Z Kardiol 91:889–898 (2002) DOI 10.1007/s00392-002-0869-0
T. A. Ischinger G. Neubauer R. Ujlaky H. Schätzl M. Bock
ÜBERSICHT
Wiederverwendung von medizinischen Einwegprodukten nach qualitätsgesicherter Wiederaufbereitung: ein Modell zur Kostendämpfung? Diskussion der medizinischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte mit Berechnung des Einsparpotenzials am Beispiel der interventionellen Kardiologie
Reuse of “single use” medical devices after quality assured reprocessing: hygienic, legal and economic aspects. Potential for cost savings in interventional cardiology
Eingegangen: 21. Mai 2002 Akzeptiert: 9. August 2002
Prof. Dr. med. Dr. med. habil. Thomas Ischinger ()) Abteilung Kardiologie und Pneumologie Klinikum Bogenhausen 81925 München, Germany Thomas.Ischinger@ extern.lrzmuenchen.de Prof. Dr. Günter Neubauer Dipl.-Volkswirt Raphael Ujlaky Universität der Bundeswehr und Institut für Gesundheitsökonomik (IfG) Nixenweg 2b 81739 München, Germany
[email protected] Prof. Dr. med. Hermann M. Schätzl Prion Research Group Max von Pettenkofer-Institut für Virologie Genzentrum München Feodor-Lynen-Straße 25 81377 München, Germany
[email protected]
n Key words Single use products – reprocessing – cost saving potential – legal aspects – interventional cardiology n Zusammenfassung Vor dem Hintergrund verknappender Ressourcen wird die Wiederverwendung von sogenannten Einweg-
produkten in der Medizin neu diskutiert. Voraussetzung für den Einsatz wiederaufbereitender Maßnahmen ist deren Sicherheit und das Einsparungspotenzial. Obwohl Wiederaufbereitung von durch die herstellende Industrie als Einwegprodukte ausgewiesenen Instrumenten vielerorts praktiziert wird, besteht bei Krankenhausträgern und Anwendern Unsicherheit im Hinblick auf die hygienische und Funktionssicherheit, die Haftungs-und Rechtslage. Das zweite Medizinprodukteänderungsgesetz von diesem Jahr, die Richtlinien des Robert-KochInstitutes als zuständige Behörde des Gesundheitsministeriums, die Position der amerikanischen FDA und der hohe Qualitätsstandard, den innovative Aufbereitungstechnologien heute garantieren, haben jetzt neue Grundlagen für eine breite und qualitätsgesicherte Nutzung dieses kostendämpfenden Verfahrens geschaffen. Am Beispiel der kostenintensiven interventionellen Kardiologie wird das Rationalisierungspotenzial in Deutschland dargestellt. n Schlüsselwörter Medizinische Einwegprodukte – Qualitätsgesicherte Wiederaufbereitung – Einsparpotenzial – Rechtslage – Interventionskardiologie
ZFK 869
Dr. Manfred Bock, Rechtsanwalt Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Medizinrecht Bernadottestrasse 66 14195 Berlin, Germany
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n Summary The increasing limitation of resources has stimulated the discussion of the reuse of medical devices labelled for “single use” by the manufacturer. The prerequisites for employment of reprocessing measures are patient safety and cost saving potential. Although reprocessing of single use medical devices has been general practice by many institutions, health care providers and authorities have remained insecure as to hygienic and functional risks, liability and legal aspects. Changes in legislation (German Medical Device Act), guidelines of the Robert Koch Institute (and position of the FDA) and the high quality guaranteed by innovative reprocessing technology have now created the basis for expanded but controlled use of reprocessing techniques for medical devices as a contribution to cost containment. A significant cost saving potential is calculated for the cost-intensive field of interventional cardiology.
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Einleitung Beeinflussung medizinischen Handelns durch wirtschaftlich motivierte Überlegungen wird – auch heute noch – oft kontrovers diskutiert, da die Ethik des Heilberufes eine nichtmedizinische Bestimmung ärztlicher Entscheidung an sich nicht vorsieht. Konträre Standpunkte lassen sich möglicherweise dadurch verbinden, dass eine Berücksichtigung ökonomischer Bedingungen die Grundlage für die Erhaltung eines wünschenswerten Standards medizinischer Versorgung und für deren allgemeine Verfügbarkeit sein kann – sofern die Patientensicherheit nicht darunter leidet. Im Umfeld verknappender Ressourcen macht diese Überlegung Sinn. Ob sie allen ethischen Ansprüchen gerecht wird, hängt von der Umsetzung in die Praxis und den gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen sie geschieht, ab (1a, 1b).
Fortschritte in der Medizin Bei Fortschritten in der Medizin stellen sich die Fragen nach deren medizinischer Wirksamkeit, Sicherheit, Kosten und Nutzen. Außer für den Patienten kann medizinisch-technischer Fortschritt relevanten Nutzen auch für die Leistungsfinanzierer und -Anbieter bedeuten – nicht zuletzt im Sinne der eingangs erwähnten Erhaltung des Versorgungsangebotes. Die klinische Kardiologie, insbesondere ihr Schwerpunkt Interventionskardiologie, eignet sich besonders als Beispiel für rasanten medizinischen Fortschritt. Explosionsartig haben sich Leistungserweiterung und Eingriffshäufigkeit in den letzten 10 Jahren entwickelt – bei hohen Produktkosten und einer hohen Produktinnovationsrate. Die mit einer hohen Innovationsrate verbundenen Entwicklungskosten auf Industrieseite verzögern die üblicherweise stattfindende Preisadaptation nach unten oder lassen sie nicht zur Wirkung kommen. Am Bedarf wirkungsvoller Maßnahmen zur Beschränkung der Kostenexplosion („cost containment“) bei gleichzeitiger Sicherung des klinischen Fortschritts besteht kein Zweifel. Eine Reihe von Eingriffen in die Kostenspirale sind denkbar, unter anderem: strengere Auslese der Patienten (Indikationsstellung, oft kontrovers), Ausschluss bestimmter Maßnahmen aus der Grundversorgung (Kritik der Klassenmedizin), Preisreduktionen durch Masse und Wettbewerb (finden statt), aber auch: Mehrfachverwendung von bestimmten (vom Hersteller so bezeichneten) medizinischen Einwegprodukten.
Wiederaufbereitung und Mehrfachverwendung von sog. Einwegprodukten Obwohl Zentrale Sterilgutversorgungsabteilungen (ZSVA) in Krankenhäusern häufig eine Aufbereitung mit unterschiedlichen Argumenten ablehnen (formale Gründe, mangelnde Technik, falsche Auslegung der geltenden gesetzlichen Bestimmungen, Haftung usw.), ist die Wiederaufbereitung vielerorts längst praktizierter Beitrag zur Kostendämpfung oder überhaupt Bedingung für den Leistungserhalt (2–6). In Zukunft wird sich die Aufbereitung vieler Produkte in und durch die Krankenhäuser selbst nicht realisieren lassen, da die notwendigen Verfahren zu hohe Investitionen bedingen, die Stückzahlen der anfallenden Produkte zu niedrig und die erforderlichen qualitätssichernden Prüftechniken zu aufwendig sind. Die technischen Bedingungen unter denen im Allgemeinen die Wiederaufbereitung in Krankenhäusern geschehen kann, werden dem heutigen Qualitätsanspruch (7, 8) oft nicht gerecht. So entsteht Verunsicherung bei der Bewertung des Wiederaufbereitungskonzeptes. Diese Verunsicherung wird durch die Interessen der herstellenden medizintechnischen Industrie nicht geringer. Die jüngste Novellierung des Medizinproduktegesetzes (9, 10) regelt die Bedingungen für die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten positiv. Darin ausdrücklich eingeschlossen sind die Medizinprodukte zum (vom Hersteller ausgewiesenen) Einmalgebrauch. Die Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten hat das RobertKoch-Institut (RKI) Berlin als zuständige Behörde des Gesundheitsministeriums neu definiert (11). Die Schwerpunkte dieser Richtlinien sind die Klassifizierung von Produkten nach hygienerelevanten Parametern, das Qualitätsmanagement der Aufbereitungsprozesse und die behördliche Kontrolle der gestellten Anforderungen.
Anwendungssicherheit und Risiken Die Einschätzung der Anwendungssicherheit nach der Wiederaufbereitung eines Medizinproduktes bedingt die Bewertung zweier Kategorien von Risiken: Das hygienische Risiko (Infektionsrisiko für den Patienten) und das Funktionsrisiko (Funktionsdefekte und Defektkonsequenz) (6, 11–16). Diese Risiken können durch Rückstände vorangegangener Anwendungen (z. B. Blut), Rückstände aus der Aufbereitung selbst (z. B. Desinfektionsmittel), Änderungen physikalischer, chemischer oder funktioneller Eigenschaften durch Anwendung, Auf-
T. A. Ischinger et al. Wiederaufbereitung medizinischer Einwegprodukte?
bereitung, Lagerung oder Transport und die Materialbeschaffenheit bedingt sein. Die RKI-Richtlinie fordert eine Risikoeinstufung von Medizinprodukten vor der Aufbereitung. Art der vorangegangenen und nachfolgenden Anwendung und die konstruktiven, materialtechnischen und funktionellen Eigenschaften des Medizinproduktes sowie die Angaben des Herstellers müssen berücksichtigt werden. Die Risikoeinstufung bezüglich Wiederaufbereitung gemäß RKI (11) erfolgt nach Art der Anwendung (Art des Körperkontaktes) in n unkritische (Kontakt mit intakter Haut), n semikritische (z. B. Kontakt mit Schleimhaut), und n kritische (z. B. Kontakt mit Blut) Medizinprodukte. Semikritische und kritische Produkte werden nach konstruktiven und materialtechnischen Details weiter unterteilt in Medizinprodukte n ohne besondere Anforderungen an die Aufbereitung (Gruppe A), n mit erhöhten Anforderungen (Gruppe B). Der Reinigungserfolg ist für diese Produkte nicht unmittelbar prüfbar (z. B. enge und/oder endständige Lumina), eine Beeinflussung der Funktionssicherheit nicht auszuschließen (z. B. Knickempfindlichkeit), eine Dampfsterilisation nicht durchführbar. n mit besonders hohen Anforderungen an die Aufbereitung (Gruppe C, nur für kritische Medizinprodukte). Koronare Dilatationskatheter beispielsweise sind nach Art der Anwendung Produkte, die mit Blut kontaktieren und als kritisch einzustufen; aufgrund ihrer besonderen konstruktiven Merkmale (z. B. enge Lumina, Funktionsrisiken) gelten für sie die besonders hohen Anforderungen nach Gruppe C. Mit der Einstufung der Medizinprodukte sind spezifische Anforderungen an den Aufbereitungsprozess verbunden. So werden in Abhängigkeit von der Risikoeinstufung die Verwendung geprüfter Desinfektionsmittel, die Anwendung spezieller validierter Verfahren, die Aufrechterhaltung eines auf Medizinprodukte abgestimmten und zertifizierten Qualitätsmanagementsystems und die Überwachung durch die zuständige Behörde eingefordert. Mögliche hygienische Gefährdungen sind Materialembolisierung und endotoxische Reaktionen durch den Verbleib von nicht infektiösem aber toxischem Material und die mögliche Toxizität durch die Wiederaufbereitungsmethode selbst. Die Häufigkeit von Materialembolisierungen und endotoxischen Reaktionen liegt im Promillebereich und ist vernachlässigbar. Die Toxizität durch das Resterilisationsverfahren selbst ist vermeidbar und nicht höher als bei den Verfahren, die das Neuprodukt durchlaufen hat. Heute gilt, dass bei Einsatz validierter und automati-
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sierter Aufbereitungsverfahren nicht mit einem erhöhten hygienischen Risiko zu rechnen ist.
Qualitätsstandard moderner Wiederaufbereitungstechnologie Funktionsrisiken (Materialermüdung u.a.) durch die Vornutzung und den Aufbereitungsprozess können durch fertigungsbegleitende 100%-Prüfungen (d. h. Prüfung jedes aufbereiteten Medizinproduktes) ausgeschlossen werden. Zum Vergleich: in der herstellenden Industrie wird im Allgemeinen die Stichprobenkontrolle durchgeführt. Auch Neuprodukte weisen eine bestimmte Versagensrate bei Ersteinsatz auf (in der Interventionskardiologie z. B. Ballonrupturen, Ballonlecks, Knickstellen, fehlerhafte Verbindungen etc). Nach der FDA-Testing-Guidance gilt eine Versagensquote von etwa 1:1000 als akzeptiert. Ob geringen Qualitätsunterschieden klinische Relevanz zukommt – bisherige Studien weisen nicht darauf hin (17, 18) – muss in randomisierten Studien untersucht werden. Eine vergleichbare Anwendungssicherheit ist Voraussetzung für die wirtschaftliche Nutzung des Wiederaufbereitungskonzeptes. Prüfungen der Balloncompliance nach Wiederaufbereitung bei koronaren Ballonkathetern haben keine relevanten Unterschiede in diesem entscheidenden Qualitätsmerkmal nachgewiesen (19). Herstellungsbedingte Schwankungsbreiten der Balloncompliance liegen bei etwa 10%. Nach heutigen Qualitätsanforderungen z. B. der Fa.Vanguard (Berlin) wird (typabhängig) eine Schwankungsbreite von 8% akzeptiert. Zusätzlich werden neben den individuellen Complianceprüfungen bei allen wiederaufbereiteten Produkten auch Qualitätsnachweise wie Ballonfüllungs- und Entleerungszeit geführt. Vorschubkräfte, Führungsdrahtgängigkeit und Gleitreibungseigenschaften des Systems werden im Rahmen einer produktspezifischen Validierung als individuelle Eignungsprüfung einzelner Modelle innerhalb einer Produktgruppe untersucht (7, 8, 20). Somit können nicht geeignete Modelle von der Aufbereitung ausgeschlossen werden. Die Wiederverwendung von Elektrophysiologiekathetern und Herzschrittmachern (15, 21, 22), die nach bestimmten medizinischen Regeln stattfinden kann, ist nicht mit einem erhöhten Infektions- oder technischen Versagensrisiko behaftet. Der Anwender hat ein eigenes Sicherheitsinteresse und Haftungsrisiko. Das CE-Kennzeichen stellt kein Qualitäts-Gütesiegel dar, sondern bezieht sich auf Einhaltung von Herstellungsstandards. Durch die Wiederverwendung geht nicht das CE-Zeichen, sondern die Herstellerhaftung verloren. Die wiederauf-
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bereitende Industrie, die nach den künftigen Richtlinien behördlichen (Qualitäts)-Kontrollen unterliegt, übernimmt die Produkthaftung. Im zweiten Änderungsgesetz des Medizinproduktegesetzes und der Stellungnahme der FDA wird dem Rechnung getragen (22, 23).
Infektionsrisiken bei Creutzfeldt-JakobErkrankung (CJK) durch wiederverwendete Einmalprodukte in der Kardiologie Die Erkenntnis, dass die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung (vCJK) im kausalen Zusammenhang mit BSE steht, hat die Diskussion hinsichtlich des Risikos der iatrogenen Übertragbarkeit durch Blut, Blutprodukte und operative Eingriffe entfacht (24, 25). Die krankenhaushygienisch relevanten Fakten wurden im Abschlussbericht einer durch das RKI initiierten Task Force zu diesem Thema zusammengefasst (26). Bei den „klassischen“ Prion-Erkrankungen (z. B. sporadische, genetische und infektiös-erworbene CJK), besteht eine ausgeprägte Kompartimentierung der Infektiosität im zentralen Nervensystem (Gehirn, Rückenmark und Teile des Auges)(27). Prionen sind mit Abstand die gegen gängige Inaktivierungsverfahren resistentesten Erreger (28–32). Für die klassischen Formen der menschlichen Prion-Erkrankungen gilt, dass Blut keine Prion-Infektiosität in einer Infektionen verursachenden Menge enthält (24, 27). Lediglich direkte Manipulationen am zentralen Nervensystem gelten als potenzielle Gefahr für eine iatrogene Übertragung. Die neue Variante der CJK weist dagegen einen sehr ausgeprägten lympho-retikulären Tropismus auf. Prionen und somit potenzielle Prion-Infektiosität finden sich hier auch außerhalb des zentralen Nervensystems, z. B. in den Tonsillen, Milz und Lymphknoten (33), sowie Retina und Teile des Sehnervs, vereinzelt in Rektum, Nebenniere und Thymus. Die Gesamtheit der tierexperimentellen Befunde lässt eine iatrogene Übertragung des vCJK-Erregers innerhalb der Menschen über Blut oder Blutprodukte als wenig wahrscheinlich erscheinen, kann sie aber nicht ausschließen (25, 34) Es ist anzunehmen, dass vCJK in niedriger Fallzahl in den europäischen Ländern (einschließlich Deutschland) auftauchen wird. Nach Einschätzung des RKI ist von etwa 400 vCJK-Fällen bis zum Jahre 2040 in Deutschland auszugehen (34). Demgegenüber stehen etwa 4000 Fälle an klassischer CJK in diesem Zeitraum. Weiter ist das Risiko-Patienten-Profil zu berücksichtigen (28). Patienten mit einem hohen Risiko sind bestätigte und klinisch verdächtige CJK-
Patienten. Patienten mit erhöhtem Risiko sind z. B. Fälle mit fortschreitender Demenz und/oder Neurodegeneration und Empfänger von Wachstumshormon und Dura-Mater-Transplantaten vor 1987. Alle übrigen Personen haben ein niedriges Risiko. Ein weiteres Kriterium ist der Risikostatus der Gewebe. Glatte Muskulatur, Intima, Gefäß-Endothel und Herz insgesamt gelten als nicht infektiös. Bei invasiven Eingriffen an Gefäßen (außerhalb des zentralen Nervensystems) und Herz ist somit keine wesentliche Verschleppung von Prion-Infektiosität zu erwarten. Anders ist die Situation bei operativen Eingriffen im zentralen Nervensystem (Neurochirurgie), im Auge, an der Milz und an den Tonsillen (HNO). Auch bei endoskopischen Eingriffen im Gastrointestinaltrakt ist Vorsicht geboten (33). Durch das RKI wird ein gestuftes Vorgehen zur Risikominimierung einer Übertragung der vCJK bei der Anwendung von potenziell kontaminierten Medizinprodukten empfohlen (26). Bei Patienten mit Hinweisen auf das Vorliegen einer CJK/vCJK sollen kritische und semikritische Medizinprodukte verbrannt bzw. bis zum Vorliegen der endgültigen Diagnose asserviert werden (11, 26). Bei Ausschluss der Diagnose erfolgt übliche Aufbereitung. Für die Inaktivierung von Prionen gilt eine Keimzahl-Abhängigkeit, d. h. bei niedriger Keimzahl können „normale“ Sterilisations-Verfahren (z. B. normales Autoklavieren, chemisch-thermische Inaktivierung, phenolhaltige Desinfektionsmittel, Säuren und Laugen in niedriger Dosierung) ausreichen, bei hoher Keimzahl (z. B. aus zentralem Nervensystem) bedarf es einer besonderen Sterilisations-Behandlung (28–31). Goldstandard ist hier die Dampfsterilisation unter höheren Temperaturen und Drücken für einen längeren Zeitraum (z. B. 134 8C für 18 Minuten) (11, 26). Die zweite Methode ist die Behandlung mit Lauge (z. B. 2 N NaOH für einige Stunden bis zu 24 Stunden). Das effektivste Verfahren ist die Laugenbehandlung gefolgt von Dampfsterilisation. Bei der Desinfektion und Sterilisation von Medizinprodukten ist das generelle Vorgehen mittlerweile vorgegeben (11). Bei thermolabilen Medizinprodukten der Gruppe „Kritisch C“ (kardioinvasive Produkte) ohne direkten Kontakt zu ZNS, Augenhintergrund, eröffnetem lymphatischen Gewebe bzw. Ileum gilt die Reihenfolge: nichtfixierende Vorbehandlung/Vorreinigung, optimierte maschinelle alkalische Reinigung/ Desinfektion, ggf. Ultraschallbehandlung, gefolgt von geeigneter Sterilisation (11, 26). Bei der Reinigung soll auf den Einsatz von Aldehyden verzichtet werden, da diese zu einer Fixierung von organischem Material führen können. Für Patienten mit möglicher oder wahrscheinlicher CJK wird gegenwärtig zudem ein Endoskop-Pool geschaffen, der anschließend zentral aufbereitet wird (26).
T. A. Ischinger et al. Wiederaufbereitung medizinischer Einwegprodukte?
Aufgrund der Risikoeinstufung der meisten kardioinvasiven Produkte in „Kritisch C“ muss für diese nach den RKI-Richtlinien grundsätzlich die Empfehlung für eine alkalische Reinigung (pH>10) und geeignete Sterilisation bestehen. Nach kardioinvasiven Maßnahmen bei Patienten ohne erkennbarem Risiko gelten die üblichen hygienischen Maßnahmen (neutrale Reinigung, EO Sterilisation) allerdings als ausreichend. Wenn eine zusätzliche Laugenbehandlung von Einmalmaterialien möglich ist, ohne dass deren Brauchbarkeit eingeschränkt wird, ist eine derartige Maßnahme zu empfehlen, da dadurch Prionen effizient inaktiviert werden. In Deutschland ist derzeit für Materialien und Instrumente bei kardioinvasiven Eingriffen kein Risiko hinsichtlich Wiederverwendung und iatrogener Übertragung von CJK zu erkennen, sofern die genannten Richtlinien eingehalten werden (11, 25, 26) Eine Ablehnung der Wiederverwendung von medizinischen Einwegprodukten in der Kardiologie auf dem Hintergrund der CJK-Problematik erscheint wissenschaftlich derzeit nicht gerechtfertigt. Zusammenfassend gilt nach heutiger Ansicht: Mit modernen Aufbereitungsverfahren können Sterilität und Funktionssicherheit garantiert werden. Infektionsrisiken, die eine Wiederaufbereitung generell verbieten würden, bestehen derzeit nicht. Endotoxische Reaktionen sind theoretisch möglich, aber extrem selten. Toxizitätsrisiken durch den Wiederaufbereitungsprozess selbst entsprechen den Risiken bei Neuprodukten. Risiken aufgrund von Funktionsdefekten sind nicht höher als bei Neuprodukten.
Wirtschaftliche Aspekte: Entwicklung der Eingriffszahlen und Kosten am Beispiel der invasiven Kardiologie Um eine Überblick zu geben (35–39): In den letzten 10 Jahren haben sich in Deutschland die Herzkatheteruntersuchungen etwa verdreifacht (heute ca. 500 000 / Jahr), die kathetergeführten Eingriffe an den Herzkranzgefäßen (Ballonangioplastie = PTCA & begleitende Eingriffe) etwa verfünffacht (heute >150 000/Jahr), von etwa 400 pro 1 Million Einwohner auf mehr als 2 000 pro 1 Million Einwohner (Abb. 1 und 2). Obwohl die Zunahme in den letzten Jahren geringer ausgefallen ist, wird weiterhin ein Zuwachs erwartet. Pro Eingriff werden häufig mehrere verschiedene Kathetertypen und -grössen gebraucht. Das Instrumentenarsenal ist enorm. Die Häufigkeit von Herzoperationen hat sich im gleichen Zeitraum verdoppelt (mit den höchsten Zuwachsraten, d. h. mehr als Verdreifachung bei Patienten über 70 Jahre). Innerhalb Europas variiert die Häu-
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Abb. 1 PTCA’s pro 1 Mio. Einwohner. Quelle: Bruckenberger (2000), Eigene Darstellung
Abb. 2 Entwicklung der PTCA’s in Deutschland 1980–1999. Quelle: Bruckenberger (2000), Eigene Berechnungen
figkeit koronarer Eingriffe stark (um mehr als Faktor 5, z. B. in Italien 400 Eingriffe/Million Einwohner, in den Niederlanden >2000 / Million Einwohner). Nicht zuletzt haben die Erfolge von Katheterinterventionen minimal invasive Innovationen in operativen Disziplinen angeregt.
Kostenreduktion durch Wiederaufbereitung? Die Schere zwischen dem Machbaren und durch das Gesundheitssystem finanziell Leistbaren wird größer. Trotz Sparpolitik bleiben medizinischer Fortschritt – und damit verbunden die Medizintechnik – wachsende Ausgabenfaktoren im Gesundheitswesen Der Aufwand für Medizinprodukte hat sich von 11 Mrd. DM (ca. 5,6 Mrd. 1) im Jahre 1991 auf fast 19 Mrd. DM (ca. 9,7 Mrd. 1) 1998 gesteigert. Preiswerte Be-
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handlungskonzepte bei Erhaltung der hohen Versorgungsqualität sind sehr gefragt. In welchem Ausmaß Wiederverwendung (Re-use) von Einmalprodukten auf Krankenhausebene zu Einsparungen führt, muss individuell für die jeweilige Institution geprüft werden. Der Produktpreis, die Zahl der Eingriffe und die Kosten pro Eingriff sind die wichtigsten Faktoren, die jeder Berechnung zugrunde liegen. Kosten der selektiven Wiederaufbereitung im Haus (Geräteausstattung, Personal, Qualitätskontrolle, Logistik und insbesondere: Haftung) müssen den Kosten von „Outsourcing“ durch professionelle Wiederaufbereitung gegenübergestellt werden. Schließlich bestimmt die Strategie des Einsatzes von „Re-use“-Produkten die möglichen Einsparungen. Wird ein Ballonkatheter z. B. nur einmal wiederverwendet und nur bei Fällen mit minimaler Versagenskonsequenz (z. B. als Zweitkatheter zur „Nachdilatation“) oder mehrfachverwendet (z. B. > fünfmal) einschließlich dem Ersteinsatz? Selektiver Einsatz versus „Re-use“-Routineeinsatz? Berechnungen von 1995 aus USA und Kanada zeigen Einsparungen von 20% bis 70%, je nach eingeschlagener „Re-use“-Strategie. Allerdings haben sich diese Zahlen allein durch die mittlerweile reduzierten Produktneupreise verändert. Die Veränderung des Produktpreises könnte aber auch in Richtung Erhöhung gehen – durch einen allgemein geringeren Absatz von Neuprodukten. Gegenwärtig wird in USA von einem Einsparungspotenzial von 30–50 Millionen US $ pro Jahr durch die Wiederaufbereitungsindustrie ausgegangen.
Abb. 3 Monatliche PTCA-Zahlen bei zwei Reuses. Quelle: Eigene Darstellung (Neubauer, Ujlaky)
Rationalisierungspotenzial in Deutschland – Ein Beispiel Im Folgenden wird das Rationalisierungspotenzial durch die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten am Beispiel von Ballonkathetern (PTCA’s) auf nationaler Ebene demonstriert. In Deutschland wurden 1999 insgesamt 166 132 PTCA’s durchgeführt, die meisten davon in Nordrhein-Westfalen (37 537) gefolgt von Bayern (22 837) und Hessen (19 644). Betrachtet man nicht die absoluten Zahlen, sondern die PTCA’s pro eine Million Einwohner, liegen Bremen (4 377), Hamburg (4 323) und das Saarland (3 978) an der Spitze (38). Um das Einsparungspotenzial berechnen zu können muss geprüft werden, wieviel Prozent der Ballonkatheter wiederaufbereitungsfähig sind. Nach bisherigen Erfahrungen wird eine Wiederaufbereitungsquote von 2/3 (persönliche Mitteilung Fa.Vanguard, Berlin) sowie die Möglichkeit von zwei „Re-uses“ unterstellt (5). Die Wiederaufbereitungsquote gilt auch für die zweitmalige Wiederaufbereitung. Verteilt man die Gesamtzahl der PTCA’s in Deutschland auf die einzelnen Monate, ergibt sich gerundet ein monatlicher PTCA-Bedarf von 13,850. Eine Einführungsphase der Wiederaufbereitung wird zusätzlich berücksichtigt, weshalb im ersten Monat (Jan) alle Ballonkatheter neu beschafft werden müssen. Abbildung 3 zeigt die Stückzahl der neuen, einmal und zweimal aufbereiteten PTCA’s von Januar bis Dezember, die monatlich verwendet werden.
T. A. Ischinger et al. Wiederaufbereitung medizinischer Einwegprodukte?
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Tab. 1 Einsparungspotenzial durch Wiederverwendung koronarer Ballonkatheter (1)
Neu 1. Re-use 2. Re-use Gesamt Einsparung
Neu 1. Re-use 2. Re-use Gesamt Einsparung
Jan
Feb
Mär
Apr
Mai
Jun
2 770 000 0 0 2 770 000 0
923 400 692 475 0 1 615 875 1 154 125
919 400 230 850 461 625 1 611 875 1 158 125
1 746 600 229 875 153 900 2 130 375 639 625
1 197 000 436 650 153 225 1 786 875 983 125
1 195 000 299 250 291 075 1 785 325 984 675
Juli
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
Gesamt
1 440 800 298 950 199 500 1 939 250 830 750
1 278 000 360 225 199 275 1 837 500 932 500
1 277 600 319 500 240 150 1 837 250 932 750
1 350 200 319 425 213 000 1 882 625 887 375
1 302 000 337 575 212 925 1 852 500 917 500
1 301 800 325 500 225 075 1 852 375 917 625
16 701 800 3 850 275 2 349 750 22 901 825 10 338 175
Quelle: Eigene Berechnungen (Neubauer, Ujlaky)
Im Monat März werden beispielsweise 4 597 neue, 3 078 einmal (1. Re-use) und 6 155 zweimal (2. Reuse) wiederaufbereitete PTCA’s verwendet. Nach der Einführungsphase der Wiederaufbereitung pendeln sich die monatlichen Zahlen zu einem „Steady State“ ein. So werden monatlich etwa 6 600 neue, 4 400 einmal und 2 900 zweimal wiederaufbereitete PTCA’s benötigt. Der Neupreis eines Ballonkatheters zum routinemäßigen Einsatz liegt in etwa bei derzeit 1 200,00, je nach Hersteller. Bei einem durchschnittlichen Wiederaufbereitungspreis von 1 75,00 1 kann anhand des eingangs beschriebenen Konzepts das Einsparungspotenzial durch die mehrmalige Wiederverwendung aufgrund der Wiederaufbereitung berechnet werden. In Tabelle 1 sind die monatlichen sowie die gesamten Ausgaben angeführt. Für neue PTCA’s werden etwa 1 16,7 Mio. ausgegeben. Die wiederaufbereiteten PTCA’s (1. Re-use + 2. Re-use) verursachen 1 6,2 Mio. Ausgaben. Insgesamt entstehen somit für das gesamte Jahr 1999 1 22,9 Mio. Ausgaben, was Einsparungen durch die Wiederaufbereitung von insgesamt ca. 1 10,3 Mio. bedeutet. Dies entspricht mehr als 31 Prozent im Vergleich zur reinen Neuverwendung. Gibt man die Annahme auf, dass pro PTCA-Eingriff nur ein Katheter verwendet wird, ergeben sich entsprechend höhere Einsparungspotenziale. Unterstellt man beispielsweise den Durchschnitt von 2 Katheter pro PTCA-Eingriff können nach o.g. Rechenbeispiel über 1 20 Millionen eingespart werden. Je nach Variation der Inputfaktoren können unterschiedliche Rationalisierungspotenziale erzielt
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Vgl. Artikel- und Preisliste der Firma Vanguard (Stand: 09. März 2001) (40)
werden. Die entscheidenden Komponenten sind hierbei die Wiederaufbereitungsquote sowie die Anzahl der „Re-uses“. Pauschal gilt, dass je höher der Anteil der Wiederaufbereitungen und je höher die Anzahl der „Re-uses“, desto größer ist das Einsparungspotenzial durch die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten. Das Kosteneinsparungspotenzial für Krankenhäuser durch die Wiederaufbereitung von PTCA-Kathetern wird an Bedeutung gewinnen, betrachtet man die Entwicklung der PTCA’s in Deutschland (Abb. 2).
Zur Rechtslage der Aufbereitung von Medizinprodukten Das bisher geltende Gesetz über Medizinprodukte (MPG) vom 2. August 1994 hat die Aufbereitung von Medizinprodukten, insbesondere von Einwegprodukten, nicht geregelt. Dies war aus heutiger Sicht mit einem geschärften Bewusstsein verknappender Ressourcen und ihrem ökonomischen Einsatz eine Regelungslücke des damaligen Gesetzgebers. Die Regelungslücke ergab sich daraus, dass das MPG insoweit die Definitionen der Richtlinie 93/42/EWG vom 14. 06. 1993 über Medizinprodukte folgte (9), die keine Definition der Aufbereitung von Medizinprodukten in nationales Recht übernahm. Trotz der fehlenden gesetzlichen Regelung bestand jedoch Einigkeit über die grundsätzliche Zulässigkeit der Aufbereitung von Medizinprodukten, solange sie nicht anschließend an Dritte abgegeben wurden, so dass die Gesetzeslücke durch eine Auslegung der Bestimmungen des MPG geschlossen wurde (10). Das Zweite Gesetze zur Änderung des Medizinproduktegesetzes, das die Wiederaufberei-
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Zeitschrift für Kardiologie, Band 91, Heft 11 (2002) © Steinkopff Verlag 2002
tung von Medizinprodukten regelt, ist zum 01. Januar 2002 in Kraft getreten (Bundesgesetzblatt I, Nr. 68, 18. 12. 2001). In dem neugefassten § 3 Ziffer 14 MPG wird die Aufbereitung wie folgt definiert: „Die Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten ist die nach deren Inbetriebnahme zum Zwecke der erneuten Anwendung durchgeführten Reinigung, Desinfektion und Sterilisation einschließlich der damit zusammenhängenden Arbeitsschritte sowie die Prüfung und Wiederherstellung der technisch funktionellen Sicherheit.“ Im Zusammenhang mit dieser Legaldefinition steht die neugefasste Ziffer 11 des § 3 MPG, wonach die Abgabe eines Medizinproduktes an andere, – also das sog. Inverkehrbringen, das bestimmten Regelungen unterliegt, – dann nicht vorliegt, „wenn Medizinprodukte für einen anderen aufbereitet und an diesen zurückgegeben werden“. Dies bedeutet, dass die gewerbliche Durchführung der Aufbereitung von Medizinprodukten für Kliniken als Auftraggeber als solche gesetzlich zulässig ist und zwar unabhängig davon, ob es sich um Einwegoder Mehrwegprodukte handelt, sofern sie in einem geschlossenen Kreislauf zwischen der auftraggebenden Klinik und dem beauftragten aufbereitenden Betrieb erfolgt. Um sicherzustellen, daß die gewerbliche Aufbereitung auch fachgerecht erfolgt, wurde in der Gesetzesnovellierung eine Änderung des § 4 Abs. 1 und 2 der Medizinprodukte-Betreiberverordnung vorgenommen. Nach dessen Abs. 1 darf der Betreiber der Wiederaufbereitung „nur Personen beauftragen, welche die Sachkenntnis, Voraussetzungen und die erforderlichen Mittel zur ordnungsgemäßen Ausführung dieser Aufgabe besitzen.“ Die Aufbereitung selbst ist nach dessen Abs. 2 „unter Beachtung der Angaben des Herstellers mit geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritter nicht gefährdet wird“. Damit diese Kriterien bei der Aufbereitung auch vom Betreiber beachtet werden, sieht § 26 des MPG jetzt vor, dass Betriebe, in denen Medizinprodukte für andere aufbereitet werden, der Überwachung durch die zuständigen Behörden unterliegen. Die Zulässigkeit der Aufbereitung ist damit gesetzlich positiv geregelt. Nachdem der Gesetzgeber den Ordnungsrahmen für die Aufbereitung von Medizinprodukten so konkret festgelegt hat, wird in Zukunft dessen Inhalt, nämlich die Reinigung, die Wahl und Anwendung des validierten Verfahrens und die Sterilisation des
einzelnen Medizinproduktes im Mittelpunkt der Fortentwicklung der Aufbereitung stehen. In diesem Zusammenhang hat im August 2001 zeitgleich mit der parlamentarischen Beratung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Medizinproduktegesetzes die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert-Koch-Institut (RKI) und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Empfehlung zu den „Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten“ ausgesprochen. Die Empfehlung bestimmt im einzelnen die Anforderungen, die jeweils an die Aufbereitung von mit Krankheitserrregern kontaminierten Medizinprodukten zu stellen sind, wie beispielsweise die Voraussetzungen für die Aufbereitung unter Berücksichtigung der vom Hersteller zu machenden Angaben, der Validierung der Aufbereitungsverfahren und der Durchführung der Aufbereitung und Sterilisation (11) Der Inhalt des gesetzlich neu vorgegebenen Ordnungsrahmen ist durch diese detaillierte Empfehlung in den Grundzügen durch das RKI und das BfArM ausgefüllt worden. Das zweite MPG Änderungsgesetz sieht zwar in seinem § 37 Abs. 5 Ziffer 1 vor, dass das Bundesgesundheitsministerium durch Rechtsverordnung u.a. Anforderungen festlegen darf, soweit dies für die sichere Aufbereitung von Medizinprodukten notwendig ist. Durch die Empfehlung des RKI und des BfArM (11) erscheint ein Tätigwerden des Bundesgesundheitsministeriums insoweit nicht mehr erforderlich zu sein.
Schlussbetrachtung Wiederaufbereitung von Medizinprodukten – auch in der Kardiologie – wird seit mehr als 10 Jahren in den westlichen Ländern, darunter auch USA, Canada und Deutschland, selektiv praktiziert, abhängig von lokalen Faktoren wie z. B. vorhandenen Ressourcen, allgemeiner medizinischer Praxis, Rechtslage und ethischen Überlegungen. In mehr als 40% deutscher Krankenhäuser gelangen sogenannte Einwegprodukte zur Wiederaufbereitung, meist durchgeführt mit wenig optimierten Methoden hinsichtlich Aufbereitungsverfahren, Prozessstandardisierung und Qualitätskontrolle. Verbesserung von Müllentsorgung und Abfallvermeidung durch Wiederaufbereitung sind mögliche Begleiteffekte mit zusätzlich ökologischer Bedeutung. Die bisherigen Erfahrungen, die verbesserten Produktqualitäten, die Fortschritte der Wiederaufbereitungs-Technologie und -Technik, sowie der Kostendruck haben dazu geführt, dass sich die Europäische
T. A. Ischinger et al. Wiederaufbereitung medizinischer Einwegprodukte?
Gesellschaft für Kardiologie dem Thema „Re-use of single use products“ angenommen und bereits 1998 ein Policy-Document dazu erarbeitet hat (22). Im Jahre 2001 ist die positive Stellungnahme der FDA in USA dazu erschienen (23). Durch die Novellierung des Medizinproduktegesetzes sind Wiederaufbereitung und Wiederverwendung von aufbereiteten Einmalprodukten positiv geregelt. Damit dürfte die
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Grundlage für die Entwicklung von selektiven, sinnvollen und sicheren Nutzungsmöglichkeiten dieses ausgabendämpfenden Konzeptes geschaffen sein. Wir danken Herrn Prof. Dr. M. Mielke vom Robert-Koch-Institut, Nordufer 20, 13353 Berlin, für seine wertvollen und kritischen Anmerkungen bei der Erstellung des Manuskriptes.
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