Ein Fall yon halbseitiger angiospastischer 6angriin. Von
A. ]~I. Benders~ Meerenberg (Holland). (Mit 4 Abbildungen.)
Sei~ R a y n a a d 1) uns gelehrt hat, den Symptomenkomplex, der nach ihm benannt werden sollte, in einem richtigeren Lieh~e zu betrachten 2), sind eine grosse Anzahl Publikafionen erschienen, welche auf das gemein~e Syndrom Bezug haben. Im Jahre 1900 konnte Tesd o r p f 3) im Neurologischen Zentralblatt sehon 99 F~lle yon symme~rischer Gangran and damit verwandten Krankhei~en aufgezeiehne~ finden. Es ware voreilig, daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, dass die R a y n a u d s e h e Krankhei~ eine h/~ufig vorkommende Abweichung sei. Erstens werden wohl - - gerade in Hinsieh~ aaf die L[icken, die unsere Kenntnis tier Krankhei~ noeh aufzuWeisen hat - - ein grosset Teil der beobaehte~en F~lle verSffen~lieht and zwei~ens mit der E~ikette ,,Raynaud" F/ille versehen, welehe diese E~ikette nich~ verdienen. Hierauf werde ieh spK~er noeh zuriiekkommen. Tragen wit diesen beiden Fak~oren Rechnung, dann is~ die R a y naudsehe Krankhei~ als ein verh~l~nism~ssig selten vorkommender Symptomenkomplex zu be~r~ehten (S t r a u s s 4), C a s s i r e r 5)). Reserviert man, wie W e i s s es will, den Namen R a y n a u d flit die Fs worin das Leiden als selbst~ndige Krankheit auftritt, dann wird dadurch eine so grosse Besehr~nkang eingefiihrt, class es zu den Seltenhei~en gereehnet werden kann. Fiir eine derar~ige Besehr/inkung liegt~ jedoeh kein Grand vor, und wie sieh aus Weiterem dieses Ar~ikels ergeben wird, glauben wir, class diejenigen ( H o e h e n e g g , C a s s i r e r u. a.) reeht haben, welehe die Abweichung betrachf~en als einen Komplex yon Erscheinungen, tier ]) M. R a y n a u d , Asphyxie locale et gangrbne symmdtriqne des extrgmitds. Th~se de Paris. 1362. 2) Siehe f/Jr pr/iraynaudsche F~lle: M, Weiss, Wiener Klinik 1882. 3) Arch. ffir Psych. Bd. 33. 4) Arch. fiir Psych. Bd. 39. 5) Deutsche Klinik. Bd. 6. 1906. Deutsche Zeitschriftf. Nervenheilkunde. Bd. 43. 1
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BENDERS
yon ~giologisehem Standpunkte aus durehaus nieh~ als selbstgndige Krankheit begraehtet werden kann.') Als Ursaehen des Leidens werden (siehe O p p e n h e i m 2) u. a.) H~sterie, Tabes dorsalis, Tumoren des t~fiekenmarks and seiner Wurze}n, Epilepsie, Morbus Basedowii, Infek~ionskrankheiten, Lues, Traumata u. a. genannt, als Gelegenheitsursaehen: Gemt~tserregungen, z. B. Sehreeken. Angmie und ErsehSpfung sollen die Disposition steigern, aueh angeborene Enge der Aorta oder anderweitige anatomisehe Eigentfimlichkeiten.3) Wie es den Ansehein hat, entwickelt sieh das Leiden stets auf dem Boden der neuropathisehen Diathese. Seit der Besehreibung der Krankhei~ yon I t a y n a u d wurden als niedrigste zentrale Angriffspunkte der begreffenden Ursaehe des Leidens die spinalen sympathisehen Reflexzentren 4) betrachte& Beztiglieh dieser Zentren sind sowohl die mehr zentralen wie die mehr peripher liegenden Teile des Nervensystems als Peripherie zu betraehten, und 0 p p e n h e i m teilt mit, dass vasomotorisehe StSrungen bei AffekLion yon ungefghr allen Teilen des zentralen Nervensystems auftreten kSnnen. In den typischen Fgllen, in denen sieh das Leiden als ein selbst~ndiges dokumentiert, sind seiner Aussage leicht reparable Prozesse im Spiel, deren Sitz vermutlieh in der hinteren und.lateralen grauen Substanz des Riiekenmarks ist. Mit vielen anderen Untersuehern be~raehtet er die peripheren neuritisehen Ver~nderungen, denen u. a. yon t t o c h e n e g g , L a n c e reaux, Pi~res und V a i l l a r d Bedeutung zugeschrieben wird, als yon sekund~rer Art. Die allerletz~e Ursaehe ist O p p e n h e i m u. a. naeh ein Gef~sskrampf, welcher sowohl die Venen wie die Arterien befallen hat. Das Leiden finder sieh zumeist bei jungen Personen, am meisten bei solehen weibliehen Gesehlechts. s) Auch bei kleinen Kindern und 1) Die Auffassung yon Ehlers, dass stets Ergoginvcrgiftung als Ursache der Krankheit betrachtet werden mfisse, be~t~tigt die Erfahrung nicht. 2) Lehrbuch der Nervenkraakheitem 3) Siehe Afflek, The British Med. Journ. 18S8. 4) Phleps, Journ. f. Psych. u. Neurol. 1910. 5) Es ist bekannt, dass zumal unter jungen, grazilen, hysterischen Individuen nicht wenige Mind, die auf jede Nervenerregung mit Gef/issspasmen reagieren. Diese entwickeln sieh aueh bei geringen ~nsseren Reizen (geringer Abkfihlung, leichtem mechanischen Druck u.a.). Unter meinen Pagienten ist
Ein Fall yon hMbseitiger angiospastischer Gangriin. sogar bei Si~uglingen ist es konstatier~ worden. Die Affektion tritt meistens in Paroxysmen auf, die Daner der Anfglle ist verschieden, meis~ 2--4 Monate. Die Krankheit kann mit einem einzigen Anfall beendet sein, es komm~ jedoeh nicht se]ten vor (nach einigen sogar in der ~el~rzahl der F~lle), dass mehrere Anf~lle aufeinander folgen, oder dass der Prozess mi~ Unterbrechungen viele 3ahre fortbestehen b]eibt. ]n Bezug auf die Therapie will ieh nut erwiihnen (nnd das hat sich al~eh in meinem Fall bestgtigt), dass gef~sserweiternde Mittel, wie Amylnitrit, Nitroglyzerin und dergleichen, ohne Wirkung geblieben sind, wenigstens insofern bei dem Spasmns das sympathisehe System im Sinne yon L a n g l e y (siehe spgter) in Frage kommt. 1) Die Gangriin ist meis~ens eine oberfliich]iche (z. B. auf die Haut besehrgnkt), zuweilen werden die Finger- und Zehenspitzen, zuweilen aueh die erwiihnten Teile im ganzen, abgestossen. Die Ansieht, dass man bei bedentendem Umsichgreifen des Prozesses den Begriff ,,Rayhand" aufgeben miisse (Weiss) ist eine ggnzlich wil]kiir]iche, in Ubereinstimmung mit anderen meine ieh, dass die Pathogenese bei der Bestimmung der Klassifikation den Durehschlag zu geben hat. ttant, Unterhautzellgewebe, Muskeln, Knoehen kSnnen sehr ung]eich befallen werden2), bei den leiehteren Anf'~llen der Krankheit kommt es nieh~ zu Nekrose. - Ehe ich zu der Beschreibung meines eigenen Falles iibergehe, halte ich es fiir wichtig zur Vergleiehung, das klinische Bild, wie dieses yon R a y n a n d , W e i s s , O p p e n h e i m u. a. gezeichne~ worden ist, hier in Kfirze wiederzugebenS) und diesem einige Betrachtungen fiber die Bedentung der Erseheinungen, ans denen dieses Bild sich zusammensetzt, beizuffigen. Nach einem Prodroma]stadium (Stunden, Tagen, Woehen), das sich durch heftige Schmerzen nnd Pariisthesien kennzeiehnet (Stechen, Kribbets, Eingesehlafensein u. ~.), besonders stark in den dis~a]en Teilen, zeigen die betroffenen KSrperteile (meistens Finger und Zehen, aber wohl aueh Nase, Ohren und Wangen4)) einen waehsb]eichen ein hysterisches M~dchcn, dem unter dem Einfluss yon Gemiitsbewegungen eiu ,,Schauer fiber den Rficken" liiuft, der sich ,,fiber Arme und Beine verzweigt und sich an den Hiinden und Ffissen festsetzt". Diese Teile bleiben dann (ein paar 8tunden) schmerzhaft, kalt (auch objektiv) und weiss. 1) Siehe v. ttSsslin, Miincb. reed. Wocheuschr. 1910; Mfiller u. Dahl, Deutsehes Archly f. klin. Med. 1910. 2) Phleps I. c. 3) Zum Teil w6rtlich nach Strauss L c. 4) v. Hoesslin (1. c.) beobaehtete einen Fall, worin sich die Angio1"
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]~ENDERS
Aspekt. Sic ftihlen sich kalt an, sind steif beim Bewegen and geflihllos. Nadelstiche vernrsachen kein tiervortreten yon Blur. Dieses Stadium wird yon l%aynaud des Stadium der l o k a l e n S y n k o p e genannt, yon W e i s s des der r e g i o n g r e n I s c h g m i e . Naeh einigen M i n u t e n - S t u n d e n - nehmen die kranken Teile eine eyanotische oder blauweiss marmorierte Farbe an, diese kann auch hgufig bleigrau oder fast schwarz sein. Gew5hnlieh entwickelt sich leiehteres oder stgrkeres ()dem, vielfaeh kommt es aueh zum Auf'treten yon Blu~ergiissen. Dies ist des Stadium der l o k a l e n A s p h y x i e yon R a y n a u d , welches W e i s s mit dem lqamen regioni~re C y a n o s e bezeichnet. Druck mi~ den Fingern lgsst auf den verfgrbten Teilen (die sich kal~ anfiihlen) einen weissen Fleck zuriick, der erst nach langer Zeit seine dunkle Farbe wieder annimmt. Mit dem Verschwinden dieser Erscheinung nimmt das drit~e und letzte Stadium seinen Anfang, des der Gangrgn. Diseses Stadium beginn~ oft damit, dass die Epidermis in kleineren und grSsseren Biasen aufgehoben wird, die mit serSs-blu~igem oder seropurulentem Inhalt angeffillt sind and deren Boden sieh in eine trockene schwarze Kruste verwandel& In den meisten Fgllen beschrgnkt sich (siehe oben) die Mumifikation auf die ttaut, zuweilen geht der Prozess aueh tiefer. Andere Abweichungen kSnnen sich einstellen. Von diesen sind zu erwghnen: fiber viele Gelenke verbreitete akute Synovi~is, Wueherung der Epidermis, sehr gesteiger~e Schweissabsonderung, intermittierende Albuminurie, tti~moglobinurie*), S~Srungen beim Sehen, Ohrensausen, Anomalien des Gesehmaeks, Atrophic der kleinen ttandmuskeln (Thenar, Hypothenar, Mm. interossei, Mm. lumbrieales) usw. Wiihrend des eigentlichen Anfalls is~ in den befallenen Teilen die spasmen fiber • Kinn und Zunge verbreiteten. Die vorderste tt~lfte dieser letzteren wurde wiihrend der Anfiille bald weiss, bald wieder"auffallend blaurot. 1) Bland, Journal of Mental Science 1889. Findlay Tannshil, The Glasgow Med. Journ. 188$. Fiiuf AnfKlle lokaler Aspbyxie, danach Hitmaturie, dann Abwechslung beidcr. ~[aig, Transactions o~ the Med. Soc. of London 1892. In 52 Tagen 42 Anfiille you l%aynaud, dazwischen hinein 9 AnfKlle yon H~moglobinurie. Rietschel, Charit6-Annalen 31. Erst paroxysmale II~moglobinurie, spitter Auftreten yon Raynaud. Rietschel hiilt die Gangri~n ffir eine Folge der ttiimoglobinurie. Man soll aber die MSglichkeit ins Auge lessen (die H~tmoglobinurie kann gieichzeitig mit Raynaud auftreten oder einem Anfall yon I%aynaudfolgen), dass beide als Erscheinungeneiner gleichenAffektion angesehen werden miissen.
Ein Fall yon halbsei~iger angiospastischer Gangr//n.
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Bewegliehkeit geringer geworden, die Bewegungen sind s~eif und langsam. Der Saehverlauf ist nicht immer der oben geschilderte. Die lokale Synkope finder sieh a]s habituelles Leiden (ebenfa]ls die lokale Asphyxie), ohne dass es jemals zu Mor~ifikation kommt, die lokale Asphyxie kann sieh - - nach einigen gesehieht dieses sogar in der Mehrzahl tier F~lle - - ohne vorhergegangene Synkope entwiekeln oder der Synkope gegeniiber in den Hintergrund treten. Letzteres kommt jedoch nnr wenig vorund naeh Gilbert und V i l l a r e t l) soll man es bier mit einem yore R a y n a u d s e h e n abweichenden Syndrom zu tun haben, das vermutlieh auf radikul~irer Reizung beruhen soil. Dies trifft jedoch nietJt in allen Fallen zu, wie mein spi~ter beschriebener Fall zu best~tigen vermag. Die region~ire Cynose kann verschwinden, um einem region~ren Rubor Pla~z zu machen, so kann sich aueh yon Anfang an, an S~elle der Cyanose, ein region~rer Rubor entwickeln (nach W e i s s einer iReizung der Vasodilatatoren zur Folge), welches Stadium wieder normalen Verhiiltnissen weichen kann. ]n Bezug ant die Erklgrung der Erscheinungen, welehe bei einem Anfall Raynaudseher Krankheit auftreten, besteht keine Einheik Nut fiir das erste Stadium, das der lokalen Synkope, wird yon weitaus den meisten eine spas•sche Isch~mie, ein Krampf der Wand der kleinen and klei'nsten Arterien and Venen verantwortlich gemaeht, nach Kreib i e h 2) ist die Synkope der Ausdruck eines hohen Grades von Verengerung der Blutgeffisse. In Bezug auf die Entstehung der lokalen Asphyxie is~ die Einhei~ viel geringer. Naeh R a y n a u d soll sie zu erk]gren sein durch das Verschwinden des Spasmus in den kleinen Venen. Das Fehlen yon Vis h tergo verursaehe das Zuriickfliessen des Blutes in die leeren Venen and Kapil]aren. Wi~re diese Erkl~rung richtig, so miissfle man dutch Emporhebung der Ex/remif~i~ und durch energisches Streichen in zentraler Riehtung die Cyanose zum Verschwinden bringen kSnnen and das is~ n~cht der Fall (Strauss 1. c.). V u l p i a n 3) sieht in der lokalen Asphyxie das erste Stadium, die Synkope solle ers~ dann auftreten, wenn der Krampf, der sich anfangs auf die kleinen Arterien besehr/~nkte, sich aach auf die Kapillaren and Venen erstreekt. Naeh W e i s s soll die ]okale Asphyxie darin ihren Grand finden, 1) l'Encdphale 1909. 2) •ach Phleps 1. c. (Auch wo Kreibich wetter noch zitiert wird.) 3) Gazette des h6pitanx 1884.
~DERS
dass die kleinen Venen sich noch in Kontrak~ur befinden, wghrend das ar~erielle Blu~ wieder ungehindert zufliessea kann, die Erscheinung habe man also als venSse Hyper~mie zn betrachten. Nach der huffassung yon Strauss, K r e i b i c h u.a. beruht auch die region~ire Cyanose auf einem Ar~eriea- und Venenkcampf, aber dieser Krampf is~ nich~ s o ingensiv wie bet der lokalen Synkope. Infolge der kleinen Lamina der Gefgsse ist die Zirka]agion bedeutend langsamer gewordeu, das Blug sehr arm aa Sauerstoff. Die einfachste Erkl~irang for die Gangrgn isg die yon I~aynaud: Absterben infolge ges~Sr~er Zirkulation, d.h. ges~Srter Ernghrung. Gegen diese Erkl~rung sind angef~ihrt die Unterbindungsversuctie, die gewaltige Cyauose, welche man bei Kombina~ion yon Herz- und Lungenleideu beob~chtea kaun uad die nicht ausreicht zum Verursaehen yon Gangr~n, obwohI sie viel l~ngere Zeit als nStig is~ zur Gangrgnbildung bei Rayaau4 ihren Einfluss gel~en lgss& S t r a u s s fiihrt hiergegen an, dass bei dutch Lungen- und Herzkrankheiten verursachter Sg~uung der venSse Abfluss niemals so sehr gestSr~ is~ wie bei der lokalen Asphyxie yon t~aynaud, wo Aderkramlof besteht und Unterernghrung (infolge yon Arterienkrampf) und Vergiftang mit ihren eignen S~offwechselprodukten die ZelIen ~Stet. Dass die Gef~sswancl bald und ernsglich angegriffen wird, beweisen die bald aufgretende Imbibi~ion der Gewebe mig ver~nder~em ttgmoglobin and die Thrombenbildung in den cyunotischen Teilen. Diese Thromben ~ ieh werde spgger noeh darauf zuriiekkommeu - sind nicht die Ursache der Gangr~in, aber kSnnen vielleicht dazu beitragen, das Auf~re~en tier Gangr~tt zu besehleunigen. Nach K r e i b i c h is~ die Nekrose die Folge yon An~mie nebs~ Alteration tier Gefgsswand. Direk~es Absterben der Haug ohne vorhergegangene vasomotorisehe Veriinderang kommg naeh ibm nichg vor. Die Versuche yon Cohnheim (keine Oangrgn trogz l~ngwieriger Anilmie) beweisea seiner Ansioh~ aach nur, dass Gefiisswgnde, deren Innervation nichg krankhafg vergndert ist, sich bald wieder erholen. Anderer Meinung is~ Oamillo~), nach welchem Gungrgn sieh ohne ]okale Synkope oder lokale Asphyxie en~wiokeln kann, und tier eine FunktionsstSrung der spinalen vasomogorischen Zengren als Ursaohe angiebt. Dieser Verfasser nimm~jedooh einen Gef~issspasmus an, welcher zur Thrombenbildung Veranlassung geben soll; die gebildeten Thromben soIlen die (]angrhn verarsaohen. Trophische Einfliisse mSch~e er obendrein nioht mi~ Besgimm~hei~ ausschliessen. 1) l~ivista clinica 1896.
Ein Fall yon halbsei~iger angiospastiseher Gangrgn. C a s s i r e r (1. c.) sieht in der Gangr~tn nicht etwas Sekund/~res insofern, dass Gangran und bestimm~e vasomotorische StSrungen in Bezug auf Art, Dauer, Intensitat usw. in einem bestimmten Verhgltnis zueinander stehen. Seiner Ansieht naeh sind die versehiedenen Erseheinungen yon R a y n a u d _A-usserungen yon StSrungen in dem normalen Ver]auf der Reflexe in dem vasomotorischen System, welehe sowohl die Erseheinungen an den Blutgefassen (Konstriktion u. a.) wie andererseits die Nekrose verursaehen_ Einen Ubergangsstandpunkt zwischen K r e i b i e h s Ansicht und den sp//terhin noeh zu erw~hnenden Auffassungea nimm~ P h I e p s (t.e.) ein. Nach ihm ist die unzureichende Versorgung mit Nahrungsstoffen zur Erkl~rung der Nekrose unzureiehend, aber es is~ noeh ein anderer Fak~or im Spiel, nShmIieh das Ausfallen der trophischen Fnnk~ion, welehe das Verh~l~nis des Gewebes und der nahrungszuf~lhrenden Apparate regel~. Dieser andere F~k~or ist die spezifische Funktion der Gewebe, welehe yon ihren spezifisehen (zelligen) Elementen abh/ingig ist. Diese spezifisehe Funktion h~ngt wieder mit nervSsem Einfluss zusammen, weleher sich vie]leicht auf die tonisehe (oder Bedingungs-Innervation yon v. T s e h e r m a k 1) zuriickfiihren ]ass~. Auch R o s e n h a e h und nach diesem H e r z :~) hasten schon das Ausfallen der I~nerva~ion an den Gef~issen far die Ursaehe des Entstehens der Nekrose gehal~en. Hingegen behaupte~ K r e i b i c h , dass die Nekrose mit Vorliebe zuers~ an Teilen und an Zellar~en auftrete, welche nicht direk~ innervier~ werden (HauL, oberster Tell des Haarsaekes, AbfuhrrShren der Sehweiss- und Talgdriisen). Dnrehsehneiden der Nerven hat obendrein niemals das Anf~reten yon Raynaud zur Folge. Das vorher Erw~hn~e bat uns schon auf das Gebie~ der trophischen Nerven gefShrt, dem von einem Teil der Forscher die grosse Rolle beim Ents~ehen van gaynaud zugesehrieben wird (u. ~. yon W e i s s , wenn auch nieh~ so bes~immt, wie Mitteilungen aus zwei~er Hand ksnn~en vermuten ]assen). Am weites~en gehen gewiss Verfasser wie Kornfeld3), die ohne Beriieksiehtigung des vasomotorisehen Charakters der Krankhei~, diese als eine reine Trophoneurose be~rachten. Abgesehen davon, dass die heikle Frage der trophisehen Nerven noch immer einen Gegenstand der Diskussion bildet und das Bestehen derselben yon den Anatomen noch nieh~ naehgewiesen ist, bin ieh der 1) Folia neurobiologiea I. 2) Nach Phleps, 3) Wiener reed. Presse 1892.
]~ltl~:4DERS
Ansich~, dass wir zur Erkli~rung der Erscheinungen der Raynaudscbea Krankhei~ der trophischen Nerven nicht bediirfen nnd dass wir uns dami~ begniigen diirfen, eine mehr oder weniger s~arke Uberreizung in der zentralen vasokonstriktorischen Bahn anzunehmen, vielleicht auch das Bestehen einer qualitativ abnormen Reizung dieser Bahn. Der Reizungsprozess kann in jedem Tell ihres zenfralen Verlaufs liegen oder sie auf reflek~orisehem Wege beeinflussen. Theoretisch besteht die MSgliehkeit, dass aueh in dem peripherischen Verlauf der Angriffspnnk~ liege. Sp~terhin werden wit in diesem Ar~ikel noch Gelegenhei/~ haben auf ein und das andere zuriiekzukommen. H n g t e k ~) kommt zu dem Sehhss, die Krankheit yon R a y n a u d sei als Ausserung einer gestSrten Innervation des ganzen Zirkulationsapparates zu be~raehten, der sich ein Reiz yon der Peripherie hinzugesellen miisse. Die anlassgebende Ursaehe sei dann eine Reflexwirkung yon bestimm~er Intensitiit und bes~immter spezifiseher Energie. - In Verbindung mit Vorhergehendem and aus Grtinden, die hier unten folgen, hat~e ieh es fiir ra~sam, nach dem Vorbilde yon Zeller 2) den yon R a y n a u d dem Syndrom beigelegten Namen dutch den der , a n g i o s p a s t i s c h e n G angrKn" zu erse~zen. Dieser Name l~sst n~mlieh die MSglichkeit bes~ehen, die Ursache (d. h. Angiospasmus) yon verschiedenen Affek~ionen abhiingig zu machen, was auch die Erfahrung verlang~, und schr~nk~ gleiehzei~ig den Krankheitsbegriff einigermassen ein, was fiir wiinschenswert zu halten ist. Diesen yon R a y n a u d gegebenen Namen, niimlich ,,gangrene symm~rique", darf man als einen nieht giinstig gew~hlten betrachten, well dadureh einem eigentlich nebens~chlichen Etwas die Bedeutung eines Kriteriums beigeleg~ wird. Zwar ist die Affek~ion in sehr vielen Fiillen doppelsei~ig, aber nur selten ausgesprochen symmetriseh. Obendrein jedoch kommen nicht wenig F~ille vor, bei denen die Abweiehung an e i n e r Extremit~ gefunden wird, sind andere beschrieben, wobei alle Gliedmassen betroffen wurden oder bei denen eine gekreuzte 3) Form bestand. Diesem kann ich die letzte MSglichkeit, ni~mlich die halbsei~ige 1) Wiener klin. Rundsehau 1906. 2) Zur Kenntnis der I~aynaudschen Krankheit. Diss. Berlin 1894. (Nach Strauss.) 3) Jedoeh nieht in der Art, dass die Erseheinungen am Arm and Bei~ sich im selben Augenblick entwickelten.
Ein Fall yon hatbseitiger angiospastischer GangrSn.
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Form hinzufiigen~ die - - insos mir bekannt ist - - his heute noch nicht beschrieben worden ist und wenigs~ens i n keinem Falle als eine Form, die, dutch ihre Erscheinungen und die Zeit desAuftretens derselben, betrachtet werden kann als verursacht dutch eine zu gleicher Zei~ ihre Wirkung entfaltende Affektion. Der Name symmetrische Gangr~n is~ obendrein die Ursache geworden, dass genetisch sehr verschiedene Gangran, selbs~ wenn die Lokalisation auch nicht zu dem l~amen Berechtigung gab, als I~aynaudsche Krankhei~ publiziert worden isL ttierher gehSren Fiille yon seniler oder luelischer Endar~eriitis, bei denen Gefs das urs~chliche Moment war, und andere, bei denen man Sensibilit~fisstSrungen ffir das Auftre~en der Nekrose ~'erantwortlich machen muss m~d welche in den Rahmen der M o r v a n schen Krankhei~ gehSren. Ich sehe hier g~inzlich yon der sogenannten spontanen Gangr~n der Hysterischen ab, die man in nicht wenig F~illen gewiss a]s Kunstproduk~ betrachten kann. Fiihren wir obige Beschrankung ein, identifizieren wit n~mlich die Raynaudsche Krankhei~ mit angiospastischer Gangriin, dann l~iss~ sich der Symptomenkomplex nicht so haufig antreffen, wie die ziemlich zahlreichei1 VerSffentlichungen kSnnten glauben machen. Wenn wir die Erscheinungen des bier zu beschreibenden Falles mit den Resultaten der Kreibichschen Experimente vergleichen. welche lehr~en, dass ein Proportionalverh~iltnis zwischen Reizst~rke und Reizerfo]g besteht, dass bei grosset Stiirke des Reizes Animie und Nekrose au{treten, dann kSnnen wir in unserem Fall yon Gangr~tn einen starken Reiz annehmen wegen des in den Vordergrund Tretens der synkopalen Sympfome. Die Lokalisation dieser Symlotome bringt ihn obendrein in die Gruppe anderer halbseitiger neurotischer Affektionen, wie z. B. die halbsei~ige Sklerodermiel), die Hemihyperidrosis, die ttemianidrosis, die hemiatrophischen Trophoneurosen, die halbseitigen cerebralen Muskelatro1) Pelizi~us, l%urol. Zentralbl. 1897, wo auch der Fall yon Bergern (torale halbseitige Sklerodermie) und der yon Anitschew (Sklerodermie der g]eichseitigen ExtremitKten). Ziemlich allgemein werden jetz~ die Sklerodermie und die Raynaudsche Krankheit als eng verwandt betrachtet (Gassirer, Rosenfeld, Gohn, Garrigues u. a.). Kombinationen beider sind nicht so selten.
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BE~D~s
phien 1), die Hemihyper~rophien2), die halbsei~igen H~imorrhagiena), die halbseitige Geff~ssI~arese.4 ) Eigene Beobachtung. I-I. Sp. ist eine 44j~thrige verheiratete Frau, deren erbliche Antecedenzien vS!lig normale sind. Sie entstammt einer Bauernfamilie, entwiekelte sieh k6rperlieh sowie geistig normal, war aber stets nervOs. Im Alter yon 21 Jahren verm~hlte sie sich in ihrem Stande, gebar 4 gesunde Kinder. Einmal trat (zwischen zwei normal verlaufenden Schwangerschaften) Abortus auf. Kein Lues, kein Potatorium. Nachdem sie schml einige Tage zuvor vial[ 'abe~. Religion gesprochen hatte and in ihrem Auftreten etwas ,,Sonderbares" sieh gezeigt hatte, geriet die gatientin am la. aanuar 1910 in einen ausgesprochen abweiehenden Zustanda). Sie hatte Bewegnngs- and Rededrang, flog wiederholt aus dera Bett, redete viel fiber rdigi0se Thernen und glaubte yon Gott gesandt zu sein, die Zensehen selig zu maehen. Naeh wenigen Tagen wurden die religiSsen Vorstellungen mehr und mehr yon erotiseh gefarbten verdrgngt. Die Patientin forderte den krzt auf zu ihr ins Bert zu kommen, behauptete gravid zu sein usw. Der Geft~hlston war deutlich positiv~ dabei bestand jedoeh erhohte Reizbarkeit. Sie sang viel, spie, schlug und kratzte die Umgebuag. Von Anfang an weigerte sich die Patientin zu essen, nut m~thsam gelang es, ihr dann and waaa ein Ei einzuflOssen. Dieses, ia Verband mit dem erl:Shten Bewegungsdr~ng, ffthrte zu sehneller Abmageru~g. In einem Zustand hoehgradiger Exaltation wurde am 22. Januar die l~atientin in Meerenberg aufgenoramen. Die Feststellung des Status'praesens war mit grossen Sehwierigkeiten verbunden, dennoeh liess sich so viel feststellen, dass somatisehe Abweiehungen auszusehliessen seien. Der allgemeine Ernghrungszustand liess siehtbar zu wt~nsehen iibrig, die Hautfarbe war graublass. Bei der Harnuntersuehung w~ren weder jetzt noeh sp~tter ab~orme Bestandteile zu finden, Zueker oder Eiweiss waren niemals zu konstatieren. Das psychische Bild (hysterisehe Stigmata fehlten) war alas einer deutliehen maniakalen Exaltation. Der Gefahlston war stets ein positiver, die Patieutin amf~sierte sieh ~iber alles. Wiederholt verliess sie das Bett, s~arf mit aliem, was sleh in ihrem Bereiche hefand, warf das Bettzeug 1) Vergl. E. M e y e r . Igeurol, Zentralbl. 1910; L u z z a t o , Deutsche Zeitschrii~ f, Nervenheilk. 23. 1903. 2) H e r m a n i d e s , Psychiatr. en Neurol. Bladen. IIL 1899; S a b r a z ~ s et C a b a n n e s , Iconograph. de la Salp~tr. T. XL 3) R ~ v e n n a , givista di Patol. n e r v e raent XV. 1910. Blntungen in der IIaut, den Muskeln, Gelenken der Gliedmassen, der PleurahShle, nut in der rechten K5rperhiilfte. Blutung links in den basalen Ganglien and der Capsula interna. 4) K a i s e r , Reurol. Zentralbl. 1895. Kopf nieht, rechte Hand und rechter Fuss am stiirksten beteiligt. Erweiehungsherd in der L~inge yon 1 cm in der Mitte des Nucl. eaudaflus links. 5) Ohne d~mit s~gen zu wollen,, d~ss in unserem Fall ein Verband bestehe~ erwiihne ieh, dass derR a y n a u d schen Krankheit nieht selten Ersch einungen yon Nervosit/it vorangehen, zuweilen sogar psyehotisehe Symptome.
Ein Fall yon halbseitiger angiospas~iseher Gangr/im
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dureheinander~ sehnitt Grimassen, maehte gymnastisehe f3bungen und verkroeh sieh dann wieder laehend unter die Deeken. Wenn man ihr zuredete, versteekte sie sieh oder sehlug um slob, indem sie allerlei sinnlose WSrter vet sieh hinmurmelte. Einige Male liess sieh die Patientin aus dem Bett fallen (H~he 60 em). Sie s e h l e n k e r t e d a b e i (die Matratze lag tiofer als der Bertrand) Beine und R u m p f d e r g e s t a l t , dass d e r l u m b a l e T e i l tier W i r b e l s ~ u t e auf dem B e t t r a n d e a u f l a g (eigentlieh d a r a u f fiel) und sehob dann m i t e i n e r s e h n e l l e n B e w e g u n g den t~brigen Toil des. K~Srpers e b e n f a l l s a b e t den R a n d h i n a u s , w o r a u f sie h i n u n t e r fiel. W~hrend sie sieh t~ber den Rand hinaussehob, griff sie sieh mit der Iinken Hand an der Bettstelle fest, wodnreh der Fall einigermassen gebroehen wurde. Vermutlieh ist dies jedoeh wohl einlnal misslungen. Die Exalt~ation dauerte einige Tage in gleiehem Grade fort, aueh naehts blieb die Patientin unruhig. Die Nahrungszufiihrung war ~nsserst besehwerlieh, es gelang jedoeh, der Patientin eine ziemlieh hinreiehende ~[enge (flt~ssiger) Speisen einzufl6ssen. Das Folgende entnehme ieh den weiteren Aufzeiehnungen: 26. J a n u a r . Es werden einige riehtige Bemerkungen und Antworten gegeben, bald jedoeh werden die Ausserungen inkoh~trent oder die Patientin verkrieeht sieh laehend-abwehrend unter die Deeken. 27. J a n u a r . Sehl~gt mit der reehten Hand h~ufig an die Bettstelle und bekommt dadureh kleine Hautabseht~rfungen an der dorsalen Seite der basalen Interphalangealgelenke der 4 lateralen Finger. 29. J a n u a r . Reizbar, abwehrend, Exaltation (zumal der Bewegungsdrang) unver~Lndert. 31. J a n u a r . Morgens ft~hlt die Patientin beim Bewegen heftige diffuse Sehmerzen im reehten Arm und reehten Bein. Der reehte Arm ist im Ellbogengelenk gebogen und wird mit der linken Hand an den KSrper gedraekt, die Finger sind in den Metaearpo-Phalangealgelenken leieht gekrr~mmt, in den Interphalangealgelenken starker. Das linke Bein ist im Knie- und Ht~ftgelenk flektiert, der Fuss extendiert. In o b i g e n t t a l t u n g e n i s t der S e h m e r z , wenn aueh n i e h t g e r a d e ganz a b w e s e n d , j e d e n f a l l s doeh u n b e d e u t e n d . Angstrufe werden jedoeh ausgestossen, sobald man die kranken Gliedreassert bewegt, selbst ein leiser Druek wird als sehmerzhaft empfunden. Die Hyper~sthesie ist besonders stark in den distalen Teilen der kranken Extremit~ten. Am Arm sind die Finger und Fingergelenke sehr empfindlieh, die Hand ist dies ebenfalls noeh in hohem Mage; am Unterarm nimmt die Empfindliehkeit naeh oben zu ab, passive Bewegungen im Ellbogengelenk entloeken freilieh noeh sehmerzhafte Ausrufe, aber diese verraten doeh eine siehtbar geringere Empfindlicbkeit als die, welehe in den mehr distalen Gelenken besteht. Aueh die Empfindliehkeit gegen Druek nimmt yon unten naeh oben ab. Der Oberarm seheint nieht nennenswert hyperAsthetiseh zu sein, Bewegungen im Sehultergelenk entloeken nieht die Reaktion des Sehmerzes, sondern nur die der Fureht. Ein analoger Status findet sieh am Bein, nur sind, wom~glieh, die Erseheinungen bier noeh heftiger. Bewegungen der Zehen und des Fusses Und Druek auf dieselben sind ausserordentlieh sehmerzhaft und diese iibergrosse Empfindliehkeit setzt sieh naeh oben bin in abnehmender Intentit~t fort. Gerade wie am
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BEN~:er.s
Arm seheint auch hier der obere Tell der Extremitht nicht t~bermfissig empfindlich zu sein, bei Bewegungen im Htiftgelenk wird nieht iiber Schmerzen geklagt. Die grossen Nervenstfimme sind nieht hyperSsthetisch, Qber Parfisthesien wird nieht geklagt. Abgesehen yon einer Sugillation in der GrSsse eines Pfennigs unter dem reehten Auge, sind iibrigens nirgends Abweiehungen zu finden. An den Gliedmassen fanden sieh keine Erseheinungen yon Fraktur, Distorsion, Arthritis, Kontnsion (ausgenommen die schon erwfihnten kleinen Hautabsehiirfungen). Die Wirbelsaule wird frei and schmerzlos bewegt, von empfindliehen Stellen oder Dislokation war nichts zu entdeeken. Aueh die Bewegungen des Kopfes geschehen frei und sehmerzlos, dieser Tell zeigt - - yon dem oben erwhhnten kleinen Bluterguss abgesehen - - keine Abweichungen. Den Pupillen ist leider bei dieser Untersuchung keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt worden, well die riehtige Bedeutung tier bestehenden Symptome in diesem Augenbliek yon mir nieht eingesehen wurde. Ich will jedoeh schon hier erwhhnen, dass darauf - - als die Art der Krankheit deutlieh zutage trat - - sofort geachtet worden i s t u n d dass wfthrend des ganzen Krankheitsverlaufes weder in GrOsse noch in tleaktion ein Untersehied zwisehen reehts und links bestanden hat. In Brust- und BauehhOhle keine Abweiehungen, ebensowenig an den linken Gliedmassen: Da letztere zum gergleieh mit den reehten bei der Untersuchung wiederholt Gegenst~nde der Beobachtung waren, vermag ich mit ziemlieher Sieherheit zu sagen, dass Temperatur- und Farbuntersehiede zwischen reehts and links damals nicht werden bestanden hubert. Die K6rpertemperatur war an diesem Tage 36,5~ resp. 36,8~ und 36,7~ der Puls war w~hrend der Untersuchung 86, regelmfissfg und gleich. 1. F e b r u a r . Sehmerzhaftigkeit unverfindert. Die Patientin ist ziemlieh ruhig, griff jedoeh unerwartet einer Krankenpflegerin, die besch~tftigt war sie zu fi~ttern, mit dem schmerzhaften Arm ins Haar. Am Abend fiillt auf, dass die Finger an dem schmerzhaften Arm bleich und kalt sind. 2. F e b r u a r . Morgens findet sieh an den Spitzen des Daumens, Zeigefingers, Mittelfingers und Ringfingers der rechten Hand eine sehwarze Verfhrbung, am st~rksten am Daumen and Mittelfinger (__+ 1 cm), etwas weniger stark am Zeige- und Ringfinger ( + ~12 era). Diese sehwarzen Teile sind trocken and hart. Das Ubrige der Finger und der daran grenzende Tell der Hand sind weiss, kalt und an~sthetisch, ebenfalls der kleine Finger, an dem keine sehwarze Verf~rbung sichtbar ist. Die Patientin klagt aber ,,Stechen" in den an~tmisehen Teilen. An allen Zehenspitzen des rechten Fusses ist eine schwarze gerffirbung zu sehen, die yon der grossen Zehe naeh der kleinen an Ausdehnung ziemlich regelm~issig abnimmt yon + 1 bis za + J/2 era. Der iibrige Tell der Zehen weist eine schmutziggrane Hautfarbe auf, welche durch Druck nicht zum gerschwinden gebraeht werden kann (Blutdiffusion), der daran grenzende Tell des Fusses ist tiber eine Breite yon 3 bis 4 cm an~misch und kalt. Auch in diesem Tell wird fiber ,,Stechen" geklagt. Die Art. radial, filhlt sich rechts etwas h~rter an als links, zeigt aber deutlieh einen Puls. Die Patientin wird in ein permanentes warmes Bad gebraeht nnd bekommt Nitroglyzerin.
Ein Fall yoga halbseitiger angiospastischer Gangr~n.
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3. F e b r u a r . Am Daumen, Mittd- und Ringfinger hat die Gangr~n sich ein wenig ausgebreitet, im iibrigen ist an den Fingern und der Hand der Zustand der gleiche wie gestern. Am Fuss ist die Fortschreitung etwas gr6sser, in dem gestern noch an~mischen Teile des Fusses ist jetzt aueh sehon Blutdiffusion zu konstatieren~ dieser Teil wird proximal yon einer neu aufgetreteneu an'~mischen Zone begrenzt. 4. F e b r u a r . Die Sehmerzhaftigkeit am Arm hat zusehends nachgelassen, in Verband damit wird dieses Glied freier bewegt, an Daumen und Mittelfinger verbreitete sieh die sehwarze Verfiirbung beinahe iiber das gauze erste Fingerglied, am Zeige- und Ringfinger ist der Zustand stationiir, der kleine Finger bleibt verschont, ist abet wie die abrigen Finger noch an~misch. Die An~tmie der Hand ist nicht mehr deutlich. In den an~misehen Teilen besteht Aniisthesie (Druck, Khlte, Warme, Schmerz). Die reehte Art. radial, zeigt keinen Unterschied mit der linken. Das Bein bleibt sehr empfindlieh, die G~ngr~nbildung greift da schnell um sich, stets begrenzt von einer dureh Blutdiffusion tingierten und darauf proximalwarts fo/genden weissen Zone. Die n~tchsten Tage nimmt die Sehmerzhaftigkeit des Armes sehr sehnell ab, der Prozess schreitet seit dem 5. Februar nieht weiter fort. Die An~mie verschwand, die Sensibilit~it kehrte an der Hand sehnell zuriiek, ausser an dem distalen Teil der Finger, wo (siehe sp~ter) noch geraume Zeit Gefiihllosigkeit ft~r die vier genannten Empfindungsqualithten bestehen b]ieb. Die Bewegliehkeit der Finger ist jedoeh nicht normal, diese sind steif and behalteu die frf~her erw~hnte Bengungskontraktur. In den i~brigen Armgelenken ist die Bewegliehkeit eine vSllig normale. Am Bein hingegen schreitet der Prozess unausgesetzt fort. Am 12. Februar war sch(~n der ganze Fuss gangranOs and hatten sich an der Vorderseite des Unterschenkels, in einem cyanotischen Teil, zwei nngef~ihr talergrosse Blasen gebildet, die nach Entfernung einen Substanzverlust mit blausehwarzem Boden zurackliessen. Etwa zwei Finger breit t~ber dem Sprunggelenk ring n~im!ieh der Saehverlauf insofern an sich zu andern, dass - - und zwar alhnhhlich - - das Stadium der Asphyxie an Stelle des synkopalen Stadiums trat. In dem distalen Tell des Unterschenkels wurde noch eine einige Stunden dauernde IseMmie beobachtet, der due • folgte; nac5 oben hin verschwand das synkopale Stadium jedoch ghnzlich und ring die Ver~inderung mit einer blauschwarzen Cyanose an, welche noeh schneller als die Isch~imie zu Gangrau fiihrte, aber - - wie die Erfahrnng lehrte - - gleichzeitig Stillstand des Umsiehgreifens bedeutete. Inzwischen hatte man naeh eiuer Konsultation mit dem Chirurgen, Kollegen W e s t e r m a n ~ mit der Badebehandlung aufgehSrt, weil die augewendete W~trme nicht den geringsten niitzlichen Effekt butte und obendrein in dem gangriinSsen StOck Zersetzung einzutreten anfing, welche TemperaturserhShung (bis zu 39,3 o) verursachte. An Stelle des Bades traten Umsehl~ige yon Spiritus camphoratus, um die Zersetzung zu bek~tmpfen und Eintrocknung zu erzielen. Der psychisehe Zustand der Patientin hatte sich mittlerweile sichtbar gebessert. Bewegungsdrang, Rededrang und Ideenflucht batten sehr bedeutend an Intensit~tt abgenommen, der Geft~hlston blieb noch positiv~ ein einzelnes Mal war die Stimmung etwas weinerlicla.
19. F e b r u a r . Der gangrfinSse Prozess hat sieh ausgebreitet zu der Flhche, die auf Fig. 1 zu sehen ist J), naeh der hinteren Seite des Beines t~uft diese Flache in einem Winkel yon -t- 45 0 mit der Aehse des Beines abw~rts. Sthndiges Fieber, der Fuss troc]~net an der Oberflache ein~ 26. F e b r u a r . Die oben angegebene Grenze zeigt sich als eine definitive. Die Patientin bleibt fiebernd. 5. N h r z . Der Zustand der Hand ist sehr befriedigend, unter der nekrotisehen Haut hefindet sieh ein ~usserst blutreiches Granulations-
Fig. !. gewebe. Die Farbe der ttand und der Finger ist etwas r6ter als an der linken Seite. 15. Mhrz. Das Bein wird gut 10 cm unter dem Knie amputiert, Patientin kommt sehr gut durch die Operation. Am Abend und am Morgen des naehsten Tages ist die Temperatur eine noch etwas erh6hte (bis 38,3 o), seitdem hlieb die Patientin fieberfrei. Aus dem gesunden Tell des amputierten Stfiekes werden einige Blur1) Leider tritt auch dutch die Krfimmung der Finger die Gangr~n dieser Teile infolge yon Schatten nieht hervor. Fig. 2 gibt davon einen etwas bessern Eindruck.
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gefi~sse und • zur naheren Untersuchung herausprapariert. Die Resultate dieser Untersuehung werden sphter erw~thnt werden. 19. Marz. Allgemeinbefinden sehr befriedi~end. Starke Granulationswueherung an den Fingern; am Zeige- und Ringfinger stossen sieh die nekrotischen Spitzehen ab. Von der Hand wird eine neue Au~nahme gemaeht (Fig. 2). 4. A p r i l . Die Besserung der Hand nimmt einen befriedigenden Fortgang. Am Daumen und Mittelfinger stossen sich die Nagel ab. Bei aktiver sowohl wie bei passiver Bewegung bleibt die Beweglichkeit in den Fingergelenken sehr gering.
Fig. 2. Die Wunde an dem Beinstumpf hat ein befl'iedigendes Aussehen, nur an der Vorderseite sind die Wundrander tiber eine Lange yon + 1 cm auseinander gewichen und lassen eine schwarzrot gefiirbte Fltissigkeit durch (Folge einer in dem Stumpf aufgetretenen geringffigigen Blutung). Die Ni~hte werden entfernt. Am Beinstumpf sind keine EmpfindungsstSrungen zu konstatieren, nur dann und warm ftihlt Patientin ein schwaches ,,Stechen", welches im amputierten Fusse lokalisiert wird. ,Es ist~ als ob mein Bein noch daran ware." 11. April. Wundrander an dem Stumpf sind gut verwachsen, nut an oben erwahnter Stelle ist ein kleines Triehterchen entstanden, das Neigung zu granulieren zeigt. Der Zustand der Hand ist befriedigend, an der Spitze des Daumens befindet sich noch ein nekrotischer Tell, der fest mit dem
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knSchernen Fingerglied verbunden ist, wahrend am Mittelfinger ein gleicher Zustand angetroffen wird. Aus einer ,kleinen Offaung am Nagelrand des Ringfingers sondert sich eine purulente Fltlssigkeit ab, auch unter dem Nagel des Zeigefingers tritt Abszessbildung auf (Panarices analg~siquesl). Eine Untersuchuag der hierunter folgenden Empfindungsqualit~ten ergiebt Folgendes: Z e i g e f i n g e r , v o r d e r s t e s Glied: Tast-(Druek-), Schmerz-, Warmeund K~ltegefilhl aufgehoben; m i t t l e r e s Glied: Hyphsthesie der vier genannten Qualit~ten, welehe in proximaler Richtung schnell ubnimmt; b a s a l e s Glied: Keine Gef~hlsstOrungen za konstatieren. R i n g f i n g e r , v o r d e r s t e s Glied: An~tsthesie der vier Qualit~ten in dem distalen Teit, an dem mehr proximatea Tell wird ab Und zu eine Tast-(Druek-) und Schmerzempfindung richtig angegeben, auf Temperaturreize wird nicht reagier~; m i t t l e r e s Glied: Proximalw~rts sehnell abnehmende HHyp~isthesie der Vier Qualitaten; b a s a l e s Glied: Keiae Abweichungen. K l e i n e r F i n g e r , v o r d e r s t e s Glied: Leichte ttypfisthesie der vier Qaalitftten; m i t t l e r e s and v o r d e r s t e s Glied: Pt~nktliehe und riehtige Reaktion. Die Grenzen der an~sthetisehen Teile fielen fftr die 4 Qualitaten zusammen, nut f~r den Ringfinger bestanden geringfagige Untersehiede. Patientin klagt ~ber ,,S~tngern" in den Fingern (zumal im Zeigefinger), nut der kleine Finger ist frei davon. 18. April. Das Triehterehen an dem Beinstumpf hat sieh mit Grannlationsgewebe geft~ll% unct ist mit Haut bedeekt. Hiermit haben die krankhaften Ver~nderungen am Bein ein Eade genommen. Weder jetzt noeh sphter war, in weleher Hinsieht denn aueh, an dem Beinstumpf noeh irgend eine Abweiehung zu finden. Die nekrotisehe Spitze des Daumens ~vird entfernt; hierbei zeigt sieh, dass der Knoehen ilber + I/3 .seiner L~tnge nekrotiseh ist. Auffallend sehnell granuliert die Wnnde voll, binnen ft~nf Tagen ist die Wundfl~ehe ganz mit Haut bedekt. An dem Mittelfinger zeigt sieh geringe Neigung zum Abstossen der gangran6sen Spitze, am Zeige- and Ringfinger bilden sieh noeh immer Abszesse, die Fl~ssigkeitsmenge wird jedoeh geringer. 25. April. Zustand des Nittelfingers unver~ndert. Die Panaritien sind versehwunden mit den SensibilitatsstSrungen. Nut die Spitze des Zeigefingers ist noeh in geringem MaBe hypasthetiseh, wahrend die Narben an den Spitzen tier Sitz yon Parftsthesien (,,Steehen") sind. Die I-Ierzt~tigkeit hat naeh der Operation (Versehwinden des Fiebers) niehts Besonderes mehr ergeben, der Pals war stets regelm~tssig, gleieh, die Anzahl der Sehlage 76--80. 2. Mai. Zustand des Mittelfingers nieht nennenswert ver~ndert. Die fibrigen Finger sehen befriedigend aus, die Par~tsthesien in den Spitzen des Zeige- and Ringfingers dauern nooh fort. Die (zumal passive) Bewegliehkeit in den Fingergelenken nimmt ein wenig zu, das Spreizen and Addazieren ist nahezu ungest6rt. Unterdessen ist deutlieher eine - - f l b r i g e n s sehr m~ssige - - Verdannung des Daumen- and Kleinfingerballens der kranken Hand ein-
Ein Fail yon halbseitiger angiospastischer Gangr~in.
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getreten~ indem die Spatia interossea im Vergleich zu links eine leichte Einsinkung zeigen. Die Verdilnnung betrifft auch die Haut einigermassen und das Unterhautzellgewebe, zum grSssten Tell jedoch hat man sie der Atrophie der betreffenden Muskeln zu verdanken. 16. Mai. Ungeflihr wie die verflossene Woehe; an der Spitze des ~ittelfingers sehr ungentigende Granulationsbildung. 23. Mai. Die Spitze des Zeigefingers wird mehr und mehr der Sitz eines ,,sonderbaren ~' Gefilhls (,Kribbeln", ,Si~ngern"). Dieser Finger sieht glanzend aus, ist fast durchghngig bedeutend kalter als die anderen~ zuweilen soll er (subjektiv!) ,,ein heisses Geffihl" geben. 80. M~ai. Der nekrotische Tell des Mittelfingers mit dem darunter liegenden Teile der knSchernen Phalange wird operativ entfernt. Der Zustand des Zeigefingers bleibt der gleiehe (glanzend, kalt, ,,kribbelnd"), die Farbe weicht darin etwas yon der der anderen Finger ab, dass sie eine schwachblaue Beimischung zeigt. 6. Juni. Die Wunde am Mittelfinger granuliert sehr unzulfinglich. Die reehte Band (zumal jedoch die Finger). ist oft leieht cyanotisch, kiflter als die linke und der Sitz yon ,,Stechen". Wird die Band in warmes Wasser gebracht, so versehwindet far eine gewisse Zeit objektiv und subjektiv die Kalte (und auch die Parasthesie), ausser an dem Zeigefinger, d e r n u r ganz wenig reagiert and sich fast unmittelbar nach dem Zurtiekziehen aus dem warmen Wasser wieder genau so kalt anftihlt. 13. Juni. Der Gebrauch der Finger hat sich insofern gebessert, dass bei einer besonderen Haltung des Federhalters die Patientin ziemlieh anstfindig schreiben kann. 20. Juni. Zustand so ziemlich unverandert. Nur findet sich - - zumal an den Fingern - - eine verfinderte Gefi~ssreaktion insofern, dass sie (am starksten am Mittelfinger) beim Reiben oder Kneifen nicht eine rote, sondern eine blaurote Farbe aufweisen. Am kleinen Finger ist diese Ver~nderung nur in geringem Ma~e zu konstatieren, der Zeigefinger reagiert auf diese Manipulation nicht siehtbar, sondern behi~lt standig seine rote, leicht cyanotisch angehauchte Farbe. Die blaurote Farbung der Hand und der erwiihnten Finger zeigt sich auch bei einem Grade yon Abkahlung, welche auf die gesunde Hand und die gesunden Finger keinen sichtbaren Einfluss hat. Die Beweglichkeit der Finger hat sich wenig zu ihren Gunsten ver~ndert. Die distalen Phalangen werden etwas besser bewegt als die mittelsten, die basalen werden beinahe normal gebogen und gestreckt. 27. Juni. Im Laufe der verfiossenen Woche bedeekte sich die Spitze des Mittelfingers endlieh auch mit Haut. Die Haut bleibt der Sitz vasomotoriseher St(irungen in oben erwhhntem Sinne. 1. Sie ist (zumal an den Fingern) racist kalter als die gesunde und dabei leicht eyanotisch. Dureh Warmeapplikation liess sich zeitweise beeluem gegen die Kalte ankfimpfen, bei geniigender Bedeekung (z. B. mit den Decken) besteht zwischen rechts und links kein bemerkbarer Temperaturunterschied. 2. Der Zeigefinger hingegen reagiert nur sehr wenig auf ~iussere Reize. Dieser Finger ist k~lter als die ilbrigen (zuweilen subjektiv heiss) und glimzend. Deutsche Zeitschrift f. Nervenheiikunde. Bd, 43.
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3. Es besteht eine ver~nderte Reaktion auf mechanisehe i~ussere Reizc (zumal am Mittelfinger) insofern, dass beim Reiben, Kneten und Derartigem eine leicbt eyanotische Hautfiirbung auftritt. Der Zeigefinger nimmt aueh hier wieder eine besondere Stelle ein, er reagiert nieht nennenswert, aber beh~lt seine leicht eyaaotische Farbe. Die eyanotische Reaktion ~immt ~brigens in folgender Rangfolge ab: Mittelfinger, Ringfinger~ kleiner Finger. In letzterem fMlt sie sehr wenig ~uf. Die Bewegliehkeit der Finger ist wieder etwas vorwhrtsgesehritten, der kleine Finger kann z. B. bei aktiver Bewegung his an die Vola manus gebracht werden, der Ringfinger bleibt devon noeh gut 1 cm entfernt. 4. Juli. Der Daumen fi~ngt au in seinem Verhalten dem Zeigefinger zu gieichen, jedoeh des bei diesem auffallende Gtatte ~md Gl~nzende fehlt. I)as Hiiutchen, das die Spitze des Mittelfingers bedeckte, ist zum Tell im Laufe dieser Woche dureh eine sero-purulente Masse gehoben und abgestorben. Die dadurch entstandene keine Wunde zeigt wenig Neigung sich zu sehliessen. Der Ringfinger kann aktiv an den gandballen gelegt werden, der Zeigefinger beinahe. Des Biegen in den Interphalangealgelenken geht besser als des Strecken. 11. Juli. Die Wunde am Mittelfinger hat sieh gesehlossen. Bewegliehkeit der Fingergelenke ungef~hr die gleiche. Thenar und Hypothenar reehts sichtbar kleiner als links, es macht jedoch den Eindruck, dass die Unterschiede etwas weniger gross sind als frt~her. Es li~sst sich mit Bestimmtheit sagen, dass ~lie Einsinkuzg der Spatia interossea etwas weniger tief geworden ist. 18. Juli. Zum ersten Ma!e wurde konstatiert, dass der Zeigefinger eine Temperatur hat, die nicht yon der der abrigen Finger zu ungerseheiden ist. Diese Erseheinung (welehe die intelligente Patientin selbst schon zuvor beobachtet butte) ist jedoeh nut eine zeitweise. Der gew6hnliehe Zustand bleibt, dass Daumen und zumal der Zeigefinger kMter sind als die anderen. Unter diesen letzteren ist der Mittelfinger jedoch wieder in ungf~nstigeren Umsthnden als die beiden anderen. Die Spitze des Mittelfingers ist diese Woche wiederum geSffnet worden; unter der entstandenen Kruste sammelt sieh sero-purulente Fllissigkeit an. 25. Juli. Die Fli~ssigkeitsabsonderung hat aufgehOrt, die Wunde ist mit einer Kruste bedeckt., 1. August. Zustand wenig verandert. Die Bewegliehkeit der Finger schreitet sehr langsam vorw~rts. Temperaturunterschied zwisehen den Fingern lasst sich noch stets konstatieren, des Gefi~hl ~,on ,,Steehen" und ,Kribbeln", des zumal in den ersten zwei Fingern lokalisiert wurde, hat nieht unbedeutend nachgelassen. Die Spitze des Mittelfingers ist noeh mit einer Krnste bedeckt. Die Reaktion der Gefasse ist noch eine abweiehende. Die Interossealriiume nicht nennenswert tiefer mehr als links, Thenar and l-Iypothenar ein wenig zu ihren Gunsten verandert. Der Gebrauch der Hand hat sieh allmi~hlieh insofern gebessert, dass ziemlich ansti~ndig geschrieben~ gestrickt u. a. werden kann. 8. August. In Farbe der Hand und der Finger etwas mehr Ubereinstimmnng mit der der linken Seite, Pari~stbesien fast so gut wie verschx~,nnden. Seit Anfang Juti hatte die Patientin Gehversuche auf einem ktinstlichen Beine gemacht, auf dem sie gelernt hatte (sie war sehr angsflich)
Ein Fall yon halbseitlger angiospastischer Gangr~n.
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sich ohne Unterst~tzung einigermassen zu bewegen, w~thrend sie mit Unterstatzung ziemlich gut gehen konnte. 15. August. Heute verliess Patientin die Anstalt in einem Zustande, welcher yon dem der vorigen Woche nicht nennenswert abwich. P a t h o l o g i s c h - a n a t o m i s c h e U n t e r s u c h u n g . Kollege R i s s e e u w , Assistent des Kollegen W e s t e r m a n , war so liebenswardig, aus dem gesunden Teil des amputierten Stt~ckes einige Blutgef~tsse und Nerven herauszuprhparieren, whhrend der Prosektor unsel:er Anstalt, Kollege N i e u w e n huijs% die Freundlichkeit hatte, die Praparate und die beigeft~gten Ab-
Fig. 3. bildungen zu verfertigen. Beiden spreche ich auch hier meinen besten Dank far ihre BereitwiIligkeit aus. Die hier reproduzierten Praparate der Blutgef~sse stammen yon Teilen, die + 8 cm yon der am meisten proximalen Grenze der Demarkationslinie Iiegen, ein Abstand, tier, soweit mir bekannt ist, viel grSsser ist als der, in welchem bis heute in Fallen yon angiospastischer Gangr~n Praparate hergestellt werden konnten. Auch die Nerven wurden untersucht auf Schnitten, welche in demselben ~iveau lagen. Wenn wir uns vorlaufig die Abbildungen oberflachlich betrachten, so zeigt sich 1.1 dass die Blutgefhsse tier Sitz einer starken Endarteriitis sind, wodurch in den grOsseren Gefassen (Fig. 3) noch ein sehr verkleinertes 2*
20 Lumen wie in Lumen stQlpte
BE~,s
~brig geblieben ist, aber welche in del~ kleineren, in Venen sowoh[ Arterien, zu einer v611igen oder fast v611igen Versehwindung des geffihrt hat (Fig. 4). Wo das Lumen noch etwas gr0sser war, sich hier und da die verdiekte Intima polypenartig in das Lumen
Fig. 4, aus. Diese Ausw~chse sind (zumal an den Spitzen) noch deutlich als organisierte Thromben zu erkennen, im jungen Bindeg~webe finder man n~mlich noeh BlutkSrperchen eingesehlosseu. 2. Die Untersuchung der Nerven war in ihren Resultaten negativ, yon Faserverhst oder Eutartung war nichts mit Gewissheit zu entdecken. Diese Resultate s~immen, was die Blutgef~sse betrifft, mit denen yon D e hi o 1) iiberein, der ebenfalls eine fibrSse Endarteri[~is and Endophlebitis zu konsta~ieren vermoehte, aber gleichzeitig land, dass die Querschni~te der (digitalen) Nerven nur noch hier und der Achsenzylinder und Markscheiden enthielten, welche dfinn und schmal waren. 2) 1) Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilkde. Bd. 4. 1893. 2) Die ]~esultate der Nervenuntersuehung in meinem Fall beweisen nut, dass die yon D ehi o angenommenen aufsteigenden degenerativen Ver~nderungen in einer Entfernung yon + 8 cm Demarkationslinie nieht mehr gefunden werden.
Ein Fall yon halbseitiger angiospastischer Gangr~n.
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Nach ihm kann die Sklerose der Gefgsse unmSglich die Ursaehe der Gangr~in sein, denn diese Sklerose wtirde nicht erklgren kSnnen das ,,auf die S~unde" gleiehzeitige Erkranken (in seinem Fall) aller zehn Finger und ebensowenig das Auftreten der Gangrgn in wenigen Stunden. •ach D e h i o s Anffassung sind die Gefgsse sekund~r sklerotisch geworden under dem Einfluss des Demarkationsprozesses (wie T h o m a ffir die Gef/isse in Amputa~ionss~iimpfen gezeig~ hat) und kSnnte hSchstens die Gef/issver~nderung ein Unters~titzungsmomen~ sein. Auch tier peripheren Neuritis kann er (ira Gegensatz zu P i t r e s e~ V a i I l a r d , g o c h e n e g g u. a.) keine Bedeu~nng zus~hreiben, er betrachtet sie als sekund~r und aufsteigend, sieh stiitzend auf Untessuchungen yon K o p p , F r i e d l ~ n d e r u. K r a u s e und Gerlach. Auch N o n n e und Lace ~) fanden ~hnliche Abweichungen wie D e h i o nnd kamen zu der Schlussfolgerung, dass die Krankhei~ eine Vasoneurose sei und der Gefgssver/~nderung hSchs~ens die Jdedeutung eines unters~iitzenden Momentes zuerkann~ werden kSnne. Auch sie be~raeh~en die periphere lqeurif~is am ungezwungens~en erkl~r~, indem sie diese als sekund~re Erseheinung auffassen~), aber meinen doeh die Auffassung yon H o c h e n e g g u. m nich~ mi~ Bestimm~heit ablehnen zu diirfen. Einen anderen Standpunkt nehmen diejenigen ein, die den Einfluss trophiseher Nerven gelten ]assen. Naeh Cassirer (1. e.) wird die trophisehe StSrung vermutlich nieh~ so sehr dureh vSllige Aufhebung als durch Ver~nderung tier Innervation verursachf., die Erniihrung der Gewebe steht nnter nervSsem (trophischem) Einfluss, beim Ausfallen dieses Einfiusses werden die Ern~ihrung nnd das darauf beruhende Waehstum nnd die ~eubildung nich~ zum S~ills~and gebrach~, jedoch vergnder~ und verringert. L a p i n s k y 3) reehne~ nnter die Elemen~e des vaso~rophischen Einflusses u. a. das ims~andehalten des Gleiehgewieh~es in dem Waehsturn der einzelnen Gewebe. Under normalen Umstgnden werden zur Hyperplasie neigende Gewebe in ihrem Waehstum gehemm~, Gewebe, die zur Aplasie neigen, in ihrem Wachstum begiins~igt. ~qach P h l e p s (1. c.) haben die verschiedenen Gewebe im Nervensystem ihre eigene trophische Vertre~ung. Dadureh is~ es zu erkl~ren, dass sie in so ungleiehem MaSe befallen werden k5nnen. Auch bei dieser Auffassung ents~eh~ also die MSglichkei~, dass 1) Handbuch der pathologischen Anatomie des Nervensystems yon Flatau, Jacobsohn und l~[inor. 2) Vergl. auch Nonne, Arz~licher Verein zu Hamburg 16. Okt. 1894. 3) Virehows Archiv. Bd. 183. 1906.
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BE~DEKS
Ausfallen oder ~_nderung trophischer Einflfisse das Waehstum der ~ewebe (und zwar in ungleichem Mal~e) ~indert. tiler is~ es an der Zeig zu melden, was uns Experimente gelehrt haben, bei denen die Gef/~ssnerven chronischen geizungen ausgesetzt wurden und solche, bei denen die Gef~ssnerven zerstSr~ wurden. Ersterwiihnte Versuche sind (an tIunden) yon L e w a s c h e w t ) gemacht worden. Er fund, dass ausreichend lange Irritation des Nerv. ischiadicus vermit~els~ reizender Stoffe die Ersetzung eines mehr oder weniger grossen Teiles des Gef/~ssmuskels dureh Bindegewebe zur Folge hatte. Im sp~teren Stadiam ring auc}~ di~ Intim~ zu leiden an. 2) Der Verf~sser fiihrt seine Resultate auf Reizung der Vasodilatagoren zurtiek und zwar auf die Einwirkung derselben auf die Vasa Yasorom. Durchschneidungsversuehe tier Gefgssnerven (die Literatur bei Lap i n s k y ) sind in grosser Anzahl gemacht worden. Wit werden hier nur ein paar dieser Untersuchungen nennen. C. W i n k l e r 3) fand in der (dutch ,,Ausrollen" des in Frage stehenden Nerven) neuroparalytisch gewordenen Gef/isswand bei Kaninchen sehr bald Entar~ung der peripheren Muskelzellen der Media, aber die mehr zentral ge]egenen Muskelzel[en, zuma[ die, welehe sieh unmitte]bar unter der Membrana e]astica interna befanden, teilten sich indirekt, and auf einigen Stellen fancl m a n in den betreffenden Gef~ssen Mitosen der Muskelkerne in grosser Anzahl unmittelbar unter der Intima. Auch fand man einzelne Kern~eilungsfiguren in der Intima, aber diese war (naeh 20 Tage) unbedeutend gewueher~ bei ent1) Virchows Archiv. Bd. 92. 1883. 2) Der Verlauf des Versuehs war folgender (vgl. Lapinsky): Nach Applikation des Reizes entstand Gef/~sserweiterung, 2--3--4 Tage wurde die Extremidit w~rmer und blieb da~nnzuweilen bis zu 5 Monate lang im se]ben Zustand. Bei andauernder P~eizunghatte sieh die Adventitia am meisten ver~ndert: Neubildung welter, blutreicher GeNsse. Itier and da clrangen Geffisssehleifen in die Media~ deren Muske]bfindel sie auseinander dr/ingten. Im weiteren Verlauf umringten sich diese Gefgssdurehbriiche mit Bindegewebe. Dieses gesehah auch mit Bfindeln Muskelfasern, welche schrKg, ja sogar radi~r gelegt wurden und in denen die Muskelzellen verkleinert und tr[ib waren, schwer oder nicht sichtbare Kerne enthielten und allm~hlich versehwanden. Ging die Durchsehneidung des Nerven nicht mit t~eizung der Vasodilatatoren zusammen, dann blieben die Gef/isse im Gebiete des paralysierten Nerven unverEndert. An den kleinen Gef/issen waren die Ver~nderungen viel grSsser als an den grossen (fibrigens auch herdweise), am grSssten obendrein in den distalen Teilen der Pfote. Dieses stimmt mit I, apinskys Erfahrungen fiberein: Die Vasomotoren fiben in den am meisten peripheren KSrperteilen den grSssteu Einfiuss xus, und (ffir zentrale Reizung: I~edu]la obtongata) mit denen ~on Klemens~ewicz (vergt. Phleps), 3) Psyehatrisehe Bladen. XII. 1894.
Ein Fall yon halb~eit~ger angiospastischer Gangr~in.
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schiedener Verdickung der Muskelschicht. Nach 41 Tagen ha~t,e die Muskelschicht schon die doppeite Dicke bekommen und nach noch l~agerer Zeit t) waren die Ver~iaderungen noch viel grSsser. Die Muskelzel]enwucherung der Tunica media (die sich in eine atrophische loeriphere und in eine gewucherte zentrale verwandelt butte) war enorm, sie haste die Membrana elastica interna vor sich hergedr~ngt, diese teilweise in sich aufgenommen, tei]weise dnrchbrochen. ~/ier und da standen jedoch noch gewundene ~berreste d~eser Membran mitten zwjschen den Muskelzellen und hatten sich in Reihen abge]agert, der L~ngenachse des Gef~s~es parallel. So entstand d,s Bild, als ob eine Reihe der L~nge nach |[egencIer Muskeizellen m~t den koazen~rischen abwechselten an der Stelle~ wo fdiher die Membrana elas~ica interna gelegen hatte. Yon diesem Fliess traten stellenweise eiuige Falten ~um Vorschein. Dann folgten wieder konzen~risch angeordnete Lagen uad darauf nach dem meistens erweiterten Gef~ssvo]umen hin wieder parallel mit der L~ngenachse laufende Muskelzellen. Die Endothelzellen, in ger~ngem Mal]e gewucher~, lies~en sich nur ~iusserst schwer scharf yon den Muskelelementen trennen. Weiter nach der Peripherie (in diesem Falle nach eiaem Ulcus) bin war infolge der siarken Wucherung der Mu~kel]zel]en die Arterie versto[~f~ uud W i n k l e r is~ ~ ohne generalisieren zu wollen - - geneig~ anzunehmen, dass diese Tatsache eine Rolle spieIe beim En~ s~ehen der Gangr~in (Ulcus). Er mach~e welter die merkwiirdige Entdeckung, dass bei Ausrollung des Nervus ischiadicus die beschriebenen Ver~nderungen an der Art. tibiah post. nur in dem Tell der Schlagader auftreten, tier yon dem l~ervus tibialis beherrscht wird. Wird der zwischen dem Eintreten des Nervus ischiadicus und dem Ursprung den Ram. plantar. profund, liegende Tell der ArterJe untersucht, dann hat sich nur das an dem Nervus ischiadiens ]~egende StUck ver~ndert. I)Je laterale, yore Nerven abgewende~e Hs des Quersehz~it~s hingegen ha~ sich nicht vergndert, enthgl~ schSne, konzen~risch geordnete Muskelzellen und is~ unversehrt geblieben, Die Arterienwand is~ also an dieser Stelle infolge des Eingriffes in zwei scharf getrennte Stiicke ge{eilt. Das Endo{hel, das auf der kranken Seite des Gef~isses einigermassen (und nicht konstant)gewuchert hatte, ist an dem gesunden Teil unver- gndert. Dieses spricht gegen T h o m a s ' Ansieht, dass in der erweiterten Arterie kompensatorische Endothelwucherung auftreten mfisste, 2) !) 202 Tage. 2) VergL auch Bervoets. D~ss. Utrecht 1894.
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BE~D~S
F r g n k e l 1) fund naeh Durchsehneidung des Nervus isehiadieus bei Hunden und Kaninchen Verdieku~g der Arterien- und Venenw~tnde, hauptsgehlieh infolge yon Hypertrophie der Muskelschicht. Zumal an den Wgnden der Venen war diese Verdickung so stark, dass sie Arterien iihnlieh sahen. In~ima und Adventitia hatten sich nur wenig verdickt. Der Lumendurehschnitt der kranken Arterien war vie> his fitnfmal grSsser als der der gesunden. Die Falten der Merebrunn elas~ica hasten sieh durch die Erweiterung geglii~e~ und waren stellenweise g.anzlieh verschwunden. Die kranken Arterienwgnde batten sich so sehr verd~ek~ (~n noch hSherem Matte gaI~ 4~es fi~r die Venen), dass -- trotz des vergrSsserten Lumens - - le~zteres doch als ~erengt imponierte. Die Verdickung war keine gleiehmgssige, dadureh wnrde die runde Form des Lumen zu einer ovalen oder sogar spaltf6rmigen. J o r e s 2) fund beim Durchsehneiden des ttalssympathicus beim Kaninchen an einer Suite: Erwei~erung der Gefgsslumina an derselben Seite mit Verdickung der Muskelschicht, vOllig normale Intima, niemals Spuren yon Endarteriitis. Gegen die Versuehe yon J o r e s ftihr~ B i e l s c h o w s k y s) an, dass Nervenfasern schnell regenerieren und dass Resek~ion grSsserer SUicke wiinschenswert gewese~ w~re. L u p i n s k y (k cO, clef in Hinsich~ darauf die nStigen Massregeln traf, vermoehte nach 6--8 Monaten noeh keine nennenswerte Regeneration zu beobaehten und ftihA noeh andere Einwendungen gegen die Versuche yon J o r e s an. L a p i n s k y kam bei seinen Durehsehneidungsversuchen (an der Hinterpfoie des Hundes) zn anderen Resu]~a~en. Wurde der Nervus isehiadieus durchschnitten, dann bemerk~e er an den Gefi~ssen (dis~aler Tel[ der Ex~remitiit): a) Infiltration und Verdickung der Adventitia; b) Sehwellung eines Tulles der Muskelfasern und -kerne und auch Verfall dieser Kerne in manchen Gefiiss~eilen; e) Wueherung der Endothelzelien in cier Form einzelner Z~ige uad K~mme. In Hinsicht auf die Erklih'ung der Gefiissveriinderungen naeh Beschgdigung der betreffenden Nerven unterscheidet man zwei Par{eien (siehe Literatur bei L a p i n s k y ) : 1. die, welehe dem Nerven einen vasotrophischen Einfluss zuschreiben und 2. die Gegner dieser Ansieht. Ieh kann bier nich~ niiher auf diesen Gegenstand eingehen und verweise diejenigen, welche diese Angelegenheit interressier~, auf die sehon mehrmals genannte Arbeit L a p i n s k y s . Wenn wir nun im !) Wiener klin. Woehenschr. 1896. Naeh Lapinsky. 2) Bdtrgge zur pathologisehea Anammie and zur atlgemeinen Pathologieo 1902, 323) Siehe Referat fiber aores' Arbeit im Neurol. Zentralbla~t 1902.
Ein Fall yon halbseitiger angiospastischer Gangdin.
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Lichte des Vorhergehenden die Pr~paraie unseres Falles eider n~heren Untersuchung unterziehen, so l~sst sieh Folgendes bemerken: I~icht zweifelhaft let eine sehr starke Wucherung der Intima, welche jedoch, namentlich in den grSsseren Gefi~ssen, keine gleiehm~esig dieke ist, wie auch aue beigefiigter Abbildung (Fig. 3) zu ersehen ist. (In den kleineren Gefiiesen, in denen das Lumen ganz verschwunden ist, oder eich auf eine minimale Spalte reduziert hat [Fig. 4] fallen diese Ungleichm~seigkeiten wenig auf.) Die Muskelschicht verh~lt sich auf dem queren Durcbschnitt sehr ungleieh, i\%ben Teilen, wo der Aspekt ale normal gelten kann, kommen andere vor, welche viel breiter sind infolge yon Auseinanderweichen der glatten Muskelfasern. In dieeen Tei]en sind -- nicht fiir alle in gleichem Maiie - - die Zellkerne weniger gut gefiirbt als in den wenig oder nich~ ver~inderten S~iicken des Durchschni~es, w~hrend obendrein ein Tell dieser Anschwellungen-und zwar der Tell, der an die Membrana e]astica interna grenzt, dureh Bindegewebe ersetzt worden let,. In dieeem Bindegewebe sind noch einige ~lberreete yon Muskelfasern, zumal in der Form verkleinerter oder schlecht gef~rbter Kerne zuriickzufinden. An einzeInen S~ellen f~ing~ man an zu zweifeln, ob die Verdicknng der ~uskelschieh~ eich wohl nut dureh das Auseinanderweichen der Muskelzellen erkl~ren l~iss~ und ob nieht - - i m Vergleich mit den als normal zu be~rachtenden Teilen - - a u e h eine Zunahme in der Anzahl der Muskelzellenlagen zu konstatieren ist. Die Membrana elas~ica interna ist nirgends yon der Muskelsehich~ durehbrochen nnd l~isst sich fast tiber den ganzen Gef{issquersehnitt sehr deutlich verfblgen. Nut auf einem Tell der Stellen, wo sie zwiechen der Intima und den in Bindegewebe verwandel~en Teilen der ~uskelschich~ liegt, finder man sie viel weniger seharf and nich~ als eine vollkommen fortlanfende Linie zuriiek, sondern als eine Linie, die kleine Un~erbrechungen aufweist. An der Intimaseite der Membran sind nirgende Kerne yon glatten Muskelfasern zu sehen. Die Lage der Membran zeig~, dass sie infolge dee Auseinanderweichens der Muskelfasern an den betreffenden Stellen in der Richtung des Lumens mii versehoben women ist. In den Teilen, wo die Muskelzellen voneinander gewichen sind, kommt keine Bindegewebsneubildung vor, nut bier und da finder sich ein Bindegewebskern, w~ihrend auch Leukoeytenkerne sehr spi~rlich nnd zere~reut vorkommen. Yon Hyperplasie der ~ Vasa vasorum war nirgends eine Spur zu entdecken, nnr an einer einzigen Stelle land ich in der verdickten In-
tima eine Zellenordnung, welehe den Eindruck machte, ein Kapi]largef~ss zu begrenzen, und auch wirklieh einige in einer Reihe liegenden Leukocytenkerne umschloss. Dieses Kapillargef~ss (?) konn~e ich bis dicht an die dem Geffissiumen zugekehrte Intimagrenze verfolgen, abet keinen Ubergang des kapill~ren Lumen in das des Blutgef~sses bemerken. Eindringen yon Bhtgef~ssen yon der Adventitia aus in die Muskelschich~ konnte nirgends beobachte~ werden. Ich babe mir iiberlegt, ob das A useinunderweichen tier Muskelzellen auch ein Kunstproduk~ sein kSnnte, entstanden z. B. anter dem Einfiuss der H~r~ung. Wenn wir jedoch im Auge behalten, dass gerude an den meisten Spi~zen der Ansehwellungen der Muske]schieht diese zugrunde gegangen and dutch Bindegewebe ersetzt worden worden is~, dass zwisehen Ste]len yon Auseinanderweichung andere vorkommen, die keine siehtbaren Ver~nderungen aufweisen, und dass die Adventi~ia auch an den ver~nderten Teilen ihre normale Rich~ung beibeh~l~ l~sst es sich nicht bezweifeln, dass dieses Auseinanderweichen der Muskelfasern w~hrend des Lebens entstanden sein muss. In der Adventitia konnte ich keine Abweiehnngen fes~stellen. Auch in den kleinen Gef~ssen (inklusive den Venen), die ganz geschlossen waren oder ein nur hock mikroskopiseh kaum sich~bares Lumen besassen, war die Muskelschich~ stark befallen. Es trat Auseinanderweichung der Muskelzellen mit ganz unregelm~ssiger Richtungsver~nderuug derselben in Hinsicht der Gef~ssachse ein and auch Atrophie der Kerne. Aueh bier war die Abweichug auf dem Quersehnitt keine gleichm~ssige und fanden sich ausserdem in der Adventitia, der Media and in der verdickten Intima Leukocyten in grSsserer Anzahl u]s in den grSsseren Gef~ssen. Man bekam vielfach den Eindruck, a]s ob die Muskelschich~ sozusagen info]ge einer Exp]osion auseinander gesprungen w~re. In den gebildeten Maschen kamen neben einzelnen Bindegewebskernen ziem]ich zahlreiehe Leukocytenkerne vor. In Abbildungen yon Gef~issen aus Amputationsstfimpfen (vergl. z. B. B i ] l r o t h - W i n i w a r ~ e r l ) ) , die ich finden konnte, babe ieh keine derartigen Ver~nderungen der MuskeIsehicht, wie sie in meinem Falle auftraten, konstatieren kSnnen. Wen~ wit nun unsere Erfahrungen mi~ obigen Resultaten bei Reizung oder nachAusfallen der vasomotorischen Fasern (resp. derdiese enthaltenden l~erven) vergleiehen; so besteht~ nut eine sehr geringe Ubereinst~immung zwischen ihnen. An ers~er S~elle un~erseheiden sie sich yon diesen durch die sehr s~arke Intimawucherung, die bei den er1) Die allgemeine chirurgische l~athologie und Therapie.
Ein Fall yon halbseitiger angiospastischer Gungr/in.
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w~hnten Forschern zwar nieht ganz fehlt, aber doeh jedenfalls in den Hintergrund tritt Eine Wueherung der Muskelschieht, so wie diese yon W i n k l e r , u. a. gefunden worden ist, fehlte ggnzlieh, nur fiir eine einzelne Stelle liesse sieh ein leiser Zweifel erheben. Der Zeitverlauf zwischen dem Auf~reten der Gangr~n und dem Zeitpunk~ der Operation betrug 42 Tage, W i n k l e r fand nach 41 Tagen eine Verdopplung der Dieke der Muskelschicht.. Anschwellen der Muskelfasern, wie yon L a p i n s k y beobachtet wurde, babe ich nieht sehen kSnnen, wohI den Kernverfall. Dieser Verfall offenbarte sich vor allen Dingen an den Spitzen der Stellen~ wo sieh Auseinanderweiehen der Muskelfasern konstatieren liess und das ]~Iuske]gewebe fast ganz durch Bindegewebe ersetzt war, fehlte jedoch auch nicht in der mehr zentral und peripher liegenden Zone dieser Teile. Auch mit den Resultaten yon L e w a s e h e w s Untersuchung stimmen unsere Befunde sehr wenig iiberein. Zwar sah er (naeh sehr langer Irritation) Ersetzung eines mehr oder weniger grossen Teiles der Muskelsehieht durch Bindegewebe und wurde in sp~teren Stadien aueh die Intima in Mitleidensehaft gezogen, aber die iibrigen yon ibm beobaehteten Ver~nderungen entsprechen nicht im geringsten denjenigen, welche sich in unserem Falle zeigten. Ieh meine im ttinblick auf das oben ErwEhnte den Sehhss ziehen zu diirfen, dass die Gef~issver~nderung in meinem Falle nich~ dem Ausfallen vasomotoriseher Innervation zuzusehreiben ist, auch nicht der l~eizung tier Vasodilatatoren und ebensowenig sieh vSllig erkl~ren lKsst dutch Stase in der Blutbahn, gefolgt yon Thrombenbildung und 0rganisation der Thromben. Es liegt auf der Hand, einem anderen Faktor BedeuLung zuzusehreiben, n[tmlich tier Irritation der vasokonstriktorisehen Nerven, der direkten Ursaehe des ganzen Symptomenkomplexes. Das UngleichmSssige der Ver~nderungen (auch auf dem Querschnitt eines BlutgefSsses), das wir bei allen Forsehern erwShnt finden kSnnen, fehlte auch in unserem Falle nieht, wie sehon oben gesag~ worden ist. Wenn wit fiir diese UngleichmSssigkeit eine Erkl~irung suehen wollen, sfiellt sich der Gedanke ein, ob die S~ellen der grossen Ver~nderungen (n~mlich an der Muskelsehieht) aueh mit den Stellen des Eintrittes der vasomotorischen Nerven zusammenfallen kSnnten, oder dass vielleieht die Ern~hrung (also die Lage hinsiehtlich der Vasa vasorum) bier eine Rolle spiele. Zu dieser letzten Voraussetzung haben die Pr~parate keine Ankniipfungspunkte gegeben, zur Beurfeilung der MSgliehkeit der ersten waren sie nieht geeignet.
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BENDERS
Die Auffassung der Nervenen~artung als einen yon dem gangranSsen Tell aus aufsteigenden Prozess (Dehio u.a.)wird durch die Prgparate meines Falles bestgtigt und erwei~ert insofern, als in einer Entfernnng yon _+ 8 cm yon der Demarkationslinie Entartung nnd Faserverhs{ nicht mehr zu konstatieren sind. Weder h[archi-, noch Weiger{-Palf~trbung gestatteten die Annahme yon Vergnderungen. - Wenn wit das Vorhergehende zusammenfassen, finden wit also:Eine 44j~hrige, stets nervSse, aber kSrperlich gesunde Frau komm~ in einen Zustand maniakaler Exaltation, worin sic under anderem sehr gesteiger~en Bewegungsdrang zeigt und in den neun ihrer In~ernierung vorangehenden Tagen sehr unzureichende Nahrung zu sieh nimmt. In tier Anstalt l~sst sie sich einige Male, naehdem sie sich erst mi~ dem Lendenteile der Wirbels~tule auf den Rand der Bettstelle geschwungen hat, aus dem Bert fallen. Eines Morgens ffihlt Patien~in heftige diffuse Schmerzen in den dislalen Teilen des reehten Arms and reehten Beins, weleher Sehmerz sieh besonders beim Machen yon Bewegungen und bei Druck einstellt and gering ist, wenn die betreffenden Teile ruhig gehalten werden. Die grossen Nervenst~mme sind nieht in erhShfem Mal~e gegen Druek empfindlieh. An der rech~en Hand werden die Finger leicht gebogen gehaIten in den Metacarpo-Phalangea]gelenken und etwas si~rker in den Interphalangealgelenken. Die Bewegungen in erw~hnten Gelenken sind steif und sehmerzhaft. Das Bein ist in tier Haltung des Abwehrreflexes. An den iibrigen KSrperteilen sind - - yon den kleinen, frfiher erw~hnten abgesehen - - keine Abweichungen zu finden. Kopf und Wirbels~ule lassen sich gerade wie die linken Gliedmassen frei und schmerzlos bewegen, empfindliehe Stellen lassen sich nirgends konsta~ieren, ebensowenig Dislokation. Auf Temperatur- und Pu]sunterschied zwischen links nnd rechts ist in diesem Stadium leider nich~ besonders geaehtet worden, es ist jedoeh mehr als wahrseheinlieh, dass auffallende Unterschiede in Temperatur und Farbe gefehl~ haben. Ungef~hr 2 Tage nach dem Auftre~en der Hyper~s~hesie zeig~ sieh an den Spitzen des Daumens, Zeigefingers, Mittelfingers und Ringfingers der recht~en Hand eine sehwarze Verfgrbung, am s~[[rksten an Daumen und Mittelfinger. Diese sehwarzen Teile sind troeken und hart.
Ein Fall yon halbseitiger angiospastischer Gangr/in.
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Die Finger (auch der kleine Finger) sind im tibrigen weiss, kalt, an~isthetisch und der Sitz yen Pargsthesien, ebenfalls tier asgrenzende Tell der Hand. AUe Zehen des rechten Fusses (yon der grossen Zehe nach tier kleinen an Ausdehnung ziemlich regelm~ssig abnehmend) zeigen dieselbe sehwarze Verfgrbung. Der iibrige TeiI tier Zehen is{ angmiseh, etwas bleigrau gefgrbb dureh Blutdiffasion, der angrenzende Tell des Fusses fiber eine Breite yon § 3 cm angmiseh nnd kalL Aueh in diesem Teil wird Stechen geffihl~. Der wei~ere Verlauf des Prozesses war ein derar~iger, class die ~orher wenig gef~irbten Teile infolge yon diffundiertem Blur eine einigermassen schmu~zig graue Fgrbung erhiel~,en, und dass in proximaler Riehtung dieser ~ingierte Tell yon einer neuen, mehr oder weniger weissen Zone begrenzt wurde. N~mlieh am Fusse liess dieses sieh einige Tage kons~atieren. Ungef~hr zwei Finger breit fiber dem Sprunggelenk trat in dem gewShnliehen Saehverlauf einige Anderung auf, insofern, als die Synkope anfing tier Asphyxie P]atz zu maehen. In dem distalen Teile war dabei die Reihenfolge eine solche, dass nach einigen Stunden dauernder Isch~mie eine m~/ssige Cyanose auftraL Jedoch naeh oben zu - - in gesteigerter Intensit~i~ -- trat die Cyanose als erstes Stadium auf und~der am meisten proximale Tell, der abstarb, zeig~e als Anfang der Abweichung eine tiefblaue Asphyxie. Die cyanotischen Teile wurden noeh sehne]ler gangrenes als die ischgmischen. Blasenbildung babe ich nur an zwei Stellen konstatieren kSnnen und zwar in einem cyanotischen Tell. Schon ein paar Tage nach dem Auftre~en der Gangran nahm am Arm die Schmerzhaftigkeit zusehends ab, zu gleieher Zeit machte aueh tier Prozess an den Fingern keine Fortschritte mehr, die An~mie versehwand und - - abgesehen yon den Fingern, we n~mlich an den dis~alen Teilen dieses vieI spgter ers~ geschah -- kehrte die Sensibilitii~ an der Hand schnell zurfiek. Am Beine hingegen war der Prozess ein fortsehreitender his gut 14 Tage nach seinem Auftre~en. Ich will an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass ()deme wghrend des ganzen Verlaufs nicht beobachtet wurden. W~ihrend des Liegens in dem warmen Bad ~;rat wohl Anschwellung ein, aber diese beschriinkte sich auf die sehon gangr~inSsen Teile und war Erweichung dureh imbibier~es Wasser zuzusehreiben. Wenn wir dem wei~eren Verlauf naehgehen, kSnnen wir das Bein ausser Betraeht lassen, naeh der Amputation zeigte sieh an dem Sgumpfe nichts mehr, was uns bier interessieren kSnnte. An der
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Hand hingegen liess sich eine Reihe yon Erscheinungen beobachten, deren Bedeutung sich am beslen sch~tzen l~isst, wenn wir sie so viel wie mSglich in chronologischer Rangfolge nennen. 1. Starke, bhtreiehe Granulation an den Fingern mit schneller Abstossung tier nekrotischen Spitzen des Zeige- und Ringfingers. Dieser giinstige Zustand liess sieh noch in der 2. Woche nach dem Auftreten der Gangr~n konstatieren und zwar am Daumen, wo in dieser Zeit die durch das Entfernen des grSss~en Teiles des vorderen Gliedes entstandene Wunde nicht nur sehr schnell roll granulier~ war, sondern auch gleichzeitig in 5 Tagen ganz mi~ Epidermis bedeckt war. Die Schnelligkeit dieses Heilungsprozesses erinnert an das Experiment yon CI. B e r n a r d 1), der beobachtete, dass Wunden am Kaninehenohr, dessen Vasodilatatoren gereiz~ wurden, viel schne]ler heilten als Wnnden an dem anderen (normalen) Ohr. Fiinf Wochen naeh diesem hyper~mischen Stadium ~ndert sich jedoeh der Zustand.~ Der Zeigefinger weist Erscheinungen einer ungeniigendcn Zirkulation auf~ er ist gl~nzend, subjektiv und objektiv k~lter a]s die anderen Finger und der Sitz yon ,,Stechen" and anderen Par~sihesien (z. B. ,,heissem Gefiihl"). lqoch: 14 Tage sp~ter ist angegeben, dass die Granulationsbildung an dem Mittelfinger sehr unzureichend ist und ausserdem, duss die ganze rechte Hand (abet ganz besonders die Finger) oft schwach eyanotisch, k~lter ~ls die linke und der Sitz yore Stechen ist. Das Legen in ein warmes Medium (Wasser) l~ss~ die subjektive and objektive K~ilte versehwinden [zeitweise),. ausser an dem wenig reagierenden Zeigefinger, der sich fast sofort wieder kal~ anfiihlen l~ss& Zwei Woehen spi~ter f~illt an der Hand u n d - sti~rker - - an den Fingern (zumal am Mittelfinger) eine ver~inder~e Gefiissreaktion auf, insofern, dass bei l~eiben, Kneifen und Derartigem nieht eine rote, sondern eine blaurote Farbe entsteh& Der Zeigefinger reagiert nicht yon Bedeutung, am kleinen Finger l~sst sieh die cyanotische Fiirbung nur in geringem Grade kons~atieren. Die blaurote F~rbung zeig~ sich aueh bei einer Abkiihlung, die auf die gesunde Hand so gut wie keinen Einfluss ausfibt. Naeh Verlauf yon abermals + 14 Tagen f~ngt auch der Daumen an in seinem Benehmen dem Zeigefinger zu gleiehen, das Glatte und Glgnzende, was bei diesem auffiHlt, fehlt jedoeh. Aueh der Mittelfinger ist regelm~ssig k~lter als der ]gingfinger und der kleine Finger, aber dieser Finger reagiert besser auf gussere Einfiiisse als Zeigefinger and Daumen. Obwohl sparer der Zeigefinger zuweilen sehr zeitweise eine Tern1) Iqach Dural, Cours de Physiologie.
Ein Fall yon halbseitiger angiospastiseher Gangr/in.
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peratur aufwies, die sich yon der normalen nieht unterschied, behielt er doeh -- sei es denn auch in e~was geringerem Marie - - bis zur Entlassung der Pa~ientin seinen besonderen S~empel. Das Gleiche gilt vom Daumen. 2. Die Sensibilitiit in der rechten Hand verhielt sich folgendermassen
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Whhrend des Bestehens der Synkope waren die betroffenen Teile geffihllos, aber gleichzeiiig der Site yon ]~ar~sthesien. Mit dem Vet: schwinden der An~mie kehrte an der Hand im engeren Sinne die Sensibilit~t~ schnell wieder zurtick, an den Fingern jedoch land sich in der 9. Woche nach dem Auf~reten der Gangr/in'noch An~s~hesie (fiir die vier untersuchten Gefiihlsqualiti~ten) in dem distalen Fingergliede, welehe An~sthesie am Zeigefinger als ]~yp~sthesie aueh noeh ein kleines angrenzendes Sttickchen des mittelsten Gliedes einnimm~. An dem Ringfinger liegt die Grenze des hyp/isthetischen Teiles etwas hSher, an dem kleinen Finger is~ die An~sShesie fiber das ganze oberste Fingerglied der Hyp~sthesie gewiehen. In dieser Zeit klag~ Patientin fiber ,,S~ngern" in den Fingern, zumal im Zeigefinger, aber nicht im kleinen Finger. Die AnSsthesie ist meines Eraehtens zu betrachten als die Ursache der Panari~ien, welche sich iiingere Zei~ am Zeige- und Ringfinger entwickel~en. Zwei his drei Woehen sp~iter sind die An~sthesien verschwunden (Spi~ze des Zeigefingers noch zweifelhaf~ hypasthe~iseh). In der 18. Woche nach dem Auftreten der Gangr{in tri~ -- gleiehlaufend mit den beschriebenen @ef/~ssstSrungen - - in der rechten Hand und besonders an den Fingern ,,S~eehen" auf. Dieses versehwinde~ (ausser an dem Zeigefinger), solange die Hand sieh in einem warmen Medium (Wasser) befinde& Gegen das Ende des Aufenthal~es der Pafientin in der Anstal~ trat dieses Steehen nut noeh se]ten auf, der Farbenuntersehied zwisehen der rechten and linken Hand war zu diesem Zei~punk~ e~was weniger auffallend geworden. 3. Am Sehluss dieser ~Jbersich~ bleib~ nur noch die Atrophie des Daumen- und Kleinfingerballens zu nennen und hinzuweisen auf die Einsinkung der Spatia interossea an der kranken Hand. Die Verdfinnung betraf nur sehr wenig die Haul, wenig das Unterhau~zellgewebe, aber fast ausschliesslich die Muskeln (und aueh diese gering). Ieh vermag nieh~ anzugeben, wann dieser Prozess angefangen hat, einige Woehen nach dem Auftre~en der Gangr~n ring ich an, Verdfinnung zu vermuten und naeh 7 his 8 Wochen war der Unterschied mit links nieht mehr zweife]haft. Der wei~ere Verlauf war ein derar~iger, dass sp/iter die Einsin-
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kung der int'erossealen R~ume zusehends abnahm und d a s s - abet in geringerem Maite -- auch Thenar and Hypothenar nach reichlich 20 Wochen wieder an Griisse zugenommen hat'ten. Ich will bier noehmale darauf hinweisen, dass in den befallenen Muskeln keine Inakt'ivit~t bestand, die Bewegungen (auch das Spreizen und Adduzieren tier Finger) geschahen mit ebenso grosser Kraf~ wie links. - Wenn wir nun zu eine~ Analyse der beobachteten Erscheinungen fibergehen, haben wir an erster Stelle unsere AufmerksamkeR zu richten auf die S t S r u n g e n in tier Sensibiliti~t, die dem synkopalen (resp. dem asphyktischen) Stadium voranzugehen pflegen and aueh in unserem Falle keineswegs fehlten. Die Dauer dieser initialen S c h m e r z e n vor dem Auftreten tier sichtbaren ~asomotorisehen Abweichungen kann sehr verschieden sein (yon einigen Stunden bis zu Woehen), sie betrug in unserem Falle 2 Tage. Diesen Sehmerzen kSnnen Gefiihlsparesen folgen (vergl. W eis s 1.c.), z. B. des Tastgeffihls (Ray nau d), des Temperatursinns (E n glish), Temperaturgefiihl -~ Schmerzgefiihl -}- Verlangsamung der Schmerzleitung -~ Inkongruenz des Tast- and Sehmerzgeffihls (Weiss). Nach W e i s s haben wir es hier nicht zu tun mit Neuralgien im gewShnliehen Sinne des Wortes; alas 1Nichtzunehmen tier Schmerzen bei Druek auf die Valleixschen Punkte und auf die grossen Hervenst~mme und alas Diffuse derselben weisen ibm zufolge auf eine zentrale L~sion als Ursache hin. DaB AufhSren der Schmerzen weist seiner Meinung naeh auf eine zeRweise, leieht reparable Lasion bin, die hSehs~wahrscheinlieh selbst wieder auf eine dutch vasomotorische Einfliisse verursaehte ErnhhrungssiSrung yon gewissen Teilen des zentralen ~ervensystems zuriiekzufShren ist'. [ch kann diese zentrale Liision als Ursaehe des Sehmerzes und wenigs~ens far meinen Fall nieht zugeben. Erst'ens (sieheaueh sparer) aus anatomisehen Griinden. Sol]re fiber die Sehmerzbahnen im Riiekenmark selbst noch Meinungsverschiedenhei~ bestehen, hierin doch stimmen, soweit mir bekann~, wohl die meisten iiberein, class sie sehr bald oder sofor~ nach ihrem Eintre~en ins Riickenmark ganz (vgl. Pil~zi), T u r n e r 2) u. a.) oder fast ganz auf die andere Seite iibergehen. So wissen wit ebenfalls, dass im Riiekenmark die sympat'hisehen (vasokonstriktorisehen) Bahnen ungekreuzt verlaufen. Woliten wir nun dureh:eine zentrale L~ision z. B. die Gangr~n tier :Finger und gleiehfalls die dieser 1) Archiv f. Psych. 1.906. 21 Brain 1891.
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vorangehenden Schmerzen erkl//ren, dann wfirde diese L~sion sich yon C6-D~ (Einstrahlungsgebiet der sensiblen Wurzeln der Hand) ers~reeken mfissen und ausserdem einen Teil yon D4--D10 (die Ursprungssegmen~e fiir die Vasomotoren des Arms) treffen miissen. Woll~en wit eine L~sioa (fiber (C6 liegend) annehmen, so wiirde diese L~sion sich (die Schmerzfasern sind auf die andere Seite und wahrscheinlich in das Gowerssche Bfindel dieser Seite iibergegangen, die sympathisehen Fasern verlaufen ungekreuzt) fiber fast den ganzen Riickenmarksquerschnitt erstreeken miissen. Weder das eine noch das andere ]~ss~ sich in bei weitem den meisten F~llen als wahrscbeinlich betrachten. ~qach Weiss soll aueh das Diffuse des Schmerzes auf eine zentrale Ursache hinweisen. Das Diffuse br~uch~ natiirlich die zentrale Ursaehe niebt auszuschliessen, aber diese le~ztere muss wohl etwas anderes einsehliessen, n~imlich ttyper~/sthesie der grossen Nervenstgmme. Das Fehlen dieser tIyper~sthesie (auch in meinem Falle) sprieht meines Erachtens sehr gegen die zentrale Ursache der Hyper~sthesie. Das g~inzliche oder so gut wie g~nzliche Fehlen der Schmerzen, wenn die kranken Teile ruhig gehalten werden, spricht hingegen nieh~ mi~ Sicherheit gegen eine zentral verursaeh~e Hyper~sthesie. Fand doch Biernaekil), class eine zentral verursaehte Uberempfind]iehkeit auch ohne spontane Schmerzen sieh entwickeln kSnne. ,Obige Erw//gungen haben :reich dazu geffihr~, die Ursaehe der Hyper~sthesie anderswo zu suehen. Wo yon der intraspinalen Ursache abzusehen ist, eine radiku]gre ebensowenig in Betracht kommt und die grossen Nervens~mme selbst nich~ veran~wortlieh gemach~ werden kSnnen, hat man die Ursaehe der Abweichung mehr peripher zu suehen, meines Erachtens in den peripheren Nervenausl/iufern selbs~, und ich halle daffir, dass Grund besteh~, um als prim/~re Ursache einen schon in diesem S~adium bestehenden Gef/~sskrampf anzunehmen, der sieh noeh nicht in siehtbaren vasomo~orischen StSrungen in der Haut offenbark Es ist bekannt, dass Gef~sskrampf Veranlassung zu Sehmerzhaftigkeit des befallenen Gliedes gibt und ieh weise in Verband damit z. B. auf den Sebmerz bin, der bei der angiospastisehen Dysbasie gefunden wird, welcher Schmerz durch Verbesserung der Zirkulation w:~hrend des Maehens yon Gehversuehen nachl/isst. 2) Dass die Anemic als solehe bei l~ngerer Dauer einen zerstSrenden 1) ~qach Schaffer, Archiv f(ir Psych. 1908. Siche auch Kirchhoff~ Ebenda 1897. 2) Curschmann, Mfinchener reed. Wochenschr. ]910. Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde. Bd. 43.
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BENDERS
Einfluss auf die Nervenenden ausiibt, ist durch meinen Fall aufs deutlichste bewiesen. Noeh Woehen lang naeh dem Verschwinden der Isch~mie finder sich ~in den friiher an~misehen Fingerspitzen eine Angsthesie fiir Tast-, Schmerz-, K~lte- und Wgrmegeftihl. Das Zusammenfallen der proximalen Grenzen dieser vier Zonen spricht fiir ein peripheres Leiden, n~imlich das Zugrundegehen der Nervenfasern im betroffenen Gebie& Der Ubergang yon An~sthesie'in Hyperas~hesie in den Teilen, die offenbar (z. B. der Kleinfinger) der Sitz eines weniger heftigen Gefi~ssspasmus gewesen waren, weist auf die Bedeutung der Intensi~g~ des Gef~ssspasmus (gestSrte Ern~hrung!) als solehe fiir de~ Grad der Affektion der Nerven in dem betreffenden Gebiete. W e i s s selbst weist iibrigens darauf hin, dass die regionKre Ischgmie plStzlich weichen kann, aber dass danach Par~isthesien und Hypgsthesien noch am lgngsten stand halten. Ich vermag diese I=Iypgsthesie (Weiss nennt hier speziell das Tas~gefiihl) schwerlieh anders als in obenerw~hntem Sinne zu erklgren. Aueh die Tatsache, dass die hypergs~hetische Z o n e - sei es denn aueh zuweilen in wei~en Grenzen -- die spi~ter vasomotorisch ver~nderten Teile umschliess~ und die Hyper~sthesie in diesen Teilen selbst am st~rksten zn sein pfleg~, sagt meines Erachtens niehts anderes, als dass sie dieser vasomotorischen StSrung ihr Entstehen verdankt and dass ]etztere im Anfang ihres Entstehens meistens ein grSsseres Terrain einnimm~ als das, auf welehem sie sich sprier in den bekannten ~Erscheinungen offenbar& Bei unseren heutigen anatomischen Kenntnissen ist Obiges nieht dutch eine zentrale Ursaehe zu erkliiren. Zusammenfassend muss, meiner Meinung naeh, in den initialen Schmerzen der angiospastisehen Gangr~n sehon der Ausdruek des Angiospasmus gesehen werden, welcher noch nicht ein derartiger ist, dass er sich nach aussen in deutlich sichtbaren vasomo~orischen StSrungen offenbart, abet doeh sehon seinen Einfluss auf die Nervenenden geltend gemacht hat und diese hyper~sthetiseh gemacht hat. Die Iseh~mie wird yon allen Forschern dem Gef~sskrampf zugeschrieben. Die zeitweise beobaehtete Verh~irtung der r. Art. tad. l) weist darauf bin, dass in unserem Falle aueh die grSsseren Gefiisse nicht veto Spasmus verschont geblieben sind. Dieses ist in ~bereinstimmung mit dem auf den Vordergrund Treten der synkopalen Form 1) Auch bei Weaver, Lancet 1888 (angel. nach Phleps) u. a. Phleps selbst (in seinem Falle fehlte die Synkope) land bei dem Auftreten des Anfalls bald das Gef~iss verengert, zuweilen normal, zuweilen erweitert.
Ein Fall yon halbseitiger angiospastischer Gangriin.
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des Leidens, beide Erscheinungen weisen auf einen starken vasomotorischen Reiz bin. Einig sind die Forseher auf diesem Gebiet in Bezug auf die Tatsache, dass bei vasomotorischer Reizung zuerst and am st~rksten die k l e i n e n Gef~sse darauf reagieren. In Bezug auf die Auffassung des Stadiums der A s p h y x i e locale kann ~ch nicht umhin, reich denen anzuschliessen, die zwischen der region~ren Isch~mie und der region~ren Cyanose nur einen graduellen Untersehied (und zwar in der Hef~igkei~ des Ar~erien-und Venenkrampfes) zu sehen vermSgen. Den Verlauf des Prozesses am Bein, wo vomdistalea Tell des Unterschenkels an nach tier oberen Grenze des sparer gangriinSsen Tells bin die Synkope nach und naeh der Asphyxie P]atz machte, um schliesslich gar nich~ mehr aufzu~re~en, vermag ich in diesem Falle (siehe aueh sparer) nich~ anders als dutch eine Abnahme der Intensit~t des Reizes zu erkl~ren. Dass die Cyanose dem Leben der Gewebe noeh sehne]ler verh~ingnisvoll wurde als die Isch~mie, konnte i c h - in Ubereinsgmmung mi~ S t r a u s s --, wie schon erw~hnt wurde, aueh in meinem Fall beobaehten. Dass jedoch auch in der isch~misehen Gef~sswand sehr bald Alteration entstand, zeig~e sich aus der schnellen Austre~ung des Blu~farbstoffes in das umliegende Gewebe. ]~ber die Ursache der schnellen Alteration der Gef~sswand vermag ieh nut Vermutungen auszusprechen. Ieh will nut darauf aufmerksam machen, dass eine Vergleichung yon un~erbundenen oder zugekniffenen 1) mi~ angiospas~isehen Gef~ssen nicht mSglich is~, wegen des Unierschieds, in denen die Vasa vasorum in beiden Zust~nden sich befinden. ]3ei tier Un~erbindung (resp. dem Zukneifen) besteht nur eine sehr 5r~liehe" StSrung, welehe den Blu~s~rom zum S~illstand bringt, bei dem Angiospasmus hingegen haben wir - - ausser der gehemm~en Blu~bewegung - - noch eine Kontraktion der Gef/~sswand, deren Einfluss auf die Vas~ vasorum unausbleiblich ist. Dieser Einfluss wird sieh vor altem auf den spas~ischen Teil der Gef/isswand selbs~ erstrec]~en, d. i. die Muskelschicht 2) und die davon (in Bezug auf die Vasa vasorum) peripher liegende Intima. Wer "sich der Rolle der Vasa vasorum in L e w a s c h e w s Versuchen erinnert, die einen Zus~and schufen, der sozusagen das Sei~ens~iick war zu dem, welchen wir bei dem Angiospasmus antreffen, wird die Bedeuiung genann~er kleinen Gef/~sse nichl aus dem Auge verlieren. 1) Versuche von Cohnheim, yon Litten (vgl. Weiss). 2) Siehe vorher. 3*
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B~r~as
Der Auffassung einer Hyper~rophie der In~ima als kompensa~orische Endothelwucherung in wei~er gewordenen Gef/issen widerspricht W i n k l e r s Untersuchung ~nd kann in unserem Falle, in dem die Gef~sse enger geworden waren, sicher nicht gel~en. Doch weist das dutch die Blu~gef~isse gezeigte Bild hin auf ein (mehr oder weniger gleichm~ssiges) ttinwachsen der Intima nach dem Gef/isslumen, das urspriinglich (vor der Verdickung der lntima) noch in solcher Lage war, dass der Blutstrom nicht als aufgehoben be~rachtet werden konn~e. Org~nisation eines durch vSllige Bluts~ockung ents~andenen Thrombus kann also als le~zte Ursache nicht in :Betrach~ kommen, das mikroskdpische Bild sieht in diesem Falle denn auch anders aus. Wean ich einen Versuch wagen darf, f~r die Endar~erii~is eine Erkl~rung zu suchen, muss ich damit anfangen, auf die aus der Physiologie bekannte Tatsache hinzuweisen, dass in einem Bhtgef~ss Ver~nderungen in dem - - iibrigens n o r m a l e n - Blu~ erst dann auftre~en, wenn die Gef/~sswand (n~mlich die Intima) nich~ mehr als normal angesehen werden kann, dass Fibrinablagerung (der sp~er Organisation folgt) sta~tfindet in den Teilen, wo die Intim~ sich krankhaf~ ver~ndert h~t oder verschwunden is& Wit kSnnen nun mi~ Bestimmtheit annehmen (die schnelle Diffusion des Bhtfarbs~offes in den an~mischen Teilen weis~ schon darauf hin), dass sehr bald nach dem Auf~reten des Gef~ssspasmus sowohI die Geffisswand (inkl. der Intima) wie das umschlossene Blur Ver~nderungen durchgemacht haben mfissen. Die Folge dieser Abweichung der Intima wird sein, dass sich Fibrin u. a. 1) an der kranken Gef~sswand ablagern, wodurch die (]elegenheit zur Organisation, m. a. W. zur Verdickung der Intima gegeben ist. Dieser Prozess wird so lange ands wie die Gef~sswand krankhaf~ ver~nder~ bleibt, und wird gefSrdert dutch das Kleinerwerden des Stromgebiets. Bei kleinen Gef/issen schneller, bei grSsseren langsamer kann es die Veranlassung zu g~nzlicher Abschliessung des Gef~sses geben. Sind jed0ch die Verzweigungen eines Blu~gef/isses a b geschlossen, so trit~ Blutstase in dem be~reffenden Gefs ein, wodutch die Gelegenheit zu mehr aku~er Thrombenbildung gegeben is~. Diese Thrombi werden ihrersei~s organisier~ und geben dadurch Veran]assung zu einer ~ aber je~zt mehr ungleichm~ssigen - - ]ntimaverdickung und zwar in der Form yon Leis~en und K~mmen (ira Qaerschni~ me hr oder weniger hohen Falten), welche sich in die noch fibrig gebliebenen Gefs erstrecken. Die Prapara~e meines 1) Farblose BlutkSrperchen: Zahn, Blntpl/~ttchen: Bizzozero, Hayem.
Ein Fall yon ha]bseitiger angiospastischer Gangriin.
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Falles - - auf Figur 3 ist dies auch einigermassen angedeutet --weisen auf einen derartigen Sachverlauf him In den Spitzen dieser Intimafalten waren in dem jungen Bindegewebe hier und da noch deutlich die ]3]utzellen zuriickzufinden. Obigem Erkl~rungsversuch 1) nach ist also der Saehverlauf folgender: Durch den Gef~ssspasmus entstehen Alterationen der Gefi~sswand. Hierauf wies schon die schnelle Diffusion des Blutfarbstoffes in den an~mischen Teilen hin~ wiihrend die Pr~parate der Blutgefiisse (Muskelschicht!) sie nicht zweifelhaft machen. Aus dem dutch die kranken Gefi~sse strSmenden B h t setzt sieh Fibrin ab an die kranke Wand, dieses Fibrin wird yon der Intima aus organisier& Bleiben die Ver~nderungen der Gefs fortbestehen, so sehreite~ auch die Endarteriitis fort und gibt sehliesslich (bei den kleinsten Gef/~ssen anfangend) Veranlassung zur Abschliessung des Gef~isses. [st das Stromgebiet eines Blutgefiisses derartig verengert oder abgesehlossen, dass in diesem Gef~sse das Blur stockt, so entsteht info]ge dessen eine mehr akut verlaufende Thrombenbildung. Durch die Organisation dieser Thromben entstehen die ungleichm~ssigen Verdickungen der Intima~ welche in das noch iibrig gebliebene Gef~sslumen vorspringen. Es liegt auf der Hand, dass der Ubergang yon der ersteu nach der zweiten Phase des Prozesses keine plStzlieber seiu wird. Zur Erkl~rung der Gangr~n schliesse ich reich vS]lig tier Ansicht yon S t r a u s s , K r e i b i c h u. a. an, die in der ~Nekrose die Folge yon Ani~mie-}-Alteration der Gef~sswand sehen. K r e i b i e h weist noch darauf hin, dass die Unterbindungsversuehe yon C o h n h e i m nur beweisen, dass Gefiissw~nde, deren Innervation sich nicht verlindert hat, sich schnell wieder erholen und dass Gangri~n ohne vorhergehende vasomotorische StSrungen nicht vorkommt. Naeh S t r a u s s liegen die Verhiiltnisse am ungiinstigs~en in dem asphyktischen Stadium (was mit meiner Erfahrung fibereinstimmt), bei welchem Krampf der Arterien und Venen besteht und Unterer~iihrung Q- Vergiftung mit ihren eigenen Stoffweehse]produkten die Zellen tStet. Aus Obigem ergiebt sicb, dass auch ich der Endarteriitis und 1) Durch die obige Behauptung will ich nicht die Bedeutung, welche Verkleinerung des Stromgebietes als solche ffir die betreffenden Gef~issehat, aus dem Auge verliereu. Ich habe das schon oben erw~ihnt. ~NachDehio, der jedoch in der untnittelbaren N~ihe der Gangr~n untersuchte, soll selbst das Bild der Gef~isse sich nicht unterscheiden yon dem, welches die Gef~sse in Amputationsstfimpfen zeigen.
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Endoph|ebitis als urs~chlichem Moment keine Rolle zuzuschreiben vermug, sogar ihre Bedeu~ung als Untersttitzungsfaktor daft meines Eraehtens nieht zu hoeh angeschlagen werdeni wenn wir auf die schon yon Dehio erw~hnten Momente achten. Ich w~re eher dazu geneig~, mit Camillo (1. c.) der Thrombenbildung (n~mlich in den kleinen Gef'dssen) einige Bedeutung zuzuschreiben. Wie gross diese Bedeutung ist, wage ich nieht zu en~scheiden. Symptome yon R u b o r haben sich in meinem Fall nieh~ gefunden. Nut die auffallend sehnelle Heilung an der Spitze des Daumens erinnerte, wie ich bereRs sagte, an die Experimente yon C1. B e r n a r d tiber Vasodilatatorenreizung. Jedoch in meinem Fall waren die RSte und der Blutreichtum nicht derartig, dass sie sich nieht mit einfacher Paralyse der Gef~sswand erkl~iren liessen. Von den weiteren Erscheinungen, die bei unserer Patientin sich zeig~en, verdienen Erw~hnung die A~rophie der Daumens - - und Kleinfingerballens und der In~erossealmuskeln, welehe Muskeln im Laufe der angiospastisehen Gangr~a der Hand nicht selten in Mitleidenschaf~ gezogen werden (Luzza~o 1) u. a.). E n g l i s h (zRier~ nach Weiss) fund die Muskula~ur des Fusses + tier kleinen Strecker und Beuger a~rophisch, auf elektisehe l~eizung nicht reagierend oder (Fall 2) weniger als normal reagierend. Im Falle yon Weiss waren dieselben Muskeln, die auch in unserem Falle genannt sind, in hohem Grade atrophisch, so dass schliesslich eine an Paralyse grenzende Parese auf~rat. Sowohl die direk~e wie die indirekte Erregbarkei~ waren vorher verschwunden, zu dem Zeitptmk~ dieses Versehwundenseins bestanden noch keine deutliche Funktionsst5rungen. Abweiehungen des Reizungsgesetzes wurden nicht beobachtet. Letzteres sehein~ in bei weitem den meisten F~llen beobachtet zu werden; die Atrophie is~ meis~ens nicht-degenerativen Charakters. Die elek~rische ErregbarkeR hat in den meisten F~llen abgenommen, kann aber auch normal sein, die FunktionsstSrung. entspring~ durchaus nieht immer (in meinem Falle fehl~e sie ginzlich) dem Grad der Atrophie. In der Dauer tier vorhergehenden vasomotorischen Symptome bes~eht keine Regelm~ssigkeit, zuweilen tri~ sehnell Atrophie auf, zuweflen erst nach l~ngerer ZeR. Sie kann mi~ dem Verschwinden der vasomotorisehen Starungen wieder zuriickgehen (Weiss, Luzzato, mein Fall). In meinem Falle, mit starkem Augiospasmus, war die Atrophie eine sehr geringe, der geringe Grad der Abweiehung und 1) Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilkde. Bd. 23. 1903.
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das allms En~s~ehen derselben sin d die Ursache, dass ich den Zeitpunkt des Anfangs nicht genau zu schiitzen vermag. Uber die Ursache der Atrophie gehen die Ansich~en auseinander. (Schon W e i s s wies darauf bin, dass das Fehlen der Entartungsreaktion, das gleichzeitige Auf~reten an beiden Selden u. a. gegen die Annahme einer peripheren Neuritis~) sprechen.) Diese Ansiehten lassen sieh auf folgende Auffassungen zuriickfiihren 2): a) Die Muskela~rophie ist eine Folge vasomotorischer StSrungen, b) sie kann als reflektoriseher Prozess angesehen werden, c) sie kann ais eine S~Srung in der ~rophischen Funk~ion be~raehte~ werden, es sei denn, dass man diese trophische Funktion selbstiindigen Nerven oder anderen ~ervenelementen (Vorderhornzellen) zuschreiben will. Bei a ) w i r d die prim~re Ursache in dem zengrifugalen vasomo~otorisehen System gesuch~, bei b) im Ausfallen zentripe~aler Reize oder in gesteigerter oder ver~nderter Reizung in zentripetaler Nervenbahnen3), bei c) in VerKnderung zen~rifugaler trophischer Nerveneinfliisse (es sei dutch Ansfal!en derselben oder durch veri~nder~e Innervation)J) 1) D a r k s c h e w i t s c h (Neurologisches Zentralb]att 1891) fand in einem Fall von Muskelatrophie bei G e l e n k k r a n k h e i t eine einfaehe Atrophie tier Muskelfasern. Das Nervensystem war normal, GrSsse und Anzahl derVorderhorazellen waren an beiden Seiten gleieh. An den Blutgef~ssen waren keine Abweichungen. 2) L u z z a t o ]. c. 3) Bei dieser Auffassung wird z. B. die Inaktivit~tsatr0phie als rein ~eflektorischer Vorgang betraehtet, wie t t o f f a u. a. es ffir die arthrogene Form getan haben, v. Monakow weist darauf hin, dass in den bekannten Fiillen cerebraler Muskelatrophie meistens grosse tterde vorhanden waren, und ftihrt das Entstehen der Atrophie auf das gleichzeitige Ansfallen mehrerer zentraler ~ervenbahnen zuriick. Er sieht in allen iiusseren sensiblen Reizen eine Anregung zu allgemein motorischen und vasomotorischen Eeaktionen und in der Muskelaktion einen zentripetalen Reiz ffir Erniihrung und Blutzirkulation. Die Atrophie wird dann eine Folge eines gleichzeitigen AusfaUens (resp. Reduktion) von zentripetaler Anregung zu Bewegung einerseits und von reaktiven vasomotorischen Wirkungen andererseits (bei t)hleps ]. c.). Die motorischen und sensiblen Ausfallserscheinungen brauchen jedoch nicht bedeutend zu sein~ ja kSnnen sogar vollkommen fehlen, die Atrophie entwickelt sich nicht, wenn man (bel Individuen mit normalem zentralen Nervensystem) die zugehSrigen hinteren Wurzeln durchschneidet (Ph]eps). Der Einfiuss zentripetaler Reize auf Muskelspasmen zeigt sich deutlich durch die Resultate der F S r s t e r schen Operation. Siehe hieriiber die Mitteilungen yon K i i t t n e r , G o t t s t e i n u. a. auf dem 39. Kongress der Deutschen Gesellschaft ffir Chirnrgie in Berlin (30. Miirz bis 2. April 1910). 4) Cassirer (I. c.) . . . . ,,es scheint im allgemeinen mehr die patholo-
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B~.~DI~BS
Wenn wir die Atrophie in unserem Fall mi~ einer der 3 obenerw~hnten Erkl~rungshypothesen zu erkl~ren versuchen, so liegt ke~n Grtlnd vor, die unter b)genannten ..zu besprechen, well ich fLir die Annahme der nStigen zen~ripetalen Uberreizung oder der ver/inder~en Reizung oder des Ausfallens des ReJzes keine Griinde babe. Zu der Annahme eines spezifisch trophischen Einflusses (des ]3estehen spezieller ~rophischer Bahnen wird noeh yon den meisten Forschern verneintl)) darf man - - und auch dann nut mi~ der grSssten Reserve - - s i c h ers~ en~sehliessen, wenn die kllnischen Beobachtungen sich nich~ mi~ den Angaben, die uns die Anatomie, Physio]ogie und pathologisehe Anatomie verschaffen, in ~Tbereinstimmung bringea lessen. Wir wollen also sehen, ob die Erscheinungen, welehe sich in unserem Falle konstatieren ]iessen, sieh auf die vasomotorische StSrung als solehe zuriickffihren lessen. Diese Erscheinungen nun laufen hierauf hinaus, dass einige Zeit nach dem Auftre~en des Gef~ssspasmus und zwar z u einem Zeitpunkt, wo dieser wieder verschwunden is~, eine miissige Atrophie der kle'~nen Handmuskeln, des Unterhautzellgewebes und der ttau~ anf~ng~ sich zu en~wickeln. An Thenar und Hypothenar war die Verdfinnung grSssten~eils den Muskeln zuzusehreiben, womi~ natiirlieh nieht gesag~ sein soll, dass der Grad der Atrophie daselbs~ starker als in den oben liegendea Schichten war, da die Muskelmasse die der anderen Schichten an D~cke iiber~rifft und also dasselbe Mal~ yon Atrophie den grSss~en Teil der Verdtinnung der Muskeln zuschreiben muss. Wenn wit uns nun die Frage vorlegen, inwiefern kann ~n unserem gische Ver/inderung der Innervation als ihre vSllige Aufhebung zu sein, die trdphische StSrungen bedingt. . . . . . Diese Funktion (Ern/ihrung) steht unter nervSsem Einfluss, aber des AufhSren dieses trophischen Nerveneinflusses bringt die Ern/ihrung und die auf sie begrLindeten Vorg/~nge der Wachstums und der Iqeubildung nicht zum Stillstand, sondem setzt sie nur herab und modifiziert sie. Die Frage fiber die Art, wie dieser trophische Einfluss zustande kommt~ welche Bahnen er benu~zt, wie er im einzelnen wirkt, ist freilich unentschieden .and steht immer zur Diskussion." 1) P h l e p s (1. c): Die trophische'Funktion des Nervengewebes ist keine Funktion spezifisch trophischer Zentren und yon diesen ausgehender, spezifisch trophischer Bahnen, sondern ein eigener t~eflexvorgang in denselben Bahnen, welche aueh anderen Funktionen dienen. Der herabsteigende Sehenkel dieser Bahnen wird yon den Vasomotoren gebildet. ZerstSrung dieser vasomot0rischen Bahnen sowoh], wie Durchschneidung sensibler sympathischer Bahnen verursacht niemals trophische StSrungen. Im ersten FalI entsteht ein anderes klinlscbes Bild~ nKmlich das einer einfachen Gef/issparese, welche erst nach 1/ingerer Zeit zu krankhafter Ver/~nderung in der Gef/isswand Veranlassung gibt.
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Falle der ~efi~ssspasmus ffir die Atrophie verantwortlich gemaeht werden, so dfirfen wir dabei nich~ aus dem Auge verlieren, dass zu dem Zeitpunk~, an dem die Gangr~n an den Fingerspitzen sich zeigte, auch die Hand - - sei es dena auch nieht so intensiv als die Finger anlimisch und kalt war und also gleichfalls in das @ebie~ des Spasmus gehSrte. Zwei Tage sparer war der Spasmus an der Stelle schon so weir verschwunden, dass kein sichtbarer Farb- und Temperaturunterschied mit der gesunden ]inkea Seite bestand, und wean die Gef~isskonstriktion auf die sparer auftretende Atrophie yon Einfluss gewesen ist, so muss die Ursaehe zu diesem Einfluss in gemeinten zwei Tagen gesuch~ werden. ~) Auf Grund unserer frfiheren Bespreehungen nun fiber die mSgliehe Ursache der Gef/~ssver~nderungen, die in dem gesund gebliebenen Tell des amputierten Beins konstatiert wurden, wo in einer Entfernung yon 8 cm fiber der obersten Grenze der Demarkationslinie noch solche ausgesprochene endar~erii~ische Prozesse 2) neben Alteraration der fibrigen Gef/~sswand (Muskelschieht!) gefunden wurden, halte ieh es nich~ zu gewag~, aueh an der Hand in den erhalten gebliebenen Teilen das Bes~ehen einer Endarterii~is anzunehmen und als Ursache derselben - - ebenso wie fiir die gleiche 2kbweichung am Bein - - den Gef~ssspasmus anzusehen. W i t miissen uns bier jedoch - - die In~ensitg~ d e r Ursache war bier auch weniger gross -- den Grad der Abweiehung gering denken und annehmen, dass sie nich~ zu einem Verschluss gefiihr~ hat, sondern zu einer m~issigen Gefgssverengerung und in einem gegebenen Augenblick zum Stillstand gekommen is& Auf diese Art ]gsst sich auch das langsame Zunehmen der Atrophie nnd die En~wicklung derselben, nachdem der Gefi~ssspasmus schon lange wieder verschwunden war, erk]gren. -
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1) Die sp~iter auftretenden vasomotorischen StSrungen an der Hand (die a]s eine Vasol)arese anfgefasst werden kSnnen) kSnnen keinen Einfluss ausge(ibt haben, da sie sich erst zu eiuem Zeitpunkt offenbarten, an dem die Atrophie schoa deutlich zu sehen war. Dass beide Erscheinungen doch einen Faktor gemcinsam haben (und zwar die Gef~ssver~nderung), wird sich noch zeigen, wi~hrend uns noeh zu erwitgen bleibt, inwiefern die Ursache dieser vasomotorisehen StSrungen auch von Bedeutung ffir das Verursachen endarteriitischer Veriinderungen sein kann. 2) Die Tatsache, dass die Ver~inderungen in der Gefitsswand (und auch die Endarteriitis) sti~rker waren, je nachdem die Geffisse kleiner waren, weist darauf hin~ dass die Verkleinerung des Stromgebietes nicht alles erkl~iren kann. In Bezng auf die kleineren Gef~isse konnte doch in meinem Falle mit Gewissheir angenommen werden, dass ~hr Stromgebiet sich auf das gesund gebliebene Gewebe besehriinkt haben musste und yon Verkleinerung des St~omgebietes dieser Gef/~sse also nicht die Retie sein koante.
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Dass eine mehr oder weniger bedeutende Gef~issverengerung zu nicht degenerativer Muskelatrophie, z. B. in vielen F~llen intermittierenden Einkens, Yeranlassung gibt, haben mehrere Forscher nachgewiesenJ) Es ist bekannt, dass bei der R a y n a u d s c h e n Gangr~n IJaut, Muskeln, Knochen, Unterhautzellgewebe ungleich getroffen sein kSnnen. Hieraus zieht P h l e p s den Schluss, dass die in Frage stehenden Gewebe im zentralen •ervensystem ihre voneinander getrenn~e trophische Ver~retung haben. Dies ist mSglich, aber man hat obendrein der Tafsache l~echnung zu tragen, dass der Widerstand der verschiedenen Gewebsarten und die Erregbarkeit der Gef~ssgebiete in den verschiedenen Geweben sehr ungleich sind. 2) In unserem Fall kSnnen wir die Atrophie genannter Muskeln, Unterhautzellgewebe und Haut - - via der angenommenen Endarteriitis - - auf einen Gefi~ssspasmus in den betreffenden Gebieten zurtickfiihren und hierftir wieder einen (ira zentralen •ervensystem liegenden) Reizvorgang in den Gebieten der Vasomotoren der betreffenden Teile verantwortlich machen. Dass diese Gebiete im zentralen Nervensys~em nahe aneinander ]iegen werden~ diirfen wir wohl annehmen. Ich bin mir sehr wohl bewuss~, dass meine bier niedergelegte Vorstellung des Saohverlaufs in Bezug auf die besprochene Atrophie hSchstens eine ttypothese genannt werden kann, weil - - insofern mir bekannt ist -- noch keine pathologisch-anatomische Untersuchung der Blu~gef~isse in den a~rophischen Teilen stattgefunden hat u n d e s an einer objektiven Kon~rolle also fehlt. Ausserdem werde ieh reich wohl hiiten zu generalisieren. Es is~ mSglieh, dass man in anderen F~llen yon angiospas~iseher Gangri~n mi~ anderen Erscheinungen, als denen, die in meinem Fall auf~raten, zu rechnen hat, jeder Fall fast unterscheidet sieh in irgend einer Hinsieht yon den anderen. Vor diesem Generalisieren warnt iibrigens auch L u z z a t o , der im iibrigen mit O p p e n h e i m , R o t h und M u r a t o f f 3) u. a. die vasomo1) Vg]. Luzzato I. c. 2) L a n g l e y land, dass die ttautgef~sse bei Reizung der grauen Rami bedeutend starker reaglerten als z. B. die Gefiisse der quergestreiften Muskeln, Siehe aueh v. Grfitzner, Wanderversammlung der sfidwestdeutschen Iqeurologen und Irren~rzte. Ba.den-Baden,26. u. 27. Mai 1906. 3) Siehe in Archives de .Neurologie 1891. T. XXI: 2 F~ille cerebraler Muskelatrophie. In Fall 2 wurde u. a. der erste M. interosseus untersucht~ der, ebenso wie die anderen untersuchten Muskeln, das Bild einer einfachen Atrophie zu sehen gab. Blutgef~sse?
Ein Fall yon halbseitiger angiospastiseher Gangr/in.
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~orische ttypo~hese annimm~. Le~ztere nehmen ausserdem an, dass ein enger Verband zwisehen der Atrophie and der spastischen Gef~ssverengerung besteh~. Letztere sol] yon einer Reizung der (ira Anschluss an Landois and E u l e n b u r g ) mit den psyehomotorischen identisch lokalisierten vasomotorischen Zentren abh[ingig sein and die A~rophie verursachen. Wo wit (wie in meinem Fall, siehe sparer) die St:elle der Reizung ~m Riiekenmark zu suehen haben, stimm~ die Iden~itiit in der Lokalisation niehK Auch land sich in unserem Falle keine Veranlassung, an bleibenden Gef~ssspasmus zu denken. Die Tatsache, dass schon zwei Tage nach dem Auftreten der Gangr~n an der Hand die An~mie und die Sensibilit~tsstSrungen versehwunden waren und erst danaeh wieder Gef/issstSrungen (yon anderem Charakter) auf~ra~en, als die Atrophie ihre grSsste En~wicklung schon erreich~ ha~e, sprich~ gewiss nich~ ffir den kon~inuen SprLsmus. u den ~ibrigen beobach~eten Erseheinungen haben wit noch ngher zu betraehten: 1. die eigent~imliehen Erseheinungen, die bei dem Krankheitsverlauf den Zeigefinger (nach ~ 16 Woehen) und -- noch e~was sp~iter and in geringerem M ~ e auch den Daumen ]~ennzeiehneten. 2. die StSrungen in der Gef~ssreaktion, die sich (naeh + 20 Woeheu) in leichtem Grade an der Hand und in st~rkerem Grade an den Fingern (aber such bier nicht an allen gleieh intensiv) zeigten. Fiir die unter 1 genannten Abweichungen miissen wir, meiner Ansieht nach, ohne irgendwelche Bedenken annehmen, dass sie als Reizerscheinungen anzusehen sind. Die so gut wie for~w/Chrend erniedrigte Temperatnr, die yon ~usseren Einflfissen in Wirklichkeit nieh~ beeinflusst wurde, der leichg cyanot~ische Aspekg, die PaNisthesien bringen die Abweichung in alas Kader der I~aynaudsehen Kr~nkhei~ nnd zwar in das asphyk~ische Stadium derselben. ~ u r die Intensit~ der Sym10tome (der Grad des Reizes) is~ im Vergleieh mig der, welehe bei Raynaud anzunehmen ist, sehr gering. Die unter 2 genann~en StSrungen hingegen entsprechen den Erscheinungen, die als Folge der verminderten oder aufgehobenen Innerration in dem zentrifugalen Tell des vasomotorisehen Ret]exbogens angegeben werden. Is~ die Aufhebung eine akute, so ents~eh~ dabei eine starke Gef/~ssinjek~ion (nichg konstan~t)), die Gefgsse zeigen eine ver~nderte Reak~ion and reagieren danaeh trig und unvollkommen. Wo in normalen Verh/~l~nissen eine beschiitzende An~mie folgen wiirde, 1) tteiligenthal, Archly f. Psych. Bd. 33. 1900.
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B~DE~
finder sich in diesem Zustand eine Cyanose. l) Nach einiger Zeit ftthr~ die Gefiissparese zu Ver~nderungen in der Gef~sswand 2) (siehe L a p i n s k y u.a.). Es is~ sicher nicht zu gewag~, die obigen Reiz- nnd Ausfallssymptome aufzufassen als Ausserungen yon Abweichungen, die sich im Anschluss an die prim~re Affektion, die den anfi~nglich bes~ehenden Symp~omenkomplex wach rief, en~wickel~ haben. Ich werde hierauf noch zurfickkommen. Uber Anomalien in der S c h w e i s s a b s o n d e r u n g vermag ich nur wenig anzugeben. Hyperidrosis bestand gewiss nicht, in Bezug auf die Anidrosis ]~ss~ sich m~r mitteilea, dass d~e ers~en ]~ar Tage (w~hrend des synkopalen Stadiums) die Hau~ an Hand und F i n g e r n trocken war, soh~zenswer~e Unterschiede mifi der linken Seile babe ich iibrigens nicht finden kSnnen. Haben wir auf Grand der genannten Er~scheinungen zweifelsohne das Rech~, den in Frage stehenden Fall der Rubrik angiospastische Gangr~n einzureihen, so werden wir uns die folgenden Fragen vorzulegen haben: a) Wo hal der vasokonstriktorische Reiz seinen Sitz gehab~? b) Welcher Ar~ ~st dieser Reiz gewesen? Um die erste Frage bean~worten zu kSnnen, is~ es nStig, uns das ins Ged~chtnis zuriickzurufen, was in Bezug auf die Ana~omie (ink]. Lokalisation) und Physiologie des vasomotorischen Sys~ems bekannt is~, ein Gegens~and, in Bezug auf welchen unsere Kenntnisse noch unvollkommen sind, obschon aaf diesem Gebie~ ungeheuer viel gearbei~et worden is~. Das lelzte Dezennium besonders ha~ hinsich~lich der peripheren vasomo~orischen Bahn and deren Ursprung im Riickenmark ziemlich genau iibereinsfimmende Resultate erzie[~, im iibrigen jedoch is~ die A n a t o m i c - ni~mlich Jnsofern sie den zentralen Verlauf betriff~ -noch nich~ geniigend ims~ande gewesen, um die dutch physiologische Untersuchungen und klinische Beobachtungen p0stulierten Bahnen mi~ gewiinschter Bes~imm~heit anzugeben. 1) Buch, Zentralblatt s iNervenheilkde. 1884. 2) Der Sachverlauf in unserem Falle macht es mehr als wahrscheinlich, dass das Auftreten der Parese ein allm~ihliches gewesen ist und dass diese erst, nachdem sie eine gewisse GrSsse erhalten hatte, zu sehen war. Ich will bier gleichzeitig darauf hinweisen, dass die Veriinderungen~ die dutch die Parese schliesslich in der Gefiisswand (auch ia der Intima) entstanden sind~ auf die Entstehung der End~rteriitis, welche wit ffir die Atrophie verantwortlich gemavht haben, wenigstens als Unterstiitzu~gsmoment, -~on Bedeu~uzg gewese~ sein kSnnen (siehe Note auf S. 41).
Ein FaiI yon haibseitiger angiospastischer Gangriin.
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Anatomie. M o t o r i s c h e B a h n e n . Untersuchungen yon B r o w n - S ~ q u a r d , E u l e n b u r g und L a n d o i s , Hit~ig, P i t r e s , F r a n c k , B e c h t e r e w u. a. haben sehr wahrscheinlieh gemaeh~, dass in der Grosshirnrinde in oder dicht bei der motorischen Zone ein vasomotorisehes Zentrum ]iegen muss. Auch klinische Beobaehtungen (Rossolimo~), Grannull2), R o t h und Muratoff~) u. a.) zeigen in dieselbe Rich~ung. Diesen klinischen Beobach~ungen vermag ieh noch eine binzuzufiigen, die ieh gemaeht babe, indem ich mit dieser Arbeit besch~ftigt war. Sie betrifft eine 59j~hrige, einige Monate frtiher in unsere Anstal~ aufgenommene Frau, die seit ihrem 20. Jahre an epilep~iformen Anfs leide& Diese sollten 3--4real im Jahre auf~reten und sieh kennzeiehnen dutch den Verlust des Bewusstseins und Zuekungen, welehe ungleiche Ausbrei~ung haben soHten (dem Ga~ten nach bald ein Arm, bald 2 Arme~ bald ein Arm und ein Bein, zuweilen alle Ex~remit~ten). Einmal hat~e ieh Gelegenheif, einen Anf'all so gut wie yon Antang an zu beobaeh~en und dabei Folgendes zu bemerken: v511ige Bewusstlosigkeit, weite, gleiehe, niebt reagierende Pupillen und leichte klonisehe Zuckungen, die sich ausschliesslich auf den reehten Unterarm, n~mlich die Hand beschr~nkten. Naeh 4 bis 5 Minuten hSrten die Bewegungen in dem Arm auf, wghrend die Bewuss~losigkeit andauer~e. Ganz besonders s~ark fiel mir ein Farbenunterschied zwischen der rechten und linken Hand (und einem kleinen daran grenzenden Teile des Unterarms) auf, obwohl beide Arme sich in gleichen Verh~I~nissen (auf den Deeken) befunden ha~en. Die rechte Hand war weiss, ihr Ballen mit kaltem Schweiss bedeckt. Nachdem der Schweiss entfern~ war, legte man reeh~s sowohl wie links ein gewShnliches Maximal~hermometer an und die beiden tti~nde wurden lest um das Thermometer gesehlossen. Nach I0 Minuten war in der rechten Hand die Tempera~ur 34 0, in der linken betrug 'sie 36,2 ~ Danaeh wurde in den beiden AehselhShlen gleichzeitig die Temperatur gemessen, mit dem Resul~at, dass an beiden Selden das Thermometer auf 36,6~ gestiegen war. 4) ]) Deutsche Zeitschrift f. iNervenheilkde. Bd. 7. t895. 2) Rivista speriment, di frenat. 1907. 3) 1. c. 4) Im Anschluss an diese Beobaehtung und im Hinb]ick auf Aufg~ben ia tier Literatur habe ich bei anderen rechts und links gleichzeitig Temperaturmessungen gemacht und machea lassen (AchselhShle). Dabei zeigte es sieh, dass wie zuweilen geschehenist ~ mit Unrecht Unterschieden yon einigen Zehntelgraden Bedeutung zugeschrieben worden ist, es sei denn, dass alas Messinstrument -
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BElgDER$
An ]3einen und Gesich~ babe ieh nur mit der Hand naeh Un~ersehieden gesueht, diese aber nicht gefunden; Farbuntersehied zwischen reehts und links fehl~e in den erw~hnten Teilen. Zwisehen beiden Aa. radial, war kein Untersehied zu finden. Als ich 20 Minuten sparer zuriickkehrte, um die Messungen zu wiederholen, hatte die Patientin, obwohl sie sehr sehl~frig war, sieh doeh wieder so welt erhol~, dass sie sich in ihrer gewohnten Verstimmung ieder wei~eren Untersuehung widerse~z~e. In der Farbe zwischen beiden HKnden liess sich jedoch schon in dem Augenblick kein Unterschied mehr bemerken. ~) Ieh glaube nieht zu welt zu gehen, wenn ich aus dieser Beobaehtung den Sehhss ziehe, dass bei der hier anzunehmenden Rindenreizung vasokonstriktorisehe Bahnen mi~ gereizt wurden, dass die cortikale vasomotorisehe Region dicht bei der (mit dieser zusammenfallend?) motorisehen liegen wird und aueh, dass die Peripherie --wenigstens in der H a n d - in der Rinde eine vasomotorisehe Lokalisation hat, die ungef~hr mit der gewShnliehen motorisehen zusammenf~llk Es is~ nicht unwahrseheinlieh, dass Abweichnngen wie die oben erw~hnten bei monoplegischen AnfKllen mehr gemach~ werden kSnnen, wenn die Aufmerksamkeit darauf hingerichtet wird. Welehen W e g die vasomotorischeli Bahnen nach un~en zu einsehlagen, l~sst sieh noeh nich~ mi~ Bestimmtheit angeben, zahlreiche Beobaehtungen spreehen dafiir, dass in den basalen Ganglien sympathische .Fasern eine Unterbreehung erleiden oder wenigstens darin verlaufen~); wahrscheinlich enth~lt aueh der Thalamus op~ieus sympathisehe Kerne (siehe Versuehe yon B e c h t e r e w und Mislawski3)). feiner ist als die gewShnlichen kontrollierten Thermometer, die mlr zur Verffigung standen. 1) Knapp ein halbes Jahr sp~ter wurden an zwei aufeinander folgenden Tagen nochmals 2 AnfKlle beobachtet, welche dieselben Erscheinungen als die oben geschilderten aufwiesen. Der erste dieser zwei wurde yon einer gut geschulten Krankenpflegerin, die wusste, worauf sie zu achten bathe, beobaehtet, w/thrend des zweiten vermochte ich persSnlich den Temperaturunterschied zwischen der reehten und linken Hand zu beobachten. 2) White, Journal of Physiol. Vol. XI (Corp. striat, und Thalamus). Ravenna 1. c. (Basale Ganglien und CapsUl. intern.). G r a n n u l i 1. c. (Putamen). Rossolimo 1. c. (Nucl. caudat.). G u i c e i a r d i und P e t r a z z i n i , Rivista sperim. XIIL (Nucl. caudat.). P arhon, Contribution la studiul turburazilor vasomotorii in emiplegie. Bucharest 1900. (Corp. striat.). 3) Neuro]. Zentralbl. 1890 und 1891.
Ein Fall yon halhseitiger angiospastischer Gangrfin.
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Ziemlich sicher ist es~ dass die eerebralen sympa~hischen Fasern bald ( H e l w e g l) verlegt die Kreuzung in die fronta]e Fl~ehe der Commissura posterior) einander vollkommen oder so gut wie vollkommen kreuzen. Uber den weiteren Verlauf bestehen grosse Meinungsversehiedenheiten, je l~nger, desto wahrscheinlieher wird jedoch die schon vet knapp 20 Jahren ausgesprochene Auffassung C. W i n k l e r s , dass das zentrale ttShlengrau dabei eine l~olle spiele, sowohl als Durchgangsstelle wie als Ursprung (Unterbreehung?). Halten wir uns an die Ventrikelbegrenzung auch bei der proximalen Lokalisation, so vermSgen wir in dem Vorkommen sympathischer ZeIien und Fasern an der medialen Seite des Thalamus, in den basalen Ganglien, an der lateralen Grenze des Infundibulum 2) nur eine Best~tigung dieser Ansicht zu sehen. Wir wissen ausserdem3), dass sieh in diesem HShlengrau longitudinal verlaufende Fasersysteme vorfinden, dass der sogenannte dorsale Vagus-(Glossopharyngeus-)kern (l=[uet4), 0 n u f und CollinsS), K o h n s t a m m und W o l f s t e i n 6 ) ) - wahrseheinlich ganz - - a l s sympa~hiseher Kern zu betrachten ist, dass R e i n h o l d 7) sein vasomotorisches Zentrum in die Medulla oblongata dieht under das Ependym des 4. Ventrikels (in das Ventrikelgrau) verlegk Forseher wie G a s k e l ] , S h e r ~ : i n g t o n , L a n g l e y , J a c o b s o h n u. a. haben sich d~ram verdien~ gemach~, dass wit, zumal ~n den le~zten Jahren, neue Angaben fiber das sympathische Nervensys~em und seine Zentren erhalten haben. L a n g l e y s) unterscheidet ftir diese letztere vier Regionen: a) das midbrain autonomic system, in der Gegend der Corpora quadrigemina liegend, yon we at~s Fasern an den Nn. eiliares entlang nach Iris und M. eiliaris gehen. b) das bulbair autonomic system, etwas fiber und unter dem Ca1) Arch. f. Psych. Bd. 19. 1888. 2) Karplus und Kreidl, Pflfigers Archiv 1909. 129. 3) Sch/itz, Arch. s Psych. Bd. 22. 4) Psychiatrische en Neurologische Bladen 1898. 5) Arch. of neurol, and psychopathol. III. 1900. 6) Journal of Psycho]. und Neurol. VIII. Nach Onuf und Collins ist der dorsale Vagus-(Glossopharyngeus-)kern funktionell das Analogon ihrer parazentralen Kerngruppe im Riickenmark und ist dieser Kern der Ursprung yon ausschliesslich motorischen viszeralen Fasern dieses Nervenpaars. Auch nach Kohnstamm und Wolf stein ,,bleibt ffir den dorsalen Vaguskern alsdann die Funktion, die Eingeweide der Brust- und BauehhShle zu innervieren ~,
7) Deutsche Zeitschrift i: Nervenheilkde. 1897. Bd. 10. 8) Brain 1903.
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BEI~DERS
lamus scriptorius liegend, yon wo aus Fasern an dem •. facialis entlang nach.dem N. glossopharyngeus und dem N. vagus gehen. Voa diesem Gebie~ aus werden der M. dilatator iridis, Herz, Blutgef~sse der Kopfsch!eimh~iute , Tractus intestinalis yon dem Mund an bis zum Colon descendens and ,,Auswiiehse" dieser Gegend (Muskeln der LuftrShre and Lunge, des Magens, der Leber, der Bauchspeicheldriise) innervier& c) das sogenannte sympathetic system, das sich im Rfickenmark yon D 1 bis L2 oder L3 ausstreckt. Diesem System entspringen die Fasern ffir die Haut (Arterien, Muskeln, Drtisen), ftir die Blutgef~isse des Darms (Mund his Rektum), der Lungen, der abdominalen Eingeweide, der willkiirlichen Muskeln des Rumples und der Glieder, der Ureteren und der inneren Geschlechtsorgane. Fasern aus diesem System greifen in das vorhergenannte und das hierauf folgende System hiniiber, selbst bekommt es keine Fasern aus anderen Systemen. d) das sacral autonomic system, welches sich bei dem Menschen yon $2--S 4 ausstreckt. Von bier aus werden die Blutgefi~sse des Rekturns und der 5usseren Gesehlechtsorgane, die Darmwand vom Colon descendens his ans Ende des Darmkanals versorg& Zum Tell vSllig in Ubereinstimmung mit L a n g l e y s Angaben sind die J a c o b s o h n s 1). dessen Nucleus sympathicus lateralis superior sich yon Cs--L 2 erstreckt und also das sympathetic system yon Langley vorstellt. Welter jedoeh nimmt J a c o b s o h n noch einen ~Tucleus sympathicus medialis inferior yon L2--S 4 und einen Nucleus sympathicus lateralis inferior yon S2 bis in das Coccygealmark an. In Bezug auf den Weg der Verbindungsbahnen yon hSher liegenden Zentren nach den Zentren im R~iekenmark besteht bei mehreren Forsehern eine erfreuliche Ubereinstimmung, insofern, als sic die be -~ treffenden Bahnen in den Seitenstrangresten v erlaufen lassen (0 w sjannikow, D i t t m a r , H e l w e g , Dural2), v. K S l l i k e r , R e i n h o l d u. a.) and zwar die meisten in der sogenannten vorderen gemischten Seitenstrangzone. In diesem Gebiet sind mehrere zentrifugale Bahnen beschrieben, vermutlich nimmt die uns bier interessierende Bahn in dem obersten Dorsalmark einen bis an die Peripherie reichenden, ungef~hr keilfSrmigen Raum ein und geht nach unten zu abnehmend, a]lm~ihlieh in eine diffuse Formation fiber (Reinhold, aueh der Tract. z yon P u r v e s StewartS)?) 1) Neurol. Zentralbl. ]908. 2) Cours de Physiologie 1897. 3) Brain 1901. Neurol. Zentralbl. 1902
Ein Fall yon halbseitiger angiospastiseher Gangr/in.
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Obwohl dies anatomiseh noeh nieh~ naehgewiesen ist (eine Andeutung davon ist bei H e l w e g zu finden), verzweig~ sich diese Bahn vermutlieh um die spinalen sympathisehen Zentren des Riickenmarks und wahrseheinlieh (die kleinen Abmessungen des Querschnit~es weisen schon darauf bin) so, dass die Fasern vor ihrer AuflSsung in Endbaumehen sieh vorher noch verzweigen und jede Faser also mehr als eine Zelle erreieht. In Bezug auf die Lage der sympathisehen Zellen in dem Riiekenmarksquersehnitg besteht bei den versehiedenen Forsehern keine vSllige ~jbereinstimmung. Unterdessen s~immen wohl alle neueren Untersuehungen darin iiberein, dass jedenfalls die Zellen des Sei~enhorns als sympathisehe angesehen werden miissen (Gaskell, S h e r r i n g ton, O n n f und Collins, J a e o b s o h n , L a i g n e l - L a v a s t i n e 1) u. a.). Weitere Ausbreitung geben diesem Gebiet O n u f und Collins, welche die ganze Zone graue Subs~anz zwischen Vorder- und Hin~erhorn mit dem Sympathieus in Beziehung bringen. J a c o b s o h n lasst die Zellgruppe aus erstgenannger Kerns~ule (Cs--L2) vom Seitenhorn aus sieh ausspriihen in die Umgebung (Proe. reticular., mediale Riehtung) nnd ausserdem eine kleine Umbiegung um die Ecke mit (und nach) dem Itinterhorn maehen. Sein zwei~es Kerngebie~ (L2--$4) f~ngg an als eine kleine Zellgruppe in der medialen Randzone des Vorderhorns, dieh~ bei tier Kommissur, hierzu fiigen sieh distalw~tr~,s (Ls--S1) noeh andere kleine Gruppen an dem medialen Rand des Vorderhorns. Weiter distal werden diese Gruppen grSsser nnd versehmelzen mit den Zellen aus-der 3. Kerns~ule (die anf/inglieh auf dem Querschnitt die Lokalisation der ersten hat,e) im unters~en Sakralmark zu einem gemeinsamen Kerngebiet, das nngef~hr das ganze Vorderhorn und den zwisehen diesen und dem Hin~erhorn liegenden Tell einnimmt. Aus den Zellen des Rfickenmarks nun (resp. aus den gleiehwertigerL Zentren in Medulla oblonga~a und Mi~elhirn 2)) en~springen (bei dem ]~Ienschen markhaltige) bTervenfasern, die das Riiekenmark mit den vorderen Wurzeln verlassen, sich daraufhin yon diesen trennen und als Rami eommunicantes (weisse Rami, pr~ganglion~ire Fasern) in den C~renzstrang des Sympathieus iibergehen, sieh um die Zellen der darin vorkommenden 8anglien verzweigen und zwar derartig, dass jede pr~ganglionKre Faser vor ihrer AuflSsung in das Endb~nmehen in einige (3--4, oder mehr) Astehen sieh teilt und also ebenso viele Zellen umspinn~. 1) Congr~s /~ Pau 1--8 ~out 1904. 2) Vergl. dendrassik, Virchows Archiv 1896. Bd. 145. Deutsche Zei~schrift f. Nerve~aheilkunde. Bfl. 43.
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BESDERS
Diese Zellen brauchen nicht in einera Ganglion zu liegen, in den meisten Ganglien des Grenzstranges (ausgenommen die cervikalen) tri~ eine pr{iganglions Faser mit 3, 4 oder mehr Ganglien in Verbindung (Langley). Die Vers finde~ auch nicht nohwendig stat~ in dem ersten G~nglion, oder den ersten Ganglia, wo die Faser ankommt, zahlreiche Fasern kSnnen, ohne mit diesen in Verbindung zu treten, durch mehrere Ganglien des Grenzs~ranges hindnrchziehen (0 n o d i t), L a n g 1 e y). Den Zellen der Ganglien des Grenzstranges entspringen die sogenann~en (helm Menschen nicht markhaltigen) postganglions Fasern"), die ( L a n g l e y ) nich~ nach einer anderen Zelle verlaufenS), sondern nach dem peripheren (glahten Muskel-)Gewebe gehen und, weil sic sich verzweigen, jede eine Anzahl Gewebszellen innervieren. In dem komplizier~en Nervengeflecht des peripheren Systems kommen nach L a n g l e y s Un~ersuchungen keine Verbindungsbahnen zwischen den einzelnen Ganglien vor. Aus Obigem ls sich der wichtige Schluss ziehen, d~ss a]le periloheren sympathischen Ganglien als gleiohwertig mi~ denen des Grenzstranges zu be~rachhen sind t), und dass alle zentrifngalen Verbindungen des zen~ralen Nervensystems, mi~ welchen sympathischen Ganglien auch, als Rami communicanhes aufzufassen sind. Die zentrifugalen sympathischen Fasern gehen nach der Peripherie, 1) Arch. s Anat. 1884. Iqach Jendrassik. 2) Jede Ganglienzelle des Grenzstranges hat nut e inert Aehsenzylinderfortsatz, welcher als l~ervenf:aser in die Peripherie verl~uft (van G ehuchten: ,,La cellute". T. VIII). 3) Andere Forscher nehmen eine oder mehrere Unterbrechungen im peripheren 1N~euronan. Fiir die Richtigkeit der Ergebnisse von L a n g l e y s Experimenten sprechen die Resultate L a p i n s k y s (I. c.)~ der nach Durchschneidung des Nerv. ischiad, schon nach 14 T~gen cntartete amyeline Fasern bis in die Gef~isswand verfolgen konnte. Die yon Physiologen u. a. postulierten sympathischen Zellen ~n den Gef~issw~tnden werden hierdurch unwahrscheinlich, die in der N{ihe der Gefdsswand mehr als unwahrscheinlich. 4) l%omberg und His (9. Kongress f. innere Med. zu Wien 1890) bewiesen, dass die G~nglienzellen des Herzmuskels sich yon dem Grenzstrang abschntiren und dann in den Muskel eindringen. Auf Grund der Untersuchungen yon Onodi, der fand, class die sympathischen Zellen zu dem tIinterwurzelgebiet gehSren~ betrachteten sic jedoch die tIerzganglien als sensibeI. G e g e n b a u e r (Lehrbuch der Anatomie des Menschen) sagt jedoch, dass die sympathischen Zellen wohl durch Abschniirung aus spinaten Ganglien entst~inden (bestritten yon Cohn. Arch. f. mikrosk. Anat. 70. 1907)~ abet sich dennoch von den spinalcn Gangtienzellen unterscheiden. Auch nach G c g e n b a u e r sind die peripheren sympathischen Ganglienzellen wahrschcinlich durch weitcre Verschiebung nach der Peripherie dieser abgeschn(irten Teile entstanden.
Ein Fail yon haibseitiger angiospastiseher Gangri~n.
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entweder als selbst~ndige Bahnen, oder in Begleitung yon Blutgef~ssen. oder gemeinschaftlieh mit den spinalen Nerven. Sensible Bahnen. Die sensiblen Fasern des sympathischen Reflexbogens k5nnen zusammen mit zentrifugalen sympathisehen Fasern verlaufen, dieses sell (Langley) fiir alas bulb~re and sakrale System giiltig sein, oder mit spinalen Nerven (z. B. in dem thoraco-lumbalen
Syste..m).
Uber das trophische Zen~rum dieser Fasern besteht Meinungsverschiedenheit. Naeh O n u f and Collins entspringen die (meisten) sensiblen sympafhiscben Fasern den Ganglien des sympathisehen Systems selbst, welchem L a n g l e y mit grSsster Entsehiedenheit widerspricht and was auch mit v. K S l l i k e r s Ansieht') im Widersprueh steht. Letzteren Forschern nach gehen die sensiblen Bahnen via der Rami communicantes tiber in die hinteren Wurzeln, we sie ihr trophisches Zentrum in den spinalen Ganglien 2) finden. Ein zentral gerichteter Fortsatz dringt in das Riickenmark ein, teilt sieh in einen aufw~rfs steigenden and einen abw~rts steigenden Ast, dem kollateralen entspringen fiir die Ursprungszellen der zentrifugalen sympathisehen Fasern. Obige Vorstellung sehliesst ein, dass -- abgesehen yon der aIlern~edrigsten 5rtlichen Gewebsreaktion - - die reflektorisehe Wirkung im vasomotorischen System stets auf dem Reflexbogen im Riickenmark (resp. Medulla oblongata oder Mittelhirn) beruht und dass in den sympathisehen Ganglien (wie yon F r a n 9 o i s F r a n c k u. a. angenommen wurde) keine Reflexwirkungen zustande kommen. In diese Ganglien miinden keine zentripetalen Fasern, jedoch kSnnen sie dureh diese wohl hindurchziehen. In Bezug auf Reflexbogen hSherer Ordnung (das Cerebellum sei auch dabei beteiligt) sind die Angaben noeh so unsicher, dass es besser ist, diese ausser Betracht zu Iassen. We die sympathisehen Fasern mit spinalen Iqerven verlaufen, stimmt ihre periphere Distribution ungefi/hr mit der der sie begleitenden spinalen Nerven iiberein. Die Area der sympathischen Innerva~ion liegt stets innerhalb der Area der sensiblen tnnervation, ausgenommen an den Gliedmassen, we die erste Area wenigstens ebenso gross ist wie die zweite (Langley). S e g m e n t a l e L o k a l i s a t i o n im Riiekenmark. Die friihereAn1) 66. Versammlung deutscher Naturforscher und J(rzte in Wien 24.--30. September 1894. 2) Die Tatsache, dass in normalen Verhi~l~nissen die zentripetalen sym~ Fasern keine zum Bewnsstsein kommenden Sensationen geben, erkl/ir~ Langley aus ihrer kleinen Anzahl. 4"
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BE~as
sicht, dass die Zentren der Bewegung, Gef~issverengerung und Schweisssekretion fiir elnen bes~immten KSrperteil dicht beieinander l~gen, kann im Licht der neueren Untersuchungen nieh~ mehr aufreeh~ erhalten werden. Diesen Un~ersuchungen naeh werden z. B. im ganzen Cervikalmark (abgesehen vielleich~ yon Cs) keine vasomotorischen Zentren gefunden. Schon CI. B e r n a r d ~) hatte gefunden, dass die Vasomotoren, welche sich mi~ dem Plexus braehialis verbinden und naeh den oberen Gliedmassen gehen, diesem Plexus yon Fasern zugeffihrt werden, die in dem Brustgrenzstrang des Sympathicus aufsteigen, und dass die, welche sieh mit dem Nerv. isehiadie, verbinden; Fasern waren, die in dem lumbalen Tell des Grenzstrangs hinabstiegen. Erstere kommen aus viel tiefer liegenden Wurzeln, die zweiten aus hSher liegenden Wurzeln als die betreffenden spinalen motorisehen ~Nerven und miissen einander also im Riickenmark ziemlich nahe beriihren. H e l w e g 2) suehte den Ursprung der Gefiissnerven des Arms in der 5. eervikalen bis zu der 7. dorsalen Wurzel, ihm nach sollen die meisten dieser Nerven das Rilckenmark dutch die Da--DT-Wurzel Yerlassell. L a n g l e y 3) land, dass die ~asokonstriktorischen Nerven und die Nerven fiir die Schweisssekretion der oberen Ex~remit~t das F~iickenmark an den D4--D10-Wurzeln entlang verlassen, die fiir die unteren Extremitiiten an den D12--La-Wurzeln entlang; erstere steigen in dem Grenzstrang hinauf, die anderen steigen in diesem hinab. O n u f und Collins 4) nach haben die Fasern des oberen Tei]s des Sympathicus (z. B. die ftir die obere Extremit~t) im Rtickenmark ihren Ursprung in Segmen~en, die niedriger liegen als die Segmente, in welchen sie das Riiekenmark verlassen, sie sollen also im Riickenmark noeh eineu emporsteigenden Verlauf haben. Das Umgekehrte wiirde gelten fiir die Fasern des unteren Tells des Sympathicus (z. B. fiir die untere Extremit~t); diese sollen im Riickenmark hinabsteigen und dann aus niedrigeren Segmenten als denen, worin ihr Ursprung lag, das Rtiekenmark verlassen. 5) 1) Nach Duval 1. c. 2) 1. c. 3) Journal of Physiol. XII. 4) 1. c. 5) Ich habe in der mir zur Verffigung stehenden Liter~tur fiber diesen intraspinalen Verlauf der pr~ganglion~ren Fasern nichts mehr finden kSnnem Schon ehe die Arbeit yon Onuf und Collins mir (leider nut im Referat) bekannt wurde, ist es mir aufgefa]len, dass auf Atlanten des Sympathicus Rami
Ein Fall you halbseitiger angiospas~iseher Gangr~n.
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Aktive Vasodila~a~ion spiel~e in dem yon mir beobaehteten Falle keine RoUe und ich werde reich deshalb auf das noch so dunkle Gebier der vasodilata~orischen Nerven und Zentren bier nicht begeben. Physiologie. Wird der vasomotorische Reflexbogen in seinem zentrifugalen Tell unterbrochen, so entsteht infolge dessen eine Parese der Gef~sse, die eine ver~nder~e Reak~ion zeigen und nachher, auch infolge krankhafter Veriinderungen in der Gefs langsam und ungeni~gend reagieren. Sogenann~e ~rophische S~Srungen ents~ehen dadurch nicht und zwar sicher nieh~ in der kurzen Zei~, in der wir z. B. die R a y n a u d s e h e Gangr~n sieh entwickeln sehen. Die gla~ten Muskelzellen der Ge{~sswand zeigen n~mlich auch nach Durehsehneidung der Vasomotoren noeh die rein myogene Reaktion. die - - solange die Gef~sswand unveriindert is~ - - fiir eine Vi~a minima des Gewebes noch geniigt. Die Parese der Gef~sswand und die ver~inderte Reaktion nach Durehsehneidung der zentrifugalen Bahn beruhen auf dem Ausfallen des Tonus, welchen die spinalen vasomotorisehen Zentren anderen Zen~ren (hSherer Ordnung) verdanken. ZerstSrung des vasomotorischen Reflexbogens in einem anderen Tefl seiner Bahn verursacht - - als solche q ebensowenig sogenann~e trophisehe StSrungen. Bleibt der Reflexbogen intakt, aber wird die beitung im zu{fihrenden intraspinalen Neuron (z. B. dureh Durehschneidung) unterbroehen, ~ommunicantes angegeben sind, auch in Teilen, in denen in den korrespondierenden R~ickenmarkssegmenten keine sympathischen Kerne liegen (z. B. an den Cervikalwurzeln). Geben die zu Rate gezogenen Abbildungen ein getreues Bild der Wirk]ichkeit, so mfisste auch das Obige auf einen longitudinalen, intraspinalen Verlauf yon Rami communicantes hinweisen, es sei denn, dass diese Rami sensible Bahnen vorstellen. Mit Vorhergehendem h~ngt die Meinungsverschiedenheit zwischen Koch er u. a. einerseits und O p p e n h e i m u. a. andererseits fiber den Verlauf der oculopupill~iren Fasern zusammen. Diese Fasern treten mit der Di-Wurzel aus, sollen aber nach K o e h e r (und das Schema yon L a n g l e y is~ damit in l~bereinstlmmung) aus der Medulla oblongata kommen und dutch das ganze Halsmark hindurchziehen, um schliesslich das Rfickenmark in genanntem Segment zu Verlassen. Das Centrum cilio-spinale ist nach einigen ein vSllig untergeordnetes Zentrum, welches unter dem Einfluss der Medulla oblongata steht, die fibrigens ffir eine gehSrige oculopupill~ire Innervation dieses Zentrums entbehren kann. Dieses letztere wfirde dann vielleicht nur dienen fiir die Pupillenreakton auf ]~autreize (siehe in Verband hiermit die interessanten Beobachtungen yon Roux und P a v i o t , Archives de ~qeurol. 1898 und yon Cordier, Archives de Neurol. 1910).
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BEN~)~s
so folgt anfangs, infolge des Ausfallens des Tonus, eine Parese der Gef~ssw~nde, welohe naoh kurzer Zeit so gut wie ganz wieder versohwindet. Wird danaeh der primate Reflexbogen unterbrochen, so verschwindet die Parese nicht mehr. Diese Tatsache dient meiner Ansieht nach zur Verst~xkung der Meinung, dass unter krankhaften Verh~ltnissen der zentripetale Sehenkel des prim~ren vasomotorisehen Refiexbogens geniigende Reize zufiihr~ 1), ~lm den Tonus ims~ande zu halten. Vielleicht sind dureh die Under: brechung des zuf~ihrenden zentralen Neurons, d ~ spin,fen Zeniren des prim~ren Reflexbogens in einen Znsiand erhShter Erregbarkeit gekommen. 2) L a n g l e y nach ist es jetzt noch nicht mSglich zu sagen, ob in normalen Verh{iltnissen der spinale vasomotorische Reflexbogen a]s solcher :in den vitalen Funktionen eine Rolle yon Bedeutung spielt, in pathologisehen Verh~ltnissen is~ dieses seiner Ansicht naeh sieher der Fall. T r e n d e l e n b u r g '3) schreibt im Normalzustand den spinalen Zentren keine oder nut eine un~ergeordnete autonome funktionelle Bedeutung zu. Sollen reflektorische oder zentra] verursaehte sogenannte trophische StSrungen entstehen, so is~ dafiir nStig, dass die periphere vasomotorische :Bahn yon ihrem spinalen Zentram an intakt is~ und dass dieser efferente Teil einer Uberreizung (oder ver~nderter Reizung?), deren Angriffspunkt also in den spinalen vasomotorischen Zellen liegt~ unterworfen ist. W a r in letzter Ins~anz das verursachende Moment auf reflektorisehem Wege t~tig, so muss sieh nattirlich auch die Leitung in dem zufiihrenden Teile des spinalen Refiexbogens erhalten haben, Fiir die zen~ra/ verursachten S~Srungen ist dieses nich~ nStig, da in diesem Fail der I%eiz yon der Sidle an, we er se~nen Sitz hat, via des spinalen Zentrums and der aus diesem auslaufenden zentrifugalen Bahn 1) Sehultz (Arch. f. Anat. u. Physiol. 1898) fund, dass die pr{iganglion~ren Fasern bedeutend erregbarer sind als die postganglion~ren. 2) ]:)ass keine Unterbrechung des zentralen l%urons nStig ist, um den l%eizen, die an dem zentripetalen Stiick des prim~[renReflexbogens entlang zugeffihrt werden, Efiekt zu verschaffen, beweisen die Fi~lle arthrogener Muskelatrophie. Schneider man in diesen F~illen die dazugehSrigen hinteren Wurzeln dutch, so bleibt die Atrophie aus und man hat diese Form tier Muskelatrophie denn auch auf eine Uberreizung -- oder ver~inderte l%eizung(?)-- (yon den betreffenden Muskeln selbst ausgehend) in dem prim{iren vasomotorischen l%efiexbogen znriiekgeffihrt (vgl. Phleps ]. c:). 3) Wanderversammlnng der sSdwestdentschen Neurologen und Irren~rzte. Mai 1910.
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die Peripherie erreichen kann. Die spinalen Zen~ren sind sozusagen als Mittelpunkte zu betrachten, in Hinsicht auf welehe such die zentraler liegenden Teile als Peripherie zu betrachten sind (verg]. Phlepsl)), and es kSnnen also die folgenden MSglichkeiten bestehen, yon welchen diese Mittelpunkte 2) (und also die periphere vasomotorische Bahn) in erhShtem MaSe gereizt werden: a) zen~ral liegende AffekUon, die selbs~ via der darunterliegenden zentrifuga!en vasomotorisehen Bahn direkt den Gefasskrampf verursaeht oder dureh Steigerung der Erregbarkei~ der spinalen Zentren das refiektorische Entstehen desselben fSrdert. Verursaehte dieser zentrale Prozess einen s~arken Reiz, so kSnnen wir nns vorstellen, dass er ohne die Hilfe anderer Einfltisse seine T~itigkeit entfal~en wird. 3) b) Dutch gesteiger~e Reizung im zentripetalen Tell des spinalen vasomotorischen Reflexbogens wird such (sehneller oder allm~hlieher) das spinale vasomotorische Zen~rum in einen Zustand gesteigerter Erregbarkeit versetz~., welche sehliesslieh eine derartige wird, dass weitere re~ektorische Reizung vasomotorisehe SiSrungen verursaeht. Solehe F/ille sind besehrieben 4), ieh l~alte jedoeh dafiir, class grosse Reserve in Bezug auf deren Schgtzung nieht unangebraeht sei, sei es denn such nur wegen der offenbar aussergewShnliehen Seltenheit ihres Anf~re~ens bei vielfacher Ge]egenheit zum Aufh'e~en. ~) e) Bei der yon b verursaehten gesteigerten Erregbarkeit der spinalen vasomotorisehen Zentren kSnnen zentral liegende Reize (such Emotion u. a.) einen anormal grossen Effekt haben. 6) d) Es besteht eine konstitutionelle gesteiger~e Erregbarkeit im vasomotorisehen System. Dieses l~tss~ sieh (siehe oben) bei hysterischen Personen nicht selten konstatieren. 1) ].c. 2) Siehe auch Camillo ]. c. 3) Klinische Beobacht~ngen: a) Fall N o t h n a g e l - W e b e r , vgl. Helweg. b) Fail Pitres-Vaitlard. ~qach Strauss. c) Fall Strauss 1. c. d) Fall Lannois-Porot. Revue de todd. 1903. 4) a) Brasch, Berliner Gesellscha~t fiir Psych. und Nervenkrankheiten. Sitzung vom 8. Mai 1899. b) Pospelau, siehe Semaine mddic. 1901. c) Hess, Arztlicher Verein zu Hamburg. 15. Nov. 1901. 5) Als Beispiel reflektorischer sympathischer Reizungen kSnnen die Krisen dienen, die bei Tabes gefunden werden. Der Ursprung derselben ist (Redlich u. a.) in den hinteren Wurzeln zu suchen. Die FSrstersche Operation hebt die Beschwerden (motorische, sensible und sekretorische Reizungserschei, nungen) auf. 6) Fail Dehio(?)
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BENDERS
e) Theoretiseh ist es nicht unmSglieh, dass der anormale Reiz durch Affektion in der peripheren, zentrifugalen vasomotorischen ]~ahn selbst ~erarsacht wird. In Verband jedoch mit der Anatomie, die uns mehrere Forscher gegeben haben, ist es nieht wahrseheinlieh, dass dadureh vasomotorische StSrungen, wie sie uns die KIinik aufweis~, entstehen. Die periphere ~euritis, die zumal friiher wohl einmal Ms die Ursache der Raynaudsehen Krankheit angesehen wurde~ wird heutzurage yon den meisten als verursachendes Moment abgewiesen. Wo auch der Si~z des Prozesses sein mSge, Bedingang ist es, dass der zentrifugale Weg yon diesem Sitz an nicht unterbrochen ish Auszusehalten sind alle F~]le, in denen die sogenannten trophischen Yeriinderungen durch Unterbrechung der zeatripetalen Bahn (z. B. als Folge yon Syringomyelie) erkl~rt werden miissen. Diese F~ille gehSren dem Kader der Morvanschen Krankheit. Aueh sind mit dem nStigen SkepGzismus die trophisehen St5rungen zu betrachten (die sogenannte spontane Hautgangr~inl), tier Herpes zester gangraenosus :) u. a. bei hys~erisehen Patienten), bei denen nich~ eine fortgesetzte scharfe Kontrolle Betrug aussehliessen Mess. Zum Schluss dieser Obersicht will ich noeh erw~hnen, dass L a n g ley naeh die postganglion~ren Fasern auf verschiedene Arten yon Gefiissgebieten einen (im Grad) sehr versehiedenen Einfluss haben (auf tIautgef~sse z. ]3. s~i~rkeren als auf die Gefs der willkiirlichen Muskeln) and dass, bei Reizung eines Zentrums ~) sewohl, wie bei Reizung der peripheren vasomotorischen Nerven4), die kleinsten und am weitesten entfernt liegenden Gef~isse am s~rksten reagieren. Uber die Ursaehe genannter Tatsaehen is~ mir niehts bekannt, wir haben ihrer jedoeh wahrscheinlich wohl Reehnung zu tragen bei der Erkl~rung der Tatsaehe, dass in den meisten F~llen yen l~aynaud die Haut entweder ausschliesslieh oder am st~rksten getroffen wird, und dass die fragliche Krankheit sich mit Vorliebe in den distalen Teilen der Gliedmassen offenbart Die einzige Erkl~rung kSnnen sie jedoch nicht sein. Es ist bekannt, dass die R a y n a u d s c h e Krankheit z. B. auch (oder aussehliesslieh) sieh an den Ohren, an der Nasenspitze offenbaren k a n n , - Teile, die ebenso wie die H ~ n d e dem Tempera~urwechsel stark ausgese~zt sind, aber zu gleieher Zeit (aueh bei vieleniibrigens normalen 1) Vgl. Narath, Gesellschaft der Arzte in Wien. 15. Febr. 1895. Entlarvung der F~ille Ehrls. 2) Siehe in Bezug hierauf Rb n a (Orvosi t~etilap 1905), der auf Grund seiner Erfahrungen den genannten ]~erpes ffir ein Kunstproduk$ erkl~rt. 3) Klemensiewicz (bei Phleps 1. c.) 4) Lewaschew, Lapinsky 1. c.
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Menschen reagieren diese Teile s~rker als andere auf Tempera~ureinfiiisse) eine offenbar andere BIutversorgung haben. tiler liesse sich annehmen, dass gerade die Temperaturreize die dazugehSrigen spinalen, vasomotorischen Zentren in einen Zustand erhShter Erregbarkei~ bringen, eiue Annahme, welche unters~iitz~ wird durch dis in nich~ wenig F~llen yon R a y n a u d erw~ihnte Ta~saehe, dass w~hrend der kal~en Juhreszeit die Erseheinnngen an Intensit~i~ zunahmen oder dass in dieser Jahreszei~ die Anf~lle aussch]iesslich aufzutreten pfieg~en. Alles erkl~ren kann aueh dieses nieht. So beschrieb v. H S s l i f i ~) z. B. einen Fall, bei dem Nase, Kinn und Z u n g e befallen waren. Ein an und fiir sich geniigend starker Reiz wird iibrigens un~ers~iitzende Momente entbehren kSnnen. L o k a l i s a ~ i o n des R e i z e s . Die in unserem Falle beobachteten Erscheinungen weisen auf eine Affektion - - einen Reiz der vasomotorischen Z e n t r e n - distal yon der Medulla oblongata 2) bin. 3) W i t haben also die Affektion im Riickenmark t) zu suchen und hier k5nnte sie ihren Si~z haben in den folgenden Teilen: 1) 1. e. 2) Soweit ich die Sache tibersehe, gehen die neueren Ansehauungen wohl dahin, dass dem Zentrum in der Medulla oblongata immer mehr seine besondere Bedeutung entnommen wird und dass dieses Zentrum vielleieht als ganz gleichwertig mit den spinalen Zentren be~rachtet werden muss. in dem Sinne, dass es nur ein bestimmtes Territorium beherrseht. Das grosse Gebiet~ worfiber es bei pathologischen und kfinstliehen Reizen zu herrsshen scheint, verdankt es vielleieht dsr Nachbarsehaft yon Fasern fiir tiefer liegende Zentren (Rfickenmark), welche Fasern bei Reizung des Oblongatazentrums mitgereizt werden. Dass die ttirngeffisse dem Einfiuss dieses ,,allgemein geffissverengernden" Zentrums entgehen, war sehon lauge genug bekannt (siehe auch W i e c h o w s k y , Arehiv f: exper. Path. u. Pharm. LII, 1905; O. Mfilter, Kongress ffir innere Mediz. 23.--26. April 1906 in Mfinchen und W e b e r , ZentrMbl. f. Phys. 1907). Weber bringt die gef~issvereugenden und gefiisserweiternden Gehirnnerven in Verband mit einem Tell des Cerebrums, der proximal yon der Medulla oblongata liegen muss und reflektoriseh sowohl vom l~fickenmark aus wie yore proximalen Tell des durehsehnit~enen Halssympathicus aus gereizt werden kann. 3) Eine Gehirnaffsktion, welche ihren Sitz entweder in tier Rinde oder im Centrum semiorale gehabt haben mfisse (die einzigen Stellen im Cerebrum, wo wahrscheinlich die Zentra resp. Bahnen der vasokonstriktorischen Nerven genfigend r~iumlich getrennt sind, um die Verschiedenheit im Verlauf des Prszesses im Arm und im Bein mSglich zu maehen) wird durch die beobach~eten (oder besser: nicht beobaehteten) Symptoms mehr als unwahrscheinlich gemasht. 4) Es liesse sleh an eine extramedull~re Abweiehung denken, z. B. eine extramedull~ire Blutung. Dus Fehlen motoriscber Reiz- und L~ihmungserschei-
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B~SDE~S
1. in den Sei~enstrangresteu der rech~en tt~lfte des Ri~ckenmarks, 2. in der unmittelbaren Umgebung der spinalen vasokons~riktorisehen Zen~ren der befallenen Teile, in unserem Fall also (auf Grund der van L a n g l e y gefandenen Lokalisation) zwisehen D 4 und L3. Bei der unter 1 genannten MSglichkeit wttrden wir uns eine (nStigenfalls kleine) Affektion, die irritierend auf das zentrale Neuron der betreffenden spinalen Zentren gewirk~ hat, denken kSnnen. Der ~sehr ungleiche Verlauf (ngmlich an Dauer) des Prozesses an dam Arm und dem Bein macht eine geringfiigige Affektion sehon sehr unwahrscheinlieh. WiT warden denn doch erwar~en diirfen, dass mit dam AufhSren der Reizwirkung auf die Vasomotoren des Arms (Hand) auah dieselbe Wirkung auf die des Beines sieh nieh~ so lunge danadh noah warde gezeig~ haben. Die Wahl zwisehen beiden MSglichkeiten wird sehr erleieh~er~, wenn wir nns abfragen: weleher Art wird die Affek~ion gewesen sein? Wenn wir also nieht aus dem Auge verlieren, dass die Abweiehung sieh aku~ en~wiekel~e bei einer Patientin, die rather als kSrperlieh normal gelten konnte, aber die in ihrer maniakalen Exaltation die fraher besehriebenen Bewegungen mach~e, so is~ es nieht zu gewag~, den Sehluss zu ziehen, dass infolge davon eine intramedullgre Blutnng eingetre~en sei. Diese Blu~ung muss sieh yam Lendenmark aus bis ziemlich wait hinauf in das Brustmark erstreekt haben, aber (keine Abweiehungen der Pupille!) den am meis~en proximalen Teil desselben nicht erreich~ haben. Sie muss im Quersehnit~ van sehr kleinen Abmessungen gewesen sein und sich aber ihre L~ngenausdehnnng an funk~ionell gleiehwer~ige Teile des l~tiekenmarkS gehal~en haben. Diese Blutung kann also keine" andere als eine tubul~re gewesen sein. Yon der ~ubul~ren Hgmatomyelie wissen wir ja aus zahlreiehen klinischen, p~hologisch-anatomisehen und such experimentellen Beobaeh~ungen ~): l. dass sie sich in e[nem Rfiekenm~rk, das zuvor als normal be~raehtet werden musste, en~wicke]n kann; 2. dass sie mit Vorliebe in der grauen Substunz auftri~t, beinahe niemals und dann noah fiber sehr kleine LSnge in den Seiten- und Hinters~r~ingen; nungen, das Fehlen des radikul~ren Charakters der Schmerzen und van Empfindlichkeit und BewegungsstSrungen der Wirbels~ule machen jedoeh die extramedulliire Lokalisation schon aussergewShnlieh unwahrscheinlich. !) F a r letztere siehe G o l d s c h e i d e r und F l a t a u (Verein f. inn. Mad. in Berlin. Sitzungen yam 27. April, 4. Mai u. 1. J u n i 1896).
Ein Fall von halbseitiger angiospastischer Gangr~in.
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3. dass sie bei grosser L~nge einen sehr kleinen Querschnitt haben kann (fadenfSrmig, v. L e y d e n); 4. dass sie sich in ihrer iongitudinalen Ausbreitung an funktionell gleichwerGge Teile zu halten pfiegt (z. B. ein Vorderhorn); 5. dass die Wirbels~ule dutch sie keine Abweichungen (Empfindlichkeit, Beweglichkei~) zu zeigen braucht; 6. dass in den meisten F~llen die Blutung in der Basis des Hinterhorns ents~eh~ und sich yon da aus nach anderen Richtungen (am meis~en nach dem Vorderhorn) auszubrei~en pflegt; 7. dass in 90 Proz. der Fglle (Gowersl)) Trauma (and zwar mi~ Vorliebe schnelle Uberbeugung der Wirbelsgule) die Ursache der Blutung is~ und dass sich zuweilen keine Ursache angeben l~sst; 8. dass kSrperliche Ersch5pfung das En~s~ehen begiinstigt (0b ers~einer 2)); 9. dass die Bhtung am meisten in den beweglichs~en Teilen der Wirbels~ule entsteht, am h~ufigsten im Hals- und Lendenmark. Wenn wit nun erw~gen, dass in den Sei~ens~r~ngen nur selten und dann nur kleine Blutungen vorzukommen pflegen, dass eine derartige kleine Blu~ung nicht so verschiedenen Verlauf in Arm und Bein wtirde erzeug~ haben, un~erliegt es, wie mir dfinkt, keinem Zweifel, dass in unserem Falle als Ursache des Leidens eine tubul~re H~ma~omyelie veran~wort]ich gemacht werden muss. Diese hat sich warscheinlich in dem basals~en Teile des Hinterhorns en~wickelt und sich yon da aus nach der Seite des Seitenhorns ausgebreitet oder ist primer in oder in der unmit~elbaren N~he des letzteren en~standen. Da die Blu~ung reizend und nicht zerst5rend auf die vasokon,striktorischen Zentren gewirkt haben muss, halte ich die Blutung in dem Seitenhorn fiir unwahrscheinlich 3). Sie muss sich yon der Mitre des Lendenmarks (vielleich~ noch tiefer) bis welt in das Dorsalmark erstreckt haben und (was bei dieser Affek~ion fibrigens Regel is~) sehr schnell ihre grSsste Ausbrei~ung erhal~en haben. Hal~en wir uns (s. o.) an die ziemlich allgemein angenommene Bedeutung des Centrum ciliospinale ftir die Pupilleninnervation, so hat in unserem Falle die Blu~ung D 1 nich~ erreicht. Auf Grund des heftigeren und langwierigen Verlaufs des Pro1) Nervenkrankheiten. Deutsch yon Grube. 2) NervSse Zentralorgane. 3) Blutung in dem Vorderhorn verursacht Paralysen. Dassdutch die Blutung die Vorderhornzellen jedoch nicht zerstSrt zu sein brauchen, zeigt sich daraus, dass die L~hmungen sparer vSlligoder teilweise wieder zu Verschwinden pflegen.
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BENDERS
zesses am Bein hat man woh] anzunehmen, dass die Blutung imlumbalen und unters~en Brustm~rk ihre Wirkung am kr~ftigsten und l~ngsten ausgefibt ha~, dass sie da am st~rksten gewesen is~ und sich nach oben zu fadenfSrmig 1) verlaufen hat, weft sonst Erscheinungen auf motorischem Gebiet und andere als die auf sensiblem Gebiete beobach~eten nicht wiirden gefehl~ haben. In Verband mit Vorhergehendem bin ich der Ansicht, annehmen zu diirfen, dass der Ort des Entstehens das Lendenmark wird gewesen sein. Es lieg~ auf der Hand, um flit das Auf~reten der Blutung verantworflich zu machen, entweder das aus dem :Bettsehleudern auf die Bettkante oder den darauf folgenden Fall auf den Boden. Obwohl eine geringe HShe des le~zteren (60 cm) das Auftreten einer Blutung durehaus nich~ ausschliesst, bin ieh doeh geneigt, den ersten Faktor als die wahrscheinlichste Ursaehe zn betrachten, und zwar, weft die Biutung hSchstwahrscheinlich im Lumbalmark entstanden ist und die gemeinte Schwingung eine momentane, s~arke Hyperextension des lumbalen Tells der Wirbals~ule verursach~ haben muss. 2) In Verband mi~ der gegebenen Vorstellung des vermutliehen Sachverlaufes stellen sich noeh zwei Fragen: a) Weshalb lokalisier~en sich die vasomotorisehen StSrungen zuerst an den Zehen und an den Fingern? b) Weshalb blieben die dazwisehen liegenden Teile ganz (Rumpf und 0berschenkel) oder l~ngere Zeit a]s Hand und Fuss (Unterschenkel) yon der Krankhei~ verschon~? Die Erkliirung hierftir muss in den Faktoren, die wir schon friiher in Bezug-auf die gesteigerte Morbiditg~ yon Hand und Fuss angegeben haben, liegen. Diese Faktoren geben dem Rumpf eine sehr geringe Pr~idisposition and lassen auch die Disposition der Extremit~ten nach oben zn abnehmen. Dass dennoch das Un~erbein zum grossen Teil der KrankheR zum Opfer fie], weis~ auf ein ]~ngeres Fortbestehen der Reizung im Lumbodorsalmark bin und l~iss~ sieh vielleicht durch die Vorstellung yon S c h u l t z s) erkl~ren, dass n~mlich in den sympathisehen Ganglien eine 1) Auch das baldige Verschwinden der Erscheinungen an der Hand weist auf eine sehr wenig profhse Blutung im korrespondierendem Teil des Dorsalmarks (schnelle Resorption!) bin. 2) Ffir vasomotorische und sekretorische StSrungenim Anschlussan Trauma siehe Marlin, Arch. ggngr, de Mgd. 1887 (bei Kriege): Fall yon einer Leiter auf den Riicken: ,,forme syncopale" yon Raynaud. Bernhardt, Archly f. Psych. XIh Raynaud. Kriege, Arch. f. Psych. XXII: Asphyxie. Hanson, Hygiea 1902: traumafisehe Hiimatomyelie, profuse Schweisssekretion. 3) Archiv fi Anat. u. Physiol. 1898.
Ein Fall yon halbseitiger angiospastischer Gangr~in.
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Summation yon l~eizen aus dem Zentralorgan sta~tfindet, wodurch die Mgglichkei~ geboten wird, dass Reize, die jeder fiir sich keinen Effekt sor~ieren, durch ihre Summation doch noch vasomotorisehe Erscheinungen verursaehen. Die gegen das Ende.des Prozesses die regionKre Isch~mie mehr und mehr verdr~ingende regionKre Cyanose is~ meiner Ansicht nach ein Beweis daftir, dass aueh die GrSsse der summierten Reize kleiner wurde, wahrseheinlich als eine Folge der fortsehreitenden Resorption der Blutmasse. Wit haben zum Sehlusse noeh unsere Aufmerksamkei~ auf die vasomotorischen S~Srungen, die sieh lange Zeit naeh Anfang des Prozesses noch an der Hand und den Fingern zeig~en, zu richten. Hierzu gehSren an ers~er Stelle die vasomo~orischen Reizerseheinungen, die sieh nach 16 Wochen an dem Zeigefinger und noch e~was sp~iter nnd in geringerem Grade an dem Daumen zeigten. Es ist sicher nich~ zu viel gewag~, diese Abweichungen als sekund~re zu betrachten und anzunehmen, class sich in dem Teil der vasomotorisehen Zen~ren, wo Zeigefinger und Daumen ver~reten sind, eine (minimale!) sekundKre Gliosis im Anschluss an die frtihere derartige Blu~ung J) entwickel~ haL. Die Erscheinungen ungen~igender, ver~nderter Gef~ssreaktion an der Hand und einem Tell der Finger weisen auf eine verminderte Funktion der betreffenden vasomotorischen Zentren 2) und auf eine Ver~inderung in den Gef~sswiinden der befallenen Teile bin. Welchem Ums~ande diese verminder~e Funk~ion ihr Entstehen zu verdanken hat, kann ieh nur vermuten (ErschSpfung tier spinalen Zentren?). Die - fibrigens nieh~ sehr grosse - - Verbesserung, welche sie sparer erlitt, macht eine reparable zentrale Ursache wahrseheinlich. Wenn wit zum Sehluss den Sachverlauf, wie wir uns diesen vorstellen, kurz zusammenfassen, kommen wir zu Folgendem: 1. Die anlassgebende Ursache des yon der Patientin gezeigten Symptomenkomplexes hat man in einer der Bewegungen, welche sie in ihrer Exaltation maehte, zu suehen, wahrscheinlich in dem sieh aus dem Bett Schleudern auf die Bet~kante, wodureh sie mit dam lumbalen Tell der Wirbels~iule auf diesen Rand aufschlng. 2. Infolge der dadurch en~s~andenen momentan starken Hyperextension in genanntem Tell der Wirbels~ule hat sich eine rShrenfSrmige Blutung in tier rech~en H~lfte des Rfiekenmarks entwickel~, die sich yon ungef~hr der Mitre des Lendenmarks (mSglicherweise noch etwas tiefer) his wei~ in das Dorsalmark (D4 ?) erstreekte und in 1) Vgl. auch Minor, Arch. f. Psych. Bd. 24. 1892. 2) Vgl. auch Buch 1. c. Die Gef~ssver~nderung in diesen zu gleicher Zeit atrophischen Teilen ist frfiher besprochen worden.
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unmi[telbarer l ~ h e des Seitenhorns I) lag. Diese Blutung hat einen geringen Querschni~t gehabt nnd hat sich naeh oben zu fadenf~rmig verlaufen. 3. Das ergosseue Blur hat einen Re~z auf die naheliegenden vasomo~orischen Zentren ~usgefibt und is~ dadureh die Ursaehe ~ngiospastischer (]a~gr~n geworden. 4. Als Folge sekundgrer Ver~nderungen im Rfickenmark, entstanden im Anschluss an die Blu~ung, sind sekund~re vasomotorisehe S~Srungen aufgetreten, die teils auf Reizung, t~eils auf L~hmung hinwiesen. 1) Das Verh~ltnis vasomotorischer und sekretoriseher Ver~nderuugen bei Rfickenmarksaffektionen macht es n6tig, in und in der l~/ihe des Seitenhorns verschiedene Lokalisation flit die vasomotorischen und sekretorischen Zentren anzunehmen.