Technischer Anhang. (Ans der orthopgdischen Klinik Wiirzburg. [Direktor: Professor Dr. P o r t ])
Zum Ausbau der Apparattechnik. Yon
Prof. Dr.
Konrad Port.
Mit 13 Textabbildungen, (EiT~gegangee a m 1. F e b r u a r 1929 0
W i t Orthop~iden haben alle die 1Dberzeugung, d a b die einfaehe Vero r d n u n g eines A p p a r a t e s durch den Arzt, wie es noeh fast a l l e n t h a l b e n iiblieh ist, d u r e h a u s nieht den Bedfirfnissen des K r a n k e n en~sprieht. W i r sind b e m i i h t , die o r t h o p g d i s e h e Teehnik immer m e h r selbst in die H a n d zu b e k o m m e n u n d sie unseren Erfordernissen anzupassen, sie a u s z u b a u e n . G o e h t , B i e s a l s k i . S e h e d e u n d y o n B a e v e r haben sieh u m diesen A u s b a u besonders b e m i i h t und wir v e r d a n k e n ihnen eine Reihe wertvoller VerSffentliehungen u n d neuer G e d a n k e n . Einstweilen k a n n der A u s b a n d e r Teehnik, wie diese A u t o r e n hervorheben, n u r gesehehen dutch ehl enges Z u s a m m e n a r b e i t e n zwisehen A r z t u n d O r t h o p g d i e m e e h a n i k e r , wie das n u r in einer d a m A r z t unterstellten W e r k s t a t t mSglieh ist. Ieh bin a b e t der Meinung, d a b dieses Z u s a m m e n a r b e i t e n doeh den Arzt in ein ge-wlsses Abhgngigkeitsverhgltnis v o m Meehaniker bringt. Das zu e r s t r e b e n d e Ideal ist ohne Zweifel, d a b der A r z t selbst die T e e h n i k beherrseht, so daft er sehaem A r b e i t e r bis in die Einzelheiten VorsehriIten u n d A n w e i s u n g e n geben kann. Einstweiten muft ieh gestehen, daft aueh bei m e i n e n A p p a r a t e n (lie Ausfiihrung nieht gelungen wgre ohne das k o n s t r u k t i v e Gesehiek meiner W e r k m e i s t e r ( R o s e n f e l d e r u n d D a x w a n g e r } . W e n n der A r z t sieh ersv einmal d a z u aufgesehwungen hat, sieh selbst m i t d e r orthopgdisehen Teehnik zu befassen, u n d b e m i i h t war, sieh in diese K u n s t einzuarbeiten, so finder er n i e h t nur sehr bald, d a b die bisher y o n d e n B a n d a ~ s t e n gefertigxen A p p a r a t e noeh welt d a v o n entfern~ sind, allen Anspriiehen zu geniigen, sondern aueh, d a b diese K u n s t gar nicht so sehwierig ist, wie sie uns Gelehrten, die yon Jugend auf nur u n t e r Bfiehern a u f g e w a e h s e n sind, anfgnglieh ersehien. Es drgngen sieh ihm ganz yon selbst neue G e d a n k e n auf. Oft sind es nur Verbesserungen u n d A b g n d e r u n g s v e r s u e h e , m a n e h m a l a b e r gelingt aueh eine K o n s t r u k t i o n y o n gTundlegender Bedeutung.
Zum Ausbau der Appara~echnik.
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I m folgenden sollen einige Konstruktionen besehrieben werden,, welehe :sieh in der Praxis bewiihrt haben und nun schon seit Jahren im K6nig-LudwigHans im Gebraueh sind und immer wieder Verwendung finden.
Plattfufleinlagen fiir widerspenstige PlattfiiBe. Bei sehweren entziindlichen PlattfiiBen, die aus ~:berlastung des FuBes entstanden sind, also ohne Deformierung des Knochengerfistes, st6gt man oft auf grope Schwierigkeiten, wenn eine PlattfuBeinlage getragen werden soll, nachdem der FuR dutch die fibliche Behandhmg, Bettruhe oder Gipsverb/inde, weich geworden ist. Die Sohle, welche nach Kipsabgug gerfertigt ist, die L a n g e sche Celluloideintage oder eme naeh gleiehen Prinzipien aus Metall getriebene Einlage, p a r t aIffangs vorzfiglich. Wenn aber der Patient 15ngere Zeit damit geht, so treten wieder die Mten Contracturbeschwerden auf. Diese Art Einlagen ist nicht imstande, den Fug dauernd in der korrigierten Steltung zu erhalten. I)er Fug dreht sich trotz der Einlage langsam wieder in Valgusstellung. Die Schmerzen werden leichter, wenn man durch Unterlegen von 1/2 1 cm hohen Keilen am [nnenrand (tie Sohle stark schriig stellt so (tag das Gewicht ganz auf den /~ugeren Fugrand zu liegen kommt. Aber such das hiIft nur vorfibergehend. Bald dreht sich der Fug in der Eintage wieder in ValgusAbb. 1. stellung. Diesem Zustand wird gewShnlich abgeholfen, indem man die Sohle mit einer inneren Gelenkschiene versieht, die oben durch ein Wadenband gehalten wird. Eine solche Bandage ist unbequem und s sichtbar, so dab sie hiiglich wirkt und yore Patienten abgelehnt wird. Ebenso sicher wie diese Bandage wirkt folgende Form der Einlage: Naeh Gipsabgug yon Fug und Unterschnkel in korrigierter Form wird eine Einlage gemacht, welehe auf der Innenseite mit einem Fortsatz bis e~wa 4 Querfinger fiber das FuBgelenk heraufragt. Zu beachten ist. dab beim Abformen der Unterschenkel genau rechtwinklig zum Fug steht. Am besten steltt man die Einlage aus Celluloid her. Metall eigne~ sich weniger, weil der nach oben reichende Fortsatz leieht abbrieht, da er angenietet werden mug. Die Metallsohle ist auch wesentlich schwerer. A_ufangs wurde der gleiche Fortsatz auch an der AuBenseite der Sohle gemacht, die Erfahrung hat aber gezeigt, dab es unnStig ist. Es genfigt, wenn der ~iugere Rand bis zur MMteolenspitze reieht (Abb. 1 ), Die verl~ngerte Einlage kann wie jede andere im Stiefel getragen werden. Die Schniirung des Stiefels schtitzt den seitlichen Lappen vor dem Abweiehen. Trotzdem eine gelenkige Verbindung fehlL bleibt fiir das Ful~getenk noeh geniigend Freiheit zum Gehen iibrig. Wir verwenden diese nach oben verli~ngerte Einlage in der Khnik seit e~wa l0 Jahren. Sie hat bisher auch bei schweren F~llen nicht versagt, Sie
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Konra.d Port:
hat sieh besonders seN" gut bewghrt bei den m i t Gipsverband redressierten raehitisehen Ptattfiifien (ter Adoleszentem Der Fugteil des Schienenhiilsenapparates. Die Sch~iirung am FuBteil des Schiene~fllLilsenappara.tes in der herk6mmliehen Weise in der Mitte des Ful3riiekens nach Azt eh~es 8ehuhes ist ganz ungen/igeJ~d, sobaid es sich darum handelt, den Ful3 lest ztt {assen. Sie erlaubt dem FuR viel zu vie1 freie Beweglielfl;eit in der Hfilse, so dab bei der geringsten N e i ~ m g zur Drehung sieh trotz der Hiilse (:tie entspreehende D e f o f mitgt ausbilden kann. Dies zeig~ sieh besonders deutlich beim paralytisehen Klump- oder Platffu[3, Wenn ma,n naeh gehmgener 1Redression zur Erlta:ttung der guten Ful~form einen 8ehienenhiilsenappar~t gibt, so (lauert (tie gute S*ellung nicht lange. Leider wird das Rezidiv meist rech~ spi~t bemerkt, weil der Apparat die Fugform verdeekt und so der Wiedermntritt der Deformitgt sieh der Aufmerksamkeit der Angeh/3rigen des Patienten entzieht. Der Arzt wird erst wieder aufgesucht, wenn Druckstellen entstehen. Eine sichere Fassung des J~uBes gelingt nut dann, wenn seine Hiilse die gleiche Form hat wie er selbst,, wenn sie auf dem Durehsehnitt queroval ist. Da der FuR, besouders der paralytisehe sehr weieh ist, so genti~ nieht, dab m~r die Fugplatte unnachgiebig ist. Der VorfuB muB diu'ch einen Deekel platt gegen die Sohle des Apparates gedriickt, werden. Dies geschieht dadurch, dal~ alas Leder Abb. 2. des FuBriiekens aus einem Stiiek gemacht ist und seitlieh am Sohlem'and geschlossen wird, am einfachsten dureh eine Schlaufe an einem oberhalb der Auftrittsflgche angebraehten K n o p f , wie es die Abb. 2 zeigrv.i Beim KlumlofU8 liegt der Verschlu{~ am immren, beim Plattfug am guf~eren FuBrand. I n diesen Deekel ~4a'd eine Metallplatte eingenght, welehe genau dem F~Briieken ent spreehend naeh dem Gipsabgug gegrieben ist und nut einen schmalen Rand des Leders frei lgltt, der dann als Scharnier dient. Dieser Deekel reicht yon den Zehen bis nahe an das Fuggelenk. Dieses selbst wird dureh einen zweiten sehmalen Lederstreifen festgehalten, der aM tier enggegengeset.zten Seite wie der Deckel gelnaiipft ~-ird. Er zieht das Ful~gelenk in die entgegengesetzte Richtung. Patienten, welehe vorher die alte Sehniirung gehab~ t!aben; riihmen die Armehmliehkeit dieses Versehlusses. Will m a n einen stgrkeren Zug ausiiben, so kam~ man statt des Knopfversehlusses den Deekel mitten eines Sehnfirriemens, der dutch eine Ose fil der FuBplagte gefiihrt wird, scharf anziehen
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Zum Ausbau der App,~rattechnik.
und den Riemen z. B. an einem Knopf festwiekeln, wie es bei der Einarmerschniirung gesehieht. Schiene zur Ausgleiehnng des Haekenfuges bei LShmung dee Wadenmuskulatur. Werm die Wadenmuskulatur geliihmt ist, wghrend die Fuftheber erh,~lten geblieben sin(t, so entsteht eine besonders unsehSne Form des Haekenfuftes. Lg~3t man diese Deformitiit unbehandelt, so nimmt sie mit den Jahren immer mehr zu, da~s Waehstum richter sieh naeh der falsehen Belastung und die Deformitiit l~iBt sieh nieht mehr ausgleichen. Man kann das Fortsehreiten der Deformititt aufhalten, wenn man den Fug in einem Sehienenhiilsenappart~g ft~ftt m~d die Wadenmuskeln dureh einen Gummizu~ ersetzt. In nieht zu alten FSllen gelingt kS soga.r, (lie entstandene J0eformitiit zu beseitigen. Fiir die Herstelhmg des Apparates ist die sorgfiiltige Anpassung des Fersenteils besonde1~ wiehtig. Beim Gipsabguf~ muB cter Sohlenveil der Ferse gut herausmodelliert werden, damit die metallene FuSt)latte die Ferse so lest faint, dab sie gezwungen ist, dem Zug des Gummibandes zu folgen. Der Appara~ reieht nut bis zum C h o p a r t s c h e n Gelenk, iiber den Fuftriieken zieht ein einf~ehes etw~ fingerbreites Lederband. Der VorfuS bleibt frei und arbeitet beim Auftreten und Abwickehi des Fu[tes dem Zug des Gummibandes entgegen. Leider mui] das Gummiband sehr oft naehgezogert bzw. erAbb. 3. neuetr werden. Eine Spiralfeder, besonders wie sie jetzt ~us niehtrostendem Stahl hergestellt werden, wirkt viel besser, hat aber den Naehteil, daft sie ~iugertieh mehr auff:~illv (Abb. 3). Mit diesem Apparat ist es uns stets gu~ gehmgen, die Fugform zu erhalten his zu dem Alter, in welehem m,~n vielleichr dutch eine Operation eine Duuerheilung erzielen kann. Apparat
zur Korrektur
des Pes adductus.
Zm" Korrektur des Pes adduetus und zur Naehbehandhmg des Klumplutes hat sieh uns eine geteilte SoMe bewithrt. Der hintere Teil nmfai3t die ]~erse und die FuBwurzel zu beiden Seiten his nahe an die Malleolen herauf, der vordere umfagt den ganzen Mittelful3 bis zu den Zehenballen an der Sohte und den Seiten. Beide Teile sind dureh ein Gelenk un~erhalb der Basis des Metatarsus V verbunden. Hier am lateralen Fugrand liegt der Drehpunkt beim Alffrollen des adduzierten Vorfuges. Diese geteilte SoMe ist mit einem Lederschuh ausgekleidet, weleher ebeIffalls geteilt ist bis auf die (legend des gul3eren Fugrandes. Itier bleibt eine Briieke, welehe das Einklemmen der Haut zwisehen den beiden Apparathglften verhindert. Der Versehlul? der beiden Hglften ist ganz analog unserem DeekelversehluB gebildet (Abb. 2). Jeder Sohlenteil trSgt einen 10 em langen Austeger. Diese beiden Ansleger sind durch eine Sehraube A r c h l y f a r orthop:&lische trod. U n f a l l - C h i r u r g i e . B d . X X u
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~8(i
K o n r a d Port:
verbmlden, mittels weleher sic gegeneina.nder genghert werden kSnnen. Auf diese Weise kaml der VorfuB mit groI3er Kraft nach auBen gehebelV werden.
Abb. 4. Dureh Abwgrtsbiegen der Ausleger k~mn man sehr bequem eine beliebige VMgusstellung des FuBes erzwmgen, wie uns das K r u k e n b e r g gelehrt hat. Will man die Einlage im Sehuh tragen, so werden die Ausleger weggelassen und an der Innenseite der 8ohle eme Stellsehraube angebraeht, welehe die Teile auseinander sehiebt. Die Sehraube st6r* nieht, well sie in der FuBw61bung zu liegen kommt, Man kann s t a ~ der Sehraube aueh eme in Zghne eingreifende Feder anbringen IAbb, 4).
Klumpfu~bandage
fiir
Erwachsene. Bei ~ngeborenen Klumpffigen nehmen gewShnlieh die Beschwerden im vorgeriiekten Alter erheblich zu, so dab die Patienten, welche i n d e r Jugend leidlieh sehmerzfrei gingen, Abb. 5. nun eine Abhilfe ihrer Besehwerden verlangen. So wie man bei alien sehmerzhaften Gelm~ken die Beschwerden nehmen kaml durch Ruhigstellung der Gelenke, so kann man aueh beim schmerzhaften Klumpful3 die Beschwerden vollstgndig beseitigen, wenn man dutch einen Gipsverband den Full unbeweglieh fesgsteltt, Dieser Gipsverband mug genau
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Zum Ausb,~u der Apparattechnik.
in der Stellung des Ful3es angele~ werden, in weleher alle GelenkfKiehen glatt und ohne Zwang au:feinander liegen. Der Klumpful~ daft also nieht k0rrigiert werden. Es gilt mit dem Hfilsenappara~ diese Wirkung des Gipses genau naehzuahmen. Das geht nur mit einar aus Leder gewalkten Hfilse ohne Gelenk, welche mit seitlichen Sehienen und mit einer Sohlenplatte verstiirkt ist. Die Hiilse braueht sehr wenig oder gar keine Polsterung. Am besten wird sie geferti~ in Form yon 2 Sehalen. Die hintere trfi,gt die seitliahen Verst/ixkungssehienen und die Sohlenplatte, die vordere greift mit zwei reehts und li~fl
Apparat
fiir S c h l o t t e r g e l c n k
des Ellbogens.
Zu dieser Konstruktion ~ r d e n ~ r veranlaBt durch eine Patientin, welche uns vom Chirurgen zugewiesen wurde. Wegen Gelenktuberkulose waren sowohl am Humerus als an Ulna und Radius die Gelenkenden so ausgiebig reseziert worden, daS Oberarm und Vorderarm nur noeh durch eine 3 querfingerbreite Weiahteilbrtieke verbunden waren. Alle Bewegungen im Ellbogen, aueh die Pronation und Supination waren ausgesahlossen, der Arm hing sahlaff herab, (tie Hand jedoeh war vollst~hldig gebrauehsfShig. Der Apparat bestand aus einer Ober- und Unterarmhiilse mit Gelenkverbindung. Es ist ja ganz allgemein die Regel fiir die Schienenhiilsenapparate am Arm, (lag (tie Oberarmhiilse die ganze Sehulterw61bung mit umfal3t. Hier war dies ganz besonders wiehtig, weft ja alles auf ein gutes Fassen des Armes ankara. Die Vorderannhiilse reiahte bis zum Handgelenk und stellte die Hand in Mittelstellung. Eine aktive Bewegung war aueh damit nieht m6glich, wail atle Muskelans~ttze fehlten. Die Bewe~mg im Ellbogen mugte mittels des bekannten seitlichen Zuges, den wir 6fter an den kiinstliehen Armen verwenden. dutch Abduction oder Heben des Armes naeh vorn geschehen. Da Ober- und Unterarm so lose miteinander verbunden waren, mul~te (lie Hautbrficke dureh den Apparat gespannt werden. Das gelang nur dadureh, da[3 die Oberarmhiitse an einer C a r n e s - B a n d a g e atffgeh~ingt wurde. An ihr land aueh der Seitenzug seine Befestigung. Wiehtig zur Vervollkommnung der Funktion ist an diesem Apparat ein Hebel am Ellbogengelenk, fiber welchen der Seitenzug weggespannt ist und der ibm im Gleiten folg~ (Konstruktion yon Herrn Rosenfelder). Die Patientin, eine Krankensahwester, maeht in einer hiesigen Klinik seit Jahren Diens~, ohne daS irgend jemand yon ihrem Gebreehen weig, so vollst/~ndig ist die Funktion des Armes nach allen Seiten. Die Weiahteilbrfiake sahnunpfte im Laufe der Jahre auf e~wa 2 am zusammen. Diese Konstruktion kann aueh fiir andere Erkrankungen mit Erfolg benfitzt werden z. ]3. bei einer LShmung der Oberarmmuskeln infolge Poliomyelitis. 32*
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Konrad Port:
Stock bei KinderlShmung. Bei sehweren F~fllen yon Kinderl~ihmung, bei welehen aufier den Sehgdigungen der Beine aueh (lie H~tnde soweit g e l g h m t sind. d a b das H a l t e n crees Stoekes unm6glich ist. hat sieh folgende K o n s t r u k t i o n bewghrt, wenn wenigstens die S c h u l t e r m u s k e l n ~n einem A r m einigermaBen b r a u e h b a r sind. O b e r a r m und V o r d e r a r m werden in eine im Ellbogengelenk reehtwinkelig ,stehende Lederhiilse (oder aueh G i p s v e r b a n d ) gelegt. In der R i c h t u n g der Aehse des O b e r a r m s wird an der Hiilse ein Svock unbeweglich befestigt, Die K r a n k e n lernen sehr leieht den Stock ,nitte]s d e r S e h u l t e r zu dirigieren. Auf diese Weise w u r d e ein 3[~idehen gehfghig g e m a e h t , das 7 J a h r e u n u n t e r b r o e h e n zu Bert gelegen war. Die giinzlich geliihmten Beine wurden m i t Sehienenhiilsena p p ~ r a t e n verstefft. Die beiden Arme waren, d a die H g n d e ganz kraftlos waren. zur H a n d h a b u n g tines Stockes nicht zu g e b r a u c h e m Der linke sons~ geliihmte A r m , der aber noeh leidliche S e h u l t e r m u s k u l a t u r auiwies: erhielt die Stoekhiilse. D a m i t konnte die Patient.in sieh ganz ordentlieh fortbewegen. W e n n m a n den A r m m e i n e Hiilse leg~ in leicht g e b e u g t e r Stellung u n d (lann den Stock an der Hiilse an ihrem un~eren E n d e befestig~c, ist alas zwar kosmetisch wesentlieh seh6ner, aber der S t o c k ist sehr viel sehwerer zu dirigieren u n d (tie Sicherheit weit germger.
Das geteilte Korsett fiir g a n z s c h w e r e Skoliosen. Bei den schweren, ganz z u s a m m e n g e s u n k e n e n Skoliosen Erwachsener entstehen sehr oft iiberaus litstige B e s e h w e r d e n in d e r k o n k a v e n Seite, die tells als D r u c k der in das Beeken hineingesehobenen 1Rippen g e d e u t e t werden. tells ats Muskelsehmerzen. Bei tier U n t e r s u e h u n g finder man, d a b diese Schmerzen sofm~ aufhiiren bei A n l e g u n g der E x t e n s i o n . Sic versehwinden da,mrnd, wenn m a n ein K o r s e t t a n l e ~ , welches diese Extension erhglt. Das ist n u r m6glich, wenn m a n den T h o r a x fiir sich f a g t u n d in die H6he zieht. Bei d e m P a t i e n t e n der Abb. 6 wurde dies ve,rsueht. U m die unteren R i p p e n liegt eine A r t Giirtel aus Leder_ weleher tier u n t e r die P d p p e n b S g e n eingreift. Diesen D r u e k yon unren vertragml die I{ippenbSgen sehr gu~. wenn m a n ihnen n u t geniigend S p i e l r a u m lgg* zur Atembewegtmg. B e i m GipsabDtB werden die R i p p e n b 6 g e n durch Anlegen der H g n d e des O p e r a t e u r s yon h i n t e n her gut h e r a u s m o d e l l i e r t . W e n n man fiber die F o r m das L e d e r gut g e w a l k t hat. so k o m m t es t r o t z d e m vor, d a b die R i p p e n beim t.iefen A u s a t m e n tiber d e n u n t e r e n L e d e r r a n d n a c h innen heruntergleiten. Die obere Korset.thgL{te r u t s c h t d a n n auBen iiber die R i p p e n hinatff. U m dies zu verhfiten, wird der u n t e r e Lederr a n d m i t Bloekfilz an den Seiteateilen verstgrkt. Dieser Ledergur~ wird innerhalb eines H e s s i n g- K o r s e t t s getragen und k a n n beliebig hoehgezogen werden, wobei die A r m k r i i c k e n als Festpmd~t dienen. W e n n die K S r p e H o r m noch unfSrmlicher ist, so ka~m m a n n i c h t g u t ein H e s s i n g - K o r s e t t anlegen, m a n fertigt d~mn ein in der Mitte geteiltes L e d e r k o r s e t t an. Die E x t e n s i o n geschieht mittels F e d e r n y o n der n n t e r e n Beckenhglf~e aus. A m a n g e n e h m s t e n sind weiche ] ) r a h t f e d e r n , wie sie die Abb. 7 zeigt. Der G e d a n k e , das K o r s e t t anpasstmgsfiihiger a n die Absich'~en des Arztes d a d u r e h zu maehen, d a g m a n o8 in 2 H g l f t e n teiit, welche d u r e h einen
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5{eehanismus verbunden sind, dureh welehen man beide Teile in be!iebiger Weise versehieben und bewegen kann, wurde soviel ieh weif~ zuerst yon W 0 1 f e r }nann 1 im Jahre 1887 prakt, isch verwet~et. Seitdem ist er sehon oft wieder aufgegriffen worden, yon mir zum ersten Male in einer Ver6ffentliehung im Jahre 1904 2.
Abb. 6.
Abb. 7.
Beide Korsettarten haben wir praktiseh mehrfaeh verwendet trod die Patienten haben sieh stets naeh Abnfi~czung wieder das gleiche 5'[odell maehen lassen. Sie watch sehr ztffriedea damit. Besonders bei der tetzteren Form riihmen sie die freie Bewegliehkeit. im Gegensagz zum ganz starren Korsett, das sie fl'iiher trugen.
Ein Skoliosenkorsett, welches Rmnpfbeugebeweguugen g'estattet. Die vSllige Versteifung des Riiekens, wie sic unsere SkoIiosenkorsette bedingen, wird sehr unangenehm empflmden yon allen Patienten, welche im Sitzen arbei~en sollea, z. B. N~iherinnen. Sic k6nnen bei blol3er Beugung im Hfiftgelenk den Kopf nicht bequem fiber ihre ,~'beit einstcllen. Um die erwiinschte Freiheit zu erm6glichem w~lrde versucht, das Korsett ~bkniekbar zu machen. Es wird genau wie ein H e s s i n g s c h e s Korsett gebaut, nur sind seitlich die Gelenke angebracht,, die in der H6he des 3. Lendenwirbels sitzen. Die beiden St~be, we|che zur Krficke gehen, vereinigen sieh auf jeder Seite 1 W o l f e r m a n n : Zbl. Chit. 15, 761 (1888), P o r t : Z. orthop. Chir. t2. 354.
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Konra, d Port:
etwa 2 querfingerbreit oberhalb des Hiiftbiigels zu einem oberen un(1 un~eren Bogen, zwisehen welehen das Gelenk angebraeht ist (Abb. '>/. Das Stoffkorsett mul~ hierbei ebenfalls aus zwei vgllig getrenntell Teilea bestehen, deren jeder fiir sieh dem I~6rper gut anliegen mutL Besonders sell die obere Hi~tIte sehr glatt d e m Rippenbogen anliegen und hier mSgliehst fief in die Weiehteile under den Rippen eingreifen. Ein Druek hier wird gut vert.ragen, worm nur die Magengrube frei bleibt. Die Versteffungsstgbe miissen ebenJEalls die Mitre frei lassen. Die Verbindung des oberen und uW:eren Stoffteils ist lose. so dag sic sieh beim 8treeken hinten, beim Beugen vorne in J?ttlten legen kann. Es kann aueh ein elastiseher Stoff zwisehen beide H:afften eingelegt werden. Diese Art Korsett, welehe wit jerzt in einer Reihe yon Fiillen angewendet haben, wird angenehm empfunden und gerne getragen, isr aueh ebenso dauerAbb. 8. haft wie jedes andere Korsext..
Der GMt!mgen. Ehm prinzipielle Neuerung in dcr Gelenkkonstmlktion ist der Gleitbogen. Ich habe ihn schon friiher einmal beschrieben fiir (lie H/ifte, we er als imaere F0hrung ftir das Hiiftgelmfl; dient 1. Da fiir die genaue F~hrung eines K6rpergelenkes in einer bestimmten Aehse ein einseitiges Scharniergelenk am Appurat nieht ausreieht, sortdern stets zu beiden Seiten kin solehes Gelenk angebraeht werden muf3, also zwei Gelenke, welehe sieh um dieselbe Aehse drehen, wie das K6rpergelenk, so sollte hier der Gleitbogen das innere Celmfl; ersetzen. Zu der damaligen Ver6ffentliehung kann ieh naehtra.gen, dal~ die Patientin mit Arthritis deformans ihren Apparat bereits 4 dt~hre ununterbroehen trggt und ein Patient mit Sehenkelhalsbrueh infolge Ostitis fibrosa ihn im dritten Jahre hat. Letzterer maehte seinen Dienst als hSherer Bahnbeamter wghrend dieser Zeit ohne St6rung. Die Gleitsehiene zeigv trotz der langen Zeit und stSndigem Gebraueh keine sieht.b~re Abniitzung und funktioniert glatt und leicht,. Erst k/irzlieh wurde ein Kind mit gelenkschmerzen bei P e r t h e s s e h e r Krankheit mffgenommen, bei welehem das Hiiftgelm~k v6tlig unbeweglieh war. Solort naeh Anlegung des Apparates war das Hiiftgelmfl~ frei n n d konnte sehmerzlos his zum reehten Winkel gebeugt werden. Ein Zeiehen ffir die gu'ce Entlastung. Die Gleitsehiene wird auf folgende Weise hergestellt.: Zwei nahezu gleiehgroge Staldringe werden atff der Drehbank bearbeitet his sie naeh Art der Verzi~fl;ung ineinander passen. Der gr6gere zei~ eine Rinne. der kleirmre einen 1 P o r t : Dtseh, Z. Chir. ~0g. 5t6 (1927).
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Falz, wie in der Abb. 9 dargestellt ist. Dann erst werden sic in der Mitre auseinander gesehnitten. Nun kann man sic ineinander passen und (lie Gleitfl~tehen feiner ansarbciten. Der Zwisehenraum zwisehen den :Berfihrungsfli~chen mnl~ so grog sein, dab sic leieht ge01t werden kfmlen, er darf abet keine Waekelbewegungen erlauben. Der eine Bogen wird oberhalb des Gelenkes befestigt in einer Stellung, dag die Mittellinie des Bewegungsaussehlages ilm halbiert. Der andere Bogen gleitet den Gelenkbewegungen entspreehend hin and her. Er wird d~bei stets einmal oben und cinmal un~en ein Stiiek welt fiber den anderen Bogen vorgesehoben. Ist ffir diesen Aussehlag nieht genfigend Platz, so mug er kiirzer gemaeht werden. Je grfBer die Lii.nge ist. welche st~ndig mit dem oberen Bogen in Ffihhmg bleibt: I 1 um so sieherer ist der Gang der Bewegung. Ob der 5uSere oder inhere Bogen feststeht, ist gleichgiilgig. I I Diese Konstruktion ist (lie einzig m6gliche, wo es gilt, 1 I einem Gelenk zu folgen, welches Bewegungen um einen Mittelpunkt in mehr als einer Ebene ausfiihren kann, also Abb. 9. bei den Kugelgele~ken. Wir haben sic zun~iehst beim Sehultergelenk versuehb, wenn es sieh datum handelt, dieses Gelenk im Appar,~ zu fassen ohne seine Bewegungsfreiheit aufzuheben oder zu beengen. Alle bisherigen Modelle yon Sehutterapparaten fassen entweder das Oelenk so locker, dab yon einer F/ihrung nieht mehr gesprochen werden kann, oder sic lassen nut die Bewegung in einer Ebene zu. Nur eine Konstruktion gibt es. welehe der Sehulterbewegung nach allen Seiten freien Spielraum l~gt, das ist der kiinstliehe Arm yon S i e m e n s - S e h u e k e r t . Ihm ist unsere Gelenld/ihrung durch die Gleitsehiene naehgebildet. Aus der Klinik yon B i e s a l s k i ist eine 5hnliche Konstruktion verfffentlieht wordem welehe den Kugclring beibehalten hut ~
Apparat fiir habituelle Schulterluxation. Hier handelt es sich darum, die Bewegungen im Schultergelenk derar~ zu kontrollieren, daS sic nut genau um dell Gelenkmittelpunkr ausgefiihrt werden k6nnen. Zu diesem Zweck miissen die Bewegungen naeh den 3 Achsen, um welche sic stattfinden, zerle~ werden. Die Abduction, die Bewegung um die Sagittalachse, kann gut &lrch ein vorderes und hinteres Scharniergelenk gefagt werden. Die Bewegung um die frontale Achse, das Durehschwingen des Armes yon vorn naeh hinten, kann durch keines der bekannten Gelenke geffihrt werden, dagegen sehr gut dutch den Gleitbogen. Das Getenk hat deshalb bier nur eine einfaehe Fiihrung nftig, well der Gleitbogen genau fiber dem 5Iittelpunkt des Humerus liege. Am Kummet wird der untere Bogen so befest, ig~, dab die Lottinie dureh den tIumeruskopf ihn halbiert. Sein Zentrum mug genau mit dem Drehpunkt des Humeruskopfes zusammenfallen. Durch dieses Zentrum mug auch die Aehse der Abductionsscharniere gehen, welche an dem frei gleitenden oberen Bogen befestigt, sind. Die Drehung in der Li~ngsaehse des Humerus, die Sichelbewegung, k6nnte entfern~ yore Schultergelenk in der Oberarmhiilse angebracht 1 B i e s a l s k i : Z. orthop. Chit. 44, 126.
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Konrad Port:
werden, als zwei ineinandergleitendc Ringe (siehe die nSchste Konstruktion~. Diese Bewcgung wird aber besser bei der vorliegenden Aufgabe nicht fretgegeben, weil gerade bei der Drehbcwegnmg (lie Luxation am leichtesten eintritt. Die Befestigung des Apparates am Thorax gesehieht dureh zwei Kummete, welche dutch je zwei Spangen iiber Brust und l~iieken miteinander verbundcn sind und gegeneinander gepreBt werden, so dab sie unverriickbar festsit.zen Diese 8pangen miissen aus Metall sein und etwas vom Thorax abstehen. Lederriemen behindern die Thoraxbewegtmg bci dot Atmung und sind deshalb sehr lii.stig (Abb, 10). Der App~rat wurde boi einer besonders schwcren habituellen Luxagion ge~ragen, welehe vielmals am "rag und aueh bei Naeht im Sehlaf heraussprang, so (tab Patient mi~ seinem Arm fast gar keine Bewegnng maehen trod sich nieht einmal ohne Hilfe an- und auskleMcn konnve. Der Appa.rat erlaubte eine Abb. 10. Bewegung des Armes in tier Frontalmid Sagittalebene um 90 Grad. Seit. er dcnselhen t.rggt, ist die Luxation nicht wieder einge~reten. Der Apparat ist unter dem Rock unsichtbar, aueh der Gleitbogen bewirkt nut eine unbedeutende Erhbhung an der 8chulterkontur.
Apparat fiir L~ihmung des Schultergelenks. Bei den F~llen yon Kinderlghmm:g, bei welchen neben einem Schlottergelenk der Schulter aueh die vom Rmnpf zur Scapula ziehenden Muskeln so weir geliihn~t, sind, dab eine :~throdese keine Aussieht auf Besserung der Funktirol bietet, bei welchen abet doeh die Hand ihre v611ige Brauehbarkeit behalten hat, ist fiir manche Bemffszweige ~4insehenswer~, die Leistung dieser Hand besser auszuniitzen als es beim eiIffaehen Atfflegen auf den Tisch m6glieh ist. 1,'/Jr diese Fglle eigne~ sieh ehle Bandage, bei welcher der ~4~rm m versehiedenen Lagen festgestellt werden kann, so dab die Hand aueh bei erhobenem 'Arm frei arbeiten kann (Abb. 11). Den festen Widerhalt bietet ein Korsett aus Leder, das sieh auf die Darmbeinkgmme aufstfitzt und bis zur kranken Sehulter reieht. An ihm ist das Sehultergelenk befesti~, das aus Gleigsehiene und Abductionsseharnier besteht, in folgender Weise: Am Korsett ist der un~ere Halbring angebraeht, auf wetehem h~ sagittaler Ebene der obere versehoben werden kann. Dutch eine angebraehte Zahnung bleibt der obere Ring in jeder Stellung stehen und kann bei l~bersehreitung des letzten Zahnes frei in die Ausgangsstellung
Zum Ansl)~m der AI)p~m~Lt(~chnlk.
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znriiekgleit.en
(ein Prinzip, das bci dt,r t~2on~trukti~m eine8 .-.ehr gebriiuchli,:hen Na(h~lhalters Veraendtmg gefundcn ll~t). An diescm ob(,ren Ring i~t, vorn mid hini.('n je das seitli(:he Scharnier angebracht. Air diesen b~idcn G(.l('nkt'n hiing~ (tie Obcrarmhiilse. In ihnen wir, i (tie Abdllction des Armes a ~sgefiihrt. Aueh diese Bewegung kann dur('h Zahnrasten in j~:der bt~liebi,_,(.n Stelhmg festgehalt(~n werden. Naeh L*berschreiten des letzten Zahnes f/ilk ~.meh bier (ter Arm in die Ausgangsstellung zuriick. Endlich wird die l)rehung, (lie s,~g. Sichelbcw('gung (hm.-h ,qnen Ring, weleher art8 zwei ineinan(lergrt~ift'ndea R ingmt I)('stt~ht mul ein Kugcqlager t.ri~gt, erm6glicht, l)ieser Ring liegt unterhalb des eigentlie, hen Sehultergelenkes und teilt (lie ()ht, rarmhiil.~e in zwei
Abt}. 1 I.
HSlften. Die eine Hi~lfte ist mit der oberen Rinne, die an.dere mit der unier~-n fest verhunden. Auch (tie Sichelbcwegung karat dutch Rast~:n festgcstcllt wt,r(len. Es k6nnen auf (liese ~,Veise alle Bewegungen des At'rues ausgefiihrt werden, ungef/thr in tier A,~s(fehnung vt)n 90 Crad. Wenn auch tier Elli)ogen g(,liihmt ist, so k~mi dieses Gelenk ebenfalis dutch eine Rastenvorriehtung in jedem beliebigen Winkel festgesiellt werden. Die ]3ewegungen k6nnen natiirlich nnr ])assiv mit der gesunden Hand ausgefiihrt, werden, aber sehr leieht rnig einem einzigen Griff. Der gelfihmte Arm bleibt ohne weiteres in tier gewiinsehten Stelhmg stehen. Das Anziehen des Apparat.es kst ~licht, schwer: bei leichter Abduction kann der Arm in die Obcrarmhiilse wie in einen Roekfirmcl hineinsehlflpfen. U m e r der Kleidm~g ist der Apparat urlsichtbar, er macht keine groge Aufbausehung unter dem Rock. Praktiseh habe ieh den Apparat nur bei eisiem Patienten angewendet, der reeht gut damit zu Wege gekommen ist. Unangenehm is% auBer dcm Gewicht des A p p e t i t e s , alas h6rbare Knaeken beim Einschm~pt)en der Zahnang.
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Konrad Port: Schienenhiilsenapparat
bei X-Bein.
Eine Frau yon etw~ 50 Jahren litt an einer schweren Arthritis des linken Kniegelenkes, welche das Gehen auBerordentlich schmerzhaft maehte. Diesc Besehwerden bei Arthritis des Kniegelenkes k6nnen, wie uns das zuerst H e s s i n g gezeigt hat, durch Extension in einem Sehienenhiilsenappara~ gut beseitigt werden. In unserem Fall war die Verwendung eines solchen ersehwer~ dutch
i
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Abb. 12. eine gleichzeitige starke Valgusstellung des erkrankten Gelenkes. I n Beugestellung stand der Unterschenkel in der Frontalebene gleich dem Obersehenkel, in Streel~stellung wich er um etwa 30 Grad nach auBen ab. Es bestand nun die Aufgabe dieser Abductionsbewegung im Appara~ zu folgen. Die seitliche Bewegung, welche tier Unterschenkel w'~hrend des ~bergangs yon der rechtwinkhgen Beugestellung zur Streekstellung ausfiihrt, geschieht um eine sagittale Achse, welche dureh die h6ehste W61bung des Condylus internus geht. Sie l i e ~ also ganz nahe der Aul]enseite des Gelenkes in der Gelenklinie, unterhalb der Schwingungsaehse des Kuiegelenkeso Man kann der Valgusbewegung sehr leieh~ gerecht werden durch Anbringung eines Scharniergelenkes an der ~ul]eren Untersehenkellinie dicht unterhalb des Drehgelenkes. I n diesem Gelenk kann sich die ~uBere Unterschenkelschiene der
Zum Ausbau der Apparattectmik.
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Extremit~t entspreehend abbiegen, ohne d~g das Seharnier sehle Lage 5,nderg. Es bleibt also in der Sehwingungsaehse des Knies unverS, mtert stehbn. Sehr vicl sehwieriger ist die Konstruktion der inneren Gelenksehiene. In reehtwinkliger Beugung steht das Seharnier der Sehwingungsaehse des Knies entspreehend parallel und in gleieher H6he mit dem gugeren Seharnier (Abb. 12 b). In Streekstellung aber steht der Endpunkt der Gelenkaehse ganz erheblieh tiefer (Abb. 12a). Das Seharnier des Apparates mua also, wenn es in der Aehse liegen bleiben soll, folgen und ebenfalls herabrfieken. Da es auf der Gelenkaehse senkrecht stehen mug, so mug es einen Bogen besehreiben, dessen Zentrum der oben angegebene hSehste Punkt der W61bung des Condylus internus ist. Dieser bogenf6rmigen Bewegung wird am besten dutch die Gleitsehiene entsproehen. In hul3erster Streekstellung stehen dann die beiden Seharniere zwar auf der gleiehen Aehse, abet nicht mehr parallel. Da die Abweiehung in Valgusstellung erst in den letzten 20 Grad der Streekung erfolgt, so fgllt dieser Mangel praktiseh nieht ins Gewieht. Naeh Aulegung dieses Apparates und naeh Anziehen tier Extension konn~e die P~tientin sofort sehmerzlos gehen und ohne Sehwierigkeit das Knie bis zum reehten Winkel beugen. Dabei gnderte sieh am Grade der Extension nichts. B i e s a l s k i hat im Jahr 1924 bereits eine ghnliche Konstm~tion ver5ffentlieht 1, bei weleher der Versehiebung der Gelenkaehse beim Beugen und Streeken des Genu valgum dureh die Verschiebung des 5 , u g e r e n Seharniers in einem Schlitz Reehnung getragen ist. Diese seheinbar grol~e Versehiedenhei~ in der Konstruktion kommt daher, dab der Apparat yon B i e s a l s k i einen ganz anderen Zweek hat. Er soll die Deformitgt korrigieren. Unser Apparat dagegen soil sich den bestehenden Verh~ltnissen so genau wie m6glich anpassen. Er mul3 der nun einmal gegebenen Abweiehung yon der :Funktion folgen, daft sic m keiner Weise st6ren. Er soil nur unerw/insehten seitlichen Druek und ebenso unerwiinschte Drehbewegungen verhiiten. Ich glaube, das geht ehlwandIrei dutch die seitliehe Gleitsehiene.
Das Drehkorsett. Zum Schtusse noch eine Konstruktion, welche zwar auch schon praktisch verwendet wurde, welche aber doeh im wesentlichen theoretisches Interesse hat, da sie ftir die Praxis zu kostspielig ist. Es ]st dies ein Korsett, das aul]er der Rumpfbeuge auch eine Drehbewegung erlaubt. Treibend ffir diese Konstruktion war der Gedanke, da[l unsere bisherigen Korsette die l~[uskulatur des gumpfes zu vollst~ndiger Unt~tigkeit verurteilen and dadureh neben ihrem Nutzen doch auch einen erheblichen Sehaden stiffen. Am vollst~ndigsten gesehieht dies bei den starren Formen, den Celluloid- und Lederkorsetten, weniger bei den Stoffkorsetten naeh H e s s i n g . Diese sind abet auch daffir nieht imstande, so gut zu korrigieren, wie jene und n~itzen daher bei sehweren Fhllen nur wenig (Abb. 13). Grundprinzip ist die Teilung des Korsettes in eine obere und untere H~lfte, wie wit das bei dem Beugekorsett ge~an haben. Die untere H&lfte umfa{]t d~s Becken, die obere H~lfte die gippenbSgen. I n beiden Teilen miissen B i e s M s k i : Z. orthop, Chir. 44, 135.
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Konrad Pore:
die, kn6eherm~n Stiitzpunkt, e schr scharf ausgepr~i, gt sein. Der yon dcr oberen Hiilfte um:[~dlte Thorax kann nun gcgen das Becken in beliebigcr Wci,~e ext, endiert werdcn, seitlich verschobcn oder gcdreht werdcn. U m die Bcwegungca des Rumples ztt fiihren und zu kontrolliercn, miissen zwischen beiden H~lfteu Getenke eingefiigt werdcm Die Bewegtmgen der Wirbelsgule gchcn in dcr Hauptsache im Lendcnteil vor sieh. Da (tie Wirbelsii.ule abet tin Kett.cngelcnk is(, so kann ihrcn Bewegungen nicht in so idealer Wcise gefolgt werden, wie uns das bei den Extremit~tcngeh,nkcn m6~lich ist. Man muB sich begniigen, das kfmstliche Oelenk in den P u n k ( dcr gr6l~tcn Bewe~lichkeit zu vcdegen, das is( c~wa der 3. Lendenwirbel. Ferncr kann m a n den verschiedcncn Bewegungsfreiheiten nur dadureh folgen, daf3 man fiir it(h" Achse dcraclbcn ein eigenes ( ~('h'.nk anbringt, iihnlich wic wir das beim ,Schult.crgelenk tun. Bci tier ~,Virbclsi~ule habcn wir drei Bewegnngsriehtungcn, die Beugung naeh vorn und hinten, die I3cugung zur Seite und die Drehung. Ffir den praktisehen (;ebraueh k@mcn wit, um die Konstrukt.;on nieht zu schr zu crschweren, auf die seitliehe Beugung verzichten. .Die Beugung nac}l vorn und hin~en gcschicht, dm'eh zwei auf bciden 8eiten ~mgebrachte Sehamfiergclenke, deren gemeins~me Aehse (lurch (Ion 3Iittclpunkt des K6rpers des 3, Lendcnwirbels gehen soil. wie das sehon S. 4S9 angegcben is(. Das Gelenk licgr etwa in der Mitre zwischen den seitlichcn btt~ben eines H e s s i n g - K o r s e t . t e s und efwa daumenbreit oberhatb der Beekensehaufel. Die D r c h u n g kann nur errcicht werden (lurch zwei ungef~hr in derselben H6he wie die Seiten_celenke lic~ende ineinandergleitende Ringe der Gleitsehiene. Da die Drchbewegung keine allzu ausgiebige ist, braucht, der doppelte R i n g nieht vollstgndig zu sehL Man kann das vordere und hintere Viertel weglassen u n d nur je 1/a Kreis zu beiden Seiten einset, zen. Der un~ere Ring oder viehnehr die untere Hglfte jedes Viertelkreises is( lest mit dcm Beugegelenk mid dem Beekenkorb verbunden, die obere Hglfte mit dem Thoraxteil. Die gew6hnliche Schniirung als Verschlul~ yon Becken- und Thoraxhiilse geniigt nicht u m einen guten Sitz derselben zu gewiitn'leisten Sic wird yore Patienten nicht sorgfgltig genug gehandhabt, g s muB daher noch eine Vers~grkung angebraeht werden dureh je einen Stahlbiigel, wclcher mit einem sog. Wirbet geschlossen wird. A m Thor~;xteit, bei welehem besonders leieht eine Verschiebung der Schniirrgnder fit vertikaler R i e h t u n g eintritt, mul~ tier stghlerne Verschhtgbogen dutch Gabetung an 3 Stellen festgelegt werden. Dieses Korsett wttrde pmktiseh bisher bei 2 Kindern. einem 6jghrigen u n d einem 15jhhrigen Mii.dchen, angewendet nnd yon beiden aN sehr angenehm empfunden. "Wie bei alten geteilten Korsetten muB die obere Hgtfte sehr tier
Zum Ausbau der Apparattechnik.
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u n t e r die l~ippen eingreffen, d a m i t sic nieht fiber den T h o r a x h i n a u f r u t s e h e n kann, Dieses feste Fassen wird n i e h t als l/~stig angegebeno wenn nur x,*orne die M~gengrube freibleibt, welehe keinen D r u e k vertr~gt. I e h glaube, d a b der Ged,~nke, der dieser K o n s t r u k t i o n z u g r u n d e l i e ~ , r i e h t i g ist und d a b eine gute teetmisehe V e r w i r k l i e h u n g desselben einen groBen F o r t s e h r i t t b e d e u t e n ~niirde. Einstweilen stellt unsere K o n s t r u k t i o n nur einen ers~en Versueh dar, der noeh sehr der A u s a r b e i t u n g bedarf. Die im vorstehenden g e b r a e h t e n K o n s t r u k t i o n e n sind zwar wiederholt u n d m i t Et:folg in der Praxis verwendet, sie stellen a b e t doeh nut ers~e Versuehe des Arztes im Ausbau unserer A p p a r a t b e h a n d l u n g d a r u n d diirfen nieht zu strenge b e u r t e i l t werden. I n d e m sieh der A r z t in die orthopgdisehe Teehnik e i n a r b e i t e t , leistet er Pionierarbeit. E r b e t r i t t ein vSlliges Neulaud, das erst t a s t e n d u n d unsieher yon wenigen b e s e h r i t t e n worden ist. Ich glaube aber. d a b hier f/Jr die ot~thop~idisehe Wissenselmft ein Gebiet vor uns l i e ~ , in d e m n o e h viel Neues und Wertvolles geleistet werden k a n n und das unserer Bearbei~ung weft ist.