Histochemie 21, 141--146 (1970)
Quantitative DNS-Bestimmungen yon Ameisenhirnzellen I. Abh~ingigkeit der D N S - W e r t e v o n d e r D a u e r der F e u l g e n f ~ i r b u n g * ELISABETt{ HAUSCHTECK-JUNGEN Zoologisehes Museum der Universit/~t Ziirich Eingegangen am 26. September 1969
Quantitative Determination o~ D N A in Feulgen Stained Brain Cells o~ Ants I. The E//ect o/ the Staining Duration on the Extinction Summary. Brains of adult Myrmica laevinodis (Hymenoptera, Formicidae) workers were Feulgen stained. They were kept in Schiff's reagens for 1 to 6 hours. In specimens from one nest the colour maximum was reached after 1 hour, in others from a different nest after 5 hours. The colour intensity measured by microspectrophotometry depended on the time the brains stayed in Schiff's reagens. This result means that the time of staying in Schiff's reagens is another factor influencing the amount of measurable DNA.
Zusammen/assung. Gehirnzellen yon Myrmica laevinodis-Arbeiterinnen wurden Feulgengef~rbt und dabei 1--6 oder 15 Std im Schiffschen Reagens behalten. Die Farbintensit/s wurde mikrospektrophotometrisch bestimmt. Die Tiere des einen Nestes zeigten ein Extinktionsmaximum nach 1 Std Aufenthalt im Schiffschen Reagens, die eines anderen Nestes nach 5 Std. Die F~rbedauer ist also ein weiterer Faktor, der bei quantitativen DNSBestimmungen zu beriieksichtigen ist. Einleitung Die B r a u c h b a r k e i t der Feulgenf/~rbung fiir q u a n t i t a t i v e D N S - B e s t i m m u n g e n ist seit Casperson (1932) i m m e r wieder sowohl best/itigt wie b e s t r i t t e n worden. Es ist b e k a n n t , dab verschiedene F a k t o r e n die Intensit/~t der Feulgenf/~rbung beeinflussen. Ohne B e d e u t u n g schien die Verweildauer des Gewebes im Schiffschen Reagens (Ris u n d Mirsky, 1949; Srinivasachar u n d P a t a u , 1959). Die vorliegenden ErgebnJsse zeigen jedoch, daft auch dieser F a k t o r y o n B e d e u t u n g Ifir die F a r b i n t e n s i t / i t sein k a n n . Material u n d Methode
Myrmica laevinodis, die im vorliegenden Fall benutzte Ameisenart, wurde in Ziirich und 5stlich der Ainbrficke an der I-[anptstrasse Lyon-Genf gesammelt. Bei Ameisen eignen sich fiir DNS-Messungen am besten die Gehirne adulter Arbeiterinnen. Zwei Griinde sind dafiir mal~gebend. Zum einen enthalten die Gehirne yon allen Organen die meisten diploiden Zellen (Locher, mfindliche Mitteilung). Zum anderen stellten wir autoradiographisch fest, das die DNS-Synthese in Adult-Gehirnen abgeschlossen ist. Die aus den Kopfkapseln heraussezierten Gehirne wurden zun~chst 10 sec in 50% Essigs/iure, dann 15 min in 70% Alkohol fixiert. Die Hydrolyse dauerte 12 min bei 60~ C in I n Salzs~ure. Zur I-Ierstellung des Schiffschen Reagens' wurde Pararosanilin der Firma Merck benutzt. Das Reagens wurde nach Romeis (1948) hergestellt. Die Zugabe der Salzs/~ure mul3te allerdings vor dem Filtrieren erfolgen, da sich die Farbkristalle sonst nicht 16sten. Die Verweildauer der Gewebe im Schiffsehen Reagens betrug 1--6 oder 15 Std. Danach wurden die Gehirne leicht gequetscht und in Euparal eingebettet. * Die Untersuchung wurde mit Unterstiitzung durch den Schweizerischen Nationalfond durchgeffihrt.
142
E. Hauschteck-Jungen:
Als Kontrollen dienten Gehirnzellen von Lasius (Dendrolasius) /uliginosus. Sie wurden zusammen mit jeder Myrmica-Pr~parateserie dem gleichen Verfahren unterworfen mit Ausnahme der F~rbedauer. Die Lasius-Zellen warden stets 2 Std gef~rbt. Daher muflten sie auf anderen Objekttr~igern gequetscht werden als die Myrmica-Zellen. Die Feulgenabsorption wurde mit dem Mikrospektrophotometer von Prof. Dr. F. Ruch, Botanisches Institut der EidgenSssischen Technischen Hochschule, Zfirich, gemessen. Angewendet warden Einstrahlverfahren und Punktmessung (s. Ruthmann, 1966). Jeder Kern wurde dreimal gemessen, ebenso der dazugehSrige Leerwert. Als repr~sentativ ffir den jeweiligen Kern wurde das Mittel aus den drei Messungen angesehen. Alle Messungen warden bei einem Blendendurchmesser von 1 ~zausgefiihrt. Es zeigte sich, dal3 die Kernvolumina bei Tieren aus verschiedenen Nestern variierten. Daher muBte die Extinktion mit dem jeweiligen Kernvolumen korrigiert werden. Ein mittleres Kernvolumen wurde aus 100 planimetrierten Kernquerschnitten berechnet.
Ergebnisse Form und GrSfle der Kerne
Verformungen der Kerne beim Quetschen, in unserem Fall vorwiegend Abplattungen, haben einen Einflul~ auf die Schichtdicke d i m Lambert-Beerschen Gesetz E z k. c.d ~ log~~ (aus Ruthmann, 1966), naeh dem die Extinktion berechnet wird. Es wurde daher zun~chst festgestellt, welche Form die Kerne im Gehirn haben, und ob sie beim Quetschen ihre Form behalten. Alkohol-Essigsi~ure-fixierte Gehirne wurden ohne Orientierung geschnitten und mit H~malaunEosin nach Meyer gef~rbt. Die meisten Kernquerschnitte waren rund (Abb. 1). Demnach sind die Kerne kugelfSrmig. Gequetschte Kerne erschienen in Aufsicht ebenfalls rund. Das allein ist allerdings noch kein Beweis ftir Formbest~ndigkeit, denn die Kerne kSnnten abgeplattet sein. Die Umrisslinien von Kernen sowohl aus Schnitt- als auch aus Quetschpr~paraten wurden mit einem OPL-Zeichenapparat gezeichnet und anschlieBend planimetriert. Dabei ergab sich ffir die Quetschpr~parate eine mittlere Querschnittflitche von 2,34 ~2, fiir die Schnitte 2,40 ~2. Das untersuchte Material stammte aus dem selben Nest. Die geschnittenen Kerne waren also sogar etwas grSBer als die gequetschten. Der Unterschied ist nicht gesichert. Demnach behalten die Kerne beim Quetschen ihre Kugelform. Wie aus der Tabelle hervorgeht, unterscheiden sich die Tiere aus den drei Nestern in ihren Kernvolumina. Die Untersehiede sind in jedem Fall mit einem p~0,005 gesiehert. D N S - Werte
Die Extinktionen des Ziireher Nests I (Abb. 2) und aueh die der beiden weiteren Nester wurden als normalverteilt angenommen. Die hSchsten Werte der Zfircher Tiere wurden bei 5 Std Feulgeneinwirkung gemessen. Die Mittelwerte bei 1, 2 und 3 Std sind mit p~0,005 gesichert voneinander verschieden, w~hrend die Mittelwerte nach 4, 5 und 6 Std F~rbung nieht mehr gesichert vom 3 StdWert abweichen. Die Tiere vom Fundplatz nahe der Ainbrficke zeigten eine andersartige Abh~ngigkeit der Extinktionen von der F~rbedauer. Der hSchste Wert wurde in Kernen gemessen, die nur 1 Std gef~rbt waren. Bei 2 und 4 Std F~rbedauer erhielten wir etwas niedrigere Extinktionswerte als bei 5 und 6 Std (Tabelle).
Quantitative DNS-Bestimmungen yon Ameisenhirnzellen. ~
143
Abb. 1a u. b. Gehirnzellen yon Myrmiea laevinodis-Arbeiterinnen, a Quetschpr~parat, Feulgenf~rbung, b Schnittpr~parat, H~malaun-Eosin-F~rbung.In beiden Prgparat-Typen haben die Kerne einen ann~hernd gleichen Querschnitt Tabelle. Relative DNS-Werte und Kernvolumina der 2n-Gehirnzellen yon Myrmica laevinodisArbeiterinnen in Abhdngigkeit von F~irbedauer und Nestzugeh#rigkeit Zfirich, Nest I
F~rbedauer (Std)
Ziirich, Nest II
rel. DNSMenge pro Kern ~: s~
Anzahl unt~rsuchter Tiere
Kerne
1 2 3 4 5 6 I5
5,12 i 0,65 5,44 -L 0,72 6,01 • 1,05 5,99 ! 1,01 6,33 ~ 0,89 6,11 ~: 0,87
4 4 3 4 2 4
72 96 84 132 72 72
Kernvol. in fzs
5,77 i 0,92
4
100
Ainbriicke
rel. DNSMenge pro Kern • s~
Anzahl untersuehter
4,47 • 0,53
4
Tiere
Kerne
72
5,46 • 0,49
6
84
4,78 :j- 0,36
2
100
rel. DNSMenge pro Kern :~ s~
Anzahl untersuchter
5,88 • 1,09 5,47 ~: 0,62
3 5
72 72
5,06 • 0,70 5,26 • 0,66 5,40 ~ 0,79
3 6 5
72 72 72
5,31 =L0,89
3
100
Tiere
Kerne
Die Abh/~ngigkeit der E x t i n k t i o n e n v o n d e r FKrbedauer verlKuft in den beiden Nestern etwa entgegengesetzt. Das Zfiricher Nest I I wurde n u r etwa 50 m vom Nest I e n t f e r n t gesammelt. Das Material wurde n u r 2 u n d 15 Std gef~rbt. Der 2 S t d - W e r t war niedriger als der y o n den N e s t e r n Zfirich I u n d Ainbriicke. Der 15 S t d - W e r t war m i t einem p < 0 , 0 0 1 gesichert h6her als der 2 Std-Wert. Auch in diesem Nest wurde d e m n a c h die m a x i m a l e Farbintensiti~t m i t 2 Std F ~ r b e d a u e r n i c h t erreicht. Diskussion
Aus den vorliegenden R e s u l t a t e n folgern wir, dab ffir M y r m i c a laevinodis bei q u a n t i t a t i v e n D N S - B e s t i m m u n g e n zu den bereits b e k a n n t e n noeh ein weiterer
E. Hauschteok-Jungen:
144
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5 6 7 8 9 10 11 relative Extinktion Abb. 2. Ver~eilung der relativen Extinktionen Feulgen-gef~rbter 2n-Gehirnzetlen von Myrmica laevinodis bei 1--6 Std :F~rbedauer. Die gestrichelten Linien bezeichnen die Lage des Mittelwertes
Quantitative DNS-]~estimmungen von Ameisenhirnzellen. I
145
Unsicherheitsfaktor der Teehnik zu berficksiehtigen ist: die F~rbedauer. Dazu k o m m t die nestspezifische Abhitngigkeit der Farbintensititt ]e nach Fiirbedauer. An extrahierter D N S stellten Casperson (1932) und sparer Sibatani (1950) lest, dab das F/irbemaximum erst bei 3 bis 4 Std Einwirkung des Schiffschen Reagens erreicht wurde. I n histologischen Pritparaten jedoch fanden Ris und Mirsk y (1948) an Kalbsleberkernen und Srinivasachar und P a t a u (1959) an Zwiebelwurzelzelien, da[3 die F~rbezeiten yon 1 und 8 Std keinen Intensiti~tsunterschied ergaben. Erst bei 24 Std Einwirkung bekamen Ris und Mirsky bei Kalbsleberzellen einen Abfall der Farbintensitiit. Bei D N S - B e s t i m m u n g e n an Bienen y o n Merriam und Ris (1954) und von Mittwoch, Kalmus und Webster (1966) wurde nur eine Fitrbedaner benutzt. Apis melli/ica ist die einzige bisher untersuchte H y m e n o p t e r e n a r t , und wiire daher den Ameisen am besten vergleichbar. Fautrez (1966) bekam bei R a t t e n Unterschiede in der DNS-Menge pro Kern, wenn er das gleiche Gewebe bei 2 Tieren verglich. Einen reproduzierbaren Mittelwert erhielt er erst bei Untersuchung von mindestens 5 Tieren. Obwohl bei Ameisen yon Behringer (mfindliche Mitteilung) festgestellt wurde, dal3 bei genfigend groi~er Anzahl gemessener Kerne pro Tier auch schon 2 Tiere keine abweichenden Mittelwerte ergaben, wurde immer aus mehreren Tieren der Mittelwert bestimmt. Die l~bereinstimmungen der Werte bei Tieren desselben Nestes und die Differenzen bei solchen aus verschiedenen Nestern kSnnen dutch folgendes bedingt sein: Zum einen kSnnen die Arbeiterinnen eines Nestes Geschwister sein, auch wenn es sich bei Myrmica laevinodis nicht um eine m o n o g y n e Art hande|t. Zum anderen stellt jedes Nest einen kleinen isolierten Biotop dar, in dem jede Arbeiterin unter etwa gleichen Umweltbedingungen lebt. Die vorliegenden D a t e n lassen zwar keinen Schlul3 auf ihre chemischen Ursachen zu, aber es liegt nahe, den physiologischen Zustand der Zellen ffir die Unterschiede zwischen den Nestern verantwortlich zu machen. I n diese R i c h t u n g weisen die Befunde yon Roels (1954, 1966). Er fand in der Sehilddrtise yon l~atten eine E r h 6 h u n g oder Senkung der DNS-Menge, je nachdem ob mit Thiouracil oder Thyroxin behandelt wurde. Die Laborantin Frl. Elisabeth R~ber trug mit tatkr~ftiger, selbsti~ndiger Arbeit zum Fortgang der Untersuchung bei. Prof. Dr. F. Ruch stellte uns gro{3z/igigerweise sein Mikrospektrophotometer zur Verffigung, wofiir ich ihm herzlieh danke.
Literatur
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His$ochemie, Bd. 21
146
E. ttauschteck-Jungen: Quantitative DNS-Bestimmungen von Ameisenhirnzellen. I
Mittwoch, U., Kalmus, H., Webster, W. S.: Desoxyribonucleic acid values in dividing and nondividing cells of male and female larvae of the honey bee. Nature (Lond.) 210, 264--266 (1966). Ris, H., Mirsky, A. E.: Quantitative cytochemical determination of desoxyribonucleic acid with the Feulgen nucleal reaction. J. gen. Physiol. 88, 125--146 (1949). Roels, I-I.: Cell activity and Desoxyribonucleic acid content of the nuclei of the thyroid gland of the white rat. Nature (Lond.) 174, 514--515 (1954). - - "Metabolic" DNA: a cytochemieal study. Int. Rev. Cytol. 19, 1--34 (1966). Romeis, B. : Mikroskopische Technik 15. Aufl. Mfinchen: l~. Oldenbourg 1948. Ruthmann, A. : Methoden der Zellforschung Stuttgart: Franck'sche Verlagshandlung 1966. Sibatani, A. : Effects of histone and other proteins on the Feulgen reaction. Nature (Lond.) 166, 355--356 (1950). Srinivasachar, D., Patau, K. : Proportionality between nuclear DNA-content and Feulgen dyecontent. Exp, Cell Res. 17, 286--298 (1959). Dr. E. Hauschteck-Jungen Zoologischcs Museum der Universit~t Zfirich/Schweiz Kiinstlergasse 16