Z Psychodrama Soziometr (2011) 10:175–190 DOI 10.1007/s11620-011-0107-8 Hauptbeiträge
Die Grundlagen der Soziometrie – früher und heute Rainer Dollase
Zusammenfassung: Die auf Moreno zurückgehende Soziometrie hat eine wechselhafte und variantenreiche Entwicklung hinter sich, in deren Verlauf sich die eigentlich kreativen Leistungen von Moreno deutlich herausschälten. Gleichwohl er nicht Erfinder der Erhebung und Auswertung interpersoneller Beziehungen in Gruppen ist, so hat er dennoch die mathematischen Netzwerkanalysen moderner Forschung historisch entscheidend stimuliert. Morenos Verdienst ist aber die Thematisierung der Bedeutung von Beziehungen, die ja u. a. auch sein Psychodrama kennzeichnet und deren Potenz für eine Umgestaltung der Gesellschaft. Die informelle, fast basisdemokratische, evolutionäre Umstrukturierung des gesellschaftlichen Lebens nach den soziometrischen Beziehungen bleibt zwar ein politische Utopie, lebt aber als mikrosoziale Optimierungsidee an der Basis und in der Therapie weiter. Schlüsselwörter: Soziometrie · Netzwerkanalyse · Psychodrama · Moreno
Foundation and theory of sociometry—historical and actual tendencies Abstract: Sociometry as a method of social reseach is used to analyze interpersonal relations in small groups (cold sociometry) and as a base to rearrange group composition according the informal relationships (hot sociometry). These two ideas are promoted by the psychiatrist Jacob Levy Moreno (Who shall survive? 1934). A thorough look at the history of social research instruments shows, that he doesn’t invent the analyzing sociometric method as the first author. But his new and creative idea was the second idea: the rearrangement of group composition according to sociometric choices. He proposed this method not only as a therapeutic and organizational tool, but as a political sociometric movement, the so called “hot” sociometry. The cold sociometry is actually as “network analysis” expanding and of growing interest in many disciplines—the hot sociometry remains a organizational, therapeutic idea, which failed as political idea. Keywords: Sociometry · Network analysis · Psychodrama · Moreno
Online publiziert: 26.08.2011 © VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011 Prof. Dr. R. Dollase () Abt. Psychologie, Universität Bielefeld, Postfach 10 01 31, 33615 Bielefeld, Deutschland E-Mail:
[email protected] Prof. Dr. R. Dollase Primelstrasse 11, 33803 Steinhagen, Deutschland
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In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts verstand man unter dem Markennamen „Soziometrie“ insbesondere die Erstellung von Soziogrammen – einem gezeichneten Netzwerk (Graph) von Personen und ihren Sympathie- und Antipathiebeziehungen untereinander – und deren mehr oder minder geschickte Interpretation. Die Soziogramme eröffneten auf einfache Art und Weise Einblicke in die Gruppenstruktur. Man war überzeugt, dass dieses Verfahren von dem Arzt und Psychiater Jakob Levy Moreno erfunden worden war. Im Anschluss an die deutsche Ausgabe des englischsprachigen Werkes „Who shall survive“ (Moreno 1934, 1953) unter dem Titel „Die Grundlagen der Soziometrie“ entstanden zahlreiche deutschsprachige Erhebungs-, Auswertungs- und Interpretationsanleitungen für die Soziometrie kleiner Gruppen (Moreno 1954, 1996). Es hat dann seit den 50er Jahren innerhalb der soziologischen Forschung ebenfalls „Netzwerkanalysen“ und „Netzwerkdiagramme“ gegeben, die den Soziogrammen ziemlich ähnelten, aber in Unkenntnis der Soziometrie Morenos entstanden sind, zugleich aber auch andere Beziehungen als Zuneigungen und Ablehnungen zwischen Menschen in Gruppen thematisierten. Durch die gigantische Zunahme psychotherapeutischer Infrastrukturen seit etwa den späten 60er Jahren und der entsprechenden Zeitschriften, Bücher und Ausbildungsinstitutionen entstand ein neues Interesse an soziometrischen Strukturen in klinischen Gruppen (i. e. Selbsterfahrungsgruppen, Trainingsgruppen etc.). Die Anwendungsdisziplinen interessierten sich nicht nur für die mathematisch-statistische Analyse von Netzwerken, sondern insbesondere für die Anwendungsrelevanz und den theoretischen Hintergrund. Datenschutzrechtliche Bedenken verhinderten allerdings in der Klinischen Psychologie, der Pädagogik und Pädagogischen Psychologie während der 80er und 90er Jahren bundesweit soziometrische Untersuchungen (vgl. ähnliche Bedenken auch in den USA). 1 Einordnung der Soziometrie Was eigentlich ist „Soziometrie“ wirklich, abgesehen von ihrem populären Image? Der Begriff wird für mehrere Bedeutungen gebraucht (Dollase 1974, 1976). Methodisch ist Soziometrie eine Technik der empirischen Sozialforschung (wie die „Netzwerkanalyse“), mit der man relationale Daten erhebt, darstellt und auswertet. Es geht nicht nur um Beziehungen innerhalb der Dynamik einer Gruppe, sondern auch um jede beliebige andere Art von relationalen Beziehungen. Theoretisch ist Soziometrie und ihre Bedeutung davon abhängig, was man unter Theorie versteht. Falls Soziometrie als Theorie etwas erklären soll, so gibt sie keine Hinweise auf die wahren Ursachen für soziometrische Wahlen und Ablehnungen. Die klassische Soziometrie nimmt das Netzwerk als gegeben an und erklärt mit ihm die davon abhängigen Prozesse (z. B. Verhalten bei Gruppenarbeit, Leistung im Sport etc.). Im Sinne anwendungsbezogener „Theorien“ als das Gesamt der Informationen, die nicht Praxis sind, mit denen man aber dort arbeiten kann, ist Soziometrie eine Interventionstechnik – zur Optimierung von Gruppenzusammensetzungen etc. Und als Gegenstand der Forschung ist Soziometrie innerhalb der Psychologie und Psychiatrie das Teilgebiet interpersoneller Beziehungen in Gruppen – aber in der Soziologie, der Wirtschaftswissenschaft, der Geschichtswissenschaft, der Biologie und Neurowissenschaft etc. jeweils den Forschungen disziplinbezogener relationaler Daten (wer – wen Daten) gewidmet. Von der Untersuchung der Welthandelsbeziehungen bis zum Inter-
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netkontakt, vom Informationsfluss neuer Medien bis zum „networking“ in Betrieben als Erfolgsstrategie ist alles Mögliche vertreten (Pappi 1987; Feger 2005; Trappmann et al. 2005; Krempel 2005). 1.1 Wer hat die Soziometrie erfunden? Verblüffenderweise kann der Psychiater Moreno nicht als Erfinder soziometrischer Untersuchungstechniken gelten – er hat zu deren Verbesserung bewusst und unbewusst zwar viel beigetragen, diagnostische Verfahren zur Erfassung und Darstellung interpersoneller Beziehungen und entsprechende Überlegungen zu ihrer Bedeutung gab es aber bereits vorher. Moreno hat seine alleinige Urheberschaft hieran nie behauptet (vgl. Moreno 1934, XXI im Vorwort zur amerikanischen Auflage: „… bekanntlich waren in Frankreich, England und Deutschland in den Werken von Vorläufern, wie Adolf Quetelet, John Graunt und Johann Süßmilch Anfänge von Messungen sozialer Beziehungen vorhanden“). In einer Fußnote im fünften Teil der Ausgabe seines Hauptwerkes heißt es: „Die Soziometrie ist Resultat der Untersuchungen Hunderter von Forschern in verschiedenen Teilen der Welt. Sie ist ca. 50 Jahre alt“ (Moreno 1934). Im Folgenden soll kurz illustriert werden, welche Arbeiten vor Moreno soziometrische Untersuchungstechniken verwendet haben, ohne diese allerdings als solche zu bezeichnen (alle historischen Literaturangaben in Dollase 1996). Ein besonders frühe Quelle stellt eine Arbeit von Johannes Delitsch (1900) dar, der aufgrund von Befragungen und Beobachtungen eine Soziomatrix als Darstellungsform entwickelt und auch so etwas wie den soziometrischen Status (Zahl der geschlossenen, erstrebten und angebotenen Freundschaften) ermittelt, ohne allerdings die Fachbegriffe zu verwenden. Siegfried Bernfeld stellte 1922 ebenfalls typisch soziometrische Fragen und bildete die Ergebnisse grafisch ab. John Almack (1922) untersuchte Interkorrelationen zwischen Alter, IQ, dem mental age und soziometrisch gewählten Klassenkameraden („selection of associates“ zum Kriterium „Hilfe bei der Schularbeit“ und „Einladung zu einer Party“). Weitere Studien in dieser Richtung, z. T. mit elaborierten Hypothesen über die Genese von Kinder- und Jugendfreundschaften versehen, legten – ebenfalls mit typisch soziometrischen Erhebungsmethoden – z. B. Williams (1923); Caldwell und Beth Wellmann (1926) oder Furfey (1927), der sich außer auf Almack und Williams auch noch auf Warner (1923) bezieht, vor. In Deutschland sind – außer dem schon genannten Bernfeld – Hoffer (1973); Reininger (1924, 1932) oder auch Hetzer (1926) zu nennen. Hsia (1928) forscht unter Bezug auf Terman (1908, den bereits Bjerstedt mit einer Arbeit aus dem Jahre 1904 als frühen Anwender der soziometrischen Untersuchungstechnik nennt) mit Fragen wie: „Die Kinder wurden nach den fünf Personen gefragt, die sie zu einer Party einladen würden“(Übersetzung R.D.). Die vor Moreno erschienenen soziometrischen Arbeiten waren einem damaligen Trend geschuldet, der wohl noch auf der „Entdeckung“ von Kindheit und Jugend im 19. Jahrhundert fußt und deshalb auch auf die Beziehungen junger Menschen untereinander in durch die Industrialisierung möglich gewordenen Kollektiven Bezug nimmt. Zum Beispiel verstand Lochner (1927) als „Soziogramm“ eine Zusammenstellung soziographischer Informationen, i. e. Aspekte der „Mannigfaltigkeit der innergrupplichen Gestaltung“ und stellte so nebenher 167 Thesen bzw. Fragestellungen für Untersuchungen zusammen, von
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denen sich eine ganze Reihe (S. 191 ff.) auf die „Struktur der Schülergruppe“ beziehen, also wiederum typisch soziometrisch sind. Moreno hat aber die soziometrische Technik der Erfassung und Analyse auch in den „Grundlagen der Soziometrie“ erheblich und kreativ erweitert: z. B. wird von ihm die gemeinsam verbrachte Zeit als Index für Beziehungen verwendet, ein Zitattest (= „Wer zitiert wen?“), ein Phototest (= Soziometrie anhand von Fotos), soziometrische Wahrnehmungen der gesamten Struktur werden im „Perzeptionstest“ entworfen (vgl. Dollase 1974), unzählige Varianten der grafischen Darstellung sowie zahlreiche mathematischstatistische Konzeptionierungen und Operationalisierungen gehen auf Moreno zurück. In der Bindung an seine Idee der Umgestaltung von Gemeinschaften hat er aber der Untersuchungstechnik Soziometrie erheblich zur Verbreitung verholfen, so dass er später öfter klagte, dass man ihn nur wegen „seiner“ Untersuchungstechnik, nicht aber wegen seiner Kernidee bzw.- theorie der Umgestaltung rezipiere. Amnesie und Ignoranz der Morenos chen Ideen machen sich natürlich auch bei anderen Netzwerktheoretikern breit: Mal wird Moreno als bloß an den emotionalen Beziehungen interessiert verniedlicht – was nicht stimmt, mal nur als Fragebogen- statt Beobachtungsforscher ausgegrenzt – was ebenfalls Unsinn ist. Oder es wird ihm unterstellt, er habe die Netzwerke nicht theoretisch fundiert – nein, gerade dies im Übermaß. Warum z. B. Bronfenbrenner, der seine ersten Veröffentlichungen im Umkreis von Moreno und in seinen Zeitschriften bzw. im Verlag Beacon House unterbringen konnte, Moreno nicht mehr im Zusammenhang mit dem von Bronfenbrenner häufig benutzten Konzept „soziales Netzwerk“ zitiert, bleibt mysteriös. Schrieb Bronfenbrenner doch 1943 in der Zeitschrift Sociometry: „Einer der einfallsreichsten Ansätze zur Erforschung von sozialem Status und Struktur ist der soziometrische Test“ (S. 363). Ausgerechnet diese Veröffentlichung („A constant frame of reference for sociometric research“) führt er in seinen späteren Publikationsverzeichnissen nicht mehr auf. Immerhin – in einem neuen Werk zur „Visualisierung komplexer Strukturen“ wird Moreno zitiert (Krempel 2005). 1.2 Was ist Morenos Verdienst? Kurz gesagt: Morenos nach wie vor neuartige Idee ist die Umgestaltung einer Gemeinschaft nach ihren soziometrischen Beziehungen. Der Hauptteil der „Grundlagen der Soziometrie“ ist der Bericht über ein empirisches Projekt, in dem Moreno und sein Mitarbeiterstab demonstriert und evaluiert haben, wie man eine Gemeinschaft nach soziometrischen Beziehungen umgestaltet und welche positiven Effekte dabei auftreten. Moreno schreibt selbst in seinem fünften Teil: „In den ‚Grundlagen der Soziometrie‘ wurde das soziometrische Experiment einer ganzen Gemeinschaft beschrieben.“ Diese Sozietät ist die Hudson Gemeinschaft, die New York Training School für Mädchen, die 505 Personen im Alter von 12 bis 21 Jahren umfasst. Das Projekt versteht sich als exemplarische Analyse – die Kapitel drumherum, bislang für das eigentlich Wichtige gehalten, dienen nach meiner Einschätzung der Erklärung, Begründung und Verallgemeinerung des Projektes. Über seine politische Philosophie, die soziometrische Revolution, erfährt man in anderen Werken (z. B. „Sociometry, Experimental Method and the Science of Society“ 1951) mehr als hier. Auch quantitativ lässt sich die obige Einschätzung belegen: von
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460 Seiten widmen sich 332 (weite Zählung) bzw. 284 Seiten (enge Zählung), also 72 % bzw. 62 %, allein dem Hudson-Projekt, also der konkreten Umgestaltung der Organisation nach soziometrischen Beziehungen. Es ist bislang niemand anderes bekannt, der die Idee der Umgestaltung einer Gemeinschaft nach soziometrischen Beziehungen vor ihm gehabt hat oder empirisch erprobt hätte. Was heißt „Umgestaltung“? Schlicht und einfach: Menschen in Gruppen werden gefragt, mit wem sie eine konkrete Tätigkeit gemeinsam ausführen wollen (arbeiten, beieinander wohnen, in einer Gruppe sein, zusammen Sport machen etc.). Der Soziometriker versucht anhand der Soziogramme die maximale Bedürfnisbefriedigung dieser Wünsche herzustellen – ein kompliziertes Vorhaben, da die Daten nicht so einfach aufgehen. Die soziometrische Tiefenstruktur wird gegen die Oberflächenstruktur (gesellschaftliche Struktur) gewissermaßen basisdemokratisch durchgesetzt (Dollase 1975). Ob Moreno in anderen Aspekten, insbesondere in seinen weit ausholenden Bezügen zu anderen Themen, mit denen er die Kernidee einbetten und möglichst positiv als Lösung vieler psychologischer und soziologischer Probleme verkaufen wollte, ebenso originell war, ist nebensächlich. Im Sinne einer Netto-Betrachtung unter partikularen und auf Novität achtenden Gesichtspunkten sticht die Idee der Umgestaltung einer Gemeinschaft nach soziometrischen Beziehungskriterien deutlich als neuartig hervor. 1.3 Interpretationsansätze des Morenoschen Werkes Viele Rezipienten historisch bedeutsamer Werke aus den Humanwissenschaften verfallen gerne in möglicherweise nur psychologisch erklärbare Deutungsmuster (vgl. Dollase 1996). Muster 1: Der Autor/die Autorin wird als Seher/in, Guru, Urvater oder Urmutter stilisiert, der/die zu allen relevanten Fragen endgültiges bereits vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten geschrieben hat. Folglich geht es anschließend nur um Schulenbildung, Verteidigung und möglichst historisch getreue Anwendung des damals Gesagten. Die Aufwertung eines Autors führt anschließend zu Auseinandersetzungen mit Fans anderer Gurus, die ihre Leitfigur im Ansehen geschmälert sehen. Muster 2: Der Autor/die Autorin wird über sein/ihr „Gesamtwerk“ und die Bezüge, die es zum geschichtlichen Kontext hatte, holistisch begriffen und mit hermeneutischer Intelligenz „eingeordnet“, „gewichtet“, das „Netz seiner Querverbindungen“ analysiert und neu „bewertet“. Ziel ist letztlich eine Rangordnungserstellung: Wo in der Hackordnung ewiger Geistesgrößen ist Morenos Platz? Muster 3: In bildungsspießerlich enger Perspektive wird die Form der Ausführungen, die Ästhetik der Darstellung, die Schulmäßigkeit der Werkform, die Kohärenz und Ernsthaftigkeit, die literarische Qualität, die didaktischen, rhetorischen Mätzchen, die Genauigkeit der Begriffsbildung und -verwendung akribisch registriert und je nach Voreinstellung entrüstet bis schulmeisterlich wohlwollend getadelt. Ziel ist nicht die Würdigung von Netto, sondern von Tara. Dass es sich um Bruttobewertung handeln könnte, darf man als Ausrede auf dem schlüpfrigen Parkett von Gymnasialsprüchen wie „Form und Inhalt hängen zusammen“ abhaken. Moreno hätte es sicher ganz gerne gehabt, wenn sich Schulen um sein Werk mit missionarischem Eifer gebildet hätten (Muster 1) oder wenn man seine Soziometrie in einem
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Atemzug mit Soziologie und Marxismus, mit Bewegungen und Revolutionen nennen würde, wie er es ja selbst getan hat (Muster 2). Kritik an seiner äußeren Form (Muster 3) hat er allerdings schon nach der Erstauflage von „Who shall survive?“ selbstbewusst pariert: Auf einer Tagung der American Society of Group Psychotherapy and Psychodrama wurde ich in grober Form von einem Kollegen gefragt: ‚Warum ist das Werk so unbeholfen geschrieben? Warum haben Sie es in einer mysteriösen, schwierigen und nahezu verschlüsselten Sprache geschrieben?‘ Ich antwortete (um ihn zu necken, nahm ich an, aber auch um ihm eine Lektion zu erteilen) ‚Ich habe es mit Absicht getan, um einen unauslöschlichen und objektiven Beweis gegen alle Anspruchssteller, Sekretäre, Assistenten und Mitarbeiter, sie hätten das Werk geschrieben, zu schaffen. Ich habe meine Fingerabdrücke auf jeder Seite hinterlassen, mit all den grammatischen Fehlern, die nur ein Ausländer fertigbringt, mit all den umständlichen un-englischen Konstruktionen, Kommas hier und da weglassend, gelegentlich meinen Hang zu Wiederholungen zur Verzweiflung der Rezensenten freien Lauf lassend, all dies völlig absichtlich, um für alle Zeiten klarzumachen, daß das Buch nur von mir alleine geschrieben werden konnte.‘ (Übersetzung R.D. nach „Who shall survive?“ 1953, Preludes, Lxxxviii) Die drei Rezeptionsmuster sind insofern nutzlos, als man Wissenschaft auch als Fortschritt der Erkenntnisse, als Kette der Erfindungen, die aufeinander aufbauen, begreifen kann und insofern man empirische Korrektive für Ideen zulässt. Unter dieser Prämisse ist eine Schulenbildung genauso dysfunktional wie eine ganzheitliche Würdigung eines Gesamtwerkes, auch wenn man Moreno mit Recht unterstellen könnte, er sei ein „Totalitätsfreak“. Die Betrachtung der Form ist als Äußerlichkeitsfixierung eher dem wissenschaftlichen Fortschritt abträglich – sie bildet schon gar nicht ein wie auch immer definierbares Niveau von Wissenschaft. Das sind freilich wissenschaftstheoretische Setzungen, die nicht jeder akzeptieren muss. Sie hätten allerdings den Vorteil, dass man ein historisches Werk unter völlig klaren Gesichtspunkten befragen kann: Was ist zum ersten Mal gemacht, erfunden, gedacht worden? Wird durch die Ideen und Erfindungen ein Problem gelöst? Eine neue Perspektive erschlossen? Hat sich die Erfindung/Idee in der Praxis bewährt? Unter diesen Setzungen ist es auch nicht unbedingt nötig, den Autor an den eigenen Ansprüchen zu messen oder Teile seines Werkes, die ohne Frage überholt, falsch, unnütz, übertrieben, spekulativ oder sonst wie überflüssig oder peinlich sind, hervorzuholen und über den Halo-Effekt dann gleich das gesamte Werk durchfallen zu lassen. Die partikulare, am Netto- Ertrag orientierte Rezeption von Moreno ist – so die These – am ergiebigsten. Die These lässt sich verallgemeinern. Die Erkenntnis, dass Morenos Werke aus ihrer Zeit heraus zu verstehen sind, ist banal, weil sie auf alle Werke zu allen Zeiten zutreffen. Einen geschlossenen Theorieentwurf, der aus dem Nichts heraus entwickelt wird, den gibt es nicht. Das Kriterium „geschlossen“ ist zudem eine psychologische Illusion des Produzenten wie Rezipienten – Tatsache ist, dass jede Theorie ein „patchwork“ oder Mosaik von allerlei Bausteinchen ist. Die Teile werden meist nur über verbale Figuren miteinander verklebt oder über gedankliche Schrittfolgen vernäht, so dass die Illusion der Geschlossenheit erweckt wird. Das kann man sicherlich für Freud wie Marx, für
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Montessori wie Rudolf Steiner, für Carl Rogers oder Moshe Feldenkrais und alle anderen zeigen. 2 Was ist aus der Soziometrie heute geworden? 2.1 Methodisch Die spannendsten Informationen liefert das Soziogramm – es ist so einfach herzustellen, so dass es keiner mathematischen Kompetenz bedarf, um in den Vorteil der Informationen zu kommen. Im Soziogramm sieht man, wer wen mag, man sieht gegenseitige Wahlen, man erkennt, wer wie viele Wahlen erhalten hat, wer Außenseiter ist, wer sich in komplizierten Zuneigungs- Abneigungsbeziehungen befindet et cetera. Für jemanden, der die Teilnehmer der Gruppe kennt und zugleich die soziometrischen Daten zur Hand hat, sind die Ergebnisse einer soziometrischen Analyse in aller Regel verblüffend, erhellend, überraschend. Selten sind die Ergebnisse irgendwelcher quantitativen Untersuchungen so dramatisch bedeutsam wie in der Soziometrie. Die Relevanz der Daten ist für die Gruppenmitglieder selbst nahezu aufwühlend: deshalb können sie mit den Ergebnissen nur in therapeutischen Dosen konfrontiert werden. Zu belastend, enttäuschend und empörend können die aufgedeckten interpersonellen Beziehungen für die Betroffenen sein. Das strikte Verbot soziometrischer Erhebungen in Schulen und anderswo hat in dieser Relevanz der Daten seine Ursache. Im Alltag werden die meisten soziometrischen Beziehungen tabuisiert. Trotz dieser Einfachheit der Erstellung eines Soziogramms sind Tausende von Auswertungsschritten möglich, die Bildung von Indizes, die Anwendung von Matrizenrechnung und Graphentheorie. Unzählige Erhebungsverfahren ergänzen ein insgesamt schon fast nicht mehr übersichtliches methodisches Teilgebiet. (Dollase 1976; Freeman 2005). Ob diese den Fortschritt der Erkenntnisse über interpersonelle Beziehungen in Gruppen befördern, darf immer noch bezweifelt werden. Denn in der nationalen wie internationalen Forschung konzentrierte sich die empirische soziometrische Forschung überwiegend auf die Validierung des soziometrischen Status (= Anzahl der erhaltenen Wahlen), blieb also weit hinter den aufwändigen methodischen Möglichkeiten zurück. Diese Statusindizes, die alle mehr oder weniger auf der Anzahl erhaltener Wahlen zu unterschiedlichen Kriterien beruhen, lassen sich leicht mit allen möglichen anderen Kriterien korrelieren. Banales, wie auch erwartbares Forschungsfazit: Wer bei den Gruppenmitgliedern beliebt ist, d. h. mehr positive Wahlen als andere erhält, verkörpert die Normvorstellungen der Gruppenmitglieder besonders gut, folglich befindet er sich an der Sonnenseite der interpersonellen Interaktionen. Wer keine Wahlen bekommt bzw. in Gruppen abgelehnt wird, ist mit vielfältigen Defiziten behaftet bzw. wird Ächtung durch die anderen spüren. In den achtziger Jahren wurde die Auswertung des soziometrischen Status durch amerikanische Forscher noch weiter vereinfacht. Das potentielle Methodenrepertoire wurde erneut bis zur Unkenntlichkeit reduziert (z. B. Coie und Kupersmidt 1983). Die Kollegen konzentrierten sich lediglich auf „Statusgruppen“, zum Beispiel auf „Beliebte“, „Abgelehnte“, „Kontroverse“, „Unbeliebte“, „Durchschnitt“ et cetera. Zur Bestimmung der Sta-
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tusgruppen benötigte man lediglich die erhaltene Anzahl von Wahlen und Ablehnungen. Man hatte also Kategorien, in die man Individuen einordnen konnte und versuchte nun, diese Gruppeneinteilung zu validieren. Das gelang allerdings ohne dass überraschende Einsichten gewonnen werden konnten. Nur ganz selten wurden Cliquen und Grüppchen in der Großgruppe, wurden Widerspiegelungen der gegenseitigen Wahlen in der Realität, wurde also die soziometrische Struktur, das Soziogramm validiert – also das eigentlich unique der Soziometrie. Grund: solche Forschungen sind aufwändig. Mathematisch und statistisch komplexer entwickelte sich die soziologische Netzwerkforschung (Pappi 1987; Trappmann et al. 2005). Bereits in den siebziger Jahren wurde die soziologische Netzwerkforschung mathematisch immer komplizierter. Aus der Graphentheorie abgeleitete Algorithmen und Verarbeitungen von Netzwerkinformationen wurden Bestandteil zahlreicher empirischer Untersuchungen. Für gruppenübergreifende Netzwerke können Werte und Eigenschaften bestimmt werden. Auch gegenwärtig erleben wir eine Blütezeit von Verfahren der Netzwerkanalyse. Netzwerke sind in allen wissenschaftlichen Bereichen von großem Interesse, die Suche nach Verbindungen zu anderen garantiert einen optimalen Informationsfluss, die Suche nach Hilfe wird optimiert et cetera. Alle aktuellen Netzwerke wie das Internet, Facebook usw. sind soziale Netzwerke und werden unter ganz anderen Gesichtspunkten untersucht, als es bei der ursprünglichen Soziometrie der interpersonellen Beziehungen in Gruppen war. Gab es in den siebziger und achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts immer noch Probleme mit der elektronischen Datenverarbeitung und mussten soziometrische Auswertungen mit einem hohen zeitlichen Aufwand gewissermaßen „von Hand“ durchgeführt werden, so hat sich dieses im Laufe der letzten Jahrzehnte grundlegend geändert (vgl. die Website der „International Society of Network Analysis“, http://www.insna.org/). 2.2 Theoretisch Wenn man sich aus der methodischen Blickrichtung auf das Forschungsgebiet Soziometrie zubewegt, so kann man den Eindruck gewinnen, dass die Methode zuerst da war und dann erst die Theorie. „Mathematische Mystik“ nannte mein akademischer Lehrer Gustav Lienert das Ansinnen, mathematisch ad hoc bestimmte Indizes, graphentheoretisch bestimmte Kennwerte von Netzwerken validieren zu wollen. Die soziometrischen Methoden sind nicht erfunden worden, um eine inhaltliche Frage zu untersuchen, die aus einer inhaltlichen Theorie abgeleitet wurden – soziometrische Daten sind das Phänomen, das besser erfasst wird als es Gruppenmitglieder selbst oder ein Gruppenleiter könnte. Nehnevajsa fragte dann folgerichtig: „Was folgt aus den soziometrischen Wahlen“ und „Was führte zu ihnen?“ (Nehnevajsa 1955). Die ursprüngliche Soziometrie nach Moreno ging von interpersonellen Sympathieund Antipathiebeziehungen aus. Moreno interessierte sich relativ wenig für die Ursachen des Zustandekommens von Sympathie oder Antipathie. In dem berühmten „Heiligen Beispiel“ (vgl. Kap. 3) konnte man erkennen, dass er die Entwicklung von Sympathie und Antipathie für nicht hinterfragbar hielt. Auch Heilige können sich mögen oder auch nicht – es liegt kein Defizit vor (deshalb Heilige) wenn man jemand anderen nicht mag.
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Auch wenn man Menschen fragt, warum sie bestimmte andere Personen sympathisch oder unsympathisch finden, so erhält man überwiegend tautologische Antworten (darum, weil ich ihn mag, weil ich ihn nicht mag), die zeigen, dass auch die Subjekte kaum eine schlüssige Erklärung dafür haben, warum sie jemand besonders mögen oder andere nicht. Zwar gibt es rationalisierende Antworten zuhauf: es werden Eigenschaften genannt, es werden gemeinsame positive oder negative Erlebnisse genannt, aber diese Antworten sind insgesamt für die Frage nicht ergiebig, warum solche Sympathien und Antipathien entstehen. Natürlich gibt es eine große Zahl von Publikationen zu Fragen der Entstehung von Freundschaften, von Sympathie und Antipathie. Die große Zahl der Forschungen darf aber nicht darüber hinwegsehen lassen, dass nur relativ bescheidene Anteile der Varianz erklärt werden können, d. h. eines der großen Rätsel der Sozialpsychologie ist immer noch die konkrete Entstehung von Sympathie und Antipathie. Die Attraktion nach Ähnlichkeit oder Komplementarität, die wechselseitige Bedürfnisbefriedigung, Tauschgedanken um eine Balance zwischen der vermuteten eigenen Attraktivität und der des Gegenübers herzustellen etc. sind gewiss interessante Theorien, die allerdings in einem gegebenen Feld nicht ausreichen, um eine sichere Prognose zu machen, welcher Mensch welchen anderen Menschen mag (Aronson et al. 2004). Auch soziologische Korrelate erklären die konkrete Sympathie und Antipathie nicht. Se erlauben lediglich Hinweise darauf, dass eine formierte Gesellschaft die Kontaktmöglichkeiten des Menschen einschränkt. Freundschaften bilden sich in der gleichen Nahumwelt, der gleichen Schicht, der gleichen Alterskategorie, der gleichen Ethnie etc. Wer sich immer nur unter gebildeten Menschen in akademischen Berufen aufhält, wird vermutlich nur mit Menschen dieser Kategorie Kontakt haben. Nur innerhalb der Menge von Bekannten und Kontaktpartnern entstehen dann Sympathie- und Antipathiebeziehungen. Reichen diese Theorien aber aus, um das Entstehen soziometrischer Strukturen in Gruppen zu erklären? Soziometrische Strukturen oder interpersonelle Netzwerke sind möglicherweise kein eigener psychischer oder sozialer Gegenstand, sondern sind von der Zufälligkeit der Gruppenzusammensetzung abhängig. Die dann aber durchaus gesetzmäßige Folgen haben könnte: Der Mensch sucht balancierte oder kognitiv konsistente Beziehungen. Wenn mein Freund jemanden mag, den ich nicht mag – dann tendiere ich dazu, meinen Freund nicht mehr zu mögen oder aber den Freund meines Freundes nunmehr auch nett zu finden (Hallinan 1974). Um aus den soziometrischen Netzwerken auf die Natur der sozialen Selbststeuerung, der sozialen Selbstorganisation von Pluralia zu schließen, müsste man die soziale Gesellung sich selbst entwickeln lassen – Morenos Kernidee (vgl. Kap. 3). 2.3 Pragmatisch Hat die klassische Soziometrie zu praktischen Konsequenzen geführt? Was kann man mit ihr machen? Der praktische Nutzen der Soziometrie kann in der Tat vielfältig sein. Soziometrische Techniken sind z. B. (vgl. Dollase 1976):
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a. als Lern- und Fortbildungsgegenstand in Schule, Arbeit und Therapie sinnvoll. Etwas über die Existenz informeller interpersoneller Beziehungen und ihrer Bedeutung zu erfahren, ist für die Entwicklung von Verständnis für soziale Prozesse wichtig. b. Als Grundlage sozialer Lernprozesse kann die Rückmeldung von anonym erhobenen soziometrischen Daten einer Schulklasse, Bildungsgruppe, Arbeitsgruppe oder therapeutischen Gruppe dienen. Die große Relevanz soziometrischer Beziehungen erfährt man nur nachhaltig, wenn man sie in der eigenen Gruppe erfährt. c. Probleme der optimalen Gruppierung, der Zusammenarbeit von Menschen in Gruppen können mit Hilfe soziometrischer Daten und entsprechender Algorithmen systematisch gelöst werden. Im einfachsten Fall muss man anhand eines Soziogramms der Gruppe so lange „tüfteln“ bis man eine Zusammenstellung von Subgruppen nach den Wünschen der Teilnehmer erreicht. d. Ergebnisse soziometrischer Untersuchungen, z. B. des peer-ratings zur Leistung von Mitarbeitern, können als Grundlage und Ergänzung von Beurteilungen bei Selektionsentscheidungen benutzt werden. Die peers erweisen sich im Schnitt als optimale Prädiktoren für komplexe Anforderungen. e. Wenn ein Praktiker sozialerzieherische Maßnahmen bzw. Programme (z. B. der Integration von Ausländern in Arbeitsgruppen oder zur Verminderung von mobbing, bossing, bullying etc.) begründen und evaluieren will, so sind soziometrische Daten unersetzbar. Programme zur Verbesserung von Beziehungen in Gruppen müssen soziometrisch evaluiert werden. f. Die Durchsetzung (Verwirklichung) informeller Strukturen (im Sinne von Moreno) auf der Basis soziometrischer Beziehungen kann z. B. bei der Bestimmung der Zusammensetzung von Klassen- und Kursen, von Arbeits- und Projektgruppen, Reparaturtrupps oder Pflegeteams angewendet werden. Dabei geht es nicht um Sympathiezusammensetzung, sondern um tätigkeitsrelevante Kriterien („Mit wem möchten Sie zusammenarbeiten?“). g. Schließlich dienen Soziogramme und soziometrische Daten Lehrkräften, Gruppenleitern und Therapeuten auch zur Kontrolle der Genauigkeit ihrer sozialen Beziehungswahrnehmungen.
3 Gegenwart und Zukunft der soziometrischen Umgestaltung der Gesellschaft Mit der zentralen Idee – der Umgestaltung einer Gemeinschaft oder „Neuordnung der Gesellschaft“ nach den soziometrischen Beziehungen – vermag heute kaum jemand etwas anzufangen. Der Ansatz ist nach wie vor fast nie von anderen als Moreno erprobt, diskutiert oder rezipiert worden. Wir haben uns alle daran gewöhnt, dass unsere interpersonellen Beziehungen von irgendeinem Sachzwang vorentschieden werden: die Zuordnung zu Kindergartengruppen geschieht nach den zufällig gerade freien Plätzen, zu Schulklassen wird nach dem Alphabet zugeordnet (oder nach Wohngegenden wegen des Bustransports), der Arbeitskollege hat ein assessment center passiert – ob er zur Arbeitsgruppe passt, ist sekundär, ein Selbsterfahrungsseminar bringt einander unbekannte Menschen zusammen.
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Die bei der Zusammenführung von Menschen wirksam werdenden Prinzipien in unserer Gesellschaft sind zufällig, bzw. bloß administrativ oder bürokratisch sinnvoll. Anscheinend jeder hat sich daran gewöhnt, dass solchermaßen zusammengesetzte Gesellungen ihre Probleme haben: Außenseiter bilden sich, Cliquen, Hackordnungen, Konflikte, Gewalt in der Schule, mobbing am Arbeitsplatz, Konformitätsdruck tritt auf etc. Niemand dachte daran, außer Moreno, die Gesellschaft genau an dieser Stelle umzuordnen, d. h. Klassen und Gruppen, Teams und Mannschaften nach der Tiefenstruktur ( Moreno), nach den Gesellungswünschen zusammenzusetzen und damit Leid zu verringern. Mit den Problemen bürokratischer Zusammenführungen von Menschen gehen wir typisch pädagogisch oder therapeutisch um: wer Probleme in der Gruppe hat, macht ein assertiveness Training, nimmt an encounter groups oder an einem Programm „soziales Lernen“ teil. Den aus dem Ruder geratenen Problemen unserer Schulklassen (Stichwort „Gewalt in der Schule“) begegnen wir mit Moralerziehung, häufigeren Konferenzen oder Sozialerziehung – den großen Varianzanteil, der zu Lasten der Tatsache geht, dass sich Kinder und Jugendliche im bürokratisch zusammengestellten Zwangsaggregat Schulklasse wegen der zugewürfelten Anderen nicht wohlfühlen, übersieht man geflissentlich. Es wird, wieder einmal, an Symptomen kuriert – statt die Ursachen, die sogar relativ leicht zugänglich sind, wenig kostenintensiv zu ändern. Stattdessen hört man allenthalben das Credo: wir müssen eben lernen, „miteinander auszukommen“. Bürokratische Phantasielosigkeit soll hier durch einen langwierigen Lernprozess kompensiert werden. Weiß man, wie sich Rabauken verhalten, wenn sie mit jenen zusammen sind (auf Lehrer- und Schülerseite), die sie mögen? Wir sind es immer noch nicht gewohnt, die Chance zum Zusammensein mit denen, die wir freiwillig wählen als ein besonders wichtiges, schützenswertes und folgenreiches soziales Gut anzusehen. Moreno (in: von Buer 1991, S. 24) dazu: „Das Leben der Individuen ist am kreativsten, wenn sich diejenigen, mit denen sie eine bestimmte Sache machen wollen, selbst gewählt haben“ Morenos Ziel (vgl. Kap. 3) war die „therapeutische Gemeinschaft“, die „das harmonische Zusammenleben“ einer Gruppe von verschiedenen Individuen „verwirklichen soll“ (Moreno 1954, 5.Teil). Moreno wäre falsch verstanden, wenn er damit eine Gesellschaft implizit für krank erklären und ihr geschlossen die Psychotherapie empfehlen wollte. Im Gegenteil: er sieht die „Therapiebedürftigkeit“ als Unausweichlichkeit auf dem Wege in eine harmonische Gesellschaft, denn (vgl. Moreno 1954, 5. Teil): Jeder Mensch folgt seiner inneren Sehnsucht, jeder ist guten Willens, und dennoch scheitert die Gemeinschaft als Ganzes. Selbst wenn jedes Mitglied unserer Gesellschaft die Vollkommenheit eines Heiligen erreichte, wären die Interaktionen der Heiligen vielleicht immer noch unvollkommen. Zwei Heilige müssen miteinander harmonieren und mehrere auch als Gruppe segensreich wirken können. (Moreno 1954, S. 396) Man sieht, dass er ein Zentralproblem der Gesellschaft nicht individualisiert oder therapeutisiert, sondern die soziometrische Passung als den Schlüssel zu gesellschaftlicher Harmonie erkennt. „Das Ergebnis, die aus dem Experiment resultierende neue Gemeinschaft, wird dem Therapeuten therapeutisch, dem Religiösen religiös, dem Cooperativen cooperativ, dem Demokraten demokratisch und dem Kommunisten kommunistisch
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erscheinen“ (ebd., S. 396) Kein Wunder: die soziometrische Umordnung ist unabhängig vom Wertesystem, so Moreno. In einem Aufsatz schrieb er 1957 „Eine therapeutische Weltordnung ist nicht für Kranke; eine untherapeutische Weltordnung wie die gegenwärtige macht gesunde Menschen krank“. Für Moreno bestand die Gesellschaft einerseits aus der Oberflächenstruktur (der formellen sozialen Struktur) und andererseits aus der Tiefenstruktur (der informellen sozialen Struktur). Die soziometrische Bewegung bzw. Revolution versucht nun, die informelle Struktur deutlich zu machen und die Gesellungswünsche des Individuums (die auch solche nach Zugehörigkeit oder Unterordnung, Ablehnung etc. sein können) in die Tat umzusetzen. Diese Realisierungstechnik (im Detail u. U. sehr komplex und kompliziert) nimmt je nach Aufgabenstellung und Gemeinschaft andere Formen an: von der Änderung der Sitzordnung in Schulklassen, Umordnung von Arbeitsteams bis hin zur Aufteilung von Waisen auf Pflegeeltern. Sie ist auch keineswegs einfach oder harmonisch – die Tiefenstruktur enthält allerlei Konflikte, problematische Konstellationen (z. B. wenn zwei dieselbe Partnerin begehren). Aus diesem Grund wird die soziometrische Messmethode im soziometrischen Experiment (also der Umordnungssoziometrie) stets mit einer Reihe therapeutischer bzw. paratherapeutischer Verfahren kombiniert (z. B. Stegreiftest, Bekanntschaftstest, Rollenspieltest, Psychodrama, Soziodrama etc). Es kommt darauf an, Individuen so „anzuwärmen“ (warming up), dass die wahre Tiefenstruktur sichtbar wird und dass sich über die Spontaneität auch Kreativität in der Erfindung von Lösungsmöglichkeiten für mögliche tiefenstrukturelle Konflikte entwickeln kann. Zweierlei ist also nötig, damit die soziometrische Umgestaltung möglich wird: 1. eine umfangreiche, auch aktionale Diagnostik, die etwas mehr liefert als ein paar Namen auf eine soziometrische Frage hin, sondern eine Palette soziometrischer Potentialitäten des Einzelnen und 2. angesichts der ermittelten Potentialitäten kreative Lösungsmöglichkeiten. Dem Psychodrama (bzw. auch den anderen aktionalen Methoden) schreibt Moreno (in Anlehnung an die Marxsche Begriffsschöpfung) die Schaffung eines „WirklichkeitsMehrwerts“ zu (surplus reality) – der ist für eine kreative soziometrische Umordnung nötig. Moreno benötigt mit Recht den überwiegenden Teil des Hauptwerkes, um zu zeigen, wie man eine soziometrische Umordnung durchführen kann. Sie ist dabei nicht in Rezepte oder Schritte zu fassen, weil die Einzelschritte abhängig von den Spezifitäten der sozialen Situationen sind. Dennoch ein Beispiel als Kostprobe: Die Hudson-Gemeinschaft stand regelmäßig vor dem Problem, in welche Familiengruppe ein neues, von der Fürsorge überwiesenes Mädchen zuzuordnen sei. Moreno brachte die Mädchen und die Mütter, die noch einen Platz in ihrer Gruppe frei hatten, in der Eingangshalle des Hauptgebäudes zusammen und avisierte den Müttern wie den neuen Mädchen in getrennten Ansprachen, dass sie sich nun zum Zwecke der Auswahl näher kennenlernen sollten. Jedes Mädchen unterhielt sich sodann mit jeder Hausmutter – ca. eine halbe bis eine Stunde lang. Die Mädchen waren dabei in der Rolle der Gastgeberin in einem separaten Zimmer, in dem die beiden sich ohne fremde Beobachtung unterhalten konnten. Der soziometrische Tester fragte danach jede Mutter wie auch jedes Mädchen, welche drei Mütter/Mädchen wohl am besten in ihre Gruppe bzw. zu ihnen
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selbst passen würden und zwar der Präferenz nach (das liebste, zweitliebste, drittliebste). Zugleich sollten die Wahlbegründungen genannt werden, die man protokollierte. Sodann wurden Mädchen aus den existierenden Hausgruppen (mit einer prägnanten soziometrischen Stellung) ebenso mit den neuen Mädchen bekannt gemacht und konnten wechselseitig ihre Wahl tätigen. Zum Abschluss wurde noch ein Rollenspiel (Themen: Familien-, Arbeits- und Gemeinschaftssituation) mit den neuen Mädchen durchgeführt, aus dem weitere Informationen ermittelt wurden, was die Zuordnung der Mädchen anbelangt. Wie Moreno schreibt, konnte trotz oder gerade wegen der Vielzahl diagnostischer Informationen eine eindeutige Zuordnung vorgenommen werden. Die Lösung der Zuordnungsproblematik ist ein wichtiges Element der HudsonGemeinschaft gewesen – neben anderen, z. B. der Bewältigung von ethnischen Konflikten, der Bildung von Außenseitergruppierungen usw. Im Verlaufe seines 18 Monate dauernden Projektes werden 102 Personen umgesetzt bzw. neu zugeordnet. Nie mechanisch, sondern mit einem mehrperspektivischen, diagnostischen Instrumentarium, das so viele Informationen ermittelt, dass Lösungen für eine verzwickte Zuordnungsproblematik sichtbar werden können. Das Ungewöhnliche dieses Grundansatzes erschließt sich vielleicht besonders deutlich, wenn man als Kontrast eine eher erzieherische Vorgehensweise damit vergleicht. Die zufällige Aufteilung je nach verfügbarem Platz wird vermutlich nicht problematisiert werden. Die dann möglicherweise auftauchenden Unverträglichkeitsprobleme werden auf mangelnde soziale Kompetenz, fehlende Moral, Verwahrlosung der Mädchen, Kompetenzdefizite der Hausmütter etc. zurückgeführt und vermutlich mit irgendeinem Training bearbeitet (wenn nicht: mit Strafen). Bei Moreno fällt auf, dass er die auftauchenden Probleme selten kausal denkend in Angriff nimmt: es scheint ihm egal, aus welchen distalen Ursachen heraus soziale Probleme in Gruppen entstehen. Die Unverträglichkeit oder Verträglichkeit von Menschen ist ein universales Faktum, das nicht weiter auf Ursachen reduziert wird. Nicht zuletzt wählt er auch den Begriff des „sozialen Atoms“, aus dem sich die psychosozialen Netzwerke zusammensetzen – gewissermaßen die nicht weiter zerlegbaren und hinterfragbaren letzten Bausteine des sozialen Zusammenlebens. Heute hingegen hat man sich angewöhnt, die soziometrischen Wahlen als abhängige, also als durch andere Ursachen bewirkte zu verstehen und dann unter der Ägide eines kausalpädagogischen Veränderungsdogmas („Nur wenn wir die Ursachen eines Verhaltens kennen, können wir es verändern“) an den distalen Ursachen Modifikationen anzubringen. Moreno schneidet, wenn man so will, eine ins Unendliche führende Warum-Kette an der Stelle ab, wo – gründlich diagnostiziert – eine Anziehung oder Abstoßung zwischen Menschen (oder Neutralität) feststeht. Implizit bemüht Moreno hier ein Bild von der sozialen „Natur“ des Menschen, das außer von ihm von keinem anderen Sozialpsychologen entworfen wurde: der Mensch als Cliquenwesen, d. h. die harmonische Bestimmung des Menschen ist das Zusammenleben in einer Gesellung, in denen sich die Mitglieder gegenseitig mögen. Die Begriffe „natürlich“ oder „Natur“ des Menschen ist in Anführungszeichen zu setzen: Moreno ist kein Soziobiologe. Das Cliquenwesen Mensch benötigt keine genetischen Verbindungen – Sympathien sind für seine soziale „Natur“ essentiell und das „Natürliche“ ist eher identisch mit einem belegbaren Gewinn an Lebensqualität, Harmonie etc., die im Gefolge mehr psychische Gesundheit und Leistungsfreude erzeugen. Man würde Moreno mit dem
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modernen Begriff der Selbstorganisation wohl eher gerecht – die Form der soziometrischen Selbstorganisation des Menschen ist die Clique. Dies wird heute immer noch selten berücksichtigt – selbst in der Sozialpsychologie. Die herkömmliche Sozialpsychologie geht bis auf wenige Ausnahmen von einem eher bürokratisch-administrativen Gruppenmenschen aus, d. h. er lebt in Plurels, die von außen zusammengestellt werden. Gruppen ergeben sich ansonsten irgendwie von außen, in Notsituationen, durch Kategorisierungen à la Tajfel etc. Gruppen bilden mal diese, mal jene innere Struktur aus – diese informelle Struktur ist, wenn, dann als intervenierende Variable z. B. bei der Erforschung von Gruppenleistungen bekannt. Es ist zumindest fraglich, ob sich manche gruppenpsychologischen Phänomene auch in Pluralia zeigen, deren Mitglieder eine soziometrische Clique ausmachen. Z. B. ließe sich das klassische Konformitätsexperiment von Asch, ließe sich Moscovicis Studie zum Minderheiteinfluss in einer soziometrischen Clique replizieren? Soziometrische Cliquen könnten etwas fundamental anderes sein als Gruppen – in allen Kontexten. Die soziometrische Tiefenstruktur nach Moreno ist alles andere als stabil und harmonisch. Moreno selbst hat eine Fülle von Belegen gesammelt, die zeigen, dass die Tiefenstruktur die „Asozialität“ des Menschen belegt. Asozialität soll in diesem Zusammenhang heißen: Der Mensch ist für das harmonische soziale Miteinander in den von der Gesellschaft bereitgestellten Kategorien, Formen, Verbänden, Klassen, Vereinen und Organisationen nicht geeignet. Die Tiefenstruktur in solchen Gebilden der Oberflächenstruktur produziert all das Leid, über das die soziometrische Forschung seit Jahrzehnten und aktuell wieder häufiger forscht: Außenseiterkarrieren vom Kindergartenalter an, mobbing am Arbeitsplatz, Ausgrenzung der Andersartigen, Herausbildung von Hackordnungen (gibt es die eigentlich in soziometrischen Cliquen?). Soziometrische Wahlen verteilen sich ungleich – wie das Einkommen in einer kapitalistischen Gesellschaft. Selbst der Zufall ist „sozialer“ als die Verteilung von Sympathien im soziometrischen Test. Immer werden Cliquen und gespannte Beziehungen zwischen Cliquen in einer Gruppe festgestellt. Oder: Weil die Einheiten, in denen wir ein Miteinander gesellschaftlich organisieren wollen, nicht auf den Selbstorganisationsmodus „Clique“ passen, schaffen wir ein „soziometrisches Proletariat“ (vgl. Dollase 1975) Morenos „soziometrische Revolution“ ist eine gute Idee, ein neuer Ansatz – aber sie taugt in dieser Form nicht für eine politische Bewegung. Korrekt müsste man sagen: noch nicht. Die Tiefenstruktur ist als Ziel zu unklar und zu ambivalent, nicht nur positiv, sondern auch negativ. Mit der Parole „Netzwerke an die Macht“ ist noch kein sachliches Problem gelöst – die Frage, ob dies in dem einen oder anderen Fall verfassungskonform wäre, ist schnell beantwortet. De facto ist die Basisdemokratie verfassungsfeindlich, d. h. also Verfassungsänderungen wären nötig. Ohne eine Änderung der Oberflächenstruktur gibt es keine Chance für die Tiefenstruktur. Aber in den nicht verfassungsrelevanten Bereichen, überall dort, wo personale Zuordnungen und Gruppenzusammensetzungen optimiert werden dürfen, dort kann sich diese Idee auch zukünftig weiter entwickeln (Dollase 1975, 1996b). Morenos Grundidee der Umgestaltung einer Gesellschaft nach den soziometrischen Beziehungen ist trotz aller Bedenken ein Weg aus der Asozialität des Menschen: die Oberflächenstruktur wird durch die Tiefenstruktur ersetzt. Die Tiefenstruktur in den Gebilden
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der Oberflächenstruktur zeigt die Asozialität des Menschen. Damit die in soziale Relevanz und Bedeutung gelangende Soziometrie einer Gemeinschaft nicht neue soziometrische Proletariate produziert, ist die Produktion von Ideen und surplus reality nötig, um das knifflige Zuordnungsproblem zu lösen. Und das kann ganz konkret heißen: Gruppen werden zugunsten der Cliquen aufgelöst, Schulklassen in Cliquen zerlegt, Gruppen in Kindergärten abgeschafft. Die Strategie ist eine evasive, also ausweichende: wir verrennen uns nicht bei der Lösung unlösbarer Probleme, sondern wir finden einen Weg, Probleme zu umgehen. Literatur Aronson, E., Wilson, T. D., & Akert, R. M. (2004). Sozialpsychologie (4. Aufl.). München: Pearson. Bernfeld, S. (1973). Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung (Erstausgabe 1927). Frankfurt: Suhrkamp. Bronfenbrenner, U. (1943). A constant frame of reference for sociometric research. Sociometry Buer, F. (Ed.). (1991). Jahrbuch für Psychodrama psychosoziale Praxis und Gesellschaftspolitik. Opladen: Leske und Budrich. Coie, J. D., & Kupersmidt, J. B. (1983). A behavioral analysis of emerging social status in boys groups. Child Development, 54, 1400–1416. Delitsch, J. (1900). Über Schülerfreundschaften in einer Volksschulklasse. Zeitschrift für Kinderforschung, 5, 150–163. Dollase, R. (1974). Struktur und Status. Weinheim: Beltz. Dollase, R. (1975). Soziometrie als Interventions- und Meßinstrument. Gruppendynamik. Forschung und Praxis, 6, 82–92. Dollase, R. (1976). Soziometrische Techniken (2. Aufl., 1. Aufl. 1973). Weinheim: Beltz. Dollase, R. (1996a). Wege zur Überwindung der Asozialität des Menschen. In J. L. Moreno (Ed.), Die Grundlagen der Soziometrie. Wege zur Neuordnung der Gesellschaft (S. XI–XXIX). Leverkusen: Leske und Budrich. Dollase, R. (1996b). Die Asozialität der Gefühle. Intrapsychische Dilemmata im Umgang mit dem Fremden. In: W. Heitmeyer & R. Dollase (Hrsg.), Die bedrängte Toleranz (S. 121–142). Frankfurt: Suhrkamp. Feger, H. (2005). Netzwerkanalyse in Kleingruppen: Datenarten, Strukturregeln und Strukturmodelle. In F. U. Pappi (Hrsg.), Methoden der Netzwerkanalyse. München: Oldenbourg. Freeman, L. C. (2005). The development of social network analysis. Vancouver: Empirical Press Hallinan, M. J. (1974). The structure of positive sentiment. Amsterdam u. a.: Elsevier. Krempel, L. (2005). Visualisierung komplexer Strukturen. Frankfurt: Campus. Moreno, J. L. (1934). Who shall survive? Washington: Nervous and Mental Disease Publishing Moreno, J. L. (1951a). Sociometry, experimental method and the science of society. Oxford: Beacon House, Inc. Moreno, J. L. (1951b). The situation of group psychotherapy, 1951. Moreno, J. L. (1953). Who shall survive? Beacon: Beacon Hause. Moreno, J. L. (1954). Die Grundlagen der Soziometrie. Opladen: Leske und Budrich. Moreno, J. L. (1957). The epochal significance of group psychotherapy/Die epochale Bedeutung der Gruppentherapie. Zeitschrift fur Diagnostische Psychologie und Personlichkeitsforschung. Moreno, J. L. (1996). Die Grundlagen der Soziometrie (4. Aufl.). Opladen: Leske und Budrich. Nehnevajsa, J. (1955). Soziometrische Analysen von Gruppen. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 7(1/2), 119–157, 280–302.
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