Die Reduktionsorte und Sauerstofforte des tierischen Gewebes. Yon P. ft. Unna.
Inhalt :
Selte
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I . Die Reduktionsorte des tierischea Gewebes . . . . . . . . . . I I . Die Sauerstofforte des tierischen Gewebes . . . . . . . . . . . I I I . Die Beeinflussung der Sauerstofforte durch ktinstliche ] ~ [ i t t e l . . I V . Die Sauerstofforte an Formalinpr~paraten . . . . . . . . . . . V . Einfluss yon Modifikationen der FarblSsung . . . . . . . . . . V I . Kritik der bisher befolgten Methode . . . . . . . . . . . . . V I I . Die beste Methode zum Nachweis der Sauerstofforte . . . . . . . V I I I . Das Verh~ltnis zwischen den Reduktionsorten und Sauerstofforten IX. Fermentativer Charakter der Oxydation in den tierischen Geweben tiberhaupt und speziell in den Kernen . . . . . . . . . . . X . Die oxydierenden Fcrmente im tierischen 0rganismus nach den neueren Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . X I . Das Wesen der Sauerstofforte in den Kernen . . . . . . . . . X I I . Uber den Sauerstoffstrom des tierischen Gewebes . . . . . . .
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Einleitung. Die heutige Histologie ist der Hauptsache nach eine tinktorielle Analyse. Sehen wir yon einigen besonderen Methoden wie denen der Hetallniederschlage, des Fett- und Glykogennachweises etc. ab, so benutzt die grosse Mehrzahl der Farbungen die mehr saure oder basische Beschaffenheit des tierischen Gewebseiweisses zur Erzielung der fitr das mikroskopische Studium notwendigen Farbgegensatze. Die vorwiegend saure Beschaffenheit der Eiweissk~rper bedingt dabei die weitaus pr~valierende and bereits his aufs feinste abgestufte Anwendung der basischea Anilinfarben. Unter dem Einfiusse der tinktoriellen Analyse hat sich das Gebiet der Histologie der Lebewesen in den letzten 40 Jahrea ins Unermessliche erweitert und doch blieben die meisten Fortschritte rein morphologischer Art. Zu einer wahren Mikrochemie, welche das Ideal der Gewebelehre darstellt, hat sich die auf die Archiv f. mikr. Anat. Bd. 78.
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P.G. Unna:
Basi-Oxyphilie gegrfindete F~,~rbung der tierischen EiweisskSrper nur an wenigen bevorzugten Punkten erhoben. u allem fehlte uns bisher noch die t i n k t o r i e l l e A n a l y s e der Atmungsv o r g ~ t n g e in d e n G e w e b e n , ohne welche selbstverstandlich die biologische Betrachtung der Gewebselemente auf einem ziemlich einseitigen Standpunkte verharren muss. Was wir bisher fiber den SauerstoffgehaIt der Gewebe, ~iber ihren Sauerstoffreichtum und ihre Sauerstoffarmut wissen, lasst sich mit wenigen Worten sagen. Bereits seit 25 Jahren besitzen wit die Pionierarbeit P a u l Ehrlichs fiber ,,das Sauerstoffbedfirfnis des Organismus". 1) E h r l i c h machte uns zuerst mit der Tatsache vertraut, class das lebende tierische Gewebe ein starkes Reduktionsverm5gen besitzt. Er zeigte, dass das Gewebe im allgemeinen imstande ist, Indophenolblau zu Indophenolweiss, dass einige Organe~ wie die Leber, auch das schwer zu reduzierende Alizarinblau zu Alizarinweiss zu reduzieren verm0gen und dass alle Organe, auch die sauerstoffreichsten, bei Blutabschluss und beim Tode ihre reduzierende Kraft im hSchsten Ma~e und ungehindert entfalten. Abet das klassische Werk von E h r l i c h hat keinen Nachfolger gefunden; die dabei benutzte makroskopische Technik der Organe ist nicht zu einer mikroskopischen Technik der Gewebselemente verfeinert worden und so sind wir yon dieser Seite aus nicht fiber bedeutsame Anfange hinausgekommen. Andererseits lehrten uns P f l i i g e r und S c h m i e d e b e r g , auch die Oxydationsprozesse in das Zellprotoplasma zu verlegen. Salkowski und A b e l o u s und einer grossen Reihe nacharbeitender Forscher gelang es, Oxydationsfermente aus dem Zellprotoplasma abzuscheiden, und scbliesslich glfickte es W i n kl e r, R o b e r t s und S c h u I t z e sogar, auf farbenanalytischem Wege an bestimmten Orten in den Zellen diese Oxydationsfermente nachzuweisen. Die tinktorieUe Analyse der Oxydationsprozesse ist mithin schon etwas welter gediehen als die der Reduktionsvorgange in den Geweben, aber wir sind noch welt entfernt davon, mittelst einer einfach zu handhabenden Ft~rbungsmethode in jedem beliebigen Gewebe die Orte gr0ssten und geringsten Sauerstoffgehaltes darstellen und damit eine Vorstellung fiber den Sauerstoffstrom der einzelnen Gewebe gewinnen zu k6nnen. ~) Berlin 1885.
&ug. Hirschwald.
Reduktionsorte und Sauerstofforte des tierischen Gewebes.
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Manchem Leser des E h r li c h schen Werkes mag die LSsung einer solchen Aufgabe tiberhaupt unm(iglich erscheinen; dean die feinere histologische Bearbeitung setzt den vorherigen Tod oder wenigstens das beginnende Absterben des Gewebes voraus, Zust~,~nde, die man sich a priori als sauerstofflose und daher unterschiedslose Reduktionsbilder vorstellen kiinnte. Andererseits wissen wir aber schon seit langer Zeit, zuerst durch J a c q u e t s Untersuchungen, dass selbst aus kfinstlich abgetStetem Gewebe sich noch wirksame Oxydationsfermente ausziehen lassen. Es kommt also auch hier alles auf den Versuch an, und die ersten Versuche dieser Art, die ich in Gemeinschaft mit Herrn Dr. (~ olo d e t z 1) anstellte, ergaben zu meiner lJberraschung einen Befund, der sich mit dem Bilde des toten Gewebes als einer unterschiedslosen Reduktionsmasse gar nicht vereinigen liess. Wahrend alle Zellleiber sowohl der Epithelieu wie der Bindegewebszellen ttbermangansaures Kali zu Mangansuperoxyd, eine Mischung yon Eisenchlorid und Ferricyankalium zu Berlinerblau, die gelbe Tetranitrochrysophansaure zu einem roten Reduktionsprodukt reduzierten, blieben samtliche Kerne derselben Zellen yon diesen F',trbungen frei. Die genannten Reduktionsfitrbungen erwiesen sich als echte, elektiv wirkende Protoplasmaf~trbungen, wahrend die E i w e i f i s u b s t a n z e n d e r K e r n e o f f e n b a r n i c h t zu reduzieren vermochten. Diese Erfahrung bildete den Ausgangspunkt einer Reihe yon Versuchen, durch die ich mir fiber die Starke des Reduktionsund Oxydationsverm(igens der einzelnen Gewebselemente Klarheit zu verschaffen suchte. War der an der Haut erhobene Befund nicht auf diese beschrankt, soudern allgemein dem tierischen Gewebe eigenttimlich, so bestand ja ein geradezu diametraler Gegensatz zwischen Zellleib und Kern, der ftir den Atmungsprozess der Zelle von hoher Wichtigkeit sein musste.
I. Die R e d u k t i o n s o r t e d e s t i e r i s c h e n @ e w e b e s . Die Reduktionsunfahigkeit der Kerne war mir zuerst an Hautschnitten aufgefallen, die in Alkohol fixiert und in Celloidin eingebettet waren. Es handelte sich mithin zunachst darum, mit 1) G o l o d e t z u n d U n n a . ZurChemiederHautIII. DasReduktionsvermiigen der histologischen Elemente der IIaut. I~Iit einer Tafel. Monatshefte f. prakt. Dermat., Bd. 48~ 1909~ S. 149. 1"
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denselben ,,Reagentien auf R e d u k t i o n " frische H a u t vom Lebenden und yon der Leiche zu behundeln. Die Gewebsstficke werden zu diesem Zweck mittelst CO~Schnee vereist und k o m m e n direkt in folgende L 6 s u n g e n : 1. Eine einprozentige L6sung yon K a l i u m p e r m a n g a n a t . Hier bleiben die sich rasch braun farbenden Schnitte 1 - - 2 Minuten, werden gut in Wasser abgesptilt und durch Alkohol und ()l in Balsam gebracht. (Manganbild.) 2. Eine unmittelbar vor dem Gebrauch hergestellte Mischung z) der einprozentigen L(isungen yon E i s e n c h 1 o r i d und r o t e m Blutlaugensalz in destilliertem Wasser. Nach ca. 5 Minuten werden die geblauten Schnitte in destilliertem Wasser abgesptilt und durch Alkohol und 01 in Balsam gebracht. (Eisencyanbild.) 3. Eine einprozentige L 6 s u n g yon T e t r a n i t r o c h r y s o p h a n s a u r e ~) in Chloroform. Die Schnitte werden in absolutem Alkohol entwi~ssert und k o m m e n daun auf ca. 10 Minuten in die gelbe ChloroformlOsung, in welcher sie sich rot f~trben, dann durch Chloroform und Ol in Balsam. (Nitrochrysophanbild.) 1V~enschliche F u s s s o h l e n h a u t . Manganbild. Am tiefsten gebr~unt ist die gesamte 0berhaut und in dieser wieder am st~rksten die basale Hornschieht, etwas weniger die oberen Teile der Stachelschicht, w~hrend die an die Cutis grenzende basale Stachelsehicht (Keimsehicht) nur sehr schwach gebr~unt erscheint und wie ein lichter Saum das Deckepithel begrenzt. Innerhalb der gesamten Stachelsehieht sind die Kerne wie helle Ltieken ausgespart. Die mittlere und obere Hornschicht sind weniger stark gebr~unt als die basale Hornsehicht, doch an manchen Pr~paraten durehsetzt yon vertikalen, dunkelbraunen Partien an Stelle der WeUentMer der Hornschicht. Die G~nge der Kn~ueldriisen zeigen im Kleinen dasselbe Bild wie das Deekepithel, d. h. die der Cutis zun~ehst liegenden basalen Gangzellen sind nur gelb gef~rbt, die inneren, an die Cuticula angrenzenden dunkler und die Cuticula selbst ist so stark gebr~unt wie die basa|e Hornschieht und daher im Bilde auffallend hervertretend. Die Kn~ueldriisen steehen yon den Ausffihrungsg~ngen dutch ihre schwache F~rbung ab. 9) Um Niederschl~ge zu vermeiden, ist peinliche Sauberkeit der Gef~sse notwendig. ~) Diese LSsung ist bei Grfibler (Leipzig) unter dem Namen: ,Chrysophangelb" vorr~tig. Die yon L i e b e r m a n n und S e i d l e r (Liebigs Armalen, Bd. 212, S. 29) dargestellte Tetranitroehrysophans~ure, C1~ H~ O~ (NO~)4, entsteh~ dutch Einwirkung rauchender Salpeters~ure auf in Eisessig geliistes Chrysarobin.
Reduktionsorte und Sauerstofforte des tieriseben Gewebes.
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Nut finden sich hier und da dunkelbraune KSrnchen eingesprengt. 1) Sowohl in den Kni~ueln wie in den Giingen sind alle Kerne ungef:,'~rbt, was nattirlich in den Gi~ngen dutch den Kontrast auffallender zutage tritt als in den Kn'~ueln. In der Cutis ist das Kollagen nut schwach gelblieh gef~rbt; ebenso alas feine E[astin der oberen Cutispartien, die dickeren elastischen Fasern der tiefen Cutis und Subeutis treten dagegen etwas st~trker gefiirbt hervor. Ebenso die markhaltigen Nerven. Alle Muskelfasern dagegen, sowohl die der Arterien and Venen wie die der Wandungen der Kn~ueldriisen sind stark gebr~tunt wie das Protoplasma. Das Fett der Fettzeilen ist farblos. Eisencyanbild. Die dunkelblau gefitrbte Hornschicht ist yon der ebenso stark gebl~uten Stachelschicht durch ein helles, bliiulich oder gr~inlich gefiLrbtes Band geschieden, welches der basalen Hornschicht entspricht. ~) Die mittlere und obere Hornschicht werden an Stelle der Wellent'~ler yon schw~cher und grfinlich gef~rbten Streifen durchzogen. Die blaue F~rbung der Stachelschicht ist reine Protoplasmaf~rbung und nimmt an Stelle der basalen Keimschicht plStzlich sehr ab. Alle Kerne der Stachelschicht sind ungef~rbt. In der grtinlich gef~rbten Cutis heben sich die Epithelien der Kn~uelgi~nge und -drfisen, die Muskeln und etwas auch die dickeren elastischen Fasern dutch ihre rein blaue Farbe ab. Am st~trksten gefiirbt sind die Gefiissmuskeln, die ]~[uskeln der Kniiael and die Cuticula der KnSueIg~nge. Das Epithel der letzteren ist nach der Cutis schwach, nach der Cuticula zu sti~rkcr blau gefitrbt. An .den sonst ungefSrbten Fettzellen fitrbt sich als feiner blauer Saum die Zellmembran. Nitrochrysophanbild. Aueh hier ist die dunkelrot gef~rbte Hornschicht yon der dunkelroten Stachelschicht durch eine farblose basale Hornschicht getrennt. Die Fiirbung der Stachelschicht nimmt in der Keimschicht ab and die Kerne sind ungefiirbt. Die Curls ist orange oder gelbrStlich gefi~rbt und das eingelagerte Epithel sowie die Muskeln rot. Die Kerne der Kn~uel und der Gange sind ungefitrbt, ebenso das Fettgewebe. Menschliche Kopfhaut. i~{angan bild. Die Hauptreduktionsorte sind die Stachelschicht und basale Hornschicht des Deekepithels und die Stachelschicht und Wurzelscheide der Haare. Alle Kerne stellen sich als farblose Liieken dar. Neben den Knauelg~ngen mit ihrer dunkien Cuticula und den glatten ~uskeln sind hier noch die Talgdrtisenepithelien ziemlich stark gebraunt mit Aussparung des ungefarbten Talgfettes. Das subeutane Fett ist farblos. 1) In der oben zitierten Abhandlung yon G o 1 o d e t z and m i r sind voneiner i n K a l i p e r m a n g a n a t direkt fizierten Fufisohlenhaut viel gr(issere und reichlichere dunkelbraune K~irnchen beschrieben. ~) A. a. O. ist die Farblosigkeit der basalen Hornschieht auf deren Alkalescenz, die griinfiche Fi~rbung des Kollagens auf geringere Aciditi~t zurtiekgefiihrt worden.
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P.G. Unna: Eisencyanbild.
Dasselbe entsprieht durchaus dem Eisencyanbilde der Fuflsohlenhaut. l~ar fiillt die Farblosigkeit oder hellere blSuliche F~rbung der Wurzelscheide im Gegensatz zum Manganbilde mit den dunkelbraunen Wurzelscheiden auf. ~) AUe Kerne and das Fett der Subcutis sind ungefi~rbt bis auf die feine blaue Membran der Fettzellen. In Kniiuel- und Talgdriisen blaues Protoplasma neben ungef~rbten Kernen. Im grtinlichen Kollagen feine blaue elastische Fasern. Nitrochrysophanbild. Ein genaues Pendant zum Eiseneyafibild der Kopfhaut. Starkc Rotf~rbung der Stachelschicht der 0berfl~che und der tIaarbi~lge. Hornschicht schw~cher und Wurzelscheide noch schwi~cher gefi~rbt. 3Ii~ssig ger(itet: Talgdrtisen und Kni~ueldriisen. Muskeln intensiv rot gef~trbt. KeL'ne und Fett ganz ungef~rbt. Kollagen und Elastin der Catis (~rangerot.
Wenn wit diese Resultate der Reduktionsfiirbung an frischell Hautschnitten kurz zusammenfassen wollen, mtissen wit' beachten, dass yon den drei benutzten Methoden nut" das Mang~tnbil(I ein reines, unbeeinflusstes Reduktionsbild genannt zu werden verdient, da bei ibm die mehr saure oder alkalische BeschaffeHhcit det" Gewebselemente ohne Einfluss auf die Tiefe der Fitrbung ist. Sowohl das Eisencyanbild wie das Nitrochrysophallbild silld solchen Einfltissen unterworfen und so lehrreich sie im einzelne~l sein m0gen, ftir die reine Darstelluag der Reduktionsorte kommen nut die a l l e n d r e i B i l d e r n g e m e i n s a m e n F ~ r b u n g s r e s u l t a t e in Betracht und b e i e i n e r D i v e r g e n z d e r B i l d e r h a b e n w i r u n s b i s a u f w e i t e r e s an d a s M a n g a n b i l d zu h a l t e n . Das allen drei Bildera Gemeinsame ist aber schon lehrreich genug. Es besteht ein frappanter Gegensatz zwischen dem stark reduzierenden Zellprotoplasma, der Horn- und Muskelsubstanz einerseits und dem gar nicht reduzierenden Fett und allen Kernen andererseits. Zwischen diesen Extremen in der Mitte stehen die Intercellularsubstanzen. Beriicksichtigen wir bei diesen auch nur das reine Manganbild, so ist doch ein Gegensatz zwischen dem last gar nicht reduzierenden Kollagen und dem deutlich, wenn auch schwach reduzierenden Elastin unverkennbar. Ehe wir nun zu anderen Organen tibergehen, sei noch die Frage erledigt, ob eine Fixierung der Haut in Alkohol oder Formalin an den Reduktionsbildern wesentliche ~_nderungen herbei1) Eine Erldi~rung ist in der zitierten &rbeit versucht.
Reduktionsorte nnd Sauerstofforte des tierischen Gewebes.
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ffihrt. Diese Frage hat nicht nur eine theoretische, sondern auch eine recht praktisclle Bedeutung. Denn die Bearbeitung yon Gefrierschnitten frischel~ Materials ist mit technischen Sehwierigkeiten verbunden und liefert nicht immer so tadellose Pr~tparate wie die yon Organen, welche in Formalin fixiert waren. Noch leichter und einfacher als die Bearbeitung yon Formalinpraparaten ist nattirlich die yon alkoholfixiertem Material. DI~ nun sowohl Alkohol wie Formalin unter Umstanden reduzierende Eigenschaften zeigen, nie aber Oxydationen einleiten, so sollte man ihnen yon vornherein kaum einen schitdigenden und abschw~tchenden, eher vielleicht durch Abschwachung yon Sauerstoitbrtefl einen versthrkenden Einfiuss auf das Reduktio~lsbild der Haut zuschreiben. Die Erfahrung hat nun in der Tat gezeigt, dass bei Alkoholund Formalinfixierung die drei Reduktionsbilder eher noch schi~rfer nnd besser hervortreten als bei Benutzung frischen Gewebes. Die wenigen Differenzen, welche tier Fixierung zuznschreit)en und wohl zu beachten sind, betreffen nicht die Hanptl)unkte und (liametra|en Gegensittze. Als solche Abweichnrlgen yon der Norm nenne ich: das Fehlen der Kn~iuelk~rner im Manganbilde nach Alkoholfixierung und das scharfe Hervortreten der roten Blutk6rl)(,rchen nach Formalinfixierung. Die ausgezeichnete Tingibilititt gerade der roten BlutkOrperchen nach Formalinfixierung ist bekannt. Bei den hier in Frage kommenden Fitrbungen, deren Chemismus wir kenne~l, kann es aber nicht als etwas Selbstverstitndliches iibergangen werden, dass alle drei Reduktionsf~trbnngen ausserst dunkle und scharfe Bilder der roten Blutk0rperchen geben; denn wie wir noch sp~tter sehen werden, werden diese durch Oxydationsfi~rbungen nicht tingiert, auch wenn sie in Formalin fixiert waren. Nach diesen Erfahrungen habe ich reich beim Studium der Reduktionsorte innerer Organe der Formalinfixation als des bequemeren u~d sichreren Weges bedient. Die Bilder zeigen allerdings ausser dem Normalbild stets noch (lie Erythrocyten tief gefftrbt. Organe vom Kaninchen.
8ofort nach dem Chloroformtode 5--6 Stunden Iang in Formalin eingelegt. Gefrierschnitte mittelst CO~-Schnees. :Ni e r e. 5I a n g a n b i 1d : Die sta.rke Br~unung halter an den gewundenen HarnkanMchen und roten BIutkiirperchen tier l~ierencapillaren. Glomeruli und gerade Harnkan~lchen schwach, Kerne gar nicht gef~rbt.
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P.G. U n u a :
E i s e n c y a n b i I d : P r o t o p l a s m a , besonders der g e w u n d e n e n H a r n k a n ~ l c h e n b l a u ; K e r n e n u r s c h w a c h bl~ulich; rote B l u t k S r p e r c h e n dunkelblau. N i t r o c h r y s o p h a n b i 1 d : P r o t o p l a s m a , besonders der g e w u n d e n e n Harnkan~ilchen r o t ; K e r n e f a r b l o s ; rote BlutkSrperchen b r a u n r o t . L e b e r. M a n g a n b i 1 d : L e b e r z e l l e n b a l k e n b r a u n ; rote B l u t k S r p e r c h e n noeh d u n k l e r b r a u n ; K e r n e u n g e f a r b t . E i s e n c y a n b i 1 d : L e b e r z e l l e n b a l k e n d u n k e l b l a u ; rote B l u t k S r p e r c h e n schwarzblau; Kerne ungef~rbt. N i t r o c h r y s o p h a n b i 1 d : Leberzellenbalken d u n k e l r o t ; rote B l u t kSrperehen s c h w a r z r o t ; K e r n e u n g e f ~ r b t . L u n g e. h i a n g a n b i l d : L u n g e n g e w e b e , einscbliesslich der B r o n c h i e n br~unlich g e f ~ r b t ; K e r n e u n g e f ~ r b t . R o t e B l u t k 5 r p e r c h e n der L u n g e n capillaren d u n k e l b r a u n . GrSssere B l u t g e f ~ s s e s t a r k h e r v o r t r e t e n d d u r c h ihre d u n k e l b r a u n e l~uscularis. E i s e n c y a n b i 1 d : L u n g e n g e w e b e g l e i c h m a s s i g d u n k e l b l a u ; ebenso Bronchialepitbel. M u s k e l n der B r o n c h i e n e t w a s d a n k l e r blau. R o t e B l u t k S r p e r c h e n der L u n g e n c a p i l l a r e n u n d h : u s k e l n der g r o s s e n B l u t g e f ~ s s e schwarzblau. I m i n t e r s t i t i e l l e n B i n d e g e w e b c t r e t e n die e l a s t i s c h e n F a s e r n e t w a s s t a r k e r b l a u g e f ~ r b t hervor. N i t r o c h r y s o p h a n b i 1 d : L u n g e n g e w e b e , einschliesslich der B r o n c h i e n rot. D u n k e l r o t rote B l u t k S r p e r c h e n u n d M u s c u l a r i s der B l u t g e f S s s e . D a h e r fiberhaupt B l u t g e f ~ s s e hervor-, B r o n c h i e n zurficktretend. Beinmuskel. Manganbild: ~ I u s k e l f a s e r n d u n k e l b r a u n ; F e t t und K e r n e u n g e f ~ r b t ; K o l l a g e n heHgelb. E i s e n c y a n b i I d : Muskelfasern dunkelblau ; Fett, Kollagen und Kerne ungef~rbt. N i t r o c h r y s o p h a n b i 1 d : M u s k e l f a s e r n r o t ; Kollagen hellrStlich ; Fett und Kerne ungef~rbt.
Da nach E h r I i c h bestimmte lebenswichtige Muskeln (Herz, Zwerchfell, Kehlkopf-, Augenmuskeln etc.) sich yon den fibrigen dadurch unterscheiden, dass sie im Leben nicht reduzieren, sondern mit Sauerstoff gesattigt sind, untersuchte ich zum Vergleiche auch die Herzmuskulatur. H e r z. ~I a n g a n b i I d : M u s k e l f a s e r n u n d rote B l u t k S r p e r c h e n b r a u n ; K o l l a g e u hell; K e r n e a n d F e t t u n g e f ~ r b t . E i s e n c y a n b i 1 d : M u s k e l f a s e r n b l a u ; rote Blutk~rperchen d u n k e l b l a u griin; Fett und Kerne ungef~rbt. N i t r o e h r y s o p h a n b i 1 d : ~ u s k e l n u n d rote BlutkGrperchen r o t ; F e t t mad K e r n e u n g e f ~ r b t .
Die yon E h r l i c h in vivo gefundenen Differenzen treten also an den gleich nach dem Tode mit Formalin fixierten Muskeln nicht hervor. G e h i r n. ]~ a n g a n b i 1 d : S t a r k gefl~rbt : die r o t e n B l u t k ~ r p e r c h e n in d e m s o n s t s c h w a e h g e b r ~ u n t e n Gewebe. Gangl[en bier u u d da e t w a s starker gebr~unt. Deren Kerne ungef~rbt.
R e d u k t i o n s o r t e u n d Sauerstofforte des tierischen (]ewebes.
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E i s e n c y a n b i 1 d : Diffus blau (Neuroglia, Nerven u n d Ganglien) ; n u r einzelne G a n g l i e n heben sich d u n k e l b l a u a b ; alle B l u t g e f ~ s s e s a m t Inhalt schwarzblau. N i t r o c h r y s o p h a n b i ! d : Diffus s c h w a c h ge[blichrosa (Neuroglia, N e r v e n u n d G a n g l i e n ) ; nut' s e h r w e n i g e Ganglien heben sich dunkler (bl~u|ichrot) a b ; B l u t g e f ~ s s e s a i n t I n h a l t braum'ot.
Die Untersuchung der inneren Organe des Kaninchens hat das vo. den Gewebselementen der ttaut entworfene Schema wohl vervollsthndigt, aber nicht wesentlich ver~mdert. Zellprotoplasma und Muskelsubstanz treten auch hier als wichtigste Reduktionsorte auf, whhrend Fett und Kerne keine Reduktionswirkungen auszufiben verm~gen. Die St~trke des ReduktionsvermSgeas, gemessen an der unter sonst gleiche~, Umst~tnden eintretenden Sthrke der Farbung, ist bei verschiedenen Zellen sehr verschiede,l ausgebildet; bei den Leberzellen und den Epithelien der gewundenen Harnkamflchen ist es so stark wie in der Stachelschicht der Oberhaut und der Haarb~lge, bei den Epithelien der geraden Harnkan~lchen, den Zellen des Lungengewebes und Bronchialbaums etwa so schwach wie bei den Epithelien der Kn~'~ueldrfisen der Haut; bei den Gehirnganglien ist es im allgemeinen noch viel schw~cher. Ebenso schwach reduziert Kollagen, etwas st~trker Elastin. G a n z u n d garnicht reduzieren abet fiberall das Fett und die Kerne! Dieses Ergebnis mag for jeden, welcher seine Vorstellungen fiber das Sauerstoffbedtirflfis der Gewebe bisher allein nach den Versuchen yon E h r l i c h orientiert hat, sehr aut'fitllig sein. Allein es daft nicht vergessen werden, dass bei den Injektionsversuchen yon E h r l i c h immer nur die Organe als Ganzes auf ihr Sauerstoff bedtirfnis gepr~ift werden konnten, nicht die einzelnen Teile derselben. E h r l i c h findet z. B., dass das Fettgewebe zu den starkst reduzierenden Geweben geh~rt, da es (im Leben) Alizarinblau-S zu reduzieren vermag. Dieses kann nun sehr wohl mSglich sein, ohne dass das Fett selbst irgend welche Reduktionskraft besitzt. Denn das Fettgewebe umfasst ausser dem Fett bekanntlich Protoplasma und ein sehr gut entwickeltes System yon Blutcapillaren, in denen die roten BlutkSrperchen auf Alizarinblau-S eine hochgradige Reduktionswirkung aus~iben kSnnen. Die Ergebnisse der E h r l i c h s c h e n Injektionsmethode und meiner Farbemethoden werden sieh, soweit sie sich bei weiterer Priifung bestatigt finden, nicht widersprechen, sondern erg~nzen.
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P.G. Unna:
E h r l i c h findet beispielsweise, dass die meisten K~rpermuskeln Indophenolblau reduzieren, wahrend einige lebenswichtige Muskeln, die dauernd Arbeit verrichten mfissen (Herz, ZwerchfelL Kehlkopf-, Augenmuskeln etc.), Oxydationswirkungen auszutiben verm~)gen, also trotz ihrer Reduktioilskraft einen ~Tberfiuss an Sauerstoff besitzen. Diese feinen physiologischen Differenzen, welche E h r 1i c h mittelst seiner b i o 1 o g i s c h holler stehenden Methode den lebenden Muskeln abgelauscht hat, widersprechen wahrscheinlich nur scheinbar meinem Satze, dass alle Muskelfasern stets und zwar sehr stark reduzieren. Der Widerspruch wird nur dazu ffihren, genauer zu untersuchem ob die Differenz des vitale~ Reduktionsverm0gens in einer Verschiedenheit der Muskelfasern selbst oder in einem andcren Umstande, z. B. dem K~'rnreichtum; der Art der Blutversorgung usf. begrtindet ist. l)er soeben angeftihrte Satz harmoniert tibrigens, wie ich vorgreifend bemerken will, sehr gut mit den Befunden yon S a l k o w s k i und A b e 1 o u s (s. w. u.), nach dene,l die Muskcln am wenigsten yon allen Organcn Oxydasen enthalte,i, welche Salicylaldehyd zu Salicylsiture zu oxydieren vermOgen. Er harmoniert weiter auch mit den bekannten Tatsachen, dass das Blut der Muskelvenen besonders dunkel ist und der Muskel keinen auspumpbaren Sauerstoff besitzt (H e r m a n n). Die Reduktionsthrbungen lassen also erkennen, dass - - allgemein gesagt - - zwei Orte im tierischen Gewebe vorhanden sind, welche das bisher demselben allgemein zugeschriebene Reduktionsverm~gen n i c h t besitzen, die K e r n e und d a s F e t t . Diese Tatsache l~tsst yon vornherein zwei verschiedene Deutu,~gen zu und daher braucht die Ursache der Reduktionsunf~ihigkeit bei beiden (=~ewebselementen, den Kernen und dem Fett, auch nicht einmal dieselbe zu sein. Man kann entweder annehmen, dass diese Orte mit Sauerstoff nur ges~tttigt und daher nicht in der Lage sind, den Reaktionsfliissigkeiten Sauerstoff zu entziehen. Man kann aber auch die Hypothese aufstellen, class diese Orte ausserdem selbst Sauerstoff abgeben: sei es, dass sie aktiven Sauerstoii besitzen (Peroxyde) oder Sauerstoff zu aktivieren verm(igen (Peroxydasen). Der Entscheidung dieser Fragen wollen wir uns nun zuwenden.
II. Die S a u e r s t o f f o r t e d e s t i e r i s c h e n G e w e b e s . Von vornherein ist klar, dass wir die soeben am Schlusse ins Auge gefasste Entscheidung zwischen den beiden M(iglichkeiten
Reduktionsorte und Sauerstofforte des tierischen Gewebes.
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dec blossen Sauerstoffsltttigung 1) und der Sauerstoffproduktion nut dadurch herbeifiihre~ k~nnen, dass wit mittelst spezifischer Sauerstoffreagentien untersuchen, ob die einzelnen Gewebselemente freien Sauerstoff besitzen und abgeben k6nnen. Nut wenn diese Frage verneint wird, tritt ftir die nichtreduzierenden Orte (Kerne, Fett) die M0glichkeit, damit nach dem Vorhergehenden aber auch zugleich die Sicherheit der Existenz blosser Sauerstoffs~tttigung flit das betreffende Gewebe ein. Wird die Fvage bejaht, so sind die betreffenden nichtreduzierenden Orte nicht bloss sauerstoffgesattigt, sondern sogar selbst sauerstoflkbgebend. Dieselbe Fragestellung entscheidet also entweder bei positivem Resultat flu" Sauerstofl])roduktion, bei negativem ftir blosse Sauerstoffsattigung. Als Sauerstofl'reagens benutzte ich das vor kurzem yon G o l o d e t z und m i r empfohlene R o n g a l i t w e i s s , " ) welches sehr leicht in die Gewebe eindringt und, bei Vorhandensein yon aktivem Sauerstoff dieselben dutch Erzeugung yon Methylenblau blaut. In dergelblichgef~trbten F l t i s s i g k e i t 3) f i n d e t z u nitchst noch kein(, Bliiuung der Schnitte statt, da die Anwesel, heit yon Rotlgalit dieselbe verllindert. Bringt m a n a b e t so b e h a n d e l t e S c h n i t t e in W a s s e r und sorgt durch rasche Bewegung ftir eille schnelle huswaschung des Rongalits, so w i r d d e m G e w e b e die M(iglichkeit geboten, sein Oxydatiol~sverm(}gen zu entfalten. Es 1)l~tuensichdahel'nun alleGewebselemente, welche eineOxydation bewirkenkSnnen. Wie spater anzuftihrende Versuchsreihen ergeben habeJ,, sind die $auerstofl'orte des Gewebes ftir unsere gewShnlichen Fixierungsund Einbettungsmittel viel empfindlicher als die Reduktionsorte. Die meisten dieser Mittel vernichten die Sauerstoflbrte oder verandern sie wenigstens; zu den letzteren gehSrt Formalin Es ~) Unter ,Stmerstoffsgttigung" will ich bier das Fehlen eines Verlangens nach mehr Sauerstoff bezeichnen. ~) Mit Rongalitweiss bezeiehnen G o l o d e t z und ich das durch Rongalit entstehende Reduktionsprodukt des :Metbylenblaues (Methylenweiss, Leukomethylenblau). Das ,Rongalit" stellt eine in der Teehnik gebrauchte, stark reduzierende Verbindung yon Formaldehyd mit dem Natriumsaiz der Sulfoxylsgure dar. Nii.h.s. U n n a und G o 1 o d e t z, ,Zur Chemie der Haut, VI. Hautreagentien. ~ Monatshefte fiir prakt. Derm., 1910, Bd. 50, S. 451. 3) Im Gegensatz zu allen bisherigen Reagentien auf freien Sauerstoff verf~rbt sieh diese LSsung auch bei Zutritt yon Luft und Licht nicht. Dieselbe ist bei G r t i b l e r (Leipzig) unter dem Namen ,Rongalitweiss" vorri~tig.
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P.G. Unna:
ist d a h e r d u r c h a u s graphie
g e b o t e n : zunitchst die E x i s t e n z u n d die T o p o -
d e r S a u e r s t o f f o r t e an f r i s c h e m ,
ganzlich
unbeein-
flusstem Gewebe zu studieren. Die O r g a n e eines soeben durch Chloroformatmung getSteten K a n i n c h e n s werden ohne jedeu Zusatz vereist, geschnitten, 2 Minuten mit Rongalitweiss (RW) behandelt, in destilliertem Wasser abgespfilt und in Gummi eingebettet. L e b e r. Das Protoplasma der Leberzellen ist blau gef~rbt. In der NiChe der Lebervene treten die Kerne in den etwas blasser gefiirbten Zellen deutlich hervor und zeigen ein dunkelblaues KernkSrperehen. In der N~he des Gallenganges an der Peripherie des LSppchens sind die Kerne in dem gleich stark gef~rbten Protoplasma kaum zu erkennen. Dagegen erscheinen bier besondere, zahlreiche, dunkelblaue Pfinktchen im Zellprotoplasma. t ~ i e r e. An den geraden Harnkan:~tlchen and den Schleifen ist das Protoplasma der Epithelien gut gebl[~ut; die Kerne sind aber noch viel dunkler gefarbt. Einen anderen Anblick gewi~hren die gewundenen Harnkaniilchen, indem das Protoplasma gar nicht oder nur minimal, die Kerne etwas mehr, aber doch nur ganz schwach geblitut sind. Nur die KernkSrperehen der letzteren treten als dunkelblaue Punkte hervor. In den Glomerulusschlingen sind die Kerne stark gebl[tut. L a n g e. Siimtliche Kerne sind gebl~tut; diejenigen des Alveolargewebes und peribronchialen Bindegewebes nur schwach, die des Bronchialbaumes dagegen bedeutend st~trker. Auch die die Bronchien umgebenden Schleimdrtisenzellen und Knorpelinseln zeichnen sich dutch tiefe Bl~uung aus. In den dunkelblaavioletten Knorpelinseln sind besonders die Kerne and die Knorpelgrundsubstanz gefi~rbt, das Zellprotoplasma dagegen fast farblos. R i p p e n k n o r p e 1. Die Knorpelgrundmasse an der VerknScherungsgrenze ist durch tiefe Bli~uung ausgezeichnet, w~hrend die Knocheninseln ganz ungefiirbt bleiben. Die Kerne des Perichondriums sind gebliiut, die l~Iuskelansi~tze haben nur einen leicht bli~uliehen Ton und die Fettzellen dazwischen sind ganz farblos. In der dunkelblauen Knorpelgrundmasse sind Knorpelzellen und Kerne nur schwach gebli~ut. G e h i r n r i n d e. )Ii~ssig gebli~ut sind nur die Ganglien, and zwar nur in ihrem Protoplasma, von dem sich auch die Kerne night dureh tiefere Fi~rbung abheben. Die Kerne der Blutgefasse sind gebliiut. Die ganze weisse Nervenmasse und die l~'euroglia sind farblos. H a u t d e s 0 h r e s. Si~mtliche Kerne der Staehelsehicht, sowohl des Deckepithels wie der Haarbi~lge, Talgdrilsen und Cutis sind gut gebI~ut. Das Protoplasma aller Zellen ist ebenfalls gebli~ut, besonders gut abet nar in der basalen Staehelschieht des Deckepithels, tier Haarbiilge und vor allem des untersten Haarbalgdrittels in der Umgebung der Haarpapille. Im Ohrknorpel ist das Protoplasma der Knorpelzellen sowie die Knorpelgrundmasse gebli~ut, wi~hrend die Kerne farblos sind. H a a t d e r S c h n a u z e. Sehr gate Kernfi~rbung der ganzen Oberhaut, Cutis und Subeatis, sowie der subcutanen N[uskulatur. Das Protoplasma aller Keimschichten sowohl des Deekepithels, der HaarbMge and Talg-
Reduktionsorte und Sauerstofforte des tierischen Gewebes.
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driisen ist gebl:,tut. Die oberen Lagen der Stachelschicht des Deckepithels und die Hornschidlt sind farblos. Die Tasthaare siad bedeutend starker im ganzen gebl[tut als die Lanugoh~rchen. B a u c h m u s k e 1. Muskelfasern absolut farb]os. Kcrne schwach gebl~ut. K o p f h a u t , v o n d e r Leiche eines ulten Mannes ohne Zusatz vereist, geschnitten, mit RW bchandelt und in Gummi cingebettet. Vollkommen gleichm~ssige KernfSrbung aller Epithelien und Bindegewebszelten. Auch das Protoplasma der S~achelzellen, besonders der busmen, sowohI des Deckepithels wie der Haarb~ilge, Talgdrtisen and Kniiueldriisen ist blau gef~rbt. Die ii,lteren Stachdzellen, Kornschicht, Ha~r und Wurzelscheide, Kollagen und Elastin sowie die Fettzellen sind ungefi~rbt. Einige Mastzellen sind ohne Hervortreten yon KSrnern und Kernen geblSut; andere weisen eine gute F~trbung der Granula und eine m~ssige des Protoplasmas und der Kerne auf. Die schr:,igcn Hautmuskeln (Arrectoren) sind ungebl~ut, die subcut~men 3[uskeln dagegen schwach gcblitut, w:,thrend die Kerne derselben gut gef:~trbt sind. Fu~sohle yon derselben Leiche. DieStachelschicht der Oberhaut zeigt eine gute Kernf~rbung und eine schwache Protoplasmaf~rbung der basalen Zel[en. An den Kn::meldriisen sind die Kerne nut schwach, das Protop|asma dagegen starker gef[~rbt, die 5Iuskelmembran ist ganz ungef~rbt. Viel st:arker sind die Kerne dcr Kn'~tuelgihlge gebl5ut und auch ihr Protoplasma zeigt eine gute Blauf~rbung. Kollagen, Fctt und Hornsubstanz sind farblos. Die st~rkste Bls haftet, wie schon eine schwache Vergriisserung zei~,, an den Kn~uelgitngen.
Die besehriebenen Versuche sowohl an den Kaninchenorganen wie an der Hunt mensehlicher Leichen wurden je viermal wiederholt. Die Resultate der sp~tteren Versuehe deekten sich mit denen der ersten hier wiedergegebenen Serie im allgemeinen so gut, dass ieh von Wiedergabe weiterer Versuehsprotokolle absehen kann. Die vorhandenen unbedeutenden Differenzen beziehen sieh haupts~iehlich auf das etwas weehselnde Verh~tltnis zwischen Tiefe der Kernfarbung und tier Farbung des die Kerne umgebenden Protoplasmas. Bei einem Kaninehen war sogar in tier Haut des Ohres die Kernfarbung nicht oder nur unwesentlich starker als die Protoplasmafarbung, wahrend sonst in allen F~llen die Kernfarbung weit tiberwog, kueh die Farbung und das demgemass deutliche oder nur undeutliehe Hervortreten der Mastzellenk0rner weehselte in ziemlieh weiten Grenzen. 8odann war die stets vorhandene F~trbung des Knorpels fast in jedem Falle versehieden ausgebildet, indem bald die Kerne und Knorpelgrundsubstanz, bald das Protoplasma der Knorpelzellen und die Grundsubstanz hauptsaehlieh gefttrbt waren und nur selten die Kerne allein die Blttuung zeigten. Endlich war eine Differenz in der Blauung der Muskel-
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P.G. Unna:
substanz wahrzunehmen, indem die KSrpermuskela und Arrectoren sich gar nicht, dagegen die subcutanen Muskeln des Kopfes beim Menschen trod der Schnauze beim Kaninchen ganz schwach blauten. Als Hauptresultat dieser Versuche ist es zu betrachten, dass wirklich zwischen den beiden im allgemeinen nichtreduzierenden Elementen der Gewebe, den Kernen und dem Fett, tier Unterschied besteht, dass die Kerne sich mit RW stets bl~ue~, das Fett nicht. Hiernach ist das Fett nur sauerstoffgesi~ttigt, d i e K e r n e s i n d d a g e g e n i m s t a n d e zu o x y d i e r e n . Sodann ist der Gegensatz zwischen F,~rbung und Niehtfltrbung sowie yon starker und schwacher Fitrbung, den die Reduktionsbilder zeigen, auch an den meisten Sauerstoflbildern, nur in umgekehrtem Sinae, wiederzuerkennen, z.B.: Reduktionsbild.
Sauerstoffbild.
Basale Keimschicht des Deckepithels schwach gefi~rbt,
Basale Keimschicht des Deckepithels stark gef:,trbt.
Mittlere Stachelschicht stark gefi~rbt.
Mittlere Stachelschicht schwach gefi~rbt.
Aussere Zellen des Kniiaelganges sehwach, innere stark gefiirbt,
Aussere Zellen des Kn~uelganges stark, innere sehwach gef~rbt.
Hornschieht dunkel gef'~rbt (Manganbild).
Hornschicht ungefitrbt.
Wurzelseheide dunkel gef~rbt (t~[anganbild).
Wurzelscheide ungefSrbt.
Gewundene Harnkan~Ichen stark gef'~rbt,
Gewundene Harnkan[ilchen schwach gef~rbt.
Glomeruli, gerade ttarnkan~tlehen und -sehleifen schwach gef~rbt.
Glomeruli, gerade l-[arnkan~lchen und -schleifen stark gef~rbt.
Langenalveolen gefiirbt.
Langenalveolen ungef~rbt.
Neuroglia and hehsenzylinder gefi~rbt.
Neuroglia und Aehsenzylinder ungefiirb~.
~ehrzahl der Ganglien ungefi~rbt.
Ganglien gefi~rbt.
M u s k e l n s t e t s s t a r k gefiirbt,
!~Iuskeln im a l l g e m e i n e n ungefiirbt, n u r selten sehr s c h w a c h gefi~rbt.
Rote Blutkiirperchen (mit Formalinfixierung) maximal gefiirbt.
Rote Blutkiirperchen stets ungefitrbt.
Reduktionsorte und Sauerstofforte des tierischen Gewebes.
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Dagegen gibt es auch Gewebselemente, welche sowohl als Reduktionsorte wie als Sauerstofforte bezeichnet werden mttssen, so dasBronchialepithel, das Leberparenchym, einzelne Ganglien u. a. m. III. D i e B e e i n f l u s s u n g d e r S a u e r s t o f f o r t e d u r c h k i i n s t lithe Mittel. Dass alle Resultate unserer tinktoriellen Analysen der Gewebe in hohem Grade durch die Art der - - technisch n o t w e n d i g e n Fixationen beeinfiusst werden, weiss jeder Histologe. So machte die Vorbehandlung tier Gewebe mit Alkalisalzen (chromsaurem Kali) die Auffindung der Mitosen unmSglich und sichere Resultate wurden erst erzielt, Ms F 1 e m m i n g ffir diesen Zweck die iiusscrst saure Mischung oxydierender S~uren, das Chrom-Osmium-Essig-Gemisch, angab. Da diese und ~hnliche Fixationen, welche die Folgezeit brauchte, die Tinktion des Granoplasmas unmSglich machten, dauerte es wiederum lange Zeit, bis die neueren, auf der Fi~rbung des Granoplasmas fussenden Protoplasmafih:bungen neben den Kernfitrbungen sich Biirgerrecht erwerben konnten usf.
Aber immerhin sind die bisher gebr~uchlichen Farbungsmethoden noch unempfindlich zu nennen gegen diejenigen, welche es gestatten, die Sauerstofforte tinktoriell hervorzuheben. Beispielsweise gelingt eine Kernf;trbung des Gewebes nach den allerverschiedensten, sich zum Teil widersprechenden Vorbehandlungem so nach Behandlung mit Alkohol und Ather, Aceton und Anilin, mit oxydierenden S~turen (z. B. Chroms~ure) und reduzierenden Sauren (Tannin), mit Salzen verschiedenster Zusammensetzung, mit Protoplasmagiften, mit dem reduzierenden Formalin und dem oxydierenden Wasserstoffsuperoxyd. Solange nicht eine direkte AuflSsung des INukleins vorherging oder eingeleitet wurde, erweisen sich die Kerne mittelst der bisherigen Basi-Oxy-Farbungen stets farbbar. Diesen Erfahrungen gegenttber, welche die Histologen in bezug auf die Fixation tiberhaupt leicht allzu gleichgtiltig macht, muss die grosse Empfindlichkeit der Fi~rbung der Sauerstofibrte in der Tat auffallen. Schon das gew(ihnliche kalkhaltige Leitungswasser zerstSrt die Sauerstofforte, wenn die Schnitte vor der Farbung langere Zeit darin liegen. Viel energischer wirken nattirlich in derselben Richtung starkere L(~sungen der kaustischen Alkalien, aber auch ebenso LSsungen der bTeutralsalze (z. B. Kochsalz). Ferner die wasserigen LOsungen der Phenole (Pyrogallol, Carbolsaure, Salicyl-
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P.G. U n n a :
saure, sowie andere Benzolderivate (Nitrobenzol, Phenylhydrazin, Anilin). $odann Alkohole und die als ,,Protoplasmagifte" bekannten Substanzen: Cyankali, Arserlshure, arsenigsaures Kali, schweflige Saure, chromsaures Kali, Sublimat - - al]e schon in schwachster Dosierung. Diesen Stoffen gegeniiber wirken die M i n e r a 1s a u r e n i n schwacher Prozentuierung erhaltend auf die Sauers t o f f o r t e , so HC1, H2 S04 mid ganz besondersHNO.~ ( 1 - - 5 % ) , sodann C h l o r o f o r m w a s s e r , Thymenwasser und bis zu einem gewissen Grade G u m m i 16 s u n g. Eigent/imlich verh~ilt sich F o rm a 1i n, indem es die Sauerstofforte nicht schlechthin abtOtet, aber das Bild derselben ia vielen Punkten modifiziert. Unter den hierauf bezfiglichen Versuchen mag als besonders charakteristisch der folgende hervorgehobenwel'den. Frische Schnitte yon Lungengewebe kommen einerseits in Chloroformwasser, andererseits in Formalin (5~ In ersteren Schnitten erzeugt RongMitweiss eine reine und ausgezeichnet gate Kernf~rbung, eine besonders tiefe im Bronchialepi~hel; in letzteren bleibt alle KernfSrbnng aus, doch fiirbt sich das Protoplasma dcr Bronchialepithelien blau. Andere Schnitte kommen erst in Chloroform, dann in Formalin. Nun bleibt die Blaufiirbung in allen Kernen und im Protoplasma aas. Wieder andere Schnitte kommen erst in Formalin, dann in Chloroformwasser. Resultat: alle Kerne farblos, Protoplasma des Bronchialepithels blaa. ttieraus ist zumichst zu schliessen, dass Chloroformwasser der Blaufiirbung der Kerne giinstig, der des Protoplasmas ungfins~ig ist, wiihrend umgekehrt Formalin der Bl~uung der Kerne ungfinstig, der des Protoplasmas giinstig ist. Da aber bei sekundiirer Formalinbehandlung auch die Protoplasmabliiuung, welcher Formalin sonst giinstig ist, ausbleibt, miissen wir schliessen, dass Chloroformwasser die :Protoplasmabliiuung positiv schiidigt, wiihrend es die Kernbliiuung erhiilt. Und da welter bei sekund~irer Chloroformwasserbehandlung das bronchiale Epithelprotoplasma blau bleibt, mtissen wir schliessen, dass die Schiidigung der letzteren Fiirbung durch Chloroformwasser aufgehoben wird. wenn vorher Formalin angewandt war, d.h. mit anderen Worten: dass Formalin die Protoplasmabliiuung nicht bloss schont, sondern sogar fixiert, w~hrend Chloroformwasser die Kernblgnung wohl schont, aber nicht gentigend fixiert gegenttber dem schiidigenden Einttuss yon Formalin.
blach diesen und anderen Versuchen ahnlicher Art hat es sich herausgestellt, dass eine vorhergehende Fixation in Formalin die Darstellung der Sauerstofforte in sehr aktiver Weise verandert, was seiner chemischen 5Tatur nach ja eigentlich auch nicht auffaUig ist, denn : 2 (HCOH) + O~ = 2 (HC00H) Formalin + Sauerstoff = Ameisensaure.
R e d u k t i o n s o r t e und Sauerstofforte des tierischen (~ewebes.
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Dieser Umstand ist, praktisch genommen, einigermassen schmerzlich, da eine Formalinbehandlung der Gewebe die Technik gerade der Gefrierschnitte so sehr erleichtert und verbessert. Andererseits aber ist sie yon wissenschaftlichem Interesse. Denn durch die Abschw~tchung und Vernichtung der 5auerstoltbrte an einigen Stellen (z. B. Kernen) und der Fixierung der Sauerstoffbl~uung auf anderen Gewebselementen entsteht gerade an den Formalinpraparaten ein Reichtum an besonderen Befunden, der, wenn er auch nicht ohne Kontrolle sofort einen Schluss auf die Norm zulasst, so doch eine detailliertere and sonst kanm erreichbare Fragestelluug erm6glicht. Nach Ber(icksichtigung noch eiHiger be~otlderer Ei,lwirkungen auf die Sauerstottbrte werde ich daher ihrer Beeinflussm~g durch Formalinfixation einen besonderen Abschnitt widmen. Der Einfluss e x t r e m e r T e m p e r a t u r e n auf die Sauerstottbrte hat in zweifacher Beziehung Interesse: des Gefrierens, da dieser Faktor bei jedem Gefrierschnitt mit in Betracht zu ziehen ist; des Kochens, well bekam~tlich die meisten Oxydasen durch Kochen zerstSrt werden. Der Eiafluss des Gefrierens war nattirlich mlr durch einen Vergleictl frischeu Gewebes mit Gefrierschnitten zu ermitteln. Zu diesem Zwecke fertigte ich v(m den I)Votoplasm~treichen Organen eines ebell get0teten Kalfinchens A b s t r i c h und Abklatschpr~tparate an, die nach einfachem Antrockneu an der Luft mit Rongalitweiss gefavbt und dann mit gefttrbten Gefrierschnitten derselben frischen Organe verglichen wurden. An de~ Abstrichpri~paraten war natiirlich der Zusammenha,~g des Gewebes gestbrt, aber die Elemente waren gut erhalten. Uberall trat eine der Hauptsache nach auf die Kerne beschr~mkte Blauung aut', die im Niereamark, Bronchialbaum, Milz, Prostata und Hoden am starksten, an der Nierenrinde, Leber, Gehirn am schwachsten, bei den Muskeln fast Null war. Diese Abstrichpraparate stimmten auch in sonstigen Einzelheiten, soweit das bei der naturgemass etwas rohen Anfertiguug solcher Praparate zu beobachten mSglich war, durchaus mit den Gefrierschnitten derselben Organe fiberein. W i r k S n n e n m i t h i n d a s G e frierenlassen als eine zul~ssige Technik bei Untersuchung derSauerstoffortebezeichnen, derenResultate es keinenfalls wesentlich zu veritndern imstande ist. Archi~ f. mikr. Anat. Bd. 78.
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P.G. Unna:
Anders steht es mit dem Einfluss des K o c h e n s , welcher durch Vergleich yon Gefrierschnitten frischer und gekochter Organe des eben get(Reten Kaninchens zu bestimmen versucht wurde. L e b e r (gekocht). Leberzellen und deren Kerne sehr schwach geblaut. Nur in unmittelbarer N~he der Galleng~nge sti~rkere Bl~uung. Hier treten auch schwarzblau gefitrbte KSrnchen in den Leberzellen stark hervor. Um Galleng~nge und Zentralvene ringfSrmige dunkelblaue HSfe yon ausgepresstem Gewebssaft. L u n g e (gekocht). Sehr schwache, gleichmi~ssige Kernfitrbung. Das Bindegewebe um die Bronchien bl~iulich gefiirbt ; ebenso die basa]en Bronchialepithelien. Der bronchiale Knorpel ist sehr stark dunkelblauviolett gef~rbt, aber nur in seiner Substanz und dem Zellenprotoplasma, wi~hrend die Knorpelkerne ungef~rbt sind. iN i e r e (gekocht). In den Glomeruli und geraden Harnkaniilchen starkc Kernfi~rbung, in den gewundenen sehr schwache Kernf~rbung. Im iibrigen ist die Kernfi~rbung gleichmi~ssig mittelstarlr auch in den Leukocyten der Blutcapillaren. F e t t im Hilus schwach blauviolett. ~I u s k e 1 n (gekocht). Muskelsubstanz ganz farblos. Auch die Muskelkerne ungefSrbt. Nur einzelne Bindegewebskernc blau.
Der Einfluss des Kochens ist ein verschiedenartiger and wird yon Fall zu Fall n~ther untersucht werden mtissen. Keinesfalls zersti~rt dasselbe die Kernfarbung durchweg, abet doch aa einzelnen Stellen (Knorpel, Muskel). An anderen Orten machea sich, offenbar durch partielle Abschwachung, regionare Verschiedenheiten in der Stiirke der Kernf'arbung geltend (Leber, Niere). Im letzteren Organ treten sogar beim Kochen besonders stark sauerstoffhaltige TrSpfchen oder Ki~rnchen durch Kontrast besser hervor. Das Fett zeigte stellenweise eine leichte F~trbung. Eine der technisch wichtigsten Fragen betrifft sodann die Beeinflussung der Sauerstofforte durch A 1k o h o 1 und X t h e r (Celloidin). Wenn man Organe einige Tage in Alkohol lasst, dann Stticke davon in destilliertem Wasser yon Alkohol befreit, vereist uud schneider, findet man die Sauerstofforte bis auf schwache Reste verschwunden. Teils handelt es sich dabei um eine einfache Abschwachung (so sind z. B. in der Niere die Glomeruli und geraden ttarnkanalchen nur noch ganz schwach geblaut), teils um eine Verschiebung tier Blauung yon den Kernen in das Protoplasma der Kanale und selbst bis in das Sekret derselben. In Iihnlicher Weise abgeschwacht und verschoben finden sich die Sauerstofforte in Celloidinpraparaten, die durch Alkohol
Reduktionsorte und Sauerstofforte des tierisehen Gewebes.
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und Ather gega~lgen sind. Die Celloidineinbettung ist also ftir derartige Untersuchungen wertlos. Im Gegensatz zum Gewebe ft~rbt sich tibrigel,s alas zur Einbettung verwendete Celloidin tiberall dunkelblau. Auch bei der Einbettung der Schnitte muss Alkohol durchaus vermieden werden, wie tiberhaupt die meistea gebr~tuchlichen Einbettungsmittel: C~ l y c e r i n , d i e a t h e r i s c h e n 01e und B a l s a m hier unzulhssig sind. Auch das arabische Gummi. das ich nach einigen tastenden Vorversuchen als relativ gutes Einbettungsmittel ftir die mit Rongalitweiss gefarbten Sauerstofforte erkannt hatte, musste gellauer in bezug auf einen etwaigen schttdlichen Eb~fluss untersucht werden. Die frischen Organstticke des Kaninchens wurden einen Tag in dickfliissiger Gummilbsung gelassen, dann vereist, geschnitten und mit Rongalitweiss gefi~rbt. L e b e r. Das Protoplasma der Leberzellen ist gleichm~tssig dunkelbhm gefi~rbt ohne Andeutung yon KSrnchen und Kernen. Letztere scheinen fast ungef~rbt zu sein. Lunge. Alveolen ungefiirbt, K(,rne derselben schw~tch blau. Bronchialepithel miissig blau. Knol'pelsubstanz blau. Rote BlutkSrperchen dunkelblau. N i e r e . Gleiehmi~ssige Kernf'~rbung, in den gewundenen Harnkani~lchen schwa~h, in den ger~ulen st~u'k. Tier gebl~ut die roten Blutk~rperchen. Kerne der Glomeruli schwach gebI:~tat. M u s k e 1. Kerne blau, ~[uskelsubstanz schwaeh gebl~ut. Rote BlutkSrperehen dunkelblau.
Die Gummil~isung ist also, wenn sie in fltissigem Zustande einwirken kann, welt davon entfernt, ftir die Sauerstofibrte indifferent zu sein. Es ist dieses Resultat auch gar nicht verwunderlich, denn bekanntlich hat der franz0sische Pharmakologe B oullay vor 100 Jahren (1809) bereits die Blauung yon Guajaktinktur durch Gummi arabicum gefunden oder, wie wit heute sagen wtirden, eine Peroxydase in letzterem entdeckt. Um so interessanter sind die Veranderungen der Sauerstofforte des Gewebes dutch Gummi, unter denen ich hier nur die Verschiebung des Sauerstoffs yon den Kernen in das Protoplasma der Leberzellen, von den Kernen in die durch Rongalitweiss gewi)hnlich unfarbbare Muskelsubstanz, yon den Knorpelkernen in die Knorpelsubstanz, sowie die dunkle Blaufarbung der sonst durch Rongalitweiss nicht gefarbten roten BlutkSrperchen hervorheben will. Dass durch den Einfluss der Gummil0sung eine erhebliche Lockerung 2*
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P.G. U n n a :
der Blaufarbung eintritt, geht auch daraus hervor, dass dieselben Praparate, wenn sie nach dem Gummi und vor dem Rongalitweiss noch Formalin passieren, fast farblos sind. Zu solchen Effekten bedarf die Gummil0sung jedoch der Zeit und des Wassers. Ein in wenigen Minuten unter dem Deckglase eingetrockneter Tropfen Gummi ist ftir den auf Sauerstofforte gef~trbten Schnitt relativ indifferent, wenn auch durchaus nicht absolut. Eine v5llig indifferente, ideale Einbettungsmasse ftir Dauerprf~parate zu finden, ist mir bisher nicht gegltickt. Schtiesslich ist noch yon Interesse, zu erfahren, wie sich die auf ihre Sauerstofforte gef~trbten Gewebe gegen eine nachtragliche Farbung mit Rticksicht auf ihre Basi-Oxyphilie verhalten oder mit anderen Worten, ob nach der F~trbung mit Rongalitweiss noch eine solche mit polychromer Methylenblaul(isung oder mit der Carbol -+- Methylgrtin + Pyronin - Mischung (P a p p e n h e i m U n na) m0glich ist und wie sie ausfallt. Hierzu wurdea aus frischen Organen mit Rongalitweiss vorgef~trbte Schnitte nach Pappenheim-Unna nachgef~trbt. L eb er. Intensive Rotf~rbung des Protoplasmas, Blaufi~rbung dcr Kerne. K~irnchen in den Leberzellen dunkelviolett. L u n g e. Sehr gute Protoplasma- und Kernf~rbung. Bronchialepithel und Schleimdrfisen dunkelviolett. Ho d e n . Spermatogonien und Spermatocyten dunkelblau. KSpfe der Spermatoblasten dunkelviolett. Menschliche Kopfhaut. Charak-teristische und intensive Protoplasmaund Kernfi~rbung der Oberhaut, Kn~uel-, Talgdriisen und ttaare.
Eine Farbung, beruhend auf der Basi-Oxyphilie der Gewebe, kann also sehr wohl nach und neben der Fhrbung auf Sauerstofforte angebracht werden, lasst die erstere intakt (Leberzellenkbrnchen), zeigt ihre eigenen und charakteristischen Momente und ist, wie es scheint, noch intensiver als gewiihnlich. IV. D i e S a u e r s t o f f o r t e a n F o r m a l i n p r i ~ p a r a t e n . Das zufallig zuerst yon mir untersuchte Material war eine seit Wochen in Formalin aufbewahrte menschliche Kopfhaut. 1) ~) Auf dieses und ~hnliches Material yon der FuSsohle bezieht sich die kurze Mitteilung tiber die B l ~ u u n g d e s F e t t e s durch Rongalitweiss, welche ich mit G o I o d e t z in der Arbeit tiber: ,,Die 0xydation des Chrysarobins auf der menschlichen Haut ~ vor einiger Zeit publizierte. (~Ionatshefte f. prakt. Derm., 1910, Bd. 51, S. 10.)
Reduktionsorte und Sauerstofforte des tierischen Gewebes.
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Kopfhaut yore ]~[euschen. Nach 2 Minuten m~tssig starke BI.suung aller b a s a l e n Stachelzellen (Keimschicht) des Deckepithels der Haarb~tlge, Talgdriisen und Kn~uelg.5nge. In der Stachelschicht des Deckepithels f.5rben sich sp~tter auch die hSheren Lagen, aber nicht bis zur KSrnerschicht; K e r n e s i n d a u c h n a c h 40 M i n u t e n nicht d e u t l i c h g e f i ~ r b t . In der Keimschicht der Talgdrfisen treten spi~ter gef:,trbte Kerne auf. Ebenso in den Kni~uelg~ngen, wo nach ca. 1/2 Stunde auch die Cuticula violett hervortritt. In den miissig blau geft~rbten Zellen der K n.5 u e 1 d r ii s e n treten schon nach 2 Minuten d u n k e 1b l a u e T r 5 p f c h e n auf yon der Grtisse, Form und Anzahl der dutch Osmiumsi~ure darstellbaren 01si~uretrSpfchen. Die Kerne der Kn~tueldriisen beginnen erst nach 5 Minuten sich zu f~trben. An den tIaarb.51gen fSrbt sich besonders stark das untere Drittel mit der Papille, den Mutterzellen der Wurzelscheide, der Oberh.5utchen und des Haares. Die F:~rbung ist diffus, 1.5sst die K e r n e z u n . 5 c h s t n i c h t h e r v o r treten, mit Ausnahme der sofort stark geblituten Kerne der Haarpapille; nach 20 Minuten beginnen alle Kerne sich zu f.5rben. Die Hornschicht der Oberfl~che und die Wurzclscheide beginnen erst nach 20 Minuten sich zu bl.suen; die Kcrne der Cutis erst n a c h "~0 M i n u t e n . Das Fett der Subcutis ist schon nach 2 Minuten blau gcf'Srbt, zuerst a n d c n p e r i p h e r e n Zellen der Fettl.sppchcn und den vcreinzelt dic Kn.sueldriisen umgebenden Fcttzcllen. Die F.srbung dicscr Fettzellen nimmt andaucrnd zu, wiihrend allm~dflich auch die zcntralcn Fcttzellen sich zu bl.sucn beginnen. Das Talgfett fiirbt sich schon nach 2 Minutcn und im Gcgensatz zum Subcutisfett riJtlich; die FSrbung nimmt stetig zu und bleibt dunkelvi()lcttrot, auch wcnn die Blaufitrbung iil)crall zuriickgeht. Die M a s t z e 11 e n sind nach 2 l~Iinuten stark diffus geblSut, o h n e d a s s K e r n e u n d K5rncr besonders hervortreten; dieF.srbung nimmt zuerst zu, verblasst aber nach 5 l~iinuten langem Aufenthalt in Rongalitweiss. Vortibcrgchcnd fSrben sich auch dic markhaltigen Ncrven blau oder blaurtitlich. :Ful~sohle dcs Menschen. Nach 2 Minutcn: F.srbung der basalen Stachelzellcn und der Kn~ueldriisen, in dcnen die i) I s i~u r e t r 5 p f c h e n dunkelblau sich abheben. Die basale ttornschicht beginnt - - zuerst in den untersten Lagen - - sich zu bli~uen; die FSrbung nimmt zu. Die Fettzellen f.srben sich sofort blau, besonders die peripher und die um die Kn.sueldriisen liegenden. D i e K e r n e bleiben ungef~rbt.
H i e r n a c h b l a u e n s i c h an F o r m a l i n p r a p a r a t e n die veranderten Sauerstofforte der menschlichen ttaut mit verschiedener Schnelligkeit: Es b l a u e n s i c h r a s c h : DasProtoplasmaderbasalen Zellen des Deckepithels, der Talgdrtisen, der Knttuelgange des unteren Haarbalgdrittels, die 01sauretrt~pfchen der Knaueldriisen, die Mastzellen, die markhaltigen ~Nerven, die Kerne der Haarpapille.
22
P.G. Unna:
Sp~tt b l ~ u e n s i c h : H o r n s c h i c h t d e r K o p f h a u t , W u r z e l scheide, b a s a l e H o r n s c h i c h t d e r FulSsohle, sftmtliche K e r n e mit Ausnahme der frtihgeblauten Kerne der Haarpapille. Sehr a u f f a l l e a d im G e g e n s a t z z u r frischen H a u t ist b e i d e r f o r m a l i n f i x i e r t e n H a u t die F ; t r b u n g des F e t t e s und zwar i,~ allen seinen F o r m e n als S u b c u t a n f e t t (blauviolett), T a l g f e t t (rot). K n a u e l d r i i s e n t r ~ p f c h e n , I m b i b i t i o n d e r Cuticula tier G a n g e und d e r Hornschicht. Die Beeinflussung des F e t t e s d u t c h F o r m a l i n , d e r a r t , dass es freien Sauerstoff abgibt, ist wohl allein d u t c h die l a n g e r e K o n s e r v i e r u n g des F e t t e s im F o r m a l i n und freiwillige Ver~mderung des F e t t e s zu erklztren. Die 01saure, die dabei in F r a g e k o m m t . b l a u t sich durch R o n g a l i t w e i s s sonst e r s t nach l h n g e r e r B e r i i h r u n g mit L u f t und Licht. W i r mtissten mithin b i e r eine S a u e r s t o f f A u f n a h m e d e r Olsaure aus d e m l u f t h a l t i g e n L S s u n g s w a s s e r annehmen. I n t e r e s s a n t ist das rasche H e r v o r t r e t e n und die i n t e n s i v e B l a u u n g d e r K e r n e tier H a a r p a p i l l e vor den i i b r i g e n K e r n e n ; diese Differenz ist bei d e r nicht abgeschw~'tchten lflhuung a l l e r K e r n e am frischen Gewebe w e n i g e r g u t w a h r n e h m b a r . Organe des Kaninchens. Sofort nach dem Tode in Formalin gelegt. Nach 5--6 Stunden mit CO,~-Schnee vereist und geschnitten; 2 l~iinuten in Rongalitweiss. L e b e r Protoplasma tier Leberzellen gebI~ut, bis auf einen feinen Randsaum; am schw~ehsten um die Zentralvene, am st~rksten an der Peripherie der Leberl~ppchen. Hier ist die tiefere B15.uung hauptsachlich durch E i n l a g e r u n g dunkelblauer, unregelmS~ssig ges t a 1 t e t e r K 5 r n c h e n erzeugt. Kerne der Leberzellen nicht blauer als das Protoplasma, dagegen die Kerne der Galleng~nge dunkelblau yon dem blauen Protoplasma abstechend. N i e r e. Stark gebl~tut sind die Kerne der Glomeruli, der geraden Harnkan~lchen und der Schleifen. Dagegen sind die Epithelien tier gewundenen Harnkan~tlchen und deren Kerne nahezu farblos. Daher treten bei schwacher VergrSsserung die Nierenpapille und die Glomeruli blau hervor, w~hrend die Rinde im allgemeinen farblos und nur abweehselnd blau gestreift erscheint. E r y t h r o c y t e n ungef~rbt. L u n g e. B r o n e h i a 1 e p i t h e 1, Protoplasma und Kerne, dunkelblau an den grossen ebenso wie den kleinsten Bronchien. Ebenso deren S c h 1e i m d r ii sen und K n o r p e h Lungengewebe dagegen farblos, spezieU die Alveolenwande. Kerne des Gef~tssendothels und Bindegewebes, sowie Mastzellen schwach blau. B r o n c h i e n und T r a c h e a . Epithel und Schleimdrtisen blau, K n o r p e l dunkelblau.
l~eduktionsorte und Sauerstofforte des tierischen Gewebes.
23
S c h i l d d r ii s e. Epithel schwach blau. Zwischengewebe zum Teil sehr stark geblaut. Zwerchfell, Bauchmuske111, tferz. Muskelsubstanz ungefSrbt, F e t t b 1 a u , Kerne der Biutgef~sswandungen b[au. S p e i s e r 5 h r e. Basale Stachelschicht : Protoplasma blau, Kerne ungefitrbt, Muskeln ungef~rbt. 9[ a g e n. ~ u s k e l n ungef~rbt ; Driisen : Protoplasma unterer Tell blau, oberer ungef~trbt; Kerne ungef~rbt. D ii n n d a r m. Muskeln ungef~rbt ; Drtisen : Protoplasma und Kerne durchweg gleichm~ssig blau gef~rbt. S c h l e i m d r i i s e n : Funduszellen blau, sonst ungefarbt. Dickdarm. Drfisen blau, Muskeln und Kerne ungef~rbt. S c h l e i m driisen blau. P ~ r o t i s. Basale Drtisenzellcn bl~u, innere and Scha[tstficke ungef'~rbt. S u b m a x i 1 [ a r i s. Schwache ProtoplasmafSrbung der Driisenzellen, keine Kernf~rbung. Fettzellen blaa. Hoden. Zwischensul) stanz mitS[astzellen undbasaleDriisenzellen blau; sonst Driisenepithel ungefSrbt. Prostata. I)riisen diffus blau, besonders dic basalcn Epithelien. gewebe and B l u r ill d e n G e f ~ s s e n ungefSrbt. M i I z. Pr~toplasma der Milzzellcn stark blau, Kerne ungefgrbt. F~rbang in den MilzknStchcn. E r y t h r o c y t c n ungef~rbt. L y m p h d r ii s c n.
ZwischenStgrkste
Protoplasma der Lymphzcllcn bla,b Kcrne ungef~rbt.
Nebennicrc. Im ganzeu stark gebl;,~ut. Besonders die G a n g l i e n der Marksubstanz. "(.tmliche blaue Zellcn auch in der Rinde, besondcrs der Zona reticularis. Gehirn. Ganglien u n d F o r t s ~ t z e d e r s e l b e n stark gebl~ut, Nervenfasern ungef~rbt. Blut. Erythrocytcn ungef~rbt. L c u k o c y t e n und L y m p h o c y t e n , K e r n e and P r o t o p l a s m a geblSut. Kippenknorpel. Knorpeizeilen blau bis blauviolctt.
Als
besonders
uad n~,chste Umgebung s t a r k
auffallende
Befunde
der
in
Formalin fixierten Organe seien hervorgehoben: Innerhalb der L eb er der Gegensatz der ungebl~tuten Leberzellen nahe der Zentralvene zu den gebl~tuten Leberzellen nahe den Gallengitngen und den stark gebl~tuten KOrnern der peripheren Leberzellen. Innerhalb der N ier e der Gegensatz der blauen Epithelien der geraden und der ungeblauten Epithelien der gewundenen Harnkanhlchen. Innerhalb tier L u n g e der Gegensatz des stark geblauten Bronchialsystems zum ungebl~uten Alveolargewebe.
24
P.G. U n n a :
Innerhalb des Z e n t r a l n e r v e n s y s t e m s der Gegensatz der geblauten grauen und ungeblauten weissen Substanz. Iunerhalb des B l u t e s der Gegensatz zwischen ungebl~uten Erythrocyten und gebl~tuten Leuko- und Lymphocyten. Endlich noch die starke Fhrbung des F e t t e s , K n o r p e l s , der Schleimdriisen und Mastzellen. Manche dieser dem formalinfixierten Gewebe eigentiimlichen Besonderheiten der Sauerstofforte werden bei weiterer Untersuchung wohl als Kunstprodukte sich herausstellen, so die - iibrigens vorzilgliche - - Fettfarbung. Viele der angedeuteten Differenzen innerhalb der Organe sind aber auch beim frischen Organ in schwacherer Auspr~igung vorhanden und werden nur durch die allgemeine Formalinabschwachung der Fhrbuag relativ besser zur Erscheinung gebracht. Eine vergleichende Untersuchung an Formalinpraparaten ist daher immer anzuraten. V. E i n f l u s s y o n 1 K o d i f i k a t i o n e n d e r F a r b l S s u n g . Nachdem die grosse Labilit~t der Sauerstoffbilder und ihre Veranderlichkeit unter dem Einflusse yon Fixierungs- und Einbettungsmitte]n erkalmt war, erhob sich naturgem~ss die Frage, ob dann nicht vielleicht auch leichte Modifikationen der Farbfliissigkeit, iasbesondere ihr S~turegracl, ganz wesentlich das Bild der Sauerstofforte zu ver~tndera imstande sei. Dieses war um so wahrscheinlicher, als die natiirlichen Gegens~tze im tierischen Gewebe zwischen alkalischer Lymphe und saul'em Protoplasma auch bei der Atmung des Gewebes eine Rolle spielen. Die bisher in iht-en Wirkungen allein studierte Form des Leukomethylenblaues, das ,,Rongalitweiss", verdankt seine Ansauerung mit Salzs~ure nur dem Umstande, dass bei der Reduktion des Methylenblaues durch Rongalit keine klare niederschlagsfreie LSsung entsteht und dass die ~orhandene Trtibung nur durch Saurezusatz aufgehoben wird. Ob aber nicht gerade dieser Saurezusatz das Bild der Sauerstofforte ~vesentlich beeinflusst, verdient eine genauere Untersuchung. Ich gebe im folgenden die Resultate einer dahingehenden Versuchsreihe, welche mit drei verschiedenen Leukomethylenblau16sungen angestellt wurde. Wenn man ein Teil Methylenblau mit zwei Teilen Rongalit und fiinfzig Teilen Wasser kocht, so wird das Gemisch entfarbt,
Reduktionsorte und Sauerstofforte des tierischen Gewebes.
25
wahrend gleichzeitig ein Tell des Leukomethylenblaues noch ungel6st zuriickbleibt. Das klare F i I t r a t dieser trtiben Mischung will ich RW nennen. Setzt man derselben Mischung einige Tropfen Salzsaure zu (bisherige ~[ischung), so wird schon bei m~issigem Erhitzen das Methylenblau entfarbt und es entsteht direkt eine klare LSsung, die ich RW § HCI nenaen will. Diese saute L(isung gibt natiir]ich auf Zusatz einer eatsprechenden Menge Natronlauge (1%) wiederum eine F~filung. Man kann bei vorsichtigem Zusatz des Alkalis den Punkt erreichen, wo eben eine Fallung beginnt. Wenn man jetzt filtriert, so erhi~lt man eine n e u t r a l i s i e r t e L(isung, welche ich im folgenden R W n e u t r a l nennen will. Mit diesen drei Leukomethylenblaul~Jsungen wurden Schnitte verschiedener Organe des Menschen und der Katze zuni~chst o h n e jedeVorbehandlung gefitrbt. DieResultate gebe ich in den folge~lden Tabellen wieder. I. I-Iaut.~) A. M e n s c h . Haut aus der U m g e b u n g e i n e s L i p p e n c a r c i n o ms. Sofort nach der Exstirpation untersucht. Einige Minuten in Aq. destillata, Gefrierschnitte in: RW
Kerne
Protoplasma
Mastzellen
Kn~ueldrtisen
R W 4 tiC1 R W n e u t r a l
des Deckepithels . . . . dcr Stachelschicht dcr Lanugohaare . . . . .
1
2
1
1
3
1
des Deckepithels
2
1
2
2 1
1 0
Protoplasma . . . . . . Granula . . . . . . . . Kerne . . . . . . . . .
3 --
1 ---
Protoplasma . . . . . . Kerne . . . . . . . . .
2 2
1 2
....
der Stachelschicht (let" Lanugohaare . . . . . der Bindegewebszellen .
1) I n den folgenden Tabellen bedeutet O: keine Bli~aung. Die Sti~rke der Bli~uung wird dutch 1/2, 1, 11/~, 2 und 3 wiedergegeben. Das Zeichen - bedeutet: in den Notizen nicht v e r m e r k t .
26
P.G. Unna: RW
Talgdrtisen
~ Protoplasma . . . . . I Fett . . . . . . . . . . H u x l e y s Scheide .... t t e n l e s Scheide . . . . .
Haar Subcutanfett
. . . . . . . . . . . . . .
~uskeln
]1
RW+HCl
RWneutral
2 0
1 0
2 F e t t blaurot
--
--
2 0
0
0
4unkelblaue Krystalle.
0
0
0
Schon aus den ersten beiden horizontalen Rubriken (Kerne, Protoplasma) geht in evidenter Weise hervor, dass die Kerne sich am besten mit RW + HC1, das Protoplasma im Gegeusatz hierzu besser mit RW und RWueutral f'~rbt. Bei den Mastzellen tritt ebenfalls ein Unterschied der LOsungen auf, indem die Granula nur mit RWneutral gut gefttrbt werden, wahrend das Protoplasma am besten bei RW zur Geltung kommt. Ob in letzteren FMlen die Granula und Kerne get'iirbt sind, kann man wegen tier verdeckenden F;trbung nicht unterscheiden. B. M e n s c h . H a u t l e p r o m . NachderExstirpation24Stunden auf Eis. Gefrierschnitte in: RW
Kerne
[ Epithel . . . . . . . . Cutis . . . . . . . . .
2 2
3 2
2 2
Epithel . . . . . . . . Cutis . . . . . . . . .
2 2
1 1
2 2
. . . . . . . . . . . .
3
2
3
3 0
1 0
3 0
0
Bazillen GloeaKlumpen gelbgriln
Einzelne Bazillen r6tlich.
i
Protoplasma MastzeUengranula Plasmazellen
~ Protoplasma . . . . . . . . . . . . . .
LK e r n e Bazillen
R W + HC1 R W n e u t r a l
. . . . . . . . . . . . . . . .
Aus der Tabelle ergibt sich wieder, dass das Protoplasma des Epithels, der gew6hnlichen Cutiszellen und der Plasmazellen sich am besten mit RW und RWneutral darstellen li~sst. Die Epithelkerne erscheinen am starksten geflirbt bei RW + HC1.
R e d a k t i o n s o r t e und S a u e r s t o f f o r t e des t i e r i s c h e n G e w e b e s .
27
C. K a t z e . S c h n a u z e . Sofort nach dem Tode einige Minuten in Aq. destiIlata. Gefrierschnitte in: RW
[
. . . . . . . .
0
1
1
'1 }[aarb~)~lg . . . . . . . . I Sinus . . . . . . . . .
0 1
1 2
0 1
. . . . . .
1
1
1
/ Granula . . . . . . . . ProtopI~sm~ . . . . .
1 1
0 2
2 2
. . . . . . . .
--
--
3
N e r v e n der S i n u s h a ~ r c . . . . . . . . . .
1
0
3
l
0
1
2
0
3
--
3
Kerne
Epithcl
R W T I-IC1 R W n e u t r a l
P r o t o p l a s m a des D e c k e p i t h e l s M~stzellen
M ~ s t z e l l e n der S i n u s h ~ t r e
G r o s s e N e r v e n dcr S u b c u t i s Fett
. . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . .
( e i n z elae Fettzellen)
W u r z c l s c h c i d e des Sinush;t~tres
. . . . . .
II - II
I
In dieser Tabelle ist (lie starkc i,'~lrbm~g einzelner Bestandteile der Sinushaare bemerke~lswert (Mastzellen, Nerven, Wurzelscheide), eine Bevorzuguag, die ti[)rigellS (te~l g~tnzen Sinush,~aren zukommt und ofl'enbar aut' ihren starken Blutgehalt zurtickzuftihren ist. Die Mastzellen sflld mit RWneutral am besten gef~trbt. II. Innere Organe. A. M e n s c h . G l ~ t n d u l a s u b l i n g u a l i s , bei der Carcinomoperation mit exstirpiert. Sofort einige Minuten in Aq. destillata. Gefrierschnitte in: RW
R W + ttCI
RWneutral
f] Driisenzelten
{ Kerne
. . . . . . . . .
tl
0
1
K e r n e der A u s f f i h r u n g s g ~ n g e . . . . . . .
II
1
2
0 I
1
Auffallend ist zunachst der starke Sauerstoffgehalt des Protoplasmas der Drtisenzellen, der am besten bei RW uncI RWneutral hervortritt, wahrend umgekehrt die Kerne durchweg mittelst RW § HC1 am besten dargestellt werden.
28
P.G.
Unna:
B. K a t z e . RW f Kerne der geraden Kan~le l~iere
/ t
" ,
, ,
3
2
1 2
1 2
J
Protoplasma ] Kerne . . .
1 3
1 1
i
2 [
Gallengangsn~he
Protoplasma ) Kerne . . .
Kerne der Alveolen . . . . . . Bronchien . . . . . Knorpel . . . . . . . . . . . Schleimdriisen Gangtien
. . . . . . . .
. . . . . . . . . .
Gehirn: Nerven
RWneutral
. .
Leber:
t
HC1
gewundenen Kan~le . Glomeruli . . . . .
Venenn~he
Lunge:
RW+
. . . . . . . . . .
1
1 3 3 (Protopl. u. Kerne) 2
1 3. Teil blau
1
2
0
0
1
In dieser Tabelle ganz verschiedener Organe f~tllt fiberall ill gleicher Weise die bessere Darstellung der Kerne dutch RW § HC1 auf; andererseits zeigt sich deutlich das Ubergewicht you RW neutral fiber RW. Diese Versuche zeigen zur Gen~ige, dass die Vermutung eines Einflusses des S'~uregrades yon Rongalitweiss auf das $auerstoffbild tier 0rgane wohl berechtigt war. Mail kann im grossen und ganzen behaupten, dass ,RW" und ,,RWneutral" ahnliche Bilder hervorrufen, wobei ,,RWneutral" die farbges;tttigteren liefert, wahrend , R W + HCI" sich von beiden in bestimmter Richtung unterscheidet. Diese letztere LSsung begOnstigt namlich die Kernfarbung, ,RW ~ und ,RWneutral" die Protoplasmafarbung. Eine ahnliche PolarW,~t des Einflusses ist uns bereits bei der Einwirkung der Fixierungsfliissigkeiten begegnet, indem Sauren die Kernfarbung beg~instigen, Alkalien sie abschw'~chen, Chloroformwasser die Kernfarbung erhalt, Formalin dieselbe vernichtet. Ehe wit daher zur Bestimmung einer definitiven, im Mittel besten Methode tier Darstellung ilbergehen, m~issen wir noch untersuchen, wie die verschiedenen Rongalitweissl~sungen sich zu denjenigen Fixierungsfl~issigkeiten verhalten, die sich - - eine k u r z e Vorbehandlung in jedem Falle v o r a u s g e s e t z t - als die relativ besten
Reduktionsorte
29
u n d S a u e r s t o f f o r t e des t i e r i s c h e n G e w e b e s .
erwiesen haben: nltmlich Gummi, Chloroform und Salpetersaure. Denn es wird jedem auf diesem Felde arbeitenden Forscher Mar sein, dass wir wohl fttr einzelne Versuchsreihen einer Vorbehandlung entraten k0nnen, nicht aber, sowie es sich um eine t e c h n i s c h e i n w a n d s f r e i e Untersuchungsmethode ftir die h i s t o 1 o g i s c h e P r a x i s handelt. Behufs besseren Vergleiches benutzte ich zu dieser Versuchsreihe dasselbe Material vom Menschen und der Katze wie in den vorigen Tabellen. I. M e n s c h .
A. H a u t d e r L i p p e aus der Umgebung eines Carcinoms. $ofort nach der Exstirpation 24 Stunden mit diversen Fixierungsflfissigkeiten vorbehandelt, dann vereist, geschnitten und eingelegt in :
FixierungsflUssigkeit
RW Kerne . . . . . . . . Protopl~Lsma . . . . . . Mastzellcn . . . . . .
RW+HC1
2 (i) ')
2 (1) 1 3
2 I 2
(Granula sehr gut, K e r n c 0)
(Granula n i c h t gut, Protoplasma
2 ~/e
1
gat) t ~]e
etW~S violett
0
1 0
Gummi : Plasmazcllen . . . . . 5Iuskeln . . . . . . . Fett Kerne
. . . . . . . .
2 (1)
. . . . . . . .
Prot0Plasma . . . . . . ~[astzellen . . . . . . Chloroform :
Pla,~mazellen
. . . . .
Muskeln . . . . . . . Fett . . . . . . .
2 et ] rl
Kerne . . . . . . . . Protoplasma . . . . . . l~astzellen . . . . . .
~) D i e Ziffern i n K l a m m e r n in Gummieinbettung.
bedeuten:
1 2
1 1 2
]
( G r a u u l a gut) i
0
0 violett
1
2
Ot
1 1 2 2 (@ranula ] ( G r a n u l a gut)
Salpeters~ure: Plasmazellen . . . . . Muskeln . . . . . . . Fett . . . . . . . . .
RWneutral
1
g]t)
1
1
1
bl a u v l o l e t t
0
Nach vier Stunden Aufenthalt
30
P. G. U n n ~ :
bei einer Operation gewonnen. B. G l a n d u l a s u b l i n g u a l i s , 24 Stunden mit diversen Fixierungsfl~ssigkeiten vorbehandelt, dann in Aq. destill, abgesp~ilt, vereist und geschnitten. RW RW+ HC1 RW neutral
Fixierungsfli]ssigkeit
ummi :
Driise, Protoplasma . . Kerne i •usfiihrungsgang, Kerne Fett
~hloroform:
I Driise, Protoplasma . . Kerne Ausfiihrungsgang, Kerne Fett
2 2 2 1
2 2 2 1
Drfise, Protoplasma . . Kerne Ausfiihrungsgang, Kerne Fett
1 2 2 0
1 2 2 0
~alpeters~ure :
2
2
3 3 0
3 3 0
Beide Tabellen lehren, dass zwischen der Art der Vorbehandlung und der Beschaffenheit der Farbfliissigkeit gewisse feste Beziehungen bestehen. Braucht man Salpetersaure zur Fixation, so empfiehlt sich RWneutral als Farbung; behandelt man dagegen mit Chloroform oder Gummi vor, so wahlt marl zur Farbung am besten R W + HC1. Beachtenswert in Tabelle I A ist noch, dass die Muskeln der Lippenhaut ausnahmsweise etwas Blauung zeigen und dass auch das Fett (s. I A und I B) mitunter (bei Chloroformfixation fast regelmassig) sich etwas blaut. Die soeben hervorgehobene Divergenz zwischen Salpetersaure einerseits, Gummi und Chloroform andererseits veranIasste reich, bei den nachsten Versuchsreihen eine Mischung dieser Substanzen (Salpetersaure + Gummi) einzuschieben. II. K a t z e . Sofort naeh dem Tode 12 Stunden in diverse Fixationsfliissigkeiten eingelegt, dann in Aq. destillata abgespiilt, vereist und geschnitten.
R e d u k t i o n s o r t e u n d S a u e r s t o f f o r t e des t i e r i s c h e n G e w e b e s .
31
Niere.
FixierungsflUssigkeit
RW K e r n e der O l o m e r u l i . .
Gummi :
, z geraden HarnkanSle ..... K e r n e der g e w u n d e n e n Harnkan~lc . . . . .
R W + HC1
RWneutrM
1
1
1
1
~/~
0
K e r n e der G l o m e r u l i . . [] ~. , g e r a d e n H a r n - [[ Chloroform :
k~n'~le . . . . " " I[ K e r n e der g e w u n d e n e n J[ Harnkaniile . . . . . ]]
Salpeters'~ure :
K e r n e der G i o m e r u l i . . , , geraden Harnkan~tle . . . . . . . K e r n e der g e w u n d e n e n [[arnkanSle .....
SalpetersSure (iummi:
K e r n e der G l o m c r u l i . . , , gcradcn I[arnlr . . . . . . . K c r n e tier g e w u n d e n e n HarnkanSle . . . . .
Wie die Tabelle zeigt, hat sich in der Tat die Mischung yon Salpetersaure und (;ummi als Vorbehandlung ftir die Sauerstofibrte der Niere ausserordentlich bewahrt. Gute Kombinationen liefern ausserdem noch r und RW, Chloroform und RW + HCI, Salpeters~ure und RWneutral. Leber.
FixierungsflUssigkeit
RW
R W + HC1 R W n e u t r a l
3ummi :
Protoplasma Kerne
~/~ 0
1 1
2 1
3hloroform:
Protoplasma Kerne
1 ~/~
2 2
1 1
1
1
1
~/2
0
1
1 1
1 0
2 3
i
~alpeters~ure:
~ Protoplasma t Kerne . . . . . . . . .
Salpeters~ure + ~ Protoplasma Gummi: ( Kerne . . . . . . . . .
32
P.G. Als
gute
Kombinationen
R W + HC1, S a l p e t e r s a u r e - ~
Unna: erweisen
Gummi
sich
und
Chloroform
und
RWneutral.
Lunge.
Flxierungsflilssigkeit
RW
Chloroform :
K e r n e der Alveolen . . , , Bronchien . . Knorpel . . . . . . . . Schleimdriisen . . . . .
SalpetersSure :
K e r n e der Alveolen , , Bronchien . . Knorpel Schleimdriisen . . . . .
Wiederum Es
kombinieren
mit RW+
verdient
Lunge
'/.~ 'h L/~ 1
2 3 1 2
~/e
1 /2
2 1
1
~/~
K e r n e der Alveolen . . , ,, Bronchien . . Knorpel . . . . . . . . Sehleimdriisen . . . . .
SalpetersSu~'e Gummi:
Weise
I
2 3 2 2
I
K e r n e der ~lveolen . . , , Bronchien . . i Knorpel . . . . . . . . Schleimdrtisen . . . . .
Gummi :
HC1,
aber,
1/2 1 1 '/~
2 1 1
sich Chloroform und Gummi
Salpetersaure
hervorgehoben
mit allen LSsungen
R W 4 HC1 R W n e u t r a l
gute
+
Gummi
zu werden, Resultate
in b e s t e r
mit RWneutral.
dass Gummi
bei der
gibt.
Pfote.
Fixierungs|lllssigkeit
Gummi :
Chloroform :
RW Epithelprotoplasma Epithelkerne . . . . Kn~tueldrtisenkerne Mastzellen ....... Cutiskerne . . . .
. . . . . . . . . .
Epithelprotoplasma... Epithelkerne . . . . . . i Kn~ueldriisenkerne . . . Mastzellen . . . . . . Cutiskerne . . . . . .
RW-~ HC1 R W n e u t r a l
1 0
1 0
1 0
1 0
1 0
2 0
1 0 1 0 2
~/-~ 1
1 0
1
1
1 1
I/~ 1
Reduktionsorte
und Sauerstofforte des tierischen Gewebes.
FixierunosfiUssiOkeit
RW Epithelprotoplasma... Epithelkerne . . . . . Kn~ueldriisenkerne . Mastzellen . . . . . Cutiskerne . . . . .
Salpeters~ure :
Epithelprotoplasma... Epithelkerne . . . . . KnSueldriisenkerne . Mastzellen . . . . . Cutiskerne . . . . .
S a l p e t e r s i ~ u r e ~Gummi :
. . . . .
. . . . .
RW+Cl:lI
33
RWneutral
~/~
~/~
i
1
1
1
1
0
0
0
~/~
1
11/,~
1 1 1
1 1 1/2
1 1
1 1
1
Schnauze. FixierungsflDssigkeit
RW Kerne
tIC1 R W n e u t r a l
0
1
0
Gummi :
Protoplasma . . . . . . Mastzellen-Granula . . . Mastzellcn-Protoplasma .
1 1 1
1 t 1
1 1 0
Kerne
0
1
0
Chloroform :
Protoplasma . . . . . . Mastzellen-Granula . . . Mastzellen-Protoplasma.
1 [ 1
0 0 0
~/2 ~/2 1
Kerne . . . . . . . . Protoplasma . . . . . . Mastzellen-Granula...
0 0 0
1 V'~ 0
i 0 0
0
0
0
Kerne . . . . . . . . Protoplasma . . . . . . 3[astzellen-Granula...
0 ~/, 2
0 ~/~ 0
1/2 1 2
)Iastzellen-Protoplasma.
1
0
2
t Salpeters~ure:
. . . . . . . .
RW§
. . . . . . . .
Mastzellen-Protoplasma
Salpeters~iure + Gummi:
.
Aus dieser Tabelle ist die Tatsache hervorzuheben, dass die ~Iastzellen, wie sich besonders gut bei Vorbehandlung mit Salpetersaute und Gummi zeigt, durchaus auf die Fi~rbung mit RW resp. RWneutral angewiesen sind. VI. K r i t i k d e r b i s h e r b e f o l g t e n M e t h o d e . Eine durchaus berechtigte Frage, mit welcher jede kritische Betrachtung dieser neuen Methode voraussichtlich beginnen wird, ist die folgende. A r c h i v f. m i k r . A n a t .
Bd. 78.
3
34
P.G. U n n a :
Die Methode beruht auf der Erzeugung yon Methylenblau an den $auerstofforten des Gewebes. Wi~" wissen, dass Methylenblau als basische Farbe mit Vorliebe die stets sauren Kerne anfftrbt. Ist es nun nicht m6glich, dass, falls eine gleichmassige Kernfarbung auftritt, diese, wie bisher, nut die Saure der Kerne anzeigt, ohne zu etwaigem freien Sauerstoff derselben in irgend welcher Beziehung zu stehen? Oder anders ausgedr~~ckt: Ist es ausgeschlossen, dass sich whhrend des llachherige,l iuswaschens in (lufthaltigem) Wasser aus dem Rong~tlitweiss Methylenblau schon ausserhalb d e s G e w e b e s b i l d e t , welchesdann natttrlich sofort eine blaue Kernfarbung, wie gew(~hnlich, bewirken wfirde? Hiergegen ist zu erwidern, dass ftir die Entstehung yon Methylenblau ausserhalb des Gewebes eine m e c h a n i s ch e U nm S g l i c h k e i t besteht, vorausgesetzt, dass die Methode sachgemass ausgeftihrt wird. So]ange der Schnitt ill Rongalitweiss liegt, bleibt er ungefarbt. Wtirde man itm nun einfach ill Wasser legen, um das tiberschtissige Rongalit abzusptilen, so wtirde sich durch Eillwirkung tier Luft im Wasser sofort eine bl~ue Wolke um den Schnitt bilden, welche den Schnitt anfarben kOnnte. $o verfahrt man daher nicht. Der Schnitt kommt direkt aus dem Rongalitweiss in ein grSsseres Schalchen mit destilliertem Wasser, in dem er rasch bin und her bewegt wird. Das tiberschtissige Methylenweiss, welches das Wasser dem Schnitt entzieht, mischt sich nun mit dem ebenfalls austretenden Rongalittiberschuss u~ld wird ohne Entstehung einer Blauung abgesptilt. Der Schnitt, welcher sich dabei a l l m a h l i c h stellenweise blau fi~rbt, befindet sich mithin l~einen Augenblick in einer yon Methyle~lblau gef~trbten Umgebung. Ein gleicher, aber nicht mit Rongalitweiss ~orbehandelter Schnitt, den man die Prozedur in Waschwasser mitmachen lasst, farbt sich daher durchaus nicht. Der behandelte Schnitt farbt sich nur, well das Wasser ihm das tiberschfissige Rongalit entzieht, so dass die Sauerstoftbrte nun auf das aufgenommene Methylenweiss wirken kiinnen, woran sie vorher durch das Rongalit gehindert waren. Der Schnitt blliut sich also nut deshalb und insoweit er erstens vorher Rongalitweiss aufgenommen hat und zweiteas Sauerstofforte besitzt. Ein weiterer Beweis dafiir, dass die F~trbung der Sauerstofforte und speziell die Kernfarbung nicht als eine gew(ihntiche
Reduktionsorte und Sauerstofforte des tierischen Gewebes.
35
Methylenblaufarbung anzusehen ist, ergibt sich aus der b e s o n d e r e n E m p f i n d li c h k e i t der F~trbung, die der gew6hnlichen F~trbung mit Methylenblau nicht zukommt, ttier sei besonders an die Vernichtung der Sauerstottbrte durch Hitze, neutrale Salze, Alkohol, Phenole und andere Protoplasmagifte erimmrt, welche eine gewOhnliche Kernfarbung bekanntlich nicht schadigen. Auch die eigentt~mlichen Modifikationen der Farbung durch Alkohol, Formalin und Gummi finden bei der gew6hnlichen Kernfarbung kein Analogon. Einen schlagenden Beweis daffir, dass bei der Rongalitweissfarbung die Kerne tiberhaupt nicht als saure Eiweissk6rper in Beschlag genommen werden, sondern nur als Sauerstofforte, liefern ferner die s e k u n d h r e n F ~ t r b u n g e n der Schnitte mit polychromer Methylenblaul6sung oder nach P ~ p p e n h e i m - U n n a . Denn bier sieht man deutlich, dass die Sauerstofforte nur einen kleinen Teil derjenigen Orte einnehmen, welche die basischen Farbk6rper als saute Eiweissk6rper fixieren. Beide Fttrbungen hinderH sich nicht, sondern addiere~l sich durctl LTbereinanderlagerung zu either besonders intensiven. Schliesslich gibt die F~trbung der Sauerstofforte auch ganz a n d e r e B i l d e r wie die der mit Basi-Oxyphilie behafteten Orte, was ja ~us der gegebez~en Beschreibung hervorgeht. Nur an wenigea 5tellen fallen beide zusammen, so bei den Kernen und Mastzellen. D~tgegen verhMt sich ein grosser Teil des Zellprotoplasmas und alle Muskelsubstanz gegen die Methylenbl~ubildung aus Rongalitweiss ablehnend, nicht ~ber gegen die Aufnahme des fertigen Methylenblaues. Bei vorheriger Formalinfixation treten, wie wir gesehen haben, ganz besondere und ilgeressante topographische Differenzen innerMlb der Gewebe auf, wenn mit Rongalitweiss, aber nicht in derselben Weise, wenn mit Methylenblau gefrtrbt wird. Diese t)berlegungen werden wohl gentigen, um die kritischen Bedenken, die sich den Schlussfolgerungen aus der Rongalitweissf~trbung gegen~ber erheben kSnnten, gegenstandslos zu machen. Eine andere Unklarheit, welehe der empirisch bew;thrten Methode anhaftet, betrifft die Mlmahliche Entwicklung der Blaufarbung in Wasser. Wir haben bisher angenommen, dass im Wasser das Rongalit aus dem Schnitte ausgesptflt und dadurch allein schon die Oxydation des imbibierten Leukomethylenbl~us des Schnittes ermSglicht wird. Eine andere Auffassung der Rolle des W~ssers hierbei ist aber yon vornherein ebenfalls m6glich, 3*
36
P.G. Unna:
n~amlich die, dass erst der im Wasser gel(iste Sauerstoff die Blauung verursacht; wahrend nach jener Auffassung die Sauerstofforte des Gewebes sich fi~rben wtirden, sowie ihnen nur das fiberschtissige Rongalit entzogen wird, bedtirften sie nach dieser Auffassung dazu noch des yon aussen an sie herangebrachten molekularen Sauerstoffes. Iu jenem Falle w~ren die Sauerstofforte s e l b s t Quellen der Sauerstoffabgabe, in diesem nur die 0bertrager des Luftsauerstoffes. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden M0glichkeitel~ dutch den Versuch ist einfach. Man hat nur nStig, den Luftsauerstoff yon dem yon Rongalit befreiten Schnitte fernzuhalten. Man verfi~hrt folgendermassen : Es werden 3 GlasrShrchen yon 5 - - 6 mm Durchmesser und 3 - - 4 cm L~tnge (ich bediene reich dazu tier ftir medizinische Tabletten gebr~,uchlichen Glashtilsen) so mit gut abgekochtem, luftfreiem destilliertem Wasser bis an den Rand gefiillt, dass ein fiber die ~)ffnun~ geschobenes Deckgliischen sie hermetisch und ohne eine grSssere Luftblas~, absehliesst. Der aus dem Rongalitweiss genommene Schnitt wird rasch in einem Seh~Ichen abgekochten destillierten Wassers vom anh~ngendcn Rongalitweiss befreit und in das erste R~ihrchen versenkt, welches sofort wieder gesehlossen wird. Er bleibt in diesem ungef'~rbt, aber nach einigen ~inuten zeigt sich ein leicht bli~ulicher Schimmer des umgebenden Wassers. Man giesst nun rasch das RShrchen in ein leeres SchMchen aus, nimmt den Sclmitt heraus und versenkt ihn in alas zweite RShrchen und falls dieses nach einigen ~inuten noch einmal eine Spur yon Bliiuung des Wassers zeigen sollte, in das dritte. Auf diese Weise kann man die geringen Spuren yon Luftsauerstoff, die durch den Transport der Schnitte und das 0ffnen der RShrchen sich dem Wasser wiederum mitteilen, ftir den Schnitt unwirksam maehen. ~immt man diesen nun nach 15--20 l~-.inuten heraus, so zeigt er unter dem Mikroskop keine Spur yon Blituung. Jetzt liisst man ihn feueht und unbedeckt auf dem Objekttr~ger liegen, so dass die Luft auf ihn einwirken kann und bach 10--15 Minuten wird man wahrnehmen, dass er noch nachtr~glich eine richtige, wenn auch etwas schwache F~rbung tier Sanerstoffortc angenommen hat. Zu demselben Resultate gelangt man, wenn man den sorgfitltig und mehrfach abgesptilten Schnitt direkt in einen Tropfen yon eingedicktem Glycerin bringt. Auch kann man die Versuchsanordnung so treffen, class dem abgekochten Wasser, in welehem der Schnitt nach dem Abspiilen liegt, sauerstoffgierige Mittel zugesetzt werden, beispielsweise etwas Phosphor oder Pyrogallol; die in diesen Fltissigkeiten liegenden Schnitte f~rben sich fiberhaupt nicht. Dass abet nicht etwa die Sauerstofforte in ihnen vernichtet sind, merkt man, sowie die Schnitte nachtr~glich der Luft ausgesetzt sind; sie bl~uen sich dann wie gewiihnlich, nur etwas sp~ter. Sehr lehrreich ist auch der folgcnde Versuch, der darauf beruht, dass einerseits in schwach alkalischem Wasser (Leitungswasser, Sodazusatz) die Bliiuung rascher und intensiver stattfindet, andererseits dieselbe schwache
Reduktiansorte und Saucrstoffr
des tierischen (;ewr
37
Alkalescenz auch die hindernde Wirkung des Pyrogallols wesentlich verstLtrk~. In einet' solchen alkaltschen LSsung yon Pyrogallol nimmt cter abgespiilte Schniti; nicht nut keine Spur yon BlS.uung an, sondern verf~trbt sich sogar gelblich. Bringt man ihn aber dann l~ngere Zeit an die Luft, so f~rbt er sich -- wegen seiner schw~tchen AlktLlescenz -- viel starker blau als gewShnIich. Aus diesen Versuchen geht mit roller Sicherheit hervo~', ~lass die Bl~tuung des von Rongalit befreiten Schnittes unter Mitwirkung des Luftsauerstoftes vor sich geht und dass die Entwicklung der Bl~iuung irn (schwach kalkhaltigen) Leitungswasser. wie ich sie in der Praxis vornahm, nur deshalb gut ist, weil daselbst der im Wasser gel6ste Luftsauerstoff und die schwache Alkalescenz zus~tmmel~wirken. I)a bei dieser Entwicklung in Leitungswt~sser mithin schon zwei unbestimmte Faktoren mitwirkem vo~ denen nur einer notwendig ist~ so ziehe i c h e s vor. die gut von Rongalit befreiten Schnitte ei~dach auf dem Objekttr~tger feucht tier Luft auszusetzen, bis die B]~tuung vollendet ist. Steht es nuamehr lest, dass die Sauerstoflbrte nicht oder wenigster~s a i c h t ~ u r ~) :tls Sau(,rstofl'~tllsammhlngen ~it'ken, sondern ~tls echte Ktttalysatoren, di{~' deJl molekularen Luftsauerstoff zu ttktivierea vermSgen, s~ fhllt auch di~: Besorgnis fort, die mich im Anfang der Versuch,~ dttvoll zuriicklJi~lt, dm'ch nachtriigliche Behttndlung mit sauerstotihaltigen Mittehl das nat[irliche Bild tier 5auerstoflbrte, zu verst~trken, als wem~ hierdurch bauerstofibrh.' k(instlich im Gewebe erzeugt werden k0nHten. Wet' die noch unbekam~ten Sauerstoflbrte eines Gewebes zuerst mittelst Rongalitweiss aufzusuchea ,mternimmt, wird sich ilattirlich nur an die spontane Oxydation tier abgesptilten Schnitte an tier Luft oder in luftlmltigem Wasser halten. SiHd diese aber einmat festgestellt, so ist ftir die spatere Technik yon Praparaten und besonders yon DauerI)raparaten eine nachtritgliche Erh0hung tier Intensit~tt der Blauung durch Sauerstoffmittel unbedenklich. Ich l~abe deshalb noch eine kleine Versuchsreihe unternommen, um die in dieser Beziehung praktischen Verfahren zu ermitteln. Die besten und reinsten Pr~parate lieferte die 5"achbehandlung mit C h r o m s a u r e (1~ oder A m m o n i u m p e r s u l f a t (1%), a b e t auch andere Oxydationsmittel, wie Kalibichromat, Salpeter~) Ich miichte durchaus nicht in Abrede stellen, halte es vielmehr fiir so gut wie sicher, dass das iiberlebende Gewebe an den Sauerstofforten noch Reste des intra vitam dort aufgespeicherten Sauerstoffes enth~lt.
38
P.G. U n n a :
saure, Phosphormolyb&tnsaure, H.~ 0~. ergaben brauchbare Bilder. Doch waren diese nicht mehr ganz so rein, da auch eine leichte Farbung des Protoplasmas, der Hornsubstanz, des Kollagens und selbst hier und da des Fettes konkurrierte. ~Noch weniger brauchbar erwiesen sich die Chloride yon Gold, Eisen und Quecksilber und ganz ungeeignet die alkalischen Oxydationsmittel: ~Natriumperborat und Ferricyankali, da bier die Kernfarbung einer Protoplasmafarbung Platz machte. Ich mSchte somit, falls eine nachtragliche Verstarkung und Fixation des Sauerstoiibiides erwtinscht ist, hierzu nur Chromsiture und Ammoniumpersulfat empfehlen. VII. Dio b e s t e M e t h o d e z u m N a c h w e i s d e r Sauerstofforte. Am besten untersucht man nattirlich die Gewebe so frisch wie m(~glich. Man exzidiert yore lebenden Tiere oder Menschen oder benutzt frisches Leiche~lmaterial (nicht alter als 24 his 48 Stunden). Die Resultate sind nicht wesentlich verschieder. In allen Fallen bringt man die Organstficke sofort unter die Wasserleitung, sptilt das Blur unter Auspressen ab und legt sie auf einige Zeit in destiIliertes Wasser, urn das Gefrieren zu erleichtern. In gew(ihnlichem (kalkhaltigem) Leitungswasser dtirfen die zu untersuchenden Gewebe nicht langere Zeit verweilen, sondern hiichstens in destilliertem Wasser. Die Gewebe werden am besten mit Kohlensaureschnee vereist, geschnitten und sofort in destilliertes Wasser gebracht. Von bier aus kommen sie in eine der beiden folgenden Ltisungen: L 6 s u n g A: MethylenbIau . . . . 0,2 Rongalit . . . . . . 0,4 Salzsaure (25%) 4 Tropfen Wasser . . . . . . 10,0 Die Mischung wird his zur Entfarbung erwarmt. Trtibt sie sich beim Erkalten, so wird sie filtriert. L 6 s u n g B: Der L6sung A wird tropfenweise Natronlauge (1%) zugesetzt, bis eine bleibende ]:'Mlung entsteht. Darauf wird filtriert.
Reduktionsorte und S~uerstoff,u'te des tierischeu (}ewebes.
39
Die L6sung A ist haupts~ichlich zur Darstellung der K e 1' n e geeignet, die LOsung B fiir die M a s t z e l l e n g r a n u l a und das Granoplasma. Doch lassen sich yon vornhereiu ftir kein Organ bestimmte Regeln in dieser Richtung ~ufstellen und man tut daher gut, beim Studium eines neuen Materials beide Mischungen zu priifen und die ftir den Fall geeignetste auszuwiflflen. Ich habe bei meineu Untersuchungen stets beide Methoden nebeneinander benutzt, um mir von den Sauerstofforten ein m0glichst v o l l s t a n d i g e s Bild zu maehen und aus dem Vergleiche Anschammgen tiber den (Jang des Sauerstofl~troms in den Geweben zu gewinnen. Die Schnitte verweilen nun im Rongalitweiss je nach dem Sauerstofl'reichtum des Gewebes 2 - - 5 Minuten. Sauerstofl'reiche (;ewebe wie Leber, Kopfhaut. Hoden etc. bedtirfen uur einer Immersion von etwa 2 Minuten, sauerstofl,trmere wie ~ehirn und 1.'t~Bsohle einer etwas langer dauernden. Nattirlich ist hierbei auch auf den mehr oder minder frischen Zustand des ~ w e b e s l~ticksicht zu nehmen. Eine protrahierte i,'itrbung nfitzt bei der Fixation der Sauerstoflbrte nichts, im ([iegensatz zu den BasiOxy-Fiu'bungeu. Die alhmihlieh im Rongalitwe.iss sich bildenden Sauren (hmeisensiture und Schwefelsi~ure) schwiichen bei l~ingerer l)auer die Fiu'bu~g s,)gar wieder ab. Die Sc}mitte kommen dann in ein ~chi~lehen mit Wasser. wo sie vorsichtig, abet ziemlich schnell bin u,d her bewegt werden mttsseu, um das Rougalitweiss rasch abzuspVden und di~, Blauung zu erm~)glichen. Am zweckm~tssigsten bringt man sie dabei dutch mehrere Sch~ilchen mit Wasser. Die Bertihrung der ~chuitte darf nattirlich mlr mittelst Olas- oder Platinnadel geschehen. ~Nach der Absptihmg bleiben die Schnitte nun wenigstens 15--20 Minuten in (Leitrtngs-) Wasser liegen oder bleiben u u b ed e c k t auf dem Ob.jekttr~'tger. Sie beginnen sich daselbst sofort zu fiirben und zwar zuerst schwach grtinlich, dann immer st~trker und reiner blau. Wenn nach dieser Zeit (lie F~trbung einen konstanten Grad erreicht hat, bringt man die Schnitte~ falls sie noch nicht auf einen Objekttrager gelegt waren, auf einen solchen, saugt das iiberschtissige Wasser ab und bedeckt sie mit einem l)eckglitschen, auf dessen Unterseite ein Tropfen Oummi arabicum gebracht ist. Hierzu verwendet man am besten den offizinellen Gummischleim Mucilago Gummi arabici, der art der Luft etwas eingedickt ist.
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P.G. Unna:
Erstrebt man eine Verstarkung der F~irbung oder eine Umwandlung in Dauerpraparate, so bringt man die abgespfilten Schnitte sofort auf sehr kurze Zeit in Chromsaure (1%) oder Ammonpersulfat (1~ spiilt sie in Wasser ab und bettet sie i~ Gummi ein. VIII. D a s V e r h / ~ l t n i s z w i s c h e n d e n R e d u k t i o n s o r t e n und Sauerstofforten. Wenn wir von vielen einzelnen noch naher zu erforschenden Befunden absehen und nur die grossen Gegensatze der lokalen Sauerstoffarmut und des Iokalen Sauerstofffiberflusses ins Auge fassen, so lassen sich die Gewebe in zwei Gruppen einteilen, je nachdem in ihnen die Reduktionsorte und Sauerstofforte vSllig getrennt sind oder zum Teil oder ganz zusammenfallen. Die erste Gruppe enthalt die in bezug auf den Sauerstoff strom einheitlich und einfach gebauten Gewebe, die zweite die komplizierter gebauten. In die erste rechne ich die Muskelsubstanz im allgemeinen, die Nerven, die Hornschicht und die roten BlutkSrperchen ais einfache und konstante Reduktionsorte, die Kerne und die Mastzellen als konstante Sauerstofforte. Bei diesen Gewebselementen ergeben die Reduktions- resp. Oxydationsfgtrbungen eindeutige und stets gleiche Resultate; die erstgenannten Gewebe sprechen nur auf Reduktioasf~rbungen, die letzteren nur auf Oxydationsfarbungen an. Bei Oxydationsfarbungen bleiben die ersteren ungefarbt, bei Reduktionsfarbungen die letzteren. Es besteht ein gegenseitiges Ausschlussverhaltnis oder auch - - wenn man will - - ein Erganzungsverh~'tltnis derart. dass zwei Schnitte, yon denen der eine mit einer Reduktions-, der andere mit einer Oxydationsfarbung versehen wird, sich gegenseitig erganzen. An diese in bezug auf ihre Sauerstoffkapazitat extrem veranlagten Gewebe schliessen sich einige weniger einseitig ausgepragte an; vor allen die Intercellularsubstanzen, die eine Mittelstelhmg einnehmen. Das KoUagen ist in den meisten Organen schwach reduzierend, in einigen aber oxydierend (Hoden, Schilddrfise). Die Knorpelgrundsubstanz ist in vielen Fallen reich an aktivem Sauerstoff. Das Elastin ist stets mehr oder minder stark reduzierend, weshalb es sich beispielsweise sehr schSn im Eisen-
Reduktionsorte und Sauerstofforte des tierischen Gewebes.
41
cyan- und Chrysophanbilde yon der sauerstoffreichen und daher hier vOllig uugefarbten Knorpelgrundsubstanz abhebt. Ausserdem versteht es sich yon selbst, dass, wenn stark reduzierende und oxydierende Gewebe innig gemischt sind, wie z. B. Hornsubstanz und i)Is~turehaltiges Fett in der basalen Hornschicht tier Ful3sohle, die letztere sowohl als Sauerstoff als auch ais Reduktionsort fungiert und auf beiderlei F~trbungen anspricht. Ebenso ist es leicht erklhrlich, dass bei Einschaltung yon Sauerstoflbrten in grOssere Massen yon reduzierendem Gewebe. wo der Einttuss dieser letzteren meistens fiberwiegt, bei besonders starker T;~tigkeit in den Sauerstof[brten auch ausnahmsweise das ganze Organ yon Sauerstoff tiberttutet werden kann. Auf diese Weise erkliiren sich wohl die paradoxen Befunde yon E h r l i c h . welcher in Herz und gewissen anderen, kontinuierlich tatigen Muskelu sowie im Gehirn einerseits freien 8auerstoft~ andererseits mit seinem ,Nitrosegemisch" aber auch starke Reduktion nachwies. in befriedigender Weise. Den Typus tier zweiten, komplizierter gebauten {kruppe stellt da~ Zellprotoplasnm in allen seinen unendlich verschiedenen Modifikationen dat'. Hier fallen in den meisteu Fidlen Reduktionsund Sauerstoflbrte zusammen; dasselbe Protoplasma kann je nach den verschiedenen Umstsnden sowohl reduzieren wie auch oxydieren. Anund ffirsichistdasformgebendeProtoplasma (Spongioplasma) im G e g e n s a t z zur Kernsubstanz wohl ~ t e t s ein k r a f t i g r e d u z i e r e n d e r K O r p e r . Man sieht das am besten an dem massigen l'rotoplasma grosset Epithelie m z.B. des Deckepithels der Haut, des 0sophagus, der Stachelschicht des Haarbalges etc. Mit Ausnahme der basalen Keimschicht, wo die Gegenwart produktiver Kerne eine modifizierende RoUe spielt, nehmen diese volumin6sen Protoplasmen eine starke Reduktionsf~rbung und so gut wie keine Oxydationsf~trbung an. Auch far die platten Alveolarepithelien der Lunge liegt kein Grund vor zu einer Abweichung yore Reduktionstypus des Zellprotoplasmas und ebensowenig far solche grossen, massigeu Epithelien, deren Funktion die Erzeugung reduzierender Substanzen ist wie bei dem Epithel der gewundenen Harnkanalchen. Anders aber gestaltet sich das Verhaltnis, wenn es im Wesen des Zellprotoplasmas liegt, sauerstoffreiche Produkte abzuspalten
42
P.G. U n n a :
oder dell Boden for karyokinetische Prozesse abzugeben. Beides lituft im Grunde auf dasselbe hinaus, denn die Bildung der Mitosen ertbrdert ebenfalls eine Abspaltung sauerstoffreichen Eiweissmaterials. Den Haupttypus der ersten Art liefert die Leber; nicht bloss die Galle ist sauerstoffreich, sondern schon in der Leberzelle selbst, wie man am besten an formalinfixierter Leber sieht, hhufel~ sich an der (3allenseite des Leberlappchens stark oxydierende Tr0pfchen oder Kbrnchen. All die Leber schlies~ell sich in bunter Reihe die Schleim-, Trfinell- und Speiche[driisen an, besonders die Sublingualis, deren Produkte auch meistens sehr sauerstoffreich sind. Typen ftir den durch Kerne bewirkten Sauersto~i'eichtnm des i'rotoplasmas liefern in erster Reihe (tie basalen, der Culls direkt aufsitzenden jungen Stachelzel|en allel' geschichteten Epithelien und Drfisen. In den meisten Fi~llen werdell an diesen Zellezl nicht nur (tie Kerlle gebiaut, sondern da~ umgebende ['rotoplasma auch und ott erstreckt sich die Drotoplasmabli~uung tmch emige Zellenreihen welter, um allmahlich zu verschwiHden. Einen zweiten Typus liefern die Ausffihru,gsgallge vieler 1)rtisen. Ein ausgezeichnetes Beispiet hieri'~ir bilden die gera(lell Harnkan~ilchen und Sammelr6hren der Niere. Ill dell kleiuen kubischen Epitheliea bildet tier relativ grosse Kern die Haul)tmasse uud stets blituen sich aicht nut diese Kerne. sondern die gesamten Harnkanalchen samt Inhalt. Ebenso verhitlt es sich mit den Ausffihrungsgangen der Knaueldrfisen tier Haut. und man erhalt an solchen Bildern den Eindruck, dass, abgesehen von etwaigen sauerstoffreichen Produkten der eigentlichen Drtisenzellen. es diese kernreichen Ausftihrungsgange sind, welche dem Endprodukt der Drfisen noch Sauerstoff zuffihren k6nnen. Diese Tatsache scheint mir yon Wichtigkeit zu sein, um die abnorm grosse Lange vieler Ausftihrungsgange zu erklaren, die mit ihrer mechanischen Funktion allein in gar keinem Verhaltnisse steht (z. B. bei den Knaueldrtisen der Haut, den geraden Harnkanalchea). Freier Sauerstoff des Sekretes kann ftir die vom Sekret besptilten Flachen, besonders wenn diese yon stark reduzierenden Zellschichten bedeckt sind, einen grossen desinfektorischen und regulatorischen Weft besitzen (Harnwege, Gallenwege, Haul, Mundh(ihle, Conjunctivalsack etc.). Nattirlich erklart dieser karyogene Sauerstoffreichtum tier geraden Harnkanalchen und tier Gallen-
R(,duktionsorte und Sauerstofforte des tierischen (iewebes.
43
gange auch das yon E h r l i c h entdeckte Paradoxon, dass die ungebl~ute Leber und Niere blaue Galle und blauen Harn absondern, auf das einfachste. Eine bedeutende und ganz eigenartige Rolle im Lebenshaushalt spielt welter dieser karyogene Sauerstoffreichtum sicher ill den Bronchien. Von der Trachea angefangen bedeckt ein erst mehrschichtiges, dann einschichtiges Epittml die luftzut'iihrenden ](an,~le bis an die Lungenalveolen, welches geradezu als ein HauptSauerstoflbrt des Organismus bezeichnet werden kann. In diesen Epithelien blaut sich Kern und Protoplasma gleichm~tssig und diese tiefe Blliuung des ganzen Schleimhautepithels erstreckt sich bis an die umgebende ungeblaute Muskulatur. Ein jeder sieht diesem konstanten Bilde sofort die hohe Bedeutung fiir den Atmungsprozess an. Praktischer kann das Atmen in der Tat nicht eingerichtet sein, als dass dic zugeftihrte Luft ihres Sauerstories erst am letzten Endpunkte beraubt wird, wo sie mit der rednzierenden Auskleidnng der Alveole und den direkt darunter Imlsierenden, stark reduzierenden rotcn l~lutkSrperchen zusammentrifft. ,h~d(n' I[eduktionsort m dcr Bronehialauskleidmlg wfirde Versehwendung bedeuten. Es harmoniert mit dicsem Bilde des Sauerstofftiberschusses, dass auch die in die Wand der Bronchien eingelassenen Schleimdrtisen und Knorpel Sauerstoflbrte sind. ['rbrigens erklart dieser bedeutende lokale Sauerstoffreichtum des IIronehialbauins vielleieht aueh mit die bekannte Langlebigkeit des Flimmerepithels nach dem Tode des Organismus. Wiederum einzig in ihrer Art als Sauerstoflbrte stehen die yon E h r l i c h entdeckten M a s t z e l l e n da. Es kann naeh meinen Befunden wohl keinem Zweifel unterliegen, dass sie die wiehtige Funktion besitzen, r u m um die gefasslosen Epitheleinsenkungen eine Kette yon Sauerstoffreservoirs zu bilden und um die BlutgeNsse selbst eine Kette yon Sauerstoffdepots im kollagenen (iewebe. Was E h r l i e h ahnte, als er sie ,,Mastzellen:' nannte, w~tre damit Wahrheit geworden; sie w~tren nun spezieller als: ,,Sauerstoftmastorte des Bindegewebes" zu charakterisieren. Dass diese Funktion mit ihrem Gehalt an wohleharakterisierten basophilen und si~urefesten Granula zusammenhangt, kann wohl keinem Zweifel unterliegen. Eine ahnliehe Ansehauung mOehte aueh ftir die versehiedenen Drtisenzellen und die granulierten Leukocyten zutreffen, in denen
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P. (.;. Unna:
ja nach den sch0nen Untersuchungen yon F e r d i n a n d W i n k l e r und W a 1t e r S ch u 1t z e sicher oxydasenhaltige Sauerstoflbrte in bestimmten Khrnchen des Protoplasmas anzunehmen sind. Die Untersuchungen mit Rongalitweiss zeigen, dass in solchen Drtisenzellen, welche - - wie die der Glandula sublingualis - - ganz besonders sauerstoffreiches Protoplasma aufweisen, der Kern oft ungef•rbt erscheint. Ich glaube nicht, dass hier eine Ausnahme yon der Regel des Sauerstoffreichtums der Kerne vorliegt, sondern dass in diesen FMlen nur der l)bergang des Sauea'stoffes vom Kern in das Protoplasma sehr erleichtert ist, so dass wir ausnahmsweise im '[ode keinen Sauerstoff mehr im Kern antreffen. -~hnlich wie diese Drtisenzellen physiologisch verhalten sich die Plasmazellen des Bindegewebes unter pathologischen Verhaltnissen ; auch sie zeigen einen grossen Sauerstoffreichtum des Granoplasmas und meist einen ungef',trbten Kern. Alle diese verschiedenen Wahrnehmungen beweisen, dass wit in den Sauerstoffbildern der Protoplasmen sehr labile Erscheinungen vor uns haben, deren Zustandekommen yon einer Reihe yon inneren und ausseren Bedingungen, wie Art des Organs und seiner Funktion, Phase der Thtigkeit, Reaktion der Umgebung usf. abhhngig ist. Es ist in verschiedenen Kapiteln gezeigt worden, dass dieselben sogar noch nach dem "rode ktmstlich leicht zu beeinflussen und innerhalb des Gewebes zu ,,verschieben" sind. Wenn auch hierdurch direkt noch keine genaue Kenntnis der VerhMtnisse im Leben gewonnen wird, so sind wir dadurch doch fiber gewisse M 5 gl ic h k ei t e n physiologischer Sauerstoffbewegungen im Gewebe einigermassen orientiert. u allem imponiert dem Untersucher in dieser Beziehung tier sprunghaft leichte tJbergang des Sauerstoffortes unter gewissen gehnderten ausseren Bedingungen vom Kern in das Protoplasma und vom Spongioplasma des letzteren in die Granula (tier Mastzellen) und das Granoplasma (der Plasmazellen). Diese Leichtigkeit des ktinstlichen Sauerstofftransportes hat doch wohl zweifellos ihre Analogie in dem energischen Sauerstoffstrom der Zelle wiihrend des Lebens. In dieser Beziehung k0nnen einige Beobachtungen m(iglicherweise wichtig werden, die ich an den Organen zweier Kaninchen unmittelbar nach dem Tode machte. Die grtiberen der angeftihrten Differenzen innerhalb der Organe lassen sich namlich
l~eduktionsorte und Sauerstofforte des tierischen Gewebes.
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sclmn beim Aufphlseln der Reagentien auf dieselben mit blossem A u g e w a h r n e h m e n . Es liegt hierin ein Hinweis, dass dieselben auch am lebenden Tiere und Menschen mittelst Rongalitw~iss und Chrysophangelb zu veriblgeu sein werden~ woraus u. a. die Gehirn-, Nerven- und Muskelphysiologie Vorteil ziehen k0nnte. So land ich, rlass genau yore Kehldeckel angefangen, welcher auf seiner Aussenseite noch Chrysophangelb rStet, aber Rongalitweiss nicht deutlich bl~ut, tier ganze Bronchialbaum: Kehlkopf, Trachea, LuftrShre und lcleine Bronchien, soweit sie mit dem in Rongalitweiss eingetauchten Pinsel zu vcrfolgen sind, mit intcnsiver Bli~uung reagieren. Halbiert man die dem eben getSteten Tiere entnommene Nitre mit [lem ~[edianschnitt und pinselt die eine Fl~tche mit Chrysophangelb, die andere mit, Rong~tlitweiss an, so bemerkt man folgendes: Auf der ersteren lI'~lfte rStet sich haupts~chlich die Rinde, auf der zweiten bl~ut sich das Mark und besonders intensiY die Niercnpapille, wo die geraden Harnkan~lchen zusammenlaufen. Wenn man einen Medianschnitt vorsichtig nacheinander mit beiden LSsungen bestreicht, kann man, s,)weit es die Eigenfarbe des Organs gcstattet, ein(, Art Doppelf~irbung erzeugcn, in welcher sich Glomeruli und ger;tde llarnlcanSlchen bt~u yon den roten gewundenen abheben. Bepinselt mt~n einen frischen Gehirnschnitt in Form pt~ralleler Strich~> mit Rongalitweiss und Chrysophangelb, so hebt sich bei ersteren alas (]ehirngrau d,mkcll,lau yon tier schwach geblSuten weissen Substanz ab, bei den Chrysoph~u~gelbstrichen die dunkelrote Markmasse yon der n u t ~chwach gerSteten Rindc.
Das Hauptresultat aller vorhergehenden Untersuchungen li'tuft also schliesslich auf einen einfachen Satz hinaus, welchen die in der Einleitung erwhhnte Beobachtung bereits ahnen liess: DieHauptsauerstoffortedestierischenGewebessind die K e r n e . An die Kerne schliessen sich im allgemeinen als weitere Sauerstofforte an : ftir das Bindegewebe die M a s t z e 11 e n, ftir die D r ~is e n e p i t h e 1i e n gewisse Granula, so die der Leberzellen und die schon durch die Untersuchungen W a l t e r S c h u l t z e s bekanuten der Speichel- und Trhnendrtlsen, ftir das Zentralnervensystem das Protoplasma der Ganglienzellen und schliesslich als ein sekund~rer, durch die Kernntthe beeinflusster sehr verbreiteter Sauerstoffort: d a s P r o t o p l a s m a aller basalen Epithelien, der A u s f t i h r u n g s g a n g s e p i t h e l i e ~ , und des gesamten B r o n c h i a l e p i t h e l s . Abgeschlossen wird diese Reihe durch die bereits yon F e r d i n a n d W i n k l e r und W a l t e r S c h u l t z e studierten sauerstoffhaltigen
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P.O. Unna:
Granula in den Leukocyten des B l u t e s , der M i l z uud des Knochenmarks. Es unterliegt ftir mich keinem Zweifel. dass sich bei zuktmftiger genauer Durchibrschung der Organe ausser diesen allgemeinen Sauerstofforten primarer und sekmlditrer Art noch ffir j e d e s e i n z e l n e O r g a n b e s o n d e r e S a u e r s t o f f o r t e und damit in jedem einzelnen Organ eine Form des Sauerstoffstroms erkennen lassen wird, die diesem speziellet~ Organ eigentfimlich ist. Diese genauere Durchforschung muss ich dell Anatomen yon Fach fiberlassell und mOchte mich daher auch bei Er0rterung der Ietzten Frage: W a s s i ~ d d i e S a u e r s t o f f o r t e ? allein auf diejenigen der Kerne beschr~tnken. Alle Kerne sind allseitig yon Protoplasma eingeschlossen. Sie mtigen noch so oberfl~tchlich liegenderl Zellen angeh~'~ren, nirgend kommuniziert der yon aussell dem (}rganisml~s zugef~il~rte und fiir das Leben absolut notwendige Sauerstoff direkt mit den Kernen. Ist der Kern wirklich der wichtigste 5auerstottbrt des tierischen K0rpers. so liegt er daftir merkwtirdig ver.~teckt, anscheinend an sehr unpraktischer Stelle. Aber andererseits liisst sich nicht verkennen, dass, wenn der Sauerstoff der Luft schliesslich den Kern in seinem Verstecke erreicht, damit allem dazwischen liegenden Gewebe, vor allem dem Protoplasma die bestmOgtiche Gelege~lheit gegeben ist, sich mit dem zu ihrem Leben und Funktionieren notwendigen Sauerstoff zu sattigen. Wenn die N a t u r e s auf tier einen Seite dem h:erne oti'enbar mechanisch erschwert, dieses 5auerstoffzentrum zu sein nnd zu bleiben, so wird sie ihm vermutlich auf andere, d. h. chemische Weise diese Rolle wieder erleichtert baben. Eine solche Erleichterung kSnnen wir uns heute ~icht mehr anders vorstellen als dutch den Besitz spezifischer, auf Sauerstofferwerbung eingerichteter Fermente. Wit haben also mit grosset Wahrscheinlichkeit gerade im Kerne sehr stabile, gut verwahrte und dauerhafte Fermente zu vermuten, welche es ihm m0glich machen, durch das sauerstoffgierige Protoplasma hindurch Sauerstoff andauernd anzuziehen und festzuhalten. Unsere letzte Frage nach der INatur der Sauerstoflbrte in den Kernen setzt mithin einige Kenntnisse fiber die heutige Oxydasenlehre voraus.
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IX. F e r m e n t a t i v e r Charakter der Oxydation in den tierischen @eweben iiberhaupt und speziell in den Kernen. W u r s t er 1) war der erste, welcher mittelst sauerstofl'empfindlicher Papiere in den Fliissigkeiten der tierischen und pflanzlichen ~ewebe aktiven Sauerstoff nachwies (1888). Es folgten einige Jahre sphter nahezu gleichzeitig die grundlegendell Untersuchungen yon S a l k o w s k i -~u.3) und Y a m a g i w a ~) in Deutschland und yon A b e l o u s und B i a r n ~ s 4} in Frankreich, welche tibereinstimmend den Nachweis ftihrten, dass die Oxydation in den ~',eweben an ein Ferment gekntipft und dass der Sitz dieses Fermentes in den Gewebszellen selbst zu suchen sei, yon wo dasselbe als wasserlSslicher Stoff in die Gewebss~tfte fibergehen kOnne. Die Wichtigkeit der Z e l l e n - - in der Form eines ktinstlichen Z~tllextraktes - - ftir die Oxydation bestimmtcr oxydabler Substanzen war schon vorher erkannt. 3o hatte S c h mi e d e b e r g (18S1) '~) gezeigt, (lass Salicylaldehyd yore l',lute nicht wesentlich rascher als durch Sodal6sung oxydiert wird, dagegen rasch durch Blut in h:ontakt mit tibertebender Nierensubstanz. J a c q u e t % hatte sodann in 3 c h m i e d e b e r g ' s Laboratorium (1892) nachgewiesen, dass Benzylalkohol und Salicylaldehyd nicht durch Blut. wohl aber durch Zellenbrei tierischer Organe in Bertihrung entweder mit Blut oder mit Luft leicht oxydiert werde. Dabei war es einerlei, ob tier Zellenbrei frisch bereitet oder durch Carbolsaure, Chinin oder Alkohol abgett}tet war, oder ob statt des Zellenbreies w'assrige Extrakte des iiberlebenden oder toten Zellenbreies benutzt wurden; auch diese fibertrugen den Sauerstoff der Luft auf Salieylaldehyd. 1) W u r s t e r. ~_ktiver Sauerstoff ira lebenden Gewebe. Ber. d. deutsch, chem. Ges., 1888, Bd. 21, S. 1525. ") S a l k o w s k i und Y a m a g i w a . Uber das Oxydationsferiaent der Gewebe. Zentralbl. f. reed. Wiss., 1894, Nr. 52. 3) S a 1 k o w s k i. Zur Kenntnis der 0xydationsfermente der Gewebe. Virch. Arch., 1897, Bd. 147, S. 1. ~) A b e l o u s und B l a m e s . Sur le pouvoir oxydant du sang et des organes. Arch. de Physiol. norm. et path., 1895, Bd. 1, S. 195. 5) S c h m i e d e b e r g . lJ-ber Oxydationen und Synthesen im TierkSrper. Arch. f. experimentelle Pathol. u. Pharm., 1881, Bd. 14, S. 288. 6) j a c q u e t. lJber die Bedingungen der Oxydationsvorgt~nge in den Gewebem Arch. f. experimentelle Pathol. u. Pharm., 1892, Bd. 29, S. 386.
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P.G. U n n a :
Die relative Unwirksamkeit des Blutes alleim welche Schmiedeberg und J a c q u e t fanden, ist sehr wohl vevstandlich, da die r o t e n BlutkSrperchen zu den reduzierenden Elementen gehSren und Rongafitweiss nicht zu bl~uen vermSgen. A b e l o u s und B i a r n ~ s haben zwar - - S a l k o w s k i bestatigend - - gezeigt, dass auch Blut allein Salicylaldehyd ox.vdieren kSnne, aber nicht verm~ge seines H;tmoglobingehaltes, sondern durch eine besondere ,Diastase". Wir werden nach den oben yon mir mitgeteilten Befunden wohl nicht fehlgehen; wenn wir dieses Ferment in den Rongalitweiss oxydierenden w e i s s e n Blutk6rperchen suchen. Von Wichtigkeit ffir uns sind die yon diesen Forschern aufgestellten und nach ihrer Oxydationskraft geordneten Org~u~reihen. Salkowsky Abelous und BiarnSs Leber (100) Milz Thymus Milz (80,4) Lunge Hoden Niere (15,5) Leber Pankreas Pankreas (2) Thyreoidea Gehirn Muskeln (1) Niere Muskeln Am meisten in die Augen fallend in diesen beiden Reihen ist die ungemein grosse Differenz zwischen Milz und Leber einerseits und Muskel andererseits. S a 1k o w s k i findet die Oxydationskraft der Leber hundertmal so gross wie des Muskels. In Verfolgung dieser Idee hat K a s t l e ~) zeigen k6nnen, dass Extrakte yon Muskel und Gehirn sogar die Oxydation einer alkalischen L~sung yon Phenolphtalin durch Blut sehr verzSgern und schliesst daraus mit Recht, dass Muskel und Gehirn ungew6hnlich reich an stark reduziereaden Stoffen sind. Unsere histologischen Bilder bestatigen diese Verschiedenheiten in befriedigender Weise. In tier Tat geh6rt die Muskelfaser zu den am reinsten und starksten reduzierenden Elementen; das einzige Oxydierende in derselben ist die sparliche Anzahl yon Kernen. In Leber und Milz dagegen ist Kern und Protoplasma jeder Zelle mehr oder weniger ein Oxydationsherd. A b e 1o u s und B i a r n ~ s arbeiteten hauptsachlich an Organen des Kalbes und stellten die interessante und jetzt auch erklarliche Tatsache fest, dass die Organe im allgemeinen weir starker, etwa 1) K a s t 1e. Chemicaltests for blood. Hygien.Laborat.yonWashington, Bulletin Nr. 51, 1909.
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dreimal so stark oxydieren als dieselben Organe erwaehsener Tiere. Wir mtissen dabei wohl hauptsachlich an den relativ viel gr0sseren Reichtum der Organe junger Tiere an Kernen und Mitosen denken. Der Satz, dass der wachsende Organismus starker oxydiert als der erwachsene, erleidet tibrigens nach den Untersuchungen derselben Forscher eine Ausnahme bei der Leber, Lunge und dem Hoden. Diese Untersuclmngen fanden eine Art Abschluss (lurch die g[eichzeitige Arbeit yon R (i h m a n n und 8 p i t z e r,~) in wetcher diese Forscher die schon von E h rl i c h benutzte oxydative Synthese des Naphtolblaues in Form einer Mischung von ~Naphtol, Paraphenylendiamin uud Soda zum tinktoriellen Nachweise aktiven Sauerstoffes der (iewebsextrakte vorschlugen, welche Methode in der Folge allgemein angewandt wurde. Auch sie fanden mittelst dieses Reagens und der (}uajakprobe, dass in den Geweben, und zwar nur in den Zellen, Sauerstofl'erreger vorhanden sind, welche nmlekularen ()s zu aktivieren verm0gen, wobei schwer oxydable E/Jrper der Oxydation unterliegen. Ein wesentlieher Fortsehritt gesehah bald darauf in einer wichtigen Arbeit yon S p i t z e r , ~) in weleher zum erstenmal emer der noch unbekannten T r a g e r des in allen Zellenextrakten vorhandenen Oxydationsverm0gens ehemiseh ni'ther und zwar als ein eisenhaltiges Nukleoproteid eharakterisiert wto.'de, l)a die Resultate dieser Arbeit sieh mit den Ergebnissen der vorliegenden Untersuehung in vielen Punkten beriihren, m0gen einige der 8 p i t z e r s e h e n Sgttze bier zitiert werden: ,Die Asehe (des Nukleoproteids) enthielt Oa, iPhosphorsiiure und auffMliger Weise auch Eisen. Bei ni~herer Priifung zei~e es sich, dass letzteres nut nach Veraschung nachweisb~r war, somit in sehr fester organischer Bindung enthalten sein musste. ~ ..,Unser Nukleoproteid selbst gab in starker HC1 gelast weder mit Rhodankalium noch mit Ferro- oder Ferricyankalium irgendwelche Reaktion, desgleichen nicht, durch Kochen mit KOH aufgeschlossen. Selbst nach 24stiindigem Stehen in ammoniakalischer Lasung mit Schwefelammonium behandelt, erfolgte keine 8chwarzfitrbung. Auch an das Bun g e sche Reagens (10 Vol. HC1 yon 250/o, 90 VoL Alkohol von 900/0) wurde F'e nicht abgegeben, selbst nach mehrsttindiger Behandlung bei siedender Temperatur. Daraus geht hervor, dass d~ts in unserem Nukleo~) R iJ h m a n n und S p i t z e r. , l~ber 0xydationswirkungen tierischer Gewebe." Ber. d. deutsch, chem. Ges., 1895, Bd. 28, S. 567. 2) 8 p i t z e r. , D i e Bedeutung gewisser l~ukleoproteide ftir die Oxydation der Zelle." P f l f i g e r s Archiv, 1897, Bd. 67, 8 . 6 1 5 . Archly f. mikr. Anat. Bd. 78. 4
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P.G. Unna: proteid enthaltene Fe weder als organisches Salz, noch als salzartige Verbindung mit Eiweiss oder organischen Si~uren und dergleichen enthalten war. Dieser wird durch HCl-,klkohol unbedingt ihr Eisen entzogen Es musste sich um eine sehr feste organisehe Bindung bundeln, die dcr im Hi~matogen (B u n g e) entsprach. Der Gehalt an Eisen betrug 0,233 o o (auf die trockene Substanz bezogen) . . . . ,Wir werden uns des Gedankens nicht entsehlagen kSnnen, dass das im Molektil in eigenartiger organischer Form wohl an C- oder CNGruppen gebundene Eisenatom eben kraft der Eigenart seiner Bindung imstande ist, jeweils 0 aufzunehmen und abzustossen, sich in Anwesenheit yon molekularem O~ abweehselnd zu oxydieren und zu reduzieren, die frei werdendeu O-Atome an schwerer oxydierbare Verbindungen zu tibertragen, sowie wit uns ja auch die Katalyse des H.~O~ sowie die O-Ubertragung dutch anorganische Erreger durch deren abweehselnde Oxydation und Reduktion vorsteUen. Unsere Vermutung fiber die Rolle des Eisenatoms stiitzt nicht nur sein konstanter Befund, sondern auch die Tatsache, dass bei der Spaltung des Molekiils, solange sich noch grSssere Atomkomplexe, die alle Eisen enthalten, erhalten haben, eine wenn auch nur sehr geringe O-(~bertragung noch zustande kommt. Erst in dem Augenblicke, wo der Zusammenhang des Molekiils vollst~ndig gesprengt wird und also auch jene organische Bindung des Eisenatoms, die wit ja verantwortlich machen, aufgel(ist wird, ist der letzte Rest O-iibertragender Kraft versehwundeu . . . . ,Wir prazisieren unsere Ansehauung nur dahin, dass wir die jetzt bekannten dureh tierisehe Zellen ausserhalb des 0rganismus bedingten Oxydationsvorgiiuge auf den Gehalt jener Zellen an wirksamen Nukleoproteiden yon eigener Art, resp. auf eine die 0-I)bertragung vermittelnde organische Bindung des Eisens in ibuen zuriickfiihren ~
Um dieselbe Zeit zeigte J. L oeb,~) dass in dem frisch befruchteten Seeigelei keine Kernteilung und Zellteilung vor sich geht, wenn man ihm den Sauerstoff entzieht. G o d l e w ski konnte dasselbe ftir das Froschei und L o e b sp~tter fiir alle Eier besti~tigen. In einer neueren Abhandlung sagt er: ,Die Tatsaehe, dass die Nukleinsynthese aller Entwicklung und allem Wachstum bei Tieren und Pflanzen zugrunde liegt und dass alle diese Vorgiinge sowie Kernteilung nur in Gegenwart yon freiem Sauerstoff m~iglich sind, ergibt eine breitere @rundlage fiir das Verst~ndnis der Bedeutung des Sauerstoffes fiir die Lebenserscheinungen als die blosse Berticksichtigung der W~rmebildung, die ja nur fiir eine sebr kleine Gruppe yon Organismen yon Bedeutung ist. ~
Diese Bedeutung der Rolle. welche der freie Sauerstoff bei den Funktionen des Kerns spielt, zieht sich als roter Faden durch alle neueren krbeiten dieses Forschers. Wir mtissen demnach ~) J. L o e b . ,Die physiologischen Wirkungen des Sauerstoffmangels% P f l t i g e r s Archly, 1895, Bd. 62, S. 249.
Reduktionsorte und Sauerstoff()rte des tierischen Gewebes.
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Spitzer und L o e b als die bisherigen Vertreter der physiologischen Anschauung ansehen, dass die b e d e u t e n d s t e n und wichtigsten Oxydationsvorgltnge der lebenden Zelle s i c h im K e r u e a b s p i e l e n Jener entwickelte diese Ansicht yon chemischer, dieser yon biologischer Seite her. Es fehlten also eigentlich nur noch almtomische Beweise. Iris dahill sowie auch ill den Arbeiten tier n~ichsten Jahre waren alle Untersuchungen fiber die in den Lieweben vorhandenen ~)xydasen an (iewebeausztigen und mit Gewebsbrei vorgenommen worden. Eiaen neuen Fortschritt in der Frage inaugurierte eine 1 !107 erschienene Arbeit yon F e r d i n a n d W i n k I e r. 1) Durch successive Behandlung yon in Alkohol- oder Formalinfixation sowie an untixierten Eiterpri'tt)araten mit a-5'aphtol und Dimethylparaphenylendiamin gelang es diesem Forscher, in den Leukocyten die neutrophilen Grauulationen blau zu fi~rben, w~filrend der Kern ungefarbt blieb. Auch di(, Leukocyten des Blutes, der Milz und des Kn~chenm~rkes zeigten die~e[b(, I,'i~rbul~g tier ueutrophilen mid eosmophih~n (}ranula. I)ieselbe ist durch Alkohol ausziehbar, liisst sieh aber beliebig oft nach der Entfitrbung wiedererzeugen; Erhitzeu des Priiparates zerstSrt sie dagegen. Mit dieser Arbeit war zum ersten Male ein histologisch definierba;es Element als Trliger einer Indophenol-Oxydase erkannt, und zwar haudelte es sich in diesem Falle entschieden nicht um eine Kernsubstanz. Die Befuude yon W i n k l e r wurden yon K a s t l e und R o b e r t s " ) bestatigt, welche dureh das Peroxydasereagens (eine Misehung yon Parapheuylendiamin; Kresol und H~ 0 ~ ) d i e meisten Leukocyten des Barns bei Entzfindungen der Harnwege blau fi~rben konnten. In grossem Umfange sind diese Versuehe ganz neuerdings yon W a l t e r S e h u l t z e 3) aufgenommen u n d a u f G e w e b s ~) F e r d i n a n d W i n k l e r . ,Der :Nachweis yon Oxydasen in den Leukoeyten mittelst tier Dimethyl-p-phenylendiamin-a-Naphtol-Reaktion". 15'ol. Haematologica, 1907, Bd. 4, S. 323 ") R o b e r t s, zitiert bei K a s t 1 e, ,The 0xydases". Hygienic Laboratory Washington, 1910, S. 121. a) W. H. S c h u 1t z e. ,l)ber die Oxydasereaktion der Speichel- und Trii,nendriisen~. Verhdlgn. d. dtseh, pathol. Ges. 1909. Derselbe. ,Die Oxydasereaktion an Gewebsschnitten und ihre Bedeutung fiir die Pathologic. ~ Z i e g l e r s Beitr. z. pathol. Anat., 1909, Bd. 45, S. 127. Derselbe.
,Zur Differentialdiagnose
Woeh. 1909, Nr. 4.
tier Leukiimien. ~ Miineh. lV[ed.
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P.G. Unna:
schnitte ausgedehnt w o r d e n . Er kon~lte die Naphtolbtaufarbung bei allen (~ranulationen der Knochenmarkszellel~ 0mutrophilen, eosinophilen und Mastzellen) erzielen. Im Speichel, in der Milch, in Geschwtilsten, bei der Entztindung farben sich bei dieser Reaktion nur die Granula der Leukocyten; verkaste, nekrotische Massen, die H a s s a 1schen KOrperchen der Thymusdrtise nut, soweit in ihnen Leukocyten zugrunde gegangen sind. Fibrin, Fibroblasten, epithelioide und Riesenzellen, die Lymphocyten und die K e r n e a l l e r L e u k o c v t e n e r z e u g e n d a g e g e n die F a r b u n g n i c h t , die iibrigens auch durch Kochen und Blausaure zerstSrt wird. Weitere Untersuchungen $ c h u l t z e s zeigten, dass bei den trtiben Zellen der Speichel- and Tranendrtisen die Indophenoloxydasenreaktion an den KSrnchen haftete. Auch wurde es ihm m(iglich, die Reaktion fiir die Differentialdiagnose der Leuk~tmien zu verwerten, indem dieselbe bei den myelogellen positiv, bei den lymphathischen negativ ausfallt.
hus den letzteren Arbeiten geht hervor, dass wir bei Erklarung der Sauerstoflbrte im Gewebe ausser eisenhaltigen Nukieoproteiden auch eigentliche, hitzeunbestandige Fermente zu berticksichtigen haben. Es ist daher nicht wohl zu umgehen, die neueren Wandlungen der Oxydasenlehre an dieser Stelle, so kurz es geht, zu bertihren.
X. D i e o x y d i e r e n d e n F e r m e n t e i m t i e r i s c h e n O r g a n i s m u s n a c h d e n n e u e r e n U n t e r s u c h u n g e n . 1) Nach B o u r q u e l o t -~) gehSren die 0xydasen zu der Gruppe der Enzyme, mit denen sie die ersten sechs der folgenden all1) Ich folge hierbei ffir die ausl~ndische und ~tltere Literatur dem ausgezeichnet vollsti~ndigen Referat yon K a s t 1 e : ,The Oxydases and other oxygen-catalysts concerned in biological 0xydations". Hygienic Laboratory, Washington 1910, welches fiber 467 einschl~gige Arbeiten berichtet. Ftir die neueste Literatur stand mir das gross angelegte Lehrbuch yon O p p e n h e i m e r (3. Auflage; V o g e l , Leipzig 1909) zur Yerffigung, dessen spezieller Teil kurz vor Abschluss meiner Arbeit erschien. 2) B o u r q u e l o t . ,Sur le r61e des ferments oxydants et des substances oxydantes daus la pratique pharmaceutique '~. Journ. Pharm. et Chim., 1898, Bd. 6, S. 425.
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gemeinen Eigenschaften teilen, withrend die beiden letzten ihnen speziell als Oxydationsfermenten zukommen: 1. Es sind Katalysatoren, d.h. sie verm6gen in kleinster Menge unbegrenzte Mengen oxydierbaren Stoffes zu oxydieren. 2. Ihre T~ttigkeit ~tndert sich gesetzmassig mit der Temperatur, indem die oxydierende Kraft ihr Optimum bei 42--450 C. hat, bei 6o o bis 700 abnimmt und bei 100 ~ erlischt. 3. Unl~slichkeit in Alkohol. 4. L6slichkeit in Wasser auch nach Behandlung mit Alkohol und Trocknen. 5. Adsorption durch Niederschlage (Colloide). 6. Unffthigkeit zu dialysieren. 7. Ein spezifisches Verm6gen, in Gegenwart yon gasf6rmigem oder gel0stem Sauerstoff zu oxydieren. 8. Das Verm6gen, wahrend der Oxydation Sauerstoff zu absorbieren. K a s t I e unterscheidet folgende spezifisch verschiedene ()xydasen : 1. L a c c a s e (nach O p p e n h e i m e r : Phenolase), welche Guajak, C,ua.jacol, Hydrochinon, Phenolphthalin. Tannin etc. direkt durch atmospMrischen oder gel0sten Sauerstoff und ohne Mitwirkung yon He O,, oxydiert. 2. Ty r o s i n a s e, welche Tyrosin und verwandte Stoffe oxydiert. 3. A l d e h y d a s e , die aromatische Aldehyde und verwandte Stoffe oxydiert. 4. I i L d o p h e n o l o x y d a s e , welche eine Mischung yon a-Naphtol und Paraphenylendiamin zu Indophenol und ithnlichen Substanzen oxydiert. 5. P u r i n o x y d a s e n . 6. G l y k o l y t i s c h e Fermente, welche den Zucker aus tierischen Geweben entfernen. B a c h ~) gibt eine etwas andere Einteilung: 1. Phenolase, 2. Thyrosinase, 3. Purinoxydasen, 4. Alkoholoxydase (B u ch n e r) der Essiggarung des Alkohols, 5. Aldehydase. ~) A. B a c h. ,,Die langsame Verbrennung und die 0xydationsfermente." Fortschr. der naturwiss. Forschung, 1910, Bd. 1, S. 85.
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P.G. U n n a :
Ausser diesen eigentlichen Oxydasen sind ftir die oxydativen Prozesse yon Wichtigkeit: a) P e r o x y d a s e n . Diese oxydieren die Oxydasereagentien bloss in Gegenwart eines Peroxyds, oder yon H2 0.~. Nach M o o r e uad W h i t l e y ist der Peroxydasetypus der einzige. der in der lebenden Zelle bei Oxydationsprozessen in Betracht kommt. b) K a t a l a s e n (nach L o e w ) , Fermente, die H20_~ zersetzell. ohne gleichzeitig eine Oxydation zu bewirken. c) S a u e r s t o f f t r a g e r (unechte Fermente). Sie sind best:,mdiger, widerstehen z. B. der Erhitzung und k6nnen Peroxyde nicht bloss zersetzen, sondern aktivieren. Dahin geh0ren die eisenhaltigen Blutpigmente, das Hamocyanin etc. Das Wesen tier Oxydasenwirkung ist neuerdings durch die gleichzeitigen Arbeiten yon C. E n g l e r 1) und A. B a c h " ) sehr geklart worden. Schon S c h 0 nb e i n hatte bei der langsameu Verbrennung yon leicht oxydierbaren Stoffen eine kraftige Aktivierung des Sauerstoffes bemerkt; er nahm ~n, class sie auf einer Zerlegung des molekuIaren 03 in Ozon und Antozon beruhtc. M. T r a u b e, auf die Notwendigkeit der Gegenwart yon Wasser aufmerksam geworden, erklarte den Vorgang durch Bildung vol~ H~,09. Er erkannte, dass die Oxydation nicht durch atomisierten Sauerstoff; sondern durch das ungespaltene Molektil 09, dass sie nicht durch freien Sauerstoff, sondern den gebundenen Sauerstoff des Wassers und class die Bilduug yon H~ O~ nicht durch Oxydati,,a des Wassers, sondern dutch Verbindung yon H2 mit molekularem (),., zustande kommt. Seine Erklarung trifft fiir manche Oxydationen zu, aber nicht ftir alle. Eine befriedigende Erkiitrung gab erst die P e r o x y d t h e o r i e von E n g l e r und B a c h . Dieselbe fusst auf dem unvollstaudig dissociierten Zustande des Sauerstoffes : -- 0 -- 0 - - (v o n H e lm~] E n g 1e r und Wi 1d. ,0ber die sogenannte ,Aktivierung" des Sauerstoffes und fiber Superoxydbildung." Ber. d. dtsch, chem. Ges. 1897, Bd. 30, S. 1669. Engler und Weissberg. ,Kritische Studien fiber die Vorgi~nge der Autoxydation.~ Braunschweig 1904. ~) B a ch., Du rble des peroxydes dans les ph~nom~nesd'oxydation lente. ~ C. R. s Sc, 1897, Bd. 124, S. 951. Derselbe. ,Zur Kenntnis der Katalase2 Ber. d. dtsch, chem. Ges., 1905, Bd. 38, S. 1878.
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h o l t z und R i c h a r z ) . Engler und B a c h verstehen unter Peroxvden KSrper, welche Sauerstoff in diesem ,aktivierten" Zustande aufgenommen haben. Nach der Peroxydtheorie der Oxydasen yon B a c h , der sich auch K a s t l e uad L o e w e n h a r t l) angeschlossen haben, verbindet sich solcher halb dissociierter Sauerstoff - - 0 - - 0 - - mit einer leicht oxydierbaren Substanz zu einem u n b e s t ~ t n d i g e n P e r o x y d , welches sehr geeignet ist, einem gleichzeitig vorhandenen und schwieriger zu oxydierenden K0rper die H~tlfte : - - 0 - - oder das Gauze: - - 0 - - 0 - - seines lose gebundenen Sauerstoffes abzugeben. In letzterem Faile wird der oxydierbare KOrper wieder regeneriert und wieder ftir neuen Sauerstoff aufnahmefi~hig, was wit ftir die physiologischen, kontinuierlichen Oxydationsprozesse des K0rpers wohl als Regel anzunehmen haben. Kastle neigt der Ansicht zu, dass auch durch direkte Vereinigung oxydabler Substanzen mit H~ O~ (H - - 0 - - 0 - - H) und nicht tmr durch Anlagerung von: - - 0 - - 0 - - unbesti~ndige Pe~'oxyde, d. h. Oxyd~lsen sich bilden k0nnen. E r bezieht sich dabei haui)ts~chlich auf die alteren Arbeiten des russischen Chemikers 5 ch 5 n e 2), welchem es gelang, Alkalien und alkalische Erden mit H., ()2 zu solchen unbestandigen u zu kuppeln : Na~ ().~ . 2 H2 0,, = H4 Na~ 06 Ba O~ . H,, ()~ ----- H2 Ba 04 Diese Angaben fanden durch F o r c r a n d und eine Reihe anderer Forscher Best~ttigung. Es stellte sich heraus, dass nicht nur viele andere Oxyde, wie die yon Chrom (~[ o i s s a u), Molybdan und Wolt'ram ( C a m m e r e r , B r o d e ) und Sa[ze, wie die yon Cer ( J o b ) , Arsen ( P e t r e n k o ) , Cadmium ( 8 t a e d e l ) sich mit H~O~ zu Verbindungen h6herer Ordnung vereinigen, sondern dass auch Verbindungen mit unverhaltnismitssig grossen Mengen H2 02 m6glich sind. So s t e l l t e F o r c r a n d : CaO~.10H~O~:KazaneskyK2C03. 2 H ~ O . 12 H O~ dar. J o n e s und seine Mitarbeiter fanden, dass bestimmte Sauren und Salze, in H~.02 gel6st, eine Erniedrigung des Gefrierpunktes ~) K a s t I e und L o e w e n h a r t. ,The catalytic decomposition of H2 0-~ and the mecanism of induced oxydation." Americ. Chem. Journ. 1903, Bd. 29, S. 347, 563. '~) SchSne. ,Experimentaluntersuchungen tiber das It, O~." L i e b i g s Annalen, 1878, Bd. 192, S. 257 und Bd. 193, S. 241.
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zeigen, was auch nur auf eine molekulare Verbindung mit H2 ()~ zurtickzufiihren ist. Alle diese Untersuchungen beweisen, dass H~.O~ nicht nut durch Doppelzersetzung Peroxyde bilden kann, sondern auch durch direkte hnlagerung und dass gerade diese Verbindungen sich durch Unbestandigkeit und leichte Sauerstoffabgabe an oxydable Substanzen auszeichnen. Die P e r o x y d a s e n ( L i n o s s i e r l ) , Fermente, die ohne die Gegenwart yon Peroxyden (oder H2 0_~) niO~t die geringste oxvdierende Wirkung ausfiben, zersetzen sich mit denselben spontan, so dass, wie B a c h gefunden hat, aus einer Mischung yon Peroxydase und H20s beide Substanzen mit der Zeit verschwinden. B a c h und C h o d a t ~) zeigten, dass das System: Peroxydase + Peroxyd alle Eigenschaften besitzt, die man den Oxydasen zuschreibt und schlugen vor, die Muttersubstanzen der Peroxyde : 0 xy g e n a s e H zu nennen, so dass die frfiher fiir ein einheitliches Ferme~t gehaltene Laccase (Phenolase) nach diesen Forschern eine M i s c h u n g e i n e s F e r m e n t e s : P e r o x y d a s e u n d e i n e s l e i c h t ox.vd i e r b a r e n S t o f f e s : O x y g e n a s e sein wfirde. Wahrend die Peroxydasen ungemein weir verbreitet in der Natur vorkommen und sowohl in jeder Pflanze wie auch in tierischen Zeilen und Flttssigkeiten, in Leukocyten, in der Milch, im Speichel etc. nachgewiesen sind und sich durch grosse Best':mdigkeit, z. B. der Hitze gegeniiber, auszeichnen, sind die Oxygenasen selten und sehr unbesti~ndig. Nicht die direkt mit Luftsauerstoff oxydierenden Oxydasen, sondern die Peroxydasen scheinen hiernach das wichtigste Oxydationsferment der lebenden Zelle zu seiu, indem solche stets vorhanden und bereit sind, den Sauerstoff eines irgendwie vorkommenden Peroxyds, sei es H~ 03 oder ein organisches Peroxyd oder eine Muttersubstanz solcher (Oxygenase), zu aktivieren. M o o r e und W h i t l e y s) gehen noch weiter und halten die Peroxydasen fiir die einzigen wirklichen Oxydationsfermente. Nach ~) L i n o s s i e r . ,Contribution a l'6tude des ferments oxydants. Sur la Peroxydase du pus." C.R. Soc. Biol., 1898, Bd. 50, S. 373. ~) B a c h und Chodat. ,Untersuchungen fiber die Rolle der Peroxyde in der Chemie der lebenden Zelle. ~ Ber. d. dtsch, chem. Ges. 1902--03, Bd. 36--37. 3) ~ o o r e and W h i t l e y . ,The properties and classification of the oxydising enzymes and analogies between enzymic activity and the effects of immune bodies and complement2 Biochem. J'ourn., 1909, Bd. 4, S. 136.
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ihnen ist B a c h s Oxygenase nur ein unbestitndiges Peroxyd, das durch den Luftsauerstoff aus autoxydablen KOrpern erzeugt wird und der einzige Untersehied zwisehen solchen Geweben, die Oxydasereaktionen und solchen, die Peroxydasereaktionen zeigen, wtirde darauf hinauslaufen, dass die ersteren ausser den bestandigen Peroxydasen noeh einen Vorrat natfirlicher, unbestandiger Peroxyde enthalten. K a s t l e schliesst sieh diese~ Autoren der Hauptsaehe naeh an. Naeh B e r t r a n d ~) beruht die Wirkung der Laeease (Phenolase) bei der Lackbildung wesentlich auf ihrem Gehalt an M a n g a n o x y d u l . Er wies naeh, class verschwindend kleine Mengen yon schwefelsam'em ~langanoxydul bef'hhigt sind, die Oxydationskraft der Laeease bedeutend zu erh6hen. Nach B e r t r a n d besteht jecles Oxydationsferment aus zwei versehiedenen Teilen, einem organisehen und sehr unbestimdigen, der dem GesamtkOrper die Eigensehaften verleiht, die man den Fermenten als einer besonderen Klasse yon Substanzen zuschreibt und einem stabileren unorganischen oder organischen, welcher erst zusammen mit ersterem das aktive System bildet. Diesen zweiten Tell nennt B e r t r a n d das Coferment; Mangan ist nach ihm das Coferment der Laeease, Calcium das tier Peetase, Salzs'aure das des Pepsins usf. B e r t r a n d zeigte weiter, dass die Manganoxydulsalze um so starker aktivieren, je leiehter sic hydrolysierbar sind; so aktivieren das Nitrat, Sulfat, Chlorid sehwach, das ameisensaure Salz mitssig, viel st~trker das benzoesaure, essigsaure, salieylsaure, mi!chsaure, glukonsaure und am meisten das bernsteinsaure Naeh diesem Autor, welchem andere in ihren Ansehauungen getblgt sind, stellt mithin alas Manganoxydul das aktive Element bei der Oxydation dar, wahrend ein organisches Saureradikal dem Ferment seine anderen Eigensehaften wie L6slichkeit, Hitzeunbestandigkeit usw. verleiht. In den Oxydasen vieler Ptianzen ist in der Folge wirklich Mangan gefunden worden ( L e p i n o i s , C a r l e s , A s o , P o r t i e r , B a c h und C h o d a t , K e l l e y ) . V i t a l i ~) will auch eine Spur ~) B e r t r a n d. ,Sur l'action oxydante des sels manganeux et sur ]a constitution chimique des oxydases. ~ Compt. Rend. Acad. Sc., 1897, Bd. 124, S. 1355. ~) V i t a I i. ,Di un fermento ossidante continuto nelpus". L'Orosi 1901, Bd. 24, S. 253.
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yon Mangan im Eiter gefu~den haben und fahrt darauf dessert Oxydationsverm0gen zurfick. In einigen PttaHzen ist jedoch Mangan nicht vorhanden und wird dann durch Eisen, Kupfer oder Calcium vertreten. Dass Eisen in organischer Bindung in Gegenwart yon tt20~ Oxydationen wie die des Guajak herbeiffihrt, ist yore Hamoglobin und seinen eisenhaltigen Derivaten, H~imatin. Asche des H~tmoglobins ( S c h a d e 1) bekannt: ebenso, dass die eisenfreien Derivate dieses VermSgen verloren haben (siehe obe~l S p i t z e r ) . Dass kleine ~Iengen VOl] Mangan- und Eisenoxvdulsalzen ebensowohl unorganische wie organische Zersetzu~gen beschleunigen k0nnen, ist yon mehreren franz0sischeml Autoren nachgewiesen ( V i l l i e r s , G i g o n und R o s e n b e r g . T r i l l a t . A. und L. L u m i ~ r e und C h e v r o t i e r ) . Die Gebrtider L u m i ~ r e , R o b i n und B o r d e r u. a. haben versucht, ktiHstliche 0xydationsfermente durch Emulgieren yon colloidalem Eisen und Cer mit Eiweiss, Gummi, Gelatine herzustetlen und wollen desinfizierende und antitoxische Eigenschaften dieser ..ferments mindraux" beobachtet haben. Den Bestrebungen ;tnderer franziisischer Autoren, gewisse unorganische Salze fiberhaupt an Stelle der Oxydasen zu setzen, halt K a s t l e gewiss mit Recht entgegen, dass denselben die sonstigen Eigenschaften der Oxydasem wie Hitzeunbestandigkeit, abgehen. Andererseits hat W ol f f") in ei~ler Reihe yon Arbeiten nachgewiesen, dass eine geringe ~pur yon colloidalem gelbem Blutlaugensalz in schwach ~tlkalischer L6sung alle Reaktionen der Peroxydasen zeigte; es lasst sich ohne Verlust der Aktivititt filtrieren, kurzes Kochen, Miaeralsauren, ein tJ'berscbuss yon tt~ 02 setzen sei,le Aktivitat herab usf. Andere Eisencyanverbindungen sind ahnlich, aber weniger wirksam. Nach S t o e c k l i n ~) kann auch Eisentannat wie eine Peroxydase wirken, z. B. Guajako] und Tyrosin oxydieren. D o n v - H d n a u I t 4) hat ebenfalls verschiedene Methoden angegeben, um kiinstliche Peroxydasen herzustellen. Eine sehr wirksame Methode soll die ~) ~iinch. reed. Woch., 1905~ Nr. 36. 2) W o lff. ,Sur quelques peroxydiastasesartificielles; du rSle capital du fer dans leur action." Compt.R. Acad. Sc., 1908, Bd. 146, S. 781 und 1909, Bd. 149, S. 1217. a) St.oecklin. ,Sur une nouvelle peroxydase artificielle." C.R. Acad Sc., 1908, Bd 147, S. 1489. ~) D o n y - H d n a u l t . ,Contribution ~ l'~tude m~thodique des oxydases." Ac. R. de Belge, Bull. Ac. d. Sc., 1908~ S. 105.
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folgende sein. Eine L6sung yon 10,0 gr Oummi arab., 1,0 gr ameisensaures Manganoxydul, 0,4 gr krystallisierte Soda in 50 ecru Wasser wird dutch Alkohol gef~llt, filtriert, von neuem in Wasser gel6st, filtriert lind gefifllt, l)ieses Prctzipitat, gewaschen und getrocknet, stellt eine aktive kiinstliche Phenolase dar. D o n y H61~ault ist also nicht der Ansicht yon B e r t r a l l d , dass ausser dem Mangan ein ovganisches Shureradikal zur Fermentwirkung n6tig ist; nach ihm existiert iiberhaupt keine Oxydase. sondern mlr eine Mangauwi~'kung in Gegenwart yon Alkali. Von hier ausgehend kritisiert l ) o u y - H 6 n a u l t die ganze bisherige Oxydasenlehre, die ihm auf schwachen Fiissen zu stehen scheint. Bei allen sonstigel, Ferme~tell kennetl wir ihre Wirkung auf ihre m~ttirlichet~ $ubst~'ate, so die tier Diastase aut Stsrke, die der Invertase ~uf Rohrzucker. Von den Oxydasen dagegen kennt man bisher mlr ei~te Wirkung auf willktirlich ge~viihlte Substanzen wie Guajakol, Hy(h'ochinoll etc. Die ersteren seiel91daher allein spezifische E~lzwne. die letzte~'en ,h,,~,,,.e~ nicht yon spezifischer: sondera rOLl allgemeiner Wifl
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P.G.
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die natfirlichen Fermente ihre Wirksamkeit auch nur ihrem colloidalen Zustand und die dadurch bedingte sehr grosse Oberflache, genau so wie die ,anorganischen Fermente". Die weite Verbreitung der H~O~ in Wasser und inaktiven Sauerstoff zersetzenden K a t a l a s e n bei Pflanzen und Tieren nachgewiesen zu haben, ist ein Verdienst von Loew.2) Das ubiquitare Vorkommen dieses Ferments nahezu in jeder lebenden Zelle deutet auf eine Wirkung allgemeiner Art und L o e w findet diese in der Funktion, die Zelle yon dem wie ein Gift wirkenden Ubermat~ der in ihr gebildeten Peroxyde (und H~ 0~) zu befreien und den resultierenden Sauerstoff f~ir die Atmung des Protoplasmas zu gewinnen. Fiir diese Ansicht k~)nnte ein Befund voH t t e r l i t z k a ~) angeffihrt werden, nach welchem bei steigender Konzentration der Katalase auch die Konzentration der t'eroxydase steigen muss, um eine Oxydation herbeizuftihren. Katalase schfitzt also vor dem Ubermal~ der Peroxyde. J~hnlich sprechen sich S c h a f f e r , B a c h und C h o d a t , Wo. O s t w a l d , B a t e l l i und S t e r n aus. Die letzteren Autoren 3) fanden eine Reihelffolge der Organe in bezug auf ihren Katalasengehalt (Leber, Bhlt am reichsten, Gehirn und Muskeln am armsten), die eine bemerkenswerte Ub~reinstimmung mit der Organreihe des Oxydasengehaltes zeigt. Die Katalasen sind nach ihnen an die Gewebe selbst gebunden, wahrend Leukocyten und Lymphocyten, Lymphe, Speichel, Galle und Harn keine Katalase oder nur Spure,~ davon enthalten. Beim Embryo und iNeugeborenen ist noch we~lig Katalase vorhanden; ihre Menge wachst rasch nach der Gebult. Be r g e n g r f i n * ) verdanken wir den ~'achweis der wichtigen Tatsache, dass das Hamoglobin des Blutes katalasefrei ist und die Katalase nur am Stroma der BlutkSrperchen haftet. Bekanntlich gibt das Hamoglobin start dessen Oxydasereaktionen. ~) L o e w. ,Catalase, ,~ new enzyme of general occurrence." Rep. 68. U. S. Dept. of Agricult., Washington 1901, S. 47. "-') H e r l i t z k a . ,Rieerehe sulla catalasi; sull antagonismo t r a earnlasi e perossidasi. ~ Rend. So. ReM &cad. Lincei 1907, Bd. 16, S. 473. a) B a t e l l i et S t e r n . ,Riehesse en catalase des diff~rents tissus des animaux. ~ Compt. Rend., Bd. 138, S. 923. ~) B e r g e n g r fin. ,lJ-ber die Weehselwirkung zwischen tt~ O~ und verschiedenen Protoplasmaformen. ~ Diss. Dorpat., 1884.
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S e n t e r ~ ) : V i l l e und M o i t e ~ s i e r konnten diese E n t deckung yon B e r g e ~lg r t i n bestatigen. Nach S e n t e r wirken Jod, Sublimat und Schwefelwasserstoff als Gifte auf Katalase; Formalin, Kohlenoxyd und Arsenik d~gegen nicht. Nach anderen Autoren sind auch Chloroform, Bl~msaure, Cyankalium~ Hydroxyl~min und Eisensalze giftig. Die Abspaltung des St~uerstoffes ~tus H~ O~ dutch Kat~dase~ geht nach T 1"a u b e so vor sich : H-- O--O--H~=H--O-H/§ H--O--O--H~ H--O--HI nach B r e d i g dagegen einfach so :
H~ ().2 = H20 + (() =). L i e b e r m ~ n n nimmt eine stufenweise Oxydation ~tn : K(atalase) ~- H~ O~ = KO § H._,0 KO~-H~O.,= K+H~()+(O=O). K a s t l c und L o e w e n h a r t wiedernm sind gcneigt, die Katalasen sich wie die Pcroxydasen mit H-.,O., zu unbestii.ndigen, oxydierenden I,:omplexen verbinden zu lassen, die g(;w0hnlich molekularen O~ abspalten: K(atalase) § (H.~()~) ~ = K 4- (H,O)~ + {() = ()), abet unter Umstanden auch oxydativ wirkcn: K+2(H~O~) =K+ 2 (n,., O) + ( - - O - - 0 - - ) . E n gl e r und H e r z o g endlich nehmen mtr die erstgenannte Zersetzung an, denken sich z~ber ebenf~lls als primaren Vorgang eine Peroxydbildung : () -- ()H I( + H~ 0-~ = K ~ H (Katalasenperoxyd~. 0 - - OH 2K~H = 2K !2H~O+ (0=0). Nach B a c h und C h o d a t sollen durch die Katalasen tier Gewebe nut die tiberschtissigen und daher giftigen Peroxyde zersetzt werden, nicht abet die ffir die regul;tre Oxydation der Gewebe notwendigen. S e n t e r dagegen, welcher aus Rinderblut reine Katalase (tti~mase) darstellte, beansprucht sie zur ZerstSrung yon dutch 0xydasen erzeugten Oxydationsprodukten, die auf die weitere Oxydation hemmend wirken k0nnen. L e s s e r wiederum i) S e n t e r . ,Das Wasserstoffsuperoxyd zersetzende Enzyme des Blutes." Zeitschr. f. physikM. Chemie, Bd. 44, S. 257 und Bd. 51, S. 673.
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erkennt keine entgiftende Funktion der Kataiase an. E w a l d 1) schliesst sich ihm an und vindiziert wenigstens der Blutkatalase eine andere Funktion. Sie soll namlicb aus dem Oxyhamoglobin aktiven Sauerstoff abspalten (s. o. K a s t l e und L o e w e n h a r t ) . B a c h spricht sich neuerdings folgendermassen fiber die Funktion tier Katalase aus: ,Als das haufigste Umsetzungsprodukt der organischen Peroxyde, die bei der tangsamen Verbrennmlg yon leicht oxydierbaren organischen Stoffen entstehen, tritt Hydroperoxyd auf, das in gewissen Fallen auch primar sich bilden kann. Unter Umstanden k(innte sich daher Hydroperoxyd in der Zelle anhaufen und wegen seiner grossen Diflhsibilitiit die empfindlichen Anteile der Zelle schadigen. Um dieser Gefahr zu begegnen, produziert die lebende Zelle ein echtes Schutzferment - - die Katalase ~ die Hydroperoxyd mit gr6sster Energie in Wasser und i n e r t e n Sauerstoff zerlegt. H0chst bemerkenswert ist abet bier, dass bei Anwesenheit yon oxydierbaren Substraten e i n e V e r t e i l u n g des Hydroperoxyds zwischen Peroxydase undKatalase stattfindet. Die Katalase verhindert also nicht die Verwertung des tlydroperoxyds durch die Peroxydase ffir Oxydationszwecke, sie fungiert nur als R e g u 1a t o r der Oxydationsprozesse."
XI. D a s W e s e n der S a u e r s t o f f o r t e in d e n K e r n e n . Uberblicken wir die ganze Entwicklung~ welche die Oxydasenlehre neuerdings genommen hat. so lasst sich nicht verkennen, dass an die Stelle geheimnisvoll waltender, chemisch undefinierbarer ,Fermente ~ allmahlich doch schon greifbarere, wenn auch zum Teil sehr komplizierte chemische Vorgange getreten sind. Die meisten neueren Forscher sehen das Wesen der Oxydasen in leicht sich bildenden und wieder zerfallenden Peroxyden (Peroxydttleorie) und einige legen viel Gewicht auf einen stabileren, meist ein unorganisches Element (Eisen, Mangan) enthaltenden Kern desselben, dem die Sauerstoff anziehende und aktivierende Kraft zuzuschreiben ware. 1)E w a 1d. ,Die Physiologieder oxydierendenBlutfarbstoffe.~ P fl ii g e r s Archly: 1906, Bd. 116, S. 334.
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Diese Anschauung nahert sich, wie man sieht, sehr der oben aust'tihrliclmr mitgeteilten S p i t z erschen Theorie, nach welcher die Oxydationsvorgitnge in tier tierischen Zelle tier Hauptsache nach an ein eisenhaltiges Noldeoproteid gebunden sind. Es erhebt sich mithin f(ir uns die l"n~ge, ob in den mittelst I~ongalit~eiss gefw~denen s i c h e r e n Sauerstofforten des (i;ewebe~ (Kernen) Eisen (Mangan) nachweisbar ist. Nun ist in der Tat sctmn vor lttngerer Zeit durch sehr sorgfiiltige Untersuctmngen yon A. B. M a c a l l u m ~) dieser Nachweis ftir die K e r n e geliefert. Angeregt durch den Nachweis B u n g es, dass im Gelb des Htihnereies ein eisenhaltiges Nuklein vorkommt, welches dieser uegen seiner gemutmassten Bezielmng zur Blutbildung Htunatogcn mmnte, untersuchte M a c a l l u m das K e r u c h r o m a t i n mittelst 5chwefelammoniunl auf einen etwaigen Eisengehalt. In der Tat gelang es ihm, an sicher hamoglobinfreien (~eweben (Hautepithel der Amphibie.n untl Fisehe, Cornea und Knorpel w)n Wirbeltier(;n) die Kerne im nfikroskopischen Pr~tl)arat blaugrtin zu fiirben, l)ensell)en Naehweis fiihrtell auf M a c a l l u m s Veranlassung B e n s l e y fiir die Kerne yon ['flanzen (Pollen). Me. K e n z i e fttr die Kerne yon Pilzen uud Algen. 5chnittt~ yon bluthaltigen (Jeweben mttssen (,rst durch die B u n g e s c h e Mischung (90 Vol. yon 9 6 % Alk()h()l, 10 Vol. von 2 5 % HCli von unorganischen Eisenverbindungen mid EisenEiweissverbindungen befl'eit werden. I)as 5chwefelammonium muss fl'isch bereitet und daft nicht gelb scin. M0glichst wenig Gewebe wird mit einem Tropfen desselben bedeckt und, durch Glycerin yon der Luft abgesperrt, 3 Tage bis einige Wochen bei 60 o in feuchter Kammer gehalten. M a c a l l u m kommt zu dem Schlusse: ,As the oxygen-carrying property of Haemoglobin is generally attributed to the presence of iron in it, we ma.v ask ourselves, wether the chemical processes in the chromatin of the living cell are due to a constant alternation of the oxydised and reduced conditions of the iron in the chromatin molecule. As haemoglobin results from degeneration or disintegration of chromatin, we would naturally expect to find in it one or other condition specially prominent. The ~) k . B. M a c a 11 u m. ,,On t h e demonstration of the p r e s e n c e of iron in Chromatin by micro-chemical methods " Proc. g. Soc., 1891/92, Bd. 50, S. 277.
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more stable condition is that of oxydation. It is possible, that in living chromatin the conditions are more readily interchangeable, and that therein lies a basis for a theory of those chemical processes of the cell, which are grouped under the term ,vital'." In einer sphteren Arbeit fiber denselben Gegenstand fasst M a c al I um 1) die Resultate seiner fortgesetzten Untersuchungen dahin zusammen, dass alle tierischen und pflanzlichen Kerne te~t gebundenes Eiseu enthalten. Die Nukleolen enthalten eine andere. an Eisen weniger reiche Substanz. Auch das [)rotoptasma fermentbildender Zellen der Metazoen mid Protozoen lasst die Gegellwart yon fest verankertem Eisen erkemlen. Bei Bakterien gelang, wohl wegen ihrer Kleinheit, mit eiHer Ausnahme der Nachwei.~ einer organischen EisenverbiHdung nicht, wohl abet" in dem chromophilen Tell der zentralen Substallz der ('yanophyceen. Nach den sich ergttnzenden Untersuchungen yon S1) it z e r nnd M a c a l l u m haben wit" mithin, falls die Oxydatioll durch den Kern auf dem Vorhandensein einer Oxydas(; beruht, diese als (:in sogenauntes ,mineralisches Ferment", als einen eisenh;dtig(;,~ organischen Katalysator zu betrachten. Das Eisenmolekfil. welches im lebenden Kern hiernach die Rolle eines Ferme,ltes spielen wfirde, ist ungewShnlich fest an das Eiweissmolektil des Kernchromatins gebunden, ein Umstand. der allerdings /iir dell KerH als Sauerstoffzentrum und damit ffir das ganze Leben yon ungemeinem Wert ware. Denn er wfirde die Dauerhaftigkeit dieses wichtigsten Sauerstottbrtes besser als irgend eine rein (~rganische und daher sehr labile Oxydase garantieren. Aber ich wiederhole: stalls die Oxydation durch den Kern auf dem Vorhandensein einer Oxydase beruht." Nicht ohne Gruud babe ich die Ursache der Sauerstoffabgabe des Kernes yon Anfang an gauz bei Seite gelassen und ftir den Oft der Sauerstoffabgabe den ganz indifferenten und nichts prQudizierenden Ausdruck: ,Sauerstotibrt" gewahlt. Denn die Sauerstoffanhaufung und Sauerstoffabgabe an ganz bestimmten Orten des Gewebes (Kernen, MastzeUen) bleibt als Tatsache bestehen, auch wenn unsere Vorstellung vom Wesen dieser Vorgange wechseln sollte. ~) Macallum, A.B. ,Distribution of assimilated iron compounds in animal and vegetable cells. ~ Proc. R. Soc. London, LVII, 1895, S. 261.
P~eduktionsorge und Sauerst~fforte rtcs tierischen Gewebes.
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Die bisher aber die Darstellung der Sauerstoflbrte bekannten und yon mir im Kapitel: ,,Kritik der Methode:' gewfirdigten Tatsachen machen allerdings alas Vorhandensein einer Oxydase im Kern in hohem Grade wahrscheinlich, l)ahin rechne ich in erster Linie die grosse Labilit~it der Sauerstoflbrte und ihre Beeintrrmhtigung durch alle Protoplasmagifte. Bestande im Kerne lediglich eine an Sauerstoff reiche und Sauerstofl leicht abgebende Verbindung, so w~ire nicht abzusehen, weshalb dieselbe ihren Sauerstoff nicht mehr an Methylenweiss abgeben sollte, nachdem sie erhitzt oder mit BlauslXure oder Carbolshure in Berfihrung gekommen ist. Es wttre weiter kaum erklarlich, weshalb einer solchen Verbindung bereits durch Alkohol und Neutralsalze alas OxydationsvermOgen genommen werden k6nnte. Auch die spezifische AbtStung ties Sauerstoffortes hn Kerne durch Formalin ware schwer zu verstehen, klle diese 'l'atsachen scheinen mir besser mit der Almahme einer Oxydase im l(erne vereinbar zu sein, wc.lche kefimn 5auerstoff abgibt, abet den ihr zngeftihrten molekularen ~auerstoff zur Blituung des Methvlenweiss in aktiven Sau~wst(>ff umwandelt. In (tern oben angeftihrten Kapitel habe ich einige Versuche mitgeteiit, aus denen hervorgeht, class in einem sauerstoffreien Medium keine Blimnng der Sauerstoflbrte stattfindet, die jedoch sofort eintritt, sowie man molekularen Sauerstoff zu dem Sehnitte hinzutreten litsst. Diese zwei Iieihen von Tatsachen beweisen, wie mir scheint, unwiderleglich, class wit es in den $auerstott'orten nieht mit Sauerstofliluellen, sondern mit Sauerstoff-Katalysatoren zu tun haben. Diese kOnnen einheitlicher oder an den verschiedenen Sauerstottbrten verschiedener Natur sein. Die Kerne beherbergen jedenfalls einen eisenhaltigen organisehen Katalysator. Weleher Art die Sauerstoflorte in den Mastzellen, den polymorphkernigen Leukocyten und Lymphoeyten, den Drtisenzellen und Plasmazellen sind, mtissen kanftige Untersuehungen lehren. Dass an samtliehen Sauerstoflbrten des tierisehen Gewebes K6rper wirksam sind, die nieht nut die Rolle einer Oxydase, sondern ebensogut aueh die einer Peroxydase spielen, geht ja schon daraus hervor, class die EntwicMung der 8auerstoffbilder im allgemeinen dureh H~O~ bedeutend verst~trkt wird. Sei es also, class die Lymphe die Sauerstofforte mit molekularem Sauerstoff Archly f. mikr. Anal, Bd. 78.
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oder Wasserstoffsuperoxyd besptilt, sie werden immer aktiven Sauerstoff daraus ftir das Gewebe frei machen kOnnen. XII. ~ber den Sauerstoffstrom des tierischen Gewebes. Dieses Schlusskapitel mSge yon jedem Leser ruhig iiberschlagen werden, welcher an reinen Tatsachen sein Geniige findet. Ich habe es nur zur Kl~trung meinev eigenen Ideen niedergeschrieben und wiirde es nicht verSffentlichen; wenn ich nicht d~tchte, dass doch m~tncher Leser sich in meiner Lage befindet und fiber das Tatsachenmaterial der Sauerstofibrte hinaus zu einer Anschauung tiber die Sauerstoffbewegung im Gewebe gelangen mSchte. In dieser Beziehung stehen wir n~imlich vor einer Reihe noch ungelSster R~tsel. Niemand zweifelt daran, dass die roten BlutkSrperchen verm0ge ihres Hhmoglobingehaltes der Luft Sauerstoff entnehmen und ihn den Geweben zutragen. Und doch wissen wit schon dutch S ch 5 n b e i n s Guajak-Versuche, und alle sp~teren Untersucher haben es mit feineren Sauerstofl'reagentien bestatigt, class - - irn Gege~lsatz zum freien H;tmoglobia -- d a s n i c h t gesch~digte roteBlutkSrperchen keinetl freien Sauers t o f f e r k e n n e n l~tsst. Meine Untersuchungen mit Rongalitweiss haben diese Tatsache ausgiebig best~ttigt. Weder in den Geweben noch im freien Zustande wird Blut dutch Rongalitweiss gebl~tut, solange die Blutk0rperchen intakt sind. Aber es gentigt der Zusatz you etwas destilliertem W~tsser, um sofort eine intensive Blhuung hervorzurufen. Unter dem Mikroskope sieht man dann, wie die BlutkSrperchen in demselben Marie, wie sie zur Kugel aufquellen, sich immer tiefer blauen. Wenn das B|ut lackfarben geworden ist und alles H~moglobin sich gelSst hat, wird es durch Rongalitweiss tiefdunkelblau geff~rbt und unter dem Mikroskop sehen wir nur noch eine klare, blaue Fl~ssigkeit; in welcher die Reste der Stromata ungefarbt herumschwimmen. Es muss mithin tier Einfluss des Stromas auf den Hi/moglobingehalt des roten BlutkSrperchens sein, welcher das wichtige Resultat zur Folge hat, dass der vom BlutkSrperchen in den Lungencapillaren aufgenommene Sauerstoff sicher verwahrt uud unversehrt bis in die Gewebscapillare transportiert wird. Der Wert der Tatsache, dass die Elwthrocyten keinen freien Sauerstoff besitzen, leuchtet uns also wohl ein u n d e s lasst sich
Reduktionsorte und S;ulerstofforte des tierischen Gewebes.
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auch begreifeu: dass aller freie Sauerstoff, tier in der Lungencapillare an die Blutk0rperchea gelangt, yon diesen so gebundeu wird. dass er durch Reagentien auf freien Sauerstoff nicht mehr nachweisbar ist. Um so unverstitndlicher uird aber daml die Hauptfunktion der roten Blutk0rperchen, dem Protoplasma $auerstoff abzugeben. Ein zweites Riitsel finden wir in dem vom Blute aus reichlich uM kontinuierlich mit Sauerstoff gespeisten Protoplasma, welches lausser in der Kernnithe) keinen fi'eien Sauerstofl~ dagegen Reduktionswirkungen aufweist. Das eigentliche Protoplasma (Spongioplasma) reduziert, wie ich gezeigt habe, stets kraftig: und das Protoplasraa ais Gauzes oxydiert nur an bestimmten Orten durch seine Eirdagertmgen (Gramda. Oranoplasma) oder den Einiiuss des benachbarten Kernes. I)ritteus muss die T~tsache doch Verwunderurlg erwecken, dass gerade die Kerue, welche vom freien Sauerstoff der Lymphe am weitesten entfernt uud am ungtinstigsten gelagert sind, am meisten umt best~mdig freien ~auerstoff enthalten. Wie gelangt der letztere zu den Kernen dutch das stark reduzierende Protoplasma hindurch und zwar konstant? Diese drei grossen Ratsel betrcffen, wie man sieht, eiuerseits die t ~ e w e b s z e l l e , andererseits das r o t e B l u t k 6 r p e r c h e n . Beide Systeme wirken in selbstSndiger Weise und mtissen daher gesondert betrachtet werden. Sie zeigen nur insofern eine Analogie, als bei beiden der Bau ebenso kompliziert ist wie die Wege des Sauerstoflbs im~erhalb desselben. Im tibrigen abet sind sie total verschieden. I)as rote Blutk6rperchen ist beweglich und zeigt zwei fortdauernd mitebmnder abwechselude P h a s e t l d e s O r t e s . Einmal in der Lungencapillare, wo es in Sauerstofftiberfluss schwimmt und dann in der s~merstoffarmen Gewebscapillare. Die ganze Sauerstoffbewegung im Innern des roten Blutk(~rperchens muss dieser Grundverschiedenheit des i~usseren Mediums in den beiden (irtlichen Plmsen entsprechen. Bau und Bestandteile der Erythrocyten mtissea der Bedingung angepasst sein, dass das ganze System in wenigen Sekunden zwischeu Sauerstoffmast und Sauerstoffarmut hin und her pendeln kann. Die Gewebszelle ist unbeweglich in einem bestimmten Organe fixiert und zeigt daher nur am selben 0rte zwei miteinander 5*
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P. (;. Unn,~:
abwechselnde Sauerstoffphasen, die aber mit ahnlicher Oeschwindigkeit wechseln, da jede Pulswelle ein neues Maximum des Sauerstoffgehaltes herbeifiihrt. Hier ist nun der mitbestimmende Faktor die a l k a l i s c h e R e a k t i o n d e r L y m p h e , welche die saure Reaktion des Protoplasmas lmrabzusetzen strebt. Jede PuIsweUe teilt sich dec die Zelle umsptileuden Lymphe als eine Sauerstoffwelle mit, deren GrSsse zunachst yon der Zelle, die sie trifft, unabhangig ist. Das Eindringen de~' Sauerstoffwelle ill die Zelle ist aber wesentlich mit yon dem Grade der vorha~ldenen Sauru~g des Protoplasmas abhltngig ulld damit yon dem Einfiuss, den die stets alkalische Lymphe auf das stets saure Protoplasma ausiibt: es ist um so gr6sser, je bedeutender dieser Einiiuss ist. I)ie Phase der Sauerstoffbewegung in der Zelle ist also auch mit der Pulswelle synchron, die H0he der Sauerstofi\velle ist aber nicht wie bei den roten BlutkOrperchen tiberall dieselbe, sondern je nach der Zellenart und Zellenlage verschieden. Zwischen diesen beiden Systemen: Zelle und Erythrocyt sind nun als wichtige Sauerstofftritger: B l u t p l a s m a und G e w e b sly m p h e eingeschaltet, die unter sich allerdings in manchen Punkten verschieden sind (Fibringei~lt), flit unsere Betrachtung aber wohl als ein einheitliches, drittes System zusammengefasst werden k0nnen. Blutplasma und Gewebslymphe enthalten an und ft'tr sich keinen aktiven Sauerstoff, aber sie sind ia Kontakt mit Zellen, welche molekularen Sauerstoff aktivieren k6nnen. Das sind im Blutplasma die Leukocyten (und Lymphocyten), im Gewebe dagegen die M a s t z e l l e n , welch letztere einerseits die Blutcapiliaren umgeben, andererseits noch einmal die epithelialen, mit Sauerstoff hauptsachlich zu versorgenden Organe umscheiden und dazwischen in geringerer Menge im Bindegewebe verteilt sind. Die Funktion, den molekularen Sauerstoff des Blutplasmas bestandig zu aktivieren, ist auch sicher eine hshere Aufgabe der Leukocyten, als die ihnen heute meistens zugeschriebene eines lediglich schtitzenden Reservecorps ftir vielleicht eintretende Notfalle. ') So werden Leukocyten und Mastzellen, deren k o n t i n u i e r l i c h e Funktion bisher gleichermassen in Nacht gehtillt ,) Ubrigens erkli~rt sich die nicht unzuzweifelnde e lOi s o d i s c h e Bedeutung der Leukocyten als Schutzzellen auch auf befriedigende Weise zum Tell aus ihrem Oxydasengehalt, indem sie aktiven Sauerstoff an die durch chemotaktisch wirkende Toxine gefii,hrdeten Orte des Gewebesbesorgen.
Rednktionsorte und Sauerstofforte des tierischen Gewebes.
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war, durch eine einheitliche Betrachtung des Sauerstofl'stroms zum erstenmal als notwendige Glieder eines komplizierten Systems yon 5auerstofl'orteu erkam~t, welches ran'. wenn alle Glieder funktioniel'en: im richtigen Gange bleibt. W~ihrend dergestalt die I,'unl(tion des intermedittren Sauerstofftrt~gers einigermassen geldttrt ist, vermag ich die Riitsel tier beiden Systeme: Zelle und Erythrocyt nur zu 16se, dutch Annahme einer H y p o t h e s e. welche ich vorderhand atts Mangel an einer ausreichenden Methodik nicht experimentell beweisen kann. l)iese Hyl)othese lautet ftll' die Zelle: D e r K e r n d e r Z e l l e e n t h i i . l t k e i n e K a t a l a s e . ~) Es ist bekannt, dass jedes Protoplasma Katalase enthSlt. Senkt man eir~ mit H~()~ geftilltes Reagierr/3brehe~) umgekehrt in eine 8ehale mit H~Oe ulld bringt unter das ROhrehen ein 5t{iek eines beliebigen tierisehen Organs, so entwiekelt sieh sofort molekularer ()-.,. An der Setmettigkeit uud bei gleieh schweren t;ewebsst(iekcheli ;tit der ill Clef Zeiteinheit entwickelten Menge veil ()2 kann nlan leicht eine S](ala des l(atalasengehaltes der verschie&,ueu ()rgane .'utfstelh, n. Ich tktnd denselben ziemlicil proportional dem I~ e d it k 1;i o 11S Ve 1'lit {}g eil der ( )rgane, nii.mlieh am stitrk.-ten in 3h>keln. Haut und Leber. Um den ,";auerstott]strom in der Zelle zu erkl~it'en, mache ieh also ftir deu Kern die Annahme, dass er sieh vor dem Protoplasms dutch einen M a n ~,el a n K a t a la~ s e auszeielmet, dass er in del' Zelle yon dem allgemeinen Gesetz ties Katalasegehaltes des tierisehen Gewebes ausgenomlnen ist. Gibt man diese e i n e Annahme vorderhand zu. so erklltrt sieh der anscheinend paradoxe Sauerstoffstrom in Zelle und Kern ohne weiteren Zwang: Die aktiven Sauerstoff als Hydroperoxyd enthaltende Lymphe tibersehwemmt des Zellenprotoplasma yon tier Aussenseite her, so beispielsweise das sieh nicht mit RW blttuende, abet wohl mit Kali hypermanganieum britmiende Protoplasma einer grossen, mittleren Staehelzelle oder einer Epithelzelle tier gewundenen Andererseits abet dienen sie umgekehrt als sauerstoffgesgttigter Nghrboden f(ir solche 0rganismen, die sauerstoffbedfirftig uad selbst stark sauerstoff]mltig sind, wie z. B. die mit RW dunkelblaa sich f'~rbenden Gonokokken. ~) Des Nuklein und die ~ukleinsgure des Handels enthalten nach meinen Versuchen keine Katalase. Diese Tatsache beweist allerdings nichts far meine Hypothese, widerspricht ihr aber ~uch nicht.
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i:'. G. U n n a :
Harnkanitlchen. Das stark reduzierende Protoplasma dieser Zcllen nimmt sofort einen Tell des durch die Lymphe zugefiihrten aktivell Sauerstoffes ftir sich zu seiner eigenen Verbrennung in Anspruch. Dieser Anteil wird nach den Untersuchungen vot~ B a c h u. a. nicht yon der Katalase des Protoplasmas in Beschlag genommen. Ein anderer Tell, beispielsweise die Hitlfte, wird yon der Katalase des Protoplasmas seiner Aktivitat beraubt und als unbrauchbarer Rest yon molekuIarem Sauerstoff nach Durchw~mderung des Protoplasmas an dessert Innenseite abgegeben. Hier kommt der restliche molekulare Sauerstoff des Protoplasmas in Kontakt mit der Peroxydase des Keraes, wird wieder in aktiven Sauerstoff umgewandelt und - - d a d e r K e ru (nach meiner Hypothese) k e i n e K a t a l a s e enthittt,~ufgespeichert. So verh,~lt sich der Sauerstoffstrom in der Zelle im allgemeinen. Im speziellen kommen aber viele Varianten vor~ die einerseits mit dem relativen Protoplasma- und Kern-Volumen. andererseits mit spezifischen Reduktions- und Sauerstoff-Orten ilmerhalb des Zelleibes zus,~mmenhimgen. Wird die Alkalesce~z der Lymphe in volumin6sen oder saute Produkte speichernden Protoplasmen vSllig neutralisiert, so erh~tlt sich der Zustand hoher Sauerstoffspannung im Kerne unverandert und wir haben das Bild yon aktiven sauerstoffhaltigen Kernen inmitten eines reduzierendeu Protoplasmas wie in den eben genannten Beispielen. Handelt es sich aber um geringe Protoplasmamengen (schmale Protoplasmasaume) und relativ volumin6se Kerne, so kann die alkalische Lymphe ohne v(illige Neutralisation bis zum Kern gelangen, der Sauregehalt des Protoplasmas nimmt ab und fiberschtissiger aktiver Sauerstoff dringt vom Kern aus zurfick in das Protoplasma. Besteht dieser Zustand minderer Sauerstoff spannung im Kerne andauernd, so kommen wir zum Typus der Epithelien der geraden Harnkanalchen und der Ausftihrungsgiinge der Kuhueldriisen mit stets sich blauendem Protoplasma. Diese Rolle der alkalischen Lymphe bei der Sauerstoffversorgung der verschiedenen Zellenarten wird sehr anschaulich am toten Material demonstriert durch den Wechsel der Blauung in den auf Sauerstofforte gefarbten Schnitten, wenn man sie nachtraglich in saures oder alkalisches Wasser bringt. In saurer
Reduktionsorte und 8,~uerstofforte des tierischen Gewebes.
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Umgebung beschr~mkt sich die Blgmung stets auf die Kerne, in alkalischer diffundiert sie aus den Kernen in das Protoplasma. Haben wir welter, t~hnlich wie im Kerne, katalasenfreie (peroxydasenhaltige) Orte wie Granula, Granoplasma etc. im Zelleibe, so speichert sich auch hier aktiver Sauerstoff wie im Kerne auf, so in den Mastzellen, Plasmazellem l)rtisenzellen, Leukocyten, Lymphocyten. Hiernach waren also ganz im a l l g e m e i n e n Reduktionsorte des Gewebes solche (_~ewebselemente, welcheKatalase, abet keine Peroxydasen enthalten, Sauerstofforte solche, welche Peroxydasen, abet keine Katalase enthalten. Ist diese Anschauung richtig und bewi~hrt sie sich hauptst~chlich bei einer irgendwie ermOglichten Untersuchung isolierter Kerne auf etwaigen Mangel ~xn Katalasegehalt. so hat das System: Zelle--Kern nur das wm aussen in der Lymphe herangebraehte Perox)'d nOtig, um in automatischer Weise durch die Verteilung (let' Katalase uud Peroxydase die richtige 8peicherung des S~merstoffes zu erm0giichen. I)anu ist die l)arad(~xie dieses Systems beseitigt; wit vm'stehen (lie Ir des ['rotoplasmas ebensogut wie die 8auerstoflspeicherung des l(ernes. In den kernl()sen roten l~[utkOrl)(trehen *) besitzt ([as Hsmoglobin die sauerstoffspeichernde Kraft des Kernes. das Stroma den Katalasegehalt des Pr()t(~plasmas. 8olange das Hiimoglobin vom Stroma allseitig umsehlossen wird, verhindert die Katalase des Stromas das Auftreten yon aktivem 5auerstott' in diesem System, trotzdem in den Lungencapillaren reichlieh molekularer 8auerstoff in das Blutplasma eindringt und hier von den Leukocvten aktiviert wird. Ein Tell dieses aktiven 8auerstoffes maeht, das zarte 5troma tiberflutend, aus dem Hiimoglobin das Peroxyd: Oxyhiimoglobin, ein anderer Tell wird bei dieser Passage yon der Katalase des 8tromas in inaktiven, molekularen Sauerstoff verwandelt und in alas Plasma abgestossen. Im Augenbliek, in dem das Blutk0rl)erchen die Lungeneapillaren passiert und das Blutplasma an aktivem 8auerstoff reich ist, kann der Katalasegehalt des Stromas nur einen geringen Tell des zustr0menden Sauerstoffes an der Oxyhamoglobinbildung ~) Die Kerne des Vogelblutes sind ebenfalls hervorragende Sauerstofforte wie die Kerne im allgemeinen.
Sie fgrben ,~ich mit RW dunkelblau.
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P.G. Unna:
hindern und dem Blute in katalysiertem Zustande tiberliefern. Er kann nur soviel erreichen, dass n a c h a u s s e n am Blutk6rperchen kein aktiver Sauerstoff erscheint : s i e k o n s e r vi e r t nur dasPeroxyd iminnern desrotenBlutk6rperchen~. Im Augenblick dagegen, in welchem das rote Blutk(irperchen die Gewebscapillare passiert und das Plasma arm an aktivem Sauerstoff ist, wird die Katalase des Stromas mlichtig und st0s~t die gesamte Masse des im Innern des Erythrocyten aufgespeicherten aktiven Sauerstoffes als molekularen 0.~ ill das Plasma ab. Hier wird er zuerst yon den weissen Blutk6rperchen, sodann in der Gewebslymphe yon den Mastzellen reaktiviert und in diesem Zustande dem Protoplasma der Zellen zur weiteren Bearbeitung zugeftihrt. Ich will aus begreiflichen Grtinden an dieser Stelle nur ein aUgemeines Schema entwerfen, wie ich mir den Sauerstoffstrom im Gewebe nach meinen histologischen Befunden denke und verzichte darauf, dieses Schema im einzelnen welter auszuffihren. Dasselbe beruht im Gegensatz zu allen bisherigen Vorstellungeu (s. das Kapitel : Die oxydierenden Fermente), welche die biologischen Funktionen der Peroxydasen und Katalasen nut nach Massgabe chemischer Tatsachen ganz ira allgemeinen zu charakterisieren versuchten, auf der L o k a l i s a t i o n der Reduktions- und SauerstofforteimhistochemischenBilde. Eswardabei nicht zu vermeiden dem besonders unklaren Faktor, der Katalase. eine ganz bestimmte und zwar so wichtige Funktion anzuvertrauen, dass ihre • an einem und Abwesenheit am anderen Orte das ganze automatische Spiel des Sauerstoffstromes zur Folge hat. Allerdings wird damit das Aschenbri~del der heutigen Oxydasenlehre zur Prinzessin erhoben. Aber mit dieser e i n e n Hypothese wird auch tier ungemein lange und komplizierte Weg des Sauerstoffes von der Lungenalveole his zum Kerne einigermassen klar und verstandlich. Sodann ist noch folgendes zu bedenken. Die Art der Sauerstoffversorgung der Zelle ist eine recht schwankende. Die mit dem Blutstrom ankommende Sauerstoffwelle folgt einer komplizierten, aus Atem- und Pulswellen kombinierten Kurve. Diese wird ausserdem yon einer Menge weiterer Faktoren, wie ausserer und innerer Temperatur, Kontraktionszustand der Blutgefasse, H~ihenlage des Organs, Hamoglobingehalt usf. in positivem und negativem Sinne beeinfiusst.
Reduktion.~orte und Sauerstoffurte des tieri.~chen (~ewebes.
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Es st~mde um die ~auerstoffversorgung der Zelle schlecht, wenu sie auf die zufMlige Endsumme aller dieser Faktoreu ill jedem _~Iome~2te allein angewiesen ware. Viel wahrscheinlicher ist es, dass (lie Zelle sich auf den Sauerstoffgehalt eines Stausees in nachster Ntihe verlassen lialln, welcher die extremen Schwa~kungen des S~uerstolfstron,es auszugleichen vermag. I)am~ ist aber auch die Sauerstoffbildmlg der Zelle als eiue nut ~venig um die physiologische Gleichgewichtslage bin und her peHdelmle (;rOsse zu betrachten, die, in betrtichtlichem Mage unabhtmgig von dem yon aussen zugeftihrten 5auerstoff. zunrtchst lmr durch die beiden sich widerstrebeMen Vorgttnge der Sauerstoffbindung und -10sung, der Sauerstoffzehrung und -mehrmlg i,I der Zelle selbst bestimmt wird. Ist diese (lesamtvorsteliung vo~ deu in der Zelle sich abspiele,dell Oxydationsprozessen richtig, so ware es wirklich recht unt)raktisch eingerichtet, weml die beiden Vorgi~ge an dasselbe ~ubstrat hi der Zelh, gebulMe~t ut~d (h~durch gezwlmgetl wiiren, sieh grO~steuteits zu kornpetl~ieren Olld Zll verniehten, so dass nur eiu evetitueller (Jberschuss yon aktivem Sauerstoff zur Wirkuug gelaagte. Es kSante danu aucli leicht eim~lal mit Unterbilanz (Verbrauch Mien fl'eiea 5tmexstoffes zur Verbvennung im ['rotoplasma) gearbeitet werden. Viel praktiseher ist jedeui'Mls die Yerteilung beider sich aufhebender \'orgituge auf verschiedeue $ubstrate; dam| kann die tiberschtissige Energie bier ruhig gebuudeu, dort in Freiheit gesetzt und auf letztere Weise ein stets bereitsteheudes Reservekal)ital you aktivem 5auerstoff hergestellt werden. Auf diese Weise wiirden auch die Widersprtiche zwischeu den Anschauungell yon P f l t i g er (Sauerstoffreichtum der Zelle) und E h r l i c h (Sauerstoffarmut der Zelle) auf einfache Weise vers/Shnt werden. Ieh halte daher das gegebene Schema fiir eine recht brauchbare Arbeitstheorie. Es wird nicht iibermassig schwer sein, dasselbe mittelst der drei Reagentien: Rongalitweiss, Kali hypermanganicum (oder Chrysophangelb) uM Wasserstoii~uperoxyd all allen Teilen des tierischen Organismus auf seine Richtigkeit zu prtifen.