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EFFIZIENTE MOTOREN
Der neue W12-TSI-Motor des Volkswagen-Konzerns Mit dem W12-Motor hat der Volkswagen-Konzern seit 13 Jahren ein ultrakompaktes Top-Aggregat im Einsatz. In der aktuellen Entwicklung wurden die beiden bislang parallel eingesetzten Brennverfahren, die FSI-Direkteinspritzung bei Audi und das TMPI-Verfahren bei Bentley, gemeinsam mit weiteren technischen Innovationen optimiert und zum erfolgreich etablierten TSI-Verfahren zusammengeführt.
© Volkswagen
AUTOREN
Dipl.-Ing. Friedrich Eichler
Dr. Wolfgang Demmelbauer-Ebner
Dr. Jürgen Strobel
Dipl.-Ing. Jens Kühlmeyer
ist Leiter der Aggregatentwicklung bei der Volkswagen AG in Wolfsburg.
ist Leiter der Hauptabteilung Entwicklung Ottomotoren in der Aggregatentwicklung der Volkswagen AG in Wolfsburg.
ist Leiter der Abteilung VR-/W-Motorenentwicklung in der Aggregatentwicklung der Volkswagen AG in Wolfsburg.
ist technischer Projektleiter W12-Motoren in der Aggregatentwicklung der Volkswagen AG in Wolfsburg.
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Mit den neu applizierten Technologien ist der W12-TSI das Aggregat mit der höchsten Technologiedichte weltweit. Das Paket umfasst unter anderem: – ein neues Brennverfahren mit dualer Einspritzung in Brennräume und Saugrohr, um die Emissionsgrenzwerte gemäß Euro 6 Stufe 2 und ULEV 125 zu erfüllen – eine Zylinderabschaltung für die linke Zylinderbank – zwei Twin-Scroll-Turbolader mit exzellentem Transientverhalten – Zylinderlaufbahnen mit einer robustheitssteigernden APS-Beschichtung – einen Start-Stopp-tauglichen Kurbeltrieb – einen Ölkreislauf mit schaltbarer Ölpumpe und dauerhafter Betriebsfähigkeit in erheblichen Schräglagen – ein Kühlsystem mit integriertem Thermomanagement – ein leistungsfähiges Motormanagement mit zwei Steuergeräten.
BILD 1 Volllast des W12 TSI (© Volkswagen)
Merkmal [Einheit] Motorart [-] Hubraum [cm³] Leistung [kW] bei Drehzahl [1/min]
ERTÜCHTIGUNG DES GRUND TRIEBWERKS FÜR DIE GESTEIGERTE PERFORMANCE
Zur Erfüllung der hohen Qualitäts- und Lebensdaueranforderungen im Volkswagen-Konzern wurde wegen der deutlich gesteigerten Leistungs- und Drehmomentanforderungen des Aggregats, BILD 1 und TABELLE 1, das Grundtriebwerk ertüchtigt. Dabei wurden in erster Linie folgende Maßnahmen ergriffen: – Induktionshärtung der geschmiedeten Kurbelwelle – Pleuel im Crackdesign – neu entwickelte Pleuel- und Haupt lagerschalen – APS-Beschichtung der Zylinderlaufbahnen – optimierte Geometrie der Pulsationsfenster in den Hauptlagerstühlen. In der Entwicklung gelang es, die Temperaturbelastung in den Lagerstellen um 10 °K zu senken. An der Volllast steigen die Temperaturen auch zu hohen Drehzahlen vergleichsweise gering an, BILD 2. Das wurde durch folgende Maßnahmen erreicht: – eine Optimierung des Lagerwerkstoffs mit dem Ziel hoher Wärmeleitung – eine geringfügige Vergrößerung des Lagerspiels, um einen größeren Öldurchsatz zu ermöglichen – eine konstruktive Überarbeitung der Pleuelgeometrie für eine homo02I2016
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Drehmoment [Nm] bei Drehzahl [1/min]
Wert W 5950 447 6000 900 1500 – 4500
Mitteldruck [bar]
18,83
Spezifische Leistung [kW/l]
75,13
Bohrung [mm] Hub [mm]
84 89,47
Zylinderabstand [mm]
65
Bankwinkel [°]
72
V-Winkel einer Bank [°]
15
Schränkung [mm] Pleuellagerdurchmesser [mm] Pleuellagerbreite [mm]
12,5 54 11,7
Split-Pin [°]
12
Verstellbereich EinlassNockenwelle [°]
52
Verstellbereich AuslassNockenwelle [°]
42
Verdichtungsverhältnis [-]
10,5:1
Spezifischer Verbrauch (bei 2000/min, 2 bar) [g/kWh]
312
Kraftstoffspezifikation (für weltweiten Einsatz) [ROZ]
95
DIN-Gewicht (einschließlich Turboladern) [kg]
254
Länge × Breite × Höhe [mm] Zündfolge [-]
585 × 747 × 696 1 - 7 - 5 - 11 - 3 - 9 6 - 12 - 2 - 8 - 4 - 10
TABELLE 1 Technische Daten des W12 TSI (© Volkswagen)
gene Verteilung der Kolbenkraft in die stangenseitige Lagerschale – eine eng tolerierte Balligkeit des Kurbelzapfens; mit ihr werden lokale Druckspitzen vermieden, zugleich gewährt sie in Kombination mit der neuen Gleitschicht der Lagerschalen die Sicherheit gegenüber Kantenträgern. Zur Feinabstimmung der Ölversorgungsbohrungen und um die Verschleißgrenzen in allen relevanten Betriebsarten abzusichern, wurden RNT-Analysen in den Pleuellagern mit Öldruck- und Temperaturmessungen korreliert. Das aus einer übereutektischen Aluminium-Silizium-Legierung im Niederdruck-Kokillenguss gefertigte Kurbelgehäuse des W12-TSI ist wie bei den Vorgängermotoren als Short-Skirt-Block mit Lagertraverse ausgelegt. Die gewichtsoptimierten Lagerstühle in der Traverse werden in der Gussform mit vergossen. Das Kurbelgehäuse verfügt über plasmabeschichtete Zylinderlaufbahnen, wobei ein Aufrauverfahren mittels Laser zum Einsatz kommt. Die Eisenschicht wird als pulverförmiger Werkstoff durch atmosphärisches Plasmaspritzen (APS) aufgebracht. Die entscheidenden Vorteile dieser Lösung sind die Reibungsreduktion und die verbesserte Korrosionsbeständigkeit gegenüber Schlechtkraftstoffen im Weltmarkt. NEUES BRENNVERFAHREN MIT DUALER EINSPRITZUNG
Die duale Einspritzung kombiniert eine Hochdruck-Direkteinspritzung mit maximal 200 bar mit einer Niederdruckeinspritzung ins Saugrohr, bei der die Drücke etwas mehr als 6 bar erreichen.
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BILD 2 Temperatur der Lagerschalen, schematisch (© Volkswagen)
Damit werden die Emissionsgrenzwerte der Normen Euro 6 Stufe 2 sowie ULEV 125 sicher und ohne weitere Maßnahmen in der Abgasanlage erreicht. Im gesamten Kennfeldbereich sind sowohl die Hochdruck- als auch die Niederdruckeinspritzung aktiv, BILD 3. Eine Ausnahme macht der Kaltstart, der ausschließlich mit der Direkteinspritzung erfolgt. Während der Warmlaufphase wird der Motor nahezu vollständig mit der Multi-Point-Einspritzung (MPI) betrieben, die auch im Teillastbetrieb zum Zuge kommt. Dort ermöglicht sie einen komfortbetonten Brennverlauf mit verringerten Druckgradienten und wirkt sich zusätzlich vorteilhaft auf die Partikelemissionen aus. Zwei Hochdruckpumpen, die antriebsseitig an die Einlassnockenwellen gekoppelt sind, versorgen die Direkteinspritzung. Während der Entwicklung wurde das gesamte Kraftstoffsystem zur Abstimmung der dynamischen Druckverteilung im Rail und in den Leitungen auf einem Simulationsprüfstand aufgebaut. Die Gleichverteilung der Einspritzmenge zwischen allen Zylindern wird sichergestellt. Die Hochdruck-Einspritzventile haben lasergebohrte Spritzlöcher, aufgrund der
Package-Gegebenheiten ist ihr Spritzbild bankspezifisch. Die Niederdruckinjektoren sind versetzt oberhalb des HochdruckSystems platziert und haben ebenfalls bankspezifische Spritzbilder, BILD 4. Leitrippen in den Saugrohren bewirken die präzise Zerstäubung des Luft-/Kraftstoffgemischs in die Zylinder. Die identische Ausprägung des Brennverfahrens in allen Zylindern, unabhängig von der Länge des Einlasskanals, erfüllt die hohen Anforderungen an Umsetzungsgüte, Effizienz und Abgasemissionen vollumfänglich. Der Einlasskanal wird hinsichtlich Durchfluss und Ladungsbewegung mit dem in der Konzernforschung entwickelten Computer-Aided-Engineering-Verfahren (CAE) und der Automatischen Motorkomponenten Optimierung (AMO) optimiert. Wesentlicher Bestandteil ist ein parametriertes CAD-Modell des Einlasskanals einschließlich relevanter Einschränkungen wie Wassermantel, Ventilfederauflagen etc. Jeder Einlasskanal wird mittels der Kennzahlen für Durchfluss und Tumble aus einer dreidimensionalen CFD-Strömungsanalyse (Computational Fluid Dynamics) bewertet. Geometrieerzeugung, Vernetzung,
Berechnung und Auswertung erfolgen dabei automatisch und werden von einem Optimierer gesteuert. In BILD 5 sind die berechneten αK- über den Tumblezahlen am Beispiel des kurzen Einlasskanals für alle betrachteten Einlasskanäle aufgetragen. Die ausgewählte Variante ermöglicht eine deutliche Steigerung im Tumble bei zusätzlich gesteigertem Durchflussbeiwert. Die Steuergeräte des W12-TSI mit gesteigerter Rechenperformance und erweiterter Software arbeiten im Master/Slave-Betrieb. Für den MPI- und den Betrieb mit Direkteinspritzung sind jeweils eigene Adaptionen und Diagnosen erforderlich. In einer neu konzipierten Softwareprioritätensteuerung werden reine und gemischte Betriebsweisen koordiniert; parallel dazu werden die Emissionsoptimierung, die Diagnoseanforderungen, die Überwachungsanforderungen und die Schutzfunktionen entsprechend gewichtet und bewertet. Die Übergänge von einer Einspritzart zur anderen werden koordiniert und geregelt. Auch die Überwachung berücksichtigt beide Kraftstoffpfade mit ihren jeweiligen Anteilen. Die zwei Steuergeräte steuern eine Vielzahl an Aktuatoren und Sensoren
BILD 3 Kennfeldbereiche der Direkt- und MPI-Einspritzung bei warmem Motor (© Volkswagen)
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und sorgen für die Kommunikation mit der Fahrzeugumgebung. Im W12 TSI bedienen sie mit 2×196 PINs die zu regelnden Signalgrößen mit der entsprechenden Ansteuerleistung. Wichtige Daten werden über einen internen Datenbus (Inter-SG-CAN) ausgetauscht. NEUES TWIN-SCROLLAUFLADEKONZEPT
Die Integration in den zur Verfügung stehenden Motorraum der Oberklassefahrzeuge des Volkswagen-Konzerns gelang durch innovative Packagelösungen: Aufladegruppe mit Twin-ScrollTurboladern, Nebenaggregate und Motorlager konnten unter Sicherstellung günstiger An- und Abströmungsbedingungen besonders platzsparend angeordnet werden. Die Abgasgruppen der drei vorderen und drei hinteren Zylinder werden getrennt voneinander geführt, und die vollisolierten Turbinengehäuse sind mit den luftspaltisolierten Krümmern verschweißt. Der Flutentrennung entspre-
chend ist auch das Sekundärluftsystem getrennt ausgeführt. Ein zentrales Ziel bei der Entwicklung der Abgasturbolader (ATL) war ein sehr spontanes Transientverhalten. Der Lastsprung aus der niedrigen Teillast zur Volllast vollzieht sich bei 1500/min rund zweieinhalb Mal schneller als beim TMPIAggregat, BILD 6. Diese Verbesserung resultiert vor allem aus dem sehr guten Anströmverhalten der Abgaspulse auch bei niedrigen Motordrehzahlen, die mittels instationärer 3-D-Berechnung unter Berücksichtigung des Twin-Scroll-Effekts ermittelt wurden. BILD 7 zeigt links die vergleichsweise hohen Strömungsgeschwindigkeiten, die im Volllastpunkt bereits bei 1500/min im Auslasskanal, im Abgaskrümmer und in der Twin-ScrollTurbine auftreten. Die Messung der Laderdrehzahl mithilfe von Drehzahlsensoren macht es möglich, das Verdichterkennfeld, BILD 7 (rechts), bis an die Stopfgrenze auszunutzen und die Lader dabei vor Überdrehzahlen zu schützen, beispielsweise in
Folge eines verschmutzten Ladeluftkühlers. Das erlaubt den Einsatz eines Verdichterrads mit geringem Durchmesser und entsprechend kleinem Trägheitsmoment, das zudem gefräst ausgeführt ist. Das Turbinenrad ist ebenfalls hinsichtlich seines Trägheitsmoments und seines Wirkungsgrads optimiert, was dem Ansprechverhalten zusätzlich zugutekommt. Die ATL wurden so konsequent auf dynamisches Verhalten ohne Einbußen in der Nennleistung ausgelegt. Die Auswertung der Laderdrehzahlen erlaubt dem Steuergerät den Abgleich zwischen dem modellierten Soll-Verhalten und dem Ist-Verhalten. Das dient der Diagnose, einer Anpassung durch Adaption und einem prädiktiven schnellen Laderschutz. Die Wastegateklappen werden durch Unterdruckaktuatoren gesteuert. Elektrisch angesteuerte Schubumluftventile, die an den Verdichtergehäusen sitzen, verhindern Störgeräusche infolge von Laderpumpen. Aufgrund der Zylinderabschaltung ACT compact an der Zylinderbank 2 erfolgt die Einleitung der Blowby- und
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Tankentlüftungsgase nur am Lader der Bank 1. Eine elektrische Beheizung der Einleitestelle verhindert das Einfrieren bis zu Außentemperaturen deutlich unter -30 °C. GESTEIGERTE ANFORDERUNGEN AN DEN ÖLKREISLAUF
Der W12-TSI ist als Nasssumpfmotor konzipiert. Seine Ölversorgung deckt – je nach Fahrzeugmodell – sowohl die Bedingungen im Offroad-Einsatz als auch die Ansprüche einer sportlichen Fahrweise mit hohen Fliehkräften über 1 g ab. Die Ölpumpe wird über eine weitgehend gekapselte Kette von der Kurbelwelle angetrieben. Die Formgebung der Ölwanne und die Positionierung der Ölansaugung stellt die kontinuierliche Ölversorgung bei extremen Schräglagen bis zu 45° über 360° sicher. Ein Ölstandsensor überwacht den Ölspiegel. Die beiden Abgasturbolader sind mit separaten Öl-Absaugstufen an die zweistufig schaltbare Ölpumpe gekoppelt. Die Absaugung wirkt auch in Betriebssituationen, in denen die zweite Zylinderbank des W12-TSI deaktiviert ist, damit kein Öl aus dem Lagergehäuse des ATL der abgeschalteten Bank in den Ansaugund Abgastrakt gelangen kann. Bei der Erprobung des Ölsystems wurde auf einen schwenkbaren Prüfstand sowie entsprechende OffroadFahrten zurückgegriffen. Dabei standen die sichere Ölversorgung, die Ölverschäumung, die Ölabsaugung aus den Abgasturboladern und die Motorentlüftung im Mittelpunkt.
BILD 4 Spray der Niederdruck- und Hochdruckeinspritzung bei kurzem und langem Kanal (© Volkswagen)
BILD 5 Varianten Einlasskanäle, schematisch (© Volkswagen)
KÜHLSYSTEM MIT INTEGRIERTEM THERMOMANAGEMENT
Das Thermomanagement des W12-TSI verkürzt die Warmlaufphase nach dem Kaltstart und leitet die im Motor erzeugte Wärme gezielt in die relevanten Bereiche. Im Vordergrund steht die möglichst schnelle Erwärmung der Zylinderköpfe. Zum einen, um die Brennräume zugunsten einer guten Gemischaufbereitung schnell auf optimale Betriebstemperatur zu bringen, und zum anderen, um mittels der schaltbaren Hauptkühlmittelpumpe ein autarkes Aufheizen des Innenraums gewährleisten zu können. Die Reduzierung der innermotorischen Reibung in der Folge ist ein weiterer positiver Aspekt.
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Zur bedarfsgerechten Wärmeverteilung setzt sich der Gesamtkühlkreislauf, BILD 8, aus drei Teilkreisen zusammen:
– Heizkreislauf (rot) beinhaltet Zylinderkopf, Heizungswärmetauscher und eine elektrische Kühlmittelpumpe
BILD 6 Twin-Scroll-Aufladegruppe mit getrennter Sekundärluftversorgung, schematisch (© Volkswagen)
– Hauptkühlmittelkreislauf (blau) bestehend aus Kurbelgehäuse, Motorölkühler, einem als 3/2-Wegeventil ausgeführten Thermostat, dem Hauptwasserkühler und einer mechanisch angetriebenen, pneumatisch abschaltbaren Kühlmittelpumpe – ATL-Kreislauf (grün) mit einer separaten, elektrisch angetriebenen Kühlmittelpumpe – zusätzlich ist ein separater Getriebeheiz- und Kühlkreislauf integrierbar.
Durch die Ausstattung der Teilkreise mit eigenen Kühlmittelpumpen ist ein voneinander unabhängiger Betrieb möglich. Der schnell ansprechende Kühlmitteltemperatursensor wurde in den Zylinderkopf verlagert und brennraumnah angeordnet. ACT COMPACT – ZYLINDERABSCHALTUNG IM BESCHRÄNKTEN BAURAUM
Bei dem im Volkswagen-Konzern bewährten Ventilsteuerungssystem
(AVS) erfolgen alle Umschaltungen über Rohrstücke, die die Nocken tragen. Im abgeschalteten Zustand rotiert ein sogenannter Nullhubnocken mit 360° Grundkreis über den Schlepphebeln, ohne sie zu betätigen. Beim W12-TSI beträgt der Abstand der Zylinder zueinander wegen ihres Versatzes nur 65,0 mm, der Ventilabstand misst 36,5 mm. Die Wahl fiel auf einen EinPin-Aktuator und eine Doppel-S-Nut-Geometrie, bei der Hin- und Rückwurfnut auf einer einzigen Scheibe am Ende des
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BILD 7 Instationäre 3-D-CFD-Simulation der Auslasskanäle, des Abgaskrümmers und der Twin-Scroll-Turbine (© Volkswagen)
BILD 8 Gesamtkühlkreislauf (© Volkswagen)
ren. Die Hertzsche Pressung am Kontakt Schaltpin zu Nutflanke ging um 26 % zurück. Das System ACT compact deaktiviert bei moderater Last und Drehzahl alle sechs Zylinder der linken Bank (Bank 2), indem sie die Ein- und Auslassventile schließt sowie Einspritzung und Zündung abschaltet. Vor dem Schließen der Ventile werden die Brennräume noch einmal mit Frischgas gefüllt. Im ACT-Betrieb erhöht sich durch die Betriebspunktverlagerung der Wirkungsgrad, während der W12 als VR6 mit der Zündfolge 1-5-3-6-2-4 arbeitet. Der CO2-Ausstoß wird über die im W12-TSI applizierte aktive Zylinderabschaltung (ACT compact) um mehr als 5 % (NEFZ) reduziert. Der Hauptbetriebsbereich endet bei 2600/min. Nach oben bildet die beginnende Aufladung der aktiven rechten Bank die sinnvolle Grenze. In Richtung niedrigster Last wird der ACT-Betrieb auch im Schub aufrechterhalten. Auch bei hoher Drehzahldynamik erlaubt der ausreichende Abstand zur Drehzahlgrenze des Systems den Umschaltzyklus abzuschließen, zum Beispiel bei einer Kickdown-Rückschaltung. Bei der Entwicklung des Motorsteuergeräts erforderte ACT compact eine neue Regelstrategie unter Einbeziehung einer getrennten Luftmassenregelung. Jedes der beiden Motorsteuergeräte bewertet separat, ob der ACT-Betrieb möglich ist. Wenn die Freigaben vorliegen, wird die Umschaltung individuell vorgenommen. Im Detail orientiert sich der Ablauf an der Rolle, die dem jeweiligen Steuergerät im Rahmen des Master-Slave-Konzepts zufällt. Diese Strategie trägt dazu bei, die Kommunikationslast auf dem CAN-Bus zwischen den beiden Steuergeräten zu verringern. ZUSAMMENFASSUNG
Nockenstücks eingefräst sind. Diese verfügen auch über eine sogenannte Nockengarage, in die das jeweils belastete Nockenstück während des Umschaltvorgangs eintauchen kann, BILD 9. Die Umschaltung in den ACT-Betrieb startet auf dem in der Zündfolge nächstmöglichen Zylinder durch die Ansteuerung des Magnetaktuators. Die Vormagnetisierungszeit beträgt circa 3,2 ms, danach beginnt die federunterstützte Flugphase des Schaltpins, die abhängig von der Temperatur 3,1 bis 3,3 ms dauert, und sein Eintauchen in den linearen Nutbereich. Alle weiteren Zylinder der Bank werden im
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gleichen Arbeitsspiel deaktiviert. Die Lastverschiebung auf dem Luftpfad und eine Zündwinkelverstellung in Richtung „spät“ stellen einen momentenneutralen Verlauf sicher. Die Umschaltung erfolgt so komfortabel, dass sie die exzellente Laufruhe des W12-TSI praktisch nicht beeinträchtigt und vom Kunden nicht wahrnehmbar ist. Jeder Aktuator wiegt lediglich 120 g. Bei der Entwicklung des Systems diente ein Mehrkörpersimulationsmodell (MKSModell) zur Optimierung der Schaltnutflanken. Mit ihm gelang es im Verlauf der Entwicklung, die Pinkraft um 45 % und den Auftreffimpuls um 55 % zu reduzie-
Der neue W12-TSI debütiert im bereits auf der IAA vorgestellten Bentley Bentayga und wird später in weiteren Fahrzeugen des Konzerns eingesetzt. Mit der Kombination aus dualer Einspritzung, Zylinderabschaltung, Twin-Scroll-Biturboaufladung und integriertem Thermomanagement wurden die bisherigen Stärken – die kraftvolle Performance, die souveräne Laufkultur und die hohe Effizienz – weiter ausgebaut und alle gesteckten Ziele vollumfänglich erreicht. Die Bausteine des W12-TSI und der Einsatz von innovativen Fertigungsmethoden wie dem APSVerfahren bieten auch für die Zukunft
DANKE Die Autoren danken allen Kollegen im VolkswagenKonzern sowie allen Entwicklungspartnern, die mit Leidenschaft zu der erfolgreichen Durchführung dieses W12-Projekts beigetragen haben. Ein besonderer Dank
BILD 9 Ventiltrieb mit ACT compact (© Volkswagen)
geht in diesem Zusammenhang an die Kollegen von Bentley Motors aus Crewe für den Aufbau der Fertigung dieses High-End-Triebwerkes. Ein Dankeschön für die direkt an diesem Bericht mitwirkenden Kollegen: Dipl.Ing. Uwe Hegewald, Dipl.-Ing. Ludwig Damminger, Dipl.-Ing. Lars Caesar, Dipl.-Ing. Klaus Uphoff, Dr.-Ing. Florian Frese sowie Dr.-Ing. Christian Schnückel.
großes Potenzial für weitere Leistungsund Drehmomentsteigerungen sowie für Kraftstoffeinsparungen. So wurde bei der Konzeptentwicklung des W12-TSI bereits eine Auslegung als Mildhybridsystem mit 48-V-Bordnetz berücksichtigt. Der ultrakompakte neue Zwölfzylinder ist das Aggregat mit der höchsten Technologiedichte weltweit und setzt mit der großen Bandbreite seiner Eigenschaften neue
Maßstäbe. Damit bietet er eine hervorragende Basis für ein faszinierendes Portfolio an künftigen Oberklassefahrzeugen. Der W12-TSI – engineered for excitement. LITERATURHINWEISE [1] Metzner, F.; Becker, N.; Herzog, R.; Bohnstedt, K.: Die neuen W-Motoren von Volkswagen mit 8 und 12 Zylindern. In: MTZ 62 (2001), Nr. 4, S. 280-290 [2] Endres, H.; Bauder, A.; Müller, R.; Möndel, A.; Gorenflo, E.: Der neue 6,0-l-Zwölfzylindermotor
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für den neuen Audi A8. In: MTZ 62 (2001) Nr. 7/8, S. 534-543 [3] Metzner, F.; Becker, N.; Demmelbauer-Ebner, W; Müller, R.; Bach, M.W.: Der neue 6-l-W12-Motor im Audi A8. In: MTZ 65 (2004) Nr. 4, S. 254-266 [4] Eichler, F.; Demmelbauer-Ebner, W.; Strobel, J.; Kühlmeyer, J.: Der neue W12 TSI-Motor des Volkswagen Konzerns – Perfektion in Performance und Komfort. 36. Wiener Motorensymposium, 2015 READ THE ENGLISH E-MAGAZINE
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