Gesunde Pflanzen (2006) 58:3–8 DOI 10.1007/s10343-005-0107-6
ÜBERSICHTSARTIKEL
Wilhelm Klein
Der bayerische Pflanzenschutzdienst stellt sich vor
Eingegangen: 1 Dezember 2005 / Angenommen: 4 Dezember 2005 / Online veröffentlicht: 10 Februar 2006 © Springer-Verlag 2005
Zusammenfassung Nach einem kurzen Rückblick über die organisatorische Entwicklung des Pflanzenschutzes in Bayern seit 1900 wird die seit 01.01.2003 bestehende Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) vorgestellt. Das Institut für Pflanzenschutz dieser Landesanstalt nimmt die zentralen Aufgaben eines Landespflanzenschutzamtes wahr. Unterstützt wird das IPS durch sieben Schwerpunktämter für Landwirtschaft und Forsten. Die Pflanzenschutzberatung der Praxis erfolgt durch 27 Pflanzenbauteams, die an den Ämtern für Landwirtschaft und Forsten landkreisübergreifend tätig sind. Es wird kurz auf folgende Arbeitschwerpunkte eingegangen: – – – –
Entwicklung von Prognosemodellen, Hoheitsvollzug, Diagnose und agrarmeteorologisches Messnetz
Schlüsselwörter Diagnose von Pflanzenkrankheiten · Hoheitsvollzug · Pflanzenschutz · Prognosemodelle
Introduction of the Bavarian Plant Protection Service Abstract After a brief overview covering the history and development of the Plant Protection Service in Bavaria since 1900 the Bavarian State Research Center for Agriculture which was founded on January 1st, 2003 is described. The Institute for Plant Protection as part of the Research Center is the central institution in Bavaria focusing on plant protection and taking responsibility for plant protection issues. The Institute for Plant Protection is supported by seven main offices of agriculture and W. Klein (u) Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Pflanzenschutz, Lange Point 10, 85354 Freising E-mail:
[email protected] Tel.: +49-8161-715650
forestry. Practical advice for growers concerning plant protection is given by 27 plant protection teams located at the offices of agriculture and forestry at the administrative district level. The following main issues are presented: – – – –
development of disease forecasting models, law enforcement, diagnosis of diseases and pests, net of agrarmeteorological stations in Bavaria
Keywords Diagnosis of diseases · Forecasting models · Law enforcement · Plant Protection
Historie Mit der Gründung der Königlich Bayerischen Moorkulturanstalt im Jahre 1900, der Königlichen Agriculturbotanischen Anstalt und der Saatzuchtanstalt der Königlichen Akademie für Landwirtschaft im Jahre 1902 sollte der Agrarkrise zum Ausgang des 19. Jahrhunderts entgegengewirkt werden. Mit der Errichtung dieser Anstalten wurde der wissenschaftlich technische Fortschritt in die Landwirtschaft eingeführt, um den Preisverfall durch eine Steigerung der Erträge auszugleichen (Haushofer 1975). Aufgabe der Kgl. Agriculturbotanischen Anstalt, die 1917 in Bayerische Landesanstalt für Pflanzenbau und Pflanzenschutz umbenannt wurde, waren die Förderung des landwirtschaftlichen Pflanzenbaus, die Beratung von Landwirten, Gärtnern, Obst- und Weinbauern sowie die „Bearbeitung und Erforschung neuerer oder unvollständig bekannter Schädlinge von Kulturpflanzen und ihrer Bekämpfung entweder im Laboratorium oder auf Versuchsflächen oder am Ort der Schädigung“ (Christmann 1927). Daneben gab es noch die Abteilungen Samenkontrolle, Futtermittelkontrolle und chemisches Laboratorium. 1905 wurde der Landesinspektor für Weinbau zur Leitung und Überwachung der Reblausbekämpfung geschaffen (Braun 1965).
4
Ab Ende der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts erfolgte der Ausbau der Amtlichen Pflanzenbeschau. In Bayern wurden für die Einfuhr eine Reihe von Einlassstellen eingerichtet, u. a. die Haupteinlassstelle MünchenGroßmarkthalle für Importe aus dem Süden. Die Ausfuhrkontrolle mit Zertifikatausfertigung führten die damaligen Landwirtschaftstellen (heute Ämter für Landwirtschaft und Forsten) durch (Scharf 1952). Bereits 1924 waren in Bayern erste Anzeichen der Einschleppung der Hopfenperonospora bemerkbar. Der Befall mit dem Erreger (Pseudoperonospora humuli) verursachte bald bedrohliche Ertrags- und Qualitätsverluste. 1927 wurde eine Hopfenforschungsstelle im Anbaugebiet Hallertau errichtet, die heute als Arbeitsbereich Hopfen des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung das wissenschaftliche Zentrum für den deutschen Hopfenbau ist (Zattler 1952). 1963 schlossen sich die Landesanstalt für Pflanzenbau und Pflanzenschutz und die Landesanstalt für Moorwirtschaft und Landkultur zusammen und bildeten die Landesanstalt für Bodenkultur, Pflanzenbau und Pflanzenschutz. 1972 erfolgte nach einer weiteren Zusam-
menführung mit der Landessaatzuchtanstalt die Gründung der Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau. Damit war die gesamte pflanzliche Produktionstechnik in einer einzigen Anstalt zusammengefasst (Haushofer 1975). Die Abteilung Pflanzenschutz behielt dabei den Status eines Landespflanzenschutzamts. Im Jahr 2000 feierte die Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau unter dem Motto „100 Jahre Forschung für Landwirte und Verbraucher“ ihr 100-jähriges Jubiläum.
Landesanstalt für Landwirtschaft Zum 01.01.2003 wurde die Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau zusammen mit sechs weiteren Landesanstalten, Lehr- und Versuchsanstalten sowie Versuchsgüterverwaltungen zu einer neuen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) zusammengeschlossen. Dieses moderne Wissens- und Dienstleistungszentrum dient der Entwicklung und Bewertung standortspezifischer, nachhaltiger Systeme der Landnutzung, der Tierhaltung und der Ernährung sowie der ländlichen Strukturentwicklung.
Abb. 1 Organisationsstruktur der Bayerischen Landesanstalt f¨ur Landwirtschaft (LfL)
5
Organisation der LfL
können die in Schwerpunktbereiche zusammengefassten Projekte der angewandten Forschung interdisziplinär und Der Hauptsitz der LfL ist Freising-Weihenstephan. Sie umfassend bearbeitet werden. gehört damit zum „grünen Zentrum Bayerns“, in dem das grundlagenorientierte Zentrum für Ernährung, Landwirtschaft und Umwelt sowie die forstwissenschaftliche Aufgaben des IPS Fakultät der Technischen Universität München, die Fachhochschule Weihenstephan und die Landesanstalt für Leitbild des Instituts ist der integrierte Pflanzenschutz. Die Aufgaben des Pflanzenschutzdiensts sind in § 34 des PflanWald- und Forstwirtschaft angesiedelt sind. Die LfL besteht aus sechs Zentralabteilungen, zehn zenschutzgesetzes beschrieben. Das Institut für Pflanzenschutz beschäftigt sich insbeFachinstituten und sieben Lehr-, Versuchs- und Fachzentren (LVFZ) (Abb. 1). Die strategische Ebene ist zuständig sondere mit folgenden Themenbereichen: für die Leitung und langfristige Ausrichtung der LfL. Der operativen Ebene mit den sechs Zentralabteilungen und – Entwicklung moderner Strategien zum Schutz der Kulturpflanzen und Pflanzenerzeugnisse vor Schadden zehn fachlich eigenständigen Instituten obliegt die organismen (Krankheiten, Schädlinge, Unkräuter), Erarbeitung der wissenschaftlichen Entscheidungsgrundum eine wirtschaftliche und nachhaltige Pflanzenlagen und deren Umsetzung sowie der damit eng verzahnte produktion, die Erzeugung qualitativ hochwertiger Hoheitsvollzug. In der Transformationsebene übernehund gesunder Nahrungs- und Futtermittel sowie men die Lehr-, Versuchs- und Fachzentren insbesondere marktgerechter pflanzlicher Rohstoffe sicherzustellen Aufgaben der Aus- und Fortbildung. – Abwehr von Gefahren, die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln oder andere Verfahren des Pflanzenschutzes für die Gesundheit von Mensch und Institut für Pflanzenschutz Tier sowie für den Naturhaushalt entstehen können Das Institut für Pflanzenschutz der LfL ist das Kompetenz- – Sicherung des Warenverkehrs mit pflanzlichen Produkzentrum für den Pflanzenschutz in Bayern. Als fachlich ten im innergemeinschaftlichen Bereich und mit Dritteigenständiges Institut führt es die im Rahmen des gemeinländern durch Betriebskontrollen, Ein- und Ausfuhrsamen Arbeitsprogramms der LfL festgelegten angewandkontrollen ten Forschungsarbeiten und den Hoheitsvollzug eigenver- – Vollzug des Pflanzenschutzgesetzes und anderer einantwortlich durch. Die Organisation des Instituts ist in der schlägiger EU-, Bundes- und Landesvorschriften sowie Abb. 2 aufgezeigt. Überwachung ihrer Einhaltung und der erteilten AuflaAnstelle fester Abteilungen und Sachgebiete ist es in gen Arbeitsbereiche und Arbeitsgruppen gegliedert, die eine – Erstellung von Beratungsunterlagen und Bereitstellung flexible Organisations- und Personalstruktur ermöglichen. von Informationsmaterial zu aktuellen Fragen des Durch ein institutsübergreifendes Projektmanagement Pflanzenschutzes
Abb. 2 Organisation des Instituts f¨ur Pflanzenschutz (IPS)
6
– Fachliche Betreuung der Beratung, Koordinierung der Pflanzenschutzberatung und des Pflanzenschutzwarndiensts in Bayern – Mitwirkung bei der Aus- und Fortbildung – Betrieb und Unterhaltung eines agrarmeteorologischen Messnetzes mit 120 Stationen als Querschnittsaufgabe für die LfL Auf regionaler Ebene unterstützen sieben Schwerpunktämter für Landwirtschaft und Forsten mit einem eigenen Sachgebiet Pflanzenbau, Pflanzenschutz und Versuchswesen das Institut bei seinen Aufgaben. Die Arbeitsgruppe Pflanzenschutz dieses Sachgebiets besteht in der Regel aus einem Kollegen des höheren und zwei des gehobenen Dienstes, einem Techniker und einer Laborkraft, die das phytopathologische Labor vor Ort betreut. Abb. 3 Abrufzahlen der Internetseiten des Instituts f¨ur PflanzenDas Team Pflanzenschutz an den Ämtern für Landwirt- schutz in den Monaten Januar bis September 2005 schaft und Forsten hat insbesondere folgende Aufgaben: – Durchführung von sog. Rahmenplanversuchen zusammen mit den Arbeitsgruppen des IPS, um die unterschiedlichen Standortbedingungen in Bayern abzudecken – Durchführung von Versuchen zur Klärung regionaler Pflanzenschutzfragen in Landwirtschaft und Gartenbau – Unterstützung der Ämter für Landwirtschaft und Forsten ohne eigenes Sachgebiet Pflanzenschutz in Fragen des Pflanzenschutzes – Beratung der Praxis in Spezialfällen – Monitoring und regionaler Pflanzenschutzwarndienst – Vollzug von Rechtsvorschriften im Pflanzenschutz in eigener Zuständigkeit und im Auftrag des Instituts für Pflanzenschutz: – Verkehrs- und Anwendungskontrollen für Pflanzenschutzmittel – Mitwirkung bei der Pflanzengesundheit (Ein- und Ausfuhr, Pflanzenpass etc.) – Genehmigungsverfahren für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf Freilandflächen, die nicht landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden. Die eigentliche amtliche Pflanzenschutzberatung der Praxis erfolgt landkreisübergreifend durch 27 Pflanzenbauteams an den Ämtern für Landwirtschaft und Forsten. Neben den staatlichen Beratern an den Ämtern für Landwirtschaft und Forsten sind in Bayern auch Berater des „halbstaatlichen“ Landeskuratoriums für Pflanzliche Erzeugung (LKP) tätig. Im Bereich Landwirtschaft besteht das Projekt „LKP-Feldbetreuung“. Im gartenbaulichen Bereich beraten sie die in Erzeugerringen zusammengeschlossenen Betriebe in Fragen des Pflanzenbaus und Pflanzenschutzes. Das kostenpflichtige Beratungsangebot ist als eine betriebsspezifische Ergänzung zur staatlichen Pflanzen-bauberatung zu sehen. Tragendes Element ist die enge Zusammenarbeit der Ring-Berater
und der Feldbetreuer mit der staatlichen Pflanzenbau- und -schutzberatung an den Ämtern für Landwirtschaft und Forsten sowie der Landesanstalt für Landwirtschaft. Arbeitsschwerpunkte des IPS Nachfolgend werden einzelne Schwerpunkte der Arbeit des Instituts für Pflanzenschutz kurz dargestellt. Entwicklung von Prognosemodellen und DV-gestützten Entscheidungshilfen Bereits in den 1970er Jahren wurde von Kremheller (1979) ein Prognosemodell zur gezielten chemischen Bekämpfung der „Hopfenperonospora“ entwickelt. Auf der Basis biologischer (Sporenflug) und meteorologischer Daten wurde ein Warndienst aufgebaut, der von den Hopfenpflanzern bereitwillig angenommen wurde und es ermöglichte, die Zahl der Fungizidmaßnahmen erheblich zu reduzieren. In enger Zusammenarbeit der Landesanstalt mit dem Lehrstuhl für Phytopathologie der TU MünchenWeihenstephan und den Schwerpunktämtern für Landwirtschaft wurden das Weizen- und Gerstenmodell Bayern entwickelt (Hoffmann et al. 1991; Maier u. Hoffmann 1993). Beide Modelle, die durch die amtliche Beratung im Rahmen von Arbeitskreisen mit Landwirten in der Praxis eingeführt wurden, ermöglichen einen auf das notwendige Maß beschränkten Fungizideinsatz gegen die wichtigsten Getreidekrankheiten. In Zusammenarbeit mit den Ämtern für Landwirtschaft und Forsten wird von April bis Juli auf über 200 Praxis-Getreideschlägen (Weizen, Gerste, Triticale) im Rahmen eines Monitorings wöchentlich der Befall mit den wichtigsten Pflanzenkrankheiten festgestellt (Tischner u. Bauer 2000). Anhand der wissenschaftlich definierten
7
Bekämpfungsschwellen wird die Bekämpfungsnotwendigkeit der einzelnen Erreger eingestuft. Ergänzend zu den Befallsfeststellungen werden regionalspezifische Prognosen auf der Basis der Daten des agrarmeteorologischen Messnetzes mit über 120 Stationen in Bayern berechnet. Monitoring und Prognoseergebnisse werden Landwirten und Beratern auch über das Internet kostenlos verfügbar gemacht (Abb. 3). Analog zum Getreide wird bei Kartoffeln ein Krautfäule-Warndienst angeboten. Dieser besteht aus einer aktuellen witterungsbasierten Epidemiebewertung durch das Computerprogramm SIMPHYT und aus einem Monitoring in 50 repräsentativen Praxiskartoffelschlägen, bei denen zweimal wöchentlich das Befallsgeschehen ermittelt wird (Zellner 1998; Zellner et al. 2000). Die Beratungsempfehlungen werden ebenfalls kostenlos über das Internet angeboten und von der Praxis intensiv genutzt. Bereits in den 1970er Jahren wurden Fusarium-Befall des Weizens und Mykotoxine als Ursache für das Gushing (Überschäumen) des Bieres vermutet (Kieninger 1976). Seit 1989 versuchte die damalige Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau im Rahmen eines Monitorings, bei dem aus Praxisschlägen in der Nähe der agrarmeteorologischen Messstationen bei der Ernte Weizen- und Gerstenproben gezogen werden, die Einflussfaktoren für den Fusariumbefall und die Mykotoxinbelastung zu ermitteln. Als wichtige Faktoren haben sich die Vorfrucht Mais, Bodenbearbeitung, Sorte und Witterung herauskristallisiert. Von wesentlich geringerer Bedeutung ist der Einfluss von Fungiziden (Obst et al. 1998). Derzeit wird daran gearbeitet, anhand von Witterungsdaten, aktuellen Versuchsergebnissen und den umfangreichen Monitoringdaten ein Prognosemodell für den Befall mit Ährenfusarien und die Mykotoxinbelastung zu entwickeln bzw. bereits zu testen.
Hoheitsvollzug Sicherung des Warenverkehrs mit pflanzlichen Produkten (Pflanzengesundheit) Durch den zunehmenden globalen Handel mit Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen sowie den weltweiten Tourismus verschärft sich die Gefahr der Einschleppung und Verbreitung von Schaderregern. Für neu auftretende Schadorganismen gibt es in der Regel keine natürlichen Begrenzungsfaktoren, häufig stehen auch keine Pflanzenschutzmittel für ihre Bekämpfung zur Verfügung. Für den innergemeinschaftlichen Warenverkehr sind Erzeuger- und Handelsbetriebe von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen zu registrieren und dort regelmäßig phytosanitäre Kontrollen als Basis für die Genehmigung zur Ausstellung von EU-Pflanzenpässen durchzuführen. Internationale Rechtsstandards, EU-Verordnungen und -Richtlinien sowie nationale Rechtsvorschriften fordern in zunehmendem Maße systematische Kontrollen und Untersuchungen von Sendungen mit Pflanzen, Pflanzener-
zeugnissen und anderen Gegenständen bei der Einfuhr aus bzw. Ausfuhr in Drittländer. Im Mai 2004 wurden erste Anzeichen für das Auftreten des Quarantäneschädlings Asiatischer Laubholzbockkäfer (Anoplophora glabripennis (Motschulsky 1853)) im Landkreis Passau entdeckt, der mit Verpackungsholz für Granitprodukte aus China eingeschleppt wurde (Benker u. Bögel 2005). Um den Befallsherd wurde eine dem Flugvermögen des Käfers entsprechende Sicherheitszone von 2 km Durchmesser ausgewiesen. In dieser Zone führte der Pflanzenschutzdienst regelmäßige Kontrollen auf Befall an allen Laubbäumen durch. Befallene Bäume wurden umgehend gefällt. Das Holz wurde sofort vor Ort gehäckselt oder verbrannt. Befallsverdächtige Holzteile wurden in ausbruchsicheren Metallkäfigen unter Quarantänebedingungen gelagert. Mit den geschlüpften Käfern soll die Biologie dieses Quarantäneschädlings unter bayerischen Bedingungen untersucht werden. Anwendungskontrollen Mit der am 1. August 2003 in Kraft getretenen Neuregelung der Zuständigkeiten wurde der Vollzug des Pflanzenschutzgesetzes, der bis dahin überwiegend bei der Kreisverwaltung angesiedelt war, in der Landwirtschaftsverwaltung konzentriert. Die Kolleginnen und Kollegen der Schwerpunkt-Landwirtschaftsämter, die bislang nicht im Verwaltungsbereich tätig waren, mussten vom IPS entsprechend fortgebildet werden. Im Rahmen der landesweiten Koordinierung des Vollzugs und der notwendigen Betreuung werden vom IPS auch Musterbescheide erstellt. Im Hinblick auf ein bundeseinheitliches Risikomanagement im Pflanzenschutz und die umfangreichen Berichtspflichten gegenüber der EU haben Bund und Länder ein Programm zur Überwachung pflanzenschutzrechtlicher Vorschriften eingerichtet. Ziel ist, die Anwendungs- und Verkehrskontrollen im Pflanzenschutz nach gemeinsamen Standards durchzuführen (Kontrollhandbuch). Auf dieser Basis erstellt das IPS den jährlichen Kontrollplan, in dem die Anzahl der Kontrollen, die Kontrolltatbestände sowie die zu überprüfenden Kulturen und Pflanzenschutzmittel festgelegt werden. Die Kontrollen werden in der Regel von den sieben Schwerpunktämtern durchgeführt. Das IPS übernimmt die Organisation, Koordinierung und Auswertung der landesweiten Anwendungskontrollen. Genehmigung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach § 18 b PflSchG Nach der seit dem 1. Juli 2001 geltenden Indikationszulassung dürfen Pflanzenschutzmittel nur noch gegen die Schaderreger und in den Kulturen angewendet werden, für die in der Zulassung ein Anwendungsgebiet ausgewiesen ist. Dadurch entstehen in vielen vorwiegend
8
gärtnerischen Kleinkulturen gravierende Bekämpfungslücken gegen Schaderreger. Zur Schließung dieser Lücken können die Länder Genehmigungen für die Anwendung von in anderen Anwendungsgebieten zugelassenen Pflanzenschutzmitteln erteilen. Seit Inkrafttreten der Indikationszulassung wurden ca. 3000 Anträge eingereicht und abschließend behandelt. In über 2600 Fällen konnte eine Genehmigung für die Anwendung von PSM erteilt werden. Amtliche Mittelprüfung Vor der Zulassung müssen Pflanzenschutzmittel von amtlichen oder amtlich anerkannten Prüfstellen auf Wirksamkeit und Verträglichkeit geprüft werden. Im IPS übernimmt diese Prüfungen eine allein auf diese Aufgabe konzentrierte Arbeitsgruppe. Im Jahr 2004 wurden 145 Prüfungen im Bereich Landwirtschaft und 80 Prüfungen im Bereich Gartenbau durchgeführt. Geprüft wurden 71 Wirkstoffe oder Wirkstoffkombinationen. Diagnose Grundlegende Voraussetzung für eine gezielte und wirkungsvolle Bekämpfung ist die exakte Feststellung der Schadursache, die biotischer oder abiotischer Natur sein kann. Die Diagnose von Pflanzenkrankheiten und Schädlingen an Proben aus landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kulturen für Forschung, Beratung und Praxis sowie im Rahmen von Monitoring-Programmen und Hoheitsvollzug gewinnt zunehmend an Bedeutung. Das IPS verfügt über Spezialisten aus den Bereichen Mykologie, Bakteriologie, Virologie, Zoologie und Nematologie. Neben konventionellen Methoden kommen zunehmend molekularbiologische Verfahren (qualitative PCR und quantitative Realtime-PCR) zum Einsatz, mit denen Erreger hochspezifisch auch in nur geringen Konzentrationen nachgewiesen werden können (Seigner 2000). Agrarmeteorologisches Messnetz Eine zentrale Komponente im Beratungsangebot des IPS ist der Zugriff auf aktuelle Witterungsinformationen. An über 120 pflanzenbaulich relevanten Standorten werden von speziell für das bayerische agrarmeteorologische Messnetz konzipierten Wetterstationen die Witterungsparameter gemessen und per Datenfernübertragung in einer zentralen Datenbank abgelegt (Tischner 1995). Sie bilden eine wesentliche Grundlage für die Beratung im
Pflanzenschutz, im Pflanzenbau, für spezielle Forschungsprojekte an der LfL und in anderen Einrichtungen. Die Daten stehen im Internetangebot der LfL jedermann kostenlos zur Verfügung. Während der Vegetationszeit erfolgt eine spezifische Aufbereitung der Wetterdaten für die Prognosemodelle.
Literatur Haushofer H (1975) Zur Geschichte der Bayerischen Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau. Bayer landw Jahrb 52 H 17 (Sonderheft) Benker U, Bögel C (in press) Zum Erstauftreten des Asiatischen Laubholzbockkäfers (Anoplophora glabripennis (Motschulsky, 1853)) (Cerambycidae, Coleoptera) in Bayern. Tagungsband zur Deutschen Entomologentagung 2005, Dresden Braun H (1965) Geschichte der Phytomedizin. Paul Parey, Berlin, Hamburg Christmann G (1927) Die Bayerische Landesanstalt für Pflanzenbau und Pflanzenschutz von 1902–1927. Landw Jahrb für Bayern 17:251–328 Hoffmann GM, Verreet JA, Habermayer J. (1991) Entwicklung und Einführung des „Weizenmodell Bayern“ im Rahmen des Integrierten Pflanzenschutzes. Ges Pfl 43:333 Kieninger H (1976) Gushing des Flaschenbieres – derzeitiger Forschungsstand. Brauwelt 116:1633–1636 Kremheller HTh (1979) Untersuchungen zur Epidemiologie und Prognose des Falschen Mehltaus an Hopfen (Pseudoperonospora humuli). Dissertation München-Weihenstephan Maier J, Hoffmann GM (1993) Entwicklung des „IPSGerstenmodell“ in Bayern zur integrierten Bekämpfung von Pilzkrankheiten – Grundlagen und Fallstudien. Ges Pfl 45:12–134 Obst A, Lepschy von Gleissenthal J, Beck R (1998) Die Deoxynivanelol-Belastung von Weizen durch Fusarium graminearum in Abhängigkeit von Pflanzenbaufaktoren und Witterung. Mitt Biol Bund H 357:85–86 Seigner L (2000) Virusnachweis mit der Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Ges Pfl 52:205–211 Tischner H (1995) Nationale und internationale Netze. Das agrarmeteorologische Messnetz in Bayern – Erfahrungen nach fünfjährigem Betrieb in Bayern. Wetter u Leben 47:31–54 Tischner H, Bauer G (2000) Monitoring für Getreidekrankheiten in Bayern – Bewährte Hilfen zum gezielten Fungizideinsatz. Ges Pfl 52:254–260 Zattler F (1952) Hopfenbau und Hopfenforschung. In: 50 Jahre Bayerische Landesanstalt für Pflanzenbau und Pflanzenschutz. Landw Jahrb Bayern 29, Sonderheft 75 Zellner M (1998) Untersuchungen über die Treffsicherheit von Prognosemodellen zur termingerechten Bekämpfung von Phytophthora infestans (Mont.) de Bary an Kartoffeln. Dissertation, TU München Zellner M, Hausladen H, Adler N (2000) Kraut- und Knollenfäule der Kartoffel – epidemiologische Grundlagen und Entscheidungskonzept für eine gezielte Bekämpfung in: Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum der Bayer. Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau, Freising, Okt 2000 Weis JE (1902) Der künftige Pflanzenschutz in Bayern. Praktische Blätter für Pflanzenschutz V, S 90