Ein Fall yon Kalkablagerung in der Haut. Von
Dr. W. A. Pospelow (Moskau). Mit 2 T e x t a b b ' i l d u n g e n .
(Einffegangen am 27. Dezember 1921.) Der im folgenden beschriebene Fall (Demonstration des Patienten in tier Moskauer therapeutischen Gesellschaft v o m 21. V. 1919) hat nicht Mlein dermatologisches, sondern auch groBes therapeutisches und physiologisch-chemisches Interesse. F~lle dieser Art sind in der Praxis recht selten; in der russischen medizinischen Literatur ist der vorliegende Fall der dritte dieser Art; ehe ich zur Beschreibung des Falles flbergehe, scheint es mir nicht tiberfliissig, einiges aus der Literatur fiber die Deutung derartiger FMle vorauszuschicken. F~lle yon Impregnation degenerierender und abgestorbener Gewebe sind uns allen wohlbekannt; so wissen wir, dab Kalkablagerungen unter der Haub in Gestalt versteinerter Geschwfilste an der Innenseite der Tibiae bei Greisen vorkommen; Poirier beschrieb als erster verkalkte Fettl~ppchenablagerungen; verschiedene Geschwulstformen, besonders Fibrome, Epitheliome, dermoidale Cysten k6nnen verkalken; K a l k kann sich auch in den Gef~gw~nden, namentHch an den varik6s ver~nderten Venen ablagem -- alles dies sind l~ngst bekannte und mehr oder weniger durchforsehte Vorkommnisse, so dab ich reich mit ihnen nicht l~nger aufzuhalten brauche. Ganz isoliert dagegen stehen die Krankheitserscheinungen, zu denen auch mein Fall zu rechnen ist. Darier und nach ibm Broeq u. a. erkl~ren die Kalkablagerungen, die reich sogleich besch~tigen werden, a l s selten vorkommende, zuweilen nach einem T r a u m a entstehende, subcutane Granulome, die K a l k enthalten; sie verlaufen wie kalte Abscesse und heilen naeh einem chronischen Verlaufe entweder re_it Vernarbung oder sie endigen letal. Ohne mich mit der Darlegung der mir bekanuten Beobachtungen
(Gluge, Vogel, Wi[kens, Chimm, Wildolz, LSwenbach, Timascho/]-Romano H und Lichare]/) aufzuhalten, will ieh nur auf Prof. Jadassohns (Bern) Fall hinweisen, der dadurch interessant ist, dab bei ihm der Sektionsbefund vorliegt. Jadassohn beobaehtete einen 14jghrigen Knaben, der einen heftigen Schlag auf Brust und I{iieken erhalten hatte; derselbe war yon heftigen Sehmerzen begleitet, die 8--12 Tage anhielten; es blieb erhShter Durst und unbedeutende
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Abmagerung zuriick. Im n~chsten Monat stellten sich i)belkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit und schon st~rkere Abrnagerung ein. Noch einen Mount sp~iter wurde die Haut zuerst an den Knien, dann aueh an den Ellbogen und in der Gegend beider Schulterb]~tter troeken und runzelig. Es erschienen ~u~ der Itaut weiNiehgelbe, netzartige Streifen und Plaques. Die Temperatur stieg bis auf 39 ~ Es bildeten sieh Bls Pusteln and Abscesse. Bei der bakteriologischen Untersuchung wurden Staphylokokken gefunden. Das RSntgenbild zeigte eine bedeutende Rarifikation der Beekenknoehen; am Sehenkel, in der HShe des Knies zog sieh ein dm3kler Streifen - - eine Zone yon Kalkablagerung - - in der I~Iaut him An den Schultern, Ellbogen, Obersehenkeln und Knien saBen symrnetrisehe Knoten. AuBerdem fanden sieh stellenweise mehr oder weniger grebe Plaques und Streifen yon weiBlich-gelber Farbe mit netzartiger Oberflgche. Irn dritten Monat endete dieser Fall ]etal. Die Sektion ergab: Osteomyelitis purulenta des reehten Itfiftknoehens und mehrerer Rippen. Endoearditis verrueosa der Aortenlappen, multiple Abseesse in den Lungen, dem Myocardium und der linken Niere; fettige Entartung des Myocardiums, ehronische Schwellung der l~{ilz, Ostitis rarefieans, verbreitete tIalisteresis der langen rSbrenfSrmigen Knoehen und der Beekenknoehen. In den Muskeln, Nieren, Lungen und in der tIaut Kalkablagemngen, wobei Ca teilweise in IIC1 unter ]31asenbildung oder ohne eine solehe sieh 15st. In den Abseessen: Leukoeyten und Staphylokokken. Nekrose des Knoehenmarks, Resorption der Knoehen. Ablagerung yon Ca in der Elastica der Milzarterien. ?r land sieh kohlen- und phosphorsaures Ca inmitten normalen Bindegewebes in der ersteren Zottensehieht abgelagert und reiehte bis zur Mitre der Cutis; stellenweise drang Ca aueh bis zur Epidermis, die in diesem Fall etwas abgespalten war. Die Zottensehieht etwas 5demat6s. Weder Kapsetn noeh R,iesenzellen vorhanden. Irn subeutanen Bindegewebe stellenweise Abscesse. Die Blur- und Lymphgefgge in der Nghe der Salzablagerungen etwas erweltert und ein wenig verdiekt, hyalini. siert, die Driisen normal. An Silberprs konnten alle LJberg~nge yon den normalen elastisehen Fasern zu den mit Ca durchtrgnkten verfo]gt werden. D e r A u t o r e r k l ~ r t die P a t h o g e n e s e dieses F a l l e s f o l g e n d e r m a g e n : Es i s t b e k a n n t , daft bei j u g e n d l i e h e n I n d i v i d u e n , die in d e r W a e h s t u m s p e r i o d e sehwere X r a n k t i e i t e n d n r e h g e m a e h t haben, a n b e s t i m m t e n Stellen, b e s o n d e r s o b e r h a l b der Knie, in der t t a u t sieh Streifen (Striae) bilden, d e r e n E n t s t e h u n g sieh d u t c h d a s sehnelle W a e h s t u m der K n o e h e n erkl~rt, welches der E r n ~ h r u n g u n d W i d e r s t a n d s f g h i g k e i t der i m W a e h s turn z u r f i e k b l e i b e n d e n t I a u t unverh~ltnism~Big v o r a n g e h t ; infolgedessen i n L e ~ z t e r e r A u s d e h n u n g u n d p a r t i e l l e s Zerreigen der elastischen F a s e r n u n d d e r e n D e g e n e r a t i o n , wobei die auf solehe W e i s e v e r ~ n d e r t e n elastischen F a s e r n leicht Ca-Sa]ze a u f n e h m e n , die i m UberfluB ira B l u r zirkulieren. I c h gehe n u n zur B e s e h r e i b u n g meines eigenen tPalles fiber: Am 18. VII. 1918 wttrde mir aus einern ehirurgisehen KrankenJaaus zur Stellung derDiagnose und zu Vorsohl~gen ftir die Behandlung die Kranke K., 17 Jahre alt, zugeschiekt. Die Anamnese ergab: Der Vater, 70 Je~hre alt, is~ am Leben und ftihlt sieh gesund. Die ~Iutter stgrb irn 54. Lebensjahr an eroupSser Lungenentztindung. Pat. hat zwei/~ltere Briider (der eine leidet an tIerzerwei~erung) nnd fanf Sehwestern, yon denen' die eine, 25 Jahre alt, an Nierenentziindnng leidet. Von irgendwelehen Krankheiten unter ihren Verwandten hat Pat. niehts gehSrt. Im dritten Lebensjahr rnaehte sie l~{asern dutch, spgter Keuehhusten.
Ein Fall yon Kalkablagerung in der Haut.
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Ober ihre gegenwgrtige Kranldmit teilt Pat. folgendes mig: In ihrem elften Lebensjahr fiel sie auf der StraBe anf das reehte Knie; dies hatte starke Sehmerzen, Sehwellung nnd RStung der Haut zur Folge, Erseheinungen, die 2 Wochen wghrten und dann versehwanden. Naeh einem Jahre bildete sieh am Zeigefinger der reehten Hand em Gesehwiir and eine Oesehwulst; diese Erseheinnngen warden einem Nadelstieh zngesehrieben. Naeh einem Monat zeigte sieh ant reehten Knie ein Knoten, weleher sieh in einen sehmerzhaften AbseeB verwandelte; dieser heilte naeh und naeh aus. Naeh einer weiteren Woehe erkrankten alle Finger, indem sieh an ihnen Gesehwiire bildeten. Das Allgemeinbefinden blieb die ganze Zel~ fiber gut. Der weitere Verlauf der Krankheit war Iolgender: Von Zeit zu geit traten hier and da Knoten auf, welehe sieh wenig hart anfiihlten and wenig schmerzhaft waren; bei einigen wird die Mitte weiB und die Epidermis deft stark verdfinnt; der an einen AbseeB erinnernde Kno~en weist Fluktuation auf; sehlieBlieh platzt er unter AusstoBung einer dicken weil31iehen Fliissigkeit; darauf bedeekt sieh die 0ffnung mit einer Kruste und heilt zu. Manche Knoten bleiben naeh ihrer Nntleerung his zum ng.chsten Ausbrueh an ihrer urspriingliehen Stelle bestehen. Die erkrankte ttaut juekg nieht. 5 Tage vor ihrem Besueh bei mir bemerkte die Kranke an beiden Untersehenkeln his zu den Knien t~Stung und 0dem, begleitet yon mggigen Sehmerzen.
Status praesens. Pat. ist regelmgl~ig gebaut, mittelkrgftig ernghrt; sie erseheint iiinger, als ihrem Alter entspricht. Sie weist a]lgemeine Mattigkeit und einen gewissen Grad yon ErsehSpfung auf. Die inneren Organe ergeben folgenden Befund: Katarrh beider Lungenspitzen, wobei reehts nur verst~rkte Exspiration neben Atemsehw~[che, links au 8er stgrkerer Expiration Rasseln und D~mpfung bestehen. Herz normal, sowohl beztiglieh der Grenzen, als beziiglich des t~hy~hmus und der TSne. Die iibrigen Organe zeigen keinerlei Abweiehungen yon der Norm. Es lassen sich nur einige kleine Lymphdriisen lgngs des 1~{. sterno-eIeidomastoideus durehfiihlen; die submaxillaren Driisen sind leieht vergrSgert. Die der RSntgenuntersuchung zugs Driisen erwei~en sieh als normal. Nervensystem: Von seiten des eerebrospinalen Nervensystems sind keine Abweichungen yon der Norm vorhanden, abgesehen yon bedeutender, doch gleiehm~Biger Steigerung der Sehnenreflexe an den Beinen, die sich durch eine Irritation dutch die Salze erkl~ren lg,Bt. Die mechanisehe ~eizbarkeit der Gef~Be ist eher herabgesetzt; Fehlen yon Dermographismus, sowohl der weiBen als der roten Form. Die IIaarmusl~dn funktionieren regelm~gig. Der sehmerzhafte Gef~greflex erreicht die normale HShe und Extension. An/~sthesie in den erkrankten Stellen der Haut wird nicht beobaehtet. An der GI. thyreoidea werden keine siehtbaren Vergnderungen beobaehtet. Die Menstruationen, die im 14. Lebensjahre begannen nnd im 15. regelm/igig warden, dauern sehr lange. Das Gewicht betr~igt ca. 48 kg (30. XL 1918). Die Temperatur ist in der Rege! normal. Die Hautdecken sind an/imisch; Erseheinungen yon Curls marmorata; H~nde cyanotiseh. Die uns interessierenden Vergnderungen sind Iolgende: An der rechten Hand liegen die Knoten haupts/ichlieh an der Innenfl/iehe des ersten und zweiten Fingers, deft, we die Sehnen der Beuger im Gebiet der Gelenkkapseln hinziehen. Am -~ierten Finger befinden sich an der AuBenseite des basalen Gliedes unbedeutende Ablagerungen.
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W.A.
Pospelow:
_M1 der linken Hand sind a n der Innenseite des ersten und d r i t t e n Gliedes des zweiten, d r i t t e n u n d vierten Fingers Ablagemngen wahrzunehmen. Das rechte u n d das linke Knie : Die K n o t e n befinden sich im Gebiet der Sehleimh a u t k a p s e h l vor der Knieseheibe. Aus einem solehen K n o t e n a m linken Knie lieg sich eine dicke weiBe Masse herausdriieken, die, yon mir auf dem Objekttr~ger gesammelt, rasch erstarrte; m a n unterseheidet in derseJben einzelne sandkorn~hnliehe Stiiekehen yon weiBer ~arbe. U m die K n o t e n h e r u m ist die t I a u t eyanotiseh; stellenweise sind sie yon rosafarbenen Fleeken nmgeben. fi~hnliehe K n o t e n sind aueh a m linken Ellbogen vorhanden. Pirquetsche Reaktion, mit verschiedenen Tuberkulinl6sungen ausgeftihrt, gab ein positives Resultat (die Untersuehung wurde nach der Originalmethode ausgeffihrt). Die Wasserm~nnsche Reaktionerga b ein unbedingt negatives Resultat. DieUntersuchung wurde naeh der Originalmethode yon Wassermann-Neisser.Bruck ausgefiihrt. Blutuntersuchung: I-Igmoglobin . . . . . . . . 74% Erythroeyten . . . . . . . . 4 220 000 I n d e x der FSrbung eines jeden E r y t h r o e y t e n . . 0,87 I n d e x der Fgrbung eines jeden Leukoeyten . . 13,700 Prozentgehalt der versehiedenen Arten: Neutrophile Leukoeyten . . . 76% Ubergangsformen . . . . . . 5,5% Lymphoeyten ......... 18% Eosinophile . . . . . . . . . 0,5% Verhgltnis der Zahl der Leukoeyten zu der Zahl der E r y t h r o e y t e n 1 : 3 0 8 . Morphotogie der Formenelemente des Blutes: E r y t h r o e y t e n yon gew6hnlieher F o r m und GrSge. Am 12. VI. 1919 wurde im Laboratorium der Therapeutisehen Klinik der Fakultiit der Moskauer Universitgt auf mein Anliegen hin yon Dr. J. He]ter eine Blutuntersuehung anf der/Ca-Gehalt ausgefiihrt, wobei es sieh erwies, dab 100 ecru Blut = 10,12 mg Ca enthielten, was im allgemeinen der Norm entsprieht. Die dureh Titrieren festgestellte Alkaleseenz des Bluges entsprach gleichfalls der Norm: 330 mg NaOI-I auf 100 eem Blur. I m weiteren wurde das Blur im Laufe der therapeu~isehen Versnche (siehe weiter unten) wiederholt auf Ca u n t e r s u e h t ; dabei wurde gefunden: im Juli 10,20 mg auf 100 ecru, im September 10,45 mg auI 100 ecru, Ende September 10,42 mg auf 100 eem.
EinJache Harnuntersuchung. Farbe . . . . . . . . . . . . . . Reaktion . . . . . . . . . . . . . Spez. Gewieht . . . . . . . . . . . Durchsiehtigkeit . . . . . . . . . .
strohgelb deutlieh a]kalisch 1,012 getrfibt; oszilliert beim Durehschiitteln Eiweil~ (SerumeiweiB) . . . . . . . k a u m merkliehe Spuren (weniger als 0,3 : 1000) Albumose . . . . . . . . . . . . . nieh~ v o r h a n d e n Zueker . . . . . . . . . . . . . . nicht v o r h a n d e n Aceton . . . . . . . . . . . . . nieht v o r h a n d e n Aeetessigs/~nre . . . . . . . . . . . nicht v o r h a n d e n GMlenpigmente . . . . . . . . . . nich~ v o r h a n d e n Utrobilin . . . . . . . . . . . . . Spuren ]~ndiean . . . . . . . . . . . . . sehwaehe Reaktion I-I~imoglobin . . . . . . . . . . . nicht v o r h a n d e n Diazoreaktion . . . . . . . . . . . fehlt. Beim Absetzen bildete sieh in geringer Menge ein weiBlicher t~iiekstand.
Ein Fall yon Kalkablagerung in der t{aut.
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M ikroskopische Untersuchung. In dem beim Zentrifugieren erhaltenen Riickstand fanden sich: 1. zahlreiche platte und wenige polymorphe Zellen, 2. einzelne Leukocyten, 3. viele Tripelphosphatkrystalle, 4. ein wenig Sch]eim, 5. zahlreiche Bacillen und kokkenfSrmige Bakterien. Zylinder und Zellen des Nierenepithels wurden nicht vorgefunden.
Chemische Harnunter.suchung (15. IV. 1919). -
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Die Untersuchung des w~hrend 24 Stunden gesammelten Hams - - 1513 cam ergab folgendes: Der I-Iarn' enth~lt Gesamtstickst0ff . Calciumoxyd . . Magnesiumoxyd . Gesamtmenge des
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Phosphoranhydrids .
In 100 ccm Im Gesamtvolum. 0,495 g 7,6 g 0,0107 g 0,1621 g 0,0128 g 0,1947 g 0,1710 g 2,5906 g
Im einzelnen bestimmt in 100 corn in der Ges~mtmenge Phosphoranhydrid in Verbindung mit Calciumoxyd und Magnesiumoxyd . . 0,0245 g 0,5712 g Mit Kaliumoxyd und ~Tatriumoxyd . . 0,1590 g 2,0060 g
Mikroskopische Untersuehung. Dr. S. Lesnoy (dem ich h i e r m i t meinen herzlichsten D a n k ausdrfieke) excidierte 2 K n o t e n aus d e m Gebiete des K_nies der K r a n k e n . Die W u n d e n an den e x e i d i e r t e n Stellen heilten rascl~ p r i m e r zu.
r
Untersuchung des ersten Knatens.
Es w u r d e n H e r d e m i t f e t t i g e m D e t r i t u s u n d A b l a g e r u n g e n y o n
Kallcsalzen vorgefunden, die i m Bindegewebe der H a u t l a g e n u n d v a n einer K a p s e l aus fibrSsem Gewebe u m g e b e n waren. Stellenweise finden sich in der U m g e b u n g des G r a n u l a t i o n s g e w e b e s Riesenzellen. Bei d e r h i s t o c h e m i s e h e n U n t e r s u c h u n g des I n h a l t s der H e r d e w u r d e n z e n t r a l e H e r d e y o n Icohlensaurem u n d p h o s p h o r s a u r e m Calcium u n d Calciumo x a l a t gefunden. Bei Sudanfi~rbung zeigten sich F e t t t r S p f c h e n .
U.nterauchung des zweiten Knotens. Es zeigte sieh, d a b er aus einer d i e h t e n fibrinSsen Bindegewebsk a p s e l b e s t a n d , die eine Masse v e r s t e i n e r t e n n e k r o t i s e h e n D e t r i t u s in sieh sehloft. Die inneren Teile der K a p s e l w a r e n reicher a n Zellelementen, u n t e r d e n e n m a n stellenweise auf ziem]ieh zahlreiche t~iesenzellen stiel~. Elemente yon Neubildungen wurden nicht ge]unden. D a s elastisehe Gewebe
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W. A. Posl)elow:
war meehanisch dutch die Ablagerungen auseinandergedrgngt, sehien aber keine besonderen Vergnderungen zu bieten. Die Epidermis, die TMg- und Sehweil3drtisen, Lymph- und BlutgefgBe erMesen sieh in beiden exeidierten Stiiekehen als normal. Die ehemische Untersuehung der ausgeschiedenen Masse ergab Calciumcarbonat und -pho~phat.
Ein Fall yon Kalkab!agerung in der Haut.
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RSntgenbild. Auf den Vorzfigliehen im RSntgenkabinett des Dr. J. Dillon uusgeffihrten RSntgenbildern bemerkt m~n eine Abl~gerung yon SMzen in der Haut in der H6he des 1. Gliedes des 4. Fingers der linken Hand, in der des Zeigefingers reiehhMtig an beiden Seiten bis zum basMen Glied und in der Haut des 1. Fingers. An der rechten H~nd befinden sich Ablagerungen in der H a u t des Zeige-, Mittel- und Ringfingers und sind haupts~ehlich ~m Nagelglied konzentriert. Auf der Abbildung
Abb. 2.
des linken Knies yon der Seite sieht man ziemlich bedeutende Ablagerungen in der Haut vor der Knieseheibe. Auf einer ghnliehen Abbildung des rechten Knies gewahrt man ebenfMls solche Ablagerungen vor und an der Seite der Knieseheibe, abet sic ziehen aueh hier naeh unten im Gebiet des Kniegelenks hin. AuBerdem erwies es sioh bei der r6ntgenologisehen Durchleuehtung, d~13 Mle Gelenke und die entspreehenden Knoehen keinerlei Abweiehungen yon der Norm zeigten. Desgleiehen wurde bei der Durehleuehtung nirgends Rari/ilcation der Kuoehen gefunden, welche anf ihre Resorption gedeutet hgtte. Archiv f. D e r m a t o l o g i e u. Syphilis.
O.
Bd. 1~0.
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W.A. Pospelow:
Nach dem ersten Besuch beobachtete ich die Kranke durchweg bis zmn November 1919. Wghrend dieses Zeitraums konnte ieh folgendes konstatieren: Zeitweise entstanden neue Knoten; an dan Narben der Gegend der exeidierten Stellen erschienen keine Ablagerungen. Eines Tages (am 3. XII. 1918) stellte sie sieh bei mir mit urticariellen Erscheinungen vor. In der Woche vor Ostern 1919 empfand sie Schmerzen in den Knien und Fingern, die sich r6teten und anschwollen, 4 Tage vorher hatte sie Kopfschmerzen und Fr6steln gehabt. Seitens des Darmes keine St6rungen. Naeh 3 Tagen hSrten die Erscheinungen auf. Als sie am 1. V. bei mir sich vorstellte, konstatierte ieh am Zeigefinger der linken und am Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand harte weiBe Knoten, durch deren t I a u t Ca durehsehimmerte. Die ganze Zeit iiber ffihlte sich die Kranke wohl, an Gewicht nahm sie nicht ab, sondern sogar zu. Der Appetit und Sehlaf, die Sinnesorgane waren bestgndig normal.
Experimentelle Therapie. Versuchsweise wandte ich folgende Mittel an : Auf Prof. Dr. W. Scherwinskis Rat bin erhielt Patientin ~t Woehen lang 2 mM tgglich 12 Tropfen Salzsiiure, welche aber auf den Verlauf der Krankheit ohne EinfluB blieben. Danach gebrauehte sie 3--4=ram tgglich 5--6 Tropfen Adrenalin; aueh dies abte auf den KrankheitsprozeB keine Wirkung aus. Weiterhin bekam sie i~ber einen Monat lang Asiatische Pillen (ac. ars. 0,5), wobei die Dosis bis zu 5 tgglich stieg; doch aueh hiernaeh stellte sich keine Besserung ein. Augerdem setzte Patientin im 8ommer lange Zeit die ttgnde und Knie den 8onnenstrahlen aus. Die weitere Behandfung wurde im November unterbrochen. Wiederholte Untersuehungen auf Ca im Blur wghrend der oben beschriebenen Behandlung zeigten, dal~ dessert Menge nicht geringer wurde.
Diagnosis: Schon bei der ersten Besichtigung erinnerte reich der Fall, Ms sieh aus dem Gesehwiir eine gipst~hnliehe Substanz herausdrficken lieB, an einen mir aus der Literatur bekannten Fall aus ProL A. Pospdow8 Klinik, weleher yon Dr. O. Li~haref[ beobaehtet wurde. Die ehemische Untersuehung best~tigte die Diagnose. Die Pathogenese dieser Erkrankung ist noeh nicht aufgehellt. Timascho[/ und RomanoV] ft~hren die Knotenbildung auf ein lokales organisches, anormMes Wachstum der Arterienw~nde zuriiek und setzen die Knoten in AnMogie zu den Angiomen, die sich auf dem Boden kongenitMer Abweiehunge n in der Entwieklung des Gef~Bsystems
Eill Fall yon Kalkablagerung in der Haut.
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entwickehl. Ist jedoch eine solehe Erklgrung auf ihre eigene Beobachtung anwendbar, so hat sie bei einer t~eihe anderer Fglle, we die Gefgl3e keine oder nur sehr geringe St6rungen aufweisen, keine Gtiltigkeit. Als eine i*hnliehe Erklgrung eincs Einzelfalls erseheint meines Eraehtens nach auch die oben dargelegte ttypothese Jadassohns: Es kann sieh die Dehnung und das Absterben der elastischen Fasern an ,,auserwghlten Stellen" infolge eines unverhgltnismgBigen Waehsgums der Knochen der H a u t gegenfiber naeh erschSpfenden Krankheiten einerseits nieht auf Timascho//s und _gomano//s Fall beziehen, we zahlreiehe Knoten nieht nur an den auserwghlten Stellen, sondern tiberall, auch in der Haut des Rumples, saBen, andererseits aueh nieht auf meinen Fall, dem keine ,,erschSpfende Krankheit" vorausgegangen war. Dr. O. Idchare//, Wildbolz und Lewandowsky halten solehe Fgtle ffir Erseheinungen gestSrten Stoffweehsels wie bei der Gieht; nur finden sieh hier anstatt der Urate Caleiumsalze. Dieser Ansicht stimme ieh vollkommen bei; ich stelle mir die S a e h late so v0r, dab die im Blut zirkulierenden Calciumsalze sieh an die Teile der Haut absetzen, welehe guBerst reich an elastisehen Fasern sind, die diese Salze mit Vorliebe absorbieren: wir kennen ja die grol~e Affinitgt zwisehen den elastisehen Fasern und den Calciumsalzen. Andererseits miissen diese elastisehen Fasern durehaus vorher degeneriert sein, wie Jadassohn annimmt, indem er zugibt, dab diese Vergnderungen molekulgre sein k6nnen und deshalb unsiehtbar sind. Vielleieht auch k6nnen sieh die Caleiumsalze in einem bis dahin normalen elastisehen Gewebe ablagern infolge der starken Affiniti~t oder irgendweleher anderer uns unbekannten Ursaehen. Alle Forscher, die solche F~lle beobaehtet haben, halten sic far ,,primgre Ablagerungen yon Caleiumsalzen" in der I-Iaut, d. h. ffir Kalkablagerungen nicht im abgestorbenen, sondern im lebenskrttftigen Gewebe. Die Ablagerung eines Caleiumsalzes finder aber statt: Entweder 1. weil infolge fibermggigen Vorhandenscins das Blur damit gesgttigt ist, oder 2. weil die L6sliehkeit des Ca im Plasma sieh vergndert hat, selbst wenn die Menge des Ca im Blur die Norm nicht tibersteigt, ttier ist es am Platz, Ho/meisters Versuehe zu gedenken. Er land, daB, sobald eine Fltissigkeit auf irgendeine Weise ihre freie Kohlensgure verliert (z. B. wenn letztere an ein alkalisches Medium gebunden wird), eine Ablagerung yon phosphorsaurem Calcium unter der Bedingung startlinden kann, dab die Gesehwindigkeit des Flfissigkeitsstroms oder ein hoher Eiweil~gehalt diese Ablagerung nicht verhindere. Nan darf armehmen, dal~ aueh hierbei die kolloidalen Eiweil~stoffe eine Rolle spielen. Was die erste M6gliehkeit anbelangt, so trifft sie z. B. bei Knoehenresorption zu, zu deren Illustration Jadassohns Fall, we eine Ostitis 6*
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W . A . Pospelow: Ein Fall yon Ealkablagerung in der Haut.
rarificans b e s t a n d , d i e n e n k a n n , desgleichen der Fall Abrikosso/]s u n d i h m i~hnliehe. Meine B e o b a c h t u n g u n d O. Lichare//s Fall dagegen weisen auf die zweite M6glichkeit hin, d. h. tier K a l k fi~llt aus d e m P l a s m a aus. Ob i n diesem ProzeB die innere Sekretion eine l~olle spielt - - wit wissen ja i n welch e i n e m engen K o n n e x sic m i t dem Salzwechsel s t e h t - - , ist zur Zeit noeh sehwer zu entseheiden. I m weiteren beabsiehtigte ieh die CO~-Menge i m B l u t p l a s m a unserer K r a n k e n zu b e s t i m m e n u n d aueh die Salzmenge, da hierin vielleieht die L6sung der Frage n a c h der Ca-Ablagerung liegt, doeh b a b e ieh dies infolge der ffir die Wissensehaft in g u g l a n d so u n g t i n s t i g e n Verh~ltnisse n o c h n i c h t ausfiihren k 6 n n e n . I m N o v e m b e r 1919 wurde ieh aus wissensehaftliehen A r b e i t e n gerissen, da ich als K o n s u l t a n t a n die F r o n t beordert wurde, u n d verlor racine K r a n k e aus den Augen, entsehlieBe mich aber i m t t i n b l i e k auf die Seltenheit u n d das b e d e u t e n d e wissensehaftliche Interesse des vor'liegenden Falles, der eine weite Aussieht fiir bioehemisehe U n t e r s u e h u n gen, zu d e n e n die Dermatologie unserer Zeit greifen mug, bietet, zur ~ i t t e i l u n g meiner A r b e i t i n einer Phase, welehe zu tibersehreiten mir die 5~ul3eren Umsti~nde n i e h t e r l a u b t haben. Z u m Sehlul3 halte ieh es Iiir meine a n g e n e h m e Pflieht, den H e r r e n Professoren W. Scherwinslci u n d A. Abrilcoso//fiir das Interesse u n d die Itilfe, die sic m e i n e m Fall h a b e n angedeihen lassen, m e i n e n D a n k auszuspreehen.
Literatur. Poirier, P., Bull. de ]a soc. ~n~t. 1887, S. 95, 115, 148 u. 544. - - Darier, S., La pratique dermatologique 4, 676. - - Brocq, L., Trait6 ~l~mentaire de Dermatologie pratique 2, 763. - - Vogel, S., AlIgemeine Zeitung f. Thig. innere I-Ieilkunde usw. 1841, N. 1. Schmidts Jahrb. 33, 303; cir. nach Thimm. - - Gluge, Abhandl. z. Physiol.-Pathol. Jena 1841; cir. ebend~. - - Thimm, P., Arch. f. Dermatol. u. Syphilis 6~, 163. 1902. - - Wilclolz, H., Separat-Abdr. aus Arch. f. Dermatol. u. Syphilis, Orig., 20, H. 3. 1904. - - L6wenbach, Verh. d. 13. Kongr. d. Dtseh. Derm. Ges. in Serajewo. Arch. f. I)ermatol. u. Syphilis, Orig. 12, 450. 1904. - - TimaschoJf und RomanoJJ ,,Der russ. Arzt" 1906, Nr. 18, S. 534 (russisch). - - Licharef], 0., Sep.-Abdr. aus Med. l~undsch. 1907 (russiseh). - - Jadassohn, J., Sep.-Abdr. aus Arch. f. Dermatot. u. Syphilis, Orig. II00, 1--3. 1910. - - Ho]meister, Miinch. reed. Wochenschr. 38, 1977. 1909. - - Abrilcosof/, A., Sep.-Abdr. aus Arb. d. Mosk. Ther. Ges.