Mund Kiefer GesichtsChir 2001 · 5 : 2–16 © Springer-Verlag 2001
Übersicht U. Joos · J. Piffko · U. Meyer Klinik und Poliklinik für Mund-,Kiefer- und Gesichtschirurgie,Universität Münster
Neue Aspekte in der Versorgung von Unterkieferfrakturen
Zusammenfassung Hintergrund: Das Ziel von chirurgischen Maßnahmen zur osteosynthetischen Versorgung von Unterkieferfrakturen besteht in der knöchernen Stabilisierung und Ausheilung des Frakturspalts.Es ist dabei anerkannt, dass der Abstand und die Bewegung der knöchernen Fragmente die Frakturheilung entscheidend beeinflussen. Literatur: Die unter dem Begriff Stabilität verstandene Fragmentfixation wird in der Literatur nur ungenau definiert.Genaue biomechanische Daten zum Frakturspaltverhalten unter Belastung sind kaum erhältlich. Daneben sind die Zell- und Gewebeprozesse einer mechanisch modulierten Knochenregeneration nur unzureichend bekannt. Modell: In diesem Artikel wird ein tierexperimentelles Modell zur Evaluierung der Reaktion des knöchernen Regeneratgewebes auf das Vorhandensein von Mikrobewegung beschrieben.In einem In-vitro-Modell wurde zudem die Stabilität von mit verschiedenen Osteosynthesesystemen versorgten Unterkieferfrakturen quantitativ determiniert.Die Implikation dieser Versuche für die osteosynthetische Versorgung von Unterkieferfrakturen wird diskutiert. Schlüsselwörter Unterkieferfraktur · Osteosynthese · Frakturbehandlung
2
Mund Kiefer GesichtsChir 1 · 2001
D
ie Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen (AO Schweiz) stellte 1958 erstmalig allgemein gültige Richtlinien für die systematische Frakturversorgung auf. Ziel der chirurgischen Versorgung sollte eine
∑ ∑ ∑ ∑
exakte anatomische Reposition, funktionsstabile Fixation, Erhaltung der Blutzirkulation in den Knochenfragmenten und frühzeitige aktive Mobilisierung sein.
Diese für die Extremitätenchirurgie eingeführten Prinzipien wurden dann von Schilli [76], Spiessl [79] und Luhr [45] auf den Gesichtsschädel übertragen. Besondere Bedeutung wurde einer „absolut“ stabilen Versorgung mittels dynamischer Kompressionsosteosynthesen beigemessen, die nur durch entsprechend rigide Plattensysteme und bikortikale Verschraubung zu erreichen war. Aufgrund der anatomischen Gegebenheiten am Unterkiefer konnten diese Systeme nur basal im Bereich der Druckzone angebracht werden. Eine derart durchgeführte stabile Frakturversorgung am Unterkiefer erlaubte die sofortige Funktion, führte aufgrund der Kompression am Frakturspalt zu einer so genannten direkten oder primären Frakturheilung und war deswegen auch weniger infektanfällig. Zwangsläufig resultierte aus dieser Vorstellung, dass die bis dahin aus Infektionsgründen von extraoral durchgeführten Frakturversorgungen von intraoral erfolgen konnten [76]. Nachteil dieser rigiden Systeme ist, dass sie, um Fragmentdislokationen zu ver-
Abb. 1 Ungenaue Fragmentfixation einer Medianfraktur bei Verwendung einer 2.4-AO-DCP-Platte
meiden, äußerst exakt angebogen werden müssen, was große Anforderungen an den Operateur stellt und nicht selten Ursache für Misserfolge ist (Abb. 1). Neben der Entwicklung dieser funktionsstabilen Osteosynthesen wurde insbesondere durch Champy u. Lodde [7] die Fixation mit übungsstabilen Miniplatten am Unterkiefer eingeführt. Diese Systeme wurden mit monokortikaler Verschraubung im Bereich der Zugzone angebracht und konnten somit wesentlich graziler gestaltet werden. Die Platte sollte hierbei lediglich die Fraktur fixieren, während die eigentliche Stabilisierung durch den Kiefer mit der anhaftenden Muskulatur erfolgte [8]. Vorteil-
Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. U. Joos Klinik und Poliklinik für Mund-, Kieferund Gesichtschirurgie, Universität Münster,Waldeyer Straße 30, 48149 Münster Tel.: 0251-8347004, Fax: 0251-8347203
Mund Kiefer GesichtsChir 2001 · 5 : 2–16 © Springer-Verlag 2001
U. Joos · J. Piffko · U. Meyer
New aspects in mandibular fracture treatment Abstract Background: The aim of osteosynthetic mandibular fracture treatment is a bony bridging of the fracture gap.The gap distance and the fragment movement determine the micromovement in the gap tissue. They are known to be the main factors associated with the clinical outcome of fracture treatment. Literature: The term fracture stability and the underlying mechanically modulated tissue reactions are not well described in the literature. Model: In this article we describe experimental results of strain related bone regenerate reactions in vivo.Additionally, in an in vitro model of osteosynthetic fracture treatment micromovements in the sense of bone strains were determined in the gap area.Implications for the osteosynthetic treatment of mandibular fractures are discussed on the basis of our biological and biomechanical results. Keywords Mandibular fracture · Osteosynthesis · Fracture treatment
haft war die einfache Adaption der dünnen Platten von intraoral mit lediglich monokortikaler Verschraubung im Bereich der Zugzone. Es zeigte sich rasch, dass Frakturen mit diesen miniaturisierten Platten ebenfalls zufrieden stellend versorgt werden konnten, wenn auch insbesondere bei komplexen Frakturen mit Instabilitäten und höherer Infektionsanfälligkeit gerechnet werden musste [15, 35, 57, 66]. Während die Jahre 1975–1985 von dem Streit der Anhänger dieser 2 unterschiedlichen Systeme – funktionsstabil vs. übungsstabil – geprägt waren, zeigte sich, dass kein differenziertes Konzept bei der Wahl des zu verwendenden Systems vorlag.Verschiedene Studien zeigten, dass mehrere Faktoren (Frakturlokalisation, okklusale Verhältnisse, Weichteilbedingungen, allgemeine Faktoren) einen wesentlichen Einfluss auf den Heilungsverlauf nehmen [77]. Es lag deshalb nahe, ein differenziertes Stufenkonzept zu entwickeln, in welches die für die Verwendung der Plattensysteme wichtigsten Faktoren einfließen sollten [83]. In einer klinischen Studie zeigte sich, dass ein auf die jeweilige Frakturlinie bezogener Frakturscore ein entscheidender Parameter sowohl für die Wahl des Versorgungsmodus als auch für die Prognose des klinischen Ergebnisses war [35]. In dieser Untersuchung zeigte sich, dass unterschiedliche Frakturen nicht nur verschiedene Osteosynthesesysteme, sondern auch eine auf jede Frakturlinie bezogene differenzierte Behandlungsmethode erfordern. In den vergangenen 10 Jahren etablierte sich für bestimmte Indikationen im Kraniofazialbereich das von Ilizarov eingeführte Verfahren der Kallusdistraktion, welches den Vorstellungen einer unter rigider knöcherner Fixation zu erfolgenden Knochenheilung diametral entgegensteht [29, 30]. Osteotomiespalte konnten mittels dieses Verfahrens durch gerichtete Kräfte in einem dynamischen System ständig gedehnt werden und dadurch zu einer Verlängerung des Knochens führen, der nach übungsstabiler Fixation zu einer regelrechten knöchernen Ausheilung führte. Diese Gegensätze der Anwendung verschiedener klinischer Verfahren zur Ausheilung knöcherner Läsionen (Frakturspalt, Osteotomiespalt, Distraktionsspalt) zeigen, dass eine absolut stabile Fixation von Fragmenten keine Conditio sine qua
non für die Knochenheilung bedeutet. Für das Verständnis der Frakturheilung unter Belastung ist es daher wichtig, die biologischen und biomechanischen Grundlagen solch scheinbar verschiedenartiger Reparaturmechanismen der Knochenheilung näher zu betrachten.
Biologische Grundlagen der Knochenheilung Die Frakturheilung hängt entscheidend von der bemerkenswerten Fähigkeit des Knochens zur Regeneration ab. Dieser Vorgang wird als äußerst dynamischer Prozess verstanden, der von der mechanischen Belastung abhängt [5, 23, 41, 43, 60]. Obwohl zahlreiche Beobachtungen das von Julius Wolff (1892) inaugurierte Konzept der mechanisch kontrollierten Frakturheilung unterstützen, ist der exakte Reparationsmechanismus noch nicht endgültig geklärt [48, 70]. Die biologisch relevanteste Theorie ist die „Mechanostathypothese“, die von Frost [20, 21] entwickelt wurde. Diese einzigartige Theorie gibt Grenzwerte für die mechanisch bedingte Verformung von Osteoblasten an, die als physiologisch oder unphysiologisch angesehen werden. Wenn lokale mechanische Signale im Knochen die untere Grenze im physiologischen Bereich, die so genannten minimalen effektiven Strains (strain ist definiert als Längenzuwachs dividiert durch die Originallänge und somit dimensionslos), unterschreiten, finden atrophische Vorgänge statt. Überschreiten dagegen die mechanisch bedingten Zellverformungen den physiologischen Bereich, findet eine Dedifferenzierung der Zellen statt, die klinisch als Faserknochen- oder Bindegewebebildung sichtbar wird. Lanyon et al. [43] demonstrierten, dass die Dehnungsbelastungen sowie das daraus resultierende Regenerationsvermögen von Knochen bei den verschiedenen Vertebraten ähnliche Größenordnungen aufweisen. Von daher ist es möglich, die Zell- und Gewebereaktion von Knochenzellen bezogen auf die relativen Verformungen an verschiedenen Vertebraten (Mensch, Pferd, Kaninchen, Ratte) zu untersuchen und die Ergebnisse auf andere Spezies relevant zu übertragen. Der Vorgang der Kallusbildung wird durch einen auf zellulärer Ebene grundsätzlich gleichen Prozess charakterisiert, Mund Kiefer GesichtsChir 1 · 2001
3
Übersicht der unter adäquaten Bedingungen die Differenzierung von mesenchymalen Vorläuferzellen in Osteoblasten begünstigt [1, 13, 29, 30]. Die Distraktionsosteogenese als In-vitro-Modell, ähnlich wie die Zelldehnung in Zellkulturexperimenten als In-vivo-Modell, wurde herangezogen, um die Rolle der interfragmentären Strains in der Frakturheilung zu untersuchen. Dabei konnte gezeigt werden, dass sowohl die Art als auch das Ausmaß der Gewebedifferenzierung von der Größe der applizierten uniaxialen Kräfte abhängig sind [12, 34, 50]. Kürzlich konnte darüber hinaus in experimentellen Studien gezeigt werden, dass sich die Reparationsvorgänge bei der Osteodistraktion nicht prinzipiell von der Kallusbildung oder der direkten osteonalen Knochenheilung (so genannte primäre Knochenheilung) unterscheiden. Histologische Befunde in distrahierten Knochensegmenten machten die parallele Existenz von Chondrogenese, membranöser Knochenbildung und enchondraler Knochenbildung evident [37, 40, 81, 85]. Die Differenzierung von Osteoblasten und Chondroblasten wird dabei zurzeit kontrovers diskutiert. Schwerpunkt der Diskussion ist die Frage nach gleichzeitigen oder unterschiedlichen Differenzierungswegen beider Zellen. Einige Autoren nehmen an, dass beide Zelltypen unterschiedliche und irreversible Differenzierungswege durchlaufen, die jeweils zu reifen und stabilen Phänotypen führen [2, 32, 59, 61]. Neuere Untersuchungen gehen dagegen von einer unterschiedlichen phänotypischen Erscheinung einer Zellart aus [27]. So konnte gezeigt werden, dass die enchondrale Knochenmatrix in einem Kallus aus einem Gemisch besteht, welches sowohl von Osteoblasten als auch von Osteozyten produziert wurde [72, 73]. Yasui et al. [85] zeigten, dass Chondrozyten, die einer mechanischen Belastung unterzogen wurden, die Kollagensynthese von knorpelspezifischem Kollagen Typ II zu knochenspezifischem Kollagen Typ I änderten.Wie dieser Prozess in vivo abläuft, ist jedoch nicht näher bekannt. Zahlreiche Untersuchungen wurden durchgeführt, um den Einfluss mechanischer Belastungen auf anabole Prozesse von Osteoblasten zu untersuchen; dagegen ist über deren Einfluss auf katabole Gewebeprozesse nur wenig bekannt. Neben nekrotischen Gewebsuntergängen ist es der apoptotische Zell-
4
Mund Kiefer GesichtsChir 1 · 2001
tod, der einen Einfluss auf dynamische Regenerationsprozesse nehmen kann. Neuere Studien demonstrierten mittels lichtmikroskopischer Untersuchungen, dass Osteoblasten durch einen unklaren apoptotischen Mechanismus aus dem Frakturbereich entfernt werden [41, 42]. Einzelheiten über die Rolle der Apoptose sind dabei jedoch weitgehend unbekannt. Da bezogen auf die Versorgung von Unterkieferfrakturen die funktionelle Knochenheilung die Regeneration knöcherner Strukturen unter mechanischer Belastung beinhaltet, ist es notwendig, diese biologischen Prozesse der Knochenheilung unter biomechanischen Gesichtspunkten zu beachten. Von analytischer Seite scheinen 3 Gegebenheiten für die Evaluierung der Frakturheilung von besonderer Bedeutung zu sein:
∑
∑
∑
Aus biomechanischer Sicht ergibt sich aus der Form und den Materialeigenschaften des Unterkiefers und der verwendeten Osteosynthesesysteme sowie den darauf einwirkenden Kräften das Verformungsverhalten sowohl in den Knochenfragmenten als auch im Frakturspaltbereich. Aus biologischer Sicht ist die für jeden Bereich des Knochens resultierende Gewebe- und Zellverformung der entscheidende Stimulus für die Gewebereaktion. Die osteoblastäre Zellreihe (Vorläuferzelle, Osteoblast, Osteozyt) stellt den Hauptdeterminator der Gewebereaktion dar.
Zielsetzung Auf der Basis dieser Voraussetzungen sollten durch die Entwicklung eines Invivo-Simulationsmodells (mechanische Modulation der Knochenregeneration) Aussagen über mechanisch modulierte Knochenregenerationsprozesse getroffen werden. Der Schwerpunkt der Untersuchung lag dabei auf der zellulären und subzellulären Ebene der verformungsabhängigen Knochenheilung. Das belastungsabhängige Verformungsverhalten des Unterkiefers wurde anschließend in einem neu entwickelten Frakturmodell experimentell und numerisch überprüft. Klinisches Ziel war es, an unterschiedlichen Osteosynthesesystemen zu
prüfen, ob sie den biologischen Erfordernissen einer optimalen Frakturheilung genügen. Basierend auf den experimentellen Untersuchungen wurde ein neues Plattensystem für die Frakturversorgung des Unterkiefers entwickelt und getestet.
Mechanische Modulation der Knochenregeneration Material und Methode Als Versuchstiere dienten 48 weibliche weiße New-Zealand-Kaninchen mit einem Gewicht zwischen 2600 und 3000 g. Unter bilanzierter Allgemeinanästhesie bei erhaltener Spontanatmung wurden durch extraoralen Zugang nach Ablösung des Periosts unter Nervenschonung der Unterkiefer mit einer Kugelfräse (Durchmesser 1 mm) kortikotomiert und ein Distraktor (Fa. Leibinger, Typ Vazquez/Diner) eingebracht. Die Kortikotomielinie verlief dorsal des Foramen mentale zwischen Molarenbereich und Symphyse in vertikaler Richtung. Nach Funktionsprüfung des Distraktors, der senkrecht zur Kortikotomielinie angebracht wurde (Abb. 2), erfolgte ein schichtweiser Wundverschluss inklusive des Periosts mit Vicryl und mit 4-0-Prolene. Die Randomisierung der Versuchstiere erfolgte in 8 Gruppen mit 6 Kaninchen pro Gruppe (Tabelle 1). Die Dehnungsapplikation erfolgte nach einer Latenzzeit von 4 Tagen entweder 1-mal pro Tag oder 10-mal pro Tag in Abständen von 1 h. Bei der Berechnung der Absolutwerte bezog sich der Anfangswert bei allen Tieren auf eine Kortikotomiebreite von 1 mm. Die interfragmentäre Dehnung (in strain) wird aus dem Quotienten der durch die Dehnungsapplikation neu entstandenen und der vor-
Abb. 2 Schema der Distraktorposition bei der unilateralen Verlängerung des Unterkiefers
Tabelle 1
Experimenteller Versuchsaufbau und klinische Ergebnisse Gruppe
Anzahl von Tieren
Kortikotomie
Dehnungsausmaß
Dehnungszyklen
Knochenverlängerung [mm]
Overjet [mm]
I II III IV V VI VII VIII
6 6 6 6 6 6 6 6
Nein Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja
– 0 mstrain 2000 mstrain 2000 mstrain 20.000 mstrain 20.000 mstrain 200.000 mstrain 300.000 mstrain
– – 1-mal/Tag 10-mal/Tag 1-mal/Tag 10-mal/Tag 1-mal/Tag 1-mal/Tag
0 0 ± 0,01 0,02 ± 0,01 0,22 ± 0,02 0,20 ± 0,02 7,31 ± 0,2 6,2 ± 0,2 13,7 ± 0,4
–1,5 –1,5 ± 0,2 –1,5 ± 0,3 –1,2 ± 0,3 –1,3 ± 0,2 +6,8 ± 0,6 +5,8 ± 0,8 +11,2 ± 1,5
ausgehenden Spaltbreite berechnet. Dabei entsprechen 1000 mstrain einer relativen Verlängerung von 0,1%, 10.000 mstrain einer Verlängerung von 1% und 100.000 mstrain einer Verlängerung von 10%. Nach Abschluss der Versuche wurden die Tiere mit intrakardialer Injektion von 2 ml T61 getötet, der Unterkiefer beidseits vom anhängenden Weichgewebe gelöst und entnommen. Mittels diamantierter Säge wurde unter Kühlung mit physiologischer Kochsalzlösung der Knochen zwischen den beiden kortikotomiespaltnahen Fixationsstiften in toto entnommen. Das Explantat wurde anschließend in horizontaler Ebene mit einer Klinge geteilt und das kraniale Fragment in Paraformaldehyd eingelegt. Das kaudale Fragment wurde mittels Klinge in 3 weitere Teile unterteilt. 2 Explantate wurden in Glutaraldehyd fixiert und 1 Teil in flüssigem Stickstoff schockgefroren.
Histologische Untersuchungen Für die histologischen Untersuchungen wurden die Proben in 4%igem Paraformaldehyd fixiert, sequenziell entkalkt und in Paraffin eingebettet. Es wurden Serienschnitte in einer Schichtdicke von 12 mm in horizontaler Ebene angefertigt und mit Hämatoxylin-Eosin sowie Azan gefärbt. Eine Anfärbung der sauren Mukopolysaccharide erfolgte mit einer Kombinationsfärbung aus Alzianblau, Alziangrün und Kernrot. Von den in Paraffin eingebetteten Gewebeschnitten wurden 12 mm dicke azangefärbte Schnitte angefertigt und nach einem numerischen Bewertungs-
system basierend auf den Beschreibungen von Linde u. Hedner [44] sowie Schilling et al. [78] ausgewertet. Die histologischen Schnitte wurden nach verschiedenen unabhängigen Knochenindizes bewertet:
wie Anti-Kollagen-Typ-II-Antikörper (Klon 5B2–5, Fa. Quartett, Berlin). Abschließend wurden die Schnitte mit Mayer-Hämatoxylin gegengefärbt.
∑
Die DNA-Fragmentation von Zellen wurde durch eine modifizierte terminale transferasemediierte digoxigeningekoppelte Nick-and-labeling-Methode (TUNEL) entsprechend der Beschreibung von Gavrieli et al. [24] analysiert. Die TUNEL-positiven Zellen wurden dann in jedem Schnittpräparat gezählt, die Zählung erfolgte an verschiedenen Stellen der Schnittpräparate unter Verwendung eines Lichtmikroskops (Vergr. 40:1).
∑ ∑ ∑ ∑ ∑ ∑ ∑
Ausmaß der knöchernen Überbrückung (1), Grad der Knochenreife (2), Vorhandensein von Knochenmarkbereichen (3), Expression von Osteokalzin (4), Anzahl von Zellen pro mm2 (5), Anzahl von Osteoblasten pro trabekulärer Knochenoberfläche (6), Vorhandensein von knorpelähnlichen Gewebebereichen (7) sowie Anteil von TUNEL-positiven Zellen (8).
Die histomorphometrischen Parameter wurden entsprechend den Kriterien der ASBMR (American Society for Bone and Mineral Research Histomorphometry Nomenclature Committee) bestimmt.
Immunhistochemie Für die Immunhistochemie wurde paraffineingebettetes Gewebe in der Stärke von 12 mm geschnitten. Die Proben wurden in trisgepufferter Kochsalzlösung mit den primären Antikörpern in einer wasserdampfgesättigten Kammer für 16 h bei 4 °C inkubiert. Zur Verwendung kamen dabei Antiosteokalzinantikörper (Klon OC4–30, Fa. Takara, Japan), Antiosteonektinantikörper (Klon OSN4–2, Fa. Takara, Japan), monoklonale AntiKollagen-Typ-I-Antikörper (Klon COL-1, Fa. Immunochemicals, Deutschland) so-
DNA-Fragmentation
Rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen Für rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen wurden die entnommenen Proben in 2,5%igem Glutaraldehyd in 0,1 M PBS (pH 7,3) fixiert, in einer aufsteigenden Äthanolreihe dehydratisiert und die Präparate anschließend in einem Punkttrockner getrocknet. Die Oberflächenbeschichtung mit Gold unter Vakuum wurde unter Zuhilfenahme eines Polarenbedampfers erreicht. Die Untersuchung der Präparate erfolgte mit einem DSM960-Rasterelektronenmikroskop von Zeiss bei einer Beschleunigungsspannung von 15 kV.
Transmissionselektronenmikroskopie Für die Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) wurden die Proben in Mund Kiefer GesichtsChir 1 · 2001
5
Übersicht 2,5% Glutaraldehyd in 0,1 M PBS (pH 7,3) für 3 h fixiert. Nach Waschen mit 0,1 M PBS wurde eine Kontrastierung mit einer 1%igen OsO4-Lösung in 0,1 M PBS für 1 h angeschlossen. Nach Auswaschen erfolgte die Dehydratisierung der Proben in einer aufsteigen Äthanolreihe. Eingebettet wurde in Epon bei 60 °C für 24 h. Die Untersuchungen wurden mit einem Philips-EM301-TEM bei einer Spannung zwischen 20 und 100 kV sowie einem Philips-CM10-TEM und -CM20-TEM bei 100 bzw. 200 kV durchgeführt.
bereiche in jeder gewünschten Größe und Lage erzeugt werden.
Biochemische Untersuchungen Für biochemische Untersuchungen wurden Serumproben am Tag der Operation, vor Beginn sowie am Ende der Distraktionsperiode gewonnen. Die Serumproben wurden abzentrifugiert und der Überstand bei –20 °C gelagert. Untersucht wurden:
Quantitative Elementanalyse Für die quantitative Elementanalyse (EDX) wurden aus dem Bereich des Distraktionsspalts kleine, etwa 1 mm große Bruchstücke gewonnen und mit einer gekühlten Pinzette in flüssiges Propan bei –270 °C gelegt. Nach kurzer Abkühlzeit erfolgte das Überführen der Proben in flüssigen Stickstoff. Die Gefriertrocknung der schockgefrorenen Proben erfolgte bei –80 °C und einem Druck von 0,15 Pa. Anschließend wurden die Proben langsam auf 0 °C aufgewärmt und eine Vakuumeinbettung durchgeführt. Für die quantitative Elektronenstrahlmikroanalyse wurden das Philips-EM301TEM (Rastereinheit Philips-PW-6.570) sowie ein energiedispersives Röntgenmikroanalysesystem (EDAX-SW-9100) verwendet. Das Mikroskop wurde mit einer angelegten Spannung von 80 kV, Strahldurchmessern von 40–150 nm und Strahlströmen von 0,5–5 nA betrieben. Für die Stemmbilder wurden in der Regel die Signale des Rückstreu- und Transmissionsdetektors addiert. Durch entsprechend vorgenommene Ergänzungen konnten Punktmessungen, Linescanmessungen und rechteckige Mess-
6
Mund Kiefer GesichtsChir 1 · 2001
Ergebnisse Histologische Befunde
∑ ∑
Elektronenstrahldiffraktionsanalyse Die Elektronenstrahldiffraktionsanalyse (EDA) erfolgte an den gleichen Präparaten, die auch für die Transmissions elektronenmikroskopie verwendet wurden. Die Kontaktzeit der Schnitte im Wasser im Mikrotom wurde auf wenige Sekunden begrenzt, um eine Lösung oder Umverteilung der Kristalle durch Wasser zu verhindern. Die Untersuchung erfolgte in einem Philips-CM10Elektronenmikroskop bei einer Beschleunigungsspanne von 80 kV.
können. Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen wurden über den Wilcoxon-Test determiniert. P-Werte < 0,05 wurden auch hier als signifikant angesehen. Zur Bestätigung der Varianzannahme der TUNEL-positiven Zellen bei der In-situ-Detektion apoptotischer Zellen dienten der Hartley-F-max- und der Barlett-c2-Test.
∑ ∑
Prostaglandin (PGE2), Transforming growth factor b1 (TGF-b1), Insulin-like growth factor (IGF-1), Kollagen Typ I cross-linked C-Telopeptid (ITCP). Statistische Methoden
Die Darstellung der Messwerte erfolgte im Allgemeinen durch die Angabe des Mittelwerts sowie der Standardabweichungen. Um zu bestimmen, ob die Werte verschiedener Gruppen signifikant verschieden voneinander waren, wurde eine nichtparametrische Varianzanalyse (Kruskal-Wallis-Test) durchgeführt. Dabei wurde ein Signifikanzniveau von p < 0,05 gewählt. Der Scheffe-Test wurde verwendet, um die Ergebnisse von mehreren Versuchsgruppen vergleichen zu
Das neu geformte Gewebe zwischen den Kortikotomieenden ergab charakteristische histologische Befunde, die vom Ausmaß der Distraktion abhängig waren. Die klinischen Ergebnisse der verschieden distrahierten Tiere zeigt Tabelle 1. Der Unterkiefer nichtoperierter Kaninchen zeigte einen lamellenförmigen Aufbau mit primären und sekundären Osteonen. Bei nichtgedehnten Kortikotomiespalten sowie bei niedrigen Dehnungen (2000 mstrain) überwog im neu formierten Knochen die intramembranöse Knochenformation mit trabekulären Knochenbälkchen und Knochenmark räumen über den gesamten Distraktionsbereich (Abb. 3). Im Bereich des Übergangs zwischen originärem Knochen und Regenerat waren trabekuläre
2.000 µstrain
20.000 µstrain
200.000 µstrain
Abb. 3 Lichtmikroskopische Aufnahmen des Regeneratbereichs, Azanfärbung, Vergr. 160:1
Platten vorhanden, die sich appositionell an die Oberfläche von lamellenförmigen Primärosteonen anlagerten. Bei 20.000 mstrain zeigten sich schmale trabekuläre Säulen, die zentripedal in der Ebene der Distraktion voranschritten und große knochenmarkähnliche Räume bildeten. In manchen Bereichen zeigten sich versprengte Inseln von unreifem Knochen, die eine chondroide Konfiguration mit einer chondralen Ossifikation aufwiesen. Dabei war morphologisch ein Übergang von chondralen zu ossären Elementen zu erkennen. Weder bei niedrigen Dehnungen noch bei hyperphysiologischen Dehnungsausmaßen konnten ähnliche chondrale Strukturen vorgefunden werden. Diese chondroiden Inseln enthielten verschiedene Zelltypen:
∑ ∑ ∑ ∑
Dehnungen von 200.000 mstrain pro Tag wiesen vornehmlich ein weiches kollagenes Gewebe auf, das den Distraktionsspalt ausfüllte. Bindegewebe mit einer ausgeprägten fibrillären extrazellulären Matrix überbrückte den Distraktionsspalt, ohne dass Zeichen einer Knochenneubildung zu erkennen waren. Die Knochenenden wiesen einen Übergang in ein zellreiches fibröses Bindegewebe mit fibroblastenähnlichen Zellen und Kollagenbündeln auf, die z. T. dem Distraktionsvektor entsprechend ausgerichtet waren.
Histomorphometrische Parameter Die histomorphometrischen Parameter des Regeneratgewebes sind in Tabelle 2 aufgelistet. Es zeigten sich dabei deutliche Unterschiede der Gewebebildung bei den verschiedenen Distraktionsausmaßen. Während die Knochenindizes bei einer Dehnung von 2000 mstrain/Tag kaum von den Kontrollwerten zu unterscheiden waren, lagen diese bei einer Distraktion von 20.000 mstrain/Tag unwesentlich niedriger unter den Regeneraten bei 2000 mstrain. Dagegen waren die Parameter bei 200.000 mstrain/Tag deutlich anders. Es zeigte sich hier lediglich weiches kollagenes Bindegewebe ohne knöcherne Strukturen. Die Applikation multipler Dehnungen pro Tag führte zu
chondrozytenähnliche Zellen, osteoblastenähnliche Zellen und oval geformte Zellen,deren Morphologie einen intermediären Charakter zwischen Chondrozyten und Osteoblasten aufwies. Eine saure Mukopolysaccharidfärbung zeigte chondrozytenähnliche Zellen eingebettet in Lakunen, die mit einer basophilen knorpelähnlichen Matrix ausgefüllt waren, während die benachbarten Knochenabschnitte eine ossäre Matrix mit prominenter Osteoblastenbedeckung aufwiesen.
keinen signifikanten Änderungen der histomorphometrischen Parameter. Die statistische Auswertung zwischen den verschiedenen Gruppen mittels Varianzanalyse zeigte, dass die Knochenindizes statistisch signifikant mit dem Dehnungsausmaß abfielen. Sowohl die Anzahl der Zellen pro Gewebefeld als auch die Anzahl von Osteoblasten pro trabekulärer Knochenoberfläche ergab statistisch signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen. Auch das Vorhandensein enchondraler Ossifikationszentren zeigte deutliche dehnungsabhängige Unterschiede. In 80% aller Schnitte von Regeneratgewebe, das einer Dehnung von 20.000 mstrain unterworfen war, fanden sich enchondrale Bereiche, während bei physiologischen Dehnungen nur wenige Anteile von enchondral präformierten Knochen (17%) vorhanden waren. Hyperphysiologische Dehnungen führten dagegen nur geringgradig (5%) zur Entwicklung enchondraler Bereiche.
Immunhistochemische Resultate Die Expression von Osteokalzin (Abb. 4) und Osteonektin im Regeneratgewebe des Distraktionsspalts zeigte ebenfalls ein dehnungsabhängiges Expressionsmuster. Insbesondere die Osteoblasten an der Oberfläche von Knochentrabe-
Tabelle 2
Histomorphometrische Parameter des Regeneratgewebes. Die Auswertung erfolgte wie unter „Material und Methode“ beschrieben. Die Werte sind als Mittelwerte ± Standardabweichung angegeben Dehnung [mstrain]
Gruppe Anzahl der Tiere Knochenverlängerung Ausmaß der knöchernen Überbrückung Grad der Knochenreife Vorhandensein von Knochenmark Osteokalzinexpression Anzahl von Zellen pro Gewebefeld Anzahl von Osteoblasten pro trabekulärer Knochenoberfläche Anteil der Schnittpräparate mit enchondraler Knochenformation Anteil TUNEL-positiver Zellen
Kortikotomiert
2000/ 1 Zyklus pro Tag
2000/ 10 Zyklen pro Tag
20.000/ 1 Zyklus pro Tag
20.000/ 10 Zyklen pro Tag
200.000/ 1 Zyklus pro Tag
300.000/ 1 Zyklus pro Tag
II 6 0 4,0 ± 0,1 3,7 ± 0,5 2,5 ± 0,5 ++ 72,4 ± 28,0 72,8 ± 15,2
III 6 0,02 3,7 ± 0,5 3,5 ± 0,5 2,0 ± 0 ++ 87,8 ± 32,6 64,2 ± 10,3
IV 6 0,2 3,8 ± 0,4 3,7 ± 0,5 2,2 ± 0,4 ++ 120,8 ± 29,3 85,7 ± 22,5
V 6 0,2 3,3 ± 0,5 3,2 ± 0,4 2,0 ± 0 + 138,2 ± 38,9 98,3 ± 17,3
VI 6 7,3 3,0 ± 0,9 3,0 ± 0,6 1,7 ± 0,5 + 113,4 ± 42,0 80,0 ± 14,8
VII 6 6,2 1,0 ± 1,1 1,0 ± 1,3 0,8 ± 0,8 +/– 210,0 ± 27,8 12,3 ± 7,9
VIII 6 13,7 1,2 ± 0,4 1,0 ± 1,3 0,8 ± 0,8 – 280,0 ± 20,7 5,1 ± 5,8
–
17%
17%
60%
80%
5%
5%
8,4 ± 16,1
–
0,8 ± 1,0
–
63,6 ± 26,2
–
144,3 ± 36,0
Mund Kiefer GesichtsChir 1 · 2001
7
Übersicht 2.000 µstrain
20.000 µstrain
200.000 µstrain
26,2) TUNEL-positiver Zellen. In dieser Gruppe war das Ausmaß des apoptotischen Zelltods signifikant höher als im Vergleich zu den Kontrollgruppen (p = 0,009) sowie bei 2000 mstrain (p = 0,01). Bei 200.000 mstrain ergab sich eine hohe Anzahl von Zellen (144,3 ± 36,0), bei denen in situ eine DNA-Fragmentation nachweisbar war. Die statistische Analyse ergab, dass die Anzahl der TUNELpositiven Zellen parallel mit dem Dehnungsausmaß anstieg. Der Hartley-Fmax- und Barlett-c2-Test bestätigten die Homogenität der Varianzannahme (p = 0,001).
Rasterelektronenmikroskopie
Abb. 4 Immunhistochemische Darstellung der Expression von Osteokalzin, Färbung wie unter „Material und Methode“ beschrieben, Vergr. 160:1
keln zeigten eine ausgeprägte positive Immunreaktion. Die Osteokalzinanfärbung war im Bereich der Mineralisationsfoci innerhalb des neu geformten Osteoids betont. Insbesondere in den Proben bei 200.000 mstrain ließen sich nur schwache extrazelluläre Osteokalzineinfärbungen nachweisen. Die Osteonektinanfärbung zeigte sich in den Kontrollgruppen insbesondere im Bereich der extrazellulären Osteoidmatrix. Ein ähnliches Muster der Osteonektinimmunreaktivität konnte bei einer Dehnung von 2000 mstrain im gesamten Bereich der kalzifizierten Knochenmatrix nachgewiesen werden. Ein ähnliches – wenn auch abgeschwächtes – Bild zeigte sich bei 20.000 mstrain. Dagegen waren bei Dehnungen von 200.000 mstrain osteonektinpositive Bereiche nur dort zu sehen, wo osteoidähnliches Gewebe war. In den enchondralen Gewebeabschnitten, die überwiegend bei 20.000 mstrain zu finden waren, zeigte sich, dass eine Osteokalzineinfärbung insbesondere im Bereich des Osteoblastensaums der Knochentrabekel vorhanden war, während die chondrozytoiden Zellen im Bereich der chondralen Foci nur eine schwach ausgeprägte Immunreaktivität zeigten, die auf ein Fehlen oder nur eine geringe Expression schließen lässt. In ähnlicher Weise ver-
8
Mund Kiefer GesichtsChir 1 · 2001
hielt sich das Anfärbemuster von Osteonektin in diesem Bereich. Antikörper gegen Kollagen Typ I und II zeigten, dass das Hauptprotein im Bereich der extrazellulären Matrix insbesondere in der Nachbarschaft von Osteoblasten sowie der oval geformten Zellen Kollagen Typ I ist, während im Bereich der chondralen Matrix nur eine geringe Immunreaktivität von Kollagen Typ I zu verzeichnen war. Kollagen Typ II war dagegen auf Bereiche der chondralen extrazellulären Matrix beschränkt. Insgesamt ließ sich in Abhängigkeit vom Abstand zu den knorpelähnlichen Zellen ein Übergang des Verteilungsmusters von knorpelspezifischem Typ-II-Kollagen zum knochenähnlichen Typ-I-Kollagen nachweisen.
Apoptotische Zellen In den Kontrolltieren ergab der histochemische Nachweis einer DNA-Fragmentation nur eine minimale Anzahl (8,4 ± 16,1) von TUNEL-positiven Zellen. Dasselbe Ergebnis ergab sich bei einer Distraktion von 2000 mstrain (0,8 ± 1,0). Zwischen beiden Gruppen bestand kein signifikanter Unterschied (Tabelle 2). Bei 20.000 mstrain zeigte sich dagegen eine relativ große Anzahl (63,6 ±
Hier bestätigte sich ebenfalls die dehnungsabhängige Kalzifizierung der extrazellulären Matrix (Abb. 5). Bei niedrigem Dehnungsausmaß bis 2000 mstrain war eine deutliche Mineralisation der gesamten extrazellulären Matrix vorhanden. Bei 20.000 mstrain konnte ebenfalls eine Kalzifizierung der extrazellulären Fibrillen nachgewiesen werden. Die Kollagenbündel waren entsprechend der Dehnungsrichtung orientiert, die Mineralformationen an der Oberfläche der Kollagenfibrillen waren jedoch geringer ausgeprägt, wiesen aber ansonsten eine ähnliche Kristallstruktur der Mineralisation auf. Nach Applikation von Maximaldehnungen von 200.000 mstrain zeigten sich deutliche ultrastrukturelle Unterschiede. Die Kollagenfasern wiesen eine deutliche Streckung auf, waren z. T. ungeordnet ausgerichtet oder im Verlauf unterbrochen und zeigten häufig Defekte im Bereich der extrazellulären Matrix. Ultrastrukturelle Anzeichen einer Mineralformation waren bei den hyperphysiologischen Dehnungsausmaßen nicht sicher zu erkennen.
Transmissionselektronenmikroskopie In den Proben von 0–2000 mstrain zeigten die Zellen große euchromatische Zellkerne sowie ein gut entwickeltes raues endoplasmatisches Retikulum. Diese Zellmorphologie ist für aktive Osteoblasten typisch, die häufig mit ihren Zellfortsätzen in die kalzifizierte extrazelluläre Matrix vorstießen. In den knochenähnlichen Arealen des bei 2000 mstrain distrahierten Gewebes waren die osteoblastären Zellen von einer Doppel-
2.000 µstrain
20.000 µstrain
200.000 µstrain
Abb. 5 Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen der Extrazellulärmatrixmineralisation, Balken 3 µm
2.000 µstrain
20.000 µstrain
200.000 µstrain
Abb. 6 Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahmen im Bereich des Distraktionsspalts, Vergr. 1600:1
schicht von mineralisierter Matrix umgeben (Abb. 6). Eine weniger mineralisierte Zone mit einer charakteristischen intermediären Elektronendichte unter-
teilte die perizelluläre, nichtmineralisierte, extrazelluläre Matrix von einer deutlich stärker mineralisierten Matrix. Die perizelluläre, nichtmineralisierte
Matrix, die die osteoblastären Zellen umgab, enthielt einen hohen Anteil von Kollagen-Typ-I-Fibrillen, die in ihrem Durchmesser variierten. Bei höherer Vergrößerung im Bereich der Mineralisationsfront zeigten sich nadelförmige Gestaltformationen entlang der Kollagenfasern. Bei 20.000 mstrain ergaben sich nur geringe morphologische Unterschiede der Zellen, aber deutliche Unterschiede der Mineralisation, die insgesamt eine geringere Dichte aufwies. Auch hier zeigte sich eine deutliche Doppelschichtung im Bereich der kalzifizierenden Matrix. In höherer Auflösung zeigte sich eine Formation von wenigen, aber größeren Kristallen, die entsprechend der Richtung der Kollagenfasern ausgerichtet waren. Bei 200.000 mstrain dagegen bestand das Regenerat überwiegend aus dichtem Bindegewebe ohne Zeichen von Mineralisation. Fibroblastenähnliche Zellen waren in eine dichte extrazelluläre Matrix eingebettet, die aus Kollagen Typ I bestand. Zeichen der Kristallbildung im Bereich der extrazellulären Matrix waren kaum vorhanden. In den Bereichen des enchondral präformierten Knochens zeigten sich rundliche Zellen mit euchromatischen Zellkernen, einem Zytoplasmaraum mit gut entwickeltem rauen endoplasmatischen Retikulum sowie einer großen Anzahl von Mitochondrien. Diese Zellen waren in eine knorpelähnliche extrazelluläre Matrix eingebettet, die keine Anzeichen einer extrazellulären Matrixmineralisation zeigte. In der Übergangszone von den phänotypisch chondrozytoiden Zellen zu den osteoblastoiden Zellen fanden sich oval geformte Zellen, die eine intermediäre Morphologie aufwiesen. Diese Zellen waren in eine extrazelluläre Matrix eingebettet, die phänotypisch sowohl Kollgen Typ I als auch Kollagen Typ II aufwies, wobei die Fibrillen des Kollagens Typ I größere Durchmesser zeigten.Am Übergang von chondroidem zu trabekulärem Gewebe ließen sich z. T. Lakunen mit 2 phänotypisch unterschiedlichen Zellen beobachten. Auf ultrastruktureller Ebene zeigte der eine Zelltyp typische Charakteristika einer osteoblastären Zelle mit euchromatischem Zellkern sowie einem dunklen basophilen Zytoplasma. Diese Zellen enthielten eine große Anzahl von Mund Kiefer GesichtsChir 1 · 2001
9
Übersicht Mitochondrien sowie ein aktives raues endoplasmatisches Retikulum. Der andere Zelltyp – weitaus seltener – zeigte typische elektronenmikroskopische Zeichen des apoptotischen Zelltods. Diese Zellen wiesen auch Zeichen der Retraktion von umgebendem perizellulärem Gewebe auf.
Quantitative Elementanalyse Die quantitative EDX-Analyse zeigte stark reduzierte Kalzium- und Phosphatgehalte bei Proben, die höheren Dehnungen unterzogen worden waren. Das gemessene Kalzium-Phosphat-Verhältnis der Gewichtskonzentrationen von Proben, die bei 2000 mstrain entstanden, lag mit 2,5 nahe dem theoretischen Kalzium-Phosphat-Gewichtsverhältnis von Hydroxylapatit [2, 23].
Elektronenstrahldiffraktionsanalyse Hierdurch wurden die morphologischen Befunde ergänzt. Das EDA-Verteilungsmuster zeigte eine ausgeprägte reife Kristallbildung bei 2000 mstrain. Dagegen wurde bei 20.000 mstrain ein Diffraktionsmuster gesehen, das als Zeichen einer frühen und unreifen Kristallbildung gedeutet wurde. In den Gewebeproben bei 200.000 mstrain zeigten sich keine Anzeichen einer regulären Kristallformation.Aus dem Diffraktionsmuster ergab sich insgesamt eine deutliche Abhängigkeit vom Dehnungsausmaß.
Biochemische Untersuchungen Die Serumkonzentrationen der verschiedenen Zytokine (PGE2, IGF-1, TGF-b), die in der Knochenregeneration eine wichtige Rolle spielen, zeigten während der experimentellen Periode z. T. statistisch signifikante Unterschiede der Serumkonzentrationen (TGF-b, postoperativer Anstieg), tendenzielle, aber nicht statistisch signifikante Unterschiede (IGF-1, postoperativer Abfall) oder waren während der gesamten experimentellen Periode konstant (PGE2, ITCP).
Wertung der biologischen Untersuchungen Unsere Untersuchungen beschäftigten sich mit dem Einfluss mechanischer Belastung auf subzelluläre, zelluläre und suprazelluläre Reaktionen des Knochen-
10
Mund Kiefer GesichtsChir 1 · 2001
gewebes während der Regeneration. Als Modell wurde die Distraktionsosteogenese gewählt, da sie definierte uniaxiale Dehnungen zulässt und neuere Untersuchungen gezeigt haben, dass die Distraktionsosteogenese kein spezifischer Prozess ist, der sich in seinen biologischen Gesetzmäßigkeiten von der Frakturheilung grundlegend unterscheidet [4, 37, 38, 40, 81, 85]. Zur Anwendung kamen physiologische (2000 mstrain) und hyperphysiologische (20.000 mstrain, 200.000 mstrain) Dehnungen. Verschiedene Methoden wurden angewendet, um das Regeneratgewebe klinisch, histologisch und ultrastrukturell zu untersuchen.
Histologische und histomorphometrische Auswertung Die histologische und histomorphometrische Auswertung ergab, dass die Knochenregeneration eine deutliche Abhängigkeit vom Ausmaß der uniaxialen Dehnung des Spaltgewebes aufwies [51]. Physiologische Belastungen (2000 mstrain) führten zu einer überwiegend trabekulären, in manchen Bereichen auch zu einer lamellären Knochenneubildung, während hyperphysiologische Dehnungen (200.000 mstrain) vorrangig zu einer bindegewebigen Regeneratbildung führten. Intermediäre Dehnungsausmaße (20.000 mstrain) hatten eine trabekuläre Knochenbildung mit Anteilen einer chondralen Knochenformation zur Folge. Die Zellen des Regenerats zeigten bei 2000 mstrain morphologische Zeichen von Osteoblasten, dagegen bei hyperphysiologischen Belastungen phänotypische Merkmale von Fibroblasten. Insbesondere bei intermediären Belastungen traten in Bereichen enchondraler Knochenbildung chondrozytäre Zellen auf, die teilweise zu osteoblastenähnlichen Zellen transdifferenzierten. Ähnliche Befunde der Transdifferenzierung von Chondrozyten zu Knochen bildenden Zellen fanden sich während der Frakturheilung [73] sowie der Distraktionsosteogenese [33, 72]. Unsere Untersuchungen lassen vermuten, dass mit dem Übergang von chondrozytären zu osteoblastären Zellen häufig eine asymmetrische Zellteilung in 2 morphologisch unterschiedliche Zellen stattfindet. Während eine Zelle osteoblastäre Charakteristika aufweist, zeigt die andere
Zelle Zeichen eines apoptotischen Zelltods. Diese Beobachtung unterstützt die Ergebnisse von Roach und Roach et al. [67, 69]. Eine zunehmende mechanische Dehnungsbelastung des Regenerats führte auch zu einem starken Anstieg von apoptotischen Zellen, während Nekrosen weder im Regeneratgewebe noch am Rand des ursprünglichen Knochens zu finden waren. Die Frakturheilung und in vergleichbarer Weise die Distraktionsosteogenese erfolgen über eine initiale Hämatombildung, Kallusformation mit verschiedenem Differenzierungsgrad und definitiver knöcherner Überbrückung [3, 9]. Dabei wurden verschiedene Zelltypen wie osteoblastäre Zellen, Endothelzellen, Knochenmarkzellen, immunkompetente Zellen, Fibroblasten, Chondroblasten sowie Osteoklasten charakterisiert [74]. Obwohl verschiedene tierexperimentelle Studien zur Histogenese während der Frakturheilung und Kallusdistraktion durchgeführt wurden, erscheint die Umwandlung von primärem mesenchymalem Gewebe zu Knochengewebe kontrovers. Allgemein akzeptiert ist, dass sowohl Chondrozyten und Fibroblasten als auch Osteoblasten von einer gemeinsamen mesenchymalen Vorläuferzelle stammen [73]. Lediglich der Differenzierungsweg der Chondrozyten wird kontrovers diskutiert. Verschiedene Autoren sind der Auffassung, dass Osteoblasten und Chondrozyten einen separaten irreversiblen Differenzierungsweg nehmen, der in einem stabilen Phänotyp endet [2, 32, 59, 61]. Neuere Untersuchungen konnten jedoch zeigen, dass Osteoblasten und Chondrozyten im Frakturbereich phänotypische Gemeinsamkeiten aufweisen [27] und dass enchondral entstandene Knochenmatrix aus einer Mischung von Osteoid, welches von Osteoblasten synthetisiert wird, und knorpelähnlicher Matrix von chondrozytenähnlichen Zellen besteht [22, 25, 73].Vergleichbare Ergebnisse fanden sich auch bei der Distraktionsosteogenese [52, 72]. Auch die Zusammensetzung der extrazellulären Matrix, die überwiegend aus Kollagen Typ I bestand, war direkt dehnungsabhängig. Lediglich in der Umgebung von chondrozytoiden Zellen in enchondralen Gewebebereichen bei intermediärer Dehnung (20.000 mstrain) ließ sich Kollagen Typ II nachweisen.
Elektronenmikroskopische Untersuchungen Die elektronenmikroskopischen Untersuchungen (REM, TEM) zeigten ebenfalls, dass bei niedrigen Dehnungswerten (2000 mstrain) die Regenerate überwiegend aus aktiven Osteoblasten bestanden, die sich in einer stark mineralisierten Matrix befanden, und die Anordnung der kollagenen Fasern derjenigen des Knochens glich. Kristallographisch bestand die mineralisierte Matrix aus reifen Hydroxylapatitkristallen. Mit zunehmender Dehnung wurde die Anordnung der Kollagenfasern ungeordnet und die Elektronenstrahldiffraktionsanalyse zeigte keine Anzeichen einer geordneten Mineralbildung.
Immunhistochemie Die immunhistochemische Anfärbung von Osteokalzin und Osteonektin ergab eine deutliche Expression sowohl im gesamten Osteoidbereich als auch direkt in Osteoblasten und v. a. in der Mineralisationsfront bei niedrigen Dehnungen (2000 mstrain). Diese Proteine spielen sowohl in der Initiation als auch im Wachstum als auch der Größenkontrolle der Hydroxylapatitkristalle eine entscheidende Rolle, wie in zahlreichen Studien nachgewiesen werden konnte [31, 56, 68, 71, 80]. In unseren Untersuchungen führte eine ansteigende Belastung zu einem parallelen Anstieg apoptotischer Zellen. Dies legt nahe, dass der programmierte Zelltod in den Remodellierungsprozess des Knochens insofern involviert ist, als dass eine funktionelle Balance zwischen zellulärer Reparation sowie der Aktivierung eines internen Zerstörungsmechanismus in Abhängigkeit von der mechanischen Belastung besteht [53].
landin E2, während die Werte für ITCP eine statistisch nicht signifikante Assoziation mit dem Ausmaß der Distraktion zeigten. Verschiedene Untersuchungen belegen, dass die in der Mikroumgebung des Regenerats produzierten Zytokine den Remodellierungsprozess des Knochens in Abhängigkeit von mechanischen Belastungen modulieren [17, 64]. Insbesondere TGFb1 führt zu einer Stimulierung der Osteoblastenproliferation und initiiert die Differenzierung subperiostaler mesenchymaler Zellen zu Osteoblasten [36]. Unsere Untersuchungen legen nahe, dass ein leicht erhöhter TGFb1-Spiegel für die Regenerationsprozesse notwendig ist, während zu hohe Spiegel, wie sie bei hyperphysiologischen Dehnungen auftraten, die Osteokalzinexpression unterdrücken und somit dazu beitragen, die Mineralisation zu inhibieren [6, 28]. IGF-1 spielt in der Regulation der Gewebebildung während der Distraktionsosteogenese ebenfalls eine potentielle Rolle. In Osteoblastenkulturen konnte nachgewiesen werden, dass IGF-1 die Kollagensynthese erhöht [47] und zudem die Mineralbildung fördert [46]. Die in unserer Studie gefundene inverse Beziehung von TGFb1 und IGF-1 mag für die Beobachtung verantwortlich sein, dass die Mineralisation und die extra-
zelluläre Matrixsynthese 2 unterschiedliche Regenerationsfunktionen darstellen. In unserer Studie waren die Prostaglandinspiegel über den gesamten Distraktionszeitraum konstant. Es ist gut belegt, dass eine der ersten Reaktionen von Knochenzellen auf mechanische Belastungen die Sekretion von PGE2 darstellt [11]. Dabei wird den Prostaglandinen eine essenzielle Rolle in der Transduktion mechanischer Stimuli auf die Knochenneubildung zugeschrieben. Dass PGE2 nicht in einer veränderten Serumkonzentration aufgefunden wurde, mag in der schnellen Elimination aus der systemischen Zirkulation begründet sein. Auch in unseren Untersuchungen war Kollagen Typ I das Hauptprotein des extrazellulären Gewebes im Distraktionsspalt. Eine hohe Gesamtkollagensyntheseleistung wurde dabei insbesondere bei hohen Dehnungen beobachtet, eine Änderung des ITCP im Serum fand sich jedoch nicht.
Frakturmodell In der biomechanisch orientierten Versuchsreihe sollte das belastungsabhängige Verformungsverhalten von intakten und frakturierten Unterkiefern unter experimentellen Bedingungen getestet
Zytokine Die Untersuchung von wichtigen Zytokinen der Knochenbildung bestätigt die Ergebnisse von Lammens et al. [41], die das operative Trauma als den wichtigsten Faktor für die Veränderung der Serumkonzentration darstellten [55]. Die Osteotomie führte zu einem Anstieg von TGFb1, während die Serumwerte von IGF-1 sanken. Sowohl die Operation als auch die Distraktion hatten keinen Einfluss auf die Serumwerte von Prostag-
Abb. 7 Experimentelle Versuchsanordnung zur Bestimmung der Dehnungen im Frakturspaltbereich Mund Kiefer GesichtsChir 1 · 2001
11
Übersicht
Abb. 8 Finite-Elemente-Modell des Unterkiefers unter mechanischer Belastung
a
b Abb. 9a, b Dreidimensionale Osteosyntheseplatten (a) sowie dazugehörige Finite-ElemteAnalyse des Stressverhaltens unter Belastung (b)
werden. Dafür wurden in einer speziell hergestellten Versuchsanordnung [54] die Dehnungen (strain) an intakten und frakturierten, mit verschiedenen Osteosynthesesystemen versorgten humanen Unterkiefern bei definierten Belastungen gemessen. Explantierte humane Unterkiefer (n = 12) wurden bei 20 °C in feuchter Atmosphäre aufbewahrt und vor Versuchsbeginn an unterschiedlichen Regionen mit Dehnungsmessstreifen beklebt. Der Unterkiefer wurde über eine semirigide Aufhängung am Kiefergelenk fixiert (Abb. 7). Am Processus coronoideus wurde eine Kraft von 130 N appliziert, die den Muskelzug des M. temporalis simuliert. Es wurden anschließend an unterschiedlichen Regionen des Unterkiefers (Pogonion, Foramen mentale, Korpus, Winkel) definierte Kräfte von 0–300 N aufgebracht. Die
12
Mund Kiefer GesichtsChir 1 · 2001
resultierenden Oberflächenverformungen (surface strains) wurden gemessen und über eine simultane 8-Kanal-Ableitung auf einen PC übertragen und mit einer speziellen Software ausgewertet. Vor jeder Messung wurde jeder Kiefer für 1 h in physiologischer NaCl-Lösung hydratisiert. In vorausgehenden Untersuchungen konnten die Genauigkeit der Versuchsanordnung (intraindividuelle Messwertabweichung < 5%) sowie die Übereinstimmung mit einem FiniteElement-Modell (Abb. 8) demonstriert werden [82]. Die Untersuchung intakter Unterkiefer ergab Oberflächenverformungen, die bei simulierter Kaubelastung abhängig von der Lokalisation der Dehnungsmessstreifen in einer Größenordnung von bis zu 1000 mstrain lagen. Zur Untersuchung des Verformungsverhaltens osteosynthetisch versorgter frakturierter und osteotomierter Unterkiefer wurden je 4 Kiefer median und im Korpusbereich frakturiert. Weitere 4 Kiefer wurden zudem median, vertikal zur Unterkieferbasis, osteotomiert. Die Frakturen des Unterkiefers wurden in einer neu entwickelten Apparatur iatrogen herbeigeführt, die Osteotomie erfolgte mittels einer dünnen Stichsäge. Als Osteosynthesematerial dienten die Osteosynthesesysteme der Fa. Synthes sowie der Fa. Medartis. Das Plattensystem 2.0-Modus (Gitterplatte der Fa. Medartis) war basierend auf den Berechnungen an einem numerischen FE-Modell neu konfiguriert worden (Abb. 9). Die osteosynthetische Versorgung von je 2 Kiefern pro Gruppe erfolgte entsprechend den Systemvorstellungen sowohl mit einer DCP-Zugplat-
a
tenkombination (AO-System 2.4, 2.0) sowie 2 verschiedenen Miniplattensystemen (AO-System 2.0, Modussystem 2.0). Nach exakter Reposition wurde ähnlich der klinischen Situation mit Hilfe einer Repositionszange eine Adaption der Knochenfragmente herbeigeführt. Um vergleichbare Verhältnisse zwischen frakturierten und intakten Unterkiefern zu erhalten, wurde die Aufhängung der Kiefer wie oben dargestellt durchgeführt. Das Verformungsverhalten des Unterkiefers erfolgte durch Bestimmung der Oberflächendehnungen an verschiedenen Stellen des Unterkiefers. Die Verformungen im Fraktur- und Osteotomiespalt wurden ebenfalls mittels Dehnungsmessstreifen vor dem Frakturgeschehen (Abb. 10a) und nach osteosynthetischer Versorgung (Abb. 10b) determiniert. Die Mikrobewegungen wurden sowohl im Spalt (alveolär, basal und lingual) als auch in intakten Knochenabschnitten nach erneutem Bekleben des Kiefers mit Dehnungsmessstreifen über die oben beschriebene 8-Kanal-Ableitung gleichzeitig gemessen. Die Kraftapplikation erfolgte ebenfalls bis zu einer Größe von 300 N.
Ergebnisse Die Versorgung einer Korpusfraktur mit einer basalen 6-Loch- und alveolarnahen 4-Loch-Miniplatten (AO-System 2.0) erbrachte bei einer als maximal anzusehenden Belastung von 300 N eine Beweglichkeit im Frakturbereich von maximal 3111 mstrain (Tabelle 3). Die Versorgung einer solchen Fraktur mit einer 8-Loch-Gitterplatte (Modussystem 2.0) zeigte, dass unter 300 N Belastung
b
Abb. 10 a Applikation der Dehnungsmessstreifen vor dem Frakturgeschehen, b osteosynthetische Versorgung der Fraktur mittels basaler 2.4-DCP-Platte und alveolarfortsatznaher 2.0-Zuggurtungspaltte. Die erneute Applikation der Dehnungsmessstreifen erfolgte nach osteosynthetischer Versorgung entsprechend a
Tabelle 3
Maximale Dehnungswerte im Frakturspaltbereich unter Belastung (300 N), Versuchsanordnung wie unter „Material und Methode“ beschrieben Fraktur/Osteotomie
Korpusfraktur [mstrain] Medianfraktur [mstrain] Medianosteotomie [mstrain]
Osteosynthesesystem Modus 2.0
AO 2.0
AO 2.4/2.0
1580 1740 5350
3111 4170 12500
3070 8292 2520
die Dehnungen im Frakturspaltbereich bei maximal 1580 mstrain lagen. Auffallend war, dass bei der Versorgung von Frakturen durch Miniplatten die maximale Beweglichkeit in allen Belastungssituationen im lingualen und basalen Frakturbereich auftrat. Die Versorgung einer solchen Fraktur mit einer basalen 2.4-AO-DCP-Platte und einer Zuggurtungsplatte erbrachte bei einer Belastung von 300 N eine maximale Beweglichkeit von 3070 mstrain. Erfolgte die Versorgung mit einer 2.4-AO-DCP- und Zuggurtungsplatte, fand sich die größte Beweglichkeit im Allgemeinen im Alveolarfortsatzbereich. Die Versorgung von Medianfrakturen mit diesen Versorgungssystemen zeigte ein ähnliches Dehnungsverhalten im Frakturspaltbereich (Tabelle 3).Auch hier fand sich eine Mikrobewegung von 1740 mstrain bei der Versorgung mit einer Gitterplatte, während die Kombinationen von 2 Miniplatten höhere Werte aufwiesen. Die Versorgung einer Medianfraktur mit der Kombination einer basalen 2.4- und alveolarfortsatznahen 2.0-Platte wies den höchsten Wert innerhalb der verschiedenen Osteosynthesesysteme auf (8292 mstrain). Nach osteosynthetischer Versorgung von osteotomierten Unterkiefern mit den verschiedenen Osteosynthesesystemen fanden sich insgesamt größere Mikrobewegungen im Osteotomiebereich (Tabelle 3). Hier zeigte sich, dass die geringsten Dehnungen nach osteosynthetischen Versorgungen der Fraktur mit der Kombination einer 2.4-AO-DCP-, 2.0-Zuggurtungsplatte auftraten. Die Versorgung von solchen Fraktur mit Miniplatten (AO-System 2.0, Modussystem 2.0) wies dagegen deutlich höhere Mikrobewegungen im Spaltbereich auf.
Wertung der biomechanischen Untersuchungen Es ist allgemein anerkannt, dass der Abstand und die Bewegung von knöchernen Fragmenten die Parameter sind, die die Knochenheilung entscheidend beeinflussen. Das Ziel von chirurgischen Maßnahmen zur Frakturversorgung besteht dabei in der knöchernen Stabilisierung und Ausheilung des Frakturspalts. Die Begriffe Stabilität und Instabilität werden im täglichen chirurgischen Sprachgebrauch und in der Literatur außerordentlich häufig gebraucht und bei Osteosynthesen als Ausmaß der Immobilität von Fragmenten im Frakturbereich nur unscharf beschrieben [58]. Der Begriff Stabilität steht für eine Vielzahl unterschiedlicher Termini aus der technischen Mechanik und Festigkeitslehre, die einer Erläuterung bedürfen. Mit dem Begriff absolute Stabilität wird eine Sondersituation beschrieben. Der Begriff absolute Stabilität beinhaltet, dass im Regenerationsbereich unter einer einwirkenden Belastung (im physiologischen Bereich) keinerlei Relativbewegung stattfindet. Bei einem festen Zusammenhang von einwirkenden Kräften, Momenten und Spannungen und resultierenden Verformungen (z. B. Dehnung oder Torsion im Spalt) ist der Gebrauch des Begriffs „absolute“ Stabilität aber nicht unproblematisch. Zudem scheint dieser Zustand unter biologischen Begriffen nicht zuzutreffen und nicht wünschenswert zu sein (Knochenatrophie bei Bettlägrigkeit und unter Schwerelosigkeitsbedingungen). So sind auch bei Osteosynthesen mit interfragmentärer Kompression aus den oben genannten Gesichtspunkten Relativbewegungen im Frakturbereich vorhanden.
Das Problem der Analyse von Frakturregenerationsprozessen liegt z. T. darin begründet, dass die Untersuchungen auf diesem Gebiet bisher entweder einen rein biomechanischen oder rein biologischen Ansatz verfolgten [8, 18, 19, 34, 75], während ein übergeordneter Ansatz bisher nur selten durchgeführt wurde [62]. Unsere Untersuchungen hatten deshalb zum Ziel, die Beweglichkeit im Frakturspaltbereich in dem Modus zu determinieren, der eine biologische Relevanz besitzt. Dabei zeigte sich, dass unabhängig von den verwendeten Osteosynthesen Mikrobewegungen im Frakturspalt auftraten. Eine „absolute“ Stabilität fand sich auch bei den als stabil geltenden Versorgungssystemen nicht. Bei physiologischer Belastung von osteosynthetisch versorgten Frakturen fand sich zwischen so genannten funktionsstabilen Platten (2.4-DCP-AO) und Miniplatten (2.0-Systeme) kein wesentlicher Unterschied in der Beweglichkeit im Bereich des Frakturspalts. Mit Miniplatten versorgte Frakturspalten ließen ebenfalls nur Mikrobewegungen in der Größenordnung von 1000–5000 mstrain zu, die unter In-vivo-Bedingungen als physiologisch für Zellen im Regeneratgewebe angesehen werden. Unter der Annahme einer guten Knochenadaption stellen solche Mikrobewegungen keine Gefahr des Abscherens größerer Fragmentbereiche dar, sodass eine Kontinuitätstrennung osteonaler Reparationseinheiten nicht denkbar ist. Die Mikrobewegungen osteosynthetisch versorgter Osteotomielinien lagen unabhängig vom Versorgungssystem deutlich über denen von Frakturlinien.Als überraschendes Ergebnis wurde eine Instabilität (> 8000 mstrain) einer 2.4-DCP-Platte mit Zuggurtungsplatte am median frakturierten Unterkiefer gefunden, die bisher von uns als äußerst stabiles System eingestuft worden war. Bei näherer Betrachtung dieser Frakturversorgung zeigte sich, dass basal im Frakturbereich trotz Verwendung einer Repositionszange eine Inkongruenz der Frakturfläche bestand, die offensichtlich für diese Instabilität ursächlich war. Verschiedene klinische Untersuchungen und experimentelle Versuche evaluierten ebenfalls den Einfluss verschiedener Parameter auf das Verhalten osteosynthetisch versorgter Frakturspaltbereiche Mund Kiefer GesichtsChir 1 · 2001
13
Übersicht [14, 26, 39, 75], ohne jedoch die Relativbewegung im Spaltbereich zu quantifizieren. Dehnungswerte im hypophysiologischen Bereich (< 500 mstrain), wie sie durch starke Platten unter Idealbedingungen erreicht werden können und von der AO empfohlen werden, erscheinen aus biologischer Sicht jedoch unerwünscht und können zum Knochenabbau und zu strukturellen Veränderungen der Spongiosa und der Kortikalis führen [58].Vergleichbare histologische Veränderungen im Knochen konnten sowohl bei länger andauernder Immobilisierung als auch unter Langzeitschwerelosigkeitsbedingungen dokumentiert werden [10, 16, 65]. Die Auswertung der biomechanischen Experimente führt zu der Schlussfolgerung, dass nicht nur für Miniplatten eine exakte Reposition der Fragmente und Adaption der Platten eine Notwendigkeit ist, um eine interfragmentäre Abstützung und damit eine ausreichende Frakturstabilität zu gewährleisten. Während diese Bedingungen für die leicht adaptierbaren Miniplatten unproblematisch sind, gestaltet sich die Adaption der rigiden Platten insbesondere bei Medianfrakturen des Unterkiefers äußerst schwierig. Um ein Aufbiegen des Unterkiefers mit starkem lingualem Klaffen zu verhindern, müssen die stabilen Platten entsprechend überbogen werden, was große Erfahrung erfordert und sich auch unter optimalen Bedingungen, wie in unserem Experiment, schwierig gestaltet. Diese Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Frakturstabilität entscheidend durch die interfragmentäre Abstützung bestimmt wird. Diese wiederum hängt von der exakten Reposition der Fragmente ab, da nicht nur die Platte, sondern insbesondere auch die Knochenadaptionsfläche die funktionelle Hauptlast trägt. Dieses Ziel kann sowohl mit einer Miniplatte als auch mit einer stabilen Platte erreicht werden. Die Miniplatte besitzt gegenüber der stabilen Platte jedoch den entscheidenden Vorteil der wesentlich einfacheren Adaptierbarkeit. Der Vorzug der dynamischen Kompressionsplatte liegt dagegen im Gleitweg der Gleitlöcher, die u. U. eine interfragmentäre Abstützung auch dann noch gewährleisten, wenn primär keine exakte Reposition gelungen ist. Eine Miniplatte mit Gleitloch gewährleistet die Kombination von einfacher
14
Mund Kiefer GesichtsChir 1 · 2001
Adaptierbarkeit mit exakter Fragmentreposition und erscheint bei unkomplizierten Frakturen von daher aus biologisch-biodynamischer Sicht vorteilhaft.
Ausblick Unsere experimentellen Untersuchungen basieren auf der Mechanostattheorie von Frost [18, 19]. Sie postuliert aus biologischer Sicht, dass bei Betrachtung kleiner Gewebebereiche alle Belastungen in Zelldehnungen umgewandelt werden. In einigen Zellkulturexperimenten konnte gezeigt werden, dass die Knochenzelldehnung die Translation von mechanischen Belastungen in intrazelluläre Signale initiiert [49]. Sowohl in vitro als auch in vivo fand sich, dass das zyklische Dehnen von Osteoblasten in Größenordnungen von 1500–5000 mstrain zu einer regelrechten Osteoblastenfunktion führt [34, 51]. Unter den klinischen Gesichtspunkten einer ungestörten Frakturheilung ist eine Mikrobewegung in diesen Grenzwerten erwünscht. Intermediäre Dehnungen > 5000 mstrain führen dagegen zu einer eingeschränkten Knochenneubildung, während noch höhere Dehnungsausmaße eine bindegewebige Umwandlung des Regeneratgewebes erwarten lassen. Am Frakturmodell konnte belegt werden, dass die Mikrobewegung im Frakturspaltbereich entscheidend von der interfragmentären Abstützung und diese von der exakten Reposition abhängt. Die Plattenstärke hatte dabei geringen Einfluss auf die Stabilität. Selbst die Kombinationen von DCP und Zuggurtungsplatten waren z. T. instabil, wenn eine unzureichende interfragmentäre Abstützung vorhanden war. Die eingangs aufgeführten, von der AO formulierten, allgemeinen Richtlinien zur Frakturversorgung haben noch heute ihre Gültigkeit, obwohl einige Vorstellungen zur Frakturheilung und der damit verbundenen operativen Implikationen aus unserer Sicht korrigiert bzw. näher definiert werden müssen. Insbesondere sollte der Stabilitätsbegriff im Frakturspalt als quantifizierbare, biologisch relevante Größe in Form der Mikrobewegung in die Betrachtung der Frakturheilung einbezogen werden. Aus klinischer Überlegung scheinen zukünftig lediglich 2 Osteosynthesearten bei der Behandlung von Unterkieferfrakturen erforderlich zu sein:
Abb. 11 Versorgung einer komplizierten Kieferwinkelfraktur mit einer Rekonstruktionsplatte
• •
Miniplatten und Systeme, die eine Fixateur-interneFunktion besitzen.
Die Auswahl hängt entscheidend davon ab, ob eine interfragmentäre Abstützung der Fragmente erreicht werden kann oder nicht. Besteht eine interfragmentäre Abstützung, erscheinen Miniplatten für die Stabilisierung grundsätzlich ausreichend. Dreidimensionale Gitterstrukturen der Platten erhöhen zudem die Stabilität in einem Ausmaß, dass unter physiologischer Belastung Dehnungswerte im Frakturspalt erzielt werden, die eine regelrechte Frakturheilung erlauben.Während solche Plattensysteme für unkomplizierte Frakturen indiziert erscheinen, erfordern Problemfrakturen mit geringer Adaptionsfläche jedoch die Verwendung von Rekonstruktionssystemen (Abb. 11) [63].
Literatur 1. Aronson J, Harrison BH, Stewart CL, Harp JH (1989) The histology of distraction osteogenesis using different external fixators.Clin Orthop 241:106–116 2. Asahina I, Sampath TK, Nishimura I, Hauschka PV (1993) Human osteogenic protein-I induces both chondroblastic and osteoblastic differentiation of osteoprogenitor cells derived from newborn rat calvaria.J Cell Biol 123:921–933 3. Brighton CT, Hunt RM (1991) Early histological and ultrastructural changes in medullary fracture callus.J Bone Joint Surg Am 73:832–847 4. Califano L, Cortese A, Zupi A,Tajana G (1994) Mandibular lengthening by external distraction.An experimental study in the rabbit.J Oral Maxillofac Surg 52:1179-1183 5. Carter DR, Blenman PR, Beaupre GS (1988) Correlations between mechanical stress history and tissue differentiation in initial fracture healing.J Orthop Res 6: 736–748 6. Centrella M, McCarthy TL, Canalis E (1991) Current concepts review.Transforming growth factor beta and remodelling of bone.J Bone Joint Surg Am 73:1418–1428
7. Champy M, Lodde JP (1976) Mandibular synthesis.Placement of the synthesis as a function of mandibular stress.Rev Stomatol Chir Maxillofac 77:971–976 8. Champy M, Lodde JP (1977) Study of stresses in the fractured mandible in man.Theoretical measurement and verification by extensometric gauges in situ.Rev Stomatol Chir Maxillofac 78:545–551 9. Cheal EJ, Mansmann KA, DiGioia III AM, Hayes WC, Perren SM (1991) Role of interfragmentary strain in fracture healing.Ovine model of a healing osteotomy.J Orthop Res 9:131–142 10. Chen MM, Jee WSS, Ke HZ, Lin BY, Li QN, Li XJ (1992) Adaptation of cancellous bone to aging and immobilisation in growing rats.Anat Rec 234:317–334 11. Chow JWM, Chambers TJ (1994) Indomethacin has distinct early and late actions on bone formation induced by mechanical stimulation. Am J Physiol 267:287–292 12. Claes L, Augat P, Suger G,Wilke HJ (1997) Influence of size and stability of the osteotomy gap on the success of fracture healing.J Orthop Res 15:77–584 13. Delloyce C, Delefortie G, Coutelier L,Vincent A (1990) Bone generate formation during distraction lengthening: an experimental study. Clin Orthop 250:34–42 14. Domarus H von (1981) Stabilisation of the mandible by A.O.compression plate after mandibulotomy.Br J Plast Surg 34:389–391 15. Edwards TJ, David DJ, Simpson DA, Abbott AH (1994) The relationship between fracture severity and complication rate in miniplate osteosynthesis of mandibular fractures.Br J Plast Surg 47:310–311 16. Egorov BB, DeLone NL, Antipov VV (1988) The influence of weightlessness on cell cytoskeleton.Physiologist 31:56–60 17. Einhorn TA, Majeska RJ, Rush EB, Levine PM, Horowitz MC (1995) The expression of cytokine activity by fracture callus.J Bone Miner Res 10: 1272–1281 18. Frost HM (1964) Laws of bone structure.Thomas, Springfield, IL 19. Frost HM (1987) Bone „mass“ and the „mechanostat“: a proposal.Anat Rec 219:1–9 20. Frost HM (1990) Skeletal structural adaptations to mechanical usage (SATMU): 1.Redefining Wolff’s law: the bone modeling problem. Anat Rec 226:403–414 21. Frost HM (1990) Skeletal structural adaptations to mechanical usage (SATMU): 1.Redefining Wolff’s law: the bone remodeling problem. Anat Rec 226:414–421 22. Galotto M, Campanile G, Robino G, DescalziCancedda F, Bianco P, Cancedda R (1994) Hypertrophic chondrocytes undergo further differentiation to osteoblast-like cells and participate the initial bone formation in developing embryo.J Bone Miner Res 9:1239–1240 23. Garcés GL, García-Castellano JM, Nogales J (1997) Longitudinal overgrowth of bone after osteotomy in young rats.Influence of bone stability.Calcif Tissue Int 60:391–399
24. Gavrieli Y, Sherman Y, Ben-Sasson SA (1992) Identification of programmed cell death in situ via specific labeling of nuclear DNA fragmentation.J Cell Biol 119:493–501 25. Gentili C, Bianca P, Neri M, Malpeli M, Campanili G, Castagnola P, Cancedda R, Descalzi-Cancedda F (1993) Cell proliferation, extracellular matrix mineralization and ovo-transferrin transient expression during in vitro differentiation of chick hypertrophic chondrocytes into osteoblast like cells.J Cell Biol 122:703–712 26. Hammer B, Prein J (1991) Structural and biomechanical based differences of osteosynthesis in mandibular or mid-face fractures.Why does the AO still use stiff plates? Swiss Dent 12:7–8 27. Hughes SS, Hicks DG, O’Keefe RJ, Hurwitz SR, Crabb ID, Krasinskas AM, Loveys L, Puzas JE, Rosier RN (1995) Shared phenotypic expression in osteoblasts and chondrocytes in fracture callus.J Bone Miner Res 10:533–544 28. Iba K, Sawada N, Nuka S, Chiba H, Obata H, Isomura H, Satoh M, Ishii S, Mori M (1996) Phase dependent effects of transforming growth factor beta I on osteoblastic markers of human osteoblastic celline SV-HFO during mineralization.Bone 19:363–369 29. Ilizarov GA (1989) The tension-stress effect on the genesis and growth of tissues: part 1.The influence of stability of fixation and soft-tissue preservation.Clin Orthop 238:249–281 30. Ilizarov GA (1989) The tension-stress effect on the genesis and growth of tissues: part 2.The influence of the rate and frequency of distraction.Clin Orthop 239:263–285 31. Ingram RT, Park Y-K, Clarke BL, Fitzpatrick LA (1994) Age- and gender-related changes in the distribution of osteocalcin in the extracellular matrix of normal male and female bone.Possible involvement of osteocalcin in bone remodeling.J Clin Invest 93:989–997 32. Ishizeki K, Kuroda N, Nawa T (1992) Morphological characteristics of the life cycle of resting cartilage cells in mouse rib investigated in intrasplenic isografts.Anat Embryol 185:421– 430 33. Jazrawi LM, Majeska RJ, Klein ML, Kagel E, Stromberg L, Einhorn TA (1998) Bone and cartilage formation in an experimental model of distraction osteogenesis.J Orthop Trauma 12: 111–116 34. Jones DB, Nolte H, Scholubbers J-G,Turner E, Veltel D (1991) Biochemical signal transduction of mechanical strain in osteoblast-like cells.Biomaterials 12:101–110 35. Joos U, Meyer U,Tkotz T,Weingart D (1999) Use of a mandibular fracture score to predict the development of complications.J Oral Maxillofac Surg 57:2–7 36. Joyce ME, Roberts AB, Sporn MB, Bolander ME (1990) Transforming growth factor- beta and the initiation of chondrogenesis and osteogenesis in the rat femur.J Cell Biol 110:2195–2207 37. Karaharju EO, Aalto K, Kahri A, Lindberg LA, Kallio T, Karaharju-Suvanto T,Vauhkonen M, Peltonen J (1993) Distraction bone healing. Clin Orthop 297:38–43
38. Karaharju-Suvanto T, Peltonen J, Kahri A, Karaharju EO (1992) Distraction osteogenesis of the mandible.An experimental study on sheep. J Oral Maxillofac Surg 21:118–121 39. Kinoshita Y (1983) Dynamic studies of mandibular osteosynthesis.II.Interfragment compression of AO osteosynthesis.ShikwaGakuho 83:999–1012 40. Komuro Y,Takato T, Harii K,Yonemara Y (1994) The histologic analysis of distraction osteogenesis of the mandible in rabbits.Plast Reconstr Surg 94:152–159 41. Lammens J, Liu Z, Aerssens J, Dequeker J, Fabry G (1998) Distraction bone healing versus osteotomy healing.A comparative biochemical analysis.J Bone Miner Res 13:279–286 42. Landry P, Sadasivan K, Marino A, Albright J (1997) Apoptosis is coordinately regulated with osteoblast formation during bone healing.Tissue Cell 29:413–419 43. Lanyon LE, Goodship AE, Pye CJ, MacFie JH (1982) Mechanically adaptive bone remodeling.J Biomech 15:141–154 44. Linde A, Hedner E (1995) Recombinant bone morphogenic protein-2 enhances bone healing, guided by osteopromotive e-PTFE membranes.An experimental study in rats.Calcif Tissue Int 56:549–553 45. Luhr HG (1990) Indications for use of a microsystem for internal fixation in craniofacial surgery.J Craniofac Surg 1:35–52 46. Machwate M, Zerath E, Holy X, Pastoureau P, Marie PJ (1994) Insulin-like growth factor-I increases trabecular bone formation and osteoblastic cell proliferation in unloaded rats. Endocrinology 134:1031–1038 47. McCarthy TL, Centrella M, Canalis E (1989) Regulatory effects of insulin-like growth factors I and II on bone collagen synthesis in rat calvarial cultures.Endocrinology 124:301–309 48. Meyer GH (1897) Die Architektur der Spongiosa.Arch Anat Physiol Wiss Med 34:615–628 49. Meyer U, Meyer T, Jones DB (1997) Vinculin does not play a direct role in mechano-sensing in primary bovine osteoblasts.Biochem Cell Biol 75:81–87 50. Meyer U,Wiesmann HP, Kruse-Lösler B, Handschel J, Stratmann U, Joos U (1999) Strain related bone remodeling in distraction osteogenesis of the mandible.Plast Reconstr Surg 103: 800–807 51. Meyer U, Meyer T,Wiesmann HP, Stratmann U, Kruse-Lösler B, Maas H, Joos U (1999) The effect of magnitude and frequency of interfragmentary strain on tissue response to distraction osteogenesis.J Oral Maxillofac Surg 57: 1331–1339 52. Meyer U, Meyer T,Wiesmann HP, Kruse-Lösler B, Stratmann U, Joos U (1999) Strain related transdifferentiation of chondrocytes to osteoblast-like cells in distraction osteogenesis. Calcif Tissue Int 64:97 53. Meyer T, Meyer U,Wiesmann HP, Stratmann U, Joos U (1999) Identification of apoptotic cell death in distraction osteogenesis.Cell Biol Int 23:439–446
Mund Kiefer GesichtsChir 1 · 2001
15
Übersicht 54. Meyer U,Vollmer D, Homann C, Schuon R, Benthaus S,Végh A, Felczegi E, Joos U, Piffko J (2000) Experimentelle und Finite-ElementeAnalyse der Biomechanik des Unterkiefers unter Belastung.Mund Kiefer Gesichtschir 4: 14–20 55. Meyer U, Meyer T, Schlegel W, Scholz H, Joos U (2000) Serum levels of cytokines during strain related bone formation in distraction osteogenesis.Br J Oral Maxillofac Surg in press 56. Mizoguchi I,Takahashi I, Sasano Y, Kagayama M, Kuboki Y, Mitani H (1997) Localization of types I, II and X collagen and osteocalcin in intramembranous, endochondral and chondroid bone of rats.Anat Embryol 196:291–297 57. Moreno JC, Fernandez A, Ortiz JA, Montalvo JJ (2000) Complication rates associated with different treatments for mandibular fractures. J Oral Maxillofac Surg 58:273–281 58. Müller M, Allgöwer M, Schneider R,Willenegger H (1991) Manual of internal fixation.Springer, Berlin Heidelberg New York 59. Nakahara H, Dennis JE, Bruder SP, Haynesworth SE, Lennon DP, Caplan AI (1991) In vitro differentiation of bone and hypertrophic cartilage from periosteal-derived cells.Exp Cell Res 195: 492–503 60. O’Connor JA, Lanyon LE, MacFie H (1982) The influence of strain rate on adaptive bone remodeling.J Biomech 15:767–781 61. Pacifici M, Golden EB, Oshima O, Shapiro IM, Leboy PS, Adams SL (1990) Hypertrophic chondrocytes.The terminal stage of differentiation in the chondrogenic cell lineage? Ann NY Acid Sci 599:45–57 62. Perren SM (1979) Physical and biological aspects of fracture healing with special reference to internal fixation.Clin Orthop 138:175–196 63. Pistner H, Michel C, Kubler N, Reinhart E, Reuther JF (1996) Therapeutic concept in comminuted and defect fractures of the mandible. Fortschr Kiefer Gesichtschir 41:157–160
16
Mund Kiefer GesichtsChir 1 · 2001
64. Raisz LG (1988) Local and systemic factors in the pathogenesis of osteoporosis.N Engl J Med 318:818–828 65. Rambaut PC,Goode AW (1985) Skeletal changes during space flight.Lancet 2:1050–1052 66. Reinhart E, Reuther J, Michel C, Kubler N, Pistner H, Bill J, Kunkel E (1996) Treatment outcome and complications of surgical and conservative management of mandibular fractures.Fortschr Kiefer Gesichtschir 41:64–67 67. Roach HI (1992) Trans-differentiation of hypertrophic chondrocytes into cells capable of producing a mineralized bone matrix.Bone Miner 19:1–20 68. Roach HI (1994) Why does bone matrix contain non-collagenous proteins? The possible roles of osteocalcin, osteonectin, osteopontin and bone sialoprotein in bone mineralisation and resorption.Cell Biol Int 18:617–628 69. Roach HI, Erenpreisa J, Aigner T (1995) Osteogenic differentiation of hypertrophic chondrocytes involves asymmetric cell divisions and apoptosis.J Cell Biol 131:483-494 70. Roux W (1905) Die Entwicklungsmechanik; ein neuer Zweig der biologischen Wissenschaft, vol I, II.Engelmann, Leipzig 71. Sasaguri K, Jiang H, Chen J (1998) The effect of altered functional forces on the expression of bone-matrix proteins in developing mouse mandibular condyle.Arch Oral Biol 43:83–92 72. Sato M,Yasui N, Nakase T, Kawahata H, Sugimoto M, Hirota S, Kitamura Y, Nomura S, Ochi T (1998) Expression of bone matrix proteins mRNA during distraction osteogenesis.J Bone Miner Res 13:1221–1231 73. Scammell BE, Roach HI (1996) A new role for the chondrocyte in fracture repair: endochondral ossification includes direct bone formation by former chondrocytes.J Bone Miner Res 11:737–745 74. Schenk R,Willenegger H (1967) Morphological findings in primary fracture healing.Symp Biol Hung 7:75–86
75. Schierle HP, Schmelzeisen R, Raha B, Pydlik C (1997) One- or two-plate fixation of mandibular angle fractures.J Craniomaxillofa Surg 25: 162–168 76. Schilli W (1969) Behandlungsmöglichkeiten bei Frakturen.Therapiewoche 41:2006-2011 77. Schilli W, Joos U (1991) Treatment of pan-facial fractures.Fortschr Kiefer Gesichtschir 36:36–38 78. Schilling T, Müller M, Minne HW, Ziegler R (1998) Influence of inflammation-mediated osteopenia on the regional acceleratory phenomenon and the systemic acceleratory phenomenon during healing of a bone defect in the rat.Calcif Tissue Int 63:160-166 79. Spiessl B (1975) Functionally stable osteosynthesis in mandibular fractures – problems and technic.Fortschr Kiefer Gesichtschir 19:68–72 80. Stafford HJ, Roberts MT, Oni OOA, Hay J, Gregg P (1994) Localisation of bone-forming cells during fracture healing by osteocalcin immunocytochemistry.An experimental study in the rabbit tibia.J Orthop Res 12:29–39 81. Stewart KJ, Lvoff GO,White SA, Bonar SF,Walsh WR, Smart RC, Poole MD (1998) Mandibular distraction osteogenesis.A comparison of distraction rates in the rabbit model.J Craniomaxillofac Surg 26:43–49 82. Vollmer D, Meyer U, Piffko J, Joos U (2000) Experimental and finite element study of a human mandible.J Craniomaxillofac Surg 28: 91–96 83. Weingart D, Joos U (1996) Differential indications for various therapeutic osteosynthesis concepts in mandibular fractures.Fortschr Kiefer Gesichtschir 41:71–74 84. Wolff J (1892) Das Gesetz der Transformation der Knochen.Kirschwald, Berlin 85. Yasui N, Sato M, Ochi T, Kimura T, Kawahata H, Kitamura Y, Nomura S (1997) Distraction osteogenesis in a rat model: three different modes of ossification.J Bone Joint Surg Br 79:824–830