Ein Fall von Magenvolvulus. Von Theodor Kocher, Berne). (Mit 17 Abbildungen.) Die F/ille von Magenvolvulus sind noch so wenig zahlreich und es herrscht fiber die Art des Zustandekommens noch so viel Unklarheit, dab es wfinschenswert ist, dab jeder neue Fall mitgeteilt werde. Wir halten uns dazu um so mehr verpflichtet, als der Fall, welchen wir zu beobachten und zu behandeln Gelegenheit batten, w / i h r e n d d e s S p i t a l a u f e n t h a l t s a u f t r a t und deshalb sofort zur Beobachtung kam und schon 21/~ Stunden nach Auftreten der heftigen Erscheinungen operiert wurde, daher eine ganz ungew6hnlich frfihe Gelegenheit zu autoptischer Aufkl/irung der Verh/iltnisse bot. Nur H a b e r e r (s. unten) hat ebenfalls das Glfick gehabt, im Spital selber das Auftreten eines Magenvolvulus zu beobachten, aber sein Fall bot einen subakuten Verlauf, w/ihrend der unsrige durch die aul3erordentliche Intensit/it der Symptome zu unges/iumtem Eingriff n6tigte. Wit haben deshalb noch vor Entwicklung sekund/irer St6rungen die anatomischen Verh/iltnisse studieren und die Genese kl/iren k6nnen, was in sp/iter operierten oder sonst ad autopsiam gekommenen F/illen nicht so leicht m6glich war. Der bisher am frtihesten zur Operation gelangte Fall ist derjenige yon P a y e r , welcher nach 7 Stunden zur Operation kam. Wir lassen zun/ichst die Schilderung der Krankengeschichte folgen, wie sie aus den Erhebungen und Beobachtungen unserer Assistenten, Dr. F o n i o und Dr. C h a b l e , sich ergeben hat. Am IO. XI. I9I 3 wurde die 53j/ihrige F r a u Elise Hugi in die chirurgische Universit/itsklinik wegen Magenbeschwerden aufgenommen~ Sie macht fiber Natur und Entwicklung ihrer Beschwerden folgende Angaben: ~) Nach einem am 2. XII. 19i3 im Bezirksverein Bern gehaltenen Vortrag. Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie. 127. Bd.
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Anamnese vom 14. XI. I913. Vor 33 Jahren ungef~hr, als die Patienthl in ihrem 20. Jahre war, hat sie schon mit dem Magen zu leiden gehabt. Sic war bleichsfichtig und hatte M a g e n k r S , m p f e und starke Schmerzen, die 2 -3 Stunden nach dem Essen auftraten. E r b r e c h e n muBte sie auch hier und da, aber nicht regelm~iBig. Sie sptirte auch im H alse ein B r e n n e n , zu gleicher Zeit wie die Schmerzen. Dieselben haben zwei Stunden ungef~,hr gedauert, bis Patientin etwas warme Milch oder Tee zu sich nehmen konnte. Milch, Schleimsuppe, etwas Kamillentee konnte sie gut ertragen. Dieser Zustand dauerte zwei Monate. Patientin erholte sich wieder vollst~indig, konnte vor allem essen und ffihlte sich ganz wohl. J2 J a h r e l a n g ist Patientin g a n z g e s u n d betreffs des Magens gewesen. Nach dieser Frist aber, 6--7 W . o c h e n n a c h e i n e r G e b u r t , ist ein zweiter, ganz gleicher Anfall aufgetreten. Die gleichert Schmerzen, aber st/irker als das erste Mal, kamen nach dem Essen. B r e c h r e i z , Aufstol3en, Brennen im Halse. Wieder Milchdi~tt. Suppe war der Bestand ihrer Nahrung. Patientin mul3te sich zu Bert legen. Die Schmerzen erlaubten ihr nicht, aufzustehen. Dieser zweite Anfall dauerte drei Monate. Dann ging es wieder ganz gut. 8 J a h r e sp~ter e i n d r i t t e r A n f a l l , abet nicht so stark wie der zweite, g r dauerte a u c h u n g e f i i h r drei M o n a t e, um dann vollst~indig zu. verschwinden. Seit dem letzten Frtihling leidet Patientin an einem vierten Anfall. ~Er hat a l l m / i h l i c h angefangen mit Brennen im Halse, zun/ichst Aufstol3en, zwei Stunden nach dem Essen. Dann sind die Schmerzen gekommen, jedoch nicht regelm/if3ig. Es kam darauf an, was Patientin a13. Kartoffeln, Makkaroni, T e i g w a r e n jeder Art k o n n t e s i e a m s c h l e c h t e s t e n verdauen. Alles, was gebacken wurde, hat sie gut ertr.agen k6nnen. Kalbfleisch und Rindfleisch auch. Allm~hlich hat sich der Zustand immer mehr verschlimmert, bis ein Apotheker ihr ein Pulver verschrieb. Dieses Mittel soil die Schmerzen gelindert haben. Patientin konnte alles wieder essen, obwohl sic nach jeder Mahlzeit ertr~gliche Schmerzen versptirte. Im September ging sie endlich zu einem Arzt, weil sie nicht nut im Magen die Schmerzen hatte, sondern im ganzen K6rper, besonders am Rticken, in der Herzgegend und unten am Abdomen. Diese Schmerze.n kniipften sich an die Magenschmerzen, zwei Stunden nach dem Essen. Erbrechenhatte s i c n i c h t , nur Brechreiz und S o d b r e n n e n i m Halse, AufstoBen und Borborygmen. Patientin wurde im S p i t a 1 B e I p aufgenommen. Dort bekam sie Tropfen und konnte ein wenig von allem essen. Milch, Brei, Fleisch und Zwetschen. Ihr Zustand dort war ungleich, aber er soil sich nicht gebessert haben. Sie bekamimmer diegleichen Schmerzen nach j eder Mahl-
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z e it. Nach jenem Spitalaufenthalt wurde sie hierher gebracht, und seitdem fiihlt sie sich besser. Als Kind hatte Patientin Scharlach, mit 20 Jahren war sie bleichsiichtig, sonst war sie nie krank. Patientin hat fiinf Kinder gehabt. Die Geburten waren alle normal. Ein Kind ist an Lungenentziindung gestorben. Die tibrigen Kinder sind gesund. Vater an Herzschlag, Mutter an Magenleiden gestorben. Die Magenuntersuchung durch Herrn Dr. C h a b 1 e ergab unter Benutzung der von uns modifizierten Glutzinsky-Methode: Ntichtern ausgehebert 4 ~ ccm einer triiben, hellgelben, sauren Fltissigkeit ohne Speisereste und Sarcine, St~irkek6rnern, Fettktigelchen, eine GesamtaziditS, t von 2,098 pro Mille und 1,642 pro Mille freier Salzs~iure. I Stunde nach dem Probefriihstiick: 84 ccm einer dunkelgelben, breiigen Fliissigkeit mit Speiseresten, St/irkek6rnern und Fettkiigelthen ohne Bakterien, eine Gesamtazidit/it von 2,oo 7 pro Mille und I,oo3 pro Mille freier SS.ure. 2 Stunden nach der Probemahlzeit (alle Untersuchungen am gleichen Tage): 96 ccm saure, hellgelb triibe Fliissigkeit mit einer GesamtaziditS.t von 3,73 o pro Mille und 3,ooi pro Mille freier Salzs~iure. Klinische B e m e r k u n g e n zur D i a g n o s e : Die starke AziditS.t der Mageninhalte mit freier Salzs/iure schon n/ichtern und speziell die S t e i g e r u n g der Gesamtazidit5-t und freien SalzsS.ure zu h o h e m Grade von Hyperazidit/it bei Probemahlzeit mul3te den G e d a n k e n nahelegen, dab man es mit einem U l c u s ventriculi (oder duodeni) zu tun habe. Mit dieser Ann a h m e liel3 sich auch die Anamnese vereinigen, welche auf ein Magenleiden hinwies, das schon 33 Jahre bestand und in dessen Krankheitsbild S c h m e r z e n und E r b r e c h e n im Vorderg r u n d standen. Auffs-11ig mulSte allerdings die i i b e r m 5.13ig l a n g e D a u e r erscheinen u n d die gar l a n g e n Pausen zwischen den sog. Anfs.11en, in welchen Pausen sich die Patientin immer vollsts.ndig wohl ffihlte. Man kennt ja dieses zeitweilige Zuriickgehen der S y m p t o m e bei g e e i g n e t e m Verhalten sowohl fiir das Ulcus ventriculi als besonders das Ulcus duodeni, aber die Pausen sind in u n s e r e m Falle 15.nger als gew6hnlich. Auch das Auftreten der S c h m e r z e n 2 - - 3 S t u n d e n nach d~m Essen ist bei Ulcus ventriculi, speziell a b e r duodeni; etwas ganz gew6hnliches. Ebenso das saure AufstoBen und Sodbrennen. Es wurde demgem~il3 in Aussicht g e n o m m e n , nach g e n a u e r e r B e o b a c h t u n g w/ihrend einiger T a g e bei der Patienfin eine 38
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Gastroenterostomie auszufiihren, da diese ein sehr zuverlfissiges und gegenfiber der m e d i k a m e n t 6 s e n B e h a n d l u n g das einzige Mittel ist, bei stets rezidivierenden Ulcera und ihren F o l g e n eine definitive Heilung zu erzielen. Bevor m a n a b e r dazu kam, weitere B e o b a c h t u n g e n anzustellen oder die Operation auszufiihren, trat auf einmal eine akute V e r s c h l i m m e r u n g ihres Zustandes ein, welche einen sofortigen Eingriff als notwendig e r s c h e i n e n liel3. Die Patientin hatte stets das Bert gehiitet. Sie hatte stets ein sehr grol3es A b d o m e n d a r g e b o t e n mit kugliger W61bung, welche in den stark verdiinnten B a u c h d e c k e n der sehr m a g e r e n F r a u nach 5 G e b u r t e n ihre geniigende Erkl/irung land. Das Abd o m e n war aber g a r nicht s c h m e r z h a f t gewesen, v611ig weich, tympanitisch schallend, Pat. hatte alle zwei T a g e eine normale Stuhlentleerung. Am 15. XI. vormittags ring nun die Patientin fiber m~il3ige Schmerzen im Abdomen zu klagen an, die sich gegen Abend allmS,hlich verschlimmerten. Die Schmerzen waren kontinuiertichen Charakters und exacerbierten in nicht auff~illiger Weise yon Zeit zu Zeit. Man hielt ihre Beschwerden fiir Ulcusschmerzen. Ca. abends 8 Uhr trat eine pl6tzliche V e r s c h l i m m e r u n g ihrer Beschwerden auf, nachdem Patientin noch abends 7 Uhr einen n ormalen Stuhl gehabt hatte. Die S c h m e r z e n wurden mit einem Male geradezu r a s e n d , u n e r t r S , g l i c h , s o dal3 P a t i e n t i n in einem fort sich herumw~tizte und laut aufschrie. Sie lokalisierte dieselben haupts/ichlich im Riicken, nach der Herzgegend hin ausstrahlend, yon Zeit zu Zeit exacerbierten dieselben in h6chstem Mal3e. Es bestand Neigung zum Erbrechen und groSe SchwS~che. Patientin will mehrere solcher Schmerzanf//lle durchgemacht haben, doch seien die Schmerzen viel ertr/iglicher gewesen. S t a t u s vom 15. XI. I913, abends 91/2 Uhr, aufgenommen yon Dr. F o n i o : Patientin liegt mit gekrfimmtem Rficken und angezogenen Beinen im Bett und schreit in einem fort vor rasenden ~qchmerzen im Abdomen. Diese sind kontinuierlich, doch exacerbieren sie won Zeit zu Zeit in ~iugerst heftiger Weise, wobei Patientin sich herumwS, lzt und in Kyphosenstellung des K6rpers verharrt mit weit offenem Munde, ein Bild des Jammers. Sie ist kollabiert, hat kalte ExtremitS.ten und kaum zu fiihlenden Puls. Das Gesicht eingefallen, bleich, vor Schmerzen verzogen. Eine Morphiuminjektion bessert etwas ihren Zustand, wobei die yon Zeit zu Zeit exacerbierenden Schmerzen in den Vordergrund treten, meistens mit einer sichtbaren Darmsteifung, die yon der Ileoc6calgegend nach
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dem Epigastrium hin verl~iuft, verbunden. Das Abdomen, das seit langer Zeit aufgeblS, ht war, ist noch stS,rker aufgetrieben, besonders in den oberen Partien, wo die Bl~ihung durch e i n e r i e s i g a u s g e d e h n t e ,,D a r m s c h I i n g e" (b d, Fig. I) haupts~iehlich bedingt ist, w~ihrend links und in den unteren Partien mehr st/irker gefiillte, anscheinend Dtinndarmschlingen sich deutlich abheben. Das Abdomen ist im E pigastrium und in den oberen Partien m~il3ig druckempfindlich, in den unteren gut eindriickbar. Per vaginam normale Verh/iltnisse, im Rektum harter K.ot.
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Fig. t. Fig. 2. Fig. i. a) und c) gefiillte Darmschlingen. b) Tympanitisch metallischer Schall. d) DS.mpfung mit Succussio Hippocratis. Fig. 2. Zur Demonstration der Kontraktionen und ihrer antiperistaltischen Richtung am' Magen (als Darmsteifungen gedeutet). Die Magensondierung ergab I1//2 Liter eines stark sauren, congopositiven Mageninhalts, aus alten Speiseresten bestehend. Gase oder Luft k6nnen nicht entleert werden. Nach der Magensondierung bleiben die PerkussionsverNiltnisse des Abdomens unver~indert. Dr. F o n i o hatte die erw/ihnte riesig a u s g e d e h n t e ,,Darmschlinge" v o n d e r G e g e n d der rechten Fossa iliaca nach dem linken R i p p e n r a n d aufsteigend g e f u n d e n (Fig. I) nach einer rasch entworfenen Skizze und sehr deutlich eine /iugerst schmerzhafte K o n t r a k t i o n dieser ,,Schlinge" mit , , D a r m s t e i f u n g " festgestellt (Fig. 2). Bemerkenswerterweise auch bot diese gewaltige Schlinge
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nach rechts unten eine D i m p f u n g dar, gegen die Mitte und links oben metallischen Klang. Oberhalb des iV~agens und links unten wenig geffillte D i r m e zu finden mit zeitweiliger leichter Darmsteifung. Als ich die Patientin Iol/~ Uhr sah, war die kuglige Spannung des Abdomens sehr bedeutend, mit volltympanitischem Schall, die Pat. schrie vor Schmerzen fortw/~hrend. Bei der gewaltigen Ausdehnung, welche der vermeintliche Darm haben muBte, die sich bis an die rechte Rippenwand erstreckte, konnte meines F~rachtens bloB der Dickdarm als Sitz der Dilatation in Frage kommen, und zwar muBte die so rasch sich entwickelnde gewaltige Blihung, die iiberaus intensiven Schmerzanfille mit Steifung an einen Volvulus der Flexura sigmoidea denken lassen, da fiir eine Perforationsperitonitis keine Anhaltspunkte vorlagen und der Verlauf ein viel zu intensiver war und die anfallweise Verschlimmerung mit einer solcben nicht in Einklang zu bringen war. Es wurde deshalb ohne Verzug zur Operation geschritten in der Hoffnung, bei der kurzen Dauer der intensiven Symptome -ca. 21/2 Stunden - - den V o l v u l u s leicht beheben zu k6nnen. Befund
bei der Operation.
Bei Spaltung des wie eine gewaltige Kugel vorragenden Abdomens mit seiner dfinnen Haut links vom Nabel, in ca. 25 cm L~nge tiber und unter dem Nabel fillt zunichst auf, dab kein Darm prolabiert. F~s findet sich ein isolierter Dtinndarmabschnitt unter einem abwirts ziehenden, zu einem breiten Strang geformten Mesenterium hervorkommend und nach links gehend in der epigastrischen Gegend, weitere Dtinndirme liegen nach links gegen die Zwerchfellh6hlung und dann links abw~irts im Abdomen. Die groBe 0ffnung in der Bauehwand wird ganz ausgeftillt yon dem zu einem gewaltigen, senkrecht stehenden Schlauch ausgedehnten 1V[agen (ein fast senkrecht stehendes Oval bildend). Dasselbe liBt auf seiner prall gespannten Oberfliche quer verlaufende gestaute und erweiterte Venen erblicken. Magenwand sonst yon normaler Farbe. Nach links in links konkavem B ogen erkennt man den Ansatz des Lig. gast~ocolicum, lings desselben verlaufend eine gestaute Vena gastroepiploica, so dab die groBe Kurvatur, die nach links liegt, relativ verkfirzt erscheint, w~hrend der Magen an seinem vorderen Umfang in gewaltiger Vv-eise ausgedehnt ist, sowohl nach abwirts und vorn hin, als nach rechts und links bzw. nach oben und unten bei der senkrechten Stellung des Magens (Fig. 3)-
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E t w a io cm entfernt yon dem Magenansatz des Lig. gastrocolicum nach links verlS.uft ebenfalls senkrecht das Colon transversum. Das Colon zeigt auff531ige, weiglichtriibe, zahlreiche Blasen an der Oberfl/iche, durch die Serosa bedeckt. Diese Blasen, welche auch noch an einzelnen Stellen des Diinndarms nachher gefunden wurden, imponieren als Chyluscysten durch Stauung, denn es findet sich auch milchige Fltissigkeit in tier Bauchh6hle, welche in sehr a n g e n e h m e r Weise
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f Fig. 3- Bei Er6ffung des Abdomen: Senkrecht gestellter Magen e f (ca. 2o cm breit und 35 cm lang.) a) Lig. gastrocolicum, b) Ansatz desselben am Magen nahe der kleinen Kurvatur, c) verkiirzter Zipfel des Omentum majus, d) Colon transversum, e) Fundus ventriculi, f) Antrum pyloricum. fiir die H a n t i e r u n g der DSrme deren Oberfl~iche etwas fettig macht, wohl die Folge der akuten Chylusstauung, da der Beginn des Volvulus gerade ill die Verdauungszeit des Nachtessens fiilltl). I) Wir wollen hier nur im Vorbeigehen bemerken, dab uns diese Art E i n s e i f u n g der Dtirme und des Magens so gut schien, dal3 wir daraus Anlal3
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A m R a n d e einer F a l t e o b e r h a l b des M a g e n s k o m m t ein a m Anfangssttick stark verengter, a b e r nicht verf~irbter D a r m t e i l h e r a u s und zieht unter der S e r o s a im Gef~Bstrang abw/irts. E i n zweiter Gef~iBs t r a n g mit viel g r S g e r e r V e n e zieht aufw~rts und nach links. Genaueres S t u d i u m d e r Verhiiltnisse bei weit g e 6 f f n e t e m B a u c h zeigte nun, d a b d e r M a g e n um 270 G r a d in der R i c h t u n g des U h r z e i g e r s (wenn m a n sich die U h r mit d e m Rficken auf die B a u c h w a n d g e l e g t und d e n M a g e n g e g e n die v o r d e r e B a u c h w a n d e m p o r g e h o b e n denkt) g e d r e h t ist, also ein exquisiter M a g e n v o l v u l u s . N a c h d e m m a n in urng e k e h r t e r R i c h t u n g , d. h. e n t g e g e n der R i c h t u n g des U h r z e i g e r s die b e i d e n Pole des g e w a l t i g e n w u r s t f 6 r m i g e n M a g e n s c h l a u c h e s herumg e d r e h t hat, stellt sich d e r M a g e n dar, wie dies Fig. 4 versinnbildlicht : D e r S c h l a u c h liegt nun quer, sehr tief, wie ein t i b e r m / i g i g geftillter M a g e n im Z u s t a n d e h o c h g r a d i g e r P t o s i s . Das Duodenum g e h t vom .oberen U m f a n g an der Grenze des 4. und 5- Fiinftels desselben nach l i n k s aufw~irts. D a n n a b e r zeigt sich das interessante Verhtiltnis, d a b ein S a n d u h r m a g e n vorliegt. E t w a in d e r H 6 h e bzw. o b e r h a l b des E n d e s der vSllig versch.obenen P a r s horizontalis du,odeni (b Fig. 4), die jetzt ein sinistro-ascendens darstellt, findet sich eine s c h l a u c h f 6 r m i g e V e r e n g e r u n g des M a g e n s yon d e r l ) i c k e eines m/iBig geffillten Jejunumstticks (a Fig. 4), s e n k r e c h t ansteigend, und diese etwa 5 cm l a n g e P a r t i e fiihrt erst in einen Cardiateil des Magens, der ca. IO cm im D u r c h m e s s e r zeigt bei i1/~facher L/inge und unter das Zwerchfell hinauffiihrt g e g e n das F o r a m e n oesophageum. Die v e r e n g t e M a g e n p a r t i e zeigt oberflS.chlich keine N a r b e n , sieht also s c h e i n b a r ganz wie eine k o n g e n i t a l e A n o m a l i e aus. J~is schien ftir eine solche auch bezeichnend, d a b eine M a g e n s o n d e , die zur E n t l e e r u n g des Inhalts behufs R e p o s i t i o n eingefiihrt wurde, g l a t t durch den s c h l a u c h f 6 r m i g e n A b s c h n i t t in die g e w a l t i g erweiterte horizontale ,Ausweitung hinunterglitt. N a c h R e t o r s i o n des M a g e n s in seine n o r m a l e L a g e (bzw. die [ . a g e einer h o c h g r a d i g e n M a g e n p t o s i s ) zeigte sich nun das interessante Vergenommen haben, seither nach Laparotomien, bei welchen wir A d h ~i s i o nen vermeiden wollen, s t e r i l i s i e r t e M i l c h einzugiegen. Diese schien uns in bezug auf den gewiinschten Zweck so sehr zu entsprechen, dab wir sie zu weiteren Versuchen nach dieser Richtung empfehlenswert halten und spS.ter darfiber berichten werden. Dal3 es sich dabei urn Chylus handelte, ist nach der neuesten Arbeit yon G a u d i n (Ergebnisse der innerert Medizin i913, Bd. I2) nicht zu bezweifeln, der a l l e rnilchartigen Ergtisse in K6rperh6hlen als c h y 1 6 s e r Natur anspricht. Es hat uns interessiert, dabei zu lesen, dab auger Chylus (zu o,oi--o,1 Proz.) auch derselbe Zusatz yon h o m o g e n i s i e r t e r M i 1 c h geniigt, um in durchsichtigen Fliissigkeiten miIchartige Triibung zu erzeugen.
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h/iltnis, dab fiber dem torquierten Stiel des Magen~olvulus auf der Vorderfl/iche her/iber die Dfinnd/irme von rechts nach der linken Seite verlagert waren, so dab man das Hauptp,aket derselben v o n d e r linken Seite her herausholen mul3te, um es mit der Hand fiber die Vorderfl~iche des Magens, kleinen Netzes (das sehr stark gedehnt war) und tiber alas Duodenum nach rechts heriiber bef6rdern und abw/irts in seine Lage unterhalb des Colon transversum bringen mugte. Jetzt erschien alles normal in gegenseitiger Lageanordnung. Man fiberzeugte sich, dab nicht ein Mesenterium commune vorlag, sondern dab der
b) Incisura h, a) VerNirtung einem Ulcus ventriculi entsprechend
Fig. 4. Magen und Duodenum nach Riickdrehung um 270 ~ Eintritt des Ileum in das an normaler Stelle fixierte C6cum stattfand. Die Dfinnd/irme waren mit Flfissigkeit geffillt (daher die DS.mpfung in den abhS.ngigen Teilen des Abdomens bei der klinischen Untersuchung) und wurden mit den Fingern ,,ausgemolken", um sie reponieren zu k6nnen, unter Entleerung des Inhalts ins Colon und Herausbef6rderung desselben durch Mastdarmrohr nach augen. E p i k r i s e : Auf G r u n d der g e n a u e n Feststellung bei der Operation k 6 n n e n wir uns fiber die Genese des Magenvolvulus folgendes Bild m a c h e n : Die Pat. litt an S a n d u h r m a g e n m i t g ewaltiger Dilatation und Ptosis des unteren horizon-
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talen Magenabschnittes und speziell des Antrum pyloricum (Fig. 4). Das Duodenum war in seiner Pars horizontalis superior so stark heruntergezerrt durch Ffillung des Magens und Ausbuchtung des Antrum pyloricum, dal3 es nicht blo13 vertikal stand, sondern mit dem Pylorusende nach untea urLd rechts verzerrt war. So kam es in Verbindung mit der iiul3erst starken Verdfinnung der Bauchdecken bei der alten Frau dazu, dal3 sich der geffillte und durch die vorragenden Wirbelkfrper in schrfige Richtung yon hinten links nach vorne rechts gebrachte untere Magenteil, speziell das Antrum pyloricum, fiberschlug und letzteres, der vorderen Bauctiwand entlang, bei Einnahme der Linkslage des K6rpers nach links heriiberglitt, wiihrend der yon links zusammengepreffte Fundus fiber di.e Wirbels/iule heriiber l~ings der hinteren Bauchwand nach rechts ausweichen mul3te. Das Duodenum stellte dabei den rechtseitigen Rand des breiten S t i e 1 s .dar, an welchem der in die Quere g.edehnte horizontale Magenabschnitt hing, w/ihrend der linkseitige Rand des Stiels der engen schlauchffrmigen Stelle des Sanduhrmagens entsprach, die sich ungef/ihr in gleicher H6he mit dem peripheren Ende der herabgezerrten Pars horizontalis duodeni befand. Bei dieser Drehung des geffillten Antrum nach links mul3te nun nicht blog der Fundus des erweiterten Magens sich nach rechts bewegen, sondern zugleich die dfinnen D/irme nach rechts aufw/irts verdr/ingt werden, indem bei beginnender sekund/irer Drehung des Fundusteils das Dfinndarmpaket naeh rechts geschoben wurde. Einmal nach oben rechts verschoben, land das Diinndarmbiindel den W e g frei oberhalb des heruntergesunkenen und nach rechts verlagerten Magens und konnte leicht an der Rfickwand des Abdomens fiber das gespannte kleine Netz unter der schlaffen dfinnen Bauchwand nach links in die Zwechfellaush6hlung gleiten und yon da sich zum Teil abw~irts senken in die inzwischen freigewordene linke Bauchh6hlenseite. Wit haben also hier einen sehr sch6nen reinen Fall einer Form von V o l v u 1us .des Magens vor uns, welcher am Darm, spezielI an der Flexura coli sigmoidea die Regel bildet, n/imlich u m e i n e n S t i e 1, der durch Zug der Organe an seinen Mesenterialverbindungen sich ausgebildet hat. Die M6glichkeit eines solchen Volvulus ist durch zwei Faktoren gegeben, einmal durch
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den S a n d u h r m a g e n mit seiner erheblichen Verschm~ilerung des senkrechten Tells des Magens im Fundusteil gegeniiber der Fixationsstelle des D u o d e n u m durch das Lig. hepato-duodenale, und zweitens durch die S e n k u n g und V e r s c h i e b u n g des Pylorus abw~irts mit e n t s p r e c h e n d gr613erer Beweglichkeit. Die A u s b u c h t u n g und Dilatation des unterhalb der V e r e n g e r u n g liegenden Magenteils (nach links v o n d e r Verengerungsstelle des Magens und nach rechts v o m Pylorus) mit b e d e u t e n d e r V e r b r e i t e r u n g vom Pyloruspol bis zum F u n d u s p o l gestalteten die nahe a n e i n a n d e r liegenden zu- und abfiihrenden Teile (Isthmus des S a n d u h r m a g e n s und nach rcchts abw/irts gezogene Pars horizontalis duodeni) zu einem relativ sehr schmalen Stiel, der die Torsion des daranhS.ngenden horizontalen Magenabschnittes erm6glichte. Es k a m aber bei unserem Ealle noch ein begiinstigendes Moment hinzu fiir letztere, das wir erst nachtr/iglich in seiner vollen B e d e u t u n g e r k a n n t haben. N a c h d e m n~imlich die Patientin den ersten Eingriff sehr gut iiberstanden hatte, erholte sic sich sehr langsam, weil die Ptosis die E n t l e e r u n g des Magens in h o h e m MafSe hinderte. Der jetzt horizontal liegende, stets gewaltig erweiterte Magenabschnitt fiillte sich stark, zeigte exquisites P1/itschern, zun/ichst ohne eigentliche St6rungen, bis a m 2I. XII. I9I 3 solche in einer Weise eintraten, dab es uns wiinschenswert schien, den zweiten Eingriff nicht 1/inger zu verschieben. A m 2 I. XI I. m i t t a g s ftihlte sich Patientin unwohl. Dr. C o u rv o i s i e r sah die Patientin; sie klagte fiber Schmerzen im Abdomen und Brechreiz. Abdomen gespannt, Puls klein. Auf eine Magenentleerung von 2 Liter wurde Patientin besser. Abends wurde an dem horizontal unterhalb des Nabels gelegenen Magen deutlich Kontraktion mit Steifung beobachtet und Dr. C o u r v o i s i e r glaubte bestimmt, dab die Welle yon rechts nach links fortschritt. Dr. C o u r v o i s i e r entwarf beistehende Fig. 5 : Alle 2 3 Minuten erfolgte eine von rechts nach links gehende Peristaltik mit Bildung tiefer Furchen und Steifung der Magenwand bei lautem tympanitischen Schall. Abdomen druckempfindlich. Es wurde eine Magenentleerung in der Weise vorgenommen, dab zuerst die Sonde bloB 45 cm tier eingefiihrt wurde, d. h. bis in den 0beren Abschnitt des Sanduhrmagens. Es wurden aus diesem 5oo ccm Speisereste enthaltende Fliissigkeit entleert. Als nichts mehr kam, wurde die Sonde bis 6o cm weiter vorgeschoben und nun entleerten sich noch 4oo ccm einer helleren Fliissigkeit. Nachher h6rt die Peri-
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staltik auf, man sah deutlich die Konturen des Magens (Pylorusmagen). Es erschien angezeigt, nicht 1/inger zu zaudern, um die schon bei der ersten Operation in Aussicht g e n o m m e n e G a s t r o e n t e ro s t o m i e auszufiihren. W a s die Ausfiihrungsart dieser Operation anlangt, so k o n n t e es sich nicht wohl d a r u m handeln, wie m a n sonst bei Sanduhrm a g e n zu tun pflegt, eine V e r b i n d u n g des D a r m s mit dem Cardiaabschnitt herzustellen. Dieser war verh/iltni.sm~il3ig klein, die K o m m u n i k a t i o n mit d e m gewaltig g r o g e n P y l o r u s m a g e n gut durchg~ingig, und es war deshalb zu fi.irchten, dab in diesem bis in die Unterbauchgegend herabh/ingenden Sack die Speisen sich wie vorher a n s a m m e l n diirften und zu schwerer R e t e n t i o n Anlag geben. D e n n die E n t l e e r u n g war d u r c h die V e r z e r r u n g der Pars horizontalis duodeni mit ihrem P y l o r u s e n d e n a c h unten rechts h o c h g r a d i g erschwert. Es wurde deshalb die G a s t r o jejunostomie mit d e m Pylorusmagen, und zwar die von uns Fig. 5- Nach Entleerung des jederzeit bevorzugte i n f e r i o r , an Magens alle 2--3 Minuten starke der tiefsten Stelle des Sackes ansPeristaltik yon rechts nach links (antiperistaltisch) mit sicht- und gefiihrt. Fiir die Richtigkeit dieser Auffassung spricht der Verlauf im ffihlbarer Magensteifung. Falle von H e r m e s, welcher blo13 eine Witzelsche Magenfistel am pylorischen Magenteil anlegte und seine Patientin d u r c h k o m m e n sah (nach Reposition des torquierten Sanduhrmagens). Diese z w e i t e O p e r a t i o n ergab nun die erwiinschte Gelegenheit, den ersten Status nochmals zu revidieren und ktinstlich den Volvulus herzustellen, um Klarheit zu schaffen fiber die Art des Z u s t a n d e k o m m e n s . Es zeigte sich folgendes: Nach ergiebiger Spaltung der Narbe erschien der Magen in der F o r m wie ihn Fig. 4 darstellt. U m dies noch n a t u r g e t r e u e r zu gestalten,
Ein Fall von Magenvolvulus.
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Erkl~irung zu P h o t o g r a m m F i g . 6. Der his fiber die Symphyse herabreichende und in querer Richtung gewaltig gedehnte Magen ist durch zwei H/inde nach unten gezogen, um die Lage der verzerrten Pars horizontalis duodeni (links im Photogramm) zu zeigen, wie sie yon der Gegend der Incisura hepatis herauskommend (die Leber steht auch fief) nach abwS.rts und stark nach rechts hiniiber zieht und mit einer verengten Stelle in den oberen Umfang des Magens einmfindet. Auch der kleine Cardiamagen oberhalb der schlauchf6rmigen Verengerung ist sehr sch6n zu sehen mit dem herabgezogenen kleinen Netz zwischen beiden.
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ErklS. rung zu P h o t 0 g r a m m F i g . 7. Hier ist die Gr6ge des Hauptmagens unterhalb der Stenose besser zu beurteilen. Man sieht den Verlauf des Cardiamagens mit allmS.hIicher Verengerung gegen das Foramen oesophageum zu. In beiden Figuren tritt der Querwulst am Pylorus sch6n zutage. Die enge Stelle am Magen und der in der Figur oberste Punkt des Duodenum entsprechen der Drehungsstelle des Volvulus.
Ein Fall von Magenvolvulus.
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versuchten wir einige Photogramme aufzunehmen. Besonders pr/ignant zeigte sich w}ederum die weite Ausbuchtung des Magens bzw. des Antrum pyloricum nach rechts, weit fiber den Pylorus hinaus, so dab das Duodenum an d.em oberen Umfang des Magens, an d er Grenze vom 4. und 5. Ffinfteil des Magens, in dessen horizontalem Abschnitt sich inserierte und von dieser Stelle nach oben und links verlief, bis es in die Tiefe ging, unmittelbar unter die Incisura hepatis. Der betreffende Duodenumabschnitt erschien in die L/inge gezogen, der Pylorus durch einen erhabenen Wulst ganz besonders scharf markiert. Die enge Stelle des Sanduhrmagens lag bei abw/irts gezerrtem M agen bloB etwa 4 cm von dem letzterwS.hnten Duodenalteil entfernt, konnte abet auf doppelte Distanz bei Querzug entfernt werden. Das Colon transversum war ganz vom Magen bedeckt, an dessen hinterer Seite quer verlaufend, leer, an seiner Oberfl~iche noch dieselben zahlreichen B1/ischen, die wir als varik6se Chylusgef/i13e das erstemal angesprochen hatten. Und nun zeigte sich als etwas N eues, das wir nicht genug b eachtet hatten bei der ersten Operation, ein Moment, welches bei dem Magenvolvulus, speziell bei unserer For m der Drehung um einen Stiel, aber auch bei Drehung um die LS.ngsachse des Magens eine wichtige Rolle spielen dfirfte: Es war gar keine g r o B e K u r v a t u r sichtbar, sondern diese hatte sich h i n t e n d e r k l e i n e n K u r vatur so stark genS.hert, dab man sie dem Anblick n a c h ni c h t t r e n n e n k o n n t e. Da zahlreiche wei131iche Strange an der Rfickfl/iche des Magens gegen die kleine Kurvatur emporzogen, so ist es mSglich, dab es sich' um einen mit dem Ulcus zusammenh/ingenden Entzfindungs- und S c h r u m p f u n g sp roze13 auf der Serosa handelt. Wie weit kongenitale Anlage dabei eine Rolle spielt, steht dahin. Jedenfalls war dieses die zutreffende ErklS.rung dafiir, d a 13 d i e g e w a 1t i g e D i 1a t a t i o n s o w o h l v o r - a l s a u c h a b w / i r t s in W i r k l i c h k e i t blo13 die vordere Magenwand betraf, und diese Eigentiimlichkeit mu13 als der oben angedeutete d r i t t e F a k t o r z u r l e i c h teren ErmSglichung d e s V o l v u l u s aufgefa13t werden. Diesem Umstande ist meines Erachtens bei den friiheren Beobachtungen zu wenig'Beachtung geschenkt worden, n/imlich der Feststellung, ob die Dilatation des Magens diesen gleichmii13ig
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oder blol3 die vordere oder hintere Magenwand betraf. In der Fig. 6 der Tafel I bei N e u m a n n l ) scheint mir der das kleine Netz gewaltig vorw61bende Tumor in der Hauptsache durch die gedehnte hintere Magenwand gebildet, wenn der starke Einkniff unten, wie N e u m a n n angibt, der k l e i n e n K u r v a t u r entspricht und yon der v o r de r e n Magenwand 1/3 nach vorne, 2/a nach hinten gerichtet waren und wenn der Ansatz des Lig. gastrocolicum in der H6he des Foramen oesophageum hinten heraufgelagert ist. Wir suchten nunmehr die Verh~iltnisse unseres Falles herzust.ellen, welche wir bei der ersten Operation gefunden hatten und drehten ohne wesentlichen Widerstand den Magen zun/ichst um 18o 0, so dab der Fundus nach rechts, der Pylorusabschnitt entlang der vorderen Bauchwand nach links zu liegen kam. In Fig. 8 zeigt es sich sehr klar, wie sich das Duodenum von seiner Lage von links oben nach rechts unten (Fig. 6 u. 7) jetzt in der Richtung yon rechts oben nach links unten fiber die schlauchf6rmig verengte Stelle im senkrechten Magenabschnitt von vorn heriibergelegt hat (Fig. 8) zum Beweis dafiir, dab d i e V e rbindungsstelle von Magen mit Duodenum (Pylorus) d i e a m m e i s t e n b e w e g l i c h e P a r t i e w a r . Man sieht nach der Drehung im Bereich der kleinen Kurvatur am Magen die Narbenstr/ing.e, welche die grol3e Kurvatur und mit ihr das Lig. gastrocolicum an der Hinterwand des Magens weit herauf gegen die kleine Kurvatur zu verlagert haben. Nun ist es verstSmdlich, wie d i e m i t d e r k l e i n e n K u r vatur fast zusammenfallende grol3e Kurvatur, von welcher das Ligamentum gastrocolicum u n d a u c h d a s s e h r verkiimmerte freih/ingende groBe Netz ausging, einen verh/iltnism/il3ig so kurzen linkskonkaven Bogen darstellen konnte, wie Fig. 3 naturgetreu darstellt. Die kleine Kurvatur war entsprechend der Drehung des kleinen Netzes verkiirzt. Es ist erklfirlich, warum das Colon transversum nahe dem konkaven und nicht dem konvexen Rande des Magens lag. Das Colon transversum machte die erste Drehung um 18o o nicht mit, sondern dieselbe machte sich wesentlich im kleinen Netz mit seinem rechten Rand (dem senkrecht gestellten verl/ingerten Anfangsstiick des I) Deutsche Zeitschr. f. Chir. 19o6, Bd. 85.
Ein Fall von Magenvolvulus.
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D u o d e n u m ) nach links und seinem linken Schlauch des S a n d u h r m a g e n s ) nach rechts. die D r e h u n g im Lig. gastrocolicum vor sich, U m f a n g des Stiels darstellte. U m die Sache
R a n d (dem e n g e n Auch riickseits ging welches den unteren noch verst/indlicher
Erkl'arung: Photogramm Fig. 8 gibt die Verhfiltnisse wieder, wie sie sich nach der Drehung um 18o Grad im Sinne des Uhrzeigers bei senkrecht auf den Bauch gesetzter Uhr mit Zifferblatt nach der Symphysis pubis sehend darstelIterl. Der gedrehte Magen ist mit gespreizten Fingern abw/irts gedrtickt. Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie. i2 7. Bd. 39
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zu machen, geben wir in der Fig. IO die Ansatzstellen des Lig. gastrocolicum und des vom Colon v611ig un.abhfingig, nur am Magen festhaftenden GrolSnetzlappens im sagittalen Durchschnitt wieder. Daraus, dab d a s C o l o n t r a n s v e r s u m der Bewegung n i c h t bzw. n u r w e n i g g e f o l g t i s t , geht mit Sicherheit hervor, dab die Drehung, welche das kleine Netz zu einem Strang zusammengedreht und das Duodenum spiralig an der Vorderseite des stenotisierten Magenabschnittes um dies.en nach links und abw/irts herumgedreht hat, gleichzeitig im L i g. g a s t r o c o 1i c u m erfolgt sein mul3te. Wenn wir jetzt die Drehung, welche wir bei der ersten: Operation gefunden hatten, zu vollenden suchten, d.h. sie um weitere 9o 0 verst/irkten, so zeigte sich, dab sich der nach links gerichtete Pyloruspol (Fig. 8) nicht an die Riickseite des Magens gegen die WirbelsS.ule zu verschob, sondern dab sich nunmehr der Magen um 9 o0 im Bogen um einen Mittelpunkt b.ewegte, welcher in der Torsionsstelle des Stiels lag und so einen in der Frontalebene des K6rpers gelegenen Viertelkreisbogen beschrieb, so dab d e r links liegende Pyloruspol sich abw/irts, der rechts liegende Funduspol sich aufw/irts bewegte. Dadurch kam die Verbindungslinie von Pyloruspol und Funduspol senkrecht zu stehen, wie Fi~. 3 und auch das Photogramm Fig. 9 zeigt. Das Photogramm ist leider dadurch unvollst/indig, dal3 vergessen wurde, die mit Tiichern zugedeckten D/irme freizumachen. So sieht man das in Fig. 3 gezeichnete Colon transversum nicht. Dasselbe hat sich dadurch ebenfalls senkrecht gestellt, weil es mit der letzten Magendrehung in senkrechte Stellung rechts herabgezogen bzw. herabgedriickt wurde, w/ihrend der nach oben links zur Flexura c oli lienalis aufsteigende linke Abschnitt die AbwS.rtsbewegung nicht mitmachte. Man sieht sehr hiibsch in Fig. 9, wie das Duodenum noch weiter abw/irts gezogen ist tiber die enge Stelle des Sanduhrmagens heriiber. Ferner sieht man die von der Gegend der kleinen Kurvatur ausgehenden stark gedehnten Quervenen nach der Magenkonvexit/it zu verlaufend. Der Cardiamagen ist jetzt ebenfalls stfirker ausgedehnt. Wie in Aussicht genommen, machten wir bei der Patientin nach v611iger Aufkl/irung des Falles die Gastrojejunostomie. Die-
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Ein Fall yon Magenvolvulus.
selbe erschien um so mehr indiziert, als sich bei dieser zweiten Operation in Erg/inzung des friiheren Befundes herausstellte, dab der Sanduhrmagen nicht ein angeborener war, wie die glatte
Fig. 9-
schlauchf6rmige Verengungsstelle das erstemal vermuten lieg, sondern dab im Bereieh derselben eine sehr derbe Infiltration in die Umgebung hineinging, welche auf Grun'd der ulcuspositiven 39*
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(friiher erw/ihnten) G l u t z i n s k y - R e a k t i o n und angesichts der K r a n k e n g e s c h i c h t e (speziell der l a n g e n D a u e r ) bloB als die Infiltration eines U I c u s s i m p 1e x aufgefaf~t w e r d e n konnte. A. K o c h e r 1) hat auf G r u n d unserer e i n g e h e n d e n K r a n k e n g e s c h i c h t e n d e n Beweis geliefert, d a b die G a s t r o e n t e r o s t o m i e in richtiger Ausfiihr u n g ein sehr zuverl/issiges Mittel ist, d a s Ulcus ventriculi zu deftnitiver H e i l u n g zu bringen. N e u m a n n hat bei seiner Patientin a u c h die G a s t r o j e j u n o s t o mia anterior g e m a c h t , u m die Dilatation zu beseitigen, u n d m a c h t die Angabe, d a b ,,die P a t i e n t i n seit der O p e r a t i o n vollk o m m e n frei y o n Bes c h w e r d e n geblieben sei". Ich b r a u c h e n a c h den o b e n g e g e b e n e n Schilderungen der A n o m a l i e n des M a g e n s nicht m e h r h e r v o r z u h e b e n , d a b in uns e r e m Falle nicht yon der auch von uns bevorFig. io. Sagittalschnitt. Durch den gezugten Gastrojejunostomia waltig erweiterten Pylorusmagen (gorderwand des Bauches nach links), a = Omentum minus posterior die R e d e sein b = kleine Kurvatur, c = Lig. gastrocolicum, konnte. W i r mul3ten notd = Colon transversum, c = Lappen des groBen g e d r u n g e n die a n t e r i o r Netzes ohne Verbindung mit dem Colon transm a c h e n . U m so besser lief5 versum, f=vermutliche groBe Kurvatur, in \Virktichkeit blog die am weitesten nach ab- sich der in u n s e r e r Operationslehre aufgestellten w/irts gedehnte Vorderwand des Magens. Indikation, sowohl die anterior als posterior stets gleichzeitig als i n f e r i o r zu m a c h e n geniigen, denn die n a c h u n t e n a m weitesten v o r r a g e n d e (tiefste) Stelle des M a g e n s geh6rte, wi.e wir illustriert h a b e n , stets n o c h der v.o r d e r e n M a g e n w a n d an. W i r m a c h t e n also die V e r b i n d u n g mit d e m J e j u n u m ungef~ihr a n der in Fig. IO mit [ b e z e i c h n e t e n Stelle. Nur war es nicht erlaubt, eine m6glichst h o c h g e l e g e n e Partie I) S,
Chirurgenkongreg I9t2.
Ein Fall yon Magenvolvulus.
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des Jejunum zu benutzen (sog. k u r z e Schlinge), weil fiir das Colon transversum der n6tige Raum gespart werden mugte. Immerhin lag letzteres viel h6her und an der Riickwand des Magens wegen des in den Bereich der kleinen Kurvatur aufwS.rts verschobenen Ansatzes des Lig. gastrocol}cum, so dab wir uns mit einer h6chstens 2o cm langen Schlinge begniigen durften. Die einzige Schwierigkeit der Operation bestand in der sehr erheblichen Verdickung der Magenwand tdurch hochgradige M u s kelhypertrophie, die wohl mindestens 5 - - 6 mm betrug. Die Schleimhaut am Magen und Darm lieg sich nur mit Schwierigkeit fiber diese dicke Muskelschicht zusammenbringen. Der Verlauf war zwar ein ungest6rter, aber die Dehnbarkeit der neuen 0ffnung scheint dutch die erhebliche Dicke der R/inder beeintrS.chtigt zu sein. Wir sollten deshalb noch ein drittes Mal Gelegenheit haben, eine Autopsie in vivo vorzunehmen. Am 3 o. XII. stellten sich neuerdings Ileuserscheinungen ein unter Kr/impfen und leichten Kollapssymptomen, und es zeigte sich, dab der Magen sich sehr ungeniigend entleerte, so dab man aus dem Cardiamagen zwei Liter und ein zweites Mal aus dem Pylorusmagen nochmals zwei Liter Fliissigkeit entleerte. Wir beschlossen nochmals zu laparotomieren. Der Magen und auch ein Darmstiick war lest mit der Bauchwandnarbe verwachsen, immerhin noch stumpf zu 16sen (es war bei der zweiten Operation keine sterile Milch vorbereitet gewesen), auch sonst fanden wir zahlreiche Verwachsungen. Die Kommunikation von Darm und Magen erschien gut durchg/ingig, obschon weniger dehnsam als nach unserer Operationsmethode gew6hnlich, wegen der aul3erordentlich dicken Muskulatur. Wir zogen deshalb vor, statt noch eine zweite Gastrojejunostomie anzulegen, eine Gastroplastik im Sinne yon H e i n e c k e M i k u l i c z durch die enge Magenstelle zu machen nach Art der F i n n e y s c h e n Gastroduodenostomie. Durch dieses Vorgehen hofften wir nicht nur die Magenfunktion zu verbessern durch Normaljsierung seiner Form, sondern auch den Magen zu verkiirzen und h6her zu h/ingen. Wir spalteten auf der konvexen Seite des Magens den engen Schlauch und yon da ein ca. 5 cm langes Stiick Fundus des Cardiamagens und des Pylorusmagens
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und vereinigten den L/ingsschnitt d u r c h eine Quernaht. Pat. hat einen g a n z g u t e n Verlauf d u r c h g e m a c h t und befindet sich zur S t u n d e sehr befriedigend. W e n n wir die zurzeit in der L i t e r a t u r b e k a n n t e n F~ille iibersehen, welche in neuester Zeit B o r c h a r d t 1), N e u m a n n 9), H e r m e s 3 ) , zumal P a y e r 4) sehr ausfiihrlich uhd neuestens H a b e r e r 5) zusammengestellt haben, so scheint es geboten, zun/ichst die mit H e r n i a d i a p h r a g m a t i c a komplizierten F/ille auszuschalten. P a y e r konnte I2 solche F~ille auffinden. Es wiirde sonst der Vergleich unseres Falles mit den bisher b e k a n n t g e g e b e n e n erschwert. Unser Fall ist die 28. B e o b a c h t u n g yon reinem Magenvolvulus und der 18. (bzw. 17. unter Ausschlul3 einer noch unvollstfindigen Mitteilung) operierte. Zugleich ist er unter dieser Zahl der 7. S a n d u h r m a g e n , woraus ersichtlich, welche grof~e Rolle bei Magenvolvulus das V o r h a n d e n s e i n eines Sanduhrm a g e n s spielt. D u r c h die ungew6hnliche L a g e der Verengungsstelle des S a n d u h r m a g e n s sind in u n s e r e m Falle Verh/iltnisse hergestellt gewesen, welche erlaubten, besonders klare Ein:sicht zu g e w i n n e n fiber die P a t h o g e n e s e des Leidens, u m so mehr, als wir noch 2 mal nach dem ersten Eingriff Gelegenheit g e h a b t haben, die L a g e r u n g der e i n z e l n e n Teile kurze Zeit n a c h A u f t r e t e n und Beseitigung des Volvulus zu kontrollieren und das erstemal u n k l a r gebliebene Beziehungen n a c h h o l e n d v611ig sich,erzustellen. In der neuesten ausfiihrlichen Arbeit tiber Magenvolvulus klagt Haberer, dab k a u m je ein ganz frischer Fall yon Magenvolvulus der Operation zugefiihrt werde. Dieses D e s i d e r i u m ist in u n s e r e m Falle erfiillt und diirfte es derjenige sein, bei d e m deshalb die reinste B e o b a c h t u n g g e m a c h t w e r d e n konnte, denn aul3er ven6ser und Chylusstauung war noch keine sekund/ire Ver/inderung des Volvulus eingetreten. Allerdings miissen wir die A n g a b e n P a y e r s und H a b e r e r s, wie friiherer Autoren, best/itigen, dab es auch in u n s e r e m Falle I) 2) 3) 4) 5)
Borchardt. Langenbecks Arch. i9o4, Bd. 74. N e u m a n n . Deutsche Zeitschr. f. Chir. I9O6, Bd. 85. H e r m es. Deutsche Zeitschr. f. Chir. 19o8, Bd. 93. P a y er. Grenzgebiete der Med. I9O9, Bd. 2o. Haberer. Deutsche Zeitschr. f. Chir. 1912, Bd. II 5.
Ein Fall von Magenvolvulus.
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sehr wahrscheinlich ist, dab schon friiher leichtere Anf~ille von Volvulus bestanden haben. Die lange Dauer z w i s c h e n den in den Krankengeschichten geschilderten Anf~llen mit Zeiten jahrelangen v611igen Wohlbefindens l/lilt dieses wahrscheinlich erscheinen. Die kurze Dauer unseres Volvulus macht es verst/in& lich, dab wir nicht nur den Fall klarer beurteilen konnten, sondern auch gern/il3 dem Fehlen yon Verklebungen und Verwachsungen die Detorsion mit Leichtigkeit ausfiihren und sofortigen Nachlag der Erscheinungen und rasche Heilung herbeifiihren konnten. Der Magen war auch bei unserem Fall ganz prall gespannt durch Fliissigkeit und Gas, so dab nicht, wie H a b e r e r meint, tier pralle Fiillungszustand des Magen-Darmtraktus an und fiir sich eine erhebliche Schwierigkeit bot. Patientin hatte sich mit Essen mehr als n6tig giittich getan dank der fiir sie besseren Spitalkost. Auger der s t a r k e n F i i l l u n g d e s M a g e n s wird von friiheren Autoren, so auch yon P a y e r und H a b . e r e r , als eine weitere wichtige D i s p o s i t i o n zum Magenvolvulus auf Grund der Kasuistik die betrfichtliche G a s t r o p t o s i s bezeichnet. Diese spielt nach unserer Ansicht eine Hauptrolle beim Zustandekommen des Volvulus, weil sie die Fixationsmittel des Magens in die L/inge zieht, vor allem das Duodenum und damit den Pylorus mobilisiert. Erst das Lig. hepato-duodenale hS.lt die {3bergangsstelle der Pars horizontalis superior in die verticalis fester fixiert. Wie sehr der obere horizontale Abschnitt des Duodenum verlagert werden kann dutch den Zug des Magens und bei gleichzeitiger Ausbuchtung der Pars-pylorica des Magens in querer Richtung nach rechts, zeigen unsere Abbildungen. Die Verlagerung des Duodenum ist am st/irksten am P y l o r u s , der infolge der damit verbundenen Dehnung des kleinen Netzes eine g r o13 e B e w e g 1i c h k e i t bekommt - - ein prS,disponierender Umstand, auf welchen friihere Autoren mit Recht Gewicht legen, ohne denselben ftir die Pathogenese geniigend zu verwerten. Ich habe schon oben hervorgehoben, dab in unserem Falle das Duodenum in seinem verlagerten Teil auch noch v e r 1/i n g e r t erschien und durch den Zug an seinem Ursprung vom Pylorus etwas verengt (Fig. 3 und Photogramm 6 u. 7)Aber nicht nur das Duodenum wird so gestreckt und nach
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dem Magen hin mobilisiert, sondern auch das kleine Netz fanden wit erheblich in die Lfinge gezogen und im Zusammenhang damit verschm/ilert. Begiinstigt wird die Abw/irtsverlagerung yon Duodenum und kleinem Netz und mit ihm der kleinen Kurvatur durch die gleichzeitige Ptosis der Leber, wie unser Fall sie zeigte, weil dann auger dem Lig. hepato-gastricum a u c h das Lig. hepatoduodenale nachgeben kann. Endlich wird bei der Ptosis auch der senkrechte Magenteil gestreckt, und wo, wie bei Sanduhrmagen infolge yon Ulcus schon eine engere Stelle besteht, wird diese Strecke noch mehr verengt und in die L~nge gezogen. So bekommen wir einenaus Duodenum, kleinem Netz und schmalem Magenschlauch bestehenden schmalen Stiel, /ihnlich wie bei querverkfirzter Mesoflexura sigmoidea, und die Bedingungen zu einer Stieldrehung sind gegeben. Eine Rolle bei der Entstehung des Volvulus spielte in uns e r e m F a l l e die S c h r u m p f u n g d e r hinterenMagenwand, welche es.bedingte, dab das Lig. gastrocolicum sich hoch oben an der Hinterfl/iche gegen die kleine Kurvatur ansetztel). Infolge dieser sehr bemerkenswerten Eigentiimlichkeit, die zum Teil in kongenitaler Anlage begrtindet war, aber wenigstens zum Teil gem/iB narbigen Ver/inderung der Serosa auf entztindlicher Schrumpfung beruhte, wurde ein gewisser Grad yon Unabh~ngigkeit des Colon yon den groBen Magenbewegungen innerhalb seiner Mesenterialverbindungen erzielt, um so m.ehr, als das Lig. gastrocolicum in unserem Falle eine L~inge yon Io cm darbot. Das Colon wurde bloB bei der letztert 9 ~ 0-Drehung (in toto waren es 27 o0, wie in P e n d l s Fall) mit Tieferriicken des Antrum pyloricum nach rechts abw/irts mit diesem verschoben, w/ihrend es links seine h6here Lage gegen die Flexura coli lienalis beibehielt; so kam es in die fast senkrechte Stellung parallel dem Magen, in welcher es in Fig. 3 gezeichnet ist. Es wS.re das ein Fall, der nach B o r c h a r d t s Vorschlag als 1) Eine Andeutung ~ihnlicher VerNiltnisse macht L a n g e r h a n s in seinem Sektionsfall: ,,Eine Schlinge des Colon transversum, welche durch Schrumpfung abnorm der hinteren Magenwand gewuchert war." Jedenfalls wird man in Zukunft auf Grund unserer Beobachtung sein Augenmerk darauf richten mfissen, ob die Dilatation des Magens den ganzen Magen oder mehr die vordere oder hintere Wand trifft, ev. sogar ausschlieBlich.
Ein Fall von Magenvolvulus.
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Volvulus supra-colicus bezeichnet werd.en miiBte. Es ist sehr interessant, dab H a b e r e r in ingeni6ser Voraussicht betont, dab es leichter verst/indlich w/ire, dab der Magenvolvulus ohne Mitbeteiligung des Colon vor sich geht, ,,wenn gleichzeitig anatomische Anomali.en best/inden, wie n a m e n t l i c h das Ausbleiben der V e r s c h m e l z u n g des grolSen Netzes mit d e m Colon transv e r s u m " . Diese F o r d e r u n g ist in unserem Falle verwirklicht. In Fig. 3 u n d IO h a b e n wir uns bemiiht zu illustrieren, dab in u n s e r e m Falle das ganz v e r k i i m m e r t e groBe Netz g a n z u n a b h~ingig vom Colon transversum von derselben Ansatzstelle wie das Lig. gastro-colicum ausging. Es m a g sein, dab die g r S g e r e L~inge des letzteren v o m Magen zum Colon mit diesem Ausbleiben der Netzverwachsung zusammenh/ingt. Jedenfalls ist die y o n H a b e r e r theoretisch g e f o r d e r t e und von mir nachgewiesene Anomalie in der Beziehung zwischen Colon transversum, Netz u n d M a g e n u n t e r die pr/idisponierendert Verh/iltnisse aufzunehmen. Man wird dieselbe auf eine kongenitale Anlage zurtickfiihren mtissen. W e n n wir in P t o s i s des Magens, D i 1a t a t i o n und momentaner Crberfiillung bei schlaffen Bauchdecken mit der d u t c h diese Verh/iltnisse g e g e b e n e n D e h n u n g der Fixationspunkte nebst q u e r e r Ann/iherung ihrer R/inder bis zu einer Art Stielbildung sowie in den fiir meinen Fall geschilderten a n a t o mischen Anomalien des h o h e n Ansatzes des Colon transv e r s u m a m Magen und des freien Netzes die P r/i d i s p o s i t i o n e n zum Magenvolvulus erblicken miissen, welche sich bei Sanduhrm a g e n noch erheblich verst/irken, so fragt es sich, welche G elegenheitsurs a c h e n n u n m e h r den Volvulus einleiten und zur Ausbildung b r i n g e n k6nnen. Mehrere F./ille in der L i t e r a t u r zeigen, dab ein Patient m e h r f a c h leichtere Anf/ille iiberstehen kann, bevor die schweren S t 6 r u n g e n eintreten, welche ~irztliche Hilfe gebieterisch verlangen. H a b e r e r diskutiert diese u n m i t t e l b a r e n U r s a c h e n eingehend u n d ist geneigt, unter denselben den K o n t r a k t i o n e n des Magens eine besonders wichtige Rolle einzurS:umen. Di.eser Anschauung gibt a u c h unser Fall eine Stiitze. W i r h a b e n nicht nur nach Eintritt des a k u t e n Volvulus intensive K o n t r a k t i o n e n unter heftigen Schmerzen konstatiert, s o n d e r n auch, n a c h d e m der Vol-
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vulus beseitigt war, 5 Wochen nachher, alterdings bei einer neuen Uberffillung des Magens, die schmerzhaften, kr/iftigen, peristaltischen Bewegungen wieder beobachten k6nnen mit starken queren Einschn/irungen. Merkw/irdigerweise aber verliefen die auff/illigsten peristaltischen Bewegungen nach bestimmter Aussage zweier guter Beobachter umgekehrt, als wir sie bei Dilatation mit Retention sonst zu sehen gewohnt sind. Sowohl Dr. F o n i o als Dr. C o u r v o i s i e r sahen den Beginn der Kontraktionen in dem Bereich des Antrum pyloricum und von da gegen den Fundus fortschreitend, also a n t i p e r i s t a l t i s c h . T~iuschungen sind bei Beurteilung solcher Bewegungen freilich m6glich, aber doch finde ich es in gew6hnlichen F/illen von Magendilatation nicht schwierig, sich zu iiberzeugen, dab die queren Einschn/irungen vom Fundus nach dem Pylorus zu fortschreiten. Die Lage des Magens haben wir durch die darauffolgende Operation in beiden F/illen sicher bestimmt. P a y e r macht aufmerksam, dab H o l z k n e c h t und J o n a s bei Gastroptose und Hypermobilit/it im R6ntgenbilde neben der Peristaltik eine ebenso lebhafte Antiperistaltik sahen. Dieses Hin und Her der Bewegung des schweren fliissigen Inhalts yore Fundus zum Pylorus und umgekehrt, dfirfte sicherlich das Umkippen, durch die Schwere, yon der wir gleich sprechen werden, wesentlich begfinstigen. P a y e r spricht sich in diesem Sinne aus, fiigt aber hinzu, ,,es m/issen auch hier noch komplizierte Vorg/inge mitspielen". Ich halte nicht dafiir, dab diese Begleitumst/inde wie ich darzutun versucht habe, so kompliziert zu sein brauchen (Fig. II und 12). A b e r einverstanden bin ich mit P a y e r , dal3 die F/ille yon Gastroptose mit H y p e r m o b i 1i t/i t die Wirkung der in letzter Linie entscheidenden Faktoren beg/instigend beeinflussen. Nach R o s e n b er g sollen auf 7 ~ Proz. von Gastroptosen mit Hypomotilit/it blo13 20 Proz. mit Hypermobilit/it vorkommen. Letztere Formen w/iren dem Volvulus ausgesetzt. Es 1/il3t diese Auffassung sich wohl auch fiir die Ansicht verwerten, daB, nach M iih 1e f e 1d e r, welchem H a b e r e r beipflichtet, der B r e c h a k t einen Einflul3 auf das Zustandekommen des Magenvolvulus hat. M i i h l e f el d e r be.obachtete auf dem Schirm bei Brechbewegungen abwechselnd T i e f e r - u n d energisches H6hersteigen .des Magens mit Entfernun.g desselben yon
Ein Fall y o n Magenvolvulus.
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der Bauchwand. Freilich konnte H a b e r er durch elektrische Reizung bei starker Kontrakti.on des Magens yon Kaninchen nichts yon Volvulus .erzielen, wiihrend er durch m e c h a n i s c h e Drehung bei diesen Tieren leicht einen Volvulus in dem bisher besprochenen Sinne herstellen konnte und auch einmal einen Volvulus mit Drehung um I8O ~ um einen Mes.enterialstiel bei einem Kaninchen als Todesursache land. Diese letzteren Beobachtungen yon H a b e r e r scheinen mir wertvoll zu sein f fir die Erkenntnis der letzten Ursache. Es ist schwer sich vorzustellen, wie Kontraktionen des Magens als solche die Drehung bewirken und festhalten k6nnen, obschon man ihre Wirkung auf fibertriebene physiologische (organo-axiale) Drehung zuriickfiihren wollte ( P a y e r). Aber ihre Wirkung wird verst/indlicher, wenn man zu d e n K o n t r a k t i o n e n als solchen d i e Wirkung auf den Inhalt hinzunimmt. An der Flexura sigmoidea mit Dilatation derselben sind wir einigermaBen orientiert fiber die Wirkung der verst/irkten Peristaltik. Wenn die aufsteigende (orale) Schlinge sich rasch anfiillt unter energischer Darmkontraktion oberhalb, so kann dadurch ihrem Inhalt eine Lagever/inderung mitget.eilt werden, welche die zufiihrende Schlinge auf die abffihrende mechanisch hertiberw~ilzt, bzw. um diese herumdreht ; die folgenden Kontraktionen best/irken das abnorme Verh/iltnis, wenn bei der Drehung dem Inhalt der Austritt verlegt wird. Beim Magen haben wir es allerdings nicht in gleichem Sinne mit einer zu- und einer abfiihrenden Schlinge zu tun, aber doch kann bei einem gestielten und drehf/ihigen Magen wie in unserem Fall die Verschiebung des Inhalts durch energische Kontraktion das Schwergewicht des langen Ovals (die L/inge betrug 55 cm in unserem Falle) so erfolgen, dab sich der periph.er gelegene, momentan schwerere Abschnitt (Pyloruspol) iiberschl/igt, wie dies bei gewissen Kinderspi.elzeugen der Fall ist. Dies wird um so leichter eintreten, wenn der Patient eine Stellung einnimmt, bei welcher der unter d,er Bauchwand liegende Anteil, welcher zu weiterer Exkursion mehr Spielraum hat, das ~Jbergewicht erhiilt. Ist zugleich die vordere Bauchwand so dfinn und schlaff, wie bei unserer Patientin, so dreht sich hinter den Bauchdecken der gefiillte pylorische vordere Abschnitt auf die abh/ingige Seite, und
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damit ist die Dr ehung um die Mesenterialachse bzw. den Stiel eingeleitet. Sekund/ir kann der hintere Teil des Ovals an der hinteren Bauchwand in entgegengesetzter Richtung ausweichen und dann ist die Drehung vollst/indig (Fig. I I u n d I2). Ahnlich wie der Brechakt kann jede rasche energische Kontraktion der vorderen Bauchwand, ebenso auch ein Stol3 auf den Bauch den Anstol3 zur Drehung geben. P a y e r legt mehr Gewicht auf die Kontraktion der Bauchpresse, N e u m a n n und H a b e r e r auf die des Magens. Jedenfalls kann n w
1
r
X
w Fig. i z.
1 Fig. i2.
Fig. I I~). Querschnitt des K 6 r p e r s bei Rfickenlage. w = Wirbels/iure, v = gefiillter u n d g e s p a n n t e r Magen. r = rechte, 1 = linke K6rperseite, n ~ N a b e l Fig. I2. Querschnitt bei Linkslage (x 1) des Kgrpers. v = P r a l l gefiillter, ev. durch Kontraktion g e s p a n n t e r Magen.
bei ganz d/innen und schlaffen Bauchdecken der Volvulus zustande kommen, indem diese Erschlaffung die Drehung des geffillten Pylorusteils im Sinne der Schwere (nach links) wesentlich unterstiitzt. Eine e n e r g i s c h e Kontraktion des querliegenden Ovals des horizontalen Magenabschnittes kann bewirken (Fig. ~ I und 12), dab der Magen in diesem Momente einen festen K6rper darstellt, der sich bei Seitenlage ganz mechanisch bestreben wird, nach der abh/ingigen Seite sagittale Richtung einzunehmen. Bei geniigender Erschlaffung der vorderen Bauchwand kann dann der vorher nach vorn gewendete Pylorusteil sich tiefer lagern, als der in der Nische der hinteren Bauchwand i) Es ist in der Form des Magens den Naehweisen yon Klebs und Kiimmel Rechnung getragen, dab bei starker Ffillung die Kurvaturen verschwinden.
Fin Fall
von
Magenvolvulus.
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liegende Fundusteil und letzteren tiber die Wirbels~iule nach rechts hiniiberhebeln. Jedenfalls m6chte ich der M i t w i r k u n g r e i n mechanisch-passiver Faktoren eine gr613ere Bedeutung beimessen bei dem Zustandekommen des Magenvolvulus als dies P a y e r und H a b e r e r zu tun geneigt sind, wenn ich auch die Bedeutung der Magenkontraktion als mitwirkenden Faktor anerkenne. N e u m a n n ist geneigt, ftir seinen organo-axialen Volvulus mit Emportreten des Fundus und der groBen Kurvatur an der hinteren Bauchwand nach rechts und nach aufw~irts ebenfalls der S c h w e r e eine Bedeutung beizumessen, indem diese den (gesenkten und geftillten) pylorischen Abschnitt nach vorn und unten rollt, wobei der Fundus mit Pars cardiaca an der hinteren Bauchwand nach rechts rutscht und schliei31ich nach vorn gegen das Lig. hepato-gastricum (kleines Netz) oberhalb der kleinen Kurvatur nach vorn umkippt. In unserem Falle war, wie er,w//hnt, die Drehung tim 27 ~ in der Richtung des Uhrzeigers um eine yon Kopf zu Ful3 gehende wesentlich senkrechte Achse erfolgt (mit Abweichung nach unten vorwfirts), und zwar rein um letztere ffir die ersten I8O 0 (wie wit bei der Retorsion sicherstellten), aber mit Hinzutreten einer Kreisbewegung um den gespannt.en Stiel als Zentrum bei ~ b e r g a n g in die senkrechte Stellung (Fundus auf- und Pylorusteil abw/irts) fiir die letzten 9 o~ H a b e r e r fal3t auf Grund seines Leichenversuchs (mit Abbildung) seinen Fall sowie denjenigen yon B o r c h a r d t als Volvulus um die m . e s e n t e r i a l e Achse auf, d.h. um eine querschr/ige (etwas von rechts oben nach links unten gehende) Achse parallel dem kleinen Netz mitten durch den Magenk6rper. Im Gegensatz zu unserem Falle, wo der Pylorusabschnitt sich vorn herum auf die linke Seite schl/~gt, dreht sich bei B o r c h a r d t s und H a b e r e r s F/~llen letzterer vorn aufw/irts nach der linken Zwerchfellkuppe herauf. Der Fundus macht in beiden F/illen die umgekehrte Bewegung, d.h. in unserem Falle der hinteren Bauchwand entlang auf die rechte Seite, bei dem B o r c h a r d t schen und H a b e r e rschen Falle der hinteren Bauchwand entlang wesentlich abw/irts und etwas nach rechts.
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KOCH~R
Das Charakteristische ist, dab in beiden F5.11en der Magen u m den Stiel des Mesenterium g e d r e h t wird, wie ein Querstab um eine yon seiner Mitte s e n k r e c h t a b g e h e n d e Schnur. D a der Stiel a u g e r vom kleinen Netz rechts und links v o m D u o d e n u n l und 6sophago,cardialen M a g e n a b s c h n i t t gebildet wird, so muB hier T o r s i o n u n d VerschluB eintreten. T o t o c:oelo, wie H a b e r e r sagt, von dem geschilderten g e w 6 h n l i c h e n Votvulus verschieden, ist derjenige, wo die Achse, u m welche sich der Magen dreht, in dessen L / i n g s a c h s e (Fundus zu Pylorus) liegt nach unserer Bezeichnung der o r g a n o - a x i a l e Volvulus. Hier dreht sich der F u n d u s mit grol3er K u r v a t u r an der hinteren B a u c h w a n d nach rechts hin (nicht nach aufw/irts, d e n n das kann er nicht, da er bereits in der Zwerchfellkuppe liegt) und k o m m t unter das kleine Netz zu liegen, und zwar, was gegenfiber d e m mesenterio-axialen Volvulus ganz besonders charakteristisch ist, w61bt er dasse, lbe im R a u m z w i s c h e n 0 s o p h a g u s und D u o d e n u m h,ervor und w/ilzt sich dann nach vorn und links abw/irts fiber die kleine K u r v a t u r . Das ist der V o 1 v U 1 u s o r g an o - a x i a 1i s p o s t e r i.o r. Es gibt aber a u c h einen anterior, fiir welchen S p a n n a u s und B o u r c a r t A b b i l d u n g e n liefern. Speziell bei AdhS.sionen v o n d e r v o r d e r e n B a u c h w a n d zu der G e g e n d der groBen K u r v a t u r findet ein Heriiberw'alzen letzterer fiber die Vorderfl~iche des Magens auf- und fiber die kleine K u r v a t u r rfickwSrts statt. Haberer hat sich d a r a u f beschrSnkt, eine Einteilung vorzuschlagen auf G r u n d d.er g e n a u b e s c h r i e b e n e n und d u r c h g u t e A b b i l d u n g e n illustri.erten Eiille von B o r c h a r d t , Neumann und seinen eigenen. Es sc~eint uns aber, dab bei D u r c h g e h e n der einzelnen F/ille, wie sie in der L i t e r a t u r ni.edergelegt sind, es doch m6glich ist, wenigst.ens mit g r o g e r Wahrscheinlichkeit, alle etwas e i n g e h e n d e r b e s c h r i e b e n e n F,/ille in K a t e g o r i e n einzureihen. Diesen legen wir das Prinzip zugrunde, welches H a b e r e r aufgestellt hat. W a s noch wichtiger ist, es lassen sich auf G r u n d dieser Einteilung a u c h am L e b e n d e n , speziell w/ihrend der Operation, A n h a l t s p u n k t e gewinnen, wie wit in der Z u s a m m e n f a s s u n g zeigen werden, u m tiber die Verh/iltnisse und ginzelf/ille klar zu werden. Es ist uns das ein Grund, d u r c h m6glichst viele Skizzen unsere Auffassung zu kl/iren.
Ein Fall yon Magenvolvulus.
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Freilich darf m a n sich nicht auf vereinzelte A n h a l t s p u n k t e verlassen, da A u s n a h m e n v o r k o m m e n . Diese k 6 n n e n veranlaBt sein d u r c h starke D e h n u n g e n von Ligamenten, so des Lig. g a s t r o c o l i c u m in d e m bereits erw/ihnten B o r c h a r d t schen Fall. F e r n e r k6nnen a n g e b o r e n e o d e r e r w o r b e n e L 6 c h e r i n M e s e nt e r i e n das typische Bild triiben. Solche b e s t a n d e n in den Ffillen von H e r in e s und N i o s i mit o r g a n o - a x i a l e r D r e h u n g der groBen K u r v a t u r an der V o r d e r s e i t e des Magens aufw/irts. Endlich k 6 n n e n A d h/i s i o n e n das Bild des M a g e n v o l v u l u s triiben. Diese sind oft beschrieben. N e u e r d i n g s gibt B o u r c a r t 1) die S c h i l d e r u n g eines d e r a r t i g e n Falles y o n organo-axial.em Volvulus mit A b b i l d u n g (Fig. I 2 b ) . D e r untere Teil eines S a n d u h r m a g e n s (mit c h a r a k t e r i s t i s c h e m R 6 n t g e n b i l d ) war n a c h v o r n umgew/ilzt infolge V e r w a c h s u n g der Vorderfl~iche des Mag e n s d u r c h .eine kurze straffe V e r w a c h s u n g mit der Gallenblase. Die 52j/ihrige F r a u hatte schon seit d e m 16. L e b e n s j a h r e schwere s c h m e r z h a f t e Anf/ille v o n Magenkr~impfen g e h a b t . Sie wurde d u r c h M a g e n p l a s t i k n a c h H e i n e c k e- M i c k u 1i c z yon i h r e m S a n d u h r m a g e n und d u r c h die T r e n n u n g d e r Adh/isionen yon i h r e m Volvulus geheilt. W e s e n t l i c h ver/indert wird das Bild selbstverst/indlich a u c h d u r c h das V o r h a n d e n s e i n y o n T u m o r e n. P a y e r erw/ihnt einen Fall v o n g u t a r t i g e m T u m o r (Fibrom) und zwei lV[agencarcinomen, dazu k o m m t der Fall H a b e r e r. Die Pathogenese auf Grund des vorhandenen Literaturmat,erials zusammenfassend m 6 c h t e ich die F/ille von Magenvolvulus mit H a b e r e r in zwei H a u p t g r u p p e n einteilen : I. D e r m e s e n t e r i o - a x i a l e V o l v u l u s (vgl. hierzu Fig. 13 u n d 14) mit Achse a b in der R i c h t u n g des kleinen Netzes, welches mit d e m A n f a n g s s t i i c k des D u o d e n u m und d e m relativ verschm/ilerten Cardiateil des Magens den Stiel bildet, u m welcher sich der senkrecht zu diesem Stiel g e l a g e r t e Horizontalt,eil des Magens dreht. Die Achse g e h t dabei mitten d u r c h den M a g e n h i n d u r c h in der I) Revue de chirurgie, Paris I913, IO. Nov. Vergleiche eod. loco Aug. bis Okt. 19o8, N e r g r a s s a t tiber Volvulus ventriculi.
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Richtung v o n d e r kleinen zur grol3en Kurvatur. Dieser Volvulus ist die Hauptform. Ihr geh6ren an die F/ille B e r t i (?), D i n i (?), CollichonI (?), C o l l i c h o n II, B e r g I , L a n g e r h a n s (mit Adh~isionen und Sanduhrmagen), M a z z o t t i ( ? mit Sanduhrmagen), S a a k e (mit Tumor), D u j o n , W i e s i n g e r , P e n d l (?), Sinjuchin, Borchardt, Payer, Haberer, Kocher. I. Der mesenterio-axiale Volvulus zeigt zwei Unterarten. a) Die eine ist diejenige, bei welcher die Magenl/ingsachse im ganzen ihre normale Stellung a d beibehalten hat, schr~ig von links oben nach rechts unten (Fig. I3). b) Die andere ist die Form, bei welcher infolge yon Sanduhrmageneinschniirung gegen die Cardia zu der Hauptmagen eine horizontale Stellung eingeb nommen hat yon rechts nach links (Fig. 14). 0 Alle unter I erFig. 13. Volvulus mesenterio-axialis igewShnlicher Typus) bei Magenptosis. ab = mesente- w/ihnten F/ille geh6ren riale Drehungsachse schr/ig, cd=Dreh- dem Typus a an, bloI5 ungsrichtung des Pylorusteils tiber die Vord'erder Fall K och er fl/iche des Magens aufw~irts, e=Richtung, in (Sanduhrmagen) dem welcher der Magenfundus hinten abw/irts tritt, Typus b. f = kleines Netz, g = Lig. hepatoduodenale. 2. I n beiden Formen w/ilzt sich d e r v o r d e r e n Bauchwand entlang (Volvulus anterior) der Pylorusabschnitt tiber den Fundusabschnitt hertiber, bei schr/iger Magenl/ingsachse von unten rechts nach oben links, bei querer Magenl/ingsachse von rechts nach links. Der Fundus des Magens macht art der Hinterwand des Bauches in beiden F/illen die entgegengesetzte Bewegung, also im ersten Falle abw/irts und etwas nach rechts, im letzteren Falle nach rechts. In beiliegenden Fig. 13 und 14 sind die Drehrichtungen von Pylorusteil und Fundusabschnitt durch Pfeile angegeben.
E i n Fall y o n M a g e n v o l v u l u s .
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3. Bei schr/ig gestelltem Magen (Fig. 13) , der sich um eine s c h r / i g von oben rechts nach unten links gehende Achse dreht, geht der Pylorusteil nach vorn oben, und mit ihm wird das Lig. gastrocolicum und Colon transversum an der Vorderflfiche fiber den Magen in eine Schlinge heraufgezog, en (Volvulus anterior infracolicus). Nur wo das Lig. gastrocolicum (Fall Bo r c h a r dt) hochgradig sich gedehnt hat, bleibt das Colon transversum und
. . . . . .
f ........
e
..d
b Fig. 14. V o l v u l u s mesenterio-axialis ( T y p u s K o c h e r ) a b = m e s e n t e r i a l e Drehungsachse senkrecht, c d = D r e h u n g s r i c h t u n g d e r P a r s pylorica f i b e r die M a g e n v o r d e r f i / i c h e quer: n a c h . links, e = D r e h u n g s r i c h t u n g des F u n d u s a n d e r H i n t e r w a n d des A b d o m e n n a c h rechts, f = kleines Netz, g = Lig. h e p a t o - d u o d e n a l e .
grol3e Netz unten liegen: V o l v u l u s a n t e r i o r s u p r a - c o l i c u s . Bei quergestelltem Magen (Fig. ~4) dreht sich d.erselbe um eine s e n k r e c h t e kopffulSw~irts gehende Achse und der Ansatz des Lig. gastrocolicum, Colon transversum und grol3es Netz bleiben unten: V o l v u l u s anterior supra-colicus. 4. In beiden F~illen ist die V o r a u s s e t z u n g des Volvulus P t o s i s des Magens mi t D i 1a t a t io n. Dabei spielt ffir die ErDeutsche Zeitschrift f. Chirurgic. 127. Bd.
4~
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m6glichung des Volvulus die d u r c h die Ptosis v e r a n l a g t e M o b i li s i e r u n g des Anfangsstiicks des D u o d e n u m am Pylorusansatz die Hauptrolle. In den F i g u r e n ist dieselbe a n g e d e u t e t d u r c h die Abw/irtszerrung des Anfangsstticks .des D u o d e n u m bis zu d e m s t r a m m e n Lig. gastro-duodenale und d u r c h die Abw/irtsverschieb u n g des Pylorus. 5- Als a u s 16 s e n d e M o m e n t e sind zu n e n n e n beim sog. ,,idiopathischen" Volvulus ( P a y e r ) energische Muskelkontraktionen (Hypermobilit/it) des Magens infolge der erschwerten E n t leerung und dazu rein mechanische Einfliisse der L a g e und des -0bergewichts des Pylorusteils in b e s t i m m t e n L a g e n und Fiillungszust/inden.
F
. . . . . . . . . .
x
g
Fig. x5. Volvulus organo-axialis posterior, ab = Drehungsachse, cd = Drehungsrichtung der groBen Kurvatur hinten herurn gegen das kteine Netz iiber die kleine Kurvatur (Fall Neumann, Berg II, Delangre (?), hi = Drehungsrichtung der groBen Kurvatur vorne herum (Fall Niosi). II. Die zweite H a u p t f o r m yon Torsion des Magens ist der o r g a n o - a x i a l e V o l v u l u s , wo die D r e h u n g s a c h s e mit der L ~in g s a c h s e des Magens zusammenf/illt, also parallel der V e r b i n d u n g yore cardialen und pylorischen E n d e (Fig. 15 a b). Dieser seltenen F o r m geh6ren die FS.11e N e u m a n n, D el a n g r e (?) (nach P a y e r ) , B e r g II, N i o s i und B o u r c a r t an (Fall mit Adh/isionen als ursS.chliches Moment).
Ein Fall yon Magenvolvulus.
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6. A u c h der o r g a n o - a x i a l e Volvulus zeigt zwei Unterarten. Bet der ersten selteneren (Fig. I6) wird die grol3e K u r v a t u r auf der V o r d e r f 1/i c h e d e s M a g e n s heraufgew/ilzt u n d zieht den Ansatz des Lig. gastro-colicum v o r n aufw/irts bis fiber die kleine K u r v a t u r u n d mit d e m s e l b e n das Colon t r a n s v e r s u m und das grol3e Netz: V o l v u l u s anterior (infracolicus). Ihr geh6ren die F/ille B o u r c a r t und N i o s i zu, bet w e l c h e m a b e r die n a c h v o r n g e d r e h t e grol3e K u r v a t u r d u r c h ein L o c h des Omenturn minus tiber die kleine K u r v a t u r n a c h hinten tritt.
Fig. 16. Volvulus organo-axialis a n t e r i o r (Fall Bourcart). 7. Bet der hS.ufigeren F o r m - ' w i r d die grol3e K u r v a t u r n a c h hinten, entlang der hinteren Bauchwand, h e r a u f und n a c h rechts v e r s c h o b e n und h e b t von hinten das kleine Netz empor, zwischen Cardiateil und Duodenum sich auf die kleine K u r v a t u r l a g e r n d (vgl. A b b i l d u n g N e u m a n n, 1. c.). Ansatz des Lig. g a s t r o - c o l i c u m mit C.olon t r a n s v e r s u m und g r o g e m Netz w e r d e n a n der R f i c k w a n d des Magens in die H 6 h e gezogen: Volvulus posterior (infraeolicns). Fall N e u m a n n ist der a m klarsten b e s c h r i e b e n e und illustrierte. Bet Fall B e r g II tritt die grol3e n a c h rechts v e r s c h o b e n e K u r v a t u r von hinten d u r c h ein L o c h des kleinen Netzes. 8. Die E i n t e i l u n g der Ffille y o n M a g e n v o l v u l u s n a c h den Drehachsen n a c h d e m V o r s c h l a g von H a b e r e r gibt die 4o '::
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weitaus klarsten Anschauungen fiber den Mechanismus. Unser in seiner Art einzige Fall (mit senkrechter Kopf-Ful3drehungsachse) mit seinen einfachen Verhiiltnissen erlaubt auch diejenigen h/iufigsten Formen von Volvulus, bei welchen die mesenterioaxiale Achse von rechts oben nach links unten verl/iuft, auf die einfachsten Verh~iltnisse zuriickzufiihren. 9. Demgem/il3 ist am Operationstisch zuerst zu entscheiden, ob der Magen sich in seinem beweglichen Pylorusteil u m einen durch das gedrehte kleine Netz mit Duodenum und cardialem Magenabschnitt gebildeten relativ schmalen S t i e l gedreht hat, wobei bis jetzt stets das Duodenum fiber den cardialen Teil nach v o r n hinfiber gelagert war. Oder ob sich der Magen um seine eigene L/ingsachse herumgew~ilzt hat, wobei gar kein Stiel vorhanden ist, sondern der verlagerte Fundusteil (mit grol3er Kurvatur) z w i s c h e n Duodenum und cardialem Magenabschnitt zum Vorschein kommt unter VorwSlbung oder Perforation des kleinen Netzes. IO. Man mul3 festhalten, dab es bei m e s e n t e r i o - a x i a l e m V o l v u l u s stets der abnorm beweglicl~ gewordene Pylorusteil des Magens ist, welcher die Hauptdrehung ausffihrt, sei es vorn aufw/irts nach dem iV~agenfundus zu, welch letzterer nach rfickabw/irts ausweicht --, sei es, wie in meinem Ausnahmefall, vorn nach links hiniiber mit Ausweichen des Fundus des Sanduhrmagens hinten nach rechts her fiber. I I. Bei o r g a n o - a x i a l e m V o l v u l u s ist es die grofte Kurvatur, welche die Hauptdrehung zeigt, entweder hinten herum oder vorn heriiber fiber die kleine Kurvatur. 12. Die gewaltige Ausdehnung des Magens bei Votvulus betrifft im Gegensatz zur akuten Magendilatation nur einen Teil des Magens, denjenigen, welcher l o k a l e starke Dehnung durch Abschlul3 des Inhalts und freie EntwicklungsmSglichkeit erf/ihrt. Dadurch wird die Unterscheidung gegen a k u t e M a g e n d i l a t a t i o n aus anderen Grfinden (z. B. arterio-mesenterialer DuodenalverschlulS) erm6glicht. i 3. Mit Ausnahme unseres Falles und der F/ille N i o s i und H e r m e s , bei welch letzteren beiden je ein Loch im kleinen Netz oder der Mesoflexur bestand, zeichnet sich der Volvulustumor des
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Magens vor der akuten Magendilatation aus anderert Grfinden dadurch aus, dab er vom k 1e i n e n N e t z (Fall N e u m a n n) oder vom g r o 13e n N e t z (oder statt dessen vom Lig. gastro-colicum) bedeckt ist, dessen Faserverlauf und Gef/il3verlauf die Drehrichtung anzeigen. 14. Das C o l o n t r a n s v e r s u m geht bei beiden Hauptformen nach oben und lagert sich fiber den Tumor (bei der VarietSt, die B o r c h a r d t als V o l v u l u s i n f r a c o l i c u s bezeichnet). Der V o 1v u 1u s supracolicus in unserem und B o r c h a r d t s Fall ist eine Ausnahme. Aber es ist insofern ein gro13er Unterschied zwischen der mesenterio-axialen Drehung und der organo-axialen, als bei ersterer nur eine Schling'e der rechten Seite des Colon transversum nach vorn und oben fiber den Tumor gelagert wird und der abffihrende Schenkel mit der Unterseite des Yfagens nach links weiterzieht, dagegen bei dem organo-axialen das Colon in ganzer Breite sich auf den oberen Umfang der Magenschwellung lagert. Ich hatte Gelegenheit bei einer hochgradigen Magendilatation (Pat. Huber, I9. I. 1914) nach Laparotomie einen m e s e n t e r i o axialen Magenvolvulus gew6hnlicher F o r m kfinstlich herzustellen. Ich habe mich dabei yon folgendem fiberzeugt. Das Duodenum war, wie bei meinem Falle yon Frau Hugi, in die LS.nge gezogen (ca. 9 cm), abw/irts und zugleich etwas nach rechts schr~ig herfiber einmal durch das Gewicht des horizontalen Magenabschnittes und dann durch den Zug, den dieser in die Breite gedehnte Teil an seinem Pylorusende nach rechts erleidet. Das Lig. hepato-duodenale war gespannt, aber die Stelle liel3 sich nach der Seite gut verschieben. So waren Bedingungen geschaffen, welche eine Drehung des Pylorus vorn her fiber rzach links fiber den senkrechten Magenabschnitt zulassen. Ich konnte das auch ganz gut machen und den Fundusteil hinten abw/irts ziehen. Dabei zeigte sich nun, da13 die gro13e Kurvatur sich nach vorn richtete, die hintere Magenwand nach vorn sich drehte, ganz frei, indem die rechtseitige H~ilfte des Colon transversum samt Netz m i t dem Pylorusteil des Magens vorn r~ach oben verschoben wurde, und zwar i n S c h l i n g e n f o r m (Fig. 17) , so dab
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ein aufsteigender Schenkel entstand, dann eine scharfe Biegungin den absteigenden Schenkel abw~irts, welcher dann an die Hinterwand des Magens trat, um nach links unter dem Magen wieder zum Vorschein zu kommen und in der Richtung gegen die Flexura coli sinistra emporzusteigen. Eine solche Umschlingung kommt bei dem organo-axialen Volvulus nicht vor, da wird das ganze dem Magen anliegende Colon transversum nach oben entweder vorn oder hinten herauf geschlagen, ohne seine Hauptrichtung von rechts nach links I
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Fig. 17. Verhalten des Colon transverstim bei dem gew6hnlichen Typus des Volvulus mesenterio-axialis anterior mit schrS.ger Achse yon redlts oben nach links unten.
anders als durch die Auflagerung auf den oberen Umfang des Magens zu findern. Die F/ille von Volvulus infracolicus zeigen also zwei sehr verschiedene Typen beziiglich Verhalten des emporgezogenen Colon transversum. Mit den drei ]etzten Abschnitten haben wir das Gebiet der D i a g n o s e gestreift beziiglich F.orm des Volvulus. Anders die Frage der Diagnose .des Volvulus v o r der Operation. W e n n ich mir die Frage vorlege, ob es maglich w~re, in einem Falle wie dem meinigen, auger der wichtigen Annahme eines Volvulus die D l a g n o s e auf Magenvolvulus zu stellen, so fehlte mir blog, da[3 ice Gelegenheit gehabt h~itte, mich mit der Pathologie dieses Leidens zu besch/iftigen, um diese Frage bejahend zu 16sen. Der
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Fall war allerdings dringend und alas best5.ndige Jammergeschrei der Patientin nicht gerade dan.ach angetan, eingehende Er6rterungen fiber die Diagnose zu machen. Aber es bestanden Anhaltspunkte, welche reich in meinem n/ichsten analogen Falle veranlassen wiirden, an das vorliegende Leiden zu denken. Zun5.chst m6chte ich meine Zustimmung /iul3.ern zu der Annahme friiherer Autoren, dab der Magenvolvulus h5.ufiger ist, als es nach den bisherigen Beobachtungen ersch.einen diirfte. Ich habe oben schon hingewiesen darauf, dab bei unserem Falle wie bei der Mehrzahl der friiheren in Pausen yon vielen Jahren Erscheinungen voraufgegangen sind (Fs.11e yon R e h n , B o r c h a r d t, N e u m a n n, uns.er Fall), bei denen man daran denken daft, dab einzelne Anf5.11e auf M.agenvolvulus gelinderen Grades beruht haben m6gen, der sich yon selbst zuriickbildete. Bei solchen Anfs.11en miissen die Symptome entsprechend weniger perakut und in weniger intensiver Auspr5.gung auftreten, aber die Diagnose diirfte auch da sich machen lass.en, s o b a l d m a n an das Vorkommen des Magenvolvulus d e n k t und genau untersucht. N e u m a n n macht in sehr zutreffender Weise aufmerksam, dab von P e 1 beschrieb.ene FS_lle a k u t e r n e r v 6 s e r G a s t r a l g i e mit v611ig freien Intervallen von Monaten und Jahren sehr wohl an die M6glichkeit von Magenvolvulus denken lassen. Ebenso die F5.11e von t 6 d l i c h e r a k u t e r Magendilat a t i o n, postoperativ oder idiopathisch, bei welchen eine geniigende Erkl5.rung bei der Autopsie sich nicht land, ev. ein arterio-mesenterialer duodeno-jejunaler Darmverschluf5 angenommen wurde oder (nach F r 5.n k el) sich eine Vertikalstellung des Magens mit herabgezerrtem Pylorus fand (vgl. zu letzterem unsere Abbildung) ; endlich auch die gelegentlich t 6 d 1i c h e n F 5.11 e von Erbrechen nach schwerer Mageniiberladung, da letztere eine wichtige Disposition zum Volvulus (bei Magendilatation) bildet. Das Bild, welches der Patient mit vollentwickeltem Volvulus ventriculi bietet, ist das eines I l e u s . Es kann durch Schmerzen, Ubelkeit, Unwohlsein eingeleitet sein, verschlimmert sich aber pl6tzlich. W o e s subakut oder chronisch verls.uft, ist die Diagnose um so leichter. Wie bei jedem Ileus mug man eine P e r forationsperitonitis ausschalten k6nnen. Dieses schien uns
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nun nicht schwieriger zu sein, als bei dem gew6hnlich mit DarmverschluB einhergehenden Ileus. Der Ileus war charakterisiert durch das pl6tzliche Einsetzen bz:w. Verschlimmerung der Beschwerden unter h e f t i g e n S c h m e r z e n mit dem Charakteristikumanfallweiser bedeutender V e r s t ~ i r k u n g bis zur Unertrfiglichkeit. Bei Perforationsperitonitis fehlen diese ausgesprochenen Kolikanfiille. Der zweite Punkt, welcher gegeniiber Perforationsperitonitis den Unterschied kennz,eichnet, ist die r a s c h e i n t r e t e n d e s t a r k e A u f t r e i b u n g bei Magenvolvulus. Bei Perforationsperitonitis ist im Gegenteil, sowohl b ei Magen- als Darmperforationen, das Abdomen im Anfang eingesunken bzw. eingezogen. Das ist ein sehr scharfer Unterschied. Der dritte Punkt ist die objektive Schmerzhaftigkeit bzw. der Druckschmerz, welcher einen v611ig abweichenden Charakter hat. In unserem Falle war der Unterschied der h6chst intensiven Spontansehmerzen gegeniiber der Gelindigkeit des Druckschmerzes sehr aufffillig. Das zeigte sich schon darin mit aller Deutlichkeit, dab die Patientin bei Schmerzanf/illen sich im Bett herumwfilzt.e. Das habe ich bei Peritonitis nicht gesehen. D e r Druckschmerz ist auff~illig gering bei Magenvolv u l u s . Soweit solcher vorhanden war, erschien er nicht auf eine bestimmte Stelle so entschieden beschr/inkt, wie dieses bei Perforationsperitonitis Regel ist. Was mit letzterem iibereinstimmte, das war der e r h e b i i c h e C h o k , welcher die intensiven Schmerzen begleitete. Die Patientin bot ganz wie bei pl6tzlich eintretender Peritonitis Kollapssymptome dar mit Kiilte, frequentem kleinen Puls, Brechreiz. Wir kennen denselben aber auch bei Gallen- und Nierensteinkoliken, so dab trotz dieser .~hnlichkeit der Kollapssymptome eine Perforationsperitonitis nicht annehmbar schien. Der Assistent, welcher den Patienten nach Auftreten der ersten intensiven Erscheinungen beobachtete, hatte an a k u t e Pankreatitis gedacht wegen der Intensit./it der spontanen Schmerzen und i~amentlich auch wegen der Lokalisation derselben nicht NoB im ~pigastrium, sondern besonders auch im R ti c k e n. Man betrachtet die Intensit~t der Schmerzen und ihre Lokalisation im Rficken unter Zutreten yon Kollapserscheinungen als charak-
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teristisch ffir Pankr,eatitis acuta. Allein es fehlte hier die intensive Druckempfindlichkeit im Bereich des Pankreas; andererseits ist die rasche starke B1/ihung des Abdomen mit Spannung einer Pankreaserkrankung nicht eigen. Ist einmal klar, dab Ileussymptome vorliegen und nichr die Symptome einer akuten umschriebenen Ent~ziindung im Abdomen als Folg,e akuter Organent.zfindungen speziell von Perforationen, so ist die Hauptfrage diejenige der Bestimmung des S i t z . e s d e s I l e u s . Die r a s c h e u n d h o c h g r a d i g e Auft r e i b u n g d e s A b d o m e n liiBt nicht an jede beliebige Form der inneren Einklemmung denken, es mug eine solche sein, welche rasch einen v611igen Abschlul3 des Darm- oder Mageninhalts herbeiffihrt mit .akuten Zirkulationsst6rungen in akuten F/illen. Letztere treten auch auf bei arterio-mesenterialem Ileus mit akuter Magendilat.ation, bei Embolie der grofien Mesenterialarterien, bei Strangulation innerer Hernien, bei Invagination, Darmvolvulus. In allen diesen F~llen kann hochgr.adiger 1o k al:e r Me t e o r i s m u s auftreten. Die wichtigste Frage ist also die : Kann man durch irgendeinen Anhaltspunkt entscheiden, ob der Magen Sitz lokal.er Auftreibung ist oder nicht ? Dieses scheint uns m6glich. Akute Magenbl/ihung gibt einen so g ro13 e n u mschrieb.enen tympanitisch schallenden T u m o r , dab der Gedanke auftauchen mu13, dab ;es sich um .den Magen handelt. Ist vollends der Sitz des.selben die Magengegend, so ist die Entscheidung noch 1.eichter gemacht. Der Dickdarm kann noch am ehesten .eine so gewaltige Ausdehnung darbieten, dab man fiber den Sitz im Zweifel sein kann, besonders wenn bei hochgradiger Ptosis (in unseremFalle reichte der Magen bis zur Symphyse) der gedehnte Magen tiefer sitzt, statt links oben rechts in oder unter Nabelh6he. In unserem wie in. N e u m a n n s Fall lag der Tumor rechts, ganz oder teilweise unterhalb des Nabels, bei H e r m e s in der Mitte des Leibes. In solchen F/illen kann der v.on uns beobachtete intensive R ii c k e ns c h m e r z, in anderen eb,ens.o das von P a y e r erw/ihnte Fauresche Symptom ( d o u l . e u r t h o r a c i q u e ) fiir die Diagnose entschiedenen Wert bekommen. P a y e r s Patient lokalisierte den Schmerz in der Herzgegend als heftigen Druck, d e r den Thorax zu sprengen drohte. Ob es sich um blo13e Druckwirkung auf das Herz
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handelt, scheint uns fraglich. Den heftigen R~ickenschmerz in meinem Fall mSchte ich auf die Stielzerrung beziehen im Bereich der hinteren Bauchwand. Ob Sch/idigung des Plexus solaris mit dem Schmerz und den auff/illigen Chokerscheinungen etwas zu tun hat, w~re zu untersuchen. DaB das Herz in auff/illiger Weise durch das emporgehobene Diaphragma, und zwar nach links (S i n i s t r o c a r d i e) verschoben werden kann, belegt P a y e r mit B e r g s erstem und seinem eigenen Fall. Dazu kommt nach P a y e r Erschwerung, schlieBlich Unm6glichkeit des S c h l u c k e n s mit Regurgitation der Speisen und f r u c h t l o s e Wiirgbewegungen (yon P a y e r nicht ganz zutreffend als fruchtloser Singultus bezeichnet). Wichtiger als dieses aber scheint mir das Result.at der Sondenuntersuchung des Mag.ens zu sein (auf welcl~er D u j o n, S pi v a c und B o r c h a r d t aufmerksam mach.en) und, worauf ich besonderen Wert legen mSchte, das Ergebnis der Perkussion des Tumors bei Lagewechsel. Die S o n d e n u n t e r s u c h u n g kann das charakteristische Resultat ergeben, dab trotz der Brechneigung und fruchtlosen Wtirgbewegungen k e i n M a g e n i n h a l t entleert w e r d e n k a n n , obschon .die Sonde gem/if3 der L/inge der Einfiihrung im Magen zu liegen scheint. Die Erklfirung der genannten Autoren ftir dieses Leiden, dab n~imlich~ durch die Drehung der Mageneingang verschlossen sei, scheint die zutreffende zu sein, sei der VerschluB am Obergang des 0sophagus in die Cardia oder weiter unten. Bei Verwertung der Sondenuntersuch'ung hat man n~mlich daran zu denken, dab in einer rdativ grof3en Anzahl von Magenvolvulusf/illen ein S a n d u h r m a g e n vorlag. Bei Sanduhrmagen, bei welchem der Volvulus die cardiale Tasche relativ unbeteiligt 1/iBt, da die Drehung an der verengten Stelle sich macht, ist es m6glich, ein geh6riges Quantum Fltissigkeit aus dem Magen zu entleeren. In unserem Falle wurden durch die Sonde aus der Cardiatasche I1/2 Liter congopositiver Fltissigkeit mit Sp.eiseresten entleert, ohne dab Form oder Spannung im Tumor nachtieBen. An die M6glichkeit muB man also denken bei Stellung der Diagnose, dab bei Sanduhrmagen scheinbar der Magen entleert werden kann ohne Verfinderung im Bilde (abgesehen von
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momentaner Erleichterung), weil der Pylorusmagen allein Sitz des Verschlusses ist. Aber gerade da bleibt als Anhaltspunkt noch das oben schon erw/ihnte Z e i c h e n d e s E i n f l u s s e s d e s L a g e w e c h s e 1s auf die objektiven Erscheinungen, speziell auf das Perkussionsergebnis. Die Magentiberfiillung ist, wie bei Besprechung der Pathogenese erw~hnt, ein wichtiges Moment bei Entstehung des Magen ~ volvulus. Nun kann man schon bei jeder starken Magendilatation, wenn der Magen geftillt ist, das charakteristische P1Mscherger~iusch hervorrufen und konstatieren, dal3 der Magen zum Teil mit Gas, zum Teil mit Fliissigkeit angefiillt ist. Um so mehr l~il3t sich bei der einen Volvulus begleitenden hochgradigen Ansammlung yon Fliissigkeit und Gas ,erwarten, dab man das P 1/i t s c h e rg e r / i u s c h hervorrufen kann. Aber wichtiger als dieses ist die M6glichkeit des Nachweises, dab in einem grogen Hohlraum, der mit Fliissigkeit und Gas gefiillt ist, d a s F 1ii s s i g k e i t sn i v e a u je n a c h K 6 r p e r l a g e seine Grenzen wechselt. Die fliichtige Skizze (Fig. I) zeigt, dab man bei dem grogen lufterfiillten Tumor, welcher die rechte Bauchseite fiber die Mittellinie nach links heriiber bis zum Rippenrand ausfiillte, sowohl das hippokratische Sukkussionsger/iusch als die Fiillung mit Luft und Fliissigkeit nachweisen konnte bei Perkussion. H~itten wir uns vor der Operation mehr Zeit gelassen, dieses Verh/iltnis bei Lagewechsel zu studieren, so wiirde uns wie nachtr~glich bei der Operation die Verschiebung der Fliissigkeit in dem grogen Hohlraum belehrt haben, dab es sich nicht um den Dickdarm handeln konnte (in diesem kommt es nicht zu hochgradigen Fliissigkeitsansammlungen), sondern blo13 um den Magen. Ich glaube sogar, man darf sich in ein.em Falle, wie demjenigen yon N e u m a n n, yon der Ansammlung reichlicher Fliissigkeit in dem gebl/ihten Tumor leiten lassen zur Annahme einer Magenbl~ihung, wenn relativ wenig Gas vorhanden ist. Therapie. Zur T h e r a p ie des Magenvolvulus haben wit nur folgendes zu bemerken: Es ist wiinschenswert, bei der Laparotomie einen geniigend langen Schnitt, zumal hoch hinauf (je nach Lage des Tumors) zu machen, um Klarheit in die Situation zu bringen.
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Denn dariiber kann man kaum im Zweifel sein, dab in den F/ilten, wo sich Schwierigkeiten bei der Rep.osition ergaben, haupts/ichlich die mangelhafte Orientierung fiber die Lageverh/iltnisse schuld war. Zumal wenn der Magen nicht direkt vorliegt, sondern bedeckt vom grol3en oder kleinen Netz, vom Lig, gastrocolicum oder Mesocolon transversum, k6nnen Zweifel auftreten. Wir haben aber hervorgehoben, dab die Lage des grol3en Netzes und der eben erw/ihnten anderen M.esenterialverbindungen neben der Art der Nachschiebung das Colon transversum ganz besonders gute Anhaltspunkte gibt, um tiber die Natur des Volvulus sich zu ,orientieren. Zumal die Lagerung des Lig. gastrocolicum und grogen N.etzes r~ach hinten oder nach vorn geben wichtige Aufschliisse. Diese Teile liegen bei dem h/iufigsten m e s e n t e r i o- a x i a 1e n Volvulus anterior infracolicus, zum Teil auch bei dem ausnahmsweisen supracolicus v o r n auf der Magengeschwulst, dagegen bei dem o r g a n o - a x i a l e n Volvulus, wenigstens seiner h/iufigen Form (Volvulus post,erior infracolicus) sind sie auf der R tic k f 1./ic h e in die H6he gezogen. Nur bei Fall N i o s i und B o u r c a r t lag das Lig. gastro-colicum und groBe Netz vorn (Volvulus anterior infracolicus). Die R e p o s i t i o n kann dutch Komplikationen mit Tumoren (F~ille B e r g II, S a a k e ) oder mit Adh/isionen ( L a n g e r h a n s , Ma z z o t t i, Bo u r c a r t usw.) erschwert sein und mtissen letztere zuerst getrennt werden. Sonst aber geht die Retorsion relativ leicht vor sich. Blog die zu starke Ausdehnung des vorliegenden Magenstticks kann noch ein Hindernis abgeben, und so haben mehrere Chirurgen es n6tig gefunden, zuerst den Magentumor durch Punktion oder Incision zu entleeren.. Wir konnten mit der gr6Bten Leichtigkeit die Retorsion ausftihren nach 2:/~ Stunden Dauer. Eb.enso kehrte der Magen bei P a y e r nach 7 Stunden blitzartig schnell, man m6cht.e sagen mit Vergnii~en ill seine alte Stellung zurfick. Ein Handgriff, der sich zur Reposition besonders b ew/ihrt hat, ist der Z u g a m Ne t z oder Colon transversum, welcher die Riickdrehung erleichtert. Man braucht dann NoB noch einen direkten Druck auf die vorliegende Magengeschwulst auszutiben. Nach der Reposition stellt sich die Aufgabe der Behandlung des Grundleidens. Abgesehen Yon Trennung von Adh~isionen vor
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der Retorsion und Excision yon Tumoren handelt es sich in erster Linie um Beseitigung von ev. Sanduhrmagen, Bek/impfung der Ptosis und der Dilatation und deren Ursachen. Ob man diese Eingriffe sofort ausfiihren wird und in welcher speziellen Weise h~ingt vom Allgemeinbefinden der Patienten und von den lokalen Anomalien im Einzelfalle ab. Da die abnormen Zust~inde, welche zu Volvulus des Magens fiihren, in der Regel sehr hochgradig ausgepr~igt sind, so ist es schon wiinschenswert, mit deren Beseitigung nicht lange zu z6gern. Wir sahen uns gen6tigt, sehr bald nach der ersten Operation zur Gastrojejunostomie zu schreiten und mufften nach dieser uns noch zur Beseitigung der Verengerung des Sanduhrmagens entschliegen. Fiir letztere entsprach die L~ingsspaltung mit Quernaht sehr gut, fiir erstere ergaben sich in der ungew6hnlichen Dicke der Magenwand gewisse Schwierigkeiten. Es scheint mir wiinschenswert, die letzteren in /ihnlichen Fallen dadurch zu verringern, daft man die Y-Methode von R o u x w/ihlt, weil der End-zu-Seit-Einsatz des Darms in den Magen sichereren Abflug gew/ihrleistet. \Venn wir unter Beiseitelassung der F~ille von Magenvolvulus bei Zwerchfellhernien zu den 26 F/illen yon H a b e r e r noch denjenigen yon B o u r c a r t 1) und unseren eigenen hinzufiigen, so haben wir 28 F / i l l e mit 17 O p e r a t i o n e n und 13 H e i l u n g e n . Unter diesen F/illen yon Magenvolvulus befinden sich nicht weniger als 7 S a n d u h r m a g e n , da zu den 5 yon P a y e r a.ufgefundenen noch derjenige yon B o u r c a r t und yon K o c h e r hinzukommt. I) Revue de chirurgie, Nov. 1913. Paris.