uwf (2010) 18:209–215 DOI 10.1007/s00550-010-0188-2
Schwerpunktthema
Die „Vermarktung“ des Ressourceneffizienzgedankens – Zielgruppen und Kommunikationsmaßnahmen Nathalie Leschke
Online publiziert: 11. November 2010 © Springer-Verlag 2010
Nathalie Leschke
Wie kann man in der Wirtschaft mehr Aufmerksamkeit für das Thema Ressourceneffizienz gewinnen? Mit Studenten aus dem Bereich Kommunikations- und Markenmanagement wurde nach unkonventionellen Lösungen gesucht. Dabei wurde deutlich, wie wichtig eine klare Zielgruppenorientierung – auch innerhalb der Unternehmen – und darauf aufbauend die sorgfältige Auswahl geeigneter Kommunikationsmaßnahmen sind. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist hierbei der Einsatz von Mittlern, die eine hohe Reputation bei den Unternehmensakteuren haben und als Multiplikatoren für das Thema fungieren können. 1 Einleitung Das Einsparpotential am Material- und Energieeinsatz in produzierenden Betrieben ist – wie sich in vielen Studien und Fallbeispielen gezeigt hat – in allen Branchen beträchtDipl.-Betriebswirtin (FH) N. Leschke () Institut für Industrial Ecology, Hochschule Pforzheim, Tiefenbronner Str. 65, 75175 Pforzheim, Deutschland E-Mail:
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lich. Insofern sollte es im Eigeninteresse der Unternehmen liegen, das Thema Ressourceneffizienz aufzugreifen. Jahrelange Erfahrungen mit Förderprogrammen (in Baden-Württemberg u. a. ein umweltpolitisches Schwerpunktprogramm, BEST, etc.) und Studien zeigen jedoch, dass viele Unternehmen die vorhandenen Kostensenkungspotentiale nicht realisieren. Untersuchungen haben ergeben, dass dies auf verschiedene Faktoren zurückzuführen ist (LfU 2004; Schmidt et al. 2005; Schwegler et al. 2007; Schmidt 2009): Einerseits bestehen in den Unternehmen ein Wissensdefizit und eine mangelnde Kostentransparenz. Andererseits existieren vor allem organisatorische und managementbezogene Hemmnisse, die (in teilweise staatlich geförderten Projekten) ermittelten Einsparpotentiale umzusetzen. Zum Beispiel kommen Ausprägungen in der Unternehmenskultur und Unternehmensstrukturen vor, die innovative Maßnahmen und Veränderungen im Produktionsablauf verhindern. Darüber hinaus haben staatliche Maßnahmen in den letzten Jahren stark auf eine Förderung von Pilotprojekten gesetzt, um mit erfolgreichen Praxisfällen anderen Betrieben ein Beispiel zu geben – doch diese Anregungen wurden von der Wirtschaft kaum aufgegriffen (LfU 2004; Schwegler et al. 2007). Zudem gibt es erfahrungsgemäß nur wenige Unternehmen, die bereit sind, über ihre erzielten Einsparerfolge zu sprechen. Dies hängt vor allem mit ihrer vertikalen und horizontalen Wettbewerbssituation zusammen und verhindert einen Dominoeffekt bei der Verbreitung der gewonnenen Erkenntnisse. Wie aber kann diesen geschilderten Hemmnissen und Phänomenen begegnet werden? Wieso ist es trotz der beachtlichen ökonomischen Vorteile und bestehender Förderprogramme so schwierig, in den Unternehmen (insbesondere managementbezogene und organisatorische) Maßnahmen einzuleiten, die ressourceneffizienzsteigernde Handlungen ermöglichen? Wurde das Thema Ressourceneffizienz in
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der Vergangenheit nicht ausreichend kommuniziert und „vermarktet“? Könnten nicht durch eine attraktive Ansprache relevanter Zielgruppen solche unternehmensinternen Prozesse angestoßen werden, die die Beseitigung der oben genannten Hemmnisfaktoren und damit eine Förderung ressourceneffizienter Maßnahmen zum Ziel haben? Dies waren die Ausgangsüberlegungen des vom Land Baden-Württemberg geförderten Forschungsprojekts „Ressourceneffizienzmarketing für KMU“ (REFFIM). Die konkrete Aufgabe des Projekts bestand in der Entwicklung geeigneter Kommunikationsmaßnahmen, um die öffentliche Wahrnehmung des Themas Ressourceneffizienz zu verbessern und ressourceneffizientes Handeln zu fördern. Als Adressaten der Kommunikation wurden die badenwürttembergischen KMU (kleine und mittlere Unternehmen) des verarbeitenden Gewerbes ausgewählt. Zur Entwicklung der Kommunikationsmaßnahmen wurden im Projekt unterschiedliche, mitunter etwas unkonventionelle Herangehensweisen verfolgt. Denn die Kommunikationsthematik der Ressourceneffizienz ist durch eine hohe Spezifität und Komplexität gekennzeichnet und daher recht anspruchsvoll. Die Zusammenarbeit mit Studentinnen und Studenten des Masterstudiengangs „Creative Communication & Brand Management“ und Frau Prof. Dr. Gaiser der Hochschule Pforzheim war eine dieser Herangehensweisen. Hierbei wurde das in der Werbebranche übliche kommunikationspolitische Vorgehen auf das für den Kommunikationsbereich eher untypische, nichtkommerzielle politische Thema Ressourceneffizienz übertragen. Ziel dieser Herangehensweise war, mit Hilfe eines kreativen Brainstormings neue, unkonventionelle Ideen für Kommunikationskampagnen zur Förderung ressourceneffizienten Handelns zu generieren (s. Kap. 2). Dabei spielte bei der Entwicklung der kreativen Kampagnenideen ihre 1:1-Realisierbarkeit sowie ihr Realitätsgehalt eine untergeordnete Rolle. Vielmehr sollten die interessantesten Aspekte und Überlegungen in den Ergebnissen aufgegriffen und im Rahmen einer weiteren, theoretisch fundierten Analyse und Konzeptionserarbeitung berücksichtigt bzw. weiterverfolgt werden (s. Kap. 4).
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2.1 Kampagne „Vitamin U3“ • Ausgangsüberlegungen: Bei diesem Kampagnenvorschlag wird das ressourceneffiziente Handeln als ein unkonventionelles Mittel positioniert, mit dem die Karriere der unternehmensinternen Zielpersonen („Promotoren“) guten Gewissens verbessert werden kann. Ressourceneffizientes Handeln soll diesen Unternehmensakteuren also aufgrund der damit einhergehenden Einsparungen ermöglichen, parallel zu den eigenen, rein persönlichen (Karriere-)Vorteilen auch Vorteile für das Unternehmen und dessen Umfeld (Gesellschaft, natürliche Umwelt) zu erzielen. • Umsetzung: Konkretisiert wird die Ausgangsidee in dem Motto „Vitamin U3 – für eine gesündere Karriere“ („U“: Umwelt, „3“: drei „Nutznießer“). Absender der Kampagne ist die „Aktion Karriere“, über welche die interessierten Zielpersonen beraten werden können. Zentrales Bildelement des Markenlogos ist eine Spritze, die sich durch die gesamte Kommunikation zieht (s. Abb. 1). Kommuniziert werden soll die Kampagnenidee mit Hilfe eines Mix aus diversen klassischen und nicht-klassischen Kommunikationsinstrumenten (z. B. Print- und Außenwerbung, PR/ Pressearbeit, Internetkommunikation (Website/OnlineWerbung), Messen, Events). 2.2 Kampagne „Initiative Trüffelschwein“ • Ausgangsüberlegungen: Ressourceneffizientes Handeln wird hier als Möglichkeit positioniert, durch einen Perspektivenwechsel und innovatives, non-konformes Denken künftig anderen Unternehmen einen Schritt voraus zu sein. Es wurde zudem vermutet, dass der „moralische Zeigefinger“ in der Kommunikation eher zu einem reaktanten Verhalten der Ziel-
2 Kampagnenideen der Studenten Zu Beginn des studentischen Projektteils erfolgte nach einer kurzen Situationsanalyse und –bewertung ein Brainstorming zur Positionierung des „ressourceneffizienten Handelns“ als „Marke“. Auf Basis dieser Brainstorming-Ergebnisse haben die drei Studentengruppen anschließend ihre konkreten Kampagnenideen entwickelt: Abb. 1 Kampagne „Vitamin U3“ – Studentischer Gestaltungsvorschlag für Plakatwerbung
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personen in den Unternehmen führen könnte. Daher soll die angestrebte Bewusstseins- und Verhaltensänderung der Zielpersonen in den KMU auf eine spielerische Art und Weise erzielt und diese so zu einem proaktiven Handeln bewegt werden. Gleichzeitig sollen weitere Unternehmen über eine Art Dominoeffekt zur Durchführung ressourceneffizienter Handlungen mitgerissen werden. • Umsetzung: Aus diesen Überlegungen resultiert die „Initiative Trüffelschwein“ (s. Abb. 2). Hierbei sucht das für Intelligenz
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und Cleverness stehende Markenzeichen „Trüffelschwein“ (Metapher für externes Know-How) nach den „Trüffeln“ (Metapher für Kosteneinsparungen) an den richtigen Stellen, ohne „alles“ (Metapher für alle Unternehmensprozesse und -interna) ziellos aufzuwühlen. Die „Trüffeljagd“ symbolisiert das ressourceneffizienzsteigernde Handeln an sich. Die zentrale Idee im Rahmen der umzusetzenden Maßnahmen besteht in der Einrichtung eines Stammtischs für die Zielgruppe der KMU-Geschäftsführer
Abb. 2 Kampagne „Initiative Trüffelschwein“ – Studentischer Gestaltungsvorschlag für Anzeigenwerbung
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(bestehende und potentielle Mitglieder bzw. „Trüffeljäger“). Zudem ist eine reale Trüffeljagd zu veranstalten. Verbunden werden soll diese Trüffeljagd mit einem anschließenden Essen sowie Vorträgen über die „Initiative Trüffelschwein“ und die Vorteile ressourceneffizienter Maßnahmen. Im Rahmen dieser Veranstaltungen sind den geladenen Zielpersonen Angebote für eine individuelle Beratung zu machen. Zur Unterstützung dieser Hauptmaßnahmen sollen hier ebenfalls weitere klassische und nicht-klassische Kommunikationsinstrumente eingesetzt werden. 2.3 Kampagne „Keyper“ • Ausgangsüberlegungen: Hier wird das ressourceneffiziente Handeln als „begehrenswertes Geheimnis“ positioniert, bei dessen Entdeckung der Unternehmenserfolg unter Wahrung der gewünschten Diskretion wesentlich gesteigert wird. Hintergrund dieser Positionierungsidee ist die Erfahrung, dass viele Unternehmen sowohl im Rahmen der Identifizierung von Einsparpotentialen als auch im Falle einer erfolgten Potentialrealisierung nur ungern über Betriebsinterna sprechen und ihre Erfolge häufig nicht öffentlich preisgeben möchten. • Umsetzung: Konkretisiert wird diese Idee in einem Ansatz, in dessen Mittelpunkt das Symbol des Schlüssels („key“) steht („Wir haben den Schlüssel zum Erfolg“). Verkörpert wird das „Geheimnis“ durch die Marke „keyper“ (s. Abb. 3). Abb. 3 Kampagne „Keyper“ – Studentischer Gestaltungsvorschlag für Plakatwerbung
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Dahinter verbirgt sich ein Experten- bzw. Beraterteam, welches den Geheimnisgedanken in Form eines persönlichen, diskreten Kontakts zu den Zielpersonen in den KMU-Führungspositionen realisiert. Die „Keyholder“ sind diejenigen Zielpersonen, die bereits Ressourceneffizienzmaßnahmen durchgeführt haben und damit zu Mitgliedern des „Geheimbunds“ bzw. zu weiteren Trägern des Geheimnisses wurden. Geworben werden sollen diese (potentiellen) Keyholder u. a. mit Hilfe einer Website. Diese zentrale Kommunikationsmaßnahme umfasst einen öffentlich zugänglichen Bereich sowie einen Mitglieder- und einen Expertenbereich. Weitere einzusetzende Kommunikationsinstrumente sind neben Messen vor allem die der Direkt-, Print- und Außenwerbung. Diese Instrumente haben insbesondere die Aufgabe, auf die Website hinzuweisen. Zudem sind Events zu veranstalten, bei denen bestehende Mitglieder des „Geheimbunds“ je nach Mitgliedsstatus bzw. Niveau an durchgeführten Ressourceneffizienzmaßnahmen eine Anerkennung für ihre bisherigen Aktivitäten erfahren und einen Anreiz für weitere Handlungen erhalten. 3 Zentrale Aspekte und Überlegungen in den Kampagnenideen In den drei vorgestellten Kampagnenvorschlägen kommen – häufig implizit – mehrere interessante Aspekte und Überlegungen zum Ausdruck:
Die „Vermarktung“ des Ressourceneffizienzgedankens – Zielgruppen und Kommunikationsmaßnahmen
• Für eine effektive Kommunikation ist es wichtig, das Thema Ressourceneffizienz als Metapher oder „Marke“ in den Köpfen zu verankern. • Die genaue Kenntnis der anzusprechenden unternehmensinternen Zielpersonen („Promotoren“) ist eine essentielle Voraussetzung für eine erfolgreiche Kommunikationskampagne, da sich deren Botschaft nie an ein Unternehmen als solches, sondern immer nur an einzelne Unternehmensakteure richtet. • Diese Zielpersonen können nur durch Eingehen auf deren spezifisches, genuines Eigeninteresse sowie durch eine „spielerische“ Annährung an das Thema zu ressourceneffizienzsteigernden Handlungen aktiviert werden. Das Erheben eines „moralischen Zeigefingers“ erweist sich dabei eher als kontraproduktiv. Auch müssen zur Motivation der Akteure adäquate Anreize eingesetzt werden. • Die Erfahrung, dass die Diskretion über unternehmensinterne Informationen für viele KMU(-Akteure) einen hohen Stellenwert besitzt, muss im Rahmen der Kommunikationsaktivitäten ebenfalls berücksichtigt werden. • Die große Anzahl an anvisierten Zielpersonen ist am besten über einen Dominoeffekt zu erreichen. • Die Kommunikation der Thematik reicht alleine nicht aus. Zur (Ermöglichung einer) Einsparpotentialermittlung und -realisierung bedarf es zudem unterstützender Maßnahmen, wie zum Beispiel einer externen Beratung. Im Rahmen der weiteren, wissenschaftlich-theoretischen Analyse und Maßnahmenentwicklung wurden diese Überlegungen berücksichtigt und teilweise in die dabei erarbeitete Kommunikationskonzeption integriert. 4 Wesentliche wissenschaftlich-theoretische Erkenntnisse Die oben aufgeführten Punkte machen insbesondere deutlich, dass für eine wirkungsvolle Gestaltung der Kommunikationsbotschaft und -maßnahmen die genaue Kenntnis der anzusprechenden individuellen Zielgruppenmotive unabdingbar ist. Daher war die wissenschaftlich-theoretische Identifizierung und Analyse der unternehmensinternen Zielpersonen ein wichtiger Ausgangspunkt und Grundlage für die anschließende Erarbeitung einer strategisch ausgerichteten Kommunikationskonzeption (Leschke und Schmidt 2009): Zu Beginn der Zielpersonenermittlung wurde das Spektrum an zu betrachtenden Unternehmen eingegrenzt. Davon ausgehend, dass gerade in Baden-Württemberg das verarbeitende Gewerbe von kleinen und mittelgroßen Unternehmen und oft auch eigentümergeführten Betrieben geprägt ist, wurde auf diese Art von KMU fokussiert. Durch eine literaturbasierte Analyse dieser KMU hinsichtlich ihrer wesentlichen empirischen Merkmale wurden die potentiel-
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len KMU-Akteure für ressourceneffizientes Handeln ermittelt. Die konkrete Zielgruppenidentifizierung erfolgte mit Hilfe eines sozialwissenschaftlichen Verhaltensmodells. Dieses wurde größtenteils durch die Synthese von einem organisationspsychologischen Verhaltensmodell (Von Rosenstiel 1996) und einem ökonomisch-psychologischen Verhaltensmodell (Jost 2008) gebildet. Nach diesem konstruierten Modell beeinflussen die beiden Supra-Determinanten „Persönliche Motivation“ und „Objektive Faktoren und Rahmenbedingungen“ (bspw. individuelle Fähigkeiten und unternehmensinterne Rahmenbedingungen) das individuelle Verhalten. Die für die Einleitung ressourceneffizienzfördernder Maßnahmen erforderlichen Ausprägungen dieser Supra- und ihrer Sub-Determinanten fungierten als Kriterien für die Zielpersonenermittlung. Ein ressourceneffizienzförderndes Verhalten eines KMU-Akteurs erfolgt umso eher, je mehr Verhaltensdeterminanten möglichst günstig ausgeprägt sind. Auf Basis dieser Überlegungen konnten als geeignete Zielgruppen in den kleinen und mittelgroßen Betrieben die Eigentümerunternehmer, die in der Geschäftsführung (mit-)angestellten Fremdmanager sowie die Produktionsleiter – nicht aber die Umweltbeauftragten – identifiziert werden. Im Rahmen der Zielgruppenanalyse und angesichts der besonderen Kommunikationsthematik wurde erkannt, dass die Faktoren Vertrauen und Glaubwürdigkeit bei den Kommunikationsaktivitäten eine zentrale Rolle spielen müssen. Eine persönliche Ansprache möglichst vieler KMU-Akteure mit Hilfe meinungsführender Mittler mit Multiplikatorenfunktion hat daher einen hohen Stellenwert einzunehmen. Als solche Mittler wurden diejenigen externen Akteure identifiziert, die die folgenden Anforderungskriterien erfüllen: Erstens muss der externe Akteur von den Zielpersonen in den KMU als Mittler akzeptiert werden können und zur Übernahme der Mittlerfunktion bereit sein. Besonders im Falle eines langjährigen persönlichen und vertrauensvollen Geschäftsverhältnisses sowie eines hinreichenden, jedoch begrenzten Eigeninteresses des externen Akteurs an der Vermittlung der Ressourceneffizienzthematik kann von einer Erfüllung dieses Kriteriums ausgegangen werden. Zweitens muss über die Gruppe der jeweiligen externen Akteure eine große Anzahl an KMU-Personen erreicht werden können, um eine ausreichende Breitenwirkung zu erzielen. Angesichts dieser Anforderungskriterien kommt insbesondere die Akteursgruppe der externen Berater als Mittler weniger in Betracht. Denn zum Einen verhalten sich viele KMU gegenüber externen Beratern eher distanziert und haben kaum Erfahrungen mit ihnen (u. a. Meyer 2006). Zum Anderen würden externe Berater bei der Vermittlung des Ressourceneffizienzthemas aufgrund des Ziels einer potentiellen Auftragsakquise gleichzeitig ein sehr großes Eigeninteresse verfolgen. Daher sollten externe Berater erst im Anschluss, bei der Identifizierung und Realisierung von Einsparpoten-
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tialen, zum Einsatz kommen. Hingegen könnten sich die vor allem die Steuerberater, die Ansprechpartner in den KMUHausbanken sowie Akteure typischer KMU-Organisationen bzw. -Verbände als meinungsführende Mittler eignen. Jedoch sollten auch sie möglichst über eine persönliche Ansprache gewonnen werden. Folglich müssen sich die kommunikativen Maßnahmen an zwei unterschiedliche Adressatengruppen richten: an die Gruppe der jeweiligen KMU-Akteure und an die Gruppe der diversen Mittlerakteure mit Multiplikatorenfunktion. Aufgrund der hohen Relevanz der persönlichen Akteursansprache sollten daher unpersönliche Kommunikationsmaßnahmen (bspw. im Bereich der Printmedien) ausschließlich zusätzlich zur Unterstützung eingesetzt werden. Zwei Punkte sind hierbei im Rahmen medialer Aktivitäten für eine ausreichende Glaub- und Vertrauenswürdigkeit zu beachten: Zum Einen sind geeignete Best-Practice-Modelle mit Vorbildfunktion („Testimonials“) in solche Maßnahmen zu integrieren. Zum Anderen sollte den Medienarbeits- sowie sonstigen PR-Maßnahmen (bspw. Veröffentlichung von redaktionellen Artikeln) eine größere Bedeutung eingeräumt werden als den kommerziellen Mediawerbemaßnahmen (bspw. Schalten von Anzeigenwerbung). Darüber hinaus wurde mit Hilfe des erwähnten Verhaltensmodells gezeigt, dass es zu einem erfolgreichen Handeln aller Zielpersonen sowohl angemessener Kommunikationsaktivitäten als auch geeigneter Förder- bzw. Unterstützungsmaßnahmen bedarf. Denn nur so können letzte Defizite in der Ausprägung von Verhaltensdeterminanten beseitigt werden. Resultierend aus diesen Erkenntnissen hat die entwickelte Kommunikationskonzeption zweierlei zum Ziel: 1. Einen Pool an Mittlern sowie an KMU- und Mittler„Testimonials“ gewinnen: Dafür eignen sich exklusive Maßnahmen und Anreize. Generell ist dabei Folgendes wichtig: Erstens der persönliche Kontakt zu den jeweiligen Akteuren mit gleichzeitiger Ansprache ihrer individuellen Motive. Zweitens der Modellcharakter einiger Maßnahmen, sodass die Erfolge der Akteure später öffentlich (von staatlicher und wirtschaftlicher Seite) kommuniziert werden können. Der Exklusivitätscharakter kann bspw. durch die Aussicht auf die Knüpfung hochwertiger sozialer und politischer Kontakte sowie auf den Erhalt von Anerkennung und besonderer Leistungen hergestellt werden. So würden sich insbesondere die folgenden Maßnahmen eignen: Spitzengespräche in Verbindung mit politisch unterstützten Förderprojekten und Begleitkreisen, eine Vereinigung mit attraktivem Leistungsangebot für exklusive Mitglieder, Auszeichnungen erfolgreicher
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Akteure mit gleichzeitiger medialer Berichterstattung, etc. 2. Eine Breitenwirkung bei allen weiteren KMU- und Mittlerakteuren erzielen: Hierzu können die gewonnenen Mittler mit Multiplikatorenfunktion aktiv werden. Des Weiteren sind unterstützend PR-Aktivitäten wie Medienarbeitsmaßnahmen (insbesondere im Bereich Pressearbeit) sowie sonstige Visualisierungs- und Informationsmaßnahmen (wie die Erstellung und Verbreitung von Softwareprogrammen zur Einsparpotentialermittlung, Filmbeiträgen, Websites, CD-ROMs, Broschüren, Flyer, etc.) durchzuführen. In ihrem Rahmen sollte auch über die KMU- und Mittler-„Testimonials“ berichtet und den verschiedenen Adressatengruppen geeignete Unterstützungsmaßnahmen vermittelt werden. Diese PR-, Visualisierungs- und Informationsmedien sind auch mit Hilfe der Mittler zu verbreiten. Eine weitere Maßnahme zur Zielerreichung stellt die Vergabe von Preisen oder Zertifikaten dar. Eine wichtige Frage hierbei ist, wer als Institution mit diesen verschiedenen Kommunikations- und Unterstützungsmaßnahmen nach außen in Erscheinung tritt. Einem Ministerium oder einer Landesbehörde als Absender vorzuziehen wäre eine eigene und weitgehend neutrale Einrichtung, wie dies in ähnlicher Weise bereits mit der Effizienzagentur EfA auf Landesebene (NRW) oder mit der Deutschen Materialeffizienzagentur demea auf Bundesebene erfolgreich umgesetzt wurde. Eine solche Einrichtung muss zudem eine Kommunikations-, Koordinierungs- und Steuerungsfunktion zwischen allen insgesamt involvierten Akteuren bzw. Organisationen übernehmen. 5 Schlussbetrachtung Damit künftig der Ressourceneffizienzgedanke in produzierenden Unternehmen tatsächlich auf breiter Ebene realisiert wird, bedarf es zweierlei Arten von Maßnahmen (Leschke und Schmidt 2009): Einerseits ist das Angebot geeigneter Förder- und Beratungsmaßnahmen notwendig, insbesondere zur personellen Unterstützung und zur Vermittlung von Fachwissen. Hierzu gehört neben technischem Know-How auch betriebswirtschaftliches Methoden- und Managementwissen, u. a. zur Beseitigung der managementbezogenen und organisatorischen Hemmnisse. Andererseits bedarf es einer wirkungsvollen Kommunikation, durch die die nötige Bewusstseins- und Verhaltensänderung der relevanten Akteure angestoßen und die Grundlage für eine erfolgreiche Inanspruchnahme der Unterstützungsmaßnahmen geschaffen werden kann. Gleichzeitig können mit Hilfe von Kommunikationsaktivitäten auch Unterstützungsmaßnahmen
Die „Vermarktung“ des Ressourceneffizienzgedankens – Zielgruppen und Kommunikationsmaßnahmen
bekannt gemacht und ein Teil des benötigten Fachwissens direkt vermittelt werden. Bei der Entwicklung von Kommunikationsmaßnahmen konnten im REFFIM-Projekt durch die Fokussierung ihrer Wirksamkeit einige überraschende Ergebnisse gewonnen werden. Überraschend daher, weil in einigen Punkten von der üblichen Praxis bei der Entwicklung und Ausgestaltung von Kommunikationskonzeptionen zu vergleichbaren, nichtkommerziellen politischen Themen abgewichen wurde: Es konnte gezeigt werden, dass es bei einem so besonderen und komplexen Thema wie dem der Ressourceneffizienz zur Lösung der Kommunikationsaufgabe hilfreich sein kann, mittels einer spielerischen Herangehensweise einen Perspektivenwechsel einzuleiten. Dadurch wurde noch einmal deutlich, dass die Kommunikationsmaßnahmen für eine wirkungsvolle Ansprache attraktiv und zielgruppenspezifisch gestaltet sein müssen. Dies schließt eine kommunikative Aktivierung des genuinen Eigeninteresses der Kommunikationszielgruppen mit ein. Häufig werden jedoch im Rahmen von Kommunikationsmaßnahmen zu ähnlichen Themen die ökologischen Vorteile entsprechender Handlungen betont. Im Projekt hatte daher die wissenschaftliche Zielgruppenidentifizierung und -analyse als Voraussetzung für eine zielgruppenspezifische Kommunikation einen hohen Stellenwert. Die ermittelten anzusprechenden Akteure weichen allerdings von den bei Fördermaßnahmen häufig adressierten Ansprechpartnern, den Umweltbeauftragten, ab. Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum Einen wurde hier eine spezifische Art von verarbeitenden KMU betrachtet – die in Baden-Württemberg zahlreich vorkommenden, oftmals eigentümergeführten kleinen und mittelgroßen Betriebe. Dabei wurde auch erkannt, dass für die Einleitung der erforderlichen Veränderungsprozesse eine Ansprache der Akteure auf rein operativer Ebene (wie der Umweltbeauftragten in den KMU) nicht genügt. Vielmehr muss vor allem die strategische Ebene bzw. die Geschäftsleitung erreicht werden. Zum Anderen wurde für eine möglichst effektive und breite Ansprache der KMUZielpersonen der Kreis der potentiellen Kommunikationsadressaten auf das Unternehmensumfeld – also die externen Mittler mit Multiplikatorenfunktion – ausgeweitet. Grund hierfür ist vor allem die Erkenntnis, dass Vertrauen und Glaubwürdigkeit der Information einen besonders hohen
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Stellenwert einnehmen müssen. Dies macht eine persönliche Ansprache und ein „Über Bande Spielen“ mit Hilfe der Mittler in Verbindung mit dem Einsatz von Vorbildern im Rahmen einer PR-Kommunikation so wichtig. Häufig wird jedoch bei solchen Kommunikationsthemen die Zielgruppe vorrangig mit breit angelegten kommerziellen Werbemaßnahmen (bspw. Anzeigenkampagnen) zu erreichen versucht. In diesem Fall wären aber die Breitenwirkung und Zielgruppenaktivierung bei relativ hohem finanziellen Aufwand eher gering. Abschließend ist zu betonen, dass das Thema in der Wirtschaft insbesondere dann eine ausreichende Glaubwürdigkeit und Relevanz erhält, wenn es auch in der Politik eine hohe Priorität einnimmt. Spannend bleibt daher, ob und wie das Thema künftig angesichts der steigenden Weltmarktpreise für Ressourcen, der zunehmenden Herausforderungen der Wettbewerbsfähigkeits- und Standortsicherung der Industrie und der ökologischen Entwicklungen an politischem Interesse gewinnen wird. Literatur Jost P-J (2008) Organisation und Motivation. Eine ökonomisch-psychologische Einführung, 2. Aufl. Gabler, Wiesbaden Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg (LfU) (Hrsg) (2004) Energie- und Stoffstrommanagement. Ein positives Fazit für die Unternehmen und die Umwelt. Karlsruhe Leschke N, Schmidt M (2009) Kommunikative Aspekte zur Evozierung ressourceneffizienzsteigernder Handlungen in KMU – Identifizierung geeigneter Zielgruppen und Erarbeitung einer Maßnahmenkonzeption. Diplomarbeit Meyer J-A (2006) Innovationsmanagement. In: Pfohl H-C (Hrsg) Betriebswirtschaftslehre der Mittel- und Kleinbetriebe, 4. Aufl. Schmidt, Berlin, S 209–232 Schmidt M (2009) Ressourceneffizientes Produzieren in Betrieben. Potentiale, Hemmnisse und Perspektiven. In: Baumgartner RJ et al (Hrsg) Öko-Effizienz. Konzepte, Anwendungen und BestPractices. Hampp, München, S 145–159 Schmidt M et al (2005) UPS – Evaluierung des Schwerpunkts „Energie- und Stoffstrommanagement“ der Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg (LfU). Pforzheim Schwegler R et al (2007) Erfolgsfaktoren für betriebliches Energieund Stoffstrommanagement (EFAS). In: Institut für Angewandte Forschung der Hochschule Pforzheim (IAF) (Hrsg) Pforzheimer Forschungsberichte Nr. 7. Institut für Angewandte Forschung der Hochschule Pforzheim, Pforzheim Von Rosenstiel L (1996) Motivation im Betrieb. Mit Fallstudien aus der Praxis, 9. Aufl. Rosenberger Fachverlag, Leonberg
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