(Aus der Oto-laryngologischen Klinik der Universiti~t ttelsinki [Vorstand: Prof. Dr. Y. Meurman].)
~Ein Fall yon Plasmozytom der oberen Luftwege. Von
Erkki Saarni, A s s i s t e n t der ti:linik.
Mit 4 Textabbildungen.
(Eingegangen am 20. April 1933.) Tumorartige Gebilde, die entweder ausschlieSlich oder zum gr5B~en Teil aus Plasmazellen entstanden sind, heiBen Plasmozytome (Ito/[mann). Die in der Litera~ur erw~thnten Plasmozytome sind hgufig, yore Knochenmark ausgehend, in den Knochen lokMisiert und multipel gewesen. Ein in dieser Form vorkommendes Plasmozytom ist als Myelom zu betrachten (Ascho H, Klemperer, Lubarsch, Mieremet). Zum Unterschied yon den Myeloblastmyelomen werden diese Gebilde als Plasmazellenmyelome bezeichnet (Sternberg, McCallum). Verschiedene Forscher m5chten jedoch die Myolomzellen nicht in verschiedene Gruppen einteilen (Wallgren, Zade/c und Lichtenstein). Nach ihrer Ansicht sind die Myelomzellen keine typischen Knoohenmarkszellen, sondern deren unreife Formen, die noch nicht vollstgndig differenzier~ sind, oder aber spezielle, aus dem Knochenmark stammende Tumorzellen. Man kann dieselben also weder Ms Plasmazdlen noch als Myeloblasten ansprechen. Die genannten Autoren gebrauchen die Bezeichnung ,,Myelomzelle" fiir diese Zellen. Viele Forscher haben indessen sichere Plasmazellenmyelome fests~ellen kSnnen. Die Plasmazellen bilden sich nach der heutigen Auffassung aus Gewebslymphozyten (Unna, Marchand, Schridde, Joannovicz). Schon in dem normalen Knochenmark kommen Lymphozy~en und Plasmazellen vor (iVaegeli, Vogt, Ma/csimov), im hSheren Al~er wandeln sich auSerdem die Lymphozyten hgufig in Plasmazellen um (Schridde). Die Plasmazellenmyelome sind also ihrer Histogenese nach lymphozytgr, und sind hierdurch yon den Myeloblastmyelomen zu unterscheiden (Bross). In manchen Fgllen ist es natiirlich schwierig zu bestimmen, zu welcher Gruppe ein Myelom gehSrt. Es kSnnen mehrere verschiedene Zellformen darin vorkommen, und man vermag nich~ zu sagen, welche yon diesen die vorherrsohende is~.
Ein Fall yon Plasmozytom der oberen Luftwege.
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In der Literatur sind aueh F~lle publiziert worden, in denen ein Plasmozygom als isolierter Tumor aufgetreten |st. Solehe Tumoren sind sowohl im Skelet als aueh auBerhalb desselben angetroffen worden (z. B. Schridde, Bolt, Klose, Hedinger, Martinotti). Von den letzterw~hnten FSfflen haben mehrere die oberen Luftwege betroffen. Doeh hat man zwisehen den lokalen Plasmozytomen und den multiplen Plasmazellenmyelomen keine sehnrfe Grenze ziehen kSnnen. Es gibt F/~lle, wo sieh ein lokales Pl~smozytom, aueb nu~erhalb des Skeletsystems in ein multiples Myelom umgewnndelt hnt, und umgekehrt kSnnen im Zusammenhang mit einem multiplen Myelom auch Pl~smozytome aul3eI'hnlb des Skelet, systems vorkommen (Jack,son, Parker und Bether~,). Noc]~ ~st nicht gekl~rt, was ffir eine KrnTtkheit das Plasmozyt,om is~,. Manche Forscher hnben (tie isolierten Plnsmozytome Ms entziindliche (]ebihle angesprochen (doan~wvicz, Kau/'ma)~n, Hedi~ger, Martinotti). Boil und v. Werdt nahmen yon ihren Fiillen an, dnB es gutartige Gesehwfilste gewesen w~tren, weil sic loka| und mtbedingt gutnrtig nuftr~zten. Schma'us, tlibbert, Abril:o,~ov und Kahlma~nn gIauben im Zusnmmenh~mg mit, 5{yelomen eine aggressive Wachstumsweise m~d Metnstnsen beobnchtet: zu hnben (Zade~: und Lichtenst(in). In(lessen mn(ht L~barsch darnuf ~mfmerksnm, (b~I.~ es sieh dabei vielleicht, lmr um eine Inultiple Wa,('himmsweise, nicht abet um eine metast~tische Ausbreittmg handelt. Lymphozyt(m, L(mkozyl(m und Plnsm~zellen linden sich in nllen (~ewebcn, so dn[.~ z. B, beim Vorkommen eines l~l~tsmozyt.oms im Skelet itlmliche Oebilde auch an ~m(teren Ste|len, IflClH~ als 3]e,t.~st~s(,m, son(lern als Systemerkrankung, entstehen kSnnen. Die meJsten Forscher fassen denn nueh dns Mye/om nls eine r Hyi)erplasie des blut,bildc'nden (lewebes auf (L'~b(zr,vch, Pappenheim, Hir,s'chjddt, Nte~,b(,rg, O~'th, E. Frei,nZ~cl, HailermaTin). 1)ieselbe entsteht, nicht ausschlieglich in den blut, bildenden (leweben im Kno(~heninnern, sondern auch in den entsprechendeI~ Geweben nuiJel'hMb des Skeletsystems. Viele Forschec betonen anch die nnhe Verwandtsebaft der Myelome mit den Leukfimien, zumal mit deren a/eukiimiseben Formen (Pappenheim, Naegdi, Lubars'ch, Miereme O. Hdly reprfisentiert einen vermittelnden St~mdpunkt, Er h~ilt (Ins Myelom fiir einen gutnrtigen Tumor und ~ergleicht es mit anderen, in gewissen Oi'g~msystemeli vorkommenden tumornrtigen Gebilden, z. I~,. den Neurofibromntosen. Die Plasmozy~ome bilden me|st seh~u'f begrenzte Tumoren, (lie sogar eine J3indegewebskapsel hnben k6nnen. Die Konsistenz der Tumoren |st entweder we|oh oder derb elnstisch. Die Fnrbe vnriiert yon Grau bis GrnuroL Die Schleimhaut nuf tier Oberfl~ehe des Plasmozytoms |st h~ufig intakt, bisweilen ulzeriert und granuliert dieselbe. Die Plasmozyt,ome wnchsen gew6hnlieh expansiv und zers~6ren die umgebe,nden Gewebe, insbesondere den Knoehen. Gelegentlich |st (Ins Vfachstum infiltrierend. Wenn es im Knochenmark lokalisiert |st, zerst6rt dns
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Plasmozytom den Knoohen hoehgradig, die Spongiosa schwindet und die Rindenschieht wird paloierartig dfinn, stellenweise brtichig. Der Knochen wird auf diese Weise welch und sprSde, wodurch sich die Spontanfrakturen erkls Es erkranken viel haufiger Mgnner als Frauen an dem Leiden, das in der Regel erst nach dem 40. Lebcnsjahre, am haufigsten bei 40--70jghrigen vorkommt. Kliniseh tritt die Krankheit sowohl gut- als bSsartig auf. Zu der ersteren Gruppe gehSren die lokalen Plasmozytome. Einen Teil derselben hat man in tote entfernen kSnnen, wonach vollstandige Heilung eingetreten ist. Die Beurteilung der Gutartigkeit kann indessen groi3e Schwierigkeiten mit sieh bringen. So trat ja die Krankheit in dem Fall yon Jackson, Parker und Bethea zun~tehst in der linken F~aehenmandel, 1 J a h r spgter auf der rechten Seite des Rachens ~uf. Naeh Entfernnng der Geschwiilste trat anseheinend Heilung ein, aber 3 Jahre nach der ersten Operation bildete sich ein Plasmozytom in der rechten Tonsille nnd 81/2 Jahre nach Beginn der Krankheit entwiekelte sieh ein multiples Plasmazellenmyelom. ~hnliehe Fglle sind auch sonst in der Literatur erwghnt. Die 5rtlichen Plasmozytome kSnnen auch nach der operativen Entfernung ]okal rezidivieren, bisweilen sogar mehrmals (Wachter). Die systematisierten Plasmozytome (Kau/mann) oder multiplen Plasmozytome sind bSsartig. Ihr kliniseher Verlauf ist vollstandig der gleiche wie derjenige der Myeloblastmyelome. GreBe allgemeine Schwache, Kaehexie oder Lungen- und Herzsymptonle ftihren zunl Tode. Letzterer erfolgt gew6hnlieh binnen 1--2 Jahren, gelegentlieh erst naeh Verlauf yon l0 Jahren (Jackson, Parker und Bethea). Das Krankheitsbild wird beherrscht yon den Myelomsymptomen: den Sehmerzen, der Bildung yon Knoehengesehwtilsten, den Spontanfrakturen und dem Bence-Jonessehen Eiwei~k6rper im Urin. Die Schmerzen sind entweder konstant oder exazerbierend oder sic treten in verschiedenen langen Intervallen, oft ausstrahlend, auf. Manehmal bilden sich Verdiekungen und H6cker an den Knochen, die druckempfindlich sind. Entweder spontan oder unter der Einwirkung einer geringen aul3eren Gewalt entsteht eine Fraktur an der Ste]le des Myelomherdes. Die Frakturen k6nnen grol3e Deformationen am Skelet nnd iible Kompressionsmyelitiden hervorrufen. Die Frakturen haben jedich eine groI~e Heilungstendenz (Ritter). Der Benee-Jonessehe Eiweii]k5rper fallt im sauern H~rn bei einer Temperatur von 500 aus, um sieh beim Kochen wieder zu 16sen. Aul3er bei den Myelomen, we er zwar durchaus nieht immer vorkommt, finder es sich selten auch bei der chronischen ]ymphatisehen Leuks und im Zusammenhang mit Knoehenmetast~sen b6sartiger Gesehwtilste. Nur in seltenen Fallen yon Plasmozytom sind Blutuntersuehungen angestellt worden. Die Anzahl der roten BlutkSrperehen ist hierbei fast normal gewesen, nur in ein paar F~Lllen hat eine st~rke Anemic bestanden (Gluzi;~ski und Reichenstein, Miiller und McNaughton). In
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der Zahl und Art der weigen BlutkSrperehen sind ebenfalls nur selten Ver~nderungen v o r g e k o m m e n . Die Anzahl der weigen Blutk6rperehen is~ in den F~tllen yon Gluzi~slci und Reichen~tein, Mi~ller und MeNaughton (2 F/~lle) und Piney und Riaeh bedeutend erh6ht gewesen. Gleiehzeitdg fanden sieh aueh Plasmazellen im Blu~. Well die P l a s m o z y t o m e , zumM die in den oberen Luftwegen v o f k o m m e n d e n , tufters6 selten sind, is6 es wohl mogiviert, den folgenden an unserer Klinik behandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . t,en F a l l y o n m u l ~ i p l e m P b ~ s m o z y t o m zu p u b l i zieren.
H. |3., 39j~ihriaer l,~mdwirt (Nr. 661/1930), wurde am 5.12.30 zur ]~ehandlung in (lie Klinik aufgenommen. Patient weig niehts davon, dal3 besondere Krankheitsneigungen in dec Familie vorgekommen w~i'en. Er selbst ist vor seiner jetzigen Erkra.nkung imm(t, gesund gewesen. Etwa 2 Jahre hm# isi die Nase des Patienien w~llk~mnwn versh>pfi g(wesen und reiehlieh S~hleim heraus~ekommen. Schm( rzen hat er nieht gehabt, nut bis+ weilen eine gewisse Schwere im Kopf empfunden. Vor ]l/e ,lahren fing das reehte Auge a n , nac/t augen und naeh der Seite vorzuquellen. (~leiehzeitig nahm die Sehsehfirfe des reehten Auges abb. l. etwas ab, keine il)oppelbilder. Im Fr[ihling 19"30 wurde im Bezirkskrankenhaus zu Waasa tin ,,Polyp" aus dem reehten Nasengang entfernt. Patient konnte danach eine Zeitlang dureh die Nase atmen, aber bald verstopfte sieh die Nase wieder. K o m m t auf Anraten des Kommunalarztes in (lie Ktinik. Ist vollstiindig arbeitsf/~hig gewesen, h~t in letzter Zeit vielleicht etwas abgenommen. K6rperbau des Patienten ziemlich sehw~chlieh. Subkutanes Fettgewebe etwas reduziert, i m allgemeinen keine vergrdgerten Lymphdriisen. Temperatur 36,6. Lungen, Kreislaufs~ and Atmungs+ organe 0. Wa.l{. --. Urin klar, sauer, Alb. , Nyl. -, lq(~)Tce-,Jonesscher Eiweigk6rper (Probe)-+. In der linken oberen Sehliissetbeingrube fiihlt man eine etwa pflaumengroge, derbe, unebene, bewegliehe (]esehwulst. I)as reehte Auge ist etwas naeh vorn und naeh der Seite vorgetrieben, l m lnnenwinkel der reehten Augenh6hle an der Nasenwurzel ein kleinfingerkuppengroger, an der Unterlage haftender, derber H6eker. Nasenform o . B . Der mittlere Tell des Nasenseptums etwas nach reehts deviiert, l{eehter Nasengang ziemlich eng, Schleimhaut ger6tet und leieht blutend. I)er vordere Absehnitt des linken Nasenganges in 2 cm Limge weiter als normal. Von hier ab naeh innen ist der Nasengang yon einem Tumor erfifllt,
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der sich nieht bis ganz an die Unter- und Augenwand des Nasenganges erstreckt. Die Tumoroberfl~ehe ist h6ekerig, grau, s~ellenweise graurot, bei Beriihrung leieht blutend. Die Gesehwulst ftihlt sieh weieh-elastiseh an. Auf ihrer Oberfl~ehe etwas Eiter. D u t c h keinen yon beiden Naseng~ngen streieht Luft beim Atmen. Bei der t~etrorhinoskopie bemerkt man, dag beide Naseng~nge dureh einen Tumor obturiert sind. I m Raehen niehts Besonderes. ]~eim A b t a s t e n des Sch~dels gewahrt man, dab die Oberfl/~ehen des Stirn- und des Seheitelbeins uneben sind. Auf der RSntgenaufnahme des Sch~dels (5. 12.30) sieht man, projiziert auf den unteren A b s e h n i t t der reehten Orbita, eine dunklere Stelle. Die Konturen des
Abb. 2. Unterrandes der rechten Orbiga sind sehr undeutlieh, ebenso, wenn aueh in geringerem MM~e, diejenigen des Unterrandes der linken AugenhShle. Beide Siebbeingegenden sind besehattet, die reehte Stimh6hle ist deformiert. I n dem Seh~delknoehen erkennt man unregelm~fJig runde, stellenweise zusammenflieI~ende Aufhellungen yon 1--2 em Durehmesser (Abb. 1). Naeh der R6nt.gendiagnose riihren die Knochenver~nderungen yon Tumormetas~asen her. Da begriindeter Verdaeht bestand, dM~ solehe aueh an anderen Teilen des Skeletes vorlggen, wurden die l~umpfknoehen r6ntgenpho~ographiert (22. 12. 30). ttierbei wurde folgendes konstatiert- I n den Thoraxknoehen: auf der reehten Seite, im Sehliisselbein und in der 1. l~ippe Aufhellungen, an der 5. ]~ippe Sehleimhautauftreibung und Aufhellung, an der 7. Rippe Periost aufgetrieben, der Knoehen in ihrem Innern aufgehellt und u m diese Stelle eine ovale Besehattung, in der 9. und 10. l~ippe finder sich je eine Stelle, wo der Knoehen strukturlos is~ und die X o n t u r e n ungleiehm/~Big sind. Auf der linken Seite sind das Sehltisselbein und die 1. t~ippe verdiekt (Ver~tnderungen infolge yon Knoehenbriiehen), in der 2./~ippe ein kleiner Substanzdefekt, desgleiehen in der 7./~ippe, in der 9. und 10. I~ippe gtmliehe Ver/~nderungen wie auf der recht.en Seite. Neben der Aorta sieht m a n einen Drfisenschatten (Abb. 2). I m
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Brustbein, in den Schulterbl~ttern u n d in den Beckenknochen werden keine Ver/~nderungen festgestellt. 9. 12. 30 wird mittels Hartmans Coneho~om ein Probestiick aus beidenNaseng~tngen entnomrnen. Die Pr~par~te werden nach van (]isson, mit Polychrommethylenblau (Unn@ und mit Methylgrimpyronin ( / / n n a Pappcnhsim) gefSrbL Histologisch ergibt sich folgendcs : Schleimhaut auf dcr Tumoroberfliiche stellenweise erhalten und v()n einem (~berA hi,. :< gal/gscpithel bcdeckt. ])as Sti~tzgewebe des Tumors bestcht aus eincm Kollagenfascrnetz, bier mid (t~ linden sich auch dickere, dichte l/indegcwebsbriick(m. Die TumorzclIcrt sind rund o(]er
Abb.
L
eckig gegeneinander ~bgeplattet, an GrSBe etwas wcchsclnd. I n den Zell(m reichlich Protoplasmic, der Kern liegt exzentrisch. Die Kcrne sind r u n d oder M)geplattet, enthalten reichlich Chromgtin, das mdspeichenartig gngeordnet ist. Neben den Kernen linden sich keine halbmondf6rmigcn V~kuolen (Abb. 3 u n d 4). Die Zellen fS~rben sich metachromgtisch. 1Xach Unna-Pappenheim fiirbt sich das Protoplasma
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hellrot, in der Peripherie starker als im Zentrum, der Kern blaugrfin. In den Kernen erbliekt man ein leuehtend rotes Kernk6rperehen. Mit Polyehrommethylenblau fgrbt sieh das Protoplasma blau, der Kern dunkelblau. Zellteilungsfiguren sieht man nieht. Die Zellen erinnern also an die yon U~na und Marschalko besehriebenen Plasmazellen und sind aueh als solche zu betrachten, obgleich die Vakuole neben dem Kern fehlt. AuBer den einkernigen Zellen kamen auch einige zwei- und dreikernige Zellen vor, die im fibrigen den oben gesehilderten Zellen vollstgndig glichen. Die Nasengangstumoren erwiesen sieh also als Plasmozytome. 2. 1. 31 wird der Tumor aus der linken oberen Sehlfisselbeingrube entfernt. Derselbe ist makroskopiseh taubeneigrol~, gelappt und halbfest. Histologiseh fanden sieh darin stellenweise Lymphdrfisengewebe mit starken Plasmazelleninfiltraten, stellenweise groge, dureh dieke, diehte Bindegewebsw~tnde getrennte Plasmazellenbezirke. Der Tumor war also eine Lymphdrfise, in die ein Plasmozytom hineingewaehsen war. Naeh der Probeexzision bekam Patient eine abundante Blutung aus der Nase, deretwegen ein paarmal yon hinten tamponiert werden mugte, das erstemal am 9.12.30. Einige Tage spgter stellte sieh bei dem Patienten eine Mittelohrentzfindung ein, die mehrfaeh rezidivierte. W~thrend der lVfittelohrentzfindung hatte Patient einen Temperaturanstieg, sonst niemals. Da Patient infolge des Nasenblutens sehr angmiseh wurde, wurde er am 5. 2.31 nach der II. inneren Station verlegt. Daselbst wurde das Blut des Patienten untersueht, das aueh frfiher sehon mehrmals untersueht worden war. Nachstehend einige Blutbilder: 10.12.30: rote Blutk6rperehen 2,96 Millionen, H~moglobin (Saltli) 42%, Farbindex 0,71, wei[3e Blutk6rperehen 8800, davon 78% Neutrophile, 1% Eosinophile, 1,1% Basophile, 12,9% Lymphozyten, 7,9% Mononukleare. 2 . 1 . 3 1 : rote Blutk6rperehen 3,07 Millionen, I-Is globin (Sahli) 38%, Farbindex 0,62, weil3e Blutk6rperehen 5300, davon 58,6% Neutrophile, 1,8% Eosinophile, 0% Basophile, 33,3% Lymphozyten, 5,9% Nononukleare, Thrombozyten 76 000. 7.2.31: rote Blutk6rperehen 2,59 Millionen, ttgmoglobin (Satdi) 25%, Farbindex 0,44, weige Blutk6rperehen 4800, davon 70,4% Neutrophile, 1,4% Eosinophile, 0% Basophile, 23,6% Lymphozyten, 4,5% Mononukleare, Thrombozyten 207 000. Plasmazellen wurden im Blute nieht gefunden. Auf der inneren Station besserte sieh der Zustand des Patienten erheblieh, er nahm an Gewieht zu, und der tI~moglobingehalt stieg auf 72 %. Die Gerinnungszeit des Blutes wurde normal. Auf der reehten Stirnh~lfte des Patienten entwiekelte sieh eine harte Vorw61bung, die bei der gfiekverlegung des Patienten in die Ohrenklinik etwa 2 em im Durehmesser mal3, yon h6ekeriger Oberflhehe und etwas fiber die Knoehenoberfl/~ehe erhaben war. Am Xnoehen ffihlte man in ihrer Umgebung eine sehmale ringartige Offnung. Spgter wuehs die Vorw61bung auf Hfihnereigr6ge an. Die Oberflgehe des rechten Seheitelbeins war uneben. Nasenstatus wie zuvor. 8.4.31. Beim Aufstehen aus dem Bett empfang Patient einen heftigen Sehmerz in der reehten Seite und danaeh beim Atmen Steehen an derselben Stelle. Beim Abtasten der reehten Seite empfindet Patient Sehmerz an der 8. l~ippe in Gegenc[ der vorderen Axillarlinie. Diagnose: Infractio eostae. Heftpflasterband. 20.5.31. Keine Seitensehmerzen mehr. Stirntumor erheblieh verkleinert. Patient aus der Klinik entlassen. 7.2.31. Patient wieder aufgenommen. Im Allgemeinzustand keine Ver~nderungen. Im linken Nasengang ist der Tumor gewaehsen und 1~13t nut das Vestibulum nasi frei. Stirnbein auf beiden Seiten uneben. Zustand des rechten Auges unver~ndert. Entlassen 17.12.31. Als Behandlung wurden I~6ntgenbestrahlungen angewandt. Die auf einmal an derselben Stelle applizierte Bestrahlung betrug 155 1~, H/trte 160 KV, M.-Amp. 4. Als Filter diente eine 1/2 mm Cu- und 1 mm A1-Platte. In der Zeit yore 27. his 31.1.31 wurden die Siebbeingegenden und die Milz (Thrombopenie) 3mal bestrahlt, in der zweiten Serie (2. bis 9.4. 31) die Siebbeingegenden 3mal, in der dritten Serie (20. bis 29.5.31) die Siebbeingegenden 2mal,
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jedes Schi~delviertel lmal und die Gegend der rechten 8.--10. g i p p e 3mal. Spgter wurden die Siebbeingegenden noch 3mal bestrahlt. Unter der Einwirkung der Behandlung sank der Blutgehalt des Nasentumors, das Nasenbluten h6rte auf, und der an der Stirn befindliche Tumor verkleinerte sieh fiir einige Zeit erheblieh. Bis zum Sommer 1932 kam Patient in Abstgnden yon 1 - - 2 Monaten zum Vorstellen. Wghrend dieser Zeit traten keine Vergnderungen in seinem Zustand ein. Als man den Patienten lange Zeit nieht gesehen hatte, erkundigte man sich brieflieh naeh seinem Befinden. Die Frau des Patienten beantwortete den Brief mid teilte mit, daft ihr )/farm am 25.9.32 gestorben wgre, Vor seinem Tode war Patient hochgradig abgemagert. Es batten sich neue H6cker am Kopf, am Hals, in den
Achselh6hlen, an den }lippen uml H/tnden gebildet. W~hrend der lctzten Zeit hatte Patient fiber unaufh6rliehc Kopfschmerzen gekl~gt, er halle reichlich Blut gespuekt und war beinahe erblindet, sah nur noch auf dem linkeil Auge und auch damit mir sehwach. Die Obduktion war nieht ausgefiihrt worden. Es h a t t e sieh also offenbar u m einen F a l l yon m u l t i p l e n Plasmazellenm y e l o m gehandelt. E i n 39jtthriger Mann h a t t e 2 J a h r e lang a n einer Verstopfung der Naso gelitten, u n d (tt~s reohte Auge war 11/2 ,JMlre lang naeh auiten und naoh tier Seite vorgetrieben gewesen. Es wurden P l a s m o z y t o m e in beiden Nasengttngen, in den Siebbeingegenden, in der rechf, en AugenhShle, in einer L y m p h d r i i s e tier rechten oberon Sehliisselbeingrul)e, in den SohSdelknoehen, im reehten Sehliisselbein, in 6 R i p p e n der reehten und 4 l l i p p o n dot linken Seite sowie in den L y m p h d r i i s e n neben der A o r t a festgestellt. Die S. Ript)e })rach spontan, ~ber heilte s y m p t o m l o s , l m l~lutbild win'de eine starke sekun(15re Aniimie k o n s t a t i e r t , (tie yon N a s e n b b l t u n g e n herriihrte. Die Anz~hl (ter T h r o m b o z y t e n w~r in einem gewissen S t a d i u m der K r a n k h c i t deutlieh herabgcsetzt, ebcnso auch (tie Gerinnungszeit ties Blutes. W/thrend einer M i t t e l o h r e n t z i i n d u n g i)est~m(l einc voriibergehende Leukozytose. I m Blute f a n d e n sich keine P l a s m a zellen. Die ant U r i n angestollte Probe auf den Bence-Jone~ssehen EiweilL k S r p e r fiel I~egativ aus. Die H a u p t s y m p t o m e dot K r a n k h e i t , wenigstens i m Anfang, wurden dureh die Verstopfung tier Naseng/inge u n d die Plasinozytome in der Siebbeingegend u n d der Orbita hervorgerufen. Auf diese Weise geriet der P a t i e n t in (tie Ohrenklinik zur B e h a n d h m g . I n der L i t e r a t u r werden eine Rcihe y o n Fgllon erwghnt, wo ein P l a s m o z y t o m in den oberen Luftwogen lokalisierlo war, der erste im J a h r e 1905 (Schridde). Die his E n d e (los J a h r e s 1926 publiziertm~ Fglle h a t Oppilco/er gestmHnelt und d a b e i 8 sichere F/ille zus~mmmngebracht. H i e r v o n h a l l e er 2 selbst beobaehl, et. F e r n e r erwghnt e r a l s unsioher den F a l l yon Vogt, wobei in der Raehen- und K e h l k o p f s c h l e i m h a u t mSehtige I n f i l t r a t e vorlagen, in denen sigh h a u p t s g c h l i e h L y m p h o z y t e n u n d tml~erttem weehselnde Mengen von Plasmazellen, aueh einzelne L e u k o z y t e n und Eosinophile befanden. Bross h/~lt diesen F a l l fiir ein P l a s m o z y t o m . I n d e m H a n d b u e h y o n Den~:er-Kahler sind 5 F&lle erw/tlmt, d a r u n t e r 2 unsiehere, n';s Haje~'s Fall u n d das y o n Facchini o n d Scala beschriebene F i b r o m y x o pb~smozytom. I n der L i t e r a t u r der versehiedenen Diszii)linen habe ieh
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noch eine Anzahl weiterer Fglle gefunden, so dab Plasmozytome in den oberen Luftwegen wenigstens 18mal angetroffen worden sind; 3 yon diesen F/~llen sind, wie sehon erw/~hnt, unsieher. Unter diesen Fi~llen haben die folgenden ~'ein lokale Plasmozytome (Kau/mann) durgestellt : Schridde: Im Nasengang. Boit: In dem reehten Tasehenband und im Sinus Morgagni. v. Werdt: Auf der Hinterfls des Z/~lofehens. Kau/'mann: I n der Tonsille, ungenaue Angabe. Oppiko/er: I n der linken Tonsille. Hiickel: I m Nasenraehenraum. Ha]ek: In der StirnhShle und in den Siebbeinzellen. Faechini und Scala: In der Nasenh6hle. BrSste: An der Wurzel des Gaumensegels. Kau/mann reehne~ unter die lokMen Plasmozytome auch noeh die in der Sehleimhaut dieser Region vorkommenden multiplen Plasmozytome. Ein soleher Fall ist der yon Wachter, wo Tumoren im reehten Nasengang, in der N~he der ]inken TubenSffnung, auf der Hinterfl/iehe des weiehen Gaumens und im linken Tasehenband vorlagen. Systematisierte Plasmozytome (Kau/mann) stellen folgende F/~lle dar: Kusonoki und Frank: I m Nasenraehenraum und in den Halslymphdriisen. New und Harper: Auf der rech~en Rachenseite, wahrseheinlich in der rechten Tonsille und in den Halslymlohdriisen der rechten Seite. Verdbely: In der Platte des Ringknorpels, im Sternum, in 7 Rippen und in ein paar R~ekenwirbeln. RSssle-Oppiko/er: Am Rachendach, in der rechten KieferhShle und KeilbeinhShle, auf der dorsalen F1/iche des Velums, in den Halslymphdriisen, im Scheitelbein, im Brustbein, in 2 Rippen und einigen Rtickenwirbeln. Vogt: In der Rachen- und Kehlkopfsehleimhaut, in den Hals-, AehselhShlen- und Leistenh6hlendriisen, sowie in den lolatten Knoehen. Piney und Riach: I n den Naseng/~ngen, in der KieferhShle, im Stirnbein, in der Sella turcica, im Schliisselbein und anderen Stellen des Skelets. Jackson, Parker und Bethea: In beiden Tonsillen, in den HMslymphdrfisen und im Skelet. Zu dieser Gruppe gehSrt auch der yon mir geschilderte Fall. Die LokMisationsstellen der Plasmozytome in den oberen Luftwegen sind demnaeh folgende gewesen : In der NasenhShle 2raM, in den NasenhShlen und NasennebenhShlen 2raM, im Nasenrachen 3real, im Nasenrachenraum und in den Nebenh6hlen lmM, aussehliel31ich in den NasennebenhShlen lmM. Im Rachen ist ein Plasmozytom 7real vorgekommen, hierunter 4ram entweder in der einen oder in beiden Tonsillen, 4ram im Kehlkopf, davon lmal in der KehlkopfsehMmhaut, 2ram im Tasehenband und lmM im Ringknorpel.
Literatur.
Ascho]]: Ein FM1 yon Myelom. Mtinch. med. Wschr. 1906, 337. - - Bloch: Ein Beitrag zur Klinik und Diagnose des multiplen Myeloms. Fol. haemat. (Lpz.) 26, 119 (1920). - - Bolt: Ein FM1 yon Plasmozytom des Sinus Morgagni. Fr~nkf. Z. Path.
Ein Fall von Plasmozytom der oberen Luftwege.
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