d e g e h e n d e r Drfiscnacinus m i t reichlich Zel]en, die sich bei stfirkerer ~Tergr6i]erung als F h a g o c y t e n e r k e n n e n ]assen. P h Phag'ocyten.
Zeichen tropfiger Entartung, die auch an den Flimmerzellen des Schleimhautepithels festzustellen waren (Abb. 5, aFe, 16 und 17). Die Zpllen werden dann auf Kosten des Cytoplasmas kleiner, sie verlieren ihre spezifische Struktur und ihre Kerne verfallen schlieBlich der Chromatolyse (Abb. 14, Dz und 17). In diesem Stadium wandern aus der bindegewebigen Driisenkapsel Phagocyten in reichlichen Mengen zun~chst an die ~uBeren Acini. Sie fibernehmen den Abtransport der I~este der im weiteren Verlauf v6Ilig zugrunde gegangenen Driisenzellen (Abb. 13, P h i und 14, Ph). Dieser Prozeg setzt an allen Stellen gleiehzeitig ein und hat eine gewisse Ahnlichkeit mit der Involution der Milchdriise, nur dab hier die Fettzellen fehlen. Allmghlich sind v o n d e r ganzen Drtise nur noch einzelne Acini zu erkennen, in denen sieh hochgradig atrophische Drtisenzellen vorfinden (Ab. 13 und 14). An Stelle der Driisenacini verbleibt ein feines Netz indifferenter, mesenchymaler Zellen, die sternf6rmig sind nnd lange Forts~tze zeigen, ~hnlich dem embryonalen, mesenchymalen Ffillgewebe. In diesem loekeren Zellverband sind sogar stellenZeitschr. L A n a t . u. E n t w i e k l u n g s g e s c h . Bd. t12.
9,0
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WALTER MORITZ ."
weise noeh die R/~ume zu erkennen, in denen frfiher die Drfisenaeini gelegen haben. Bei muk6sen Driisen kann man naeh dem vollst/~ndigen Versehwinden einzelner Acini sogar noch Muein im Gewebe feststellen (Abb. 15 und 17, Mz), ein Befund, den wir als besonders eindrueksvoll und beweisend betraehten m6ehten. Betont sei, dab sieh dieses loekere, mesenchymale Zellgewebe, das naeh dem Sehwund der Drfisenaeini zurfiekbleibt, bei normal ern/~hrten Tieren im Bereiehe der Glan
Abb. 15. R a t t e 22. K k . S c h n i t t 10. DELAFIELDS H a e m a t o x . - E o s i n . Vergr. 28. Muk6se Driisen i m weichen G a u m e n bei a u s g e p r ~ g t e m V i t a m i n A-Mangel. aD A t r o p h i s c h e Driisenacini, die in Auf15sung begriffen sind. Anstelle Irfiherer Driisenaeini sieht m a n freies N u c i n i m Gewebe liegen (Mc). .Agg m i t v e r h o r n e n d e m P l a t t e n e p i t h e l a u s g e k l e i d e t e r A u s f f i h r u n g s g a n g .
dula sublingualis oder anderer Drfisen niemals findet. Nur selten kann man allerdings bei experimentellem Vitamin A-3/Iangel das Zugrundegehen einer mittelgrogen Drfise in so vollkommenem MaBe und ohne infektiSse Komplikationen verfolgen. Zusammenfassend betraehtet sehen wit also bei den exokrinen serSsen und muk6sen Drfisen als Folge des Vitamin A-Mangels zun/~ehst eine Hypersekretion auftreten, die wit als Ausdruek des neu einsetzenden Differenzierungsimpulses betraehten m6ehten. Sodann k o m m t es fiber die tropfige Entartung zur vollsts Degeneration und AuflSsung der sezernierenden Drfisenzellen. I n den Ausftihrungsg/~ngen finder sieh allerorts eine Umwandlung des ortsst/~ndigen Epithels in verhornendes Plattenepithel, ein Vorgang, der nut dureh das Vorhandensein von Basalzellen im Bereieh der AusftihrungsgSmge zu erkl/~ren ist. (Im Bereiehe der Drfisenaeini konnten yon pathologiseh-anatomiseher Seite niemals Basalzellen naehgewiesen werden!) Die Talgdriisen zeigen bei ausgepr/~gtem Vitamin A-Mangel folgendes Verhalten: Die polyedrisehen Zellen werden kleiner. In den obersten Sehiehten sind in den Drfisenzellen keine Fettkfigelehen mehr naehweisbar, die Lumina werden
Das Vitamin A als Differenzierungshemmer des gesamten Epithels.
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weir und sind in ausgepr/tgten F~llen ohne Inhalt. An den Stellen der Driisenlumina, wo sieh normalerweise funktionsttiehtiges Driisenepithel befindet, zeigt sich niedriges verhornendes Plattenepithel. V611ig analoges Verhalten zeigen die tubul6sen Ceruminaldriisen (Abb. 18), die in ausgeprS~gten Fs zu groBen eystisehen Hohlr/~umen entarten. Von dem eigentliehen grogblasigen Driisenepithel ist dann fast niehts mehr vorhanden. Der Vorgang entwiekelt sieh hier scheinbar so, dab die Drfisenzellen unter dem Einfiut3 des Vitamin A-Mangels zunfiehst atrophieren und darm das Plattenepithel yon der OberflS~che einwS~ehst,
A b b . 16. R a t t e 22. K k . S c h n i t t 5. DEZAFIELDS H ~ r n a t o x . - E o s . Vergr. 2t5. M u k 6 s e Driise bei ausg e p r a g t e m V i t a m i n A-Mangel i m S t a d i u m der H y p e r s e k r e t i o n . Agg A u s f f i h r u n g s g a n g a m E n d s t i i c k angefiillt y o n Schleim. t E tropfige E n t a r t u n ~ in Dr~isenzel~en.
da vereinzelte Inseln yon Plattenepithel innerhalb der Driise in keinem Fall festzustellen waren. In der Thymusdri~se konnten wir auBer einer zahlenms Verminderung und einer Verkleinerung der HAss~Lschen KSrperchen keinen eindeutigen Befund erheben. Nie fanden wir bei Vitamin A-Mangel Cysten in den HAssALschen K6rperchen, die normalerweise mit hyalinen Massen und abgestogenen Zellen angefiillt sind. Diese Tatsache besagt uns, dab die HAssALschen K6rperchen nicht aus einfachen Epithelzellen bestehen und dab tier Cysteninhalt nichts mit Horn zu tun hat, sondern dab die HAssALschen K6rperchen nur aus sezerniereadem Driisenepithel bestehen, das wie das Epithel anderer Drfisen unter dem EinfluB des Vitamin A-Mangels atrophiert. Im Drfisenteil der Hypophyse konnten wir bei Vitamin A-Mangel eindeutige Befunde nicht erheben. WOLBAO~ und H o w e 6 fanden in jedem Fall eine hoehgradige Atrophie der ganzen I)riise. 20*
290
WALT~
Mo~iTz :
A b b . 17. l~attc 22, K k . S c h n i t t 5. DELAFIELDS H ~ m a t o x . - E o s i n . V e r g r . 245. M u k 6 s e D r i i s e des w e i e h e n G a u m e n s iln S t a d i u m der D e g e n e r a t i o n . t E t r o p f i g e E n t a r t u n g y o n Driisenzellen. M z . Muein in d e m Gewebe, in d e m f r i i h e r D r i i s e n a c i n i l a g e n .
A b b . 18. :Ratte 22. Block I V . S c h n i t t 5. v . GIESON. V e r g r . 111. C e r u m i n a l d r i i s e bei a u s g e p r f i g t e m V i t a m i n A - M a n g e l . Bis hoch in die Ausffihrungsg~inge h a t sich v e r h o r n e n d e s P l a t t e n e p i t h e l g e b i ] d e t , die Drfisenschliiuche selbst s i n d w e l t a n d z e i g e n kleine Zellen. E i n e S e k r c t i o n i s t n i c h t m e h r f e s t s t e l l b a r .
Das Vitamin A als Differenzierungshemmer des gesamten Epithels.
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Eindeutig sind die Befunde an der Schilddriise. W/~hrend die normale Sehilddriise der Ratte ein niedrig zylindrisehes Follikelepithel (Haupt- oder Kolloidzellen) hat (Abb. 19), fanden wir bei ausgepragtem Vitamin A-Mangel an der Sehilddriise stets ein hochgradig atrophisches Epithel, das stellenweise nicht mehr als solehes zu erkennen ist (Abb. 20). Wir wissen, dal3 der jeweilige Funktionszustand d e r Schilddrtise, sowie die Art der histologischen Behandlung nieht ohne EinfluB auf die Zellform '3-bb. 19. Normal ernfihrte IRatte. Block III. Schnitt 13. ist; die gleiche histologische v. GIESON, Vergr. 90. Normales Bild der Schilddrfise. Die einzelnen Follikel sin(I mit normalem, einschichtigem, niedrig" Behandlung aller Versuehs- zylindrischem Epithel (Ilaupt- bzw, l~olloidzellen) ausgeobjekte, sowie der Vergleich kleidet. Das Follikelepithel ist teilweise im Flachschnitt getroffen. normaler, behandelter und vitamin-A-frei ern/~hrter ]~atten ergeben jedoch eindeutig, dag es sich bei der Atrophie des Follikelepithels um eine Folge des Vitamin A-Mangels handelt. Auch bei den innersekretorischen Driisen sieht man also als Folge des Vitamin AMangels eine Atrophie des sezernierenden Driisenepithels. Ob dieser Atrophic eine ttypersekretion vorausgeht, is~ histologisch nicht nachweisbar, doeh erscheint es dnreh Analogieschliisse und Ergebnisse kliniseher Untersuchungen (s. unten) ziemlich sieher. Uberblicken wir die Ergebnisse unserer histologisehen Abb. 20. R a t t e 20. B l o c k I I I . S c h n i t t 14. v. GIESON. Yergr. 90. Untersuchungen und die der Das n o r m a l e r w e i s e niedrig zylindrische Fo]likelepithel ist h o c h g r a d i g a t r o p h i s c h u n d a b g e f l a e h t u n d stellenweise nicht Literatur, deren einheitliche m e h r als solches zu e r k e n n e n (vgl. Abb. 19). Zwischen den Betrachtung vom Gesichts- Follikeln sieht m a n 2 H o h l r i i u m e m i t v e r h o r n e n d e m P l a t t e n epithel ( D i f f e r e n z i e r u n g s p r o d u k t v e r s p r e n g t e r Basalzellen? punkte des Epithel-DifferenD u c t u s thyreoglossus ?) zierungsproblems bisher fehlt, so sehen wir bei mangelndem Vitamin A ohne Einschr~nkung an allen auskleidenden und deckenden Epithelien eine Vorw/~rtsentwieklung in gerader gichtung
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WALTE~ MO~I~Z:
im Sinne des SCHRIDD]~schen Differenzierungschemas. Das gemeinsame Ziel ist die h5chste Differenzierungsstufe des Epithels, das verhornende Plattenepithel. Der Vitamin A-Mangel ffihrt bei den dem Epithel entstammenden Zellen, die h6chste Differenzierungsstufen darste]len (Flimmerzellen, sezernierende Driisenzellen), zur Atrophie und schlieBlich zum v611igen Schwund der Zellen. Bei Vitamin A-~berdosierung sieht man eine Entdifferenzierung ortsst~ndigen Epithels zu Vorstufen.
Vitamin A und sezernierendes (Driisen-) EpitheI. D a ~dr die progressiv-differenzierenden Epithelver/~nderungen bei Vitamin AMangel vornehmlieh an den deekenden und auskleidenden Epithelien feststel]en kSnnen, die Beziehungen des Vitamin A aber zu dem gesamten Epithel eindeutige sind, erhebt sieh ffir uns die Frage: Wie ]c6nnen wir uns das verschiedenartige Ver-
halten der epithelialen Ze[lelemente bei Vitamin A-Mangel erkl(iren ? Zur Beantwoi~ung dieser Frage greifen wir auf unsere histologischen Befunde zurfick, die ihre Erkl~rung in den Erkenntnissen der Entwicklungsgeschichte, der Regenerationbzw. Metaplasieforschung, sowie der Epithelexplantation finden. Durch die Ergebnisse dieser Forschungszweige erhalten wir Auskunft fiber den Differenzierungsgrad bzw. die Umwandlungs- und Teilungsf~higkeit der verschiedenen epithelialen Zellen. Es ist bekannt, dab die Zellen eines Keimbezirkes ws der normalen Entwicklung nur einen Tell der in ihnen enthaltenen Potenzen entfalten, w~hrend die iibrigen Potenzen latent bleiben. Diese Potenzen k6nnen bei Beginn der Gastrulation noch experimentell durch Verpflanzung naehgewiesen werden. Nach der Entstehung der Organe, die sich durch angenommene Organisatoren (dynamisehe, qualitative) vollzieht, enthalten einzelne Zellgruppen noch bestimmte latente Potenzen, wie aus dem Vorgang der Regeneration und Metaplasie hervorgeht. Der Vorgang der Metaplasie aber findet sich fast ausschliel31ich an den deckenden und auskleidenden Epithelien. DaB einerseits Metaplasie und Zelldi//erenzierung anatoge nur zeitlich und kausal zu unterscheidende Prozesse sind, dab andererseits das Problem der Epithetdi//erenzierung nut ein Problem der Basalzellen ist (KRo~_eECHER?), wurde sehon klargelegt und steht heute aul]er Frage. DaB ferner die Epithelregeneration ganz allgemein fiber die Basalzellen zustande kommt, ist ebenfalls erwiesen. Naeh diesen wichtigen Erkenntnissen miissen wit also die Basalzellen ganz atlgemein a~ die Tr~iger postembryonaler pathologischer Di/]erenzierungsvorgdnge am Epithel anerkennen. Dieses bringt zugleich die Folgerung mit sieh, dab wir die pathologischen progressiven Di//erenzierungsvorgdnge am ETitheI bei Vitamin A-Mangel nut da erwarten ]cSnnen, we Basalzellen bzw.
den BasalzeIlen iihnliche, relativ indi//erente Epithelzellen anzutre//en sind. Bei der Suche nach dem Vorkommen yon Basalzellen an den verschiedenen Schleimhi~uten und Driisen des K6rpers hat man sich vornehmlich der Beobachtung des Regenerationsvorganges bedient, da bekanntlich eine Epithelregeneration stets yon den basalen Epithelzellen ausgeht bzw. die Basalzellen die physiologisehen Regenerationszellen sind. Naeh BlZZOZE~O und VASSAL~s~ geht beim Magenepithel die Regeneration yon den Vorr~umen der Magendriisen aus. Im Darm erfolgt die Vermehrung der Zylinderzellen im unteren Teil der LI~B~R~:~Nschen Krypten, so dab diese Krypten der Basalschieht des Plattenepithels gleich als Keimsehicht aufzufassen sind (BlzzozERos2, ST/~Hasa, KOELLIKER84). SCHAPERund COH~ s5 nennen diese Zentren des Darm- und Drtisenepithels, da mehr oder weniger indifferente Zellen ihre ]Zegenerationsfahigkeit hewahrt haben, ,,Indifferenzzonen". Im Diekdarm finden sich diese Indifferenzzonen in den tieferen Teilen der Krypten, im Dfinndarm zwischen die
Das Vitamin A als Differenzierungshemmer des gesamten Epithels.
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am Grunde der Krypten gelagerten sog. PAsET~schen Zellen nnd die h6her gelegenen, sekretorisehen Epithelien eingesehaltet. Die sekretorisehen Epithelien sind nach ZIPKI~s6 nieht mehr teilungsf~hig. Eine gleiehe zwischengesehaltete Indifferenzzone erblickt KOELLIKE~s4 aueh im Halsstfiek der Magendrfisen. Bei Prostata, Submaxillaris und Pankreas sind naeh SC~ArER und COHE~ss die Sehaltstficke die Indifferenzzonen. Bei Regeneration des Pankreas (KYRLEs7) und des Itodens (GRIFFI~Iss) wurden nur in den Ausffihrungsg/~ngen Mitosen gelnnden. Naeh KRO~PEeHER 2finder eine Regeneration yon typisehem Drfisengewebe aussehlieglich yon den Eloithelien der feineren Ausffihrungsgange start. In den grogen Ausffihrungsg/ingen der Parotis stellte L6WE~STEI?rs9 in einigen Fallen yon Status lymphatieus und yon Tuberkulose Basalzellenwueherungen lest. In den grogen Ausffihrungsggngen der Brustdrfise Iand KROMpEe~EI~9~ papill/~re und knospenartige Wueherungen yon Basalzellen. Im Duetus panereatieus land ABDRACgMA~qOFF91 in einem Fall yon Diabetes, KAWANCRAund Nu~oXAWA92 infolge yon Reizwirkung yore Distomum spatulatum und HERXH~ER 93 ohne sonstige Ver/~nderungen Basalzellenhyperplasien. Im Duegus deferens besehrieb WOLFs4 im Anschlul3 an gonorrhoisehe Epididymitis eine Metaplasie yon Zylinder- im Plattenepithel. Die Beobaehtung, dad Basalzellenkrebse, wenngleieh selten, aueh an den Schleimh/~uten vorkommen, die mit einsehichtigem Zylinderepithel iiberzogen sind, so im Magen, Wurmfortsatz, Dickdarm, Endometrium, veranlaBte KROlU~EC~]~95, diese und andere Sehleimh~ute auf das Vorhandensein yon Basalzellen hin zu prilfen. Diese Basalzelten der einsehichtigen Zylinderepithelien unterseheiden sich nach KRO~PECItER insofern yon denen der geschiehteten Epitheloberfl/~chen, als sie ,,gew6hnlich keine zusammenh/~ngenden geschlossenen Reihen und Lagen bilden, sondern regellos zerstreut an der Basis des di/[erenzierten Zylinderepithels anzutre[/en sind". Mitunter bilden sich aber aueh an den in Rede stehenden einsehichtigen Zylinclerepitheloberfl~chen zusammenh/~ngende Lagen, so dab hier die Bezeichnung Basalzellensehieht durchaus berechtigt erseheint. Die Literaturhinweise auf metaplastische Vorg/inge an den versehiedenen Epithelien (Scn-gInDE1) sowie fiber regeneratorische Vorg~nge lieBen sich beliebig tortsetzen (besonders auch ftir das Epithel des Endometriums: ENGELHORN 96, SITZEIg]FREY97, POLANO98, HUNZIKER 99, ROBERT MEYER100), sie bringen im Prinzip die gleichen Ergebnisse: B e f u n d e y o n E p i t h e l m e t a p l a s i e n und Basalzellenwuehetungen, sowie y o n r e g e n e r a t o r i s e h e n Vorg/ingen kSnnen a n den I)riisen n u t i m Bereiche der Ausfiihrungsg/~nge bzw. Sehaltsttieke e r h o b e n werden, niemals a b e r im Bereieh der Dr/isenaeini bzw. d e r sezernierenden I)riisenzellen. I n der M a g e n - D a r m s e h l e i m h a u t gehen die E p i t h e l u m w a n d l u n g e n y o n den b a s a l z e l l e n h a l t i g e n Indifferenzzonen aus, desgleiehen im einsehiehtigen Zylinderepithel, die Zylinder- (Flimmer-) Zellen selbst sind, wie die sezernierenden Driisenzellen einer U m w a n d l u n g n i e h t f/thig. Aus allem g e h t hervor, d a b die sezernierenden Driisenzellen, wie a u c h die Zylinderzellen (Flimmerzellen) selbst hSehste I)ifferenzierungsstufen des E p i t h e l s darstellen, die n i e h t m e h r umwandlungsf/~hig sind. D a es sleh bei den V i t a m i n AVersuehen u m biologisehe Versuche h a n d e l t , die eine F e s t s t e l l u n g y o n geweblichen Ver/~nderungen n u r bis zu einem gewissen G r a d e g e s t a t t e n , u n d z w a r his zu d e m S t a d i u m , in d e m d a s Versuehstier a n den F o l g e n der sehon eingetretenen pathologisehen Ver/inderungen eingeht, k6nnen wir selbstverst/s zusammenfassende histologisehe Befunde a n allen exo- u n d endokrinen I)r/isen n i e h t erwarren. Die a n kleineren Driisen (G1. sublingualis, Drfisen der N a s e n s e h l e i m h a u t , d e r P a u k e n h S h l e usw.) e r h o b e n e n Befunde e r l a u b e n jedoeh ohne weiteres p a r a l l e l e Sehliisse auf d a s bei 1/~ngerer L e b e n s d a u e r der Versuehstiere zu e r w a r t e n d e Schieksal der grSBeren I)riisen. I n den Driisenaeini, aueh der kleineren Driisen k o n n t e n wit niemals eine Umw a n d l u n g des Driisenepithels in P l a t t e n e p i t h e l oder das A u f t r e t e n y o n Basalzellenhaufen b e o b a e h t e n . Stets a b e t w a r e n die Ausffihrungsg/s der e x o k r i n e n I)riisen yon den E p i t h e l u m w a n d l u n g e n befallen, also die Stellen der I)rSsen, a n
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W A L ~ Mo~Tz :
denen Basalzellen nachzuweisen sind. In dieser Beziehung decken sich unsere bei Vitamin A-Mangel erhobenen Befunde vSllig mit der Pathohistologie metaplastischer und regeneratorischer Vorg/~nge an den exokrinen Driisen. Diese ]ortschreitende Entwicklung des Epithels kann sich n u t da vollziehen, wo umwandlungs]dhige Epithetzellen - - und das sind altein die Basalzellen - - vorhanden sind.
Die bei Vitamin A-Mangel sich auf das gesamte Epithel geltend machende progressive Differenzierungstendenz wirkt sich also auf das sezernierende Driisenepithel, in dessen Bereich keine Basa]zellen liegen, folgendermal]en aus: In dem Stadium, in dem bei der Ratte die ersten Zeichen des Vitamin A-Mangels an den Augen auftreten, ist eine vermehrte Absonderung aus den Drfisen des Konjunktivalsackes und der Nase festzustel]en (auf vermehrte Sekretion der Darmdriisen weisen die Beschreibungen von schleimigen Durchf/s bin). Histologisch sind in diesem Stadium der Hypersekretion an dem Epithel der NasenhShle meist noch keine Ver/~nderungen festzustellen, nur die Driisenzellen sind in diesem Stadium sehr groB, gegeniiber normalen Befunden. Die NasenhShle ist roll yon Schleim. Histologisch sehen wit in diesem Stadium eine iiberm/tl~ige Anfiillun~ der Ausfiihrungsg/s mit Sekret (Abb. 16). Wir miissen nach diesen Beobachtungen annehmen, da$ die sich bei Vitamin AMangel am gesamten Epithel geltend machende fortschreitende Differenzierungstendenz auf die Driisenzellen zun~chst im Sinne einer ~berfunktion bzw. Hypersekretion wirkt. Nachdem die sezernierende T/ttigkeit einer dem Epithel entstammenden Driisenze]le gewissermalten das Ergebnis einer Differenzierung ist, ist zun/tchst die Reaktion einer ttypersekretion bzw. Hyperfunktion auf einen neu auftretenden fortschreitenden Differenzierungsimpuls durchaus erkl/irlich. Nach diesem Stadium der Hypersekretion sieht man in den Driisenzellen eine tropfige Entartung des Protoplasmas. Danach werden die Zellen kleiner, die Zeichnung des Zellkernes wird unscharf, die Kerne verfallen der Chromatolyse. (Man hat den Eindruck eines Ersch6pfungszustandes der Zelle, der mit ihrem Untergang endet.) Die Zerfallsprodukte der Zellen werden durch Phagocyten, die teilweise prall gefiillt sind, abtransportiert (Abb. 14). Auf diese Weise ist der v611ige Schwund selbst grSBerer Driisen (Sublingualis) histologisch nachzuweisen (Abb. 13). An Stelle der Driise verbleibt lockeres, weitmaschiges Bindegewebe, das dem embryonalen Fiillgewebe sehr /ihnlich ist. Die Driisenzellen verhalten sich bei diesem Vorgang/~hnlich, wie wir dies an den Flimmerzellen der Nasenschleimhau$ zeigen k6nnen (Abb. 5). Auch die Flimmerzellen wandeln sich nieht selbst um, sondern sie degenerieren und werden schlieBlich ubgestolten, wghrend die Urnwundlung des Flimmerepithels yon den Busalzellen uusgeht. In den Driisenacini und -tubuli aber fehlen die Busalzellen, so dug die Umwandlung des Drtisenepithels etwu in mehrschichtiges Pluttenepithel sich nicht vollziehen kann. Die gesamte Dri~senanlage geht in]olge Mangels an Basalzellen zugrunde.
An den Partien der Nasenschleimhaut, die infolge des Vitamin A-Mangels epidermisiert sind, finden sich dann sehr oft keine Driisen mehr, w/~hrend an den Partien, die noch vom Flimmerepithel iiberzogen sind, die Driisen in normaler Menge festzustellen sind. Wir sind also in der Lage, bei den exkretorischen Driisen als Ausdruck der progressiven Differenzierungstendenz infolge des Vitamin A-Mangels zun/ichst eine Hypersekretion festzustellen, in deren Folge die Driisenzellen und damit die ganzen Driisen atrophieren und zugrunde gehen.
Das Vitamin A Ms Differenzierungshemmer des gesamten Epithels.
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Histologische Hinweise ffir das gleiche Geschehen a n den Drfisenzellen der innersekretorischen Driisen sind n i c h t in diesem vollst~ndigen U m f a n g gegeben. H i e r kSnnen wir den ProzeB n u r bis zu den A n f a n g s s t a d i e n der A t r o p h i e der Driisenzellen verfolgen. Es w i r d auch hie mSglich sein, i m Versuch a m l e b e n d e n Tier den vollsts S c h ~ n d einer lebenswichtigen Driise d u r e h die Mangelern~hrung hervorzurufen, d e n n das Tier wird schon vorher a n den F o l g e n des Versucbes zugrunde gehen. W i r mfissen uns d a h e r m i t den sps Befunden a n den e n d o k r i n e n Driisen bei V i t a m i n A-Mangel begniigen. Die ~ b e r e i n s t i m m u n g dieser Befunde m i t d e n e n der e x o k r i n e n Driisen lassen jedoeh den SchluB zu, d a b der V i t a m i n A-Mangel auf die Drfisenzellen der e n d o k r i n e n Driisen in gleieher Weise wirkt, wie auf die der e x o k r i n e n Driisen. D a n a e h kSnnen wir annehmen, d a b sieh der V i t a m i n A-Mangel a u c h bei den innersekretorisehen Driisen zun/s in einer I t y p e r f u n k t i o n ( H y p e r s e k r e t i o n ) a u s w i r k t . Diese Vermutung wird sehr wesentlich gestiitzt dureh versehiedene klinisehe Untersuchungen fiber das Vitamin A. So gelang es WE~DTTM bei Basedow dureh groBe Dosen Vogan erhebliehe Gewichtszunahmen und in vielen Fallen sogar ein Heruntergehen des Grundumsatzes auf normMe Werte zu erreiehen. Auch y o n FALTA TM, DIETRICI{ 1~ ABELIN 9 u. a. liegen diesbezfigliche zustimmende Angaben vor. LAUERSEN,VOIT und Wc,~I)T (briefliche Mitteflung) konnten naehweisen, dal~ beim gesunden Menschen der Quotient C : N im H a m unter Vitamin A-Zufuhr ansteigt, d. h. also, daf~ unter Vitamin A-Zufuhr nicht vSllig verbrannte Substanzen ausgeschieden werden, ein Befund, der daffir sprieht, dab das Vitamin A die Verbrennungsprozesse bremst. Es sei ferner darauf hingewiesen, dM] bei Rattenweibchen iiberm/i~ige Zufuhr yon Follikelhormon auf das Scheidenepithel in gleicher Weise wirkt wie Mangel an Vitamin A 9In beiden Fallen komrnt e's zu einer Verhornung des Scheidenepithels (Ho~T.W~G und FIS(JHL 70, SetYtCIIDT27). Die Wirkung der iiberm/il3igen Follikelhormonzufuhr kann dureh reichliche Vitamin A-Gaben beseitigt werden. Weitere Mitteilungen fiber Beziehungen des Vitamin A zu innersekretorisehen Driisen, besonders zum Sexualapparat, sind sehr zahlreich und k6nnen hier nicht im einzelnen besprochen werden (s. zusammenfassende Werke). Es ist selbstverst~ndlieh, dM~ reichliche Vitamin A-Gaben naeh unseren Feststellungen zu einer Verminderung der inkretorisehen Tatigkeit der Driisenzellen fiihren miissen, wofiir die Erfolge der Vitamin A-Behandlung bei Basedow usw. durchaus sprechen. Im Tierversueh wird es sich, wie beim Menschen, naeh der gewonnenen Ansehauung fiber die Wirkungsweise des Vitamin A bei innersekretorischen Driisen immer um Ganzheitsreaktionen Mler Drfisen handeln, deren Beurteilung ffir den Funktionsstand der einzelnen Driise infolge der korrelativen Beziehungen dieser Driisen zueinander schwierig sein wird. Es sei jedoeh noehmMs b e t o n t , d a b wir n a e h den vorliegenden B e f u n d e n die G e m e i n s a m k e i t d e r W i r k u n g des V i t a m i n A-Mangels auf alle epithelialen Zellelemente u n d d a m i t a u c h auf die D r i i s e n e p i t h e l i e n der innersekretorisehen Drfisen a u s d e h e n kSnnen. A n diesem D r i i s e n e p i t h e l w i r k t d e r V i t a m i n A-Mangel d e r a r t , daB die a m g e s a m t e n E p i t h e l w i r k s a m e progressive Differenzierungstendenz sich bei den D r i i s e n e p i t h e l i e n zun/tchst in einer H y p e r i n k r e t i o n /~uBert. Ob diesem S t a d i u m , wie bei d e n e x k r e t o r i s e h e n Drfisen, die D e g e n e r a t i o n u n d der U n t e r gang der Driisenzellen folgen wird, ist im biologischen Versueh n i e h t naehzuweisen, wenn es aueh dureh Vergleichsschliisse u n d auf G r u n d d e r Stoffweehselforschung wahrseheinlieh ist. D u r e h diese E r k e n n t n i s wird die V i t a m i n A - F o r s c h u n g besonders beziiglieh der Beziehungen zu den i n n e r s e k r e t o r i s c h e n Driisen y o n einer n e u e n Seite beleuchtet. Es wird gezeigt, d a b sich d e r V i t a m i n A-Mangel auf Mle Driisen geltend m a c h t . E i n V i t a m i n A-Mangel w i r d b e i m Menschen hSchstens bis z u m S t a d i u m der ~ b e r f u n k t i o n der i n n e r s e k r e t o r i s c h e n Drfisen fiihren u n d wesentlich l a t e n t e r verlaufen als wir i h n i m Versuch a m Tier d a r s t e l l e n kSnnen.
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WALTE~ MO~ITZ:
Das Vitamin A i m
fetalen Stoffwechsel.
D u t c h die These y o n der differenzierungshemmenden W i r k u n g des V i t a m i n A bringen wir das V i t a m i n A m i t dem ganzen Differenzierungsvorgange des Epithels in eine so grundlegende Beziehung, dab ~dr verpflichtet sind, die Frage der Zu-
8ammenhiinge des Vitamin A-Sto//wechsels des Feten mit der ontogenetischen Di/. ]erenzierung des Epithels einer eingehenden Prfifung zu unterziehen. Die Prfifung dieser Frage ist zur Zeit n u r im b e s c h r s Ma[~e mSglich, d e n n einerseits sind die M i t t e i l u n g e n fiber den V i t a m i n A - H a u s h a l t des F e t e n noch sp~rlich, andererseits liegen y o n a n a t o m i s c h e r Seite noch keine z u s a m m e n f a s s e n d e n chronologischen Berichte der f e t a l e n Epitheldifferenzierung vor. Die vorlii,ufige Prfifung dieser F r a g e k a n n also k e i n e n Ansloruch auf VolIsts erheben. :Die vorliegenden Ergebnisse - - dies sei vorweggenommen - - sprechen jedoch durchweg fiir unsere Auffassung y o n der Wirkungsweise des V i t a m i n A auf das gesamte Epithel. Vordringliches Interesse erweckte der Vitamin A-Haushalt des Feten, well man bis vor kurzem annahm, das Vitamin A sei ein wesentlicher Wachstumsfaktor. Nach diesbezfiglichen FeststeUungen ist aber Wachstumsstillstand ein praktisch allen Avitaminosen gemeinsames Symptom. Schon 1934 betonte v. D~mALSKY72, da~ der Begriff ,,Waehstumsvitamin" nicht mehr haltbar sei, weft schon der Zusatz irgendeines unspezifischen vorher entzogenen Stoffes ein gestopptes Wachstum wieder in Gang bringen kSnne. Es gelang auch nicht, Zusammenh~nge zwischen Zeiten erhShten fetalen Wachstums- und erhShtem Vitamin A-Gehalt des Feten zu finden, es zeigen sich vielmehr auffallende Gegenss Die U n t e r s u e h u n g e n des ]~berganges y o n V i t a m i n A yon der Mutter auf den ~ e t e n stoBen beim Menschen naturgems auf grol~e Schwierigkeiten u n d sind auf F r f i h g e b u r t e n sowie auf vergleichende U n t e r s u c h u n g e n yon N a b e l s c h n u r b l u t u n d mfitterlichem B l u t angewiesen. Es mul~ deshalb zur Kli~rung dieser speziellen F r a g e n vornehmlich das T i e r e x p e r i m e n t herangezogen werden. WOLFF7a stellte an einem zahlenm~Big kleinen Material lest, dab die Lebern l~Teugeborener zu 65% vitamin A-frei sind und zu 25% unter der H~lfte des Durschnittswertes der bei Erwaehsenen gefundenen Vitamin A-Werte enthielten. DANN74 kam zu folgenden Feststellungen (es werden nur die hier interessierenden Ergebnisse angeftihrt): Der Vitamin AGehalt der Leber ist bei neugeborenen Ratten klein. Er kann dureh Zufuhr grol3er Carotinmengen w~hrend der Schwangerschaft nicht vergrSi~ert werden. ]:)as Gewicht der Jungen wird scheinbar nicht sonderlich durch eine carotinreiche Nahrung der Mutter beeinflul]t. Da der Gehalt der Fetenlebern an Vitamin A nicht durch reichliche Carotinzufuhr an die Mutter gesteigert werden kann, so l~Bt sich wohl annehmen, dal] bestimmte Faktoren vorhanden sind, die die I)urehg~ngigkeit des Vitamin A durch die Placentu besehr~nken. Auf Grund des iihnliehen Placentatyps, der sich bei Mensch und Ratte finder, kann man folgern, dab der ~Jbergang des Vitamin A yon der Mutter auf den Feten ein ~ihnlicher sein muB. LAQVEU~75,der Leberuntersuehungenan Feten und Totgeburten vornahm, fand pro Gramm Leber nur 0--10 LBE. Naeh Untersuchungen yon D~BR~~ soll sich bei Neugeborenen meist tiberhaupt kein Vitamin A finden. VoGT77 war der Meinung, daI~ es in der zweiten H~lfte der Schwangerschaft zur Abnahm~ des Vitamin A in der Fetenleber kommen mul3 wegen des starken Wachstums. Von besonderer Bedeutung sind die eingehenden Untersuchungen yon WENDT78 und LUTG~RATH79 beim Mensehen. Sie kamen zu folgenden Ergebnissen: 1. ,,Bei 40 schwangeren Frauen in verschiedenen Schwangerschaftsmonaten wurden im Blutserum Carotin- und Vitamin A-Werte ermittelt, die denen nieht gravider Frauen entsprechen. Nur bei etwa 15 % der sehwangeren Frauen fanden sieh gegen Ende der Gravidit~t stark erniedrigte Carotin- und Vitamin A-Werte bzw. Nullwerte fiir Vitamin A. 2. Die menschliche Placenta enthi~lt geringe Mengen Carotin. Vitamin A war dagegen in mit der Blaureaktion nachweisbaren Mengen in der Placenta nieht enthalten. Als Vitamin Aund Carotindepot kommt somit die Placenta flit den menschlichen Fet nicht in :Frage, wi~hrend yon anderen Vitaminen (Vitamin C und wahrscheinlich auch Vitamin D) bekannt ist, dab sie in der Placenta gespeichert werden.
Das Vitamin A als Differenzierungshemmer des gesamten Epithels.
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3. Im menschlichen 1Yabelschnurblut sind kleine Mengen Carotin und meist auch sehr kleine Mengen Vitamin A naehweisbar. Die Carotin- und Vitamin A-Werte des Nabelschnurblutes liegen, ebenfalls im Gegensatz zu den Vitamin C-Werten, weir unter dem Carotinund Vitamin A-Spiegel des mtitterlichen Blutes. 4. Die menschliche Placenta fungiert demnach dem Carotin und Vitamin A gegeni~ber als Sperrorgan, indem sie yon beiden Stoffen nur kleine Mengen aus miitterlichem Blur passieren ]~l~t. 5. In der fetalen Leber sind betrachtliche Mengen Vitamin A gespeichert, doch sind sie prozentual wesentlieh geringer als in der Leber Erwachsener. 6. In der zweiten H~lfte der Schw~ngerschaft und insbesondere gegen Ende der Gravidit~t nehmen die Vitamin A-Vorr~te der fetalen Leber deutlich ab und in vereinzelten F~llen ist Vitamin A beim l~eugeborenen in der Leber ilberhaupt nicht mehr nachweisbar. 7. Die fetale Leber enth~lt im Gegensatz zu der Leber Erwachsener kein Carotin." GA]~]tTG~.~Ss~ erg~nzte diese Befunde in vollkommener Ubereinstimmung der Ergebnisse. Auch er konnte Vitamin Aim Nabelschnurblut meist fiberhaupt nieht und in einzelnen F~llen nur in Spuren nachweisen im Gegensatz zum normalen Vitamin A-Gehalt des miitterlichen Blutes. Entseheidend ffir unsere Auffassung yon der differenzierungshemmenden Wirkung des Vitamin A auf das Epithel ist die Feststellung, da~ die Placenta dem Carotin und Vitamin A gegeniiber als Sperrorgan ]ungiert. W~hrend der fetalen Entwicklung gehen im KSrper in welt hSherem MaBe Differenzierungsvorgs am Epithel vor sich, als ws der postfetalen Entwicklung. (Ein gleiches Angebot des differenzierungshemmenden Faktors des Vitamin A in den beiden Lebensphasen ws rein theoretisch undenkbar.) Nach den vorliegenden Untersuchungen verffigt der Fet in der ersten H~lfte der Fetalzeit fiber grSl~ere Vitamin A-Vorr~te als in der zweiten It~lfte, in der sich manchma] fiberhaupt kein Vitamin A in dem Hauptspeieherorgan, der Leber, nachweisen ls Diesen Tatsaehen steht die Entwicklung der Epithe]ien gegenfiber: In der ersten Hs der Fetalzeit kommt es hauptss zur quantitativen Entwick]ung der Epithelien, die sich meist noch in Vorstufen auf die Organe ausdehnen. In dieser Zeit mfissen also Faktoren vorhanden sein, die einer hemmungslosen Differenzierung der Epithelien entgegenstehen. Zur Erffillung dieser Aufgabe ist in der ersten Hs der Fetalzeit genfigend Vitamin A zur Verffigung. I n der zweiten HAlfte aber vollzieht sich die Differenzierung der Epithelien gewissermaBen zur Vorbereitung ffir das extrafetale Leben: An der Epidermis kommt es zur Bildung der Hornschicht, es wachsen die Haare usw. In dieser Zeit ist Vitamin A nur in geringsten, manchmal fiberhaupt nicht naehweisbaren Mengen vorhanden, die Differenzierungshemmung ist aufgehoben. Schon wenige Tage nach der Geburt bekommt der Sgugling durch die Muttermilch Vitamin A in reichlichem Mate zugeffihrt, dem nut die Aufgabe zufgllt, die Epithelien in dem bei der Geburt vorliegenden Differenzierungsgrade zu erhalten. Dem Carotin seheint die epithelwirksame Komponente nicht innezuwohnen, denn es konnte nachgewiesen werden, dab die Kolpokeratose der Ratte naeh Darreichung einer genfigenden Vitamin A-Menge binnen 24 72 Stunden geheilt werden kann, nicht aber dureh Carotin (MOLL und Mitarbeiter~5). Ob aber der Fet imstande ist, in der Leber Carotin in Vitamin A umzubauen, erscheint nach den bisherigen Untersuehungen fraglich. Dagegen spricht die Tatsache, dal] im Nabelschnurblut Carotin nachgewiesen wird, w~hrend sich in der Leber oft kein Vitamin A nachweisen lg$t. Die vergleichende Untersuchung der fetalen Epitheldifferenzierungsvorg~nge und des fetalen Vitamin A-Haushaltes, der sich gegenfiber anderen Vitaminen grundversehieden verhAlt, ergibt also Parallelen, die
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WALT:ER MORITZ :
unsere Auffassung yon der epitheldifferenzierungshemmenden W i r k u n g des Vit. amin A nicht nur gestatten, sondern sogar sehr wesent]ich stiitzen und zugleich die Erkl/~rung bringen fiir das fiir andere Vitamine ungewShnliche Verhalten des Vitamin A i m fetalen Stoffwechsel.
Vitamin A und Metaplasielehre. Wie unsere Darstellung der Epithelver~nderungen bei den Versuehen mit Vitamin A zeigt, ist es durch dieses Experiment erstmals mSglich, an einem Objekt verschiedene Arten yon Metaplasie zusammenh/ingend zu erzeugen und zu beobachten. Dieses Ergebnis ist fiir das ganze Metaplasieprob]em insofern "con Bedeutung, als wir zeigen kSnnen, dab einzelne Metaplasiearten, die bisher als verschiedene Vorg~Lnge betrachtet wurden, nur Stadien ein und desselben Vorganges der Epitheldifferenzierung sind. Als wichtigste Formen der Metaplasie sind uns Iolgende bekannt: 1. Die Umwandlungen der fetalen Epithelien, die iriiher auch als Metaplasie bezeichnet wurden (NEu~A~sl). Es handelt sich dabei um die normale Differenzierung des Epithels. 2. Vorgetdiuschte Metaplasien, die durch Verdr/~ngung, 13berwachsen und Substituierung seitens des lXlachbargewebes sowie durch embryonale oder erworbene Keimverlagerung (Aberration) entstanden sind. 3. Die /alsehe oder Pseudometaplasie. Zu ihr gehSren die Epithelver~nderungen, die infolge histologischer Akkommodation durch ~ul~ere Einfliisse entstanden sind (Allo- oder Dysmorphie ORTI~s). 4. Die echte oder wahre Metaplasie, bei der das Epithel eine wirkliehe Veranderung seines Charakters erf/~hrt (Umwandlung yon Zylinder- in Plattenepithel). 5. Die prosoplastische (progressive) Metaplasie, die eine Ausdifferenzierung yon Epithel in einer bestimmten Richtung darstellt (Umwandtung yon Plattenepithel in verhornendes Plattenepithel). 6. Die anaplastische (regressive) Metaplasie, die dureh l%fickdifferenzierung yon Epithel infolge yon Funktionsmangel zustande kommt. Fiir unsere Betrachtungen scheiden die unter 1--3 angeifihrten Arten y o n Metaplasie aus. Es handelt sieh dabei teils u m normale Differenzierungsvorg/s (1), tells um Mii~bildungen (2), teils u m Epithelver/s die durch/~ul~ere Einfliisse (3) entstanden sind, also Epithelumwand]ungen, die nach den neueren Auffassungen nicht mehr in das engere Gebiet der Metaplasie gehSren. Die fibrigen drei auch heute noch unter dem Sammelbegriff ,,Metaplasie" laufenden U m w a n d h m g s a r t e n des Epithels (echte, prosoplastische und anaplastische) sind durchweg bei den Vitamin A-Versuchen festzustellen. Wie der Beschreibung unserer Befunde zu entnehmen ist, sind wir in der Lage, bei ausgepr/~gtem Vitamin A-Mangel am gleiehen Epithel sowohl die echte Metaplasie als auch die Prosoplasie zu beobachten. Diese Metaplasieformen stellen sich uns in folgender Reihenfolge dar: 1. Ortsst/indiges Flimmerepithel . . . . . . . . . . . . 2. Wuehern der Basalzellen bis zum Auftreten yon Basalzellenhaufen, dabei Degeneration des Flimmerepi~hels und Abstol3ung desselben . . . . . . . . . . . . . 3. t3bergangsepithel . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Faserepithe (mehrsehiehtiges Plattenepithel) . . . . . 5. Verhornendes Plattenepithel . . . . . . . . . . . .
I ] [ | ]
,,Eehte Metaplasie" ~ !
,,Prosoplasie"
Dat~ es sieh dabei nieht um einen regeneratorisehen Proze$ handelt, wie bei den Befunden yon TEI~TSOm~_~DER3 wurde schon erw~hnt und an Hand der Abbfldungen bewiesen. Die Tatsache, dab die Flimmerzellen abgestol3en werden, rechtfertigt nieht die Bezeichnung
Das Vitamin A als Differenzierungshemmer des gesamten Epithels.
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,,Regeneration" ffir die gleichzeitige Bildung von Plattenepithel. Es verh/s sich vielmehr so, dal] die Basalzellen persistieren und dal~ diese Basalzellen bei ausgepr~gtem Vitamin AMangel am ganzen KSrper die Neigung zeigen, sich zu vermehren und sich im Sinne der Oesophagusentwicklung in fortschreitender Richtung zu differenzieren. Daft wir bei ausgepr/~gtem Vitamin A-Mangel am gleichen Epithel die echte 5[etaplasie und die Prosoplasie aufeinanderfolgend sehen kSnnen, bringt uns den Beweis dafiir, dab die echte Metapla~ie und die Prosop[asie reine Di//erenzierungsvorgdinge am Epithel sind, die sich nur durch ein Stadium unterscheiden. ~Beide Prozesse stellen eine Prosoplasie dar, d.i. eine Differenzierung des Epithels im progressiven Sinne. Es ist naeh den Befunden bei Vitamin A-Mangel anzunehmen, dab die fetale Entwicklung oder I)ifferenzierung aller Epithelien in gleicher Richtung oder parallel im Sinne der Oesophagusentwicklung verl/~uft, dab jedoch verschiedene Epithelien, wie das Flimmerepithel des Respirationstraktes, das ~bergangsepithel in den ableitenden Harnwegen usw., bei der Geburt in ihrer Differenzierung a u f einer bestimmten Zwischenstufe stehen bleiben. I m Vetsuch k o m m t beim Verschwinden der letzten Vitamin A-Reserven diese aufgehaltene Epitheldifferenzierung am ganzen K6rper in Gang, so dab wir folgerichtig das Vitamin A als den H e m m e r ffir die Enddifferenzierung des gesamten Epithels betrachten mfissen. Das Verhalten des Vitamin A i m fetalen Stoffwechsel gibt daffir entsprechende Hinweise. Die bisher mit dem ~ a m e n ,,echte Metaplasie" und ,,Prosoplasie" bezeichneten Epithelumwandlungen stellen demnach ganz allgemein die •ortffihrung einer bei der Ontogenese nicht zum letzten Abschlul~ kommenden, gehemmten, aber stets vorhandenen Entwicklungstendenz dar. Die anaplastische oder regressive Metaplasie stellt eine Rfickdifferenzierung ortsst/~ndigen Epithels dar und ist kfinstlich durch (~berfiitterung mit Vitamin A zu erzeugen, wie den Versuchen yon DO~AGK und v. DOVE,riCK ~s zu entnehmen ist. Wir sehen also, daft uns mit dem Vitamin A ein Mittel in die H a n d gegeben ist, mit dem es gelingt, den bei der Geburt in verschiedenen Zwischenstufen bis zu einem gewissen Abschluft gekommenen Differenzierungsvorgang des Epitels in seiner Gesamtheit im progressiven und regressiven Sinne zu beeinflussen. Nachdem wir erkannt haben, daft es sich bei der ,,echten Metaplasie" und der ,,Prosoplasie" nur um verschiedene Stadien einer progressiven Epitheldifferenzierung, bei der anaplastischen Metaplasie um einen regressiven Umwandlungsprozeft handelt, erscheint es erforderlich, die genannten ]~ezeichnungen fallen zu lasseu und sie dutch neue, ihrem Charakter entspreehende zu ersetzen. K~o~rP~C~ER 9', der auf Grund seiner umfangreichen Metaplasiestudien erkannt hat, daft es sich bei der ,,wahren Metaplasie:' nicht um Entdifferenzierungs- oder Umdifferenzierungsvorg/~nge differenzierter Zellen handelt, sondern dab die postembryonalen undifferenzierten Basalzellen sich vermSge der ihnen innewohnenden Potenzen zu ortsfremden Epithelien differenzieren, schlug folgende Gruppenbezeichnung vor: ,,Den I. normalen intra- und extrauterinen Differenzierungsvorg/~ngen w/iren II. die pathologischen I)ifferenzierungsvorg/s an die Seite zu stellen und die letzteren w/~ren dann vorteilhaft in die beiden Unterabteilungen der 1. ortsfremden ])ifferenzierung oder regeneratorischen Dysplasie und 2. der auf Aus- bzw. Entdifferenzierung beruhenden Prosoplasie und Anaplasie zu teilen." Diese Einteilung kSnnen wir nur nach ihren zwei Hauptpunkten, den normalen und pathologischen Diffcrenzierungsvorg/ingen anerkennen. Nach unseren Unter-
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WALTXR ~in~iTz:
suchungen handelt es sich bei der ortsfremden Differenzierung (,,echte Mctaplasie"), d. i. der Umwandlung von Flimmer- in Plattencpithel, nicht um einen regeneratorisch-dysplastischen Vorgang, sondern um einen einfachen Differenzierungsvorgang der Basalzellen, wie er normalerweise intrauterin am Oesophagusepithel zu bcobachten ist. Ferner entsteht, win bei der ,,echten Mntaplasie" (ortsfremder Differenzierung), aueh bei der Prosoplasie ortsfremdes oder ortsungehSrigcs Epithel (z. B. an den abfiihrenden Harnwegen anstatt des Ubergangsepithels verhornendes Plattenepithel). Wir mfissen also unter den pathologischen Differenzierungsvorgs die ortsffemdn Differenzierung (,,echte Metaplasin") und die Prosoplasie unter einem Punkte zusammenfassen und die anaplastische Metaplasie gesondert betrachten, so dal~ die Unterseheidung der pathologisehen Differenzierungsvorg~nge allein durch die Riehtung der Differenzierung gegeben ist. Es ergibt sieh demnaeh ffir die verschiedenen Epithelumwandlungsformcn fo]gende Einteilung und Nomenklatur: I. Normale intra- und extrauterine Differenzierungsvorg~nge. II. Pathologische Differenzierungsvorg~nge. 1. Progressive ~ in fortsehreitender Richtung (,,echte Metaplasie" und ,,Prosoplasie"). 2. Regressive ~ in riieklaufender Richtung (,,Anaplasie"). Damit lassen wir ffir die ursprfing]ichen Hauptformen dcr Metaplasie die Bezeichnung ,,Metaplasie" vollkommen fallen und ersetzen sic dureh neue, ihrem Wesen gereehter werdende Begriffc. Ffir die falschc oder Pseudometaplasie kSnnte man zur besseren Unterscheidung einfaeh die Bezeichnung ,,Mctaplasie" w~hlen; da es sieh bei ihr aber auch um reine Differenzierungsvorg~nge in bestimmter l%ichtung handelt, kann sic zwanglos in unsere Einteilung eingereiht werden (unter II. 1.). Sie kommt jedoeh allein dureh ~u~ere Einflfisse zustande (histologisehe Akkommodation bei Vorfall der Blase oder yon Nasenpolypen), so dab man sie dureh die Bezeichnung ,,exogene" pathologisehe Differenzierung besonders kennzeichnen kSnnte. Unsere Untcrsuchungen zeigen sch]iel~lieh, dal~ die Begriffe ,,direkte Metaplasie", d. i. die Umwandlung yon Epithelzellen, und ,,indirekte ~etaplasie", d. i. die Umwandlung yon Epithelzellen fiber eine l%fickdifferenzierung, nicht mehr haltbar sind, da allein den noch nieht differenzierten, postembryonalen, pluripotenten Basalzellen die F~higkeit zuerkannt werden muB, sich in ortsfremdes Epithel zu differenzieren, eine Fnststellung, die schon yon K~O~EC~ER ~ getroffen wurde. Beziehungen des Vitamin A zn den drei Keimbli~ttern. PILLATS' ~r fiber den Vitamin A-Mangel beim Menschen gipfelt in dem Satz, dal3 der Vitamin A-Mangel eine Systemerkrankung des Elctoderms im weitesten Sinne darstelle. Auf Grund unserer Untersuchungen und der Einzelmitteilungen verschiedener Autoren fiber die Folgen des Vitamin A-Mangels, die meist als pathologische Verhormmgen oder Metaplasien an einzelnen Organen und Epithelien beschrieben wurden, mfissen wir die angeblieh ausschliei31ichen Beziehungen des Vitamin A zum Ektoderm auch anf das Ento- und Mesoderm ausdehnen. Wic im Tire] unserer Abhandlung schon zum Ausdruck gebracht wurde, beziehen sieh die bei Vitamin A-Mangel festgestellten Ver~nderungen auf das gesamte Epithel. Schon aus der Mitteilung WOLBAOHs und HowEs 6 geht hervor, dab sich bei Vitamin A-Mangel die VerAnderungen am Epithel der ttaut-
Das Vitamin A als Differenzierungshemmer des gesamten Epithels.
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und der NasenhShle (Ektoderm), am Epithel des Digestionstraetus, der Trachea, der Bronehien (Entoderm) und am Epithel der Itarnleiter (Mesoderm) manifestieren. Auch aus unseren Untersuchungen gehen eindeutig die gleiehen Vergnderungen am Epithel des Ekto- und Entoderms hervor (Ektoderm: H a u t , Schnauze, Nasenh6hle; Entoderm: Pharynx, L~rynx, Trachea, Mittelohr). Eine Best/itigung ffir das Epithel des Mesoderms hielten wir im Hinblick auf die Literaturmitteilungen fiber die pathologischen Verhornungen mit Neigung zu Stein~ bildung in den Ureteren bei Vitamin A-Mangel nicht ftir nStig. Bezfiglich der Literatur sei auf unsere Besprechung (S. 273) hingewiesen. Wir wissen, da[3 das gleiche Epithelgewebe aus versehiectenen Keimblgttern entstehen kann. So entsteht das Plattenepithel der Mundh6hle sowohl aus dem Ektoderm als auch aus dem Entoderm. Eine naehtrggliehe Grenze ist zwisehen dem Epithel des Ektoderms und dem des Entoderms wegen der v611igen Ubereinstimmung nieht mehr zu ziehen. Desgleichen wird das Epithel der ttarnblase vom Entoderm und das des Ureters vom ~esoclerm gebildet. [orphologisehe Untersehiecle sind auch zwischen diesen beiden Epithelbezirken nicht festusteIlen. Vergleichen wir nun mit diesen Tatsaehen die Ergebnisse unserer Untersuchungen, so sehen wir, dab sieh bei Vitamin A-Mangel die Vergnderungen am gesamten Epithel fliel3end ohne Rfieksieht auf die Herkunft yon dem einen oder anderen Keimblatt vollziehen. Von einer Systemerkrankung des Ektoderms allein kann also bei Vitamin A-Mangel nicht gesprochen werden. Wit stellen vielmehr fest: Der Vitamin A-Mangd 8telIt eine Sy~temer~ran]cung d~ Epithols aller drei
Keimblditter dar. Schlugwort. Der eigentliche AnlaB zur Durehffihrung der vorliegenden Untersuchungen war der Wunsch, dem vielseitigen Problem der Epithelvergnderungen, die besonders in der Otorhinolaryngologie eine bedeutende Rolle spielen, etwas ngherzukommen. (Es sei hier nur an die Krankheitsbilder der Ozaena, der Pachydermien und des Pseudocholesteatoms erinnert.) Wenn nun die Ergebnisse dieser Untersuehungen vielleicht mehr ffir die allgemeine Anatomie und Pathologie yon Interesse sind, so liegt dies in der N a t u r der Sache und wit m/Schten uns zungchst nicht erlauben, daraus bindende Rfieksehlfisse auf die Pathogenese spezieller Erkrankungen des Fachgebietes der J-Ials-, Nasen- und Ohrenheilkunde zu ziehen. Es ist jedoch wahrscheinlich, dai3 die lokale akute und noch mehr die chronische Entzfindung - - ein erh6hter Vitaminverbrauch bei der Entzfindung ist allgemein bekannt - - u. a. zu einem lo/r Vitamin A-Mangel ffihrt, wodurch es zu pathologischen Differenzierungsvorg/ingen am Epithel kommen kann. Zusammenfassung. ~Mittels Tierexperiment (Ratte) werden die Wirkungen des Vitamin A-Mangels histologisch untersucht. Auf Grund der in der Literatur vorliegenden Ergebnisse und der eigenen Untersuchungen werden folgende Feststellungen getroffen: Es linden sich Vergnderungen am gesamten Epithel und den dern Epithel entstammenden Zellen. Verhornendes Plattenepithel zeigt verstgrkte Verhornung. Gesehichtetes Plattenepithel wird zu verhornendem Ptattenepithei (Prosoplasie). Flimmerepithel wandelt sich fiber mehrschichtiges Plattenepithel (echte Meta,plasie) zu verhornendem Plattenepithel um (Prosoplasie). I m Sinne der ontogenetisehen Oesophagusentwicklung stellen diese Epithelver/~nderungen progressive
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WALTEa MO~TZ:
Differenzierungen dar, deren gemeinsames Ziel das verhornende Plattenepithel ist ( = hSchste Differenzierungsstufe des Epithels). Die Untersuchungen ergeben eindeutig, dal] die Basalzellen die alleinigen Tr~ger jeglicher Epithe]umwandlungen sind. Der experimentelle Vitamin AMangel ist geradezu a]s Indicator ffir das Vorhandensein yon Basalzellen zu betrachten, denn nur dort, we sich Basalze]len finden setzen bei Vitamin A-Mangel die progressiv-differenzierenden Epithelumwandlungen ein. Flimmerzel]en und sezernierende Driisenzellen, die als hSchste Differenzierungsformen des Epithels betraehtet werden mfissen, atrophieren unter dem EinfluB der bei Vitamin AMangel einsetzenden fortschreitenden Differenzierungstendenz und gehen schlieiL lich vSllig zugrunde. (Die Reste der Flimmerze]len we~den abgestol~en, die l~este der Drfisenzellen weiden yon P h a g o c y t e n abtransportiert.) Bei den Zellen der exokrinen Drfisen findet sich zun~chst als Ausdruek der fortsehreitenden Differenzierungstendenz eine ttypersekretion, die yon der Atrophie und schliel~lichen AuflSsung der Zelle gefolgt ist. Bei den endokrinen Drfisen ist das anf~tngliehe Stadium der ttypersekretion histologisch nicht nachweisbar, auf Grund von Ana]ogiesch]iissen und den Ergebnissen klinischer Untersuehungen wird dieses anf~tngliche Stadium der Hypersekretion auch fiir die endokrinen Drfisen als hSchstwahrscheinlich angenommen. Das Stadium der Atrophie ist auch bei innersekretorisehen Driisenzellen histologisch nachweisbar. Die W i r k u n g des Vitamin A wird auf Grund der ~ b e r e i n s t i m m u n g der Vorgs a m Epithe] bei Vitamin A-Mangel mit denen der Ontogenese als differenzierungshemmend oder -stabilisierend angenommen. Ein Vergleich des fetaien Vitamin A-Haushaltes mit der ontogenetischen Epitheldifferenzierung stfitzt diese Auffassung sehr wesentlich. Das Vitamin A gestattet es, im biologischen Versueh si~mtliche F o r m e n der Epithelmetaplasie kiinstlich zu erzeugen und damit das gesamte Problem der Epithelmetaplasie zu erfassen. Fiir die Metaplasielehre sind die Ergebnisse der Versuehe insofern yon Bedeutung, als sie zeigen,, dab Prosoplasie und echte Metaplasie keine prinzipiell verschiedenen Vorg~nge sind, sondern nur Stadien ein und desselben Vorganges, der progressiven Epithe]differenzierung. Es wird eine neue Einteilung der )/[etaplasieformen vorgeschlagen und die bisherige N o m e n k l a t u r durch wesensgerechte Bezeiehnungen ersetzt. Die Wirkungen des Vitamin A beziehen sich nicht - - wie bisher a n g e n o m m e n nur auf das Ektoderm, sondern in gleichem Mal~e auf das Epithel a]ler drei Keimbls
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