Biophysik 4, 356--369 (1968)
Strahlenempfindlichkeit von DNS-Synthese und Mitose im Harding-Passey-Melanom und im Dtinndarm der Maus * Biochemische und autoradiographische Untersuchungen mit radioaktivem T h y m i d i n KLAUS HEMPEL Institut ffir Medizinische Strahlenkunde der Universit~t Wiirzburg (Direktor: Prof. Dr. W. MAV~.ER) Eingegangen am 31. J~nuar t968
Einleitung Die StSrung der Zellvermehrung is~ in strahlentherapeutischer Hinsicht die wichtigste Zellsch~digung. Eine Zellart wird als strahlenempfindlich bezeichne~, wenn bereits eine relativ geringe Dosis zum Verlust der Proliferationsf/~higkeit ffihr~. Die vorliegende Arbeit untersucht am Harding-Passey-~elanom der ~aus, Jnwieweit die bekannte hohe Strahlenresistenz dieses Tumors [li, i8] auf einer im Vergleieh zu anderen Geweben erhShten Resistenz einzelner Teilsehritte der Zellvermehrung, wie DNS-Synthese oder Mitose, beruht. Die Untersuchungen ergaben, dab die DNS-Synthese der Melanozyten genauso strahlenempfindlieh ist, wie die der Diinndarm-Epithelzellen, w/s die Mitose der Melanozyten sogar 1/inger gestSrt blieb als die der Epithelzellen.
Methoden und Tierversuche Radioaktive Verbindungen. Thymidin-[methyl-T] (spez. Akt. 3000 mCi/mMol) (Sehwarz BioReseareh, Orangeburg, New York) und Thymidin-(2-i4C) (spez. Akt. 32 mCi/m~ol) (Radiochemical Centre, Amersham, England) wurden verwandt.
Tiermaterial. Die Versuehe wurden mit m/~nnlichen Albino-~/~usen, Stamm NMRI (Zentralinstitut f. Versuehstierzucht, ttannover-Linden) yon ca. 30 g Gewieht ausgeffihl~. Die Melanome (Typ Harding-Passey) wurden durch subcutane Injektion einer Aufsehw/~mmung yon 0,t g ~e]anom-~omogenat in 0,3 cm 8 physiologischer NaC1 LSsung 4 bis 6 Wochen vor dem Versuch fibergragen. Sie wogen zum Zeitpunkt des Versuches zwischen I u n d 3 g. Alle Versuchstiere erhielten vor und w/~hrend des Versuches Altromin-Standardfutter (Altrogge Spezialfutterwerk, Lage-Lippe) ad libitum. * Die Arbeit lag der Medizinischen Fakult~t der Universit~t Wfirzburg als Teil einer ttabilRationsschrift vor.
Strahlenempfindlichkeit yon DNS-Synthese und Mitose
357
Tabelle. f)bersicht i~berdie Tierversuche Serie
Zahl der Tiere
A
17
B
Strahlendosis (R)
Zeitpunkt der InjekLion yon radioaktivem Thymidin vor naeh Bestrahlung (min) (h)
TStung (h nach Bestrahlung)
545
45 (~C)
0,5 - 50,5 (3H)
1,5 - 51,5
12
1000
45 (i~C)
0,5 - 16,0 (3It)
1,5 - 17,0
C
36
545
45 (~H)
--
2,4 - 95,0
Xontr.
15
45 (i~C)
t,0 - 24,0 (~H)
2,0 - 25,0
--
RSntgenganzkSrperbestrahlung i. Die Bestrahlung erfolgte in einer Kunststoffbox mit einer Grundfliehe yon 15 • 15 em ~ und einer HShe von 3 em, in der die M/~use in Gruppen zu 20 gleichzeitig bestrahlt wurden. Die R6ntgenbestrahlung wurde mit einem Therapieger~t R T 200 ()/[filler, Hamburg) bei 200 kV, 20 mA und 0,5 m m Cu, F H A 50 cm, FeldgrSge 20 x 24 em 2, Dosisleistung 71 R/min _+4 R durchgefiihrt. Tierversuche. ~[elanom-M/tusen wurde 4 5 m i n vor R6ntgenganzkSrperbestrahlung I ~Ci (7,6 ~g) i4C-Thymidin und ansehliel3end zwischen 30 rain und 50 h naeh Bestrahluag nochmals i00 ~Ci 8H-Thymidin (8,1 ~g) i.p. injiziert. Das radioaktive Thymidin war stets in 0,3 ml physiologiseher NaC1 gel6st. Die Bestrahlung erfolgte naehmittags zwischen 16.00 lind 17.00 Uhr. Die M/~use wurden 30 rain bis 95 h nach Bestrahlung get6tet, 5{e]anome und Dfinndarm wurden entnommen, gewogen und auf Troekeneis eingefroren. Eine Ubersicht fiber die insgesamt durchgeffihrten Versuehe gibt die Tabelle. Melanome und Dfinnd~rme der Serien A und C warden zuss aueh autoradiographiseh untersucht. Herstellung der Me]3proben und Bestimmung get 3H- und 14C-Alctivit~it der DNS. Aus Gewebsproben (NaBgewieht 0,5 bis 1,0 g) yon Melanom und Dfinndarm wurden die s~ureunlSsliehen Verbindungen (RNS, DNS und EiweiB) nach SCgMIDTTtIANlgHAUSER [12] durch F~llung mit Triehloressigs~ure abgetrennt und in ein Troekenpulver fiberffihrt. Der Trichloressigs/iure wurde Thymidin und das Thymidin-Abbauprodukt fl-Aminobutters/iure (je I m g pro ml) als Trs zugesetzt. Die 8H- und i4C-Aktivit/~t der Troekenpulverprgparate wurde simultan mit einem Fliissigkeitsszintillationsz/~hler (Triearb, Modell 3i4 EX, Packard, USA) nach einer an anderer Stelle besehriebenen Methode gemessen [2]. Die Standardabweiehung betrug bei Tritiummessungen + 2 % und bei i4C-Messungen _+40/o. Alle Aktivit/~tangaben wurden auf ~e pro I g Nal3gewebe umgereehnet. Herstellung und Auswertung der Autoradiogramme. Von 3 ~z dicken Paraffinschnitten warden Autoradiogramme nach der S~ripping-Film-Teehnik (StrippingFilm A R 10, Kodak) hergestellt [13]. Die Beliehtungszeit betrug t0 bis 30 d. Das Gewebe wurde im AnschluB an die Autoradiographie mit H~matoxylin-Eosin gefirbt. Alle Bestrahlungen wurden im R6ntgen-Institut der AOK KSln durchgefiihrt, tterrn Prof. Dr. TESCItENDORFund tIerrn Dr. EWALDdanke ich fiir Beratung und Unterstiitzung bei den Bestrahlungsversuehen.
358
K. HE~IPEL: Auf Autoradiogrammen wurde durch Auszi~hlung ermittelt:
a) b) c) d)
der der der der
Prozentsatz markierter Melanozyten und Diinndarmzellen, Prozentsatz markierter Mitosen, Mitoseindex und Prozentsatz nekrobiotisch veri~nderter Zellen.
zu a) In P]anquadraten yon 6400 ~2 warden die angeschnittenen Kerne yon IVlelanozyten und Dfinndarm-Epithelzellen ausgez~h]t und der Anteil der markierten Kerne bestimmt. Nut Kerne mit fiinf und mehr SilberkSrnern wurden als markiert gewertet. Beim Darm wurden nur Zellen gez~hlt, die nicht mehr als 80 yore Kryptengrund entfern~ lagen. Pro Gewebe wurden jewefls mindestens 100 markierte Zellen gez~h]t. Nach 1KSglichkeit Warden solche Z~hlungen mindestens dreima] an voneinandcr entfernt liegenden Stellen des Schnittes durchgeffihrt. Die an verschiedenen Stellen gemessenen Werte stimmten in der Regel gut fiberell]. z u b ) Fiir jeweils i00 1VIitosen yon 1V[elanozy~en bzw. Diinndarmzellen wurde der Anteil der 3tt-markierten (ffinf und mehr SflberkSrner pro Kernfeld) bestimmt. Prophasen wurden nicht berficksichtigt, da ihre Erkennung im vorliegenden ~aterial unsicher war. Solche Z~hlungen wurden an mindestens drei verschiedenen Stellen des Gewebes durchgefiihrt. zu c) Der Mitoseindex wurde analog dem Markierungsindex (s. anch zu a) ausgez~hlt. Mindestens 50 Mitosen wurden pro Gewebe gez~hlt. Prophasen blieben wiederum unberficksichtigt. zu d) Der Anteil der nekrobiotischen Zellen wurde analog zu a) bestimmt. Als nekrobiotisch wurden in diesem Zusammenhang Zellen mit Kernpyknose und Karyorhexis angesehen. Insgesamt wurden dabei so viele Planquadrate durchmusterS, bis mindestens t00 gesch~digte Zellen registriert waren.
Ergebnisse 1. Ein/lu[3 der t~SntgenganzkSrperbestrahlung au/ den Einbau yon Thymidin in die DIqS von Melanom und Di~nndarm Den Einbau yon radioaktivem Thymidin in die ss Verbindungen yon Melanom und Dfinndarm zeigt Abb. i. Die mit ,,3It-" bezeichneten Kurven geben den Einbau yon 3It-Thymidin zu verschiedenen Zeiten nach RSntgenganzk5rperbestrahlung mit 545 1% (Tierserie A, Tabelle) wieder. Dieser 8HThymidineinbau wird im folgenden der DI~S-lqeubildung gleichgesetzt (s. auch Diskussion). Die ,,atI"-Kurven beider Gewebe haben zwischen 5 h und i5 h nach Bestrahlung ein 1V[inimum, in dem die DbIS-Neubildung fiinf his zehnmal niedriger ist als die unbestrahlter Kontrollen. Die mit ,,14C" bezeichneten Kurven zeigen das Verhalten der 45 rain vor GanzkSrperbestrahlung (545 1%) durch Injektion yon 14C-Thymidin in vivo markierten DNS zwischen i,5 h und 52 h nach Bestrahlung. Die laC-Aktivit~t des ~elanoms blieb auch nach Bestrahlung unvers w~hrend die des Diinndarms innerhalb yon 24h geringffigig und zwischen 24h und 52 h erheblich abnahm. Die gestrichelte Kurve zeigt das Verha]ten der 14C-Aktivit~t im Darm unbestrahlter Kontrollen. Den Wert ffir den Zeitpnnkt Iqu]l gibt sowohl die 3H- als au ch die 14C-Aktivit~t in unbestrahlten Kontrollen 45 rain nach Injektion yon 3It- bzw. l~C-Thymidin
Strahlenempfindlichkeit yon D~S-Synthese und Mitose
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II, , 10 . , .. , .... ,..117-1 20 50 0 10 20 50 Stunden nach Bestrahlung (545 r) Markierung der DNS durch: t. l~C-ThymidJn 45 rain vor Bestrahlung (o) 2. aH-Thymidin nach Bestrahlung 1 h vor T6tung (<>) Abb. 1. Radioaktivit~ der s~uretmlSslichen Verbindungen ( = radioaktive DNS) yon ~elanora und Diinndarm der Maus zu versehiedenen Zeiten nach R6ntgenganzkSrperbestrahIung (545 R). 9 Markierung der DNS durch i.p. Inj. yon 14C-Thymidin 45 rain vor Bestrahlung; <> Markierung mi~ 8H-Thymidin nach Bestrahinng, ~ h vor TStung . . . . . . z4C-Aktivit~t unbestrahlter Kontrollen; Radioaktivit~ in Prozent des pro I g Tiergewich~ injizierten radioaktiven Thymidin 9
tO
,
. . . . . . .
10
wieder. Die r e l a t i v e all- u n d 14C-AktivifSt der D N S eines Organs w a r u n t e r diesen U m s t g n d e n gleich. D a s isf ein Beweis daffir, dal~ 3H- u n d 14C-Thymidin in gleichem U m f a n g in D N S e i n g e b a u t werden, sofel~a die v e r a b r e i c h t e T h y m i d i n m e n g e , wie in d e r vorliegenden Arbei~, gleich ist. Die GrSBe des E i n b a u s y o n 8H- bzw. 14C-Thymidin in 5Ci/g isf b e i m D f i n n d a r m ca. siebenmM grSl3er als b e i m ~ e l a n o m . Die Mel~punkte in A b b . 1 sfreuen v o r allem b e i m ~ e l a n o m erheblich, d a infolge des u n t e r s c h i e d l i c h e n feingewebliehen A u f b a u s d e r T u m o r e n aus proliferierenden u n d n e k r o t i s e h e n Gewebsbezirken die D N S - S y n t h e s e pro g y o n T u m o r
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RSntgen-Bestrahlung
Abb. 2. Relative DNS-Neubildung pro 1 g Gewebe in Melanom und Diinndarm zu verschiedenen Zeiten naeh R6ntgenganzk6rperbestrahlung (545 R) (Einzelheiten s. Text)
360
K. HEMPEL :
zu Tumor stark sehwankte. Diese Schwankungen konnten dadurch ausgesehaltet werden, dal~ die DNS-Synthese nach Bestrahlung (3H-Aktiviti~t der ~elanome) nieht auf I g Nal~gewebe bezogen wurde wie in Abb. i, sondern auf die DBISSynthese desselben Tumors vor ]~estrahlung (14C-Aktivit~t der ~elanome). Aus diesem Grunde wurde in Abb. 2 das Aktivit~tsverh~ltnis 3H/14C aufgetragen. Abb. 2 gibt diese Aktivits sowohl fiir die mit 545 R bestrahlte Tierserie (Serie A, Tabelle) als aueh ffir den Fall der GanzkSrperbestrahlung mit 1000 1~ (Serie B, Tabelle) wieder. In Abb. 2 ist fiir jeden Mel~punkt die S~andardabweichung eingetragen. Abb. 2 zeigt deutlieher als Abb. l, wie ~hnlieh auch bei unterschiedlicher Dosierung die ~nderung des Thymidineinbaus nach Bestrahlung in Melanom und Dfinndarm ist.
2. A utoradiographische Untersuchungen zur zelluliirzn DNS-Synthese nach Bestrahlung Abb. 3 A zeigt den Antefl der ~elanozyten und D/inndarmzellen, der zu verschiedenen ZeRen nach Bestrahlung (545 R) noeh SH-Thymidin einbaute (Auswer~ung auf Autoradiogrammen der Serie A und C, Tabelle). Bei beiden Zella~en nahm der An~eil der markierten Zellen bald nach Bestrahlung ab. Nach 8 h waren im Dfinndarm bestrahlter Tiere dreimal weniger Epithelzel]en markiert als bei Kontrolltieren ( = 5 0 ~ In den folgenden Stunden nahm die Zahl der DNSsynthetisierenden Zellen raseh wieder zu, so dal3 bereits naeh 24 h ann~hernd der Ausgangswert wieder erreicht war. I m ~elanom sank der Marlderungsindex lungsamer als beim ])arm und erreichte anch sparer, erst nach 24 h, den niedrigsten Wert. Zu diesem Zeitpunkt waren im 1Vielanom viermal weniger 1VIelanoz~%enmarkiert als in nnbestrahlten Kontrollen ( = 25%). Aueh im Melanom stieg die Anzahl der markierten ~elanozyten ansehliel~end wieder an, eireiehte aber am Ende des Versuehes, 52 h naeh Bestrahlung, noch nicht den Ausgangswer~. Das Ergebnis yon Silberkornz~hlungen auf Autoradiogrammen zeigt Abb. 3 B. Die Kornzahl pro Kern soll hier als ein Mal~ fiir die DNS-Synthese pro Zelle genommen werden (s. aueh Diskussion). Die Kornzahl/Kern sank sofort naeh Bestrahlnng und erreichte etwa nach 8 h in ~elanom und Diinndarm den niedrigsten Wert. Zu diesem Zeitpunkt enthielten markierte Kryptenzellen im Mittel nut die Hs markierte Melanozyten nur zwei Drittel der SilberkSrner der unbestrahlten Kontrollen. W~hlend aber im Dfinndarm die Kornzahl zwisehen 8 h und 48 h naeh Bestrahlung nnr langsam anstieg und erst naeh 2 d den Ausgangswert wieder erreiehte, hatten Melanozyten z. T. bereits nach i d, ganz deutlich aber 2 d naeh Bestrahinng, eine hShere Kornzahl pro Kern als unbestrahlte Kontrolle)).
3. Ein/lu[3 der Bestrahlung au] die MitosehSu/igkeit Abb. 4 zeigt die ~_nderung des Mitoseindex n~eh Bestrahlung mit 545 1~ (Serle A u. C, Tabelle). Sowohl im Darm als auch im Melanom wurden t,5 h n a c h Bestrahlnng keine Mitosen gefunden. Beim Melanom wurde die Mitose praktisch 25 h lang vollst~ndig gehemmt. Zwischen 25 h und 30 h setzte die Zellteflung wieder kri~ftig ein, so dab etwa am dritten Tag naeh Bestrahlung der Mitoseindex dem der unbestrah]ten Kontrollen entsprach. I m Darm wurden frfiher als im l-V[elanom, bereits 17 h n a c h Bestrahlung, wieder zahlreiehe Mitosen angetroffen. Der Mitose-
Strahlenempfindlichkeit yon DNS-Synthese
undMitose
361
A. Anteil der DNS-synthetisierenden Zellen % 30_~i
% 60_. .........................
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Stunden nach R6ntgen-Bestrah[,,ng [545r]
B. Kornzohl pro Kern
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50
nachR6ntgen-Bestrahlung [545r]
Abb. 3 A u. B. J~uderung der zellularen DNS-Synthese im Harding-Passey-Melanomund im Diinndarm der Maus zu verschiedenen Zeiten nach RSntgenganzkSrperbestrahlung (Bestrah]ungsdosis: 545 R ; i.p. Inj. yon 8H-Thymidin 1 h vor TStung). A Anteil der markierten ( = DNS-synthetisierenden) Ze]len an der Gesamtpopulation. B Kornzahl pro Kern ( = DNSSyntheserate pro Kern) (Ausz~hlung an 20 d exponierten Autoradiogrammen). Die infolge der Bestrahlung gedrosselte DNS-Synthese wird im Darm etwa zur HMfte durch die geringere Zah] an DNS-synthetisierenden Zellen und zur HMfte durch die geringere Syntheserate pro Zelle vernrsacht. I m Gegensatz dazu ist im Melanom die starke Verminderung der Zahl der DNS-synthetisierenden Zellen der Hauptgrund fiir die reduzierte DNSSynthese
index war bei 17 Std in l~bereinstimmung mit den Untersuchungen anderer Autoten [17] hSher als 30 h nach Bestrahlung. Erst 3 Tage nach Bestrahlung entsprach die Mitoseh/~ufigkeit wieder der der Kontrollen (Abb. 4). In bestrahlten Geweben zeigte ein Tell der Mitosen die bekannten Anomalien der Teilungsfiguren.
362
K. HE~EL:
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Abb. 4. Mitoseindex nach RSntgenganzk6rperbestr~hlung (545 R). Im Melanom dauerte die strahlenbedingte Mitosehemmung etwa doppeR so lange wie in den Diinndarmkrypten
4. Strahlenbeclingter Zelltod Nach RSntgenganzkSrperbestrahlung mit 545 1% wurden im Dfinndarm der Maus, nicht abet in den Melanomen, nekrobiotische Zellen beobachtet (Abb. 5). Selbst stark ver/~nderte Kernfragmente bauten bei den vorliegenden autoradiographischen Versuchen nach Bestrahlung noch ~H-Thymidin in das chromosomale Material ein (Abb. 5). Den Prozentsatz nekrobiotisch ver/~nderter Krypten-Epithelzellen zu versehiedenen Zeiten naeh Bestrahlung zeigt Abb. 6. Nach einem ~ a x i m u m zwischen 4 h und 8 h nach Bestrahlung sank die Zahl nekrobiotisch ver/inderter Zellen laufend ab ; abet selbst nach 50 h zeigten noch 2 bis 5~o der Kryptenzellen die beschriebenen Ver/~nderungen.
5. Strahlenempfindlichkeit der S-Phase und anderer Stadien des Zellzyklus Die Strahlenempfindlichkeit yon Zellen in der D•S-Synthesephase des Zyldus wurde gezielt untersucht. Hierzu wurden Zellen in der S-Phase unmittelbar vor Bestrahlung durch Injektion yon 8H-Thymidin markiert (Tierserie C). AnschlJe-
Strahlenempfindlichkcit yon DNS-Synthese und Mitose
363
Abb. 5. Autoradiogr~mm des Diinndarms (Maus) 6 h nach RSntgenganzkSrperbestruhlung (i.p. Inj. yon 3H-Thymid~n I h vor Bestrahlung). In den Krypten liegen zahlreiche gesch~digte Epithelzellen mit pyknotischen, teJlweise bereits fragmentierten Ker~mn. Einige dieser ver~nderten Kerne sind lnarkiert. Insgesamb ist die Zahl der K~\~ptenzellen vermindert
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nach R6ntgen-Bestrahlung (545 r)
Abb. 6. Prozents~tz nekrobiotisch ver~nderter Kryptenzellen (s. auch Abb. 5) nach R6ntgenganzkSrperbestrahlung (545 R) 25
Biophysik,Bd. 4
364
K. HEMPEL
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Stunden nach RSntgen- Bestrah|ung [545rl
Abb. 7. Anteil markierter Mitosen an der Ges~mtzahl der Mi*osen in Melanom und Dfilmdurm zu verschiedenen Zeiten nach RSntgenganzk6rperbestrahlung (545 R). Markierung durch i.p. Inj. yon 3H-Thymidin 45 min vet Bestrahlung. . . . . . Prozent-markierte-Mitosen-Kurve unbestrahlter Kontrollen; -- -- -- 3I-I-Index. Die ersten Mitosen nach Bestrahlung stammen beim Melanom yon unmarkierten Zellen (Bes~rahlung in der GI-Phase) und beim Darm yon markierten Zellen (Bestrahlung in der G2oder S-Phase) ub 13end wurde der E i n t r i t t m a r k i e r t e r Zelleli in die Mitose bis zu i 0 0 h n a c h B e s t r a h lung verfolgt. Aul3erdem wurde b e s t i m m t , welcher Teil der nach B e s t r a h l u n g regelm/~l~ig zu b e o b a c h t e n d e n n e k r o b i o t i s c h e n Zellen (Abb. 5) sich y o n diesen markJerten Zellen ableitet. Die P u n k t e in Abb. 7 zeigen, welcher P r o z e n t s a t z d e r Mitosen n a c h Bestrahlung in D f i n n d a r m u n d Melanom radioaktJv m a r k i e r t war. Die diinn g e p l i n k t e t e n K u r v e n geben den P r o z e n t s a t z m a r k i e r t e r Mitosen, P r o z e n t - m a r k i e r t e - M i t o s e n K u r v e , in u n b e s t r a h l t e n KontrolleI1 wieder. Die K u r v e des H a r d i n g - P a s s e y Melanoms wurde y e l l HwMI'EI~ [3] u n d die des D t i l i n d a r m s y o n L~sI~E~ [8] gemessen. W/~hrelid bei u n b e s t r a h l t e n Tieren die P r o z e n t - m a r k i e r t e - M i t o s e n - K u r v e nach A r t einer ged/~mpften Sehwingung u m den W e r t des a l l - I n d e x (gestrichelte Ger~den in A b b . 7) p e n d e l t u n d sich i h m i n n e r h a l b einiger G e n e r a t i o n e n alins w a r e n n a c h B e s t r a h l u n g keine zyk]isehen S c h w a n k u n g e n des P r o z e n t s a t z e s der m a r k i e r t e n Mitosen nachweisbar. B e i m M e l a n o m s t a m m t e n die zuerst IIach der Bestr~hlung b e o b a e h t e t e n Mitosen b e v o r z u g t v o n n i e h t m a r k i e r t e n Zellen, w/~hr e n d gegeli E n d e des Versuches, 3 d n a c h B e s t r a h l u n g , der A n t e i l der m a r k i e r t e l i K e r n e bei Mitosen sogar etwas grSBer w a r a]s in der G e s a m t p o p u l a t i o n tier Melanozyten.
Strahlenempfindlichkeit voa DNS-Syn~hese und Mitose
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Fiir Dfinndarmzellen konnten in Abb. 7 nut Angaben bis 30 h naeh Bestrahlung gemacht werden, da infolge des frfiheren Wiederbeginns der Mitosen im Darm 42 h naeh Bestrahlung die Kornzahl pro Kern so niedrig war, dal~ aus statistischen Grfinden markierte Mitosen nicht mehr mit Sicherheit yon unmarkierten untersehieden werden konnten. Von den infolge der Bestrahlung nekrobiotisch veriinderten Zellen waren bei diesen Versuehen in den ersten Stunden naeh Bestrahlung 40 bis 50~ markiert. Mit zunehmender Uber]ebenszeit nahm dann der Anteil der markier~en merklich zu und betrug zwischen l0 h und 50 h naeh Bestrahlung 60 bis 80%. In diesem Zeitintervall lag der Antefl der markierten Zellen an der Gesamtpopulation der Kryptenzellen in der gle~ehen GrSBenordnung. Diskussion 1. Kann aus dem verminderten Thymidineinbau nach Bestrahlung au/ eine verminderte DNS-Synthese geschlossen werden? Der nach Bestrahlung verminderte Thymidineinbau yon Melanom und Dfinndarm (Abb. i und 2) darf nicht vorbehaltlos als verminderte DNS-Synthese gedeutet werden. Die 3H-Thymidinaktivit~t, die pro g Gewebe in DNS eingebaut wird, h~ngt n~mlich yon einer Reihe von Faktoren ab, und zwar a) yon der Zah] der DNS-synthetisierenden Zellen pro g Gewebe, b) yon der DNS-Syntheserate pro Zelle und e) yon der mengenmiil~igen Beteiligung des injizierten Thymidins an der DNSSynthese. W~hrend Anderungen in der Zahl der DS~S-synthetisierenden Zellen naeh Bestrahlung autoradiographiseh fiber den Markierungsindex (Abb. 3A) bestimmt werden kSnnen, feh]t die ~Sgliehkeit, strahlenbedingte Verhnderungen infolge yon b) und c) unmittelbar zu messen. Die in der vor]iegenden Arbeit ausgez~hlte Kornzahl pro Kern (Abb. 3 B) ist in diesem Zusammenhang nieht eindeutig. Eine verminderte Kornzahl kann sowohl Ausdruek einer gesenkten DNS-Syntheserate pro Zelle als auch einer geringeren Beteiligung des exogenen 3H-Thymidins an der DNS-Synthese sein. Da die Beteiligung nach Untersuchungen yon LA~G, Mt~LLn~ U. MAUREtr [7] unter den hier vorliegenden Versuehsbedingungen bei unbestrahlten M/iusen nur 0,1 bis 1% betr~gt, kSnnten strahlenbedingte ~nderungen in der Betefligung zu einer erhebliehen Senkung des 3It-Thymidineinbaus fiihren, ohne da~ die DNS-Syntheserate pro g Gewebe ver~ndert wird. Dal~ nach Bes~rahlung aber tats~tchlieh die DNS-Syntheserate vorfibergehend vermindert ist und dal~ der gesenkte aH-Thymidineinbau der vorliegenden Arbeit hSehstens zu einem kleinen Teil auf einer verminderten Beteiligung beruht, haben Versuche mit 32p [5] gezeigt. Durch eine einmalige RSntgenbestrahlung (800 R) wurde die Bildung yon a2P-markierter DNS im Darm yon M~usen praktiseh in g]eiehem Mai~e vermindert wie der 8H-Thymidineinbau bei den hier vorliegenden Versuehen. Diese gute Ubereinstimmung zwisehen Versuehen mit dem physiologischen DNS-Vorl~ufer 3~P-Phosphat und dem unphysiologischen Vorliiufer 3H-Thymidin, berechtigt dazu, auch aus einem verminderten Thymidineinbau nach Bestrahlung auf eine Verminderung der DNS-Synthese zu schlieBen. Erhebliehe ~nderungen in der Beteiligung yon exogenem Thymidin an der DNSSynthese scheinen also infolge der Bestrahlung nicht einzutreten. 25*
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K. }tEMPEL:
2. Unterschiedlicher Mechanismus der DNS-Synthesehemmung dutch Bestrahlung in Melanom und Diinndarm W/ihrend die zellul/~ren StSrungen, die im Darm der Maus zur Verminderung der DNS-Synthese ffihren, durch autoradiographisehe Untersuehungen mit aHThymidin bekannt sind [14], fehlen entsprechende Untersuchungen fiir Tumoren fast gs Die vorliegende Arbeit vergleieht die Strahlenempfind]ichkeit der DNS-Synthese im Harding-Passey-Sfelanom der Maus mit der bekannten Empfindlichkeit des Diinndarms. Die Bestrahlungsdosis (545 t~ und 1000 R) wurde dabei so angesetzt, dab trotz ausgedehnter morphologischer Strahlensehs eine vollkommene Ausheilung der Strahlenkrankheit noch mSglich ist; 545 R entspricht praktisch der LDs0 der lV[aus [10]. Melanozyten des Harding-Passey-Melanoms und der D/inndarm-Epithelzellen der Maus sind, was die Kinetik der Zellproliferation und damit aueh der DNSSynthese betrifft, vergleiehbare Systeme: Die S-Phase der lV[elanozyten dauert 8 h, die G2-Phase i,5 bis 3 h, die Mitose ca. t h und die GI-Phase t7 h [3]. Die entsprechenden Zeiten fiir Diinndarm-Epithelze]len der Maus sind: S-Phase 7 bis 8 h, G2 - I h, Mitose I h und Gi 4 bis 10h [6]. Die vorliegenden Untersuehungen haben in Ubereinstimmung mit den Untersuchungen anderer Autoren [i4] gezeigt, dag nach Bestrahlung mit 545 R bzw. 1000 R die DNS-Synthese im Darm vor allem aus zwei Griinden vermindert ist: i. ist die Zahl der DNS-synthetisierenden Zellen (Abb. 3 A) vermindert und 2. ist die DNS-Syntheserate pro Zelle (Abb. 3 B) geringer als in unbestrahlten Kontrollen. Die geringere Zahl an DNS-synthetisierenden Zellen im Darm ist a) Folge der Abnahme der Gesamtzellzahl in den Krypten durch Zel]tod (Abb. 5 u. 6) und b) Folge des verminderten Zustroms yon Zellen aus der Gi-Phase des Zyklus in die S-Phase auf Grund der vorher gefundenen ~itosehemmung (Abb. 4). Naeh Abb. 3 A erreieht die Zahl der DNS-synthetisierenden Zellen erst i0 h naeh Bestrahlung den niedrigsten Wert. Dieses Intervall entsprieht etwa der Zeit, die Kryptenzellen maximal fiir das Durehlaufen der GI-Phase (Ende ~itose bis Anfang S-Phase) benStigen. DaB t0 h naeh Bestrahlung tiberhaupt noeh DNSsynthetisierende Zellen angetroffen werden, obwohl die ~itosehemmung fortbesteht (Abb. 4), diirfte damit zusammenh/~ngen, dab naeh Bestrahlung regelm~Big die S-Phase [16] und mSglieherweise aueh die GI-Phase verl~ngert ist [i6]. Konsequenz der S-Phasenverl/tngerung ist eine geringere DNS-Syntheserate pro Kern und bei autoradiographisehen Versuehen mit SH-Thymidin eine geringere Kornzahl pro Kern, wie sie bei den hier vorliegenden Untersnehungen tats~ehlieh gefunden wurde (Abb. 3 B). Der Zusammenhang zwisehen S-Phasendauer und der Kornzahl pro Kern bei atltoradiographisehen Versuehen mit 8I-LThymidin ist yon HILSC~IER [4] ausffihrlieh dargestellt worden. Die in 1V[elanom und Diinndarm vergleiehbare prozentuale ttemmung der DNS-Synthese (Abb. t u. 2) wird tats~chlich dnreh untersehieclliehe zellulgre St6rungen verursacht. Im Dfinndarm sind die Verminderung der Zahl an DNSsynthetisierenden Zellen und die geringere Syntheserate pro Zelle etwa zu gleiehen Teilen Ursaehe der geringeren DNS-Synthese naeh Bestrahlung. Im Gegensatz dazu ist beim Melanom vor allem die Erniedrigung des Antei]s der DNS-syntheti-
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sierenden Zellen an der Gesamtpopulation infolge der lang anhaltenden Mitosehemmung f/ir die geringere Syntheserate verantwortlich. Die Syntheserate pro Kern (Abb. 3 B) war demgegenfiber beim Melanom nur am ersten Tag leieht vermindert, w~hrend sie am zweiten Tag nach Bestrahlung sogar erheblich grSger war als bei unbestrahlten Kontrollen. Bei den im Melanom nach Bestrahlung auftretenden Melanozyten mit anomal hoher Kornzahl/Kern (Abb. 3 A) dfirfte es sich um 1Vfelanozyten handeln, die infolge der Mitosehemmung ohne Zellteilung erneut in die S-Phase eingetreten sind und deshalb einen 4 c DNS-Gehalt haben. Es handelt sich hierbei um den Beginn der Bfldung yon Riesenzellen, die nach Bestrahlung yon Zellkulturen und Tumoren oft beobachte~ werden [i6]. DaB die DNS-Syntheserate tetraploider Zellen gr5Ber ist als die der vergleichbaren diploiden Zellen, ist auf Grund autoradiographischer Untersuchungen mit aH-Thymidin an Leberparenchymzellen [1 ] schon 1/~nger bekannt.
3. MSgliche Ursachen der geringen Strahlenemp/indlichkeit der Melanozyten des Harding- P assey-M elanoms 1Y[elanozyCen des Harding-Passey-Melanoms zeichnen sich durch eine sehr getinge Strahlenempfindlichkeit aus. So waren 24 h nach Bes~rahlung mit i2500 I~ noch keine morphologischen Ver/~nderungen in Harding-Passey-Melanomen feststellbar [t8]. Naeh Bestrahlung mit 7500 1% waren in Melanomen noeh soviel proliferationsf~hige Zellen vorhanden, dab in Transplantationsversuehen mit bestrahlten Tumoren in 14% der F/~lle neue Tumoren entstanden. Bei unbestrahlten Kontrollen betrug die Ausgangsrate 96% . Die Transplantierbarkeit des HardingPassey-~elanoms ging erst naeh Bestrahlung mit 12500 R vollst/indig verloren [18]. Diese Strahlendosis entsprieht der LD100. Unter vergleichbaren Bedingungen betr/~gt die LD100 bei Leukgmiezellen und Lymphomzellen der Maus nur etwa 4000 g [15]. Die vorliegenden Untersuchungen haben gezeigt, dab die geringere Strahlenempfindlichkeit des Harding-Passey-Melanoms nieht auf einer geringeren Empfindlichkeit der DNS-Synthese beruht. Die Mitose wurde bei Melanozyten sogar l~nger gehemmt als bei Epithelzellen. Der ttauptunterschied zwischen der Strahlenreaktion des D/inndarms und des Melanoms bestand vielmehr darin, dab im Dfinndarm ein erheblicher Prozentsatz der proliferierenden Zellen abgetStet wurde, w/~hrend im Melanom keine erkennbaren morphologisehen Ver&nderungen auftraten. Die Kryptenzellen starben vor allem 2 h bis t0 h nach Bestrahlung (Abb. 7), also kurz vor dem Wiedereinse~zen der Mitosen, ab. Zwisehen dem Absterben der Zellen und dem Wiederanstieg der Mitosen dfirfte insofern ein Zusammenhang bestehen, als viele Strahlensch/~den erst in der Mitose manifest werden und zum Absterben der Zellen f~hren (~itose~od) [16]. Da Mitosen im Darm ca. 20 h frfiher wieder einsetzen als im Melanom (Abb. 4), steht D/inndarmEpithelzellen sehr viel weniger Zeit zur Ausheilung reversibler Strahlensehitden zur Verffigung. 3ISglicherweise ist die relativ groBe Resis~enz der Melanozyten darauf zurfickzufiihren, dab die Bestrahlung im Melanom auf lange Zeit den Zellzyklus und hier vor allem die Mitose ein/riert, und so den Zellen Zeit f~r die Ausheil ung reversibler Strahlensch/iden bleibt.
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K. HEMPEL: Zusammenfassung
M~usen mit Harding-Passey-Melanomen wurde zwischen 30 rain und 52 h nach l~6ntgenganzkSrperbestrahlung (545 R und i000 1~) 3H-Thymidin injiziert. Die Tiere wurden 1 h nach der Injektion getStet und die l~adioaktivitiit der DNS yon Diinndarm und Melanom wurde gemessen. - Der Einbau des 3H-Thymidin in die DNS ist ein MaB fiir die DNS-Neubildung. DNS-~Veubildung. Sowohl im Dfinndarm als aueh im Melanom sank die DNSNcubildung innerhalb der ersten i5 h nach Bestrahlung auf i0 bis 20% des Kontrollwertes ab. I n den darau~ folgenden Stunden t r a t in beiden Geweben eine dent]iche Erholung ein, so dab die DNS-Synthese 2 d nach Bestrahlung genauso groB oder teflweise sogar grSBer war, als bei den unbestrahlten Kontrollen. Am gleichen Tiermaterial durchgefiihrte autoradiographische Untersuchungen zeigten, dab die Abnahme der DNS-Sy~these im Melanom in erster Linie auf einer Verminderung der Zahl der DNS-synthetisierenden Zellcn beruhte. I m Dfinndarm war auBerdem noch die DNS-Syntheserate pro Zelle erheblieh vermindert. Mitosehemmung. Nach Bestrahlung mit 545 R wurden im Melanom 25 bis 30 h lang keine Mitosen beobachtet. Die vollkommene Mitosehemmung dauerte im D/inndarm dagegen nur t0 bis 15 h. Der Nitoseindex der Kontrollen wurde in beiden Geweben erst naeh 2 d erreicht. Zelltod. Der tIauptunterschied zwisehen der Strahlenreaktion der 1V[elanozyten und der Diinndarm-Epithelzellen bestand darin, dab im D/inndarm 20% aller Kryptenzellen innerhalb der ersten 24 h nach Bestrahlung (545 t~) abstarben, wghrend Melanoz)4en nnter diesen Bedingungen keine erhebliehen morphologisehen Vergnderungen zeigten. Dureh antoradiographische Versuehe mit atIThymidin konnte gezeigt werden, dab die Diinndarm-Epithelzellen in verschiedehen Stadien des Zellzyklns ~hnlich strahlenempfindlich sind. Die geringe Strahlenempfindliehkeit der Melanozy~en des Harding-PasseyMelanoms beruht insgesamt nicht auf einer geringeren Empfindliehkeit der DNSSynthese oder der Mitose, sondern cine grSBere Strahlenresistenz anderer ffir das I)berleben wichtiger Reaktionen mug hierffir verantwortlich sein.
Summary Mice with Harding-Pas~ey melanomas were injected with aH-Thymidine between 30 rain and 52 h after whole body X-h'radiation (545 R and 1000 R). The animals were sacrificed i h after the injection, and the radioactivity of DNA from small intestine and melanoma was measured. DNA-synthesis. The synthesis of DNA decreased within the first 15 h after irradiation to 10 to 20% of the control value in small intestine as well as in melanoma. In the following hours both tissues clearly recuperated and 2 d after irradiation DNA-synthesis was just as ]arge and in some cases even greater than in the controls. Autoradiographic investigations of the same material showed that the decrease in DNA-synthesis in the melanoma was primarily due to a reduction in the number of DNA-synthesizing cells. Only in the small intestine the rate of DNAsynthesis per ceil was also considerably lower.
Strahlenempfindliehkeit yon I)NS-Synthese und Mitose
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Inhibition o/mitosis. After i r r a d i a t i o n with 545 t~ no mitoses were observed i n m e l a n o m a s for 25 to 30 h. I n contrast, the i n h i b i t i o n of mitosis only lasted i 0 to t 5 h in the small intestine. A mitotic i n d e x equal to t h a t of the controls was reached b y n e i t h e r tissue u n t i l after the 3rd day. Cell death. The m a i n difference i n the reaction to i r r a d i a t i o n between melanocytes a n d epithelial cells in the small intestine was t h a t 20~o of all epithelial cells in the crypts died w i t h i n the first 24 h after i r r a d i a t i o n (545 g ) . U n d e r these conditions melanocytes showed no considerable changes in their morphology. I t could be shown b y autoradiographic experiments t h a t the r a d i a t i o n sensitivity of i n t e s t i n a l epithelial cells r e m a i n s similar d u r i n g all phases of the cell cycle. T h a t melanocytes from the Harding-Passey m e l a n o m a are less sensitive to i r r a d i a t i o n is, i n total, n o t due to a lower sensitivity of DNA-synthesis or mitosis; rather, greater i r r a d i a t i o n resistence of other reactions which are more i m p o r t a n t for s u v i v a l m u s t be responsible. ~rau UnSULA STEII~, ~r~ulein I:~EGI/~s KnEUTZ, Frau MARGRITLELGEMANNand Frau P~OSE~CIAt~IEPvAZZAnIdanke ieh ffir gewissenhafte technisehe Assistenz. Die Untersuchungen wurden durch FSrderung seitens der Deutschen Forschungsgemeinschaft erm6glicht.
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