Schwerpunkt | Innovative Fintechs
Fallbeispiele innovativer Fintech-Unternehmen Der technologische Fortschritt steht für den digitalen Strukturwandel einer gesamten Volkwirtschaft und lässt die Finanzwirtschaft nicht aus. Neue Internettechnologien, die sich in rasantem Tempo entwickeln, wirken sich auf alle Bereiche des Finanzwesens aus und stellen die Banken als etablierte Marktteilnehmer vor große Herausforderungen. Dabei sind mobiles Internet, selbstlernende Algorithmen, Predictive Analytics, humanoide Robotik, autonome Datenanalysen oder Open Source erst der Anfang des digitalen finanzwirtschaftlichen Wandels. Stefan Huch
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Schwerpunkt | Innovative Fintechs Getrieben durch sich stets weiterentwickelnde und nach dem Optimum strebende Technologien unterliegt die Finanzwirtschaft dem Einfluss neuer Unternehmen, den Fintechs, die gezielt in die Monetarisierung digitaler, disruptiver Lösungen investieren. Die damit einhergehende schöpferische Zerstörung der Wertschöpfungsketten stellt die Daseinsberechtigung der etablierten Marktteilnehmer innerhalb kürzester Zeit infrage und mäßigt diese in ihrem Handeln, da beispielsweise die Flexibilität in der Umsetzung von Produktinnovationen fehlt. Beispielhaft dafür lässt sich der Markt für E- und M-Payment anführen, auf dem die Banken seit Ende 2015 eine Lösung (Paydirekt) für Kunden anbieten, welche Paypal bereits seit Jahrzehnten offeriert. Der Begriff „Fintech“ steht sinnbildlich für Finanztechnologien. Mit diesem Sammelbegriff werden vor allem moderne Techniken im Bereich der Finanzdienstleistungen umschrieben. Obwohl die Begrifflichkeit Fintech bereits prägend und fester Bestandteil der Fachliteratur ist, gibt es dafür derzeit in Deutschland noch keine einheitliche branchenübergreifende Definition. Um jedoch die Besonderheit der Innovationskraft der Fintechs besser hervorzuheben, sollen ausgewählte Merkmale als Begriffsdefinition dienen [1]: (1) Nicht-Banken, Technologie- und Standardisierung-getriebene Anbieter von Finanzdienstleistungen, basierend auf digitalisierten Prozessen; (2) Charakteristisch sind Startups, welche vornehmlich das Internet als Vertriebs- und Kommunikationsplattform nutzen; (3) Web-basiertes Geschäftsmodell, beispielsweise mit gänzlich neuen Front- beziehungsweise Back-End Services (zum Beispiel Crowdfunding) oder auf Basis bereits bestehender Services (zum Beispiel Zahlungsverkehr), deren Dienstleistungen entweder End-to-End oder als Teil der Wertschöpfungskette angeboten werden. Ein Wesensmerkmal für die Innovationskraft der Fintechs ist der digitale Strukturwandel, die Digitale Transformation. Aus technischer Sicht bezeichnet dies unter anderem die Transformation von analogen Signalen oder Informationen in digitale Daten, welche zu marginalen Kosten beliebig oft reproduziert werden können (zum Beispiel E-Books, Filme, Musik). Auch in der Finanzbranche, wie dem Banking, beruht die Digitale Transformation vor allem auf dem Angebot von digital unterstützten, leicht zu standardisierenden und automatisierenden Finanzprodukten und Services. Die Fintechs haben die Fähigkeit, Technologien effizient einzusetzen und die Adaptionsgeschwindigkeit (Zeit bis der Kunde die Technologie in den Alltag integriert hat), zu minimieren. Ein Beispiel dafür ist die digitale Geldbörse (Digital Wallet). Fintechs gelingt es, einen klassischen Dienst wie die Zahlung von Waren schneller, komfortabler und effizienter anbieten zu können, als es der traditionelle Weg (Überweisungen, Karten-/Bargeld-Zahlung) erlauben würde. Dabei stellen vornehmlich die geringeren Transaktionskosten der Fintechs gegenüber klassischen Anbietern wie Banken einen signifikanten Wettbewerbsvorteil dar.
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Dr. Stefan Huch ist Senior Manager bei Capgemini Consulting, einer Strategie- und Managementberatung, im Bereich Corporate Excellence & Transformation und Dozent/Lehrbeauftragter an der Universität Leipzig. Dr. Stefan Huch unterstützt bei Capgemini Consulting Banken und Corporates bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Transformationsstrategien im Payments.
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Schwerpunkt | Innovative Fintechs Zudem ist durch die Innovativität der Fintechs in den vergangenen Dekaden ein kontinuierlicher Anstieg der Arbeitsproduktivität in der Finanzwirtschaft zu verzeichnen. So ist der Anteil der Informations- und Kommunikationstechnologie (Schlüsseltechnologien) an der Bruttowertschöpfung signifikant gestiegen, was zu sogenannten innovationsinduzierten Investitionen (Kondratjew-Zyklus) führt und den Markt strukturellen Veränderungen unterwirft. Insbesondere diese innovationsinduzierten Investitionen spiegeln die Innovativität der Fintechs wider [2]. Auf Basis der typischen Charakteristiken der Innovativität von Fintechs lassen sich zu den bereits genannten Eigenschaften – Automatisierung und Standardisierung – noch weitere Wesensmerkmale aufführen, anhand derer typische Fallbeispiel innovativer Fintechs erläutert werden. Dazu zählen die Kundenorientierung, die Komplexität der angebotenen Dienstleistungen und Produkte, die Preis- und Kostentransparenz und der Automatisierungsgrad. Diese Eigenschaften werden in Abbildung 1 näher beschrieben. In Deutschland ist der Fintech-Markt noch sehr fragmentiert, was mitunter auf die fehlende einheitliche Definition beziehungsweise die weitumfassende Bezeichnung der digitalen Innovationen durch Startups im Finanzdienstleistungsbereich zurückzuführen ist. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass der Fintech-Markt und die Marktentwicklung in verschiedenen
Abb. 1
Übersicht wesentlicher Fintech-Merkmale und ausgewählte Marktbeispiele
Quelle: 2015 Capgemini Consulting. All rights reserved.
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Schwerpunkt | Innovative Fintechs Quellen unterschiedlich illustriert werden, beispielsweise bei der Angabe des Marktvolumens und der Wachstumsraten. Eine Möglichkeit, die Marktgröße verlässlich abzuschätzen, ist es, die Anzahl der registrierten Fintechs in relevanten Geschäftsfeldern des Marktes zu betrachten. Gemessen an der Anzahl der im Jahr 2015 identifizierten (zum Beispiel mithilfe Innovationsgrad, Tätigkeitsumfeld, Gründungsdatum) Fintechs lässt sich ein Branchenmuster abbilden, in dem diese Firmen vornehmlich agieren. Die drei größten Geschäftsfelder sind dabei (Schätzung der Anzahl der Firmen in Klammer): 1. Finanzierung (118), 2. Geldanlage (34) und 3. Zahlungssysteme (27). Weitere nennenswerte Geschäftsfelder, in denen sich die Fintechs bewegen, sind unter anderem Versicherungen (17), Mobiles Bezahlen (9), Rechnungsstellung/Buchführung (7) und das Finanzmanagement (5) (vergl. [3]). Eine weitere mögliche Unterteilung der am Markt agierenden Fintechs ist in Abbildung 2 dargestellt. Dazu sind diese entlang der identifizierten Geschäftsfelder noch einmal nach ihren speziellen Tätigkeiten klassifiziert. Im Hinblick auf die Entwicklung nennenswerter technologischer Innovationen sind diese unter anderem in den Bereichen E-Commerce, Mobile
Abb. 2
Übersicht Fintech-Anbieter 2015
Ausgeprägte Kundenorientierung
• „Alles-aus-einer-Hand-Angebot“ • Bequemlichkeit und Zeitersparnis • Fortgeschrittener Digitalisierungsprozess von Vertriebs- und Kommunikationskanälen
Geringe Komplexität
• Komplexe Sachverhalte verständlich aufgebaut • Online einfach zu testen • Unkomplizierte Einrichtung bspw. eines Bezahldienstes
Hohe Preis- und Kostentransparenz
• Kosten nur für tatsächliche Nutzung der Dienste • Geringe Einrichtungsgebühren z. B. bei Bezahlungs-Gateway, Erwerb von SSLZertifikaten • Klar und einfach strukturierte Kosten
Hohe Standardisierung von Produkten
• Schnelligkeitsvorteile (z. B. Time-to-Market) • Geringe Transaktionskosten • Nutzen der Internet-Technologien
Hoher Automatisierungsgrad der Prozesse
• Multi-Channel-Fähigkeit • Hohe Adaptivität der Lösungen • Beschleunigung durch One-Klick oder Self-Check-Outs
Quelle: 2015 Capgemini Consulting. All rights reserved.
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Schwerpunkt | Innovative Fintechs Payment, Crowdlending, -investing, -funding sowie Business Intelligence zu finden. Crowdlending bezeichnet über das Internet vermittelte Kredite, die von mehreren Privatpersonen an andere Privatpersonen oder Unternehmen vergeben werden. Crowdfunding und Crowdinvesting sind Finanzierungsmöglichkeiten, um für Projekte und Existenzgründungen Kapital zu sammeln beziehungsweise Kapital in aussichtsreiche Projekte zu investieren. Die Unternehmen bewegen sich vorwiegend in den Geschäftsfeldern Payments, Kreditvergabe und Privatanleger. 2015 existierten bereits mehr als 31 alternative Online-Finanzierungsplattformen in Deutschland. Dies entsprach einem Marktvolumen von rund 140 Millionen Euro. Das Gesamtvolumen des von 2011 bis 2015 durch Crowdfunding eingesammelten Kapitals in Deutschland lag bei rund 18,7 Millionen Euro. Im selben Zeitraum wurden durch das Crowdinvesting rund 41 Millionen Euro generiert [4]. Im Anschluss werden fünf Fintechs vorgestellt, deren Innovativität insbesondere einem der genannten Kernmerkmale entspricht. Dabei wird deutlich, dass den Fintechs zwar einzelne Besonderheiten zugeordnet werden können, aber oftmals mehrere Charakteristika gleichzeitig zutreffen.
Vaamo – der Kundenorientierte Vaamo Finanz AG ist keine Bank, sondern aufsichtsrechtlich ein Finanzanlagenvermittler. Als solcher nutzt Vaamo den Spielraum des Kreditwesengesetzes und vermittelt Investment-Anteile von europäischen Kapitalanlagegesellschaften an private Anleger. Der Anleger kann unabhängig vom Renditeziel einen monatlichen Betrag anlegen oder sparen. Vaamo investiert das Kapital stets in die gleichen Fonds, mit unterschiedlicher Verteilung. Je höher die gewünschte Rendite, desto höher der Aktienanteil. Empfohlen wird dem Kunden die standardisierte Regelung 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Anleihefonds. Dies entspricht auch der klassischen Aufteilung vieler Anlageberater. Innovation Die Besonderheit bei Vaamo liegt in der stark vereinfachten Methode der Geldanlagen am Kapitalmarkt. Sowohl Depoteröffnung als auch Risikomanagement können individuell und innerhalb weniger Minuten durchgeführt werden. Ein Beispielprozess verläuft in drei Schritten: 1. Angabe des Anlage- beziehungsweise Sparziels und des Gesamtbetrags 2. Applikation berechnet monatlichen Betrag 3. Bestätigung der Angaben Kundennutzen Der Vorteil für den Kunden liegt in einer einfachen Online-Geldanlage ohne Schulungsaufwand und Bank-/Investmentberater. Die Lösung ist so konzipiert, dass der Kunden ohne spezifische Fachkenntnisse im Finanzwesen agieren kann. Vaamo stellt klar die Kundenbedürfnisse einer einfachen, schnellen und individuellen Handhabung in den Mittelpunkt. Zudem bietet die Lösung einen Komplettservice zur Finanzplanung, inklusive
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Schwerpunkt | Innovative Fintechs Anlagekonzept und Umsetzung, wobei das Risikolevel (zum Beispiel ein Shift der Geldanlage von Anleihen zu Aktien) frei vom Kunden gewählt werden kann.
Kreditech – der Komplexitätsreduzierer Kreditech ist ein online Scoring-Startup. Der Algorithmus von Kreditech errechnet die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kunde seinen Kredit zurückzahlt. Allerdings nutzt Kreditech dafür nicht die deutsche Schufa, mit Fokus auf Versäumnisse der Vergangenheit, sondern durchsucht das Internet nach Charaktereigenschaften der Debitoren, um deren Bonität zu ermitteln. Insbesondere analysiert die Technologie gezielt Informationen von Facebook, Twitter, Amazon oder Ebay. Die Software setzt aus bis zu 8 000 Variablen ein Bonitätsmuster des potenziellen Schuldners zusammen. Innovation Auf Basis von 20 000 Datenpunkten werden Kunden in Kürze identifiziert und gescored. Das klassische Risikomanagement wird stark vereinfacht und die Abwicklung ist schneller als bei jedem anderen Kreditinstitut. Dabei werden nur Kleinkredite (500 Euro bis 2.500 Euro) mit kurzen Laufzeiten (in der Regel 30 Tage) vergeben. Die Bonitätsprüfung des Antragstellers erfolgt über Social-Media-Plattformen. Die Kreditauszahlung ist kurzfristig und erfolgt direkt im Anschluss an die positive Bonitätsprüfung, wobei der Cross-Selling-Ansatz eine wichtige Rolle spielt und dem Debitor weitere passende Finanzprodukte empfohlen werden. Kundennutzen Unabhängig von der Kredithistorie, dem Einkommen und dem Schuldenstand kann jeder Interessent Kunde werden. Eine Prüfung mittels eines etablierten Scoringsystems (zum Beispiel Schufa) ist nicht notwendig und hat keine Auswirkungen auf die Bonitätsprüfung. Die Kreditentscheidung erfolgt innerhalb weniger Sekunden und bei Zusage wird die Auszahlung innerhalb weniger Minuten veranlasst.
Payleven – der Preis- und Kostentransparente Das Geschäftsmodell von Payleven basiert auf dem Angebot einer App, mit der Händler Debit- und Kreditkartenzahlung mithilfe des Smartphones oder Tablets abwickeln können. Innovation Payleven bietet ein einheitliches Kostenmodell mit festgelegtem GebührenProzentsatz vom Transaktionswert an, was eine hohe Preis- und Kostentransparenz für Partner und Kunde schafft. Zudem fallen keine monatlichen Fixkosten an und die Investitionskosten für Chip- und PIN-Kartenleser (79 Euro im Gegenstück zu 400 bis 500 Euro für vergleichbare Kreditkartenleser) sind verglichen mit den Preisen der Banken geringer. Die Innovation liegt dabei in der Kommunikation aller Kosten, was nicht nur Transpa-
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Zusammenfassung
• Fintech-Unternehmen
haben die Eigenschaft, digitale Technologien innovativ und effizient einzusetzen. • Aufgrund einer fehlenden klaren und einheitlichen Begriffsdefinition ist der Fintech-Markt fragmentiert und schwer abzugrenzen. • Fintechs bieten vor allem standardisierte und leicht verständliche Produkte an, mit einer hohen Transparenz über die Kosten und Preise. • Der Beitrag stellt neben einer Diskussion des Fintech-Begriffs und einer Marktübersicht fünf Fintechs vor.
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Schwerpunkt | Innovative Fintechs renz gegenüber Kunden, sondern auch Wettbewerbern schafft und ein transparentes internes Prozessmodell bedingt. Kundennutzen Die Vorteile für den Kunden liegen in einer simplen Preisstruktur, einer potenziellen Umsatzsteigerung durch eine vereinfachte Anwendung von unterschiedlichen Zahlungsarten, in der Reduktion der Transaktionszeit, einer höheren Kundenzufriedenheit und der Gewährleistung erhöhter Sicherheit.
Traxpay – der Standardisierer Das Unternehmen Traxpay bietet eine Business-to-Business-Lösung für den Echtzeit-Zahlungsverkehr (Real-Time, Immediate Payment) an. Die Traxpay-Plattform kombiniert sichere und flexible elektronische Echtzeit-Zahlungen 24/7/365, was Banken aufgrund der bestehenden Batch-Läufe und Clearing/Settlement-Zeiten nicht möglich ist. Zudem werden über die Plattform sämtliche transaktionsrelevanten Daten in einem beliebig auf Kundenwunsch hin strukturierten oder unstrukturierten Format versandt.
Kernthesen
• Das „Top-Line Growth“ wird von Re-
gularien, technischen Innovationen sowie der Entwicklung des Markts und des Wettbewerbs beeinflusst. • Banken müssen sich zunehmend auf Anbieter von digitalen Zahlungsdienstleistungen durch Fintechs und neue technische Entwicklungen, wie etwa das mobile Bezahlen, einstellen. • Prozessuale und auch organisatorische Anpassungen des Geschäftsmodells sind die Folge, wollen die bisherigen Marktteilnehmer auch weiterhin am Wachstum partizipieren und langfristig am Markt bestehen.
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Innovation Traxpay bietet eine Verbindung zwischen Händlernetzwerken, Transaktionsdaten, Zahlungsströmen und Banking. Die Käufer und Lieferanten haben einen einheitlichen Blick über sämtliche ihnen zugeordneten Transaktionsdaten. Somit ermöglicht die Plattform eine Individualisierung des Einkaufs- und Rechnungssystems zwischen Käufer und Lieferanten. Zudem unterscheidet sich Traxpay von anderen Plattformen durch seine SAPzertifizierte Workflow-Engine, die Änderungen bezüglich des Wer, Was, Wann, Wo, Warum und Wie einer Zahlung automatisch überwacht und steuert. Gleichzeitig synchronisiert die Plattform sämtliche Daten, Veränderungen bei den Geschäftsbedingungen und die Transaktionen in Echtzeit. Kundennutzen Die Traxpay-Kunden profitieren primär von Kosteneinsparungen und einer besseren Kontrolle des Umlaufvermögens sowie von Echtzeitinformationen über den Cashflow und die Liquidität. Damit können die Kunden eine bessere Vorhersage über Zahlungsströme durchführen und das Working Capital leichter optimieren, da Zahlungen schneller und transparenter erfolgen. Zudem bietet die Plattform eine höhere Interaktionsfähigkeit zwischen den Wertschöpfungspartnern.
Payone – der Automatisierer Payone ist ein Anbieter ganzheitlicher Zahlungslösungen und mittlerweile einer der größten Zahlungsdienstleister Deutschlands. Das Unternehmen wickelt Zahlungen im E-Commerce ab und bietet gleichzeitig die Übernahme des Risikomanagements sowie des Debitoren- und Forderungsmanagements für Händler an.
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Schwerpunkt | Innovative Fintechs Innovation Die Lösung von Payone ermöglicht die Akzeptanz sämtlicher Zahlungsarten (e- und m-payment, Kartenzahlungen, Lastschriften, Überweisungen etc.) über eine zentrale Plattform. Dabei garantiert die Plattform eine vollautomatisierte und ganzheitliche Abwicklung aller Zahlungsströme im E-Commerce sowie eine parallele Risikoprüfung. Grundprinzip ist eine standardisierte Schnittstelle, welche durch eine einfache Integration in bestehende IT-Umgebungen implementiert wird. Zudem erlaubt die Plattform die Integration von Cross-Selling Services, wie einem automatisierten Forderungsmanagement. Kundennutzen Die Kunden, Online-Händler, profitieren von einer einfachen Integration ihrer Zahlungsströme über eine standardisierte Schnittstelle. Es sind keine Installations- und Update-Prozesse notwendig, da Payone Software-as-aService (SaaS) anbietet. Dies wiederum bietet den Händlern eine hohe Flexibilität bei der Akzeptanz von Online-Zahlungen und eine Vielzahl standardisierter Produkte/Services am Point of Sales „aus einer Hand“. Die Besonderheit der Fintech-Unternehmen ist, dass diese keine gänzlich neuen Produkte und Dienstleistungen anbieten, sondern sich von den etablierten Marktteilnehmern durch eine spürbar höhere Kundenorientierung in ihren Angeboten abgrenzen, wie die genannten Wesensmerkmale verdeutlichen. Insbesondere die geringe Komplexität beziehungsweise hohe Standardisierung bei den Produkten und -dienstleistungen sowie der hohe Automatisierungsgrad ermöglichen es den Fintechs, Kosten- und Schnelligkeitsvorteile (zum Beispiel Time-to-Market) zu erwirtschaften. Deutlich wird dies vor allem im Vergleich der Marktangebote. So gibt es beispielsweise deutlich mehr e- und m-Payment Lösungen und Pilotprojekte von deutschen Fintechs (zum Beispiel Payleven, Sumup, izettle, go4q, iPayst, Kesh, paycash, paij, qooqo, sqwallet, payworks, Billpay, zahlz, Laterpay, paywithatweet) als von Banken, obwohl die Kunden ihr Vertrauen für Zahlungslösungen noch immer gegenüber den Banken aussprechen. Wollen jedoch die Banken künftig ihre Marktanteile in den einzelnen Produkt- und Servicebereichen nicht an Fintechs verlieren, müssen diese ihre komparativen Wettbewerbsvorteile nutzen. Zu den wertvollsten Wettbewerbsvorteilen zählen unter anderem die spezifischen Finanzkompetenzen, wie Risiken einschätzen, bewerten und managen, die Wahrung der Diskretion und Gewährleistung der Sicherheit von vertraulichen Kundenzahlungsdaten – insbesondere hinsichtlich kundenspezifischer digitaler Daten – sowie die langjährigen Erfahrungen mit sich ständig ändernden regulatorischen Vorgaben und deren kontinuierliche Umsetzung im Zahlungsverkehr. Zudem haben die Banken in ihrer Historie bereits eine Vielzahl von Marktentwicklungen durchlaufen und zahlreiche externe Schocks erlebt, wobei sie immer wieder Strukturen und Prozesse anpassen mussten. Dementsprechend können die Banken ein entspre-
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Handlungsempfehlungen
• Um als Bank gegenüber dem Wettbewerb bestehen zu können und langfristig erfolgreich zu sein, gilt es 24/7/365 benutzerfreundliche Produkte und schnelle Services bei transparenten Preisen und Kosten zu individualisieren sowie auf den Lifestyle der Generation Y hin maßzuschneidern. • Die Digitale Transformation berücksichtigt alle fachlichen und technologischen Herausforderungen, denen Banken vor dem stetig ansteigenden Wettbewerb durch Fintechs gegenüberstehen, und hilft, eine einheitliche und abgestimmte Strategie zu verfolgen.
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Schwerpunkt | Innovative Fintechs chendes Krisenmanagement vorweisen, welches sich bei einer Vielzahl von internen Restrukturierungsprojekten bewährt hat und auch jetzt zum Einsatz kommen kann, um eine Digitalisierungsstrategie erfolgreich aufzusetzen. Dazu können die etablierten Markteilnehmer im Zuge des digitalen Strukturwandels von den Fintechs lernen. Beispielhaft lassen sich sechs mögliche Ansatzpunkte identifizieren, mit denen die etablierten Marktteilneher ihre Marktpositionierung stärken können. Wie in Abbildung 3 dargestellt zählen dazu: 1. Individualisierung von Produkten und Services, 2. Erweiterte Verfügbarkeit, zum Beispiel 24/7/365 von Angeboten, 3. Eine erhöhte Benutzerfreundlichkeit, 4. Integration des Lifestyles wie der Y-Generation, 5. Erhöhte Transparenz für Preise und Kosten sowie 6. Verbesserte Geschwindigkeit in der Abwicklung. Mittel- bis langfristig sollten die Banken eine allumfassende Digitalisierungsstrategie in den ausgewählten Geschäftsbereichen vorweisen können und dieser die entsprechende Priorität beimessen, auch wenn das Top-Line Growth künftig weiterhin von regulatorischen Vorgaben und technischen Innovationen geprägt sein wird [5]. Im Vergleich zu den internationalen Fintech-Märkten, wie den USA oder UK, liegt Deutschland in der Entwicklung der Fintechs deutlich zurück. Allein in den USA beträgt der Anteil von Fintech Unternehmen ca. 60 Prozent am Gesamtfinanzmarkt.
Abb. 3
Einflussfaktoren der Fintech auf Banken
Einflussfaktoren Fintech auf Banken und Sparkassen Individualisierung Fintech-Produkte werden kundenspezifisch individualisiert
Verfügbarkeit Fintech-Lösungen sind für den Nutzer jederzeit verfügbar
Benutzerfreundlichkeit Komplexe Sachverhalte werden einfach vermittelt
Einflussfaktoren von FintechUnternehmen auf Finanzdienstleister
Lifestyle Bewusste Abgrenzung der Kunden gegenüber traditionellen Anbietern
Transparenz Transparente Aufschlüsselung der für den Nutzer anfallenden Gebühren
Schnelligkeit Bezahlvorgang wird im Vergleich zu traditionellen Methoden abgekürzt
Quelle: 2015 Capgemini Consulting. All rights reserved.
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Schwerpunkt | Innovative Fintechs Im Hinblick auf die Entwicklung des Marktes und der traditionellen Marktteilnehmer ist eine allumfassende Digitalisierungsstrategie mit einer hohen Priorität zu empfehlen, wenn traditionelle Marktteilnehmer ihre Wettbewerbsfähigkeit in Zukunft sichern wollen. Vor allem in den Bereichen Finanzierung, Geldanlage und Zahlungssysteme, wo die Fintechs bereits sehr dominant sind, ist ein Handeln der Banken notwendig, wollen diese nicht noch mehr Marktanteile an die Fintechs verlieren. Dabei ist es für die Bank besonders wichtig, wie Vaamo auf die Kundenorientierung oder wie Payleven auf die Preis- und Kostentransparenz zu achten. Allein die Notwendigkeit von Kostenreduzierungen ist bereits durch die enorm unter Druck geratenen Margen, wie die regulatorisch stark gekürzte Interchange Fee, von Bedeutung. Erschwerend lässt sich anführen, dass die Banken den noch immer zu bewältigenden Altlasten aus der Finanzkrise, der Herausforderung eines sich ändernden Konsumverhaltens sowie zunehmenden regulatorischen Vorgaben seitens der Europäischen Union gegenüberstehen, weshalb diese derzeit einen radikalen Transformationsprozess durchlaufen, was mittelfristig eine hohe Liquidität und eine Vielzahl von Ressourcen binden wird. Folglich müssen die Banken die geforderte Marktinnovativität und bedingte regulatorische Transformation künftig miteinander verbinden. Literatur [1] Capgemini (2016): Capgemini Analysis. Projektergebnisse. Zusammenfassung von Inhalten und Ergebnissen aus Projekten im Zahlungsverkehr. With assistance of Stefan Huch, Martina Weimert. Edited by Stefan Huch. Capgemini Consulting. Frankfurt am Main. [2] Fritsch, Michael (2010): Marktversagen und Wirtschaftspolitik. Mikroökonomische Grundlagen staatlichen Handelns. 8., überarb. München: Vahlen. [3] Förster, Nikolaus (2015): Die Bank auf dem Handy, Impulse Medien GmbH, Nr. 6/2015, Seite 82 – 84 [4] Cambridge Judge Business School (2015) Moving Mainstream – The European Alternative Finance Benchmarking Report 2015, Page 14. [5] Huch, Stefan (2013): Die Transformation des europäischen KartengeschäftsInhalte und Auswirkungen der europäischen Liberalisierung und Harmonisierung des Zahlungsverkehrs basierend auf der PSD und SEPA der Europäischen Union im Kartengeschäft. Stuttgart: Gabler Springer.
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