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2009, Heft 7 Juli
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Rechtsprechung/Unternehmensrecht ± Wettbewerbsrecht; Domainnamen
bare Inanspruchnahme es gehe, koÈnne den ihm vorgeworfenen Sachverhalt nicht unbefangen beurteilen und sei deshalb ausdruÈcklich nicht stimmberechtigt. In demselben Maûe befangen waÈren aber auch die Gesellschafter, die mit ihm die Pflichtverletzung gemeinsam begangen haÈtten. Gehe es um den Vorwurf gemeinsamer Verfehlungen, so sei die gegen einen MittaÈter erhobene Beschuldigung auch ¹eigene Sache`` der uÈbrigen Beteiligten. Der OGH schlieût sich dieser in Deutschland als herrschend anzusehenden Auffassung und damit im Ergebnis der Rechtsansicht des BerufungsG an. In diesem Zusammenhang wird allerdings im fortgesetzten Rechtsgang zu beruÈcksichtigen sein, dass der Ausschlieûungsbeschluss unwirksam ist, sobald nur einer der (pauschal) ausgeschlossenen Gesellschafter keinen Ausschlussgrund verwirklicht haben sollte. Der BGH hat in der bereits zitierten E II ZR 16/73 ausdruÈcklich darauf hingewiesen, dass es dann naÈmlich an einem Antrag aller ¹uÈbrigen Gesellschafter`` fehlen wuÈrde. Sofern also nur ein Gesellschafter keinen Austrittsgrund gesetzt hat, haÈtte diesem das Stimmrecht nicht entzogen werden duÈrfen, sondern haÈtte er uÈber den Beschluss mitabstimmen muÈssen. Die Frage der Wirksamkeit des durch pauschalen Stimmrechtsentzug aller auszuschlieûenden Gesellschafter zustandegekommenen Ausschlieûungsbeschlusses ist daher davon abhaÈngig, ob letztlich saÈmtliche Kl den ihnen vorgeworfenen Ausschlussgrund verwirklicht haben.
Urkunde uÈber In-Sich-GeschaÈft des GmbH-GeschaÈftsfuÈhrers DOI 10.1007/s00718-009-1435-6
§ 18 Abs 5 GmbHG: Das Protokoll uÈber eine Tagsatzung zur muÈndlichen Streitverhandlung, in dem eine in dieser Tagsatzung abgegebene rechtsgeschaÈftliche ErklaÈrung des Alleingesellschafters festgehalten wird, ist eine im Sinn des § 18 Abs 5 GmbHG unverzuÈglich errichtete Urkunde uÈber das RechtsgeschaÈft. [158] OGH 11. 2. 2009, 7 Ob 256/08k (LG Innsbruck 4. 6. 2008, 4 R 192/08a-15; BG Innsbruck 18. 2. 2008, 35 C 870/07w-11)
Vorlagefrage des BG Ried an den EuGH zur Vereinbarkeit des oÈsterreichischen GluÈcksspielrechts mit der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit DOI 10.1007/s00718-009-1450-7
Art 43, 49 EG: Dem EuGH werden gem Art 234 EG folgende Fragen zur VorabE vorgelegt: 1. Ist Art 43 EGV (Vertrag zur GruÈndung der EG idF vom 2. 10. 1997 zuletzt geaÈndert durch den Beitritt der Republik Bulgarien und RumaÈnien zur EU vom 25. 4. 2005 [ABl L 157, S 11]) dahingehend auszulegen, dass er einer Vorschrift entgegensteht, welche fuÈr den Betrieb von GluÈcksspielen in Spielbanken ausschlieûlich Gesellschaften in der Gesellschaftsform der Aktiengesellschaft mit Sitz im Territorium dieses MS, sohin die GruÈndung oder den Erwerb einer in diesem MS gelegenen Kapitalgesellschaft, vorschreibt? 2. Sind die Art 43 und 49 EGV dahingehend auszulegen, dass sie einem innerstaatlichen Monopol auf bestimmte GluÈcksspiele, wie zum Beispiel GluÈcksspiele in Spielbanken, entgegenstehen, wenn es in dem betreffenden MS insgesamt an der kohaÈrenten und systematischen Politik zur BeschraÈnkung des GluÈcksspiels fehlt, weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an GluÈcksspielen ± wie staatlichen
Sportwetten und Lotterien ± ermuntern und hiefuÈr werben (Fernsehen, Zeitungen, Zeitschriften), wobei die Werbung sogar dahingeht, dass zeitlich kurz vor der Lottoziehung eine BarabloÈse fuÈr einen Wettschein angeboten wird (¹TOI TOI TOI - Glaub' ans GluÈck``)? 3. Sind die Art 43 und 49 EGV dahingehend auszulegen, dass sie einer Vorschrift entgegenstehen, wonach saÈmtliche der in einem nationalen GluÈcksspielrecht vorgesehenen Konzessionen fuÈr GluÈcksspiele und Spielbanken uÈber einen Zeitraum von 15 Jahren auf der Grundlage einer Regelung erteilt werden, welche (nicht diesem MS angehoÈrige) Mitbewerber des Gemeinschaftsraumes von der Ausschreibung ausgeschlossen haben? [159] BG Ried i.I. 13. 2. 2009, 4 U 85/08f (beim EuGH anhaÈngig als Rs C-116/09 [Antonio Formato, Lenka Rohackova, Torsten Kuntz, Gardel Jong Aten, Hubert Kanatschnig, Jarmila Szabova, Zdenka Powerova, Nousia Nettuno])
Wettbewerbsrecht; Domainnamen*) Zur ZulaÈssigkeit ¹kritisierender`` Domains DOI 10.1007/s00718-009-1420-0
§ 16 ABGB: 1. ¹Kritisierende`` Domains sind zulaÈssig, wenn der Name als Signal gebraucht wird, um Interessenten auf die Kritik aufmerksam zu machen, und der Benutzer bei Anzeige der Seite diese UmstaÈnde unmittelbar erkennt. Das gilt insb dann, wenn sich bereits aus der Second Level Domain (etwa in Form eines distanzierenden Zusatzes) ergibt, dass es sich nicht um das Angebot des (kritisierten) NamenstraÈgers, sondern um dasjenige eines Dritten handelt. Weitere ZulaÈssigkeitsvoraussetzung ist, dass dem NamenstraÈger die MoÈglichkeit erhalten bleibt, seinen eigenen Namen als Domain registrieren zu lassen. Zu pruÈfen ist weiters, ob dem Domaininhaber nicht auch andere ebenso geeignete Zeichen als Domain zur VerfuÈgung stehen, um kritische Informationen uÈber den NamenstraÈger im Internet anzubieten. 2. Allgemein gilt, dass die Verwendung einer ¹kritisierenden`` Domain das PersoÈnlichkeitsrecht des NamenstraÈgers nicht verletzt, wenn das Informationsinteresse hoÈher zu bewerten ist als das Interesse des NamenstraÈgers, nicht im Zusammenhang mit kritischen AÈuûerungen uÈber seine Waren oder Dienstleistungen genannt zu werden. [160] OGH 24. 2. 2009, 17 Ob 2/09g (OLG Wien 13. 10. 2008, 16 R 72/08p-11; LG St. PoÈlten 7. 2. 2008, 1 Cg 57/07x-7) ± ¹Aquapol``
Die Kl ist auf dem Gebiet der GebaÈudetrockenlegung/ Mauertrockenlegung taÈtig. Sie tritt unter dem Firmenschlagwort ¹Aquapol`` auf, das mit dem Wortbestandteil einer fuÈr sie registrierten Gemeinschaftsmarke uÈbereinstimmt, und ist Berechtigte der Domain www.aquapol.at. Sie bewirbt das von ihr angewendete Verfahren (¹Gravomagnetokinese``) als innovative umweltfreundliche Technologie. Dabei werde unter Nutzung von ¹Erdenergie`` ein ¹gravomagnetisches`` Feld erzeugt, das eine AbwaÈrtsbewegung der Mauerfeuchte bewirke und das Wasser gleichsam ¹nach unten druÈcke``, wodurch die Feuchtigkeit wieder in das Erdreich zuruÈckwandere. Zur Wirkung und zum Erfolg dieses Verfahrens bestehen auch unter gerichtlichen SachverstaÈndigen unterschiedliche Ansichten. Der Bekl ist Berechtigter der Domain www.aquapolunzufriedene.at. Die unter dieser Adresse zunaÈchst aufrufbare Website enthaÈlt in der MenuÈzeile die vier SubmenuÈs ¹Aquapol, Elektroosmose, Meinungen, RatschlaÈge`` È berschrift ¹Unzufrieden und wendet sich unter der U mit Aquapol?`` als Meinungsforum an Personen, die am *) Vgl dazu auch die E Nr 144, in diesem Heft, S 341 ff.
# Springer-Verlag 2009