TITELTHEMA
Fünfzylinder-Dieselmotor
Der neue FünfzylinderDieselmotor von Volkswagen
Volkswagen hat einen völlig neuen, sehr kompakten FünfzylinderPumpedüse-TDI-Motor mit 2,5 l Hubraum entwickelt, der einen Längs- und Quereinbau auch in engen Motorräumen ermöglicht. Erstmalig in dieser Motorklasse werden sowohl Nockenwelle als auch die Nebenaggregate über schrägverzahnte Stirnräder angetrieben. Der Schwingungstilger wurde motorintern angeordnet. Aus Gewichtsgründen wurde ein Aluminium-Zylinderkurbelgehäuse mit plasmagespritzter Laufschicht entwickelt, das viele Bauteilfunktionen integriert. Der Motor wird zunächst in zwei Varianten mit 96 sowie 128 kW angeboten und kommt im neuen Multivan/Transporter und Touareg zum Einsatz.
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MTZ 1/2004 Jahrgang 65
Die Autoren 2 Konstruktive Merkmale Tabelle 1: Konstruktive Merkmale des Motors mit 128 kW Table 1: Design features of the engine with 128 kW
Bauart
Reihenmotor
5-Zylinder
Hubraum
cm3
2460
Bohrung / Hub
mm
81 / 95,5
Zylinderabstand
mm
88
Zündfolge
1-2-4-5-3
Ventile pro Zylinder
2
Einlassventil Durchmesser
mm
39,45
Einlassventil Hub
mm
8,88
Auslassventil Durchmesser
mm
31,45
Auslassventil Hub
mm
8,88
Hauptlager Durchmesser Kurbelwelle
mm
58
Pleuellager Durchmesser Kurbelwelle
mm
50,9
Pleuellänge Leistung bei Drehzahl spezifische Leistung
mm
144
kW / 1/min
128 / 3500
kW /l
52,1
Drehmoment bei Drehzahl
Nm / 1/min
400 / 2000
spezifisches Drehmoment
Nm/l
160
Abregeldrehzahl
1/min
5000
Verdichtungsverhältnis Motorgewicht nach VW Norm Motorlänge Kraftstoff
1 Einleitung
Für den millionenfach gebauten 2,5-l-TDIMotor mit Verteilereinspritzpumpe – den ersten Pkw-TDI-Motor – wurde als Nachfolger ein völlig neues Aggregat entwickelt. Wesentlich für die Konzeptfindung war dabei das geforderte Längenmaß des Motors von 510 mm, was gegenüber dem Vorgängermotor eine Reduzierung der Motorlänge um 58 mm bedeutet. Weitere Entwicklungsziele waren: ■ hohe Wirtschaftlichkeit ■ günstiger Kraftstoffverbrauch durch Pumpe-Düse-Technik ■ Leichtbauweise mit Aluminium-Zylinderkurbelgehäuse ■ minimaler Wartungsbedarf ■ wartungsfreier Steuertrieb ■ Geländetauglichkeit (Wattiefe bis 500 mm und 45° Steigfähigkeit und Seitenneigung) ■ Emissionssicherheit für EU3 / EU4 ■ Potenzial für Leistungssteigerung. 2 Konstruktive Merkmale
Bei dem hier beschriebenen Motor, Tabelle 1, steht unter Berücksichtigung der vorge-
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18,0 kg
180
mm
510 Diesel
gebenen Motorbaulänge für den Steuertrieb und den Antrieb der Nebenaggregate lediglich ein axialer Bauraum von 25 mm zur Verfügung. Zusätzlich musste der Nockenwellenantrieb in der Lage sein, die beim Antrieb der Pumpe-Düse-Elemente auftretenden Drehmomentspitzen zu übertragen. Als Antrieb für Nockenwelle, Ölpumpe, Wasserpumpe und sämtliche Nebenaggregate wurde daher ein platzsparender, schrägverzahnter Zahnradantrieb realisiert. Der Zahnradantrieb ist im Bereich des Motorgetriebeflansches einspurig ausgeführt; die Untersetzung zur Nockenwelle wird durch ein außerhalb des Flansches angeordnetes Vorgelege mit einer Möglichkeit zur Zahnflankenspieleinstellung realisiert. Der Trieb wurde am hinteren Kurbelwellenende nahe am Drehschwingungsknoten der Kurbelwelle angeordnet. Da der üblicherweise am vorderen Kurbelwellenstumpf gelegene Drehschwingungsdämpfer in Funktionseinheit mit einer Kurbelwellenwange im Ölraum platziert wurde, konnte auf den vorderen Kurbelwellendurchtritt verzichtet werden. Die Konstruktion des Motors erfolgte durchgehend in PRO/Engineer, Bild 1.
Dr.-Ing. Jens Hadler ist Leiter der Dieselmotorenentwicklung bei Volkswagen in Wolfsburg. Dipl.-Ing. Klaus Blumensaat ist Leiter der Abteilung Fünf- und Zehnzylinder-Dieselmotoren bei Volkswagen in Wolfsburg. Dipl.-Ing. Walter Nederkorn ist Leiter der Unterabteilung Konstruktion Fünfzylinder-Dieselmotoren bei Volkswagen in Wolfsburg. Dr.-Ing. Andreas Kracke war Projektleiter für den R5-TDI-Motor und Unterabteilungsleiter Triebwerkversuch FünfzylinderDieselmotoren bei Volkswagen in Wolfsburg. Dr.-Ing. Peter Urban ist Versuchsingenieur im Triebwerkversuch Fünfzylinder-Dieselmotoren bei Volkswagen in Wolfsburg und für die Entwicklung des Rädertriebs zuständig.
3 Zylinderkurbelgehäuse
Das Kurbelgehäuse mit einem Zylinderabstand von 88 mm wird aus Gewichtsgründen aus einer hochfesten Aluminiumlegierung hergestellt. Die "Closed-Deck"Konzeption wird im Kokillengießverfahren hergestellt und bietet in Verbindung mit einer Warmbehandlung sowohl geringe Porositäten im Grundwerkstoff als auch ausreichende Härte und Festigkeit. Das Entwicklungsziel Leichtbau und Bauteilreduzierung wird durch Integration vieler Funktionen sichergestellt. Wasserpumpe, Thermostat, Wasserkanal, Abgasturboladerstütze einschließlich Ölvorlauf- und Ölrücklaufleitung sind in das Kurbelgehäuse integriert. Die Folge ist, dass sich die Anzahl der Dichtflächen auf ein Minimum reduziert. Das Kurbelgehäu-
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Fünfzylinder-Dieselmotor
2 Konstruktive Merkmale
Bild 1: Motorschnitte längs und quer Figure 1: Engine longitudinal and cross section
3 Zylinderkurbelgehäuse
Bild 2: Modalanalyse Zylinderkurbelgehäuse Figure 2: Modal analysis of cylinder crankcase
se wurde im Hinblick auf die hohen Zünddrücke von 170 bar und Eigenfrequenzen mittels FEM-Rechnung strukturoptimiert, Bild 2. Neuartig sind die erstmals in Großserie bei einem hochaufgeladenen Dieselmotor eingesetzten plasmabeschichteten Zylinderlaufflächen. Die Plasmaspritzschicht besteht aus einer Eisen-Molybdän-Schicht mit einer Stärke von zirka 120 μm. Diese wird nach Feinspindeln auf das mittels Sandstrahlen aufgerauhte Zylinderrohr mit einem rotierenden Plasmabrenner aufgebracht. Ausgiebige Versuche zum Ölverbrauch und der Verschleißfestigkeit der Schicht bestätigten die Einsatzmöglichkeit in einem hochbelasteten Dieselmotor. Der Ölverbrauch ist so niedrig wie beim konventionellen Vorgängermotor mit Grauguss-ZKG. Verglichen mit Grauguss-Laufflächen ist der Zylinderrohrverschleiß geringer und hat kaum Neigung zu Spiegelflächenbildung. Dies wird aus einem Vergleich der Oberflächenstrukturen ersichtlich, Bild 3. Da der Werkstoff Aluminium gegenüber Grauguss geringere Festigkeitswerte aufweist, wurde ein Zugankerkonzept gewählt. Im Zylinderrohrbereich treten damit keine kritischen Zugspannungen mehr auf. Die Zuganker gewährleisten eine optimale Zylinderform. Die Bearbeitung der Zylinderbohrung und der Kurbelwellenbohrung sowie der Zahnradlagerungen erfolgt im verspannten Zustand. Hierfür wurde in der Fertigung eine hydraulische Spannvorrichtung entwickelt, die den Einsatz von Umlaufmaterial wie Honbrillen und Schrauben überflüssig macht. Bild 4 zeigt das Zugankerprinzip. Der Zugankerverband ist aus Montage- und Handlingsgründen in Produktion und Kundendienst in der Trennebene Kopf/ Block geteilt. Die Verbindung erfolgt über eine hochfeste Schiebehülse, die in Schraubenrichtung verschiebbar und im Block gegen Verdrehen gesichert ist. Besonderes Augenmerk musste auch dem Hauptlagerstuhl gewidmet werden, da aufgrund der hohen Zünddrücke der Bereich starker Wechsellast unterliegt. Anfänglichen Rissen im HL-Stuhl konnte durch eine mittels FEM-Rechnungen optimierten Entlastungsnut wirkungsvoll begegnet werden. Die Hauptlagerdeckel sind aus Sphäroguss. 4 Kurbeltrieb
Bild 3: Zylinderlaufflächen, links plasmabeschichtet, rechts Grauguss Figure 3: Cylinder running surfaces, left plasma spray layered, right grey cast-iron
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Aufgrund der Bauraumrestriktionen musste der Schwingungsdämpfer in die Kurbelwelle integriert werden. Der neuartige Federmassedämpfer ist nicht mehr rotationssymmetrisch und wird mittels vier
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Dieselmotoren
3 Zylinderkurbelgehäuse
Bild 4: Zuganker mit Schiebehülse Figure 4: Tension bolt with sliding sleeve
4 Kurbeltrieb
Schrauben anstelle des ersten Gegengewichts an die Kurbelwelle angeschraubt. Kunststoffgleitlager im Dämpfer stellen die notwendige Dämpferleistung über den gesamten Drehzahl- und Lastbereich sicher, wobei die Kennlinie naturgemäß eine schmalbandige Dämpfungscharakteristik aufweist. Bild 5 zeigt den Schwingungsdämpfer als Einzelteil und im eingebauten Zustand. Auf der Abtriebsseite der Kurbelwelle wird aus Kostengründen das Zahnrad zum Antrieb des Rädertriebs aufgesteckt. Das Geberrad ist in das Gegengewicht der äußersten Hubwange integriert, ein angeschraubtes Geberrad entfällt. Neben dem Kostenvorteil konnte eine höhere Signalgenauigkeit für die hochaufgelöste Drehzahlerfassung sowie OT-Erkennung erzielt werden. Der Hubzapfendurchmesser der Kurbelwelle wurde auf den Durchmesser 50,9 mm festgelegt. Die Kolben sind als Vollkühlkanal-Kolben mit der bewährten exzentrischen VW-TDI-Mulde ausgeführt. Die Pleuel sind Übernahmeteile vom Vierzylinder-Pumpedüse-Motor. 5 Zylinderkopf
Bild 5: Schwingungsdämpfer an Kurbelwelle Figure 5: Torsional vibration damper on crankshaft
5 Zylinderkopf
Der Aluminium-Zylinderkopf, Bild 6, ist als Querstromkopf konzipiert und kann so auch im Umschlagverbau beim V10-TDIPumpedüse-Motor eingesetzt werden. Als Werkstoff wird die im VW-Konzern für hoch aufgeladene Dieselmotoren vorgesehene Aluminiumlegierung eingesetzt. Alle Steuerungselemente wie Ventile, Stößel, Kipphebel und die Pumpedüse-Elemente stammen aus dem VW-Dieselmotor-Baukasten. Der angegossene Räderkasten gewährleistet eine optimale Strukturanbindung. Im Laufe der Entwicklung wurde die Geometrie des Zylinderkopfs hinsichtlich Akustik optimiert. Als weitere Geräuschmaßnahme ist die Zylinderkopfhaube über eine anvulkanisierte Dichtung und ein entkoppeltes Schraubsystem akustisch optimiert. Sie ist als Aluminiumdruckgussteil mit einer integrierten Ölabscheidung ausgeführt. Im Gegensatz zu den Gleichstrom-Zylinderköpfen der Drei- und Vierzylinder-Baureihen erfolgt der Kraftstoffzu- und -ablauf über eine externe Verteilerleiste. Aufgrund des Querstromkonzeptes konnten die Durchflusswerte gegenüber dem 2V-Vierzylinder-Pumpedüse-Motor mit Gleichstromkopf um rund 5 % verbessert werden. 6 Rädertrieb
Bild 6: Zylinderkopf Figure 6: Cylinder head
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Entwicklungsziel des Fünfzylinder-Pumpedüse-Motors war eine kurze Motorbaulän-
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ge, um so die Einbaubarkeit dieses Motors in die verschiedenen Plattformen des VWKonzerns zu gewährleisten. Der Nockenwellenantrieb und der Antrieb der Nebenaggregate sollte als Lebensdauertrieb und damit wartungsfrei ausgeführt werden, wobei insbesondere die Antriebsmomente des Pumpe-Düseantriebs zu beachten waren. Diese Forderungen werden durch einen in einer Ebene liegenden Zahnradtrieb erfüllt, Bild 7, der idealerweise im Schwingungsknoten der Kurbelwelle zwischen Motor und Getriebe angeordnet wird. Die packagebedingte Bauraumbegrenzung von 25 mm für den Zahnradantrieb und die hohen Belastungen im Nockenwellenantrieb erfordern schrägverzahnte und fliegend gleitgelagerte Zahnräder mit einer Breite von 20 mm. Die Zahnrad-Auslegung, Konstruktion, Berechnung sowie die Fertigung erfolgt "in-house" bei Volkswagen. Als Eingangsdaten wurden die dynamischen Zahnkräfte mit einem komplexen MKS-Modell ermittelt. Über dynamische Messungen der Belastungen und
der Dynamik im Rädertrieb konnte ein guter Abgleich zwischen Messung und Rechenmodell erzielt werden. Die Verzahnung weist einen Modul von 2,85 und einen Schrägungswinkel von 15° auf. Die Zahnräder sind auf Stahlzapfen gelagert. Besonderes Augenmerk musste auf die Anbindung Stahlzapfen an das Aluminium-ZKG gelegt werden. Kritisch sind insbesondere die unterschiedlichen Wärmedehnungen zwischen Alu-ZKG und Stahlzapfen und die hohen Belastungen im Zahnradtrieb. Oberhalb des Getriebeflansches wurde die Radbreite auf 24 mm erhöht, da aufgrund der 1:2-Übersetzung für den Nockenwellenantrieb höhere Momente auftreten. Der Schrägungswinkel von 15 Grad wurde gewählt, um die tragende Zahnflankenbreite zu erhöhen. Die Kurbelwelle treibt ein Zwischenrad an, das fliegend im Kurbelgehäuse gelagert ist. Der Übersetzungssprung erfolgt oberhalb des Getriebes durch einen Ebenensprung und ist somit nicht baulängenbestimmend. Der Toleranzausgleich zwi-
schen Zylinderkopf, Kurbelgehäuse und Zahnrädern erfolgt über ein Einstellrad im Zylinderkopf. Dieses wird über seine Doppelexzenterachse während der Montage auf das vorgesehene Flankenspiel eingestellt, Bild 8. Aus Bauraumgründen werden alle Nebenaggregate aus der Hauptebene heraus angetrieben. Die Ölpumpe wird vom Kurbelwellenrad direkt angetrieben. Ein Anschlag am Kurbelgehäuse für eine Anlagefläche der Ölpumpe gewährleistet ein definiertes Zahnflankenspiel zwischen Ölpumpen- und Kurbelwellenrad. Aufwändige Einstellarbeiten sind nicht notwendig, Bild 9.
6 Rädertrieb
Bild 7: Rädertrieb Figure 7: Gear drive
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Bild 8: Explosionsdarstellung Rad 4 Figure 8: Exploded view presentation of gear 4
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und zentriert sich im Kurbelgehäuse. Der Einhaltung geringer Toleranzen bei den Achsstichmaßen wurde konstruktiv und fertigungsseitig besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Um das Zahnflankenspiel zu minimieren, werden alle Lagerstellen im Kurbelgehäuse in einer Aufspannung mit einer Bohrkopfeinheit gefertigt. Die Positionstoleranz der Achsen liegt dabei unter 0,03 mm.
6 Rädertrieb
7 Ölkreislauf
Bild 9: Ölpumpe mit Antriebsrad Figure 9: Oil pump with drive gear
Bild 10: Verspannrad mit Zwischenrad und Antriebsräder Generator und Lenkhilfepumpe Figure 10: Split wheel with intermediate gear and drive, gears alternator and power steering pump
Der Antrieb der als Steckpumpe ausgeführten Wasserpumpe erfolgt über das Vorgelegerad. Über zwei Zwischenräder, die fliegend im Kurbelwellengehäuse gelagert sind, erfolgt der Antrieb des Generators und der Lenkhilfepumpe. Die Lenkhilfepumpe treibt im Durchtrieb den axial dahinter liegenden Klimakompressor an. Um das Zahnflankenspiel im
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Nebenantrieb zu minimieren, ist das zweite Zwischenrad als Verspannrad ausgeführt. Durch den Einsatz des Verspannrades wurde die maximale Schallleistung deutlich reduziert und die Akustik im Leerlauf wesentlich verbessert, Bild 10. Die Antriebswelle für den Generator ist im Kurbelgehäuse gleitgelagert. Die Lenkhilfepumpe ist als Steckpumpe ausgeführt
Der Ölkreislauf ist als Nasssumpfschmierung konzipiert. Die zahnradgetriebene Duocentric-Ölpumpe weist einen integrierten Druckregelkolben aus Kunststoff auf und ist in ihrer Förderleistung auf die Schlucklinie des Motors unter Berücksichtigung möglichst geringer Antriebsleistung abgestimmt. Am Zylinderkurbelgehäuse ist ein Ölfiltermodul angeflanscht, welches gleichzeitig den kühlmittelbeaufschlagten Ölkühler beinhaltet. Das Ölfilter ist als vollveraschbarer Wechseleinsatz ausgeführt und kann von oben gewechselt werden. Vom Ölmodul aus wird in den Hauptölkanal verzweigt. Eine Besonderheit dieses Motors ist die Einbeziehung der Zugankerbohrungen in den Ölkreislauf zur Verteilung des Öls an diverse Lagerstellen insbesondere im Rädertrieb. Der Zylinderkopf wird über einen zentralen Steigkanal mit integrierter Ölrücklaufsperre versorgt, was ein Leerlaufen der hydraulischen Tassenstößel im Stand verhindert. Entwicklungsziel war es, möglichst wenig Dichtstellen und externe Leitungen vorzusehen. Der Ölzu- und Ölablauf erfolgt über eine Konsole am Zylinderkurbelgehäuse, die sonst üblichen externen Leitungen entfallen völlig. Hierdurch ist der Weg vom Hauptkanal zur Abgasturbolader (ATL)-Lagerung sehr kurz und die Ölversorgung des ATL nach Motorstart ist in sehr kurzer Zeit gewährleistet. Wie bei aufgeladenen Pkw-Motoren üblich, weist der Motor Kolbenkühldüsen auf, die in Verbindung mit dem Vollkühlkanalkolben die Temperaturen im Ring- und Muldenbereich in zulässigen Grenzen halten. Die Ölrückläufe des Zylinderkopfes sind so ausgelegt, dass Einbauneigungen zu beiden Querseiten möglich sind. Zusätzlich dient der Steuerradschacht als Rücklaufkanal mit großem Querschnitt. Die Ventilhaube ist mit kombiniertem Gestrick- und Labyrinthabscheider für die Blowby-Gase ausgeführt. Bei der Entwicklung der Ölwannenvarianten und Saugleitungen wurde auf die Ansaugverhältnisse bei Schwenkbewegungen in Längs- und Querrichtung ge-
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9 Ladungswechsel
achtet. Hierbei konnte für den Einsatz im Touareg in allen Richtungen eine Ansaugsicherheit von mindestens 45 ° erreicht werden. Ein thermischer Ölstandsgeber (TOG) überwacht den Füllstand und liefert zusätzlich die Öltemperatur. Der TOG ist Bestandteil der flexiblen Wartungsintervallanzeige und ermöglicht in Verbindung mit den vollsynthetischen 0W30-Ölen nach VW-Norm einsatzabhängige Wechselintervalle von bis zu zwei Jahren oder etwa 30.000 km. 8 Wasserkreislauf
Bild 11: Explosionsdarstellung Abgaskrümmer Figure 11: Exploded view presentation of exhaust manifold
Der Wasserkreislauf ist als Diagonaldurchströmung durch das Zylinderkurbelgehäuse ausgeführt. Mittels 3D-Strömungsrechnungen (CFD) wurde der Kühlmittelkreislauf in der Konstruktionsphase soweit optimiert, dass keine weitere Abstimmung der Kühlmittelverteilung über das Zylinderkopfdichtungs-Lochbild erforderlich war. Die gute Basisverteilung der Kühlmittelströmung wurde lediglich durch einige Rippen im Wassermantelraum optimiert. Die Kühlmittelpumpe ist als zahnradgetriebene Einsteckpumpe in das Kurbelgehäuse integriert. Die Drehungleichförmigkeiten im Steuertrieb werden der Kühlmittelpumpe aufgeprägt. Dies erforderte eine angepasste Dimensionierung der Pumpenlagerung. 9 Ladungswechsel
Bild 12: Anordnung ATL und Abgasführung Figure 12: Layout of exhaust turbocharger and exhaust system
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Die Ladungswechselbauteile waren aufgrund des Querstromkonzeptes, des Packages und der höheren Anforderungen hinsichtlich Leistung und Emissionen neu auszulegen. Das Saugrohr ist mittels CFD und Strömungsversuchen sorgfältig auf hohen Durchfluss und gute Drallgleichverteilung optimiert. Auch liegt die Position des Abgasrückführungseintrittes günstig, so dass sich eine gute Gleichverteilung der Abgasrückführung ergibt. Der Einlassdrallkanal weist bei gleichem Drallniveau wie die bisherigen Gleichstrom-Zylinderköpfe bessere Durchflussbeiwerte auf. Der Drall ist im Zusammenhang mit Kolbenmulde und Einspritzausrüstung optimiert. Die Ventilsteuerzeiten sind mit Hilfe des Ladungswechselprogramms Promo und experimenteller Untersuchungen an die Bedürfnisse des R5 angepasst. Kaltstartversuche mit 5 mm verlängerten Glühstiften zeigen nahezu halbierte Zeiten bis Startabwurf, zudem ist die Laufruhe des Motors unmittelbar nach Startabwurf verbessert. Bei warmem Motor stellen sich im gesam-
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10 Nebenantriebe
ten Kennfeld keine Nachteile bezüglich Verbrauch und Emissionen gegenüber den konventionellen Glühstiften ein. Der Abgaskrümmer, Bild 11, ist als isolierter Blechkrümmer mit gasdichter Innenschale konzipiert, hierdurch wird nicht nur eine schnelle Aufheizung erzielt, sondern es kann auf zusätzliche Wärmeabschirmmaßnahmen verzichtet werden. Dies ermöglicht eine bessere Bauraumausnutzung im abgasführenden Bereich. Der Flansch zum Abgasturbolader ist mit einem Wellbalg für den Toleranzausgleich ausgeführt. Je nach Antriebsvariante wird am Abgaskrümmer bei Bedarf ein Wärmetauscher für die Abgasrückführung angeflanscht. Der Abgasturbolader mit variabler Turbinengeometrie gewährleistet ein gutes Ansprechverhalten, hohen erreichbaren Ladedruck bei niedrigen Drehzahlen sowie guten spezifischen Verbrauch an der Nennleistung. Das Abgasturbolader-Lagergehäuse ist direkt mit dem Zylinderkurbelgehäuse verschraubt. Dies führt zu einer geringeren Einleitung von Unwuchtschwingungen des Laufzeugs in die Abgasanlage. Die Regelung erfolgt über eine pneumatische Unterdruckdose, Bild 12.
Bild 13: Berechnungsmodell Antrieb Nebenaggregate Figure 13: Calculation model for auxiliary assemblies drive
10 Nebenantriebe
Die Aggregate werden direkt vom Rädertrieb über Wellen angetrieben, wobei sowohl beim Generator als auch beim Klimakompressor der Wellenversatz, die Wellenwinkelabweichung und die Wellenabstandsabweichung durch eine torsionsflexible Elastomerkupplung ausgeglichen werden. Auftretende Rückstellmomente der Nebenaggregatemassen werden an beiden Nebenaggregaten durch einen Freilauf eliminiert. Mit der federnden Wirkung der Elastomerkupplung werden die Belastungen durch die Drehungleichförmigkeiten aus dem Rädertrieb erheblich reduziert. Auf diese Weise war es möglich, bei den Nebenaggregaten auf bei Volkswagen im Einsatz befindliche Aggregate zurückzugreifen, die ansonsten der dämpfenden Wirkung des Keilrippenriemens vertrauen. In umfangreichen Simulationen und durch Messungen wurde das dynamische Verhalten der Antriebstränge eingehend untersucht, Bild 13.
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Bild 14: Anordnung der Nebenaggregate Figure 14: Layout of the auxiliary assemblies
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Fünfzylinder-Dieselmotor
11 Motorsteuerung, Funktionswerte
Bild 15: Volllastkurven 96 kW / 128kW Figure 15: Full-load curves 96 kW / 128 kW
Um die vorhandenen Anschraubpunkte des Großseriengenerator und Klimakompressors nutzen zu können, werden beide Aggregate über Zwischenhalter mit dem Kurbelgehäuse verschraubt. Lediglich die Lenkhilfepumpe musste modifiziert werden, da sie mittels Durchtrieb zum Antrieb des Klimakompressors genutzt wird und somit eine Verlängerung der Pumpenwelle erforderlich war. Durch Entfall des Keilrippenriemen-Triebs ist die Funktionssicherheit bei Geländeeinsatz und bei Fahrten in staubreichen Ländern erheblich höher. Umfangreiche Staubtests zeigen keinen Einfluss auf die Lebensdauer. Bild 14 zeigt die kompakte Anordnung der Nebenaggregate am Motor. 11 Motorsteuerung, Funktionswerte
Bild 16: Verbrauchskennfeld Figure 16: Consumption characteristic curve
12 Zusammenfassung Tabelle 2: Fahrleistungen und Verbrauch Table 2: Performance and consumption
Touareg 128 kW 6-Gang SG
T5 Multivan 128 kW 6-Gang SG
T5 Multivan 96 kW 6-Gang SG
Höchstgeschwindigkeit [km/h]
189
188
168
Beschleunigung 0 - 100 [km/h]
12,4
12,2
15,3
Elastizität 60 - 100 km/h 5. Gang
12,1
12,9
15,8
Kraftstoffverbrauch l/100 km (80/1268EG)
9,8
8,0
8,0
18
Für die Gemischbildung kommen die aus Drei- und Vierzylindermotoren bekannten Pumpedüse-Elemente der zweiten Generation zum Einsatz. Sie sind mit Fünf-LochDüsen ausgerüstet, wobei die Spritzlöcher konisch und hydroerosiv verrundet sind. Der Düsendurchfluss wurde auf den Fünfzylindermotor angepasst Für die Motorsteuerung findet das neue EDC-16-Steuergerät Verwendung. Dieses weist eine drehmomentorientierte Softwarestruktur auf, sodass die Motorsteuerung Antriebsmanagement orientiert geschieht. Der Motor erreicht seine Nennleistung von 128 kW bei 3500/min, Bild 15. Für gute Fahrbarkeit sorgt eine weiche Abregelcha-
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rakteristik. Das maximale Drehmoment beträgt 400 Nm, dies ist eine deutliche Steigerung im Vergleich zum bisherigen Serienmotor mit 295 Nm. Die spezifische Leistung beträgt 52 kW/l. Der maximale Nutzmitteldruck liegt bei fast 21 bar. Der spezifische Verbrauch stellt sich mit einem Minimalwert von 198 g/kWh Pumpedüse-typisch günstig dar, Bild 16. Die Rußzahl bleibt auch im gesamten Kennfeld trotz hoher Abgasrückführraten sehr niedrig. In einigen Fahrzeugvarianten kann auf den AGR-Kühler verzichtet werden. Insbesondere für den Einsatz im leichten Nutzfahrzeug gibt es eine leistungsreduzierte Variante mit 96 kW bei 3500/min und 340 Nm. 12 Zusammenfassung
Um einen zukunftssicheren Motor zu haben, wurde nach umfangreichen Konzeptstudien als Nachfolger für den bewährten 2,5l-TDI-Motor mit Verteilereinspritzpumpe ein völlig neues Aggregat
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für den Längs- und Quereinbau entwickelt. Die Reduzierung der Baulänge um 58 mm auf 510 mm wurde mit einem einspurigen Zahnradtrieb realisiert. Sowohl die Nockenwelle als auch die Nebenaggregate werden über schrägverzahnte Stirnräder angetrieben. Der Schwingungstilger wurde motorintern in die Kurbelwelle integriert. Aus Gewichtsgründen wurde ein Aluminium-Zylinderkurbelgehäuse mit Plasma-Laufschicht vorgesehen, welches viele Bauteilfunktionen integriert. Die Aufladung erfolgt über einen Abgasturbolader mit variabler Turbinengeometrie, der über sein Lagergehäuse auf dem Zylinderkurbelgehäuse montiert ist und einen im Flansch integrierten Ölzuund Ölablauf hat. Der Abgaskrümmer wurde als zweischaliger isolierter Blechkrümmer ausgeführt. Der Antrieb des Klimakompressors erfolgt axial im Durchtrieb über die Lenkhilfepumpe mittels einer torsionsflexiblen Kupplung, die auch für den Generatorantrieb Verwendung findet. Bei der Entwicklung wurden auf
Synergieeffekte unter Nutzung des Dieselmotorbaukastens geachtet, insbesondere im Hinblick auf den V10- und R4-TDI-Pumpedüse-Motor. Mit einer Leistung von 128 kW bei 3500/min und einem Drehmoment von 400 Nm bei 2000/min verhilft er auch Fahrzeugen wie dem VW T5 Multivan und dem VW Touareg zu gehobenen Fahrleistungen bei guter Wirtschaftlichkeit, Tabelle 2. ■
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