[Aus dem l/ygienischen Institut zu Berlin.]
Die desinficirenden Eigenschaften der Kresole, ein Beitrag zur Desinfee~ionsfrage. Von
Dr. C~rl l~r~inkel, Privatdocenten und Assisten~en am hygieuischen In~titut zu Berlin.
BekanntHch hat Laplace 1 zuerst darauf hingewiesen, dass LSsungen yon Quecksilbersublimat and Phenol dutch einen Zusatz yon Saure sehr erheblich an ihrer desinficirenden Kraft gewinnen. Er hat dann welter ~ gezeigt, dass die Sogenannte rohe, 25procentige Carbols'Sure, eine wenig wirksame and ausserdem wegen ihrer UnlSslichkeit in Wasser ftir die Desinfectionspraxis fast vo]lst~ndig unbrauchbare Substanz mit Schwefels~ure eine )iischung eingeh~, die ifl Wasser and w~sserigen Flfissigkeiten 15slich is~ and sich dutch hervorragende desinficirende F~higkeiten aus~eichnet. L a p l a c e hatte bei seinen Versuchen eine ~schung yon glelchen Gewichtstheflen Schwefels~ure and roher CarboMiure als besonders geeignet gefunden. Eine derartige S c h w e f e l c a r b o l s ~ u r e vermochte in 4procentiger LSsung 1Kilzbrandsporen in 24 Stunden, in 2prozentiger LSsung in 72 Stunden zu vernichten, w~hrend reine Carbols~ure oder Creolin, wie L a p l a c e vergleichsweise hervorhebt~ in 2procentigen LSsungen .auf ~M_ilzbrandsporen iiberhaupt ganz ohne Einfiuss sind. Bei Gelegenheit einer Wiederholung dieser Laplace'schen Experimente bin ioh nun auf eine Reihe yon Thatsachen aufmerksam geworden, die vielleicht yon einiger Bedeutung fiir die bier in Frage kommenden Verh~itnisse sind and deshalb in Kiirze mitgetheilt sein mSgen. Ich hatte zun~chst, genau nach der yon Laplace gegebenen Yorschrift, gMche G e w i c h t s m e n g e n , 50 ~:'~ r o h e r yon der hiesigen I~ahlbaum'schen Fabrik als 25 ~ b e z e i c h n e t e r - Carbols~ure and 1 YDeutsche medicinische V~oehenschrift. '~ .Ebeuda. 1888. N r . 7.
1887.
N r . 40.
522
CAI~L FB]4NKEL
:
Tabelle Tag ++§ Gemisch yon roher Carbols.~. Schwefels~iure, kalt bereite~. 1 Procent ! § desgl. 2 Procent § desgl. 4 Proc~n~ desgl. 5 Procent ~-§ desgl, heiss bereitet: 1 Procent ~-§ desgl. 2 Procent § desgl. 4 Procent + + , desgl. 5 Procent reines Phenol. 1 Procent ~ + + §247 de~gl. 2 Procen~ ++§ desgl. 5 Procen~ reine cone. Schwefels~ure. + + § 1 Procent +++ desgl: 2 Procen~ ++ desgl. 5 Procent
2Tage
3Tage 4Tage 5 T a g e 6T~ge 7Tage STage
§247247
+
+++
§247247
§
§
-
-
-
-
+++
§247
+++
§247
+++
§
§
§
I
~++
e
§247247 §247247 §247247 §247247
9
~§ §247 §247247 §247247 § § § § § § + § +§ §247247 §247247 §247247 +§247 § 2 4 7 2 4 7+ § 2 4 7 §247247 §247247 +§247 +§ +++ § 2 4 7 2 4 7§247247 §247 ++§ +§ + + + + + § §247247 +++ §247247 ++§ ~++ ++ ++ +~+§
++§ ,§247
~
++~ §247
§247247 +++ §247 ++
++§ §
+§ §
9
reiner concentrirter Sohwefels~ure langsam unter bestSndigem Umriihren mit einander in ~ischung gebracht. I)ahierbei eine sehr starke TemperaturerhShung eintrat, so wurde das Eingiessen der H~S0~ in die Carbols~ure ein zweites ~Ial mit sorgf~Itiger Kiihlung des Mischgefiisses vorgenommen und die so erhaltene ,Schwefelcarbols~ure:' weiterhi~ von der erst gebildeten gesondert untersucht. Von beiden~ der heiss wie der kalt bereiteten~ stellte ich dann 5-~ 4-~ 2- und Iprocentige L~sungen her, wob@ wie stets auch im folgenden, wo yon derartigen procentischen Verh~Itnissen die Rede sein wird i 5, 4, 2 und I g~ der betreffenden Subs~anz auf 100 or~S Aqu. dest. gegeben wurdem Aus den schwarzbraunen, intensiv riechenden, syrupartigen, concentrirten ~Iischungen entstande~ hierbei gleichm~issig triibe, graugelblich gef'~rbte~ ebenfalls sehr stark 'riechende Emulsionen..Zum Vergleiche mi~ denselbe~ wurden dann yon reinem krystallisirten Phenol und iendlioh~ um fiber die Wirksamkeit def. bei dem Versuche ja in erster Linie betheiligten Schwefe~s'~ure sicheren Aufschluss zu erhalten, auch yon dieser entsprechende LSsungen~ 5-~ 2- und lprocentige~ angefertigt. An Seidenf~den angetrocknete ~lilzbrandsporen dienten als Testobject; nac]~ Ablauf einer bestimmten Zeit wurden dieselben aus den LSsungen
523
EIN BEITRAG ZUR DESINFECTIONSFRAGE.
o
9
Tage
§247247
§
10 Tage
11 Tage
12 Tage
+++
+§247
+++]+§
+*
+*
§247
18 22 Tage . Tage
28 Ta~e
+ +-+ §
§247 I.'§
§
++
§
§
§
+++
+++
++§
§
§
§
++ §
14 Tage
+ -
35 Tage
40 Tage
53 Tage - -
--
-
- -
§247247 §247247
§247
+++
+++
§ 2 4 7 2 4 7§ 2 4 7 2 4 7§ 2 4 7 2 4 7
+§
§
+++
§ 2 4 7 2 4 7§ 2 4 7
§247247
+++
+++
+§
§ 2 4 7 2 4 7§
§247247
§ 2 4 7 2 4 7+ §
§247247 §
§ 2 4 7 2 4 7§ +
+++ §247
-
-
-
§247 §
+++
§ 2 4 7 2 4 7§ 2 4 7 2 4 +7 + + +* § § § 2 4 7 2 4 7§ 2 4 7 §247
§247
+++
§247247 §247 §247247
§
-
entf~rn~, in destillirtem Wasser abgespfilt und in N'~hrbouillon fibertragen, um bier bei Brfi~emperatur evenguell zur Entwiokelung zu gelangen. Das Ergebniss. dieser ersten ~ersuche zeigt Tabelle I. Es sind in diesen Resultaten mehrere Punkte enfsohieden bemerkenswerth. Zun~ichs~ mag auf den aui~lligen Untersohied in der Wirkungsweise der heiss und der kali~ bereigeten Sohwefel~arbolsSuremisohung hingewiesen sein, yon denen die legztere die erstere in erhebliohem ~aasse fibertrifft. Die Grfmde ffir dieses Verhalten werden sp~ter nooh erSr~erg werden; bier mSge nut die Thatsaohe als solohe Erw~hnung finden. Zweitens isg hervorzuheben, dass die in der eben mitgegheil~en Versuchsreihe gefundenen Werthe nioh~ vollst~ndig mig den yon Laplace gegebenen fibereinstimmen. W~hrend dieser die Milzbrandsporen in 4prooen~iger LSsung naoh 24 Stunden~ in 2prooentiger naoh 72 Stunden Zu Grunde g'ehen sah~ haben sioh dieselben bier in der 4prooentig'en kalgen 1 Tag~ in der heissen 9 Tage~ in der 2procentigen kalten 14~ in der heissen g'ar 22 Tage lebensf~hig erhalten. Die Yeranlassung fiir diese I)iffer~nz is~ wohl in einem Ums~ande zu suohen~ auf welchen neuerdings E. v. E s m a r c h 1 mit Naohdruok hingewiesen hat, n~mlioh in der 1 -Diese Z e i t s c h r i f t .
Bd. V. S. 67 ft.
524
C~-~. Fa~'~,.~:
sehr v e r ~ n d e r l i c h e n und yon Fall zu Fall wechselnden W i d e r s t a ~ d s k r a f t d~r ~ [ i l z b r a n d s p o r e a ~elbs~. Wi]n'end man frfiher naeh de~i ersten grundlegenden K o c h'schen Versuohen 1 allgemein annahm, dass die Sporen in 5procentiger Carbols~ure schon naoh 2~ Tagen. mit Sicherheit verniohtet ~eien, hatte zuerst P . = G u t t m a n n 2 eine ~ehr viei hShere Re~ Sistenz derselben beobachtet und gefunden, dass sie nooh nach 37t~gigem Verweilen ia 5 procentigem Phenol lebensg~hig waren. Bei tier-eingelienden Untersuohung, mAt welcher E s m a r c h diese Verhhltnisse n~her aufzukl~ren bemfiht war, zeigten sich zwischen Milzbrandsporen verschiedener tterkunft die erheblichsten Differenzen :gegen~ber der Carb01shure; eiuige Pr0be~i waren in der 5proceatigen LSsung nach 4 Tager~ abgestorben, andere nach mehr als 40 Tagen noch nicht getSdtet. E s m a r c h sieht sich dutch diese Ergebnisse zu der Forderung veranlasst , ver g 1e! o h e n d e n Desinfectionsversuchen stets nut dasselbe, vorher auf seine Resistenz genau gepr~fte Probemate~ial zu ~ u n d e zu iegen ::und die erhaltenen Resulta~e nach den hierbei ermitteiten-~u zu l~eur, theilen. I n t i e r That is~ eine derartige Vorsichtimassregel ~ohl gan~un~ umg'~inglich. Nun hat es sioh mar bei wiederholten, geradeauf dieseii Punkt gerichteten Experimenten abet gezeigt, dass der Grad der Resistenz, welchen an Seidenf~den angetrocl~nete h[ilzbrandsporen einmal besitzen, denselben als eine Art yon R a s s e n e i g e n t h f i m l i c h k e i t auoh ziemlich lest und d~uernd anzuhaften pfleg~. Kat man ffir eine bestimmte Sorte yon Spo~'en dos Maass der Widerstandsfhhigkeit genau ermittelt, so ward man finden, class, wenn man nun yon solchen Sporen aus wieder eine neue Generation auf Agar-Agar oder Kartoffeln u. s. w. z%htet und gleichfalls an Seidenfiden antrooknet, die ffir dos Ausgangsm~terial seiner Zeit festgestellten Werthe der Resistenz ouch ffir die frischbereiteten Sporen zutreffen. Die Differenzen im WiderstandsvermSgen machen sioh also nut bei Sporen yon ursprfinglich verschiedener Kerkunft geltend, u n d ward es hies'dutch m6glioh, stets mat einem in dieser I-Iinsioht w e s e n t l i c h gleich~ r t i g e n Testobject zu arbeiten. Dabei wird es sich zum Zwecke eines raszheren Verstindnisses vielleicht empfehlen, in Zukunft bei de~" ]Kittheilung yon Desinfeotionsversuchen die dabei benutzten Mfizbrandsporen nach dem Grade ihrer Resistenz yon vornherein etwas n~her zu oharakterisiren. Legt man eine jederzeit leicht und genau herzustellende, in ihrer Zusammensetzung unverinderliohe 5procentige LSsung'von reinem krystallisirten Phenol eine~" solchen vergleichenden Bestimmung zu ~runde, so k6nnte man Milzbrandsporen, die in derselben nioht linger als h6chstens 10 Tage zu bestehen 9 ~
Mittheilun~en aus dem .Kaiserl. Gesundheitsam~. .Arc]ziv. 1887. Bd. CVIL S. 459.
-~ V i r c h o w ' s
Bd. I.
S. 234ff.
525
EIN ~EITRAG ZUR DESlNFECTION~FRAGE.
vermOgen, als ,schwaoh-widerst~ndig", solche yon 10~-20 Tagen als ;,mi~tel-widersthndig", solohe yon 20--40 Tagen als ,,hooh-widerst~ndig", Solohe yon mehr als 40 Tagen abet als ,,husserst-widerst~indig" be~eiehnen. Die bier und bei allen den w e i t e r e n m i t g e t h e i l t e n VerSUchen l~enutz~en Spor~n gehSren n a n der l e t z t e r e n Classe .an, d. h. besitzen, ei~ne gan z hervor~:agende Resistenz, die nicht nut gegeniibe~ der Carbo]s~ure~ sondern auch. gegen chemische Mittel anderer Art . zum Ausdruck kommt. Als Beweis hierffir mSgen beispielsweise folgende Zahlen .dienen: T a b e l l e 2. .5 Min, Sublimat i : 2000 desgl,
i : 1000
salzsaures Sublimat "1 : 2000 desgl.
1 : 1000
arg. nitr. 1 Procent
§
'
10
Min. +
20 Min.
30 Min.
§ §
4-
-r
+
+' +
+ +*
§
+
+
§
40 1 M~n. ] Stunde - ~ *
_ _
_ _
_ .
_ _
_ _
i
Gerade im Kinbliek auf sol,he Resultate wird abet die Leistungsfiihigkeit einer kalt bereiteten. ]Kischung yon Schwefelsi~ure and roher C~rbols~ure "als eine aieht zu untersch~tzende erscheinen. Isf dieselbe doch im Stande, in 5procentiger L5sung innerhalb 24 Stunden :Milzbrandsporen zu vernioh~en, die in 5procentigem Phenol mehr als 40 Tage, in 1 ~ o Sublimat mehr als 20 Minuten lebensf~hig zu bleiben vermSgen. Diese in vollster B e s t ~ t i g u n g der Laplace'schen Befunde bier ermittelte U e b e r l e g e n h e i t der S c h w e f e l c a r b o l s ~ u r e vor dem r e i n e n P h e n o l verdient entsohiedene Beachtung. Sollte dem Schwefels~urezusatz an und fflr sich eine so erhebliche ErhShung der Desinfectionskraft zu verdanken sein? Die nicht gerade besonders hervortretenden desinficirenden Eigensohaften der reinen Sohwefels~ure maohten diese Vermuthung yon vornherein wenig wahrscheinlich; doch ist es andererseits bekannt, dass sich bei der Vereinigung yon Phenol und Sehwefels~ure neue, wohl umschriebene ohemische Verbindungen bftde~, sogenannte Phenolsulfos~uren, die als yon den beiden Componenten vollst~ndig verschiedene KS~er auoh ihre ganz besonderen desinfioirenden Qualit~ten besitzen konnten. Um dies zu vermitteln, wurden deshalb, genau wie bei tier robert Carbols~ure, g l e i c h e G e w i c h t s m e n g e n yon reiner Schwefels~ure und r e i n e m P h e n o l thefts in der W~rme, thetis in der K~lte zusammengebracht und yon dem Gemisch dann prooentische LSsungen in destftlirtem
526
CA~Z:FR~NKEL:
Tabelle .1: Tag
Gemisch yon Phenol und Schwefel -~ s~iure, kalt berei~et. 1 ,Procgnt. desgl. 2 Procent. -desgl.
5 Procent. :
Dasselbe Gemiseh, heiss bereit. 1 Pr0c. desgl. 2 Procent. 9 desgl. 5 Procent. Orthophenolsulfos~iure. 1 Procent. desgl. 2 Procen~. desgl. 5 Procent. Paraphenglsulfos~,iure. 1 Procen~. desgl. 2 Procent. desgl. 5 Procent.
" 2 Tage
§247 .
3 Tase
§
+++
+++
§247247
§
§ 2 4 7§
§
§247
++§
+§
§
+§247
§247247 §247
~++ .§247247
+++
§
+§ §
§
++§
++§
§
5 Tage
'
+.+ § +*:.
+§
4 Tage
§247 §247247 §247247
-
-
§247247 §247247 +§247 §247247 .§247247 +§247
§247247 §247247 §247247
Wasser hergestellt. Die sich bei de~: Mischung bildenden Substanzen besassen zun~chst eine syrupartige Consistenz, deutlichen Geruch nach Phenol u. s. w.; schon nach wenigen Stunden begann das kalt bereitete Gemenge aber zu erstarren, d. h. es krystallisirte der neuentstandene KSrper, eine P h e n o l s u l f o s h u r e , als schwach rSthlich gef~hrbte, feste, salzartige Masse aus, whhrend die warm bereitete Mischung ihre syrup~rtige Consistenz welter behielt. Zum Vergleiche mit diesen rein empirisch hergestellten Mischungen warden dann noch aus tier Kahlbaum'schen Fabrik hier reine 0rthound Paraphenolsulfosi~ure bezogen, und die entsprechenden procentischen LSsungen derselben mit den anderen gemeinschaftlich untersucht. Die hierbei erhaltenen Resaltate zeigt Tabelle 3. Wie man bemerken wird, ist der Einfluss der Sulfirang ein ganz unverkennbarer: w~hren4 die Milzbrandsporen vorher in einer 5procentigen LSsung der reinen Carbols~ure mehr als 40 Tage lebensf'fihig geblieben waren, sind dieselben bier sr nach 2 bis 9 Tagen abgestorben. Dass den Sulfoverbindungen des Phenols, den Phenolsulfos~uren, eine erhebliche desinficirende Kraft zukomme, ist bereits sei~ l~ngerer Zeit bekannt. Namentlich die 0rthosulfosiiure, die unter dem Namen ,,Aseptol', als Desinficiens benutzt wird, ist daraufhin 1 wiederholt und besonders yon Hueppe ~ einer eingehenden Priifung unterzogen worden. H u e p p e fand, t S e r r a n t , J:. Th. 1885. p. 497. ~ Berliner klinisc/~e VFochensehrif~.. 1888. Nr. 37.
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E1N BEITRAG. ZUR DESIN~F:ECTIONSFRAGE. .
6 Tage
7 Tage
STage
9 Taffe
+++
+++
+++
+++
loTage ll +++
T~ffe: 12 Tage l 18 Tage 40 Tage
§
++§
9 +§ i ] §
,
+++ -
+++
++
4-++ +++ ++ +++++
+++ +++ + +++ ++
-{-*
9
+
- ~
-
+*
§
9
+++ +++ ++ +++
§
§247 ++§ + § +*
§
+
+++ +.*
++-4+*
+§ +++ §
+~+
+++
++§
§247247 §247 +* ] +*
+++
§247 - -
++§ +++
§247247 §247 §247 §
4-.+ + - -
.
+4+*
§ m
9
+++
+++
+++ ++
+++ ++
++4+++ ++
- -
§ -f- -b + I
_ _
+§ -{_* - -
dass eine 10procentige LSsungdes Aseptol h_[ilzbraadsporen in 30 ]~iinuten verniohte, wShrend eine 5procentige, 3procentige und lprocentige LSsung in 24 Stunden nooh keine deuttiche Einwirknng auf dieselben wahl"nehmen liessen. H u e p p e macht welter darauf aufmerksam, dass man die LSsungen des Asept01 n i c h t erwSrmen dfirfe, da hierbei die wirksame Orthov e r b i n d u n g l e i c h t in die e r h e b I i c h w e n i g e r w i r k s a m e P ~ r a v e r b i n d n n g fibergehe. Es kommt, diese Be~bachtung auch in den oben mitgetheil~en Resultaten zum Ausdruck; die kalt bereiteten LSsungen stehen an desinficirende~ Kraft erheblich fiber de~ in der W~rme gebildeten. Ob die gleiche Erscheinang bei den LSsungen d e r m i t Schwefels~urezusatz behandelten robert Carbols~ure, auf welche wit oben bereits hinwiesen, auf wesentlich identisohe VerhSltnisse zur%kzuffihren ist, wird weiterhin noch erSrtert werden miissen. . Als bes0nderen u der Orthosulfos~ure gegenfiber dem reinen Phenol hebt H u e p p e ihre v o l l k o m m e n e L S s l i e h k e i t in W a s s e r und ihre geringe A_etzwirkung hervor. Den absoluten Desinfectionswerth sch~tzt er im Uebrigen etwa gleich hoch wie den des Phenols, namentlich im Hinbliek auf die Koch'schen Beobachtungen, class eine 5procen~ige LSsnng der reinen Carbols~ure bereits in 24 Stunden ~ilzbrandsporen zu vernichten ,vermSge. Wenn wit bei unseren Yersuchen eine unzweifelhafte Ueberlegenhei~ der sulfirten Phenole vor den LSsungen der reinen Carb~ls~ure nachweisen konnten, so erkl[trt sich dies den Hueppe'schen Befunden gegenfiber daher aus der Thatsache, dass H Ue pp e die Versohieden-
528
CAR~ FRiNKEL:
heiten in der Resistenz der ~Iilzbrandsporen nicht berficksichtigte und die damals Yon Koch erhaltenen Resultate ohne Weiteres mit den seinigen verglich. 17ach alledem w_~e deshalb gewiss auch ffir die Praxis eine.bevorzugte Benutzung der s u l f l r t e n P h e n o l e an Stelle des reinen Phenols zu empfehlen, zumal es ein fiir die grosse ~ehrzahl aller organischen Verbindungen gfiltiges Gesetz zu sein scheint, class an und ffir sich dem menschlichen 0rganismus giftige Substanzen mit dem • einen Theft ihrer sch~dlichen Eigenschaften.verlieren, wo eine S a l f o g r u p p e .in sie eintritt. ~Nun musste es abet entschieden auffallen, dass die sulfirten LSsungen des r e i n e n Phe~nols, trotz ihrer schongesteigerten Wirksamkeit, doch den LSsungen der robert, mit Schwefels~ure vermischten Carbols~ure noch um ein Bedeutendes n a c h s t a n d e n . (Vergl. die Tabellen 1 und 3.) Es konnte dies nut dureh die Annahme erkl~rt werden, dass die robe Carb o l s h u r e selbst KSrper yon sehr hoher D e s i n f e o t i o n s k r a f t enth a l t e , deren Eigenschaften jedoch erst dann zu Tage treten, wenn die in Wasser fast unlSsliche Carbols~iure dutch den Zusatz yon Schwefels~ure aufgeschlossen und in eine 15sliche Substanz iibergeffihrt wird. Die robe Carbols~ure wird bei der Destillation des Phenols aus dem TheerS1 als Rfickstand erhalten und besteht im Wesentliehen aus den hSher sied~nden Homologen des Phenols, den Kresolen, Xylenolen, Guajacolen n. s. w. Um zu entseheiden, ob einer und dann welcher dieser Componenten eventuell so besonders hohe desinficirende Eigenschaften besitze, mussten diese Stoffe zuerst aus tier Carbols~ure abgeschieden und yon einander getrennt werden. Es wurden deshalb 200 ~ roher Carbols~ure im Fractionirkolben d e s t i l l i r t , die Destillationsproducte yon 20 zu 20 ~ gesonder~ aufgefangen, sparer f~r sich nochmals fractionirt und die so erhaltenen Bestandtheile des Weiteren untersucht. Bis 185 o gingen nur geringffigige Spuren yon Flfissigkeit fiber, wohl aus Wasser und kleinen Resten des bei 1800 siedenden Phenols, die im TheerS1 zurfiekgeblieben waren, bestehend. Von etwa 190 o an abet entwickelte sich eine sehr ergiebige Destillation, die bei langsamem Steigen des Thermometers bis etwa 2050 anhielt und mehr als die H~lfte der gesammten genge der robert Carbols~iure fibergehen liess. Das Destillat war eine vo]lst~ndig klare, leioht gelblich gef~rbte, 51ige Flfissigkeit yon eigenthiimlichem, starkem Geruche und neutraler Reaction. Yon 210 ~ his 2400 traten dann nur SlOhrliche ~ n g e n aus dem Siedekolben und erst bei der
FdN B E I T R A G
529
Z U R DESINFEOTIONSFRAGE.
genannten Temperatur setzte die Destillation nochmals re_it Energie ein, nun yon 10 ~ zu 10 ~ etwa gleiche Mengen liefernd. T a b e l l e 4. Gesammtmenge: 200~ ~ . bis 1750 nicht% i75 bis 185 o . . 1~/~~ 185 , , 195 o etwa 4O ~? } schwach gelblich ge~irbte 51ige Fltissigkeit, 195 . 2050 . . 60 . 205 . 2250 . 10. 225 . 2450 . 10. 245 . 2550 . 20. deutlich gelb gef~rbt, 255 . 2700 . 30. 270 . 290 ~ . 2 0 . br~unliche Fltissigkeit. R~ickstand e~wa 10 ~m. Diese F r a o t i o n e n erwiesen sich zun~chst s~%mmtlich als in Wasser vollst~ndig unlSslich. Weder dutch kr~ftiges Sch(itteln, noch-unter dem Einfiuss hSherer Temperatur i noch endlich nach tagelanger Ber~hrung mit dem destillirten Wasser waren mehr als ganz geringftige Spuren in LSsung iibergegangen, so dass es nicht mSglich war, die dcsinficirenden Eigenschaften der reinea Substanzen n'~her festzustellen. Es musste vieimehr der Yersuch gemaoht werden, die bier gewonnenea Stoffe, ebenso wie dies bei der rohen Carbolshure gelungen war, dutch Misohung mit Sohwefelss in einea 15slichen Zust~md fiberzufiihren. Es wurden wieder gleiohe Gewich~s~heile ~'einer concentrirter Schwefelshure und tier oben n~her bezeichneten Fractionen unter sorgf~ltiger Abkiihlung des bereiteten Gemenges zusammengebracht~ und es zeigte sich nun in tier That eine ganz v o l l k o m m e n e L S s l i c h k e i t tier entstandenen Mischungen in Wasser. Eine 5procentige LSsung derselben verhielt sich 5'[ihbrandsporen g.egeniiber folgendermassen: T a b e l l e 5. 5 Procent. LSsung
1 Tag
175 bis 185 185 his 195 195 his 205 205 bis 225 225 bis 245 245 his 255 255 his 270 270 bls 290 reines Phenol
4-*
2 Tage
3 Tage
4 Tage
5 Tage
.
Zei~ehr,
s
Hygiene,
Vl.
+++ +++ +++ +++
D
--
--
+ ++ + +'§ +++ +++ ~4
9 Tage
530
C ~ Z FR~VKEL:
Es zeigt sich hierbei ein sehr bemerkenswer~her Unterschied in tier Wirksamkeit de1"einzetnen Fractionen: D a r n a e h v e r m S g e n die hSher s i e d e n d e n B e s ~ a n d t h e i l e sich mit den bei verh~ltnissm~ssig n i e d r i g e n T e m l o e r a t u r e n ( { b e r g e h e n d e n gar n i c h t zu messen, und es kann nach dem Ausfall tier mitge~heilten Yersuche sogar noch als eine offene Frage erscheinen, ob denselben iiberhaup~ desinficirende Eigenschaften wesentlieher Art zukommen. Dagegen besitzen besonde~'s die Zwischen 185 und 2050 destillirten Fractionen, die fast die ttSlfte der ~'ohe~ Carbols~ure ausm~chen, eine sehr hervor.rageade Kraft, die welt stSrker als die des reinen Phenols ist und auch der Wirksamkeit der eatsprechendea LSsung. einer Mischung yon Schwefels'~ure und roher Carbols~ure nicht nachsteht. Was sknd es nun ffir Stoff'e~ welche bei den angegebenen Temperaturen aus der rohen C~rbolsSure iiberdestilliren? Da es bekannt ist, dass bei .188~ 2010 und 1980 die Siedep~nkte der versehiedenen isomeren Kresole liegen~ welche, wie wit be~'eits erw~hnten, in den Rfickst~nden des TheerSls, also der robert C~rbolsi~ure enthalten sind~ so wurde es in hohem ~Iaasse wahrscheinlich, dass ebea die Kresole diese Substanzen da~'stellten. Zur Gewissheit konnte diese Vermuthung allerdings erst we~'den, wenn sie bei Versuchen mit den reinen Kresolen ihre Best~tigung fand. Die Kresole uaterscheiden sich yon dem eigentlichen Phenol C~H~OH dadurch, dass ein K des Benzolkerns dutCh eine Me~hylgruppe ersetzt ist, und haben deshalb die Formel C,H~CH~OH. Da die Siedepunk~e der einzelnen Isomeren sehr nahe bei einander ]iegen, gelingt es nicht~ die letzteren dutch einfache Frac~ionirhng zu isoliren; dieselber~miissen vielmehr dutch Diazotirung aus den entsprecheaden isomeren Amidotoluolen, den Toluidine~ gewonnen werden, eine Thatsaehe, die bier erwShnt sein mag, well sie die Veranlassung f~ir den nicht unerheblichen Preis dieser Substanzen is~. Das reine o-Kresol und ebenso das p-Kresol si~d feste, krystallinische KSrloer, deren Sqhmelzpunkt bei 30 o resp. bei 360 liege; die Krj~stalle des 5-Kresols haben eine schwach rstl~liehe, die des p-Kresolseine leieht gelblithe Fhrbung, m-Kresol ist eine fa~'blsse, dicldiche Flfissigkeit~ deren Siedepuakt bei 201 o liegt. Alle diese Kreso[e haben einen eharakteristisehen, jedooh nicht sehr intensiven Geruch. Um die d e s i n f i r Eigenschaf~en der Kresole zu priifen, versuch~e ich zun~chst, mir w~isserige.LSsungen diese~ 3 KSrper (bezogen aus der Kahlbaum'sehen ]~abrik): herzustellen; dabei zeigte sieh abet, dass dieselben in Wasser nur schwerilSslieh waren. Trotzdem besasse~ Mischungen yon 100 era3 Aqu. dest. mit je 5 gr~ der drei Kres~le eine
531
EIN BEITRAG zut~ DESINFECTIONSEE•
nicht unerhebliche desinfir Kraft, die na~firlir auf Rer doch schliosslich in LSsung fibergegangonen Theile kommen musste.
tier
T a b e l l e 6. --,,
1 T~g 2 T~ge 3 Tage'4 T. 5. T. 6 T7~T . 8 T. 9 T. § lOO Aqu. dest. 5 o-Kresol . . ++4- § 2 4 7 §247 + § 2 4 7 + § + + +* 100 Aqu. dest. 5 m-Kresol 100 Aqu. dest. 5 p-Kresol +§ '1
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Es wurden nun wieder, gaaz in der n~mlichen Weise wio bei den fri~heren Versuohen, gleiohe Gowiohtsmonge~ coaoontrirter Schwefels~ure zu Hilfo genommen. Das o- und das p-Kt'esol schmolzon in derselben ziemlich rasch, das m-Kresol vermisch~o sioh gleiohfalls ohne Schwierigkeiten. Die so e n t s t a n d o a e n G e m o n g o a b o r ISs~en sich in j o d e m b e l i e b i g e n V e r h S l t n i s s e leioht in Wasser. Der Desi~ffec~ionsversuch gab folgondes Resu]tat (s. Tabe]le 7~ S. 532). Die Desinfectionskraft derartiger Misohungen yon SchwefelsSuro uad Kresol erscheint d~naoh uls eine ganz erhebliche, n~mentlich wenn man bedenk~, dass in den entspreohendon-LOsungen ja immer nut die ttStfto des angegebenen Werthes an rei~em Krcsol vorha~den ist~ eino 4prooen~ige LSsung also nut 2~ Kresol auf 100 en~hSlt.. An der Spitze stehon die aus dem m-Kresol horvorgegangenen LOsungen, die 4prooentig schon naoh 7 Stunden auf ~iilzbrandsporen eine deutlioh erkennbare Wirkung aus(ibe~ und dioselbe~ naoh 8 Stunden endgfiltig vernJohten, ihnen folgt dann die p-u die in 10 Stuaden alas gleicho Resultat ergiebt m~d daran sohliesst Sioh~ allerdiugs in einigem Jbstande, die o-Verbindung. Bei den 2prooentigen LOsungen maoh~ sioh diesolbe Rcihenfolge wieder bemerklioh, wiihrend die ]prooentigen LSsungen, wenigstens innerhalb dor bier beobaoh~eten Zeit, ohno Wirkung geblieben sind. Dass die entsprechendon LSsungen der Misohung yon roher Carbolshure und Schwefolshure, an diese Erfolge nicht heraazuroichen vormSgen, ergiebt sich ohne Weiteres aus den betreffenden Rubriken. Schon nach dem Ausfall diesor u konnte os als zweifellos ~ngesehen werden, dass die Kresole h o r v o r r a g o n d e dosinficironde E i g o n s c h ~ f t e n besi~zen. Dagogen mussto os noch.fraglich ersoheinen, ob os das reino Kresol als solches, alas dutch den Zusatz der Schwefols~ure nur in LSsung gebracht sei, odor eine neue aus einer innigeroa Yerbindung tier beiden KSrper hervorgegangene Verbi~dung, oine Kresolsalfos~ure odor etw~s dem Aehnliches sei, auf deren Rechnung die bier mi~gothoilten Erfo]go zu se~zen s~ien. 34* TM
532
C~RL I~Ei~KEL :
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]~IN ]~EITRAG ZUI~ DESINFECTIONSFRAGE.
533
Bei den Phenolen sahen .wit unter entsprechenden Yerhiiltnissen die zweite dieser MSglichkeiten sich erftillen; bei einfacher Yermischung yon Carbols~ure und Schwefelsiiure entstand in fiberwiegender ~enge eine Phenolsulfos~ure, welche eine die Wirksamkeit der beiden Componenten iibertreffende Desinfectionskraf~ besass. Aber die Phenole sind KSrper, welche einer glatten Sulfirung besonders leicht zugSnglich sind, und es war damit noch keineswegs gesagt, dass die Kresole, trotz ihrer nahen Yel~vandtschaft mit den Pheaolen,-sich unbedingt ebenso verhalten miissteu. Um dies zu entscheiden, versuchte ich zuu~chst die desinficirenden Eigenschaften einiger zweifelloser, reiner K r e s o l s u l f o s ~ u r e n festznstellen. Es wurde mir dies mSglich dutch die liebenswiirdige Beihii]fe des Hrn. Dr. O. N. W i t t , dem ich hierftir zu ganz besonderem Danke verpflichtet bin, sowie dutch das Entgegenkommen der Firma C a s s e 11a & C o. in Frankfurt a/M. Der Erstere stellte mir eine reiue P a r a k r e s o l o r t h o s u l f o CHs ,
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sSure ~)HSos in whsseriger LSsung zur Yerffigung, yon Cassel]a " x /
OH erhielt ich: 1. eine KresolsulfosSure aus Rohkresol, 2. Parakresolsulfos~ure CHs
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S().~ beide in wSsseriger LSsung, 3. parakresolsulfosaures Na, 4. Natron-
OH salz tier Rohkreso]sulfosiiure, 5. orthokresolsulfosaures Na. Endlich fertigte mir die Firma Kaht baum hier auf meine Bestellung eine gewisse Quantit~ 0rtho-, Meta- und Parakreso]sulfos~ure in concentrir~em Zustande an, die ich dann gleichfalls in meine Untersuchungen einbezog. Die yon tim. Dr. O. N. W i t t mir iibergebene LSsung war eine klare, rSthlichbraune, v011st~ndig g e r u o h l o s e , stark saure Fltissigkeit, die yon tim. Dr. W i t t a]s ,,frei yon Kresol und etwa 7procentig" bezeichnet war. :In tier That erwies sich dieselbe bei tier Titration mi~ NormalsodatSsnng als fast genau 7 procentig (7.932 Procent Gehalt an Sulfos~ure), mit Bariumchlorid trat keiue Trtibung ein, freie Schwefels~ure war also nicht vorhanden. Die mit dieser LSsung erhaltenen Resultate waren nun folgende: Tabelle 8. ~24Stunden[ 2 Tage 7 Procent ~ 45 2
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I
+*
I
+*
1
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3 Tage
5 Tage
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-{-*
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+* +
§ §
534
C A ~ F~XNXEn:
Wie man sieht, steht die W i r k s a m k e i t dieser LSsung hinter der Desinfectionsl~raft der vorhin erw/ihnten blossen Mischung yon Kresol und Schwefelsiiure nicht unwesentlich zuriick. Trotzdem sind die desinficirenden Eigenschaften dieser Parakresolsulfos~ure abet immer noch sehr erhebliche; vergleicht man dieselben beispielsweise mit denen der t'einen CarbolsSure, so erweist sich die Kresolverbind.ung als ganz bedeutend rascher wirkend. Was dort erst in 40 und mehr Tagen erreicht wit'd, die vollst:,indige Vernichtung der resistentesten Milzbrandsporen, ist hier schon nach 5 Tagen erzielt. Dabei wirkt die Kresolsulfosiiure viel w e n i g e r ~tzend als die Carbols'Sure, eine 5procentige LSsung greift die Haut nicht in merk]icher Weise an und selbst die gegen LSsungen tier reinen Carbols~ure ausserordentlich empfind]iche 5Iundschleimhaut vermag eine 4procentige LSsung noch ohne Beschwerden zu ertragen. Berticksichtigt man ferner noch, dass die hier benutzte. Kresolverbindung leichter 15slich ats alas Pheno! und auch in 7procentiger LSsung vollstSndig g e r u c h l o s ist, so wird man diesem ~Iittel ohne Uebersch~tzung doch einen gewissen Werth fiir die Desinfectionspraxis zusprechen und in demselben eine brauchbare Bereicherung unseres Vorraths an Desinfectionsmitteln sehen diirfen. Dass sich nun nich~ nur dieParakresolorthosulfoverbindung dieser u erfreut, vie]mehr die ganze Gruppe hiel"in etwa gleichsteht, ergaben die Versuche mit den Cassella'schen LSsungen. Die erste, bezeichnet a]s eine 20procentige KresolsulfosSure aus Rohkresol, stellte eine gelbliche, stark saute, geruchlose Fl(issigkeit dar, die mit BaCl~ keinen Niederschlag gab, also frei yon H2SO.~ war. Die andere~ eine Parakresolsulfbshure, gleichfalls iu 20procentiger LSsung, war fast identisch mit der yon Herrn Dr. W i t t angefertigten Verbindung, nur class die Stellung der Sulfogruppe hier keine so genau bestimmte war. Die Substanz besass im Uebrigen alle Eigenschaften, die vorhin bei der Parakresolorthoverbindung erw~hnt sind. Die bier erha]tenen Resultate waren: Tabelle 9. I
I
~
1 Tag 12 Taffe 3 Tage 4 Taffei5 Tage'~6 Tage 7 Tage I
I
Kresolsulfos~iure aus Rohkresol 5 Procent. desgl. 4 Procent, desgl. 2 Procen~. Parakresolsulfos~iure 5 Procen~. desgl. 4 Procent. desgl. 2 Procent.
§247 +§
§
§+ ' +
§
+++
s
++ +§
535
~IN ~EITRAG ZUR ~ESINFECTIONSFP~kG]E.
Die yon Kahlbaum angefertig~en, reiaen Sulfos~urdn waren feste, krystallinische Substanzen, die o-u ]eicht ~5~hlich, die m-u bindung, weiss, die p-Verbindung gelblich gef~rbt; an der Luft nehmea sie mit. Begierde Wasser auf und zerfiiessen bald fast vollst~ndig; alle d~ei, a~ wenigsten die va-Verbinduag, besi~zen eineu charakteristischen Geruch. Sie sind in Wasser leicht uad in jedem Verh~niss 15slich; die LSsungen enthalten~ wie die BaCl~-Probe ergiebt, keine freie H~SO~, reagiren stark s~'l~lez- 11. s. w .
Tabelle 10.
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~ :
Ort;hbkresolsul fosS.urel0Procent; desgl. 5 Procent desgl. 4 Procen~ desgl. 2 Procent Me~akresolsulfos~urel0 Procent desg~. 5 Procent desgL
4 Procent
desg]. 2 Procent
+ * [ - + /i - + ".~: ++
;
~.
-§
2§
§§
§
§ 2 4 7 ++-t-I §
++
§
++ §247
++
§ "§ § -b+
+
~
~ -t + + 6 ~ :+ + + + +
Parakresolsulfos~ure;10 Procen~
~ +*
--
5 Procent desgl. 4 Procent
+ + ] + +
+ + + +
desgl.
+
++ +§ +§
+ ~ + ~ +~
l
§247 ++ +§
_
.+
_
+
Die Wirksamkeit tier verschiedenen bier untersuohten LSsuagen ist also keineswegs eine gleiche. Woraaf diese Differenzen zurfiokzuf~lhren sind, weshalb z. ]~. die uater 2 yon Cassella bezogene Parakresolsulfoverbindung entscl~ieden die stSrksten, dagegen die yon Kahlbaum angefert~gte Parat~reso]sulfos~mre ~o erheblich schwSchere Eigenschaften besitzt, vermag ich aicht zu entscheiden, h~[Sgl~ch, dass Abwe[chuagen in tier Art der Herstellung u. s. w. hier voa ]~edeutuag sind; es wtirde Aufgabe weiterer, die chemische Seite der Frage berficksichtigender Experimente sein, hieriiber ni~here Aufklhrung zu bringen. Auf jeden Fall ~ber batten selbst die am weaigsten wirksamen LSsungen aoch eine betr~cht~iche Desi~fec~ionskraft an dea Tag gele~-t; dass diese FShigkeit ganz unmittelbar auf Rechnung der unversehrten S ulfogruppe in der Kresolverbindung komme, ging daraus hervor~ class mit dem Augenbl.ick, wo die Stfifoshure in ihr Salz iibergeftihrt, tier Wasserstoff der Sulfogruppe also anderweitig erse~zt wurde, die desinficirenden E i g e n sch~ften der betreffenden S~bstanz sofort verloren waren. Neutralisirte
536
C~
FR~N'~EZ:
man beispielsweise die saure Witt'sche LSsung mit der entsprechenden Menge yon lqa~C03, so waren Milzbrandsporen selbst n~ch 40 Tagea noch nicht in derselben abgetSdtet, und ganz die gteichea Resultate gaben auch die yon C a s s e l ~ hergestetken S~ke, d~s par~kresolsulfosaure N~t~on u. s. w. Die s~ure Reaction, welche ~uf der Anwesenheit der intacten Sulfogruppe be~ht~ ist also nothwendig ffir die-Wirksamkeit dieser Yerbindungen. Kehren wit nun zu der Frage zuriick, welche den Ausgangspunkt fiir diese Reihe yon Untersuchungen gegeben hat, so kSnnte man geneigt seia, aus din oben mitgetheilten Resultaten zu schliessen, dass such bei Mischungen yon Schwefels~ure und Kresol, die sich als soausserordentlich wirksam erwiesen haben, eine neu entstandene Kresolsulfos~ure das wesentliche Moment darstel]te. Andererseits muss die Thatsache, dass die Kresolsulfos~uren doch hinter jenen rohen Mischungen zuriickstehen, wieder gerade das Gegentheil wahrscheinlich machen und die Vermuthung nahelegen, class bei den letzteren irgead ein ande~'e~ KSrper an dem Zust~ndekommen tier keimve~nichtenden Eigenschaften betheiligt sei. Es bedurfte noch einiger weite~er Versuohe, um hieriiber-in's Klare zu kommen. Die immerhin sehr hervorragende D e s i n f e c t i o n s k r a f t tier K r e s o l s u l f o s ~ u r e n im Vereine mit ihren sonstigen sehhtzenswerthen Qualithten, L S s l i c h k e i t , Geruchlosigl~eit u. s. w. hatten reich bestimmt, der eventue]len Verwendung dieser Substanzen in der Praxis-das Wort zu reden. Nun musste sich ih~em unbeschr~nkten Gebrauche abet yon von~herein tier recht erhebliche Preis hindernd in den Weg stellen, den die Anfertigung dieser LSsungen zu~"Zeit noch erfordert. Es lag mir deshalb daran, auch ffir die grSbere Desinfectiouspraxis, we]che mit gTossen Mengen arbei~et u~d zu rechnen hat, we~n mSgtich ein Mittel aus eben derselben Gruppe ausfindig zu machen. In den Verzeichnissen der chemischen Fabriken finder sich allgemein ein ,,Rohk~'esol aus Toluidinen" oder eine dem ~hnliche Substanz angeffihrt, deren 2reis ein verh~ltnissm~ssig geringer ist. Das aus der Fabrik yon K a h l b a u m bezogene Rohkresol is~ eine schwarzbraun% dickflfissige Substanz, yon starkem, eigenthiimlichera Geruche, neutrater Reaction, in Wasser fast vollst~ndig unlSslich. Schiittet man eine kleine Menge derselben in destil]irtes Wasser, so sir~kt das K~esol, ~ihnlich wie die rohe CarbolsSure~ in grossen, 51igen Tropfen zu Boden und ist selbst durch energisches Agitiren oder tagelange Aufbewahrung u. s. w. nicht in LSsung iiberzuffihren. B~ingt m~a dagegeu in der nun schon mehrf~ch erw~ha~en Weise gleiche Gew i c h t s m e n g e n dieses K~esols und ~einer concent~'irter S c h w e f e l s h u r e zusammen, so erh~lt man eine syrupartige Flfis.sigkeit, die mit Wasse~ sehr leicht und in jedem Yerhiiltnisse gelbliche, trtibe, stark riechende Emulsioaea bildet. Dieselben geben, was nebenbei bemerkt sein mSge,
537
EIN BEITRAG ZUR DESINFECTIONSFRAGE.
ebenso wie die s~mmtlichen, bisher iiberhaupt untersuchten und erw~hnten Kresolverbindungen. (ausgenommen die Salze) mit verdfinntem Eisenc hlori4 die fiir diese Gruppe charakteristische blauviolette Farbreaotion. Es verdient diese Thatsache insofern Beachtung, als sie den Beweis daftir liefert, dass sich bei den Mischungen nicht etwa _eine Kresylschwefelsiiure gebildet hat (Ersatz des Wusserstoffs im Hydroxyl dutch den S~urerest), da eine solche bekanntlich der oben genannten Reaction unzughnglich ist. Die Untersuchung der desinficirenden Eigenschaften der ,,Toluidinkresol-Schwefels~uremischung" ergab nun folgende Resultate: .Tabelle 1i.
5 Procen~. 4 2
,, ,, ,,
1Std.
2Std.
4Std.
6ShL
+ +
+
+*
+ +
+++1 ++~1
++ §247
+ +~
+ + § 2 4 7 2 4 7
I +* I
S~td.!24Std. 2Tuge3Tage + + --
+* -++
_
--
-++
+
4 Tage -
-
-
-
-
-
-
-
Diese Ergebnisse wiesen auf ausserordentlich star]~e desinficirende Eigenschaften der b~treffenden Mischung bin, welche unmittelbar an die bei tier Priifung tier reinen Kresole erhaltenen Werthe heranreichen und alle bisher yon KSrpern tier aromatischen Reihe bekannten Erfolge welt hinter sich lassen. Nun war. aber bei der emulsionsartigen LSsung, we]che die l~Iischung im Wasser erfuhr~ ein Bruchtheil des Kresols ungelSst geblieben. Dasselbe schied sich allm~hlich aus der gelblichen Fltissigkeit wieder in br~unlichen Tr0pfen ab und sank zu Boden, so dass die dem Versuche unterworl%nenMilzbrandsporen in einer Umgebung yon derartigem, ungelSstem Kresol lagen. Es dr~ng~e sich mir dabei der Verdacht auf, die Seidenf~den kSnnten sich eventuell mit dieser theerigen Substanz so innig impr~gniren, dass selbst ein langdauerndes Abspiilen in destfllirtem W.asser die. letztere nicht wieder zu entfernen vermSchte. Es h~tten die lest anhaftenden Reste dann nach Uebertragung tier F~den in N~ihrbouillon entwickelungshemmend wirken, das Auskeimen tier Sporen verhindern und also Resultate vort~uschen kSnnen~ die in Wirklichkeit nicht vorhanden waren. Um dies zu verhindern, entfernte ich die nicht gelSsten Mengen des Kresols, indem ich die LSsungen einige Tage nach ihrer Herstellung dutch Fliesspapier filtrirte. Ich erhielt dann vollst~ndig klare, je nach tier Concentration mehr oder weniger gelblich gef~rbte Fliissigkeiten, aus denen sich selbst bei monatelangem Stehen nichts wieder ausschied.
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C~R~ F~:4~u~:
Diese filtrirten LSsungea nun, deren procentische Zusammensetzung allerdings night mehr vollstiindig der urspriinglichen • entspricht, ]ieferten ganz die g l e i c h e n Resultate,. wie die vorher untersuchteu. Es konnte danach keinem Zweifel unterliegen, dass bet tier ~[ischung yon Schwefels~iure und Toluid~nkresol eine Substanz entsteht, welche iu Wasser wirklich 15slich ist und so .hervorragende desiaficireade Eigeusohaften besitzt, dass sic in die vorderste Reihe der uns belcannte~ desi~lficirenden KSrper aus der Gruppe der aromatischen Verbindungen gestell~ werden kann. Diese Desinfectionskraft tritt nun nicht nut den Milzbrandsporen, sondern auch beliebigen a n d e r e n . I n f e c t i o n s e r r e g e r n gegentiber i~l derselben Weise hervor. Es war z. B. yon I~teresse, das Verhalten der verbreitetsten Eiterorganismen, des Staphylococcus aureus, des Streptococcus des Erysipels und des Bacillus py0cyaueus in dieser Hinsicht zu studiren. Ich fiih~'te die betreffenden Versuche in ether zuers~ yon E s m ~r c h x fiir diese Zwecke vorgeschlagenen Weise so aus, dass ich frische Bouillonculturen der Mikroorganismen mit tier vierfachen Menge yon sterilisirtem Wasser versetzte und die so hergestellte Aufschwemmung mit der LSsung, deren Desinfectionskraft ich priifen wollte, zu gleic.hen Theilen vermischte; man hatte dam~ natth'lich nur noch eine halb so starke procentische LSsung vor sich. Nach Ablauf der dem Versuche zu Grunde gelegten Zeit wird eine :PlatinSse roll tier ~[ischung in frische NShrbouillon iibertragen uud~diese letztere in den Briitschrank gestellt. War dieselbe his zum ni~chsten Tage getrtibt~ so war es noch zur Entwickelung des betreffenden Bacteriums gekommen, dieses also in der beuutzten LSsung und Zeit n i c h t abgetSdtet wordem Im anderen Falle blieb die Bouillou klar und man konute sich eventuell noch nachtr/iglich dutch eiue Contro]impfung d~von iiberzeugen~ dass nicht etwa die geringe, in die N~hrflitssigkeit mit iibertragene Menge des Desinfections" mittels das Ausbleibe~ des Wachsthums veranlasst hatte. Es giebt dieses Verfahren ganz ausserordentlich sichere und bestimmte Resultate, die dasselbe ffir alle diejenigen Fh]le empfehlenswerth machen, wo ma~ alas umst/indlichere und h~iufig sogax unzulSssige Antrocknen der betreffendea Mikr0organismen an Seidenf~aden u. s. w. vermeiden will. Die hier erhaltenen Ergebnisse kSnnen nun dahin zusammengefasst werden, class eine 0 . 3 p r o c e n t i g e LSsung in 5 M i n u t e n noch die drei g e n a n n t e n B a c t e r i e n s S m m t l i c h a b t S d t e t e , wShrend beispielsweise eine 2prooentige CarbolschwefelsSuremischang, dies erst in 15 Minuten zu erreichen vermochte; eine 0.25procentige LSsung tSdtete noch Erysipel und pyocyaneus-in 5 Minuten, aureus nicht mehr; das gleiche Resultat gab die 0. lproceutige; 0: 05procentige endlich versagte in i E. v. Esmarch, Das Creolin. Cen~ralblalgf. J~acg. 1889. Bd. II. S. 11 u. 12.
]~IN ]~EITICAG- ZUR DESINFECTIONSFRAGE.
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r gew~h]ten Zeit yon 5 Minuten auch dem Erysipelcoccus und dem pyocyaneus gegeniibe~. Diese f i l t r i r t e I~iischung nun, die sich dutch eine so erhebliche Desinfectionskraft auszeichnetel e n t h i e l t die iiberwiegeade Menge der zu ihrer tterstellung verwendeten S c h w e f e l s h u r e - n o c h in vhllig freiem Z u s t a n d e in Lhs~ing. Eine yon tterrn Dr. Th. Weyl, dem ich fiir seine liebenswiirdige Unterstiitzung zu ]ebhaftem Danke verpflichtet bin, ausgefiihrte Schwefels~urebestimmung ergab in 2 Lhsungea, die jedesmal aus 4 ~ tier concentrirten Mischung auf 100 c~3 Aqu. desk bestanden , also 2 cnl~ tt~SO~ entsprachen, 3.433 und 3.46 Gewichtstheile freie H.,SO~, d. h. also etwa 1.88 his 1.94 Volumproceut reine Schwefels~ure. Das heisst mit anderen Worten: bei der V e r e i n i g u n g yon S c h w e f e l s h u r e und dem b i e r b e n u t z t e ~ R o h k r e s o l ist der H a u p t s a c h e n a c h n i c h t etwa eine neue V e r b i n d u n g , eine K r e s o l s a l f o s h u r e ents t a n d e n , s o a d e r n das Kresol und die Schwefelshure sind j e d e s f(ir sich e r h u l t e n geblieben, and es ist nur das erstere d u t c h die l e t z t e r e in Lhsung g e b r a c h t , in eine~ 15slichen Zustand iibergeftihrt, aufgesch]ossen worden. Die mitgetheilten Ergebnisse beziehen sich nun nut auf den Fall, class K~'esol and Schwefelshure unter sorgfhltiger K i i h l u n g mit ein~nder in Beriihrung gebracht wurden. Ich glaubte diese Vorsichtsmassregel namen~lich im Hinblick auf die Resultate beobachten zu miissen, welche ich bei den Versucheu mi~ der robert C~rbols'~iure erhalten hatte. Dieselbe besteht, wie wir gesehen haben, zum nicht geringen Theile aus KresoI, und hier hatte~l die kalt bereite~en 5~ischungen sich den in der Wih'me hergestellten erheblich fiberlegen gezeigt. In tier That kann diese Erscheinung uns nun nicht mehr auffallend bleiben; in tier Khlte wird dutch den Zusatz tier Schwefelsaure nut das in der rohen Carbolshure steckende Kresol in Lhsung iibergeftihrt; verabshume ich dagegen eine sorgfhltige Kiihlung der Mischung, so bilden sich Kresolsulfoshuren, als Zeichen der stattfindenden Reaction e~'folgt erhebliche El'wi~rmung des Gemenges, and eben die hierbei entstehenden Kresolsulfoshuren sind nun ihrerseits unwirksamer ~ls das reine bloss in Lhsung gebrachte Kresol. Es liegen also bier die Verh~ltnisse wesentlich auders~ als beispielsweise beim Phenol C~H~OH, welches dutch die Sulfirung, wie wit sahen, an Wirksamkei~ nicht' unbetrhchtlich gewann. Hier entwickelt das reine Kresol die sthrkste Wirkung~ die dutch Einfiihrung der Sulfogruppe nut beeintrhchtigt wird. ~ ~ W~hrend tier Drucklegung dieser Arbeit erschien in den Arbeiten aus dem .~aiserllchen Ge~ndheitsamt, BdV, Hff,.2, die Abhandlnng yon Jigger: Untersnchungen tiber die Wirksamkeit, verschiedener chemischer Desinfec~ionsmittel u. s. w,
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C~a~ F a X s ~ :
Es S011 damit keineswegs di.e 3lSglichkeit unbedingt zurfickgewiesen werden, class sich bei unseren Versuchen nicht auch kleine ~engen yon Kresolsulfos~uren bilden; vielleieht tragen dieselben dann sogar ihrerseits noch zur LSsung des Kresols mi~ bei, denn es ist bek~nnt, 4ass reines Kresol in LSsungen der KresolsulfosSuren selbst 15slich ist. Es wiirde die Aufgabe weiterer Versuche sein, yon dieser Thatsache eventuell anderen Gebraucll zu machen und vielleicht mit tt~ilfe eines Ersatzes der Schwefelshureduroh eine Kresolsu]fosaure LSsungen des Kresols zu erzielen, die eine noch erheblichere Desinfectionskraft besitzen. Auf jeden :Fall war du~'ch die bisher angeftihrten Beobaohtungen erwiesen worden~ dass in den Misohungen yon Kresol und SohwefelsSure: also auch i n den ~Iischungen der rohen, hauptsSchlich aus Kresoleu bestehenden Carbo!s:~%ure mit Schwefels~ure nicht eine KresolsulfosSure, auch nicht die freie Schwefels/iure ~ de~'en desiuficirende Eigenschaften ja weir hinter den bier erhal~enen Ergebnissen zuri~ckstet~en - - claS eigentlich wesen~liche Element darstellen, sondern nut das dutch die B e h a n d l u n g m i t S c h w e f e l s ~ u r e 15slich g e w o r d e n e K r e s o l s e l b s t . Fassen wit diese Ergebnisse noch einmal kurz zusammen und werfen wir dabei einen Rfickblick auf den bisherigen Gang der Untersuchung, so hat sich also zun/~chst gezeigt~ dass, in Best/itigung der seiner Zeit yon L a p l a c e gemachten Befunde, die gewShnliche sogenannte robe Carbo]s/~ure dutch den Zusatz yon Schwefelshure in eiue 15sliche Gestalt tibergeftihrt wird und sich nun dutch erhebliche desinfici~'ende Eigenschaften auszeichnet. Die letzteren tibertreft'en beispie]sweise die Desinfeetionslrraft des reinen oder auch des sulfirten Phenols um ein BetrSchtliehes. Es muss deshatb i~ der robert C~rbols~ure ei~e S~abs~a~z e~hal~en sein, welche an und ffir sich dem reinen :Phenol ~berlegen ist; .diese Substanz ist das K r e s o l . Das Kresol als solches ist in Wasser nut schwer 15slieh; bringt man es dagegen mit Schwefels~ure zusammen~ so wird es iSslich und l~sst dann seine desinficirenden Eige~schaften hervortre~en. Bei dieser 55.ge.r fund eine Mischung yon Salzsiiure und roher Curbotsi~ure wirksumer als eine solche yon Sc h wefelsi~ure und C~rbolsiiure. Es entsloricht dies gaaz den oben erSr~erte~ Verh~ltnissen. Durch die Salzs/iure wird der wirksame Bestand~heil der rohen Carbolsiiure, das Kresol, jedenfalls nut in LSsung gebrach~, oh~e dass die MSglichkei~ der En~stehung eines neuen KSrpers aus dieser Yereinigung vorliige. Bei der Vermischung mit Schwefe|s/iure dagegen tri~, wenn das Gemenge nicht geki~hl~ wird -- woven J~ger niehts erwS,hn~ die Bilduug you Kresolsulfos/iaren ein und damit eine Abschw~chung in der Wirksamkei~ tier betreffenden Substanzen. Man wird clanacli'vielleieht ein Aufschliessen des Kresols dutch Salzs/iure als noch geeigneter erachten miissen als wie ein solches ~ni~ Schwefels~iure. Auf jeden Fall aber ergiebt sich auch aus dieser Thatsaehe wieder der Beweis fiir die specifische Leistunffsf'~higkei~ des Kresols, die unabh~ingig ]st yon LSsungsmittel und Reaction. -
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]~IN BEITR•
ZUR DESIIVFECTIONSFR~GE.
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Vermischung bilden-sich nicht neue Verbindungen yon der Art der K r e s o l s u l f o s ~ u r e n . Zwar besitzen auch diese letzteren hervorragende desinficirende Qualit~ten, und im Hinblick auf ihre Geruchlosigkeit, ihre geringe Aetzwirkung u. s. w. kSnnen gerade die Sulfos~uren ftir gewisse Zwecke in Betracht gezogen werden. ~.ber diese S.ulfoverbindungen stehen an keimtSdtender Kraft doch noch zuriick hinter dem reinen Kresol selbst, wie es bet jener ~iischung als so]ches erhalten und dutch den Zusatz der Schwefels~ure nur iOslich gemacht, aufgeschlossen wird. Deshalb zeichnen sich auch derartige K r e s o l s c h w e f e l s / i u r e g e m e n g e durch ihre Desinfectionskraft ganz besonders aus und tibertreffen alle a n d e r e n uns b e k a n n t e n Stoffe der a r 0 m a t i s c h e n Reihe: Es war mir nun endtich noch.von Interesse, neben der ,desinficirenden" auch die ,,entwickelungshemmende" Wirksamkeit einiger der hier untersuchten Substanzen festzustellen, and zwar besonders der Kresolsulfos~uren, welche wegen ihrer vorhin erw/ihnten sch~tzenswerthen Eigenschaften e~entaell auch ftir die Zwecke der W u n d b e h a n d l a n g in Frage. kommeu konnten. D a s s Desinfection and Entwickelungshemmung zwei durchaus verschiedene Dinge seien, hat bekann~lich schon Koch ~ nachgewiesen. Dass man, um die letztere genauer zu studiren, auch die Meghode der Beobachtung in geeigneter Weise haudhaben mtisse, ist zuerst yon B e h r i n g ~ mit Entschiedenheit gefbrdert worden. Derselbe machte darauf aufmerksa.m, dass die e n t w i c k e l u n g s h e m m e n d e n Eigenschaften irgend ether Substanz crier LSsung vor allen Dingen e i w e i s s h a l t i g e n Fliissigkeitea gegeniiber it~ Th:,ttig'keit zu treten haben and deshalb auch nut" in solchen un~ersuch~ werden kSnnen. Er verwarf deshalb mit Rech~ ftir diesen Zweck die Benutzung der NShrbouilloa oder der gewShnlichen N~hrg'elatine and setzte an ihre Stelle, wo es sich um derartige Dinge handelte, das an EiweisskSrpern sehr ~'eiche B l u t s e r u m . Zugleich gab er dana aach ein Verfahren ~ an, welches in der That ftir die Feststeltung dieser Verhiiltnisse ausserordenthch brauchbar ist. Das Blutserum wird in abgemessener Menge, am besten zu 10 ~ in ReagensrShrchen geffillt and sterilisirt. Nun fiigt man aus ether Spritze~ deren C~mtile Tropfen yon gleichfalls genau bestimmtem Volumen, z. ]3. yon je ~/~.o oder ~/~o~r"a entl~sst~ dem Serum yon de~" LSsung, die untersucht werden soll, allmhhlich steigende Dosen zu. tIabe ich z. B. eine 5procentige LSsung und fass~ eta Tropfen tier Spritze 0-02 ~'~, so enthiil~ eta jeder 1 ~_. a. O. ~ U e b e r Quecksilbersublimat in e i w e i s s h a l t i g e n Fliissigkeiten. Centralblat~fiir 1888. Nr. 1 u. 2. 3 Der an~isel)tische Wer~h der SilberlSsung,en. 1)e~tsche medic, lVochenr 1887. Nr. 37 u. 38.
t~acteriologie.
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CA~ F~;i~_~:
derselben 0.001 der Substanz, welche in der 5procentigen LSsung gegebe~ war, ~mf je eiaen ~m3. Auf 10 ~ 3 Fliissigkeit (Blur.serum) also 0.0001, d. h. mit ander~h Worten, wenn ich das hier gew~hlte Beispiel meiner Berechnung zu Grunde lege, es stellt ein Tropfe~ der 5procentigen LSsung aus dem Blutserum eine 0..0001procentige LSsung her. Ich eatnehme dieser ~[ischung jetzt mit der 1)latinSse einen Tropfen, der, auf eiu Deckglas geSracht, mit einer Spur frischen Milzbraudblutes oder einer hiilzbrandcultur u. s. w. inficir~ und in einea hohlea 0bjecttr~ger eiugeschlossen wird. Wird der letztere ia den Brtitschrank gelegt, so kann man bis zum anderea Tage, je nachdem Wachsthum de~" Milzbraudbacillen eingetrete~ oder ausgeblieben ist, entscheiden, ob die untersuchte Substanz in eiweisshaltige~ Fliissigkeiten in einer Verdiinnung yon 1:10~000 noch entwickelungshemmend wirkt oder nicht. Hat~e man das Blutserum nicht mit 1, sondera mit 2 Tropfen der 5proc. LSsuag versetzt, resp. fiigt man demselben nach der Herste]lung des ersten Prhp~trats noch einen Tropfen aus der Sp~'itze zu, so hat m~m eir~e Verdiinaung 1:5000, mit 4 Tropfea 1:2500, 40 Tropfea 1:250 u. s. w., ~ und es ist kl~r, dass man dt~rch allm~ihliches Zuftigen. der geaau dosirten Tropfea und jedesmal sofort erfolgende Anfertigung eines hohlen Objecltr~igers aus ei~em und dcmselben G15sche~ Blutserum sich jede gewtinschte Concentr~tion der zu uatersuchenden Flfissigkeit mi~ Leichtigkeit he~'stellea ]
EIN
BEITRAG ZUR DESINFEOTIONSFRAGE.
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Dagegea scheinL die O i f t i g k e i t derar~iger Stoffe, wie dies auoh B e h r i a g ~ festgestellt h a t , regelm~ssig in einer gewissen Abh~ngigkeit vor~ der entwickelangsheminendea Kraft zu stehen. B e h r i n g hal fi~r eine Reihe yon Subs~anzen dieses Verh:~lt~iss sogar in eine~: ganz bestimmten Zahl ausdrficken kSnnen. Der s e c h s t e . T h e i l derjenigen Menge, welche sich nach der Beobachtung mit dem hhngenden Serumtropfen als die Entwickelung aufhebend erwiesea hart% sollte, auf das KSrpergewich~ des Versuchsthieres berechnet, genfigen~ um dasselbe dutch subcu~ane Injection mit Siche~'heit zu tSdten. In tier That ]less sich auch ff~r die bier m~tersuchten Desinfectionsmittel alas gleiche Yerhaltennachweisen. Die Kresolsulfoshure wirkt, wie erwShnt~ bei 1:300 en~wickelungshemmend: Eia Meerschweinchen yon 600~ ~ sollte also beispielsweise ~/~~1~ tier concentrirten Substanz~ d. h. 3 r ~iner 10procentige~ LSsung nicht mehr vertragen kihmen, und allerdings erwies sick eine derartige ~[cnge bei wiederholten Versuchen auch ats tSdt]iche Dosis, whhrend etwas gerin~'ere Quantithten, z. B. ~/~o~ " tier co~ce~trirten.Substanz ~- 2 ~"~ dcr 10procentigen LSsung, noch yon den Thieren aufgenommen werden konnten. 1 Ueber den antisep~ischenWer~h des Creolins. Deutsche militdr-~rztliclte Zeilscl~rif& 1888.
Erklitrung der Tabellen. + + + sehr f~ppiges Wachs~hum, + ~- etwas schw~ch'cres Wachs/~hum, + sp~rlichos Wachsthum, + * deu~liche Wachs~humsschiidigung, -kein Wachs~hum.