Ein Fall yon Tuboovarialeyste. Von
M a x R u n g e und Richard T h o m a in Dorpat. (Mit 2 Abbildungen auf Tafel I.)
Die Casuistik der Tuboovarialcysten sind wir in der Lage, durch eine Beobachtung zu vermehren, welche nicht allein klinisch beachtenswerthe Momente ergab, sondern auch beziiglich der Ent= stehung solcher Bildungen neue Gesichtspunkte zu Tage fSrderte.
Kliniseher Theil (Runge). A n a m n e s e . Frau U. aus Petersburg, 37 Jahre alt, lebt seit 15 Jahren in kinderloser Ehe. Die mit 16 Jahren eingetretenen Menses waren bis vor neun Jahren normal, warden dann, ohne dass sieh eine Ursache ermitteln liess, ~usserst schmerzhaft, unregelm~ssig und yon Kopfschmerz und Erbrechen begleitet. Der Scl~merz localisirte sich haupts~chlich auf die reehte Unterbauchgegend und trat sparer auch ausserhalb tier Menses bei st~rkerer Bewegung, beim Biicken und Heben yon Gegenst~nden auf. Vor einigen Jahren bestand starker Ausfluss aus den Gesehleehtstheilen, der in der letzten Zeit an St~rke abnahm. Eine best~ndige Steigerung der Schmerzen in der rechten Unterbauchgegend veranlasste Patientin, nachdem sie l~ngere Zeit ausw~rts vergeblieh behandelt war, Hils in der Dorpater Frauenklinik zu suchen. Die letzte Menstruation war eine Woehe vor der Aufnahme wiederum unter den geschilderten sehweren Erscheinungen eingetreten. S t a t u s p r a e s e n s . Patientin ist eine kraftige, wohlgebaute Frau. Eine Untersuchung der inneren Organe lgsst keine Veranderung derselben erkennen. Bei der Palpation des Abdomen fallt eine schmerzhafte Resis tenz oberhalb des rechten horizontalen Schambeinastes auf, die
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sich in die Tiefe des Beckens verfolgeu l~sst. Die combinirte Untersuchung ergiebt einen normal gelagerten, nicht vergrSsserten Uterus mit conischer Portio und auffallend engem Muttermund. Rechts veto Uterus ist eine prall elastische, etwa mannsfaustgrosse Geschwulst palpabel. Dieselbe ist sehr empfindlich, beweglich and h~ngt mittels eines ziemlich dicken Stranges mit dem Uterus zusammen. Eine genaue Austastung in der Chloroformnarkose' ffihrt zu dem Ergebniss, dass die Geschwulst aus zwei Abschnitten besteht, die durch einen deutlichen Einschnitt getrennt stud. Der dem Uterus n~her liegende Absehni~t ist prall elastisch und geh~ in einen stark fingerdieken Strung aus, der in deufliehen Sehl~ngelungen verlaufend und sich merklieh verjiingend zum Uterus zieht. Der nach aussen liegende kleinere Abschnitt des Tumor ist h~rter und uneben. Von ihm aus l~sst sieh gleichfalls ein Strung, aber nicht so distinct wie der ersterwKhnte, zum Uterus verfolgen. Linkes Ovarium yon n0rmaler GrSsse, rechts ausser dem erwKhnten Tumor nichts, was ein Ovarium sein kSnnte, palpabel. D i a g n o s e. Diese mit ausgezeichneter Deutlichkeit fiihlbaren Verh~ltnisse liessen reich einen rechtsseitigen Ovarialtumor mit Sicherheit annehmen. Schwierigkeit bet nur die Deutung des nach dem Uterus in deutliehen Sehl~ngelungen wurst- oder darm~hnlich verlaufenden Endes des Tumor. Dasselbe legte den Gedanken aa eine Hydro- oder Pyosalpinx ausserordentlich nahe. Eine Combination einer Eierstocks- und Tubengeschwulst war daher nich~ ausgeschlossen, und ich gab bet der klinischen u dieser Vermuthung Raum. T h e r a p i e . Die yon mir vorgeschlagene Exstirpation tier 9 Geschwulst wurde acceptirt und am 10. Juni 1884 ausgefiihrt. A n m e r k u n g . ]ch halte reich bet meinen Ovariotomien hier in Dorpat im Allgemei'nen an das S c hr5 d er'sehe Verfahren, welches jedenfalls durch Einfaehheit sich auszeichnet. Nut ein Assistent untersttitzt reich persSnlich, die Zahl der zu verwendenden Instrumente ist so gering wie mSglich. An Stelle des Troikar leistet das Messer dieselben Dienste. Nut bet Cysten, we Anamnese und Befund einen eitrlgen Inhalt vermuthen lassen, wie bet meiner letzten Ovariotomie (mannskopfgrosse vereiterte Derraoidcyste), bediene ieh reich, wenn die GrSsse der Cyste eine Verkleinerung nSthig macht, eines Troikar und leite den Eiter durch einen Schlauch in ein aug dem Fussboden stehendes Gefass. Der Stiel wird entfaltet und~ wenn es seine LUnge
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gestattet, gegen das Licht gehalten, wodurch seine Gefiisse sichtbar werden und sich sieher umsteehen lassen. Der Stiel wird versenkt und die Bauchwunde ohne alle Ktinsteleien (lurch Knopfnithte geschlossen. - - Selbstverstitndlich peinlichste Antisepsis, wozu ich auch ein 5fteres Reinigen der Hitude mit Carbol- oder Sublimatwasser bei jeder l:,inger dauernden Operation rechne. Von dem Spray emanciplre ieh reich insofern, als derselbe nicht w~ihrend der Operation~ wohl abet stundenlang vor derselben im Operationszimmer in Thatigkeit ist. Die O p e r a t i o n bot kaum Bemerkenswerthes. Nach ErSffhung der BauchhShle wurde der Tumor yon tier Vagina aus emporgedriingt und priisentirte sich als cystische Geschwulst, der rechts unten das Ovarium, links nach dem Uterus zu die dilatirte Tube ansass. Keine Adhiisionen. Die Unterbindung des sehr breiten und recht gefiissreichen Stieles erforderte eine grosse Anzahl yon Ligaturen. Das Ovarium wird mit entfernt. Linkes Ovarium gesund. Der Verlauf war, abgesehen yon einer kleinen Abscessbildung in der Bauchwunde, ein ganz glatter. Die hiiehste Temperatur betrug 37,s 0 C. Am 26. Juli wird Patientin geheilt entlassen. Eine sofort nach der Operation yon mir vorgenommene U n t e r s u e h u n g der reichlieh mannsfaustgrossen G e s c h w u l s t versehaffte mir die Ueberzeugung, dass es sich um eine Tuboovarialcyste handelte. 1) Die Gesehwulst ist durch eine tiefe Incisur in zwei Abschnitte getrennt: in einen kleineren, welchem das etwas vergrSsserte und verdickte Ovarium ansitzt, un4 einen bedeutend grSsseren, der in die geschliingelte Tube iibergeht. Die Consistenz beider Absehnitte ist prall elastisch. Bei ErSffnung des grSsseren hbschnittes der Cyste entleeren sich 150 ecru einer hellgelben nieht klebrigen Fliissigkeit. Ihr specifisches Gewicht betriigt 1013. Die Fliissigkeit gerinnt beim Stehen nieht und triibt sieh beim Kochen nur wenig. Naeh tier Entleerung collabiren beide eystische s indessen bleibt die beschriebene Ineisur aueh jetzt noeh deutlich ausgesproehen. Eine in den Hohlraum eingefiihrte Sonde constatirt eine breite Communication beider cystischen Abschnitte. Der interessante Charakter dieser Geschwulst veranlasste reich, die Untersuchung derselben durch einen Fachmann ausfiihren zu 1) Die Abbildung ist nach dem geh~rtetenPri~parat gezeichnet, weshalb die Tuboovarialeysteauf derselben etwas kleiner erscheint.
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lassen. Mein College Herr Professor T h o m a unterzog sieh derselben und das Resultat best~tigte die Diagnose Tuboovarialcyste. K l i n i s c h e E p i k r i s e . Es diirfte nicht hi~ufig vorkommen, dass die anatomischen Verh~ltnisse einer Tuboovarialcyste an der Lebenden mit einer solchen Deutlichkeit fiihlbar sind, dass die Diagnose schon vor der operation mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ausgesprochen werden kann. Die einer derartigen Cysteubildung fast stets voraufgehende Perimetritis, welche oft zu complicirten Verwachsungen ffihrt, macht dies erkl~rlich, wie denn auch manche Operateure 1) yon starken Adh~sionen berichten, deren LSsung die Operation nicht unwesenflich erschwerte. Auch in unserem Falle 1Ksst sieh der l~achweis einer Perimetritis sowohl anamnestisch als, wie aus dem n~chsten Abschnitt dieser Publication ersichflich, auch anatomisch sicher stellen. Da indesseu dieselbe bier sehr begrenzt verlaufen ist, so fiihrte sie nur zur Verwachsung yon Tuba und Ovarium und liess die so entstandene Geschwulst frei yon Verbindungeu mit anderen Organen; hierdurch war es m0glich, einen Zusammenhang der Geschwulst mit dem Uterus durch die stark geschl~ngelte Tube mittels der Untersuchung zu erkennen, sowie andererseits den sicheren Nachweis zu liefern, dass neben dem Tumor ein Ovarium auf derselben Seite nicht vorhanden war. Das Bestehen eines Itydrops tubae sire ovarii profluens liess sich in diesem Falle anamnestisch nicht ermitteln. Zwar will die Patientin frfiher an einem starken Fluor gelitten haben, fiber ein periodisches Auftreten desselben konnte indessen nichts angegeben werden.
hnatomiseher Theil ( T h o m a). Das dem pathologischen Institut fiberlieferte Pr~parat umfasst die rechte Tuba und das gleichseitige Ovarium, sowie die zwischenliegenden Abschnitte des Ligamentum latum. Die Tuba erseheint erweitert und varieSs gekriimmt. Sie geht ohne scharfe Grenze fiber in eine beinahe apfelgrosse, dfinnwandige Cyste. (eL Fig. 1, natfirliche GrSsse des geh~rteten Pr~iparates.) Diese Cyste ist bereits erSffnet, ihr Inhalt entleert, bIach unten yon der Cyste 1) Burnier, Zeitschriftftir Geburtsh~ilfeund Gyn•kologie, Bd. V, S. 360. Operation yon Schr6der. Hildebrandt, Die neue gynhkologischeUniversithtsklinik zu K6nigsberg, 1876, S. 109. Olshausen, Klinische Beitrhge zur Gyniikologieund Geburtshtilfe, 1884:, S. 74 u. 78.
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befindet sich alas walzenfSrmig verlin.gerb uncl verdickb Ovarium. Im Ovarialstroma sind zahlreiclxe G r a a f ' s e h e Follikel and ein grosses Corpus luteum nachweisbar. Cyste und Ovarium zeigen sich lest und untrennbar verwaehsen; die Grenze zwischen beiden ist grossontheils dureh eine deutliehe Furche ausgesprochen. In dem Dreieck zwisehen Cyste, Tuba und Ovarium bemerkt man mehrere neugebildete bindegewebige Stringe. Das Lumen der diinnwandigen Cyste geht dutch eine halsfSrmige Yerengerung fiber in das Lumen der mKssig erweiterten Tuba. Von dieser halsf6rmigen Yerengerung ausstrahlend, sieht man an der Innenfl~che der Cyste 5--6 falten~hnliche Bildungen. Diese verzweigen sich weiterhin, und zwischen ihnen entstehen da und dort neue Falten, welche nicht bis zu der halsf'6rmigen Yerengerung riickw~rts zu verfolgen sin& Schneider man nun die Tuba auf, so bemerkt man, dass diese falten~hnlichen Bfidungen sieh als die Fortsetzung der zahlreichen Falten der Tubarsohleimhaut darstellen. Zugleich ergiebt sieh, dass die Tuba, soweit sie im Pr~parat vorliegt, in ihrer ganzen Liinge durchgingig ist, wenn auch in der N~he des uterinen Endes ihre Liehtung sehr enge erscheint. Ein Schleimpfropf ist in dem engen Kanale nicht nachweisbar. Mit Hfilfe des Skalpellstieles l~sst sich die Wand der Cyste leicht und sicher in zwei Schichten trennen. Die innere Schieht ergiebt sich als die Fortsetzung der Muscularis und der Mucosa des nut wenig ver~nderten Abschnittes der Tuba, wihrend die ~ussere Schicht der Serosa entspricht, welehe sich yon der Tuba aus fiber die gauze Cyste erstreckt. An einer Stelle A (Fig. 1 und 2), welche in der Cystenwand lateralwKrts unweit der Anheftungsstelle des Ovarium gelegen ist, bemerkt man eine rundliche, flache Narbe yon 3--4 mm Fl~chendurchmesser. Gegen diese Narbe zu, wie gegen einen Pol, convergiren, wie man bei durehfallendem Lichte leicht sehen kann, die Faserziige der Muscularis and tier Serosa, und ebenso (lie schlingenfSrmig sich umbiegenden Ansl~ufer tier makroskopisch siehtbaren grSsseren und kleineren Blutgefs An tier Stelle der Narbe selbst ist Mueosa, Muscularis und Serosa untrennbar verwachsen. Schneider man nun alas Ovarium der L~nge nach dureh (Fig. 2. VergrSsserung 15:10), so ergiebt sieh, dass die grosse, soeben beschriebene Cyste in welt oftener Communication steht mit einem zweiten eystenfSrmigen Hohlraume, der ganz innerhalb
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der Substanz des Ovarium gelegen ist. Dieser Hohlraum bildet zusammen mit dem ersterw~hnten eine grosse zweifdcherige Cyste, an welcher man einen kleineren ovarialen und einen grSsseren tubalen Abschnitt" unterscheiden kann. An der Aussenfl~che des Pr~parates ist die Grenze zwischen beiden Abtheilungen durch die friiher erw~hnte Furehe gegeben, welche um den Rand des Ov~rium herumzieht. An der Innenfl~iehe macht sich die Grenze in Gestalt eines abgerundeten Saumes bemerklich, wie dies aus der Figur 2 hervorgeht. Priift man nun die Cystenwand bei durchfallendem Lichte, so gewinnt man das Resultat, dass im Umkreise des Grenzsaumes, welcher den ovarialen und den tubalen Cystenabschnitt scheidet, eine zu diesem Grenzsaume radi~re Anordnung der Tubenmuskulatur nicht vorhanden ist. S~mmtliche Muskelbiindel der Tuba, welche den Grenzsaum beriihren, convergiren in der Richtung nach der Stelle A des tubalen Cystenabschnittes. Die Oeffnung, welche die Communication zwisehen dem tubalen und dem ovarialen Hohlraum herstellt, erscheint als ein einfacher Defect in der Ausbreitung der Muscularis tubae, der keinem praeformirten Ostium entsprieht, sondern offenbar erst secund~r sich gebildet hat. Die Durchmesser des ovarialen Abschnittes der Cyste betragen beiliiufig 20--25 ram. Die Innenfl~ehe dieses Theiles d e r Cyste erscheint glatt, doch finden sich an derselben zwei grSssere kugelfdrmige Hervorragungen, yon denen eine in Fig. 2 (VergrSsserung 15:10) sichtbar und mit dem Buchstaben a bezeichnet ist. Diese Hervorragungen werden durch erbsengrosse G r a a f ' sche Follikel bedingt, die im Stroma des Eierstockes, sehr nahe der Innenfl~che der Cyste liegen. Ausserdem finder sich in der Wand des ovarialen Cystenabschnittes eine flach tellerfSrmige Grube, an deren Grund die Wandung ein narben~hnliehes Aussehen besitzt. (Fig. 2 b.) Die Wand dieses Cystenabschnittes wird nicht direct yon Ovarialgewebe gebildet, sondern sie ist zun~ichst dutch eine Bindegewebsschichte hergestellt, welche 0,5 bis 0,s mm dick ist. An diese Bindegewebsschichte schliesst sich das Ovarialstroma an, welches jedoch mit dem Skalpellstiel nicht yon der Bindegewebslage getrennt werden kann. Auch wenn man yon dem tubalen Abschnitte der Cyste her Mucosa und Muscularis abzutrennen versucht, gelingt dies nur his zu dem Rande des Grenzsaumes, welcher den ovarialen yon dem tubalen Cystenabschnitte scheidet. Endlich ist zu erw~hnen, dass die Innenfl~che des ovarialen Ab-
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schnittes des Hohlraumes an mehreren Stellen mit orangegelben Pigmentfleeken besetzt ist. Das Ovarialgewebe ist in der unmittelbaren Umgebung des ovarialen Abschnittes tier Cyste sehr verdiinnt. Im Uebrigen erscheint das Ovarium vergrSssert und seine Oberfl~iche yon warzig-hSckeriger Besehaffenheit, w~hrend das Ovarialstroma sich sehr dicht und derb erweist. Andere auff~lligere Structurver~inderungen fehlen. Es finden sieh jedoch in dem so beschaffenen Organe zahlreiche G r a a f ' s c h e Follikel und, wie bereits erwiihnt, ein grosses Corpus luteum. An der Aussenfl~che des tubalen Absehnittes tier Cyste bemerkt man noeh eine erbsengrosse cystisehe Bildung, welche mit klarem Serum gefiillt ist (Fig. 1 c), sowie einige cireumscripte , bindegewebige Yerdickungen des Peritonealiiberzuges (Fig. 1 d). Nach Feststellung dieser Befunde wurden geeignete Theile des Pr~parates in Celloidin eingebettet, in feine Schnitte zerlegt und mit Alauncarmin oder Eosin-H~matoxylin gefis Die mikroskopische Untersuchung dieser Schnitte ergab sodann eine Reihe weiterer Thatsaehen, welche fiir die Deutung der ganzen Ver~nderung nicht minder yon Interesse sind. Die Wandung des tubalen Absehnittes der Cyste besteht aus Mucosa, Museularis und Serosa. Doch sind diese drei Schichten nieht sehr seharf gegliedert. Die glatten Muskelfasern der Muscularis erscheinen in schmale Biindel geordnet, die in kleinen Abst~nden yon einander hinziehen. Zwisehen diesen Muskelbiindeln liegen kleine Arterien, u und Nervenst~mmehen. Die kleinen hrterien zeigen vielfach hochgradige, fibrSse Endarteriitis. Die Mucosa wird gebildet aus einem streifigen Gewebe, das sieh reich an grossen Zellen mit l~ng!ichen Kernen erweist. Sie ist sehr diinn, so dass die Muskelfasern an manchen Stellen bis in die N~he der Innenfli~che der Cyste reichen. An einzelnen Stetlen fanden sich auf dem Durchsehnitte tier Mueosa einige sehr kleine, mit einsehichtigem, einzeiligem Cylinderepithel ~) ausgekleidete Hohlr~ume, die indessen wohl nur als der Ausdruck einer etwas complicirteren Faltenbildung der Mucosa aufzufassen sind. Wenigstens hatten diese hohlen Bildungen ihren Sitz unmittelbar an kleinen, nur mikroskopiseh wahrnehmbaren Faltungen der
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1) Ueber die Bedeutungder Bezeichnung:,,einzeiligesEpithel"s. Thoraa, Archly, Bd. LXV, S. 46.
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Cysteninnenfl~che. Die Serosa ist viel miichtiger als die Mucosa und besteht aus einer Lage fibrill~iren Bindegewebes. An vielen Stellen ist diese Structur der Cystenwand dadurch abge~ndert, dass Streifen yon dichtem Narbengewebe Muscularis und Mucosa durchsetzen. Untersucht man nun die Wandung des in das Ovarium eingesenkten ttohlraume$, so findet man hier eine Schicht fibrilli~ren Bindegewebes, deren Dicke etwas geringer ist, als die Wanddicke der grossen Cyste. Muskelfasern sind bier nicht mit Sicherheit nachweisbar. Die Muscularis des tubalen Abschnittes der Cyste verliert sieh am Ovarium, indem sie sich unmittelbar an dem scharfen, der Cyste anliegenden Rande des letzteren etwas mehr nach der freien, der Cyste abgewendeten Seite der Wand hinzieht. Das Stroma des Ovarium, welches unmittelbar an den ovarialen Absehnitt tier Cyste sich anschliesst, erscheint parallel der Innenfliiche der letzteren gefasert. Es ist dabei, wie normal, reich an l~nglichen Zellen und Blutgef~issen, wodurch es sieh deutlieh yon der Bindegewebs]age unterscheidet, welehe den ovarialen Abschnitt der Cyste auskleidet. Indessen ist die Grenze zwischen dieser Bindegewebslage und dem Ovarialstroma nieht ganz glatt und regelmiissig gestaltet. u ziehen sich vielfach kleine Bindegewebsziige aus tier Cystenwand in das Ovarialstroma hinein, wiihrend umgekehrt auch aus dem Ovarialstroma einzelne Faserziige, die dutch ihren Reichthum an l~ngliehen Zellen ausge- " zeichnet sind, hervortreten und in den peripheren Lagen der bindegewebigen Sehichte sich Terlieren. In dem OTarium, ganz nahe der Innenfliiehe des Cystenraumes liegen neben den bereits genannten reifen auch zahlreiche unreife Follikel, sowie einige derbe Narben, welche parallel der Oberfl~che des Cystenraumes flach scheibenfSrmig ausgezogen erseheinen. Die Structur dieser Narben steht jedoch in Uebereinstimmung mit derjenigen, welehe man in normalen und chronisch erkrankten Ovarien als Ueberreste der Corpora lutea finder. Eine dieser Narben, sowie einzelne Stellen des Ovarialgewebes und der unmittelbaren Auskleidung des ovarialen Theiles der Cyste zeigen lebhafte Pigmentirung mit braunem, kSrnigen "Pigment. In grSsserer Entfernung Ton dem ovarialen Absehnitte der Cyste ist die Structur des Ovarium weniger ver~ndert. Die Anordnung tier Faserziige des Ovarialstroma weieht bier nieht bemerkbar Ton der Norm ab. Das Ovarialgewebe ist reich an spindelfSrmigen Zellen und durehsetzt yon zahlreichen Blutbahnen,
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wiihrend allerdings die Unterschiede zwischen Rinde und Mark etwas verwischt sind. Zugleich finden sich viele Follikel in allen Stadien der Reifung, sowie verschiedene lqarben. Einige im Ovarialstroma geiegene linsen- his erbsengrosse cystische Bildungen enthalten dichte Massen yon rothen BlutkSrpern, wShrend ihre Wand bekleidet ist yon einem Gewebe, welches dem Gewebe des Corpus luteum analog gebaut ist. An der Innenfi~che des ovarialen Abschnittes der Cyste ist die in Fig. 2 mit b bezeichnete Stelle dadurch ausgezeichnet, dass hier das Stroma des Ovarium um mehr als die Hs diinner ist, als in der n$chsten Umgebung. Dadurch entsteht an der Fli~che des Ovarium, welche der Cyste anliegt, eine ~lache, tellerfSrmige Grube. Diese ist nahezu vollst~ndig mit fibrillSrem Bindegewebe ausgefiillt, welches sich, abgesehen yon seiner grSsseren Miichtigkeit, nicht unterscheidet yon den Bindegewebslagen, welche die Wand des ovarialen Theiles der Cyste bilden. .. Die Epithelbekleidung der grossen Cyste ging, vermuthlich wShrend der Hi~rtung, nahezu vollstSndig verloren. Nur im tubalen Theile finden sich einige kleine Stellen der Innenfli~che, die mit einschichtigem, einzeiligem Cylinderepithel bekleidet sin& Die kleine Cyste Fig. 1 c ist an ihrer Innenfi$che mit einschichtigem Cylinderepithel versehen, das einzeilig, an einzelnen Stellen zweizeilig sich darstellt. Auf Grund dieser Befunde kann marl den diinnwandigen, tubalen Abschnitt der grossen Cyste mit Bestimmtheit als alas dilatirte Ende der an ihrem Ostium abdominale verschlossenen Tuba bezeichnen. Diese Behauptung finder ihre Begriindung zuniichst in der ganzen Configuration dieses Theiles der Cyste. Dieselbe steht in oftener Verbindung mit der Tuba, deren Schleimhautfalten sich eine Strecke welt auf die Innenfi$che der Cyste h i n fortsetzen. In gleichem Sinne spricht der histologische Bau der Wanduug dieses Abschnittes der Cyste. Man kann in dieser Wand ohne Schwierigkeit Mucosa, Muscularis und Serosa der Tuba unterscheiden. Das verschlossene Ostium abdominale der Tuba aber ist offenbar gegeben in der narbigen Stelle A (Fig. 1 u. 2), auf welche sowohl die Faserungen der Muscularis als die Endschlingen der makroskopisch wahrnehmbaren Blutgefs convergiren. Die narbige Beschaftenheit dieser Stelle A , ihre Lage an einer Stelle ausserhalb des Bereiches des adhi~renten Ovarium zusammen mit dem Befunde neugebildeter BindegewebsstrSnge in der
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Umgebung fiihren zugleich zu dem wiehtigen Ergebnisse, dass es sich hier nicht um einen primKren Bildungsfehler handelt, sondern dass vielmehr das Ganze als eine a c q u i r i r t e E r k r a n k u n g betrachtet werden muss. Diese Resultate fiihren sogleich zur Deutung der kleineren Cystenbildung (Fig. 1 c), welche in dem Peritonealiiberzug der erweiterten Tuba und zugleich in der N~he des verschlossenen Abdominalostium ihren Sitz hat. Es handelt sich hier sehr wahrscheinlich um eine M o r g a g n i 'sche Hydatide, welche ja h~ufig an einer der Fimbrien der Tuba getroffen wird. Fiir eine solche Auffassung sprieht die GrSsse, der Inhalt und die Epithelauskleidung dieser kleinen Cyste, und ebenso der Sitz derselben in der N~he des friiheren Ostium abdominale der Tuba. Sehwierigkeiten bietet nur die Entstehung der seitlichen Ausstiilpung der grossen Cyste, welche yon einem Theile des Ovarium bedeckt erscheint. In dieser Beziehung hat man zunKchst zu priifen, ob es sich in vorliegendem Falle einfach um einen Hydrops tubae mit adhs Ovarium handle. Bei ErSrterung dieser Frage ist es erforderlich, auf die im klinisehen Theile gewonnenen Ergebnisse zu verweisen, aus denen hervorgeht, dass die Gestalt des ovarialen Abschnittes der Cyste durch die ErSffnung derselben und durch die Entleerung ihres Inhaltes keine wesentliche Veriinderung erfahren hat. Bereits im Lebenden stellte sjch dieser Abschnitt der Cyste in der Weise dar, wie er in Fig. 1 u. 2 wiedergegeben ist. Diese eigenartige Gestaltung des ovarialen Theiles der Cyste spricht entschieden fiir eine etwas complicirtere Genese. Es wKre denkbar, dass in einer friiheren Zeit, als das dilatirte Abdominalende der Tuba noeh einen sehr viel kleineren Cystenraum darstellte, durch locale Erkrankungsvorg~nge eine festere bindegewebige Verwachsung zwisehen Ovarium und Tuba eingetreten w~re, welche durch Narbenzug das Ovarium der Oberfl~che der Cyste angepasst h~tte. Sp~terhin w~re dann die Tuba durch eine allm~lige Zunahme ihres Inhaltes welter ausgedehnt worden, wobei das feste Narbengewebe eine entsprechende Fomver~nderung des Ovarium gehindert hgtte. Der ovariale Theil der Cyste w~ire demnach in seiner einmal angenommenen pathologisehen Gestalt verharrt, w~hrend der tubule Abschnitt welter an GrSsse zunahm. Gegen diese Deutung ist abet als gewichtiger Einwurf anzufiihren, dass so reichliche und namentlich so feste Narbenmassen, wie sie fiir eine solche Umgestaltung nothwendig w~ren, nicht Archly f. G-yn~kologle. Bd. XXVI, Hft. 1.
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vorhanden sind. Weiterhin ist zu bemerken, dass in diesem Falle doch wohl noch Reste der Muscularis tubae in der Wand des ovarialen Abschnittes der Cyste zu erwarten w~ren. Endlich bleibt auch die sehr bemerkenswerthe Thatsaehe unerkl~rt, dass die Faserziige der Tubenmuskulatur am Rande des Ovarium sich mehr nach dem freien, dem Cystenraume abgewendeten Theile des Peritonealiiberzuges des Ovarium hinziehen. Unter diesen Umst~nden gelangt man mit grosser Bestimmtheir zu dem Ergebnisse, dass an dem Zustandekommen der vorliegenden Cystenbildung noch anderweitige Processe mitwirkten. Gewiss wird man daran festhalten miissen, dass zuerst durch u des Abdominalendes der Tuba eine hydropische Erweiterung der letzteren sich einstellte, und dass friiher oder sparer eine feste bindegewebige VerlSthung zwischen dem Ovarium und der erweiterten Tuba sich entwickelte. Allein der ovariale Abschnitt der Cyste konnte nur in der Weise sich bilden, dass ein im Ovarium gelegener Hohlraum dutch die Wand der adh~renten Tuba sich in letztere erSffnete. So erkl~rt sich ohne Schwierigkeit die ganze Configuration des Cystenraumes und tier histologische Ban seiner Wandung. Nun erscheint es selbstverst~ndlich, dass an der Innenfl~che des ovarialen Abschnittes der Cyste keine Reste tier Muskelziige der Tuba wahrnehmbar sind. Aber auch die Anordnung der Tubenmuskulatur im Umkreise der Pforte, dureh welche der ovariale Abschnitt der Cyste mit dem tubalen eommunicirt, gewinnt auf diesem Wege seine Deutung. Zun~chst ist es durch die geschilderte Faserung der Muscularis tubae evident, class hier nicht etwa ein accessorisches Tubarostium gegeben ist. In diesem Falle miissten die Faserziige der Tuba in concentrischer Anordnung senkrecht auf dem Umfange dieser Pforte stehen. Dies ist entschieden nicht der Fall, sondern diese Faserziige, die nach dem verschlossenen Ostium abdominale A convergiren, erscheinen durch die genannte Pforte einfach unterbrochen, wie das zu erwarten ist, wenn ein Defect an einer solchen Stelle einer dilatirten Tuba entsteht. Mit dem Augenblicke des Eintretens eines solchen Defectes musste sich aber die Yerbindung zwischen Ovarium und dflatirter Tuba iindern, unter dem Einflusse des in der Cyste herrschenden Fliissigkeitsdruckes. Die einmal gebildete Oeffnung musste erweitert werden; aus der etwa lmgelfSrmigen Ovarialcyste entstand ein etwa halbkugels Anhang der hydropisch erweiterten Tuba. Die feste Verbindung zwischen Ovarium und Tuba wurde dabei nicht aufgehoben, wohl aber die
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R~nder beider Theile in ihrer gegenseitigen Lage verschoben. Diese Verschiebung, wenn sie auch als eine sehr geringfiigige angenommen wird, erkl~rt aber vollkommen die obenerw~hnte eigenartige Erscheinung, dass die Faserung der Tuba am Rande des Ovarium etwas mehr gegen die freie Fl~che des letzteren sich hinzieht. Es ist diese Anordnung der Muskelfasern ausschliesslich auf diesem Wege zu erkl~iren, nachdem bereits ausreichende Momente geltend gemacht wurden dafiir, dass die Pforte zwischea dem ovarialen und dem tubalen Abschnitte der Cyste weder einem normalen noch einem accessorischen Ostium abdominale tubae entspricht. Man gelangt somit zu dem Ergebnisse; dass es sich in vorliegendem Falle um eine T u b o o v a r i a l c y s t e handle. Dabei unterscheidet man zwischen einem Hydrops tubae mit adhiirentem Ovarium und der eigentlichen Tuboovarialcyste. In letzterem Falle muss man verlangen, dass ein Theft der Cysteninnenfl~iche yon der Schleimhaut der Tuba, eln anderer Theil derselben unmittelbar yon dem Ovarium oder yon Geweben gebildet wird, welche yon den Geweben des Ovarium abstammen. Diese Unterscheidung erscheint gerechtfertigt, obwohl es zu erwarten und vielleicht auch schon durch die Casuistik erwiesen ist, dass bei sehr grossen Bildungen dieser Art, die vielleicht durch die Entwickelung eines FStus in der Cyste oder dutch andere Processe umgestaltet sind, eiae genaue Differentialdiagnose nicht in allen F~llen mSglich sein wird. Geht man nun etwas genauer auf die Genese der vorliegenden Tuboovarialcyste ein, so ist in erster Linie zu priifen, welchen Charakter wohl der Hohlraum im Ovarialgewebe gehabt haben mSchte, ehe er in die Tuba durchbrach. In dieser Beziehung liegen verschiedene MSglichkeiten vor. Man kSnnte sich vorstellen, dass ein normaler G r a a f ' s c h e r Follikel diese Rolle gespielt babe. Eine solche Auffassung finder eine Stiitze durch den Nachweis solcher Follikel, welche in den ovarialen Abschnitt tier Cyste prominiren, sowie durch die Beschaffenheit der narbenartigen Stelle b (Fig. 2). Diese Stelle liesse sich wohl dahin deuten, class bier in die bereits fertig gebildete Tuboovarialcyste ein G r a a f ' s c h e r Follikel sich erSffnete. Es ist in diesem Falle mit Bestimmtheit anzunehmen, dass sofort nach dieser ErSffnung tier Inhalt des Follikels sich mit dem Inhalte der Tuboovarialcyste mischt, und class der im Inhalte der Cyste herrschende Fliissigkeitsdruck alas Collabiren des geplatzten Follikels hindert. Auch die Abheilungs6*
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vorg~nge miisscu dabei in der Weise modificirt werden, dass die Innenfli~che des Follikels zu einem Theile der Cystenwand sich umbildet und gleiehzeitig eine narbeniihnliche Beschaffenheit annimmt. Weiterhin erkl~rt sich auf diesem Wege, weshalb an der genannten Stelle das Ovarialstroma so ausserordentlich verdiinnt erscheint. Der Drack im Innern der hydropisch erweiterten Tuba wird naturgem~sser Weise die sehr diinne Schicht Ovarialgewebe, die nach dem Platzen des Follikels iibrig bleibt, allm~lig ausdehnen, und dadurch den erSffneten Follikel mit der Zeit zu einer flachen, tellerfSrmigen Grube umgestalten, welche sich theilweise mit Narbengewebe erfiillt. Diese Auffassung der narben~hnlichen Stelle b (Fig. 2) legt in der That die Frage nahe, ob nicht vielleicht der ganze, yore Ovarjalstroma umgebene Theil des Cystenraumes ~hnliehen Processen seinen Ursprung verdankt. Die wiederholte Entleerung yon Follikeln dureh die Wand der dilatirten Tuba in den Binnenraum der letzteren kSnnte mSglicherweise eine Tuboovarialcyste der vorliegenden Form zur Folge haben. Und dies vorausgesetzt kSnnte es auch begreifiich erscheinen, dass d i e Wiederholung solcher u in sp~terer Zeit, nachdem die Tuboovarialcyste eine gewisse GrSsse erreicht hatte, nur noeh flache, tellerfSrmige, theilweise mit Narbengewebe erfdlite Gruben an dem ovarialen Abschnitte der Cyste bedingt. Allein zu beweisen ist durch das gegebene Material ein solcher Vorgang nicht. Auch 1Ksst sich nicht in Abrede stellen, dass diese Deutung der Befunde, die relativ complicirte Umgestaltungen voraussetzt, nicht sehr einladend ist. Iffamentlieh gewinnt man keine u fiber den Grund, weshalb der ovariale Abschnitt der Cyste so ausserordentlich tief in das Ovarialgewebe hineinreicht. Es ist dies ein sehr schwerwiegender Einwand, well durch ihn klar zu Tage tritt, dass dieser Versueh der Deutung unerkl~rt li~sst die wiehtigste Eigenschaft der vorliegenden Bildung. Es Iiegt viel nigher anzunehmen, class tier Hohlraum im Ovarium, welcher mit der erweiterten Tuba in Communication trat, yon vornherein viel grSsser war, als ein normaler Follikel. Es kann sieh dann nur handeln um einen hydropisch erweiterten Gr a af'schen Follikel, oder um eine cystische Umgestaltung eines Corpus luteum, wie sie yon R o k i t a n s k y 1) beschrieben wurde. i) Lehrbach der pathologischen Anatomie, Bd. III, S. 419 und 425. Wien 1861.
Runge u. Thoma, Ein Fall yon Tuboovarialcyste.
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Alloin es sind solche cystisch umgewandelte Corpora lutea yon einiger GrSsse offenbar so seltene u dass man bier yon denselben absehen kann, und zwar nm so mehr, weil der charakteristische Wandbelag einer solchen Bildung bei der Untersuchung nicht wohl hi~tte verloren gehen kSnnen, wean er vorhanden gewesen w~re. Man kommt somit zu dem Ergebnisse, dass der im Ovarinm pri~formirte Hohlraum wahrscheinlich die Eigenschaften eines hydropisch erweiterten Follikels gehabt babe. Diese Auffassung erl~utert in sehr einfacher Weise die Gestalt und GrSsse des ovarialen Abschnittes der Cyste, sowie die Beschaffenhcit seiner Wandung. Die bindegewebige Schieht, welche die unmittelbare Bedeekung der in die Tuboovarialcyste gerichteten Fl~che des Ovarium bildet, erscheint als das Ergebniss einer Yernarbung der blossgelegten und vom Tubainhalt bespfilten Innenfl~che des geborstenen hydropischen Follikels. Bei dieser Deutung des Befundes ist jedoch nicht ausgesehlossen, dass nachtri~glich noch andere, normale odor pathologisch ver~nderte Follikel in den ovarialen Theil der Cyste sich erSffneten. Die narbeniihnliche Stelle b (Fig. 2) mag immerhin als die Folge eines derartigen Yorkommnisses angesehen werden. Atlein es gewinnt die Entscheidung fiber die Genese der genannten narben~hnlichen Stelle keine wesentliche Bedeutung ffir die Erkl~rung der Tuboovarialcyste selbst. Und die Auffassung tier letzteren bleibt bestehen, auch wenn die narben~hnliche Stelle b nur Folge einer etwas ausgiebigeren Dehnung des Ovarium w~re, i~hnlich wie sich wi~hrend der Zeit der Graviditi~t eigenthfimliche circumscripte narbeniihnliehe Streifen in der Bauchhaut entwiekeln. Diese Erklitrung der Stelle b erscheint in der That mehr zutreffend zu sein, einmal deshalb, well iiberhaupt aus der Structur des Ovarium eine erhebliche Dehnung der Wandung des ovarialen Theiles der Cyste sich nachweisen liess, und zweitens, well an der Stelle b die Faserung des Ovarium keine auffgllige Unregelm~ssigkeit darbietet, welche doeh zu erwarten wgre, wenn bier eine Ruptur eines Follikels in die Tuboovarialcyste stattgefunden h~tte. Die stellenweise bemerkte' Pigmentirung der Innenflgche des ovarialen Abschnittes der Cyste ksmn nicht gegen diese Deduction geltend gemacht werden. Denn solche Pigmentirungen trifft man nicht allzuselten an der Innenfliiche hydropischer Graaf'scher Follikel. !Nnr ein Bedenken li~sst sich gegen die vorgetragene Meinung einwenden, dass ni~mlich letztere einer Hfilfshypothese zu bedfirfen
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Run ge u, Thoma, Ein Fall von Tuboovarialcyste.
scheint, der Annahme eines hydropischen Follikels im 0varium. Allein dieser Einwurf verliert sein Gewicht, wenn man sich vergegenw~rtigt, dass das vorliegende Ovarium erheblich vergrSssert j s t und deutlich die Zusti~nde einer chronischen fibrSsen Oophoritis darbietet. Unter solchen Verh~ltnissen ist das Vorkommen eines sogenannten Hydrops folliculi keine Seltenheit, ja vermuthlich eine einfache Folge der gegebenen pathologischen Veriincierung des Ovarium. Und letztere mag ihrerseits wiederum die Folge der gleichen Ursache sein, welche die chronische Perimetritis und damit die Verschliessung des Ostium abdominale tubae, den Hydrops tubae und die u des Ovarium mit der Tuba veranlasste. Unter diesem Gesichtspunkte lassen sich alle pathologische Ver~nderungen des bier beschriebenen Falles auf ein einheitliches ~tiologisches Moment zuriickfiihren. Fasst man in wenigen Worten die vorstehenden ErSrterungen zusammen, so ergiebt sich, dass hier nicht eine congenitale, sondern eine acquirirte Tuboovarialcyste vorliegt." Dieselbe entstand auf dem Wege, class eia kleiner cystischer Hohlraum des Ovarium sich in die adh~rente und cystisch erweiterte Tuba er5ffnete, und zwar an einer Stelle, welche weder dem verschlossenen Ostium abdominale tubae, noch einem accessorischen Tubarostium entspricht. Ob aber tier cystische Hohlraum im Ovarium vor diesem Ereignisse durch einen normalen G r a a f ' schen Follikel, oder dutch einen hydropisch erweiterten Follikel, oder endlich durch ein cystisch degenerirtes Corpus luteum gegeben war, ist nicht unbedingt zu entscheiden. Doch haben sich gewichtige Griinde dafiir geltend machen lassen, dass der ovariale Abschnitt der Tuboovarialcyste aus einem hydropisch vergrSsserten Follikel hervorging. D o r p a t , 8. Februar 1885.
Erkl~rung der Tafel. Fig. 1. Tuboovarialcyste yon hinten betrachtet. Nattirliche GrSsse des geh~irteten Pr~parates. g uterine H~lfte der Tuba, A hydropisch erweiterte abdominale tt~lfte der Tuba. Die Stelle A entspricht zugleich dem Orte des verschlossenen Ostium abdominale tubae, f grosses Corpus luteum im Ovarium. c kleine Cyste, vermuthlich eine M o r g a g n i ' s c h e Hydatide. d einige circumseripte, warzige Verdiekungen des Peritonealtiberzuges der Tuba.
Runge u. Thoma, Ein Fall yon Tuboovarialcyste. Fig. 2. ovarialcyste.
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Durchschnitt des Ovarium und eines Theiles der TuboVergrbsserung 15 : 10.
A Ort des verschlossdncn Abdominalostium der Tuba, gezeiehnet mit allen Einzelheiten, welche bei durchfallendem Liehte sichtbar sind, aber bei gegebener Beleuchtung in Wirklichkeit nicht hervortreten~ s. Text. a kleine hiigelf6rmige ttervorragung im ovarialen Absehnitte der Cyste~ hervorgerufen durch einen reifen Follikel. b narben~ihnliche Stelle im ovarialen Absehnitte der Cyste. f grosses Corpus luteum, im Ovarium gelegen.
Ta~. I.
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............. A
Fi~.2.
Archiv i~GynhkologieBd.XXVI.
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