Forstw. Cbl. 1I5 (1996), 118-123 9 1996 Blackwell Wissenschafts-Verlag, Berlin ISSN 0015-8003
V o m R o h s t o f f z u m P r o d u k t - H o l z q u a l i t ~ i t als Schltissel z u m Vermarktungserfolg From raw material to finished product - wood quality as the key to marketing success Von G. BECKER':"
Zusammenfassung Holzqualitiit kann umfassend mit den Wfinschen, Vorstellungen und Erwartungen umschrieben werden, die ein Kunde dem forstseitig angebotenen Rohholzprodukt gegenfiber hegt. Rohholz ist hinsichtlich Holzart, Dimension und seiner ;iugeren und inneren physikalischen, technologischen und chemischen Eigenschaften ein ~iuf~erstheterogenes Produkt. Nur wenn diese Eigenschaften m6glichst priizise auf die Wiinsche der Holzk~iufer abgestimmt sind, kann ein optimater Vermarktungserfotg (maximale Hotzpreise) erwartet werden. Die Qualitiitseigenschaften des Rohholzes k6nnen durch waIdbauliche Matgnahmen, aber auch im Rahmen einer pfleglichen Behandlung bei Ernte, Bereitstellung und Lagerung positiv und geziett beeinfluf~twerden, l)ber die Auswirkungen waldbaulicher Mat3nahmen auf die Holzqualit~t liegen zahlreiche neue Forschungsergebnisse vor. Diese Erkennmisse im Rahmen eines umfassenden QuaIiditsmanagements auf allen betrieblichen Ebenen umzusetzen, ist Voraussetzung einer erfolgreichen Holzvermarktung.
Summary Wood quality can be comprehensively circumscribed by the wishes, ideas and expectations with which customers invest the roundwood product supplied by the forest industries. Roundwood is an extremely heterogeneous product as regards wood species, dimensions and its external and internal physical, technological and chemical properties. Optimum marketing success (maximum prices for roundwood sales) cannot be achieved unless these properties meet wood purchasers' specifications as accurately as possible. The quality of roundwood can be positively influenced by calculated silvicultural measures as well as by careful handling during harvesting, transportation and storage. A great number of new research results is available on the effects of silvicultural treatments on wood quality. The conversion of this knowledge on all operational levels of comprehensive quality management is the essential prerequisite of successful wood marketing. 1 H o l z q u a l i t ~ i t - Versuch einer Definition Das Leitthema der diesj~ihrigen Hochschulwoche, Waldwirtschaft im Wandel, wurde vom Fachbereichsrat unserer Fakult/it einvernehmlich festgelegt. Es signalisiert, daf~ die diese Hochschulwoche maf~geblich gestaltenden Wissenschaftler in ihrer ganz fiberwiegenden Mehrheit nach wie vor von dem Leitbild eines zu bewirtschaftenden Okosystems Wald ausgehen, aus dem der Mensch, speziell der Waldeigentfimer ganz bewuf~t materiellen und gegebenenfalls auch immateriellen Nutzen zu ziehen trachtet. Unsere Disziplin der Forstbenutzung konzentriert sich in diesem Rahmen vor allem auf den Roh- und Werkstoff Holz. Sie ist damit in der glficktichen Lage, den hieraus erwachsenden Nutzen konkret am Markt bewertet zu sehen, und hat damit eine zeitnahe und genaue Rfickmeldung fiber den zielbezogenen Erfolg ihres Tuns. Konkret ausgedr/ickt: Der Holzpreis ist ein ganz pr~iziser Wertmaflstab f~ir den Nutzen, den die be- und verarbeitende Holzwirtschaft und der Endverbraucher aus unserem Produkt Rohholz ziehen. * Vortrag anl~lich der Forstlichen Hochschulwoche in G6ttingen 1995. U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0015-8003/96/11502-0118
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Vom Rohstoff zum Produkt - Holzquahtdt als Schlussel zum Vermarktungserfotg
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Rohholz ist ein hinsichtlich Holzart, Dimension und seiner ~iui~erenund inneren physikalischen, technologischen und chemischen Eigenschaften ~iuf~erstheterogenes Produkt. Es wird in ganz unterschiedlichen Prozessen zu einer ebenso vielf~ittigenPalette an Zwischenund Endprodukten verarbeitet. Die daraus erwachsende unterschiedliche Wertsch~itzung am Markt drfickt sich in extrem unterschiedlichen Preisen aus. Die Preisrelation 1:1000, die etwa bei der Holzart Eiche als Spanne zwischen Brennholzpreis und Furnierholzpreis spielend und oft sogar in einem einzelnen Bestand erreicht werden kann, wird wohl kaum von einem anderen Massenrohstoff erreicht. Da nach dem Nachhaltigkeitsgrundsatz bewirtschaftete Forstbetriebe hinsichtlich der von ihnen auf den Markt gebrachten Produktmenge eine vergleichsweise nur geringe Flexibilit~it an den Tag legen (k6nnen), h~ingt ihr Vermarktungserfolg vor allem vom Holzpreis ab, der, wie dargelegt, in einer breiten Spanne schwanken kann und von der Wertsch6pfung des Bearbeiters und der Wertsch~itzung des Verbrauchers bestimmt wird. Vor diesem Hintergrund mut~es jeden, der die Zielsetzung Waldnutzung und Waldbewirtschaftung ernst nimmt, ganz vital interessieren, welche Aspekte und Kriterien die Wertsch~itzung f~irunser Produkt Holz bestimmen. In erster N~iherung kann also Holzqualit~it umfassend mit den Wiinschen, Vorstellungen und Erwartungen umschrieben werden, die ein Kunde dem forstseitig angebotenen Rohholzprodukt gegentiber hegt. Diese sehr allgemeine und wenig scharfe Definition fiihrt zu zwei Erkennmissen: Erstens wird klar, daf~erhebliche Unterschiede in der individuellen Wertvorstellung und damit der individuellen Zahlungsbereitschaft der verschiedenen Kunden fiir unsere Produkte eher die Regel als die Ausnahme sein di~rften.Je pr~iziser der Forstbetrieb die kundenspezifischen Pr~iferenzen zu ergriinden und ihnen in seinem Angebot zu entsprechen vermag, desto gr6!~ere Chancen hat er, die Grenze maximaler Zahlungsbereitschaft anzun~ihern,und damit fi~r sich einen optimalen Preis zu erzielen. Zweitens wird deutlich, daf~diese Pr~iferenzenim Zeitablauf Ver~inderungenunterliegen: So k6nnen durch die Einfiihrung neuer Bearbeitungstechnologien einzelne, frfiher wertbestimmende Kriterien unwichtig werden, andere dagegen an Bedeutung gewinnen. Zus~itzlich k6nnen vor allem bei Endverbrauchern subjektive, im gef~ihlsm~ffigenBereich liegende Pr~iferenzverschiebungen, auch als Modetrends bekannt, auftreten, die zu ver~inderten Wertvorstellungen und damit Zahlungsbereitschaften f~hren, die ver~inderteHolzpreise zur Folge haben. Wir k6nnen schluf~folgern,daf~nur bei m6glichst genauer Kennmis der objektiven und subjektiven preisbestimmenden Kriterien und ihrer Ver~inderungen die Chance besteht, optimale (und das heii~t fiir den Verk~.ufer: maximale) Holzpreise zu erzielen. Es ist vor diesem Hintergrund schwer verst~indlich,dai~ es auch heute noch forstliche Betriebsleiter gibt, die keine genaue Vorstellung darfiber haben, wer ihr Holz letztlich kauft, mit welcher Prozef~technologiedieses Holz zu welchen Produkten be- bzw. verarbeitet wird, und welche Endverbraucher-Zielgruppe wiederum diese Produkte bevorzugt kauft. Fiir das Vermarktungsverhalten der Forstbetriebe bedeutet dies, d ~ individuelle und eng aufeinander abgestimmte Lieferanten-Kundenbeziehungen zwischen Forst- und Holzwirtschaft auf Dauer ein h6heres Preisniveau versprechen als die derzeit noch ~iberwiegend g~ingige Vermarktungspraxis, Holz als Standardsortiment einzuschlagen und auf einem anonymen Holzmarkt anzubieten. Weiterhin ist in diesem Zusammenhang yon Bedeutung, daf~nicht nur die Eigenschaften des Produktes an sich, sondern ebenso die Art des Angebots, die Verhandlungsfiihrung, die Zahlungsbedingungen und Lieferkonditionen, die Gestaltung yon Lagerung und Abfuhr und schliet~lich die Gew~ihrleistungspolitik kurz: Marketing und Service - untrennbare Bestandteile unserer Marktleistung sind und in erheblichem Umfang die Wertvorstellungen unserer Kundschaft, und damit Zahlungsbereitschaft und Holzpreis mitbestimmen. Sie
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wissen, dat~ die optimale Gestaltung dieser Rahmenbedingungen eines meiner Lieblingsthemen ist, ich m6chte hierauf jedoch heute nicht welter eingehen.
2 Schwierigkeiten eines qualit~itsorientierten Forstbetrieblichen Managements - vier Problemfelder Leider ist es nun zwar leicht gesagt, aber keineswegs einfach zu realisieren, die Wunschvorstellung unserer Kunden an unser Produkt forstbetrieblicherseits zu erfiillen. Vielmehr tun sich eine ganze Reihe von holz- bzw. forstspezifischen Schwierigkeiten auf, die es zu 16sen gilt: I. Da ist zun~ichst die Schwierigkeit, Rundholzeigenschaften einerseits und das Verhalten des Holzes bei der Be- oder Verarbeitung (Prozegverhalten) und weiter die Eigenschaften des aus dem Holz hergestellten Zwischen- oder Endprodukts (Produkteigenschaften) eindeutig miteinander in Beziehung zu setzen. Wissenschaftlich abgesicherte Erkenntnisse werden auf diesem Gebiet noch in vielen F~illen durch langj~ihrig tradierte Erfahrungen oder - schlimmer - durch hartn~ickige Vorurteile bestimmt. Hinzu kommt, dat~ die ~iut~erenund insbesondere die inneren Holzeigenschaften in der Regel nicht voneinander unabh~ingig sind, sondern in charakteristischen Wechselbeziehungen bzw. AbMngigkeitsverh~ilmissen stehen: So sind beim Nadelholz und auch beim ringporigen Laubholz Jahrringbau und Rohdichte auf eine bestimmte, komplexe Weise miteinander verknfipft; diese Beziehung macht es in vielen F~illen schwierig, wenn nicht unm6glich, gewiinschte Produkteigenschaften isoliert zu optimieren. Eine Reihe von uns und andeten Instituten bearbeiteten Forschungsthemen setzt an diesem Punkt an. Regelm~it~ig kommt es bei diesen Untersuchungen darauf an, aus holzanatomisch und strukturell genau definiertem Ausgangsmaterial unter kontrollierten Bedingungen Produkte herzustellen, und dabei Prozeflverhalten urld Produkteigenschaften quantitativ m6glichst differenziert zu erfassen. Auf der Basis von (wegen der iiblicherweise grof~en Variabilit~it der einzelnen Faktoren) hinreichend grof~en Versuchsumf~ingen lassen sich dann die entsprechenden ZusammenMnge zumindest stochastisch erfassen und charakterisieren. In glficklichen Einzelf~illengelingt es darfiber hinaus, die hinter diesen Zusammenh~ingen stehenden Wirkungsmechanismen aufzudecken und damit ffir eine gezielte Qualit~itsoptimierung nutzbar zu machen. 2. Ein weiteres Problem liegt in der Frage der Beeinfluf~barkeit der dieses Prozet~verhalten und diese Produkteigenschaften bestimmenden Holzmerkmale. Genetik, Kulturanlage und Jungwuchspflege, Durchforstungsregime und Mai~nahmen der Vorratspflege nehmen ebenso wie Standort und Klima sowie extreme Witterungsschwankungen in komplexer Weise Einflut~ auf die Holzeigenschaften im Rahmen des H6hen- und sekund~iren Dickenwachstums der B~iume.Weiterhin k6nnen neben Standort und Bestandesbehandlung, biotische und abiotische Schadereignisse und die Behandlung des Holzes bei seiner F~illung, Bringung und Lagerung Anlag zu sekund~en Ver~inderungen sein, die sich in der Regel als Holzfehler wertmindernd manifestieren. Auch auf diesem Feld ergeben sich vielf~iltigeAnsatzpunkte fiir eine zielorientierte Holzqualit~itsforschung. Anl~lich des 75. Geburtstags meines verehrten Vorg~ingers, Herrn Kollegen WOLFGANO KNmGE, haben wir im Friihjahr dieses Jahres ein vielbeachtetes Festkolloquium zum Thema ,,Waldbau und Holzqualit~it" veranstaltet, in dem unter anderem auch junge Wissenschaftler aus unserem Institut neue Forschungsergebnisse auf diesem wichtigen Arbeitsfeld vorstellen konnten; in Forst und Holz wurde in den Heften 8 und 18 ausfiihrlich dariiber berichtet. 3. Damit aber nicht genug, auch auf einem dritten Feld wird ein qualit~itsorientiertes forstbetriebliches Management erschwert: Die Zusammenh~inge zwischen den letztlich
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entscheidenden prozef~- und produktbezogenen Eigenschaften des von uns gelieferten Holzes, die sich im Rahmen seiner Be- und Verarbeitung und des Gebrauchs der Holzprodukte ergeben, und die von auf~en am liegenden Stamm oder gar am stehenden Baum erkenn- und beurteilbaren ~iut~erenRundholzeigenschaften sind zum einen unsi~ cher, zum anderen auch vonder Sache her noch weithin unbekannt. Dies ist deshalb besonders mii~lich,weil sich das Qualit~itsmanagement des Forstbetriebes zun~ichst allein auf diese ~iuf~erenRundholzkriterien stiitzen kann. Folgerichtig sind eine Reihe von an unserem Institut in enger Zusammenarbeit mit europ~iischen Partnern verfolgten Forschungsprojekten auf die Aufdeckung von Zusam~ menh~ingen zwischen den von aut~en sichtbaren und den inneren Holzeigenschaften gerichtet, dies nicht zuletzt auch mit dem Ziel, praxisverwendbare Standard- und Grenzwerte fiir eine qualit~itsorientierte Behandlung yon Bestiinden, B~iumen und gef~illtem Rundholz zu definieren. 4. Ein vierter Aspekt schliei~lich macht das qualitiitsorientierte forstbetriebliche Management so schwierig: Es ist dies der in der Regel extrem lange Zeitraum zwischen dem Ergreifen einer auf die Qualit~it bezogenen Maf~nahme, dem Wirksamwerden dieser Mal~nahme im Zuge des weiteren Wachstums des Baumes und die Bewertung des Erfolgs dieser Mai~nahme am Markt anl~if~lichder oft um Jahrzehnte sp~itererfolgenden Nutzung und Verwertung des Holzes. Dieser Zeitfaktor wirkt sich nicht nur kostensteigernd im Sinne einer der Zinsenzinsrechnung innewohnenden Dynamik aus, sondern bringt vor allem auch ein Element erheblicher Unsicherheit in die Beurteilung von qualitiitsbezogenen Bewirtschaftungsmaf~nahmen: Ob und in welchem Ausmat~ eine heute induzierte, auf heutigen Wertvorstellungen beruhende, auf Qualit~itsverbesserung zielende waldbautechnische Maf~nahme zum Zeitpunkt der oft Jahrzehnte sp~iter erfolgenden Nutzung vonder dann das Werturteil f~illenden Kundschaft als geldwerter Vorteil empfunden wird, ist in h6chstem Mat~e unsicher. Zus~itzlich bedeuten lange Zeitspannen zwischen Investition und Realisierung immer auch ein Risikoelement insofern, als dal~ Kalamit~iten oder lokale Schadereignisse den Erfolg zunichte machen k6nnen. Angesichts dieses grunds~itzlichen Problems liegt es nahe, daf~ sich eine Reihe yon Forschungsarbeiten auf den Versuch konzentrieren, sogenannte ,,bleibende" Holzeigenschaften zu definieren, wie etwa regelm~if~ige~iui~ereStammform, Rohdichte, gleichm~iffiger Jahrringbau, nicht zu starke und gesunde Aste, Vermeidung von sekund~iren Sch~iden wie Rissen, F~iulen usw. Weiterhin ergeben sich in Zusammenhang mit diesem letzten, zeitbezogenen Problem zahlreiche, auch methodisch interessante Ans~itze fiir neuartige Forschungsvorhaben, etwa im Bereich der Risikoabsch~itzung oder des Risc-Managements, der Theorie der Entscheidung bei Unsicherheit, der Langfristprognose usw.
3 LSsungsans~itze Sollen wir angesichts dieser vielschichtigen und kurzfristig kaum 16sbaren Probleme fiberhaupt am Ziel einer qualit~itsorientierten Forstwirtschaft festhalten oder ist es nicht vielmehr vernfinftig, auf maximale Massenproduktion in kurzer Zeit zu setzen, wie es viete unserer forstlichen Konkurrenten in Europa und vor altem in den tropisch-subtropischen Regionen mit verschiedenen Formen der Plantagenwirtschaft tun? Und soll man gar dabei pessimistisch annehmen, dat~ zukiinftig weniger Holzdimension und Struktur, sondern vor allem die Holzmasse von Bedeutung sein wird, da ohnehin im Sinne einer Homogenisierung in Zukunft alles Holz zun~ichst zerhackt, zerfasert oder chemisch aufgeschlossen und erst danach zu neuen, quasi synthetischen Produkten zusammengefiigt werden wird?
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So pessimistisch wiirde ich die Lage nicht sehen: Vor allem das Zeitargument allerdings sollte uns dazu f/.ihren, ein hinsichtlich Holzart, Dimension und auch Qualit~it vielf~iltiges Angebot bereitzustellen und bereitzuhalten, um den im Zeitablauf unzweifelhaft sehr variablen Wertvorstellungen unserer Kundschaft jederzeit ein ad~iquatesAngebot entgegensetzen zu k6nnen. Die zweite Schlut~folgerungw~ire,den Zeitraum zwischen dem Ergreifen einer bestimmten qualifiitsbezogenen Maf~nahme und ihrer Realisierung am Markt m6glichst kurz zu halten, um dadurch nicht nur Zinskosten, sondern auch Risiken zu minimieren. Dies wiirde u. a. auf die Begrenzung der Umtriebszeiten hinlaufen. Sie werden verstehen, dat~ der Forstbenutzer die derzeitige, vor allem von 6kologischen Argumenten gespeiste Euphorie in Richtung immer noch h6herer Umtriebszeiten mit einer deutlichen Skepsis zur Kennmis nimmt. Drittens legt ebenfalls das Zeitargument nahe, den zus~itzlichenfinanziellen betrieblichen und technischen Aufwand zur Qualit~itsbeeinflussung eng zu begrenzen, wiederum vor allem um keine unkalkulierbaren Zinslasten zu produzieren. Die vielzitierte biologische Automation gewinnt also auch und gerade bei der Erziehung von Qualit~itsholz an Bedeutung: Ausnutzen von Wuchsdynamik und Konkurrenzbeziehungen in Rein- und Mischbest~inden zur natiirlichen Astst~irkenbegrenzung und Astreinigung auf einer akzeptablen Schaftl~inge,dienende Baumarten zur Umf0.tterung hochwertiger Wertholzsch~itze, zeitweilige Uberschirmung zur D~impfung des ungehemmten Jugendwachstums und damit zur Begrenzung des Anteils an juvenilem Holz sind in diesem Zusammenhang einige Stichworte. Schliefflichund vor allem geht es jedoch viertens darum, die auf vielen Gebieten bestehenden Wissensliicken 6ber die Zusammenh~ingezwischen waldbaulicher Behandlung und Holzqualit~it, zwischen ~iuf~erenRundholzmerkmalen und innerer Holzqualit~it, zwischen Holzstrukturmerkmalen und Prozef~verhalten und Produkteigenschaften der Holzhalbund -fertigwaren durch entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen zu kl~iren und damit das qualit~itsbezogeneforstbetriebliche Handeln auf eine rationale und sicherere Basis zu stellen.
4 Pl~idoyer f~r ein umfassendes Qualit~itsmanagement auch im Forstbetrieb Dabei diirfen wit nicht verkennen, dat~die grundlagenorientierte und anwendungsbezogene Holzqualit~itsforschung in den letzten beiden Jahrzehnten weltweit, aber auch bei uns in Deutschland erhebliche Fortschritte gemacht hat. Vide Zusammenh~inge, die in ~ilteren Forstbenutzungslehrbiichern noch als unsicher beschrieben oder als Frage formuliert waren, k6nnen heute zumindest ffir unsere Standardbaumarten als vorl~iufiggesicherte Erkennmisse gelten, und damit f~ireine Anwendung in der Praxis nutzbar gemacht werden. Damit wird es m6glich, Betriebszieltypen genauer als bisher auf qualitative Zielsetzungen hin auszurichten und die Richtlinien zur Bestandesbehandlung entsprechend zu erg~inzen. Die systematische Beriicksichtigung von Qualifiitsaspekten spielt aber nicht allein bei der waldbaulichen Behandlung in allen Phasen des Bestandeslebens vonder Pflanzenauswahl und der Bestandesbegriindung bishin zur Festlegung des Einschlagszeitpunkts eine Rolle. Vielmehr miissen auch die folgenden Aktivifiiten in ihren Auswirkungen auf die Holzqualit~it in ein umfassendes Qualit~itsmanagement mit einbezogen werden: Dies beginnt mit einer (sowohl Rir den verbleibenden Bestand wie auch f6r das bereitzusteltende Rohholzprodukt) pfleglichen Gestaltung von F~illungund Bringung, setzt sich fort in einer sorgf~iltigen Aushaltung, Polterung und Zwischenlagerung bishin zur raschen Abfuhr des Holzes. Auch diese eher technisch orientierten, kurzfristig wirksamen Ma~nahmen sind integraler Bestandteil einer auf Qualit~itausgerichteten betrieblichen Zielsetzung auf allen Ebenen und miissen durch entsprechende organisatorische und kontrollierende Mal~nahmenabgesichert werden.
Vom Rohstoff zum Produkt - Holzqualitat als Schli~ssel zum Vermarktungserfolg
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In diesem Zusammenhang macht das Konzept der umfassenden Qualit~itssicherung (Stichwort: ISO 9000) in der Industrie bereits seit Jahren Furore. Gr6flere und zunehmend auch mittelst~indische holzverarbeitende Industriebetriebe unterwerfen sich den strengen Regeln von ISO 9000 und erreichen auf diese Weise tats~ichlich ein vorher fiir unm6glich gehaltenes, gleichm~ifligesund von den Kunden akzeptiertes und honoriertes Qualit~itsniveau. Von Bestrebungen, diese Qualit~itsphilosophie auch auf Forstbetriebe anzuwenden, ist in unserem Land wenig zu verspiiren und zu h6ren, auch wenn die ,,Erzeugung starken und wertvollen Rundholzes" als vornehmste Zielsetzung der deutschen Forstwirtschaft vollmundig in Anspruch genommen wird. Mir schiene auf diesem Gebiet eine aufgeschlossenere, innovativere Grundhaltung der Forstbetriebe aller Besitzarten nicht nur wiinschenswert, sondern angesichts der existenziellen Herausforderung sogar dringend notwendig. Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. GERO BECKeR,Direktor des Instituts fur Forstbenutzung und
Forstliche Arbeitswissenschaft der Universit~it Freiburg, Werderring 6, D-79085 Freiburg