ZUM PROBLEM DER DEGENERATION von K. F. B L O C H ( L e h r b e a u f t r a g t e r ftir T h e o r e t i s c h e Biologie a n der n a t u r w i s s e n s c h . F a k u l t ~ t d. F r e i e n Universit~Lt Berlin) (Eingegangen 4. VII. I966; umgearbeitet 12. VII. I968)
Der Begriff der Degeneration (Dekadenz) ist in der Biologie - - seit ihn VERGIL bereits in der Pflanzenztichtung angewendet hatte - - vielf~ltig und in ganz verschiedenem Sinne gebraucht worden. Sowohl bei der Erforsehung des einzehlen Lebewesens als auch bei der Betrachtung grSBerer Zusammenhiinge der systematischen Kategorien der Pflanzenund Tierwelt kommt man ohne Berticksichtigung degenerativer Vorg~tnge nicht aus. Es zeigte sich bisher jedoch immer wieder, dab dieser Begriff weder ausreichend pr~izisiert noch angemessen verwendet worden ist. Die erste Schwierigkeit beruht darauf, dab sich bei der Verwendung dieses Ausdruckes zahlreiche kosmologisehe, ideologische Individual- und v61kerpsychologische Vorstellungen und Vorurteile einstellen, die jede biologische Betrachtung von vornherein beeinflussen. Es sei in diesem Zusammenhange nur an MONTESQUIEU: ,,De la grandeur et de la d6cadence des romains", an SPEN~LER'S ,,Untergang des Abendlandes", ferner an jeden ideologisch amplifizierten Evolutionismus und damit Relativismus (Historismus) erinnert. Bei der Behandlung dieses Problemes mug man also von einem bestimmten Standpunkte ausgehen. Es soll demnach hier als Grundsatz aufgestellt werden, dab bei Menschen niemals yon einer rein biologischen Degeneration gesprochen werden kann. Abgesehen davon, wie das Verh~tltnis zwischen den in Betracht kommenden Ursachen und Wirkungen auch sein mag: Der Mensch reagiert als Ganzes, und man kann daher Geist, Seele und K6rper nicht ohne weiteres trennen. Der Menseh ist nicht nur biologisches Individuum, sondem wesentlich ,,Persona", daher im nur-biologischen Sinne weder de- noch regenerierbar. Konsequenterweise durchdacht, mtil3te es yon einem rein biologischen Standpunkte aus dann iiberhaupt nur degenerative Erscheinungen geben. Eine Restitutio ad integrum sowohl des einzelnen als auch ganzer V61ker mtiBte von diesem Standpunkt aus gesehen, unm6glich sein, wogegen ja die Erfahrung spricht. Es ist daher in diesem Zusammenhange also klar, dal3 ein universeller, vSllig zureichender Begriff auf biologischer Basis allein nicht gegeben werden kann. Ein rein biologischer
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Begriff w~ire notwendigerweise unvollst~ndig. Und doch ist es wichtig, sich auf diesem Felde zu bemiihen, denn ohrte sachliche und pr~zise Fundierung wird dieser Begriff zum Sehlagworte und daher wertlos. Das Niveatl, auf welchem die Untersuchung vorgenommen werden soll, ist hier weder das Metaphysische noch das Psychologische. Daher diirfen auch Begriffe aus diesen Bereichen nicht angewendet werdert. Metaphysische und psychologische Analogien sind zweifellos vorhanden, und sie mtissen vorausgesetzt werden, doch dtirfen die VerMltilisse auf diesem Gebiete nicht mit theoretischen biologischei1 Gedankeng~ngen vermischt werden. SchlieBlieh ist methodologisch noch von Bedeutung, dal3 hier eine Diskussion der Ursachen der Degeneration nicht ill Betracht kommt. Die Degeneratioi~ ist ein Begriff der Biologie, und zwar haupts~ichlich der allgemeinelt Pathologie im weiteren Sinne. Als allgemeine Definition soll zun~ichst diejenige von MOGNAIJ gegeben werden (zit. nach ABEL 1929): ,,La d~g6n6rescence est l'6tat pathologique de l'~tre qui, comparativement, a s e s g6n6rateurs les plus imm6diats, est constitutionellement amoindri dans ia r6sistance psycho-physique et ne r6alise qu'incompl6tement les conditions biologiques de la lutte h6r6ditaire pour la vie. Cet amoindrissement qui se traduit par des stigmates permanents, est essentiellement progressif, saul r~g~ll~ration intercurrente; quand celle-ci fait d6faut, il aboutit plus ou moins rapidement ~ l'an6antissement de l'esp&ce." Der fortschreitende unaufhaltsame Verlust der Vitalit~t ist hier als allgemeines Kennzeichen herausgestellt - - wie wir das heute bei vielen Mutationen (auch experimentellen) beobachten k6Imen. Die Schwierigkeit ist hier nur die, dab man auf den Begriff der Vitalit~it st/3Bt, welcher seinerseits wieder erhebliche Schwierigkeiten und Unklarheiten in sich schlieBt. Weiter hat sich ffiiher ABEL (1.C.) bemtiht, morphologische und physiologische Merkmale herauszustellen, welche auf degenerative Vorg~inge hinweisen: I. auf die Minderwertigkeit oder das Fehlen eines wichtigen, bisher vorhandenen und funktionierenden Organes, ohne dab dafiir eine andere harmonische Synorganisation entsttinde, 2. auf die Verminderung oder das Fehlen der Reagibilit~tt auf Reize der Aul3enwelt: vorzeitiges Altern, verminderte Widerstandskraft einzelner Organe und des ganzen Individuum. Auch bei dieser Definition tauchen Begriffe auf, die nicht ohne weiteres Mar scheinen: Minderwertigkeit, verminderte Widerstandskraft.
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Wichtig ist in diesem Zusammenhange aber der Zeitbegriff: antea et postea: vorher gesund, nachher ,,krank". Und welter: die Nichtumkehrbarkeit des Vorganges: keine Reparatio oder gar Restitutio ad integrum wie bei einer heilbaren Krankheit. Dieser Gesichtspunkt ist deshalb wesentlich, weil sich der Begriff der Degeneration oder Dekadenz primer auf die Lebensrichtung einer systematischen Kategorie, z.B. einer Rasse oder Art und erst sekunddr auf die entsprechenden Vorg;inge am Individuo bezieht. Das wieder ~indert nichts daran, dab Degeneration, methodologisch gesehe~, prim~ir an den Individuen und an deren 6kologischen Verhiiltnissen erforscht werden muB, und dab man erst sekund~tr auf das Verhalten der ganzen Gruppe schlieBt oder auch direkt erforscht. Die bisher gegebenen Kriterien sind durchaus brauchbar. Vor allem mfiBten sie aber pr~zisiert werden. Aut3erdem wird es zun~tchst wiehtig sein, degenerative Vorg~inge yon pathologischen im allgemeinea abzutrennen. Oder, besser gesagt, Degeneratives innerhalb des Pathologischen an die richtige Stelle zu setzen. Eben dies st6f3t vielfach auf Schwierigkeiten, weshalb viele Pathologen und andere Forscher den Begriff der Degeneration fiberhaupt ablehnen und ihn eher durch den Begriff tier Pathobiose ersetzt wissen wollen. Wir besch~iftigen uns deshalb zun~ichst mit dem Krankheitsbegriff tiberhaupt. Es ist nicht nur interessant, sondern auch wichtig, an dieser Stelle einmal auf die Ausftihrungen von BRIJGsc~ zurfickzugreifen (1942, S. 4). Er macht darauf aufmerksam, dab die Bezeichnung krank ein Werturteil ffir den Zustand der Einzelperson ist, ftir einen Zustand, der seelisch mit Leiden und mit ungew6hnlichen k6rperlichen Erseheinungen zusammenhangt. Das ist natiirlich sehr allgemein ausgedrfickt. BRUGSCFI fahrt dann fort: ,,Sprieht man dem Einzel-ich ein geordnetes nicht leidendes seelisches Verhalten und eine nach Art und Alter des Ichs zu erwartenden, also nicht ungew6hnlichen k6rperlichen Befund als Norm oder in der Sprache der medizinischen Wissenschaft als physiologisch an, so ist die Krankheit als ein abnormes seelisch-kb'rperliches Verhalten oder als ein ~ichtphysiologischer Zustar~d zu kennzeich~r Norm und physiologischer Zustand sind damit zu Zeichen der Gesundheit erhoben; der nichtphysiologische Zustand, also die Krankheit, liegt im Felde der Pathologie." BRUGSCIt sagt dann weiter sehr richtig, dab der Krankheitsbegriff des medizinischen Schrifftums haupts~ichlieh von pathologischen Anatomen entwiekelt worden ist, dab er abet zu eng ausgefallen ist. Indessen sei dies nicht so sehr die Schuld der pathologischen Anatomie selbst, die ja am toten K6rper oder am Gewebe Erkenntniss.e zu gewinnen sttche, sondern es sei vielmehr deshalb zu einer Einengung des Krankheits-
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begriffes gekommen, weil der pers6nliche Standpunkt des Kranken v/511ig auBer acht gelassen wurde. - - ,,Umgekehrt wieder wird in der phXnomenologischen Betrachtungsweise der Krallkheitsbegriff einseitig auf die Sinnhaftigkeit der Krankheit ffir den kranken Menschen ausgewertet. Wenn auch Krankheit ffir den Kranken Leiden, Verlust von Freiheiten, LeistungsbeschrSnkung, Todesn~he bedeutell kann, so ist mediziniseh betrachtet, der Krankheitsbegriff nicht allein von dem Krankheitserlebnis und der daraus sich fiir den Kranken ergebendell Sinnhaftigkeit abzuleiten." (1.c.) Hier ist ein fiir die Medizin sehr brauchbarer Krankheitsbegriff entwickelt worden, dessert Vorteil eben der ist, dab er nieht einseitig mechanistisch eingeengt erscheint, sondern dab er das gesamte konkrete Krankheitsgeschehen kennzeichnet. Unter diesen Krankheitsbegriff kann mall nicht nur akute Krankheiten, sondern auch eigelltliche degenerative Erseheinungen, wie z.B. Erbkrankheiten erfassen und rubrizieren. Als pathologischer Anatom sieht DIETRICH (194I , S. 3) den Krankheitsbegriff wieder anders und in etwas anderm Zusammenhallge, was, wie schon BRu~sclt betonte, durch die andersartige Methodik des Forschens bedillgt ist. Wir finden hier den Begriff der Harmonie, bzw. Disharmonie angewendet. Bei der Definition der Gesundheit sagt DI~TRICI~ folgendermal3en: ,,Der Idealbegriff der Gesundheit besteht darin, dab alle Teile des K6rpers wohlgebildet sind und in harmonischer Vollkommenheit untereinander und in den Beziehungen zur Umwelt zusammenwirken, so dab die Erhaltung des Gesamtk6rpers gesichert ist. St6rungell dieser Harmonie sind aber noch nicht ohne weiteres als Krankheit zu bezeichhen." Auf die m6gliche und berechtigte Anwelldung des Harmoniebegriffes kommen wir sp~ter noch zurtick. DIETRICH m6chte dell Begriff der Krankheit nicht zu weir gefaBt wissen. Aus diesem Grunde legt er Wert darauf, dab z.B. fehlerhafte Entwicklungen (Dysontogenien) und MiBbildungen nieht ohne weiteres als Krankheitell angesproehen werden. Eine MiBbildung kann durchaus zu einer lebensunf~higell Mil3gestaltung fiihren, sie kann aber auch nur teilweise M~ngel der Ausbildullg des ~iuBeren K6rpers darstellen. Auch Aplasien und Hypoplasiell m6chte DIET!~ICH nicht ohne weiteres zum Begriff der Krankheit gerechnet wissen. Indessell gibt es hier auch andere Standpunkte. Wellll man - - wie es neuerdings immer mehr vertreten wird - - Bau und Funktion des K6rpers zwar methodisch, nicht aber prillzipiell trennt, kommt man darauf, dal3 Ver'~tnderungen im Bau des K6rpers in der Struktur auch mit Ver~tnderullgen der Lebens~tuBerungell des K6rpers
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verbunden sind. Im Falle der Krankheit ist es dann so, dab das Verh~iltrtis des KSrpers zur Aul3ertwelt oder auch der einzelnen Organe gegeneinander gestSrt ist. Es kommt dabei zu einer Vevmii~derur~g der allgemeinen Leistung. Auch wenn einzelne Leistungen vortibergehend gesteigert sein sollten, ist doch die Ordlmng des Gesamtorganismlls aufgehoben. Die Erhaltung des ganzen KSrpers oder einzelner Teile ist rmnmehr gefahrdet. DIET~ICI-I definiert kurz: ,,Krankheit besteht in der U1~terbrechung des geordneten A blaufes der Lebensvorgdnge und in der Herabsetzung der Gesamtleistung." - - Bei der Betrachtung der Krankheitserseheinungen sind nunmehr verschiedene Stadien zu berficksichtiger~: I. Diejenigen Erscheinungen und Ver~tnderungen, die eine StSrtmg des Lebensablaufes im KSrper und in den Organen anzeigen; 2. die Erscheinungen der Gegen~uBerungen, also der Reaktionen des KSrpers und 3. die Erscheinungen des Wiederaufbaues, der Heilung und der Aus, fliekung. DIETRICH gib t hierbei eir~ Schema zum Krallkheitsbegriff, das umstehend aufgezeichnet werden soll. Er gibt hierzu aber noch eine wichtige Erg/inzung, die auch heute noeh Gtiltigkeit hat (1941, S. 62): Man kann, von einer artderer~ Seite gesehen, sagen, dab der Bestand des Organismus dadurch gewahrt wird, dab die irt ihm ablaufenden Vorg~nge in einem st~indigen fliel3enden Gleichgewicht stehen. Aufbau und Abbau sind in harmonischer Weise aufeinander eingestellt. Dabei ist Mar, dab ein Wachstum oder auch eine Leistungssteigerung ein ~berwiegen der Aufbauvorg~inge zllr Voraussetzung hat, ganz gleich, um was es sich handelt. Treten StSrungen auf, so gehen diese yon eirtem Mil3verh~tltrtis zwischen Abbau und Aufbau aus. Dies kann man morphologisch als auch fur~ktionell, z.B. biochemisch, nachweisen. DIETRICH sagt aber vor allem folgendes: ,,Grunds~ttzlich gibt es keine Unterschiede zwischen normalen und gest6rten Lebensvorg~ingen. ,,Kranl~hafte Erscheinungen oder Veriinderungen sind nur unter bestimmten Bedingungen veriinderte LebensabIiiufe oder deren ]{uperungen." Alle diejenigen Erscheinungen, in denen sich ein {3berwiegen herabgesetzter Lebensvorg~nge kundgibt, werden als Abbattvorg~nge oder regressive (katabiotische) Prozesse bezeiehnet. Sie stellen dutch Verc minderung der Leistung bis zum Untergang des Organismus einen wesentlichen Anteil der Krankheit, den Schaden, dar.
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I.
II.
Fehler - Mange1 (Vitium) (Defectus)
Krankheit (Nosos)
Tod * - -
Leiden (Pathos)
Wegschaffung (Remotio, Resorptio)
Ausgleich (Compensatio)
1
Anpassung (Accomodatio)
- ~ Tod
Erholung (Recreatio)
I
I"
1
Abgrenzung (Demarcatio)
Erneuerung (Regeneratio)
Ersatz (Organisatio)
Ausfiickung (Reparatio)
I
1 Ausgleich (Compensatio)
Fehler (Vitium)
Anpassung (Accomodatio) Wiederherstellung (l%stitutio)
l
Ausflickung (Reparatio)
Leiden (Pathos)
Schema zum KrankheitsbegrifI (A_us DIETRICH, I94I , S. 5) Diese Betonung der Gleichf6rmigkeit der krankhaften Abl~iufe derart, dab man hierbei nicht eine Grenze zwischen normalen und gest6rten Vorg~ingen ziehen kann, erscheint sehr wichtig. Es wird viel zuwenig daran gedacht, dab z.B. der Vorgang der Giirung genauso normal und physiologisch sein kann wie derjenige der aeroben Verbrennung. Es ist nicht erforderlich, an dieser Stelle auf weitere Einzelheiten einzugehen. DIETRICH faBt also den Krankheitsbegriff iiberhaupt etwas enger. Zweifellos hat das auch seine Vorteile. Degenerative Verdnderungen oder Entartungen werden innerhalb eines Organismus bzw. als bestimmte Krankheitsver~inderungen anerkannt. DIETRICH ist hierbei der Ansicht, dab eine Minderwertigkeit der Zellenund Gewebsleistung zum Atlsdruck kommen kann. Doch sei zu priifen, inwieweit die Entwicklung zur Minderwertigkeit, die in der Bezeichnung
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Degeneration liegt, den AnstoB gibt, oder wieweit mngekehrt die verminderte Leistung erst die Folge der Ver~nderungen ist, die aus gest6rten Lebensbedingungen hervorgehen. Letzteres sttinde nach neueren Auffasstmgen doch mehr im Vordergrund. Man kann also besser yon Folgen gest6rten Stoffwechsels sprechen und die entsprechende Wertung fiir das Zellen- und Gewebsleben im einzelnen betrachten und beurteilem Bf2"CHNER (1966) schliel3t sich in der Definition des Krankheitsbegriffes wieder an MORGAGNI an. Er betont, dab das Wesen der Krankheiten in einer St6rung des normalen Baues der Organe und ihrer Funktionen und des menschlichen Organismus zu suehen sei. Bi)C~INER betont dabei (S. 21, 1966 ), dab man nicht nar die Strukturpathologie, insbesondere als zellul~ire Pathologie beriicksichtigt, sondern dab aueh humorale, funktionelle und chemische Vorg~tnge in eine Strukturpathologie einbezogen werden mfissen. Man treibe also heute in der Pathologie gleichzeitig Morphologie, physikalische Physiologie und Biochemie. Ganz real, sachlich geh6ren diese Vorgange zasammen. Nur aus analytischen Grtinden miisse man eine Auffrennung vornehmen. Der Krankheitsbegriff ist bei BOcHNTERetwas weiter gefaBt als bei anderen Pathologen. Besondere degenerative Vorg~inge werden von ibm aber nicht hervorgehoben. In neuerer Zeit ist man im allgemeinen bestrebt, den Ausdruck Degeneration ftir pathologische Vorg~tnge innerhalb eines Organismtts bei Krankheitsabt~iufen im engeren Sinne zu vermeiden. GABI~ER (1964, S. 135 u. ff.) lehnt im Zusammenhang mit Untersuchungen fiber Entztindungsvorgtinge den Ausdruck Degeneration tiberhaupt ab. Er folgt hierin den Er6rterungen yon ALTMANN (1949). GABLER betont, dab auf Grund seiner Untersuchungen Degeneration und Entztindung im biochemischen Bereich jedenfalls nicht mehr grundverschieden seien. Sie seien lediglich morphologischer Ausdruck derselben Grundvorg~tnge und werden v o n d e r Intensit~t und Dauer des einwirkenden Reizes und seinen Auswirkungen auf den Zellstoffwechsel bestimmt. ,,Bei den sog. degenerativen Zellver~inderungen pendeln aerobe und anaerobe Stoftwechselvorgttnge mit Resynthese und Aufbrauch yon Glykogen um eine zentrale Ausgleichsebene. Bei der Entztindung wird dagegen infolge intensiverer Reizqualit~it das Stoffwechselschwergewicht in einer zweiten Phase unver~tnderlich nach der anaeroben Glykolyse verschoben und bestimmt damit auch die entzfindlichen Erscheinungsformen des geweblichen Bildes." (GABLER, S. 136 ) Je l~inger n~imlich die aeroben nnd je ktirzer die anaeroben Stoffwechselintervalle seien, umso mehr n~there sich das formale Erscheinungsbild der Eubiose und im umgekehrten Falle der Nekrobiose.
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Es wird also unterschiedeIl: die Eubiose als normaler biochemischer Gleichgewichtszustand, ferner die Pathobiose, die sehr verschiedene Vorg~nge umfal3t, jedoch heute biochemisch besser definiert werden kann (wobei also ein besonderer Vorgang mit dem Terminus Degeneration fortf~Ut) and schlieBlich die Nekrobiose als das Endstadium eines schweren path01ogischen Prozesses. Diese ist selbstverst~tndlich irreparabel. An anderer Stelle (S. 142 ) betont GABLEt~noeh einmal ausdrficklich : ,,Wir lehnen den Begriff der Degeneration ab und betrachten alle bisher dariinter zusammengefal3ten formalen Erscheinungsformen als gewebliches Substrat der ersten Stufe einer Entzfindung." Es kommt in diesem Falle nicht so sehr darauf an, ob die yon GABLER vertretene Hypothese in jeder Beziehung tats~ichlich zutrifft, als vielmehr nur darauf, dab es sicherlich zweckm~ti3ig ist, den Begriff Degeneration nichl bei ahuten und chronischen Krankheiten anzuwenden. Zweifellos hat abet der Begriff der Degeneration innerhalb der Genetik seinen Platz. Es fragt sich nur, wie man diesen Begriff in diesem bestimmten Zusammenhange pr~tzisieren kann. Offensichtlich mug dies auf verschiedenen, aber naturwissenschaftlichen Ebenen geschehen. Nur mug soviel Mar sein, dab es wenig Sinn hat, innerhalb der einzelnen, iiblicherweise in der allgemeinen Pathologie abgehandelten Erseheinungen nach bestimmten Vorg~ngen zu suchen, die man dann ausschlieBlich als degenerative bezeichnen miiBte. Die Kriterien des Begriffes kb'nnen also aus den einzelnen Erscheinungen des Pathologischen, wie ihn z.B. der pathologische Anatom untersucht, nicht gewonnen werden! Hier nun liegt die Unsicherheit, die aber bei d e m frfiheren Zustande der Genetik wohl nicht zu vermeiden war. Erst neuere Forschungen, besonders auf cytogenetischem und biochemischem Gebiete, haben hier einen deutlichen Wandel gebracht. Erst j etzt scheint es m/Sglich, mit pr/iziseren Kriterien weiterzukommen und dabei auch, wie gesagt, verschiedene Ebenen, auf denen man sieh bewegen muB, besser zu unterscheiden. Es wurde schon oben, S. 52, gesagt, dab Begritfe, wie Vitalit{it, Minderwertigkeit von bestimmten Organen, Verminderung der Reagibilit~it, verminderte Widerstandskraft hier auf diesem Felde eine Rolle spielen. Es ist indessen nicht so, dab man mit diesen Begriffen nichts anfangen k6nne. Man kann sie im Rahmen der Genetik durchaus pr~zisieren, und es kommt vor allem darauf an, diese Begriffe nicht einIach mit anderen zu vermischen oder ihnen bewugt oder unbewugt irgendwie metaphysischen Charakter beizulegen. Die Anwendung des Begriffes Vitalit~t bedeutet durchaus nicht, dab man sogleich einell Vitalismus traditionellen Charakters einschleusen will
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oder mug. Jeder Begriff, der ausreichertde und klare Kriterien hat, l~igt sich in der Wissenschaft verwende~l. Habe~ die Begriffe eine empirisehe Bedeutung, so mtissen sie sich auch empirisch verifizieren lassen. Andernfalls mug angegeben werden, wo die Grenzen liegen und ob es sich etwa um Voraussetzungen handelt, die selbst nicht empirisch erfal3t werden k/Snnen. Eine andere, rein methodische Schwierigkeit liegt natiirlich darin, dab degenerierte Illdividuen oder Populationen nicht irgendwie in einem pathologischen Zustande weiterleben, sondern dab sie frtiher oder sp/iter aussterben. Es 1/igt sich nieht vermeiden, dab man mit der Frage nach den Kriterie• des Degemratio~sbegriffes auch diejenige nach den Ursachen der Degeneration verbindet. Wichtig scheint aber, dab man bei der Bearbeitung dieser Fragerz nicht von vornherein alles auf einen einzigen Faktor oder auf ein einziges Kriterium zurtickftihren will. Die Diskussion tier Ursaehenfrage ist noch sehr schwierig und vielschichtig. Sie soll bier nut angedeutet werden. Wir begeben uns auf das Oebiet der Genetik. Es ist aus der Forschung bekannt, dab die meisten Mutationen scMdlich sin& Und die Trfiger eines mutierten Gens k/Snnen langsamer wachsen oder auch frtiher sterben als die urspriingliehe Stammform, andere wieder k~Snnen auch scMdlichen Umwelteinfliissen leichter zum Opfer fallen. Hier spielen dann Umweltfaktoren sehr verschiedener Art eine Rolle. Es kann sich um das Zusammenleben mit anderen Populationen, das dann leicht gest6rt ist, handeln, um Schwierigkeiten der Erhaltung innerhalb der eigenen Art, vor allem aber um klimatische Einflfisse. KALMUS (I966, S. 99) sagte direkt: ,,Es ist nicht schwer zu verstehen, warum die Auswirkungen einer Mutation im allgemeinen sch5dlich sind, welm man bedenkt, dab alle Gene in einer Art yon Harmonie zusammenwirken miissen, um einen ausgeglichenen Organismus zu erzeugen, und dab diese Harmonie w~ihrend frtiherer Generationen durch Auslese, d.h. durch Ausmerzung der weniger Lebensttiehtigen vervollkommnet worden ist." Mutationen, die nieht allzu sehr in die Funktionen des Tieres eingreifen, dfirften nicht allzu negativ zu beurteilen sein. I. Als wiehtiger Faktor dagegen ist eine Verlangsamung in der Entwicklung der einzelnen Individuen anzusetzen. 2. Sehr nachteilig wirkt sieh nattirlich eine schwere St/Srung im Zusammenwirken der Organfunktionen aus. Es kann dabei zu v611igen oder partiellen Entwieklungshemmungen kommen. Hier spielen sog. letale Gene eine Rolle. Genetisehe Faktoren nennt man dann letal, wenn jeder Tr~iger dieses Gens stirbt. Das kann frfiher oder spttter w~ihrend
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des Embryonallebens geschehen. Faktoren, die nut einen Teil der Trtiger tSten, aber die Lebensf~ihigkeit aller anderen Individuen einer Population reduzieren, nennt man semiletal (HADoRN, I955). Es ware nun einfach, wenn man sagen kGnnte, dab die letalen Gene insofern keine allzu groBe Rolle f~r den Degenerationsprozess spielen, als ja die Tr~iger derselben sofort aussterben, d.h. da~3 das letale Gen nicht Iortgepflanzt wird. Die gilt aber nicht, sondern es kommt darauf an, ob Letalfaktoren im heterozygoten oder im homozygoten Zustand auftreten. Ein heterozygot-letales Gen Itihrt zum Tod des ersten Individuum, in dem es vorkommt. Es wird also nicht fortgepflanzt, lind die Auslese ist insofern positiv. Es kann abet ein Gen, das nur homozygot-letal ist, im heterozygoten Zttstand ohne allzu groBe Beeintriichtigung fiir den Trttger vorhanden sein und dann doch weitergegeben werden. Es l~iBt sich dies durchaus verifizieren. Wenn man n~imlieh die Nachkommenschaft einer derartigen Population zu einem Zeitpunkt matersucht, an dem die lebensunf~ihigen Individuen bereits ausgeschaltet wurden, d.h. zu dem sie gestorben sind, so kann man letale Gene dutch das Fehlen einer Klasse von Nachkommen entdecken bzw. schliel3en, die man eigentlich h~itte finden m~ssen. Genauere Untersuchungen lassen dies erkennen. Man findet z.B. Pflanzenkeimlinge, denen das Chlorophyll vSllig fehlt oder die im Keimblattstadium sterben, oder man Iindet M~iuseembryonen im Zustand der Resorption (HADoRN, 1955, S. I26). Eihen sehr wichtigen Punkt hebt KALNUS hervor, indem er darauf hinweist, dab bei Tierarten mit heterogametischen Miinnchen die Weibchen, die ein rezessives letales Gen auf einem ihrer X-Chromosomen tragen, nur die H~ilfte der zu erwartenden m~innlichen Nachkommen hervorbringen. Das Geschleehtsverhiiltnis ist hier also nicht I : I, sondern ungefiihr ein M~innthen auf zwei Weibchen. Wit haben also als weiteren Punkt die StGrung des M/innehen-Weibehen-Verh~iltnisses in den Generationen festzuhalten. Natfirlich sind nieht nur letale Gene wichtig, wenn man die Fortpfianzung bzw. Erhaltung der Spezies betrachtet. Es spielen alle anderen Faktoren selbstverst~indlich eine Rolle, die die Fortpflanzung unterbinden bzw. vermindern. Es ist da zus~itzlich zu den Letalfaktoren oder Semi-LetalIaktoren auch an Mutationen zu denken, die die Fruchtbarkeit in verschiedenem Mage beeintr~ichtigen bis zur vGlligen Sterilit~it. Dadurch wird das Problem natiirlich nicht einfacher, . weil sich diese Beeintrtichtigung der Fortpflanzungsf~ihigkeit notwendigerweise auf zwei Individuen bezieht. W~ihrend ein Tier oder eine Pflanze im normalen Biotop nut einen bestimmten Grad von Lebensi~ihigkeit besitzt, kann ein Individttum oder eine Keimzelle, je nach der Art des Paarungspartners, . . . .
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verschiedene Grade von Fruehtbarkeit aufweisen. Gegenseitige Unfruehtbarkeit ist j a einer der wiehtigsten Mechanismen far die Entstehung neuer Arten." (KAI~MUS,S. lO2, 1966 ). Der Punkt der Homozygotie bzw. Heterozygotie ist tiberhaupt auBerordentlich wichtig (cf. Anhang I). So kSnnen mutierte Gene in der homozygoten Form subletal, aber ffir heterozygote sogar verh~tltnism;tBig harmlos sein. So ist das Xeroderma pigmentosum bei Kindern unbedingt t/3dlich, sofern das verantwortliche Gen homozygot ist. Sie sterben meist vor der Geschlechtsreife an malignen Tumoren. Bei Heterozygoten findet man nur eine starke Tendenz zu Sommersprossen. Ahnliches gilt aueh ftir die sog. Thalass~mie. Die Heterozygoten sind nut leicht krank and entgehen oftmals der Beobachtung. Die Homozygoten dagegen sterben im allgemeinen daram Wit haben bier also bereits f/inf wichtige Punkte, die als Kennzeichen degenerativer Verttnderungen anzusehen silld: I. 2. 3. 4. 5.
Deutliche Verlangsamung der Ontogenese, Schwere St/Srungen der Organfunktionen, Auftreten von Semiletalfaktoren, St~rung des M~tnnehen-Weibchen-Verhiiltnisses auf ca. 2 : I, Erhebliche Verminderung der Fruchtbarkeit der Individuen.
Begriffe, wie Dysharmonie und Lebensfdhigkeit* bringen hier keinerlei Unklarheiten in die Untersuchu~.gen. Es l~igt sich deutlich zeigen, auf welche Vorgfinge man diese Begriffe bezieht, und es ist daher nieht sehwer, sie zu verifizieren. KAL~US hebt hervor, dab die heterogene Beschaffenheit von Populationen nicht nur fiir die natfirliche Anpassung einer Art wichtig sei, sondern dab sie auch das Material ftir die Auslese darstellt. Es kommt aber natflrlich darauf an, welcher Art die Heterozygoten sind und ob sich etwa rezessive seMdliche Gene darin finden, die dann sp~iter innerhalb einer Population homozygot und damit manifest werden. Sind Heterozygote selten, so werden Homozygote unter den Nachkommen blutsverwandter Paare h~iufiger sein als unter den Nachkommen der iibrigen Bev/51kerung. Sind nun - - wie gesagt - - die rezessiv wirkenden Gene sch~dlich, dann kan~ man diesen Vorga~g als degenerative I~zucht bezeichm~. Das ist ein Faktor, der auch beim Menschen eine groBe Rolle spielt. Z.B. bei nationalen oder religi6sen Minorit~iten innerhalb anderer Populationen. Denn diese Minorit~ten haben im allgemeinen eine Tendenz zur Inzucht (LERNER, 1954). Rezessive Merkmale treten deshalb h~iufiger in Erscheinung als in der fibrigen Population. KALMUSweist * (cf. das sogen. V i t a l i t ~ t t s s p e k t r u m , H a d o r n , 1955, S. 12o).
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mit Recht darauf hin, dab auch die StadtbevSlkerung eine gewisse Tendenz zur Inzueht zeigt mit allen ihren sch~idlichen Folgen, dab andererseits abet durch st~irkeren Ortswechsel in neuerer Zeit verschiedene Bev61kerungen vielmehr sich vermischen als dies friiher der Fall gewesen ist. Natflrlich ist das bis zu einem gewissen Grade ein.seitig gesehen, was sich aber aus methodischen Griinden nicht vermeiden l~il3t. Ein Organismus ist ]a nicht nur eine Summe unabh~ngiger genetischer Faktoren, und ein Gen beeinflugt nicht nur ein einziges Merkmal. Der Organismus ist das Produht des Zusammenwirkens aller Gene und der UmwdteinflCisse. Insofern ist dig Aufiindung spezifischer Kriterien des Degenerationsbegriffes sehwierig. Hier dfirfte der Begriff tier Anpassung eine groge Rolle spielen. Auch ohne n~there Analyse des Anpassungsbegriffes kann man sagen, dal3 in einer degenerativen Population die F~higkeit der Anpassung sich vermindert hat. In dieser Hinsicht sind auch die Ausffihrungen MAYR'S (I967) von groBer Bedeutlmg. Bei der Untersuchung fiber die Wechselwirkungen des Genotyps kommt er auch auf sog. synthetische Letalfaktoren zu sprechen. Es handelt sich dabei um Faktoren in Chromosomen yon ann/ihernd normaler Lebensf~ihigkeit sowohl als heterozygote wie auch als homozygote, die nach crossing-over 1etale Chromosomen werden k6nnen. DOBZHANSKY hat dies an den Chromosomen der Drosophila pseudoobscura nachgewiesen. Auch Maya betont die Wichtigkeit der Heterozygotie innerhalb einer Population. Er sagt (S. 222): ,,Was die Heterozygotie angeht, so sind von ihr so viele gfinstige Wirkungen beschrieben worden, dab man versucht ist, sich den extremen Standpunkt zu eigen zu machen, nach dem jede Heterozygotie sigh zum besten auswirkt und alle Zunahme der Vitalitgt und Entwicklungsstabilitiit anf sie zurtickgeht." Immerhin betont MAYa, dab dies nur in eingesehr/inktem Mage gfiltig ist aus Grfinden, die wit weiter oben schou angeftihrt hubert. Nicht nur die hochgradige Heterozygotie innerhalb einer Bev61kerung ist wiehtig, denn in der F-2-Generation geht ja diese fiberwiegend verloren. MAYR kommt zu dem Schlul3, dab der Verlust an Vitalit~t in der F-2-Generation auf einem Verluste an epistatischer Balance zwisehen in Wechselwirkung stehenden Gen-loci beruht und dab dies die gtinstigen Wirkungen hoher oder hochgradiger Heterozygotie wieder zunichte touche. Es gibt eine Anzahl versehiedener Teste bzw. Kontrollversuche. Besonders die Ergebnisse dreifacher und doppelter Kreuzung bestatigen diese Schlugfolgerung. Des weiteren {agt MAYR zusammen, dab die Integration des gesamten Genkomplexes seine Ko-Adaption von dem Vorhander~sein zweier
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Formen einer sog. harmonischen Balance abhiingt. Die eine ist eine Balance zwischert Allelen, die zu tdberdominanz und durch diese zu balanciertem Polymorphismus ffihrt. Man nennt sie auch Relationsbalance. Die andere Form, das ist eine Balance zwischen verschiedenen Gen-loci, nennt man heute interne oder epistatisehe Balance (S. 237). Bei degenerativen Vorgiingen innerhalb einer Population wfirde demnach die epistatische Balance vermindert sein, und es wfirde schlieBlich zu einem weitgehenden Verlust des balancierten Polymorphismus kommen. Polymorphismus definiert MAYR folgendermaBen: (S. 524) Er versteht dartmter das gleichzeitige Atlffreten mehrerer diskontinuierlicher Ph/inotypen oder Gene in einer Population, wobei die H/iufigkeit auch des seltensten Typus h6her ist als sie dutch wiederholte Mutationen aufrechterhalten werden k6nnte. Diese Ausftihrangen sind natfirlich yon auBerordentlicher Bedeutung. Vor allem handelt es sich bier nicht um Spekulationen, sondern um Ergebnisse bzw. Ausdeutungen, die schon weitgehend empirisch verifiziert sind. Zahlreiche theoretische ~berlegungen aus friiheren Jahren werden damit hinf~tllig. Unsere Kenntnisse fiber das Aussterben yon rezenten oder fossilen Arten sind auch heute noch recht gering. Nach verschiedenen Erw~tgungen betont MA'ZR (S. 484), es sei sehr wahrschei~lich, daft die Unf~higkeit des Genotypus, neuen Sdektionsdriicken zu begegnen, die Hauptursache des Aussterbens bildet. Man darf hier die Begriffe nicht verwechseln. Atlch wenn es bis heute noch nicht klar ist, welche Rolle degenerative Vorg~nge hierbei spielen und wie die ZusamrnenMnge mit anderen Umweltfaktoren sein m6gen, so sprieht das doch nieht gegen die Bedeutung der Degeneration bzw. gegen ihre Realit~t. Es fragt sich nunmehr, wie und mit welcher Sicherheit noch andere Faktoren herangezogen werden k6nnen, die eine wirkliche Pr~zisierung des Begriffes herbeiffihren. Wir k6nnen dabei auf die Definition von BERTALANFFY (1941, S. 23I) zurfickkommen. Er versteht unter einem Organismus bzw. einem organischen System eine abgestufte Ordnung von Prozessen, die in einem dynamischen Gleichgewicht stehen. Ist dieses Gleichgewicht gesttirt, dann kann es zur Krankheit und natfirlich auch zu degenerativen Prozessen kommen. Wir haben aber schon zu Anfang Iestgehalten, dab weder aus dem Begriff des Organismus bzw. seinen gest/3rten Funktionen noch aus dem BegrifI der Krankheit I fir den Prozess der Degeneration selbst etwas Spezifisches zu gewinnen ist. Es war Mar, dab hierbei genetische Fragen die Hanptrolle spielen.
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Vom Standpunkt theoretischer Erw~gungen mul3 ferner klar sein, dab die weitere Er~orschung bzw. Berticksichtigurtg tier sog. zyt@athischen Vorgiinge bei Zei1- bzw. Kernteilungen beziiglich degenerativer Vorg~inge nichts Spezifisches zeigen kann. Die experimentelle Genetik ist dabei bestrebt, rider in die pathologischen Erscheinungen iiberhattpt eillzudringen bezw. die Pathochemie der Genetik zu vervollsttindigen oder zu vertiefen. Der SchluB auI eine verminderte Vitalit~tt oder eine verminderte Anpassung einer Population wird ja auch nicht aus den Ergebnissen dieser Forschungen gezogen. Ftir den Degenerationsbegriif ist der Begriff der sog. genetischen Homeostasis bemerkenswert. Darunter versteht man die Eigentiimlichkeit einer Population, ihre genetische Zusammensetzung in's Gleichgewicht zu bringen und pl6tzlichen Wandltmgen zt~ widerstehen. Ursprfinglich wurde dieser Begriff angewendet auf die F~ihigkeit eines Organismus, bestimmte physiologische Dauerzust~inde auf einem bestimmten optimalell Niveau zu halten. Es ist also eigentlich ein Begriff tier Physiologie, Wir finden hier also gewissermagen ein genetisches ,,Beharrungsverm6gen", das wie viele derartigen Erscheinungen seine zwei Seiten hat. Es ist dabei folgendes zu beachten. Ein nattirlicher Ph~irtotyp einer Population ist ja das Produkt eines bestimmten Genotyps, der im allgemeinen eine lunge Geschichte der Selektion hinter sieh hat, well dann das Ergebnis eine m6glichst gute Anpassung an bestimmte Umweltverh~ltifisse ist. Jede r~eue Setektion fiir einen r~eueI~ Ph~inotyp wird also den Umbau des vorher vorhandenen Genotypes erzwingen wollen, so dab es auf diese Weise zun~tchst gewissermagen zu einer nicht ganz so guten Anpassung kommt, die selbst wieder auf einer AnhXufung homozygoter, rezessiver Gene beruht oder auf einer Disharmonie zwischen den neuerdings begiinstigten und urspriinglichen Genen des betreffenden Genotypes selbst. (MAYR,S. 232, WOLF I968, S. I25). Man nimmt an, dab eine Abschw~ichung der Selektion bezfiglich des rmuen Ph~r~otypes mindestens zu einer teilweisen Riickkehr zu der urspriinglichen Genkombination f~hrt, welche eine maximale Eignung besonders heterozygoter Kombinationen verschafft hatte. Als Nebenprodukt gewissermaBen wird sich eine teilweise Wiederherstellung des ursprtinglichen Phanotyps ergebert. Die genetische Hombostase bestimmt auch, in welchem Ausmage etwa ein Genpool auf Selektionsvorgange ansprechen kann. Auf der einen Seite kommt es also zur besonderen Herausbildung neuangepalBter Populationen, auf der anderen Seite wird eine bestimmte genetische Kombination festgehalten. Man hat nun gefunden, dab bei einer ,,Verbesserung" der betreffenden Merkmale bei neuen Variationen es zu einem Verlust an
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allgemeiner Lebensfiihigkeit oder der @eziellen Resistenz gegen verschiedene Faktoren der physikalischen Umwelt kommen kann. (MAYR, S. 233) Offensichtlich, meint 1V[AYR,mtiBe jeder unter der Selektion erreichte Vorteil (Anpassung) den Vorrat genetischer Variabilit~it ernstlich ersch6pfen. Wichtig ist dabei die Tatsache, dab nur diejenigen Gene in einem Genpool angeMuff werden, die zur Eigrmng beitragen und dazu dienen, einen harmonischen und gut angepaBten Ph~notyp zu erzeugen. Den besten Beweis fiir die weitverbreitete Unvertr~iglichkeit yon Genen und Genkomplexen liefern Kreuzungen zwischen Populationen derselben Art. ,,Jede lokale Population ist sehon ein integriertes System, das nur soviel genetische Variabilitfit anh~iufen kann, wie sie zu einem harmonischen Genkomplex kombinierbar ist." (MAY~, S. 236). Bisher ist man noch nicht in der Lage, die obere Grenze der sog. genetischen Speicherungskapazit~tt einer Art zu bestimmen. Es ist aber anzunehmen, dab eine derartige Grenze existiert und dab vor allem auch sehr verbreitete Arten ffir ihr Gedeihen auf diese Weise gewissermal3en biil3en mfissen. Die erhebliche H/iufigkeit von in homozygotem Zustand letalen Chromosomen, wie das schon welter oben sehon einmal bemerkt wurde, bei derartigen Populationen kann man vielleicht insofern als eine gewisse ,,Bul3e" ansehen, besonders dann, wenn ein betr~tchtlicher Prozentsatz dieser Chromosomen synthetische Letale sind (MAYR, S. 236). Man kann experimentell nachweisen, dal3 eine pl/Stzliche Aufnahme neuer Gene in einen Genpool einer Population etwa durch Bastardierung unvermeidlich eine StiSrung der inneren Balance zur Folge hat und dab es zur Erzeugung vieler Genotypen kommt, welche die Lebensf/thigkeit der Population vermindern. Durch die nattirliche Auslese a!lerdings werden disharmonische Kombinationen ausgeschaltet, bis wieder ein neuer Gleichgewichtszustand erzielt worden ist. An anderer Stelle (S. 435) betont MAYR, dab ein gut geschlossenes genetisches System einer Population zu einem ,,vollkommenen" Gleichgewicht mit seiner Umgebung gelangen k6nne und so gut stabilisiert sei, dab evolutive Wandlungen nicht mehr vorkommen. Solch ein System wird in der Lage sein, mit dem regelm~tBigen Anfall von Mutationen und den normalen Umweltschwankungen fertig zu werden, ohne dabei irgendwelchen Wandlungen za unterliegen. Indessen zeigt bereits die n/ihere Erforschung dieser Verh~iltnisse, dab es nieht bei einer gewissen evolutiven Unt~ttigkeit bleibt, sondern dab es schliel31ich zum Aussterben kommt, ohne dab man im einzelnen bisher angeben kann, worauf dieses beruht; denn eben auch das Auftreten gehfiufter Letal- oder Semiletalfaktoren ist ja rmr bis zu einem gewissen Grade gekl~irt worden. Acta Biotheoretica X V I I I
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Demgegenfiber ist zu sagen, dab eine neue Artbildung in gewisser Weise einell Prozess evoltttiver Verjfiltgung darstellt, ein Entkommen gewissermagen aus einem starrell System der gelletischen Hom6ostasis. Insofern kann man sagen, daft eine vollkommeue genetische Homb'ostasis nicht ohne weiteres als eigentliche lebendige Harmonie angesehen werden kann. Das Wesentliche ist wahrscheinlich schliel31ich doch die ungenfigende Ausschaltung disharmonischer Genkombinationen innerhaib einer Population. - - Man vergleiche auch die Untersuchungen yon WOLF. Bei niederen Tierell liegen, wie oben gesagt, die Dinge anders. Hier ist nicht etwa j ede Proportions~inderung der Heterochromosomen pathologisch (WOL~ 1961 ). Die y-Chromosomen k6mlen di-bis hexaploid sein. Im Gegenteil hat sich herausgestellt, dab hiermit gan.z bestimmte, sinllvolle Anpassungsvariationen erreicht werden k611nen (untersucht bei Phryne eincta, Diptera). Bei geographisch verschiedenell Populationen kommt es nicht einfach zu einem unbegrenzten und ullkontrollierten Polymorphismus infolge eines lediglich statistisch zu erfassenden crossing-over, sondern zu einem adaptiven, chromosomalen Polymorphismus und zu einer flexiblen, anpassungsf~higen Kontrolle der Rekombination (WOLF 1968 ). Es entstehen gewissermaBen sinnvoll neue Genotypen innerhalb einer Art, d i e wieder ihre /3kologische Valenz steigert. Allerdings handelt es sich nicht einfach durum, dab mit der Vermehrung der y-Chromosomell automatisch eine neue and vielfach giinstigere genetische Situation geschaffen w~re, sondern das Wesentliche ist hier vielmehr das Verhalten des sogen. Alpha-Heterochromatins, welches, wenn es im x-Chromosom stark angereichert auftritt, Voraussetzungen ffir die Intensivierung des crossing-over Potentials schafft. Es handelt sich genetisch um einen dominanten Faktor, ftir den WOLF den Terminus ,,Alpha-Faktor" oder ,,Rekombinator" vorschl~gt. Der Schlul3 liegt nahe, dab bei entsprechenden 6kologischen Erfordernissen (z.B. erheblichen Temperaturver~inderungell) eine starke Einschr~llkung des crossing-over Potentials bzw. die Ullf~higkeit, den AlphaFaktor anzureicherll, zu einer mangelhaften Anpassung der Art und schlieBlich zum Aussterben ffihrt. Die Ulltersuchungen fiber die kausalen Zusammenh/~nge sind da aber noch nicht abgeschlossei1. Auch TEILHARD DE CHARDIN komlnt in seinem Buche fiber ,,die Entstehung des Menschen" (1966, S: 59) auf degenerative Vorg~inge zu sprechell. Er ~iul3ert die Ansicht, dab Degeneration in einem Rfickgallg der zuvor schon erreichten Komplexit~it der Organismen zu suchen sei zusammen mit einem Rfickgang der vorher schon erzielten Harmonie-
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stifle der einzelnen Individuen. Wenn attch TEILHARD an dieser Stelle keine detaillierten wissenschaftlichen Erkl~trangen macht and hier aach nicht weiter auf seine Attsffihrungen eingegangen werden soll, so ist die Fassung bzw. das Verst~indnis des Harmoniebegriffes in dem oben allgeftihrten Sinne doch zu verstehen bzw. es lfigt sich im einzelnen in dieser Form verifizieren. Wir wissen heute fiber die Flmktion der verschiedenen RNS-Formen wenigstens soviel, dab wir in der Lage sind, bestimmte pathologische Prozesse besser ztt bearteilen. Wir wissen, dab im Zytoplasma die Messenger-RNS an der Oberfl~iche der Ribosomen die Synthese der spezifischen Proteine des Zytoplasma, d.h. der organspezifischen Proteine, induziert. Dieser Vorgang kann z.B. dadurch schwer gestSrt werden, dab die Zahl der Chromosomen in der befruchteten Eizelle and in allen nachfolgenden Zellen nicht der Norm entspricht, sondern erhSht oder erniedrigt ist. Das sehen wir vor allem bei dell Trisomien, bei denen also an Stelle yon zwei Chromosomen bei den Chromosomen 21, 17 oder 18 oder 13 bis 15 drei statt zwei Chromosomen vorhanden sind. Da die DNS dieser Chromosomen die ihnen zttgeordneten Stoffwechselprozesse gesteigert indttzieren, verursachen sie meist auch StoffwechselstSrungen und als deren Folgen schlieBlich MiBbildungen, wie wir aus der Pathologie wissen. Daraus darf mall gleichzeitig schliei3en, dab fitnderungen im Chromosomensatz von Parenchymzellen eines einzelnen Organes, ,,wie sie uns z.B. in der Vorphase des Karzinoms als Polyploidie oder im Karzinom als Aneuploidie begegnen, organbegrenzte Stoffwechsel~inderungen verursachen. Bei den Virllsinfektionen kSnnen die DNS der Kerne z.T. yon Virus-DNS verdr~ingt werden und schwere Fehlsteuerungen des Zellstoffwechsels die Foige sein." (BOcHNER, 1966 , S. 57)Man karm durchaus sagen, dab man inzwischen attch attf biochemischem Wege gewisse Anhaltspunkte daffir gewinnt, wie es zu pathologischen Prozessen kommt, die sich schlieBlich in degenerativen Vorg~tngen einer Population ~iuBern. Ffir tmsere gegenw~irtige Betrachtung ist dabei noch von Bedeutung, dab es sich bei den Chromosomenanomalien, wie bei tier bier erwiihnten Trisomie, um eindeutige StSrungen der Proportionalit~it handelt. 17berall dort, wo Proportionen als hinreichend sicher and feststehend bekannt sind, lassen sie sich auch, die geeigneten Forschungsmethoden vorausgesetzt, verh~iltnism~il3ig leicht feststellen und eindeutig verifizieren. Es ist dann auch in diesem konkreten Falle erwiesen, worauf eine StSrung der Harmonie beruht, wie es also zur Disharmonie kommt. Hier noch einige Einzelheiten :
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Bei Chromosomen-Aberrationen zeigen sich in erster Linie St6rungen der Proportionalit~ten. Das ist bei niederen Tieren offensichtlich nicht immer so schwerwiegend, wie wir oben gesehen haben, wohl aber beim Menschen stets, lind zwar kommt es zu einer St6rung der harm0nischen Funktion des Organismus im Ganzen; allerdings verschieden stark ausgepr~gt. Zuweilen zeigen erst Spezialuntersuchungen die pathologischen Einzelheiten. Wenn wir yon gr6beren Migbildangen absehen, sofern diese nicht genetisch bedingt oder umgekehrt wieder fortgeerbt werden (weil sie darm nicht im Sinne einer Degeneration wirksam sind), so sind vor allem St6rangen verschiedener Organfunktionen einschlieglich des Gehirnes wesentlich. - - Und dies bei nur einer einzigen ChromosomenAberration, soweit sich bisher gezeigt hat. So wurde inzwischen bekannt, dab M~tnner mit der Aberration xyy in Strafanstalten io real h~tufiger auftauchen als im Bev61kerungsdurchschnitt. Man findet dabei aber auch noch iiberdurchschnittliche Gr6Be, geringe Intelligenz, Neigung zu Gewalttaten, and neuerdings konnte man aueh (PRICE 1968 ) bestimmte Ver~inderungen irn Elektrokardiogramm feststellen, die durchaus pathologischen Charakter haben. Es handelt sich dabei a m pathologische VerRingerungen der Erregtmgsleitung zwischen den Herzvorh~fen und den Kammern. Genaue Vergleiche zu Frauen und xy-M'~innern haben ergeben, dab wirklich ein hochsignifikanter Unterschied festzastellen ist. Man nimmt an, dab die ~lberleitungsverl~ngertlng direkt mit dem iiberz~hligen y-Chromosom zusammenh~ngt. Hinsichtlich der xy-Chromosomen gibt es zahlreiche Aberrationen mit and ohne Ver~inderung der Autosomen, wie die gute und kritische Zusammenfassang von LOERs (1961) zeigt. Nicht nur beim Klinefelter- und Turner-Syndrom, sondern insbesondere auch beim Mongolismus (Trisomie des Chromosom 21 oder auch 22) sind die resultierenden Stgrungen stets vielfaltig, das heigt, dab tats~tchlich die gesamte Funktion des Organismus nicht iategriert. GewiB gibt es f]berg~inge, und auch der Erbgang ist noch nicht voUst~tndig erforscht, vor allem scheint er nicht gleichm~tBig zu sein. Immerhin w~re es hier fehl am Platze, die sogen. Plastizit~it des Organismus (ira Grunde eine qualitas occultal) als Gegenmittel ins Feld zu ftihren. Die Erfahrung zeigt eben, dab ausgepr~gte MongolismusKinder bzw. Familiea schwer gesch~digt sind und aussterben. Dies ist um so klarer, als neuerdings, wie gesagt, f]bergangsformen bekannt sind, tier sogen. Mosaik-Mongolismus (Down-Syndrom). (HIRSCHet coll. 1967). Es handelt sich dabei um Kinder, bei denen man sowohl normale Chromosomens~itze in den K6rperzellen finder, als auch Tri-oder Tetrasomien des Chromosoms Nr. 2I. Bei diesen Kirtdern sind die sogen, mongoloiden
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Z/ige bedeutend geringer oder fast kaum feststellbar. Es finden sich keine Beeintr~chtigungen der Intelligenz. Sit k6nnen sich daher auch gr6Btenteils unbehindert vermehren, was aber wieder ffir den gesamten Gen-Bestand der Population von' schwerwiegender Bedeutung ist. Wenn auch Ursachen und biochemische Auswirkungen im einzelnen noch nicht fiberall genau bekannt sind, so ist doch schon Mar, dal3 beim Menschen eine verh~ltnismSBig geringe BeeintrSehtigung der Proportionalit~it des Genbestartdes nicht ohne weiteres kompensiert wird, sondern zu mehr oder weniger schweren St~rungen der Harmonie des Individuums fiihrt. Es wurde schon oben gesagt, dal3 es sich bei jeder akuten oder chronischen, auch lebensgefXhrlichen Krankheit doch prinzipiell um einen passageren Vorgang handele. Die M6glichkeit einer v611igen Restitution oder wenigstens einer Reparation ist stets gegeben. Eine Ausnahme bilden die sog. Erbkrankheiten, die auch z. Teil als eigentliche, degenerative aufgefal3t werden, und zwar eben deshalb, well dadurch Gruppen z.B. Familien, ganze Rassen in ihrer Lebensf~higkeit gef~hrdet werden. Des weiteren ist wichtig, de/3 men ~ormele Alterungsvorgdnge ~icht als Degeneration bezeichnen duff, sofern n~imlich das Altern bei einer Population nicht so frtihzeitig einsetzt als dies sonst dem durchschnittlichen Beginn der Alterung der entsprechenden Population entspricht. Es ist schon frtiher nachgewiesen worden, dab vorzeitiges Altern nicht nut die etwa noch in Gang befindliche Differenzierung der Organe bzw. Gewebe unterbricht, sondern dab vor allem die Regenerationskraff eingeschr~nkt wird. Wir wissen heute auf Grund eingehender biochemischer Untersuchungen mit Tritium markiertem Thymidin (B~cHNER, 1966, S. 270), dab w~ihrend des ganzen Lebens im Organismus an bestimmten Stellen in iedem Organ sog. Indifferenzzonen festgehalten werden, die der st~tndigen Regeneration alternder oder abgestorbener Zellen dienen. Nit zunehmendem Alter geht auch die lebhafte Funktion dieser Regenerationszonen zurtick. Eben diesen Vorgang sollte man nicht als Degeneration bezeichnen. Dieser Ausdruck sollte nur dann angewendet werden, wenn es sich um eine, wie gesagt, vorzeitige Insuffizienz dieser Indifferenzzonen handelt. Die diesbezfiglcihell Beobachtungen dtirften allerdings noch nicht ausreichend sein, um Schliissen f~r weitere Einzelheiten eine ausreichende Grundlage zu gew~hren. Es ist die Frage, was aus diese~ Ausfiihrungen fiir des Problem der Degeneration zu folgern w~ire. Es l~13t sich dies kurz folgendermaBen zusammenfassen: Jede anhaltende St6ru~g von Lebensvorg~ngen, die normelerweise Eurhythmie und Periodizit~t, Symmetrie und Pr@ortioneli-
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tilt zeigen, ist pathologisch. Andauernde A bweichungen stiirkeren Grades bei zahlreichen Individuen einer Population i~ber eine oder vide Generationen fi~hren oder spiiter zur Degeneration. Es zeigen sich Entdifferenzierungen, verminderte Anpassungen usw. - - Weiteres im Anhang I S. 71. Es handelt sich im ganzen gesehen also um eine St6rung der Harmonie, welche auf diese Weise i edoch ausreichend pr~zisiert ist bzw. im einzelnen ausreiehend wissenschaftlich pr~zisiert werdela kalm. Bei der Anwendullg dieser Kriterien, die hier kurz als die ,,mathematischen" (in amplior sensu) bezeichllet sein m6gen, ist die mehr zufallige Sirmeswahrnehmung natfirlich nicht die letzte Stiitze. Es sind auch verborgene Harmonien bzw. Disharmonien mit den angemessenen Methoden erkennbar. Sie lassen sich gmnds~tztich objektiv verifizieren. Vgl. besonders: Systems Theory in Biology (1968) . Die Frage der Degeneration ist selbstverstandlich ffir dell Menschen yon h6chstem Interesse. Es ist dabei bemerkenswert, dal3 auch MAYR (1967) die Ansieht ausdrtickt, dag degenerative Ziige durchaus nicht tibersehen werden diirfen. Er denkt allerdings weniger an eine rein biologisehe Degeneration als vielmehr an eine seelisch-geistige, die dann sp~tter biologische Folgen haben wird. Er zitiert dabei ausdriicklich HUXLEY (I953), der gesagt hat, dal3 die gelletische Beschaffenheit des Menschell degeneriert ist und dab der Prozess in dieser Richtung sicherlieh noch weitergehen wird. - - Vergleiche S. 72. Bei der ganzen Frage nach der Degeneration bleiben offensichtlich genetische, besonders cytogenetisehe Geschichtspunkte die Hauptsache. Diese und neuere Ergebnisse aus der Pathologie bzw. aus der pathologischen Physiologie lassen eine weitere Spezifizierung mgglich erseheinen. Eine andere Frage ware, wieweit phylogenetische Gesichtspunkte mitberficksichtigt werden mti~ten. Gegertw~irtig ist die Lage aber so, dab es nieht zweckmagig erscheint, diesen Gesichtspunkt in den Vordergrund zu riicken. Die Ergebnisse sind noch zu lfickenhaft und vieldeutig. Man wird sich bei der Frage nach degellerativen Vorgangen auf Phfinomene innerhalb einer Art bzw. Rasse beschr~inken miissell. Es wurde oben schon einmal gesagt, dab es sich bei degenerativen Vorgangen um pathologische Erscheinungen handelt, die zwar hinsichtlich Funktion oder Organ spezifisch ablaafen, welche man aber nicht als spezifisch im Sinne der Degeneration ansprechen kalln. Die Beurteilung bzw. besser Bewertung einer Erscheinung als Degeneration ist demnach nicht einfaeh eine Feststellung yon Tatsachen, sondern eine Deutung. Indessen, es ist eine Dentung, die weitgehend experimentell verifiziert werden kann, die abet theoretiseh begriindet werden mul3. Als Tatsache kann
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man nur das Aussterben yon Arten (oder Rassen) bezeichnen. Diese Tatsache ftihrt uns zur Frage nach der Ursache. Es gibt viele Ursachen hierfiir. Abet ein Teil liegt ganz sicher in dem endogenen Vorgang, den wir auf Grund theoretischer 1Jberlegungen als Degeneration bezeichnen. Es hat sich gezeigt, dab die ganz zu Anfang angegebenen Definitionen der Degeneration auch heute notch brauchbar sin& Eine weitere Pr~izision dieser Vorg~inge bzw. dieses Begriffes ist notwendig, aber - - wie wir hoffen, gezeigt zu haben - - auch m6glich. Dies unbeschadet der Tatsache, dab zahlreiche Einzel- und auch Grundfragen noch often sind and voraussichtlich auch noch lange Zeit weiterhin offenbleiben werden. Hat man sich entschlossen, einen bestimmten biologischen Degenerationsbegriff festzuhalten, dann allerdings tauchen noch besondere Schwierigkeiten bei der Betrachtung degenerativer Erscheinungen im Laufe der menschlichen Entwicklung auf. Es ist hier schwierig, sich auf rein biologischem Wege fortzubewegen, und da es sich bei der Frage nach degenerativen Vorg~ngen letztlich doch um eine Wertung handelt, werden die einzelnen Fragen nicht nur nach dem Standpunkt des betreffenden Bearbeiters tmtersucht, sondern auch die Ergebnisse bewuBt und vor allem unbewuBt interpretiert. Diese Schwierigkeiten sind, wie die bisherige Geschichte gezeigt hat, gr613er als die eigentlichen biologischen, wie sie im Rahnaen der wissenschaftlichen Forschung st~ndig auftauchen. ANHANG I Wegen ihrer besonderen Wichtigkeit mug auf die sogen. Heterozygotie (vgl. S. 61) noch n~her eingegangen werden; denn es hat immer mehr den Anschein, dab hier ein Schltissel zum Verst~ndnis degenerativer Prozesse vorliegt. Sicherlich nicht der einzige! Aber wir haben hier einen besseren Zugang zum Problem als bei anderen, noch recht uniibersichtlichen und ftir uns recht komplexen Faktoren. Die Frage nach den Ursachen der ldberlegenheit der Heterozygoten und derjenigen nach dem Ursprung der Heterosis wird von MAYR (1967, S. 183 sqq.) und anderen vor allem im Zusammenhange mit der Bildung neuer Arten gesehen. Es ist abet garnicht erforderlich, mlr diesen einseitigen Standpunkt festzuhalten. Auf Grund der bisherigen Forschungsergebnisse sind verschiedene Deutungen versucht worden. Die Heterosis durch Uberdominanz kann aber bisher als beste Erkl~irung gelten (Ein Gen-Locus ist tiberdominant, wenn die Heterozygote eine bessere Eignung hat als die Homozygote). Man hat vor allem an eine 1Jberlegenheit durch gr6Bere, biochemische
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Vielseitigkeit zu denken (RoBERTSON & REEVE 1952 ). Allerdings ist dabei wieder die Verifikation schwierig, wenn man nicht nur bestimmte F~ille herausgreift. Aber allgemein ist zu sagen, dab bei einer Homozygote jeder Genlocus eine doppelte Dosis desselben Genproduktes erzeugt, w~ihrend eine Heterozygote eine einfache Dosis jeder der beiden (wenn auch nur wenig-) verschiedenen Genprodukte zur Verftigung hat. Bei verschiedenen Umweltbedingungen kann nun das eine oder alas andere Allel eine tiberlegene Wirksamkeit haben, sodag es zu einer gr6Beren Lebensf~higkeit kommt. Dies wird sich besonders in ftir die betr. Population ungiinstigen Umweltbedingungen bemerkbar m a c h e n . - Es handelt sich hier also urn eine einfache quantitative 13berlegung. Eine andere M/3glichkeit besteht nach MAYR (1967, S. 185) darin, dab die Heterozygote einem Selektionsdruck weniger ausgesetzt ist als die Homozygote, dab sie - - anders gesehen - - einsetzende degenerative Vorg~inge (yon balancierten Letalen abgesehen) besser abfangen, rtickg~ngig machen kann. - - Hier ist ein Beispiel die Sichelzellenan~mie. Dabei liegt eine schwere Einschr~inkung der Eignung tier Homozygoten vor (ALLISON, I955), die degenerativ wirkt und schnell zur Auschaltung - - durch Aussterben - - des betr. Gens Itihren mtigte. Das ist aber nicht der Fall. ALLISON land n~imlich, dab die Gebiete mit der h6chsten GenHaufigkeit mit Gebieten fibereinstimmt, in denen viele Todesf~lle dutch Malaria tertiana vorkommen. Kinder, die fiir die Sichelzellenan~mie heterozygot sind, werden aber viel seltener durch Malaria tertiana infiziert. Und heterozygote Erwachsene sind ftir experimentelle Infektionen wenig empfindlich. Gewil3 spielen noeh andere, nicht vollst~indig erforschte Faktoren eine Rolle. Aber es steht fest, dab die klinisch nicht in Erscheinung tretende Unterlegenheit der Sichelzellen von Heterozygoten Personen ein Schutz gegen diese Art der Malaria bedeutet. Daher mug man den Heterozygoten eine tiberlegene Eignung zusprechen, fi~hnliches gilt fiir die Thalassaemie in Gebieten mit endemischer Malaria in Italien. Die Heterosis gibt aber offensichtlich - - allgemein gesehen - - einer Population eine grol3e und n~Stige Variabilit~t, yon der Erzeugung sehr lebensf~higer Individuen ganz abgesehen. Die ganze Population gewilmt dadurch den Vorteil grol3er evolutiver Plastizit~tt (LERNEI~, I954). Eine solche Population ist zweifellos polymorph, und sie kann daher besser die wechselnden Umweltbedingungen ausnutzen. Nicht tiberall, aber in vielen F~llen dtirfte umgekehrt ein Verlust an derartiger Plastizit~t - - an der Fghigkeit zur Polymorphie - - degenerative Prozesse einleiten oder f6rdern. Umgekehrt darf aueh nicht tibersehen werden, dab eine lang andauernde
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Gleichf6rmigkeit der Umwelt den Heterozygoten ihre [3berlegenheit gegenfiber den Homozygoten wieder nimmt. Es kann in einer isolierten Population zu einem Verlust der Heterosis also und des balancierten Polymorphismus kommen (LEWONTIN, 1958). Ferner ist die Rolle der ltatfirlichen Auslese bei der Erzeugung der Heterosis noch nicht gekl~irt. Man darf sic nicht zu hoch bewerten. Dies gilt besonders bei marinen Lebeweselt. Weiter ist noch nicht gekl~irt, ob die Uberlegenheit der Heterozygoten auf lange Sicht einer Population einen besonderen Vorteil gew~ihrt. Die reichliche Erzeugultg von Homozygoten kann nicht in jeder Generation durch Heterozygoten kompensiert werden. MAYR (1967, S. I89) nimmt an, dag die ,,optimale Eignung eines Geltotyps vermutlich durch ein richtiges VerMltnis zwischen homozygoten und heterozygoten Loci erreicht wird", wobei dieses besondere, volt MAYR ,,richtige" VerMltnis genanltt, von Fortpflanzungssystem, Populationsgr6Be, Selektionsdruck und anderen Faktoren abMngelt soll. Wenn auch demnach noch manches nicht gekl~irt ist, so ist doch auch wieder bereits klar, dab eine Degeneration durch Inzucht (Aussterben volt Laboratoriums-St~tmmen) auf einem Verlust von ~berdominaltz beruht. Die Eignung nimmt ab, je mehr Gen-Loci homozygot werdelt. Kreuzt man aber z.B. zwei bereits degenerative Inzuchtlinien, so treten wieder zahlreiche Heterozygoten auf, sodal3 eilte Heterosis resultiert. Man kennt diese Tatsache z.B. yon Zuchtergebnissen bei Maishybriden (LERNER, 1954). ANHANG II Es sollen hier einige Er6rterungen fiber den Harmoniebegriff folgen, soferlt dieser in der Naturwissenschaft, insbesondere in der Biologie angewendet werden kann. - - In den vorangegangenelt Er~Srterungelt ist dieser Begriff verschiedentlich aufgetaucht, und es hat sich gezeigt, dab er auch bei dem vorliegenden Thema mit Nutzen einzusetzelt ist (Vgl. besonders S. 69). Allerdings bedarf es dazu eingehender theoretischer f)berlegungen und einiger erl~uternder Beispiele. Wir wollen die Sache Iolgendermagen fasselt: Ohne lange ErSrterungen gehen wir davon aus, dab Zeit, Raum, Kausalit~t, Bewegung Kategorien der Materie sind, und zwar Praedicabilia apriori, was in der neuerelt Zeit bezweifelt wird, hier darzulegen aber nicht der Ort ist. In der Zeit finden wir ein bestimmtes Gliederungsprinzip, das wir als Rhythmus, und dann spezieller als Periodizit~t bezeichltelt k6ltnen.
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Dementsprechend findet man im Raame die Symmetrie, spezieller die Proportionalit~t; also vor allem quantitative and damit der Wissenschaft mel3bar zug~ngliche Kriterien der Harmonie. Unter Harmonie verstehe ich hier ein Aquilibrium von Gegens~tzen. Und anter einem Gegensatz verstehe ich etwas, was in specie verschieden, dagegen in genere gleich ist. Hiermit sind die wesentlichen Punkte bereits festgehalten. Die Er6rterung im einzelnen folgt noch. Harmonie ist hiermit sehr allgemein definiert, Selbstverst~ndlich gibt es Definitionen tier Harmonie ftir jedes einzelne Gebiet, z.B. fiir das )ksthetische, ftir das Soziale, ftir das Psychologische, ffir das Ethische usw. Die entspreehenden Definitionen kSmaen in jedem besseren WSrterbach der Philosophie nachgelesen werden. Diese vier Begriffe: Rhythmus, Periodizitgt einerseits und Symmetrie, Proportionalit~t andererseits haben den Vorteil, dab sie in wissenschaftlicher Hinsicht eindeutig verifizierbar sind. Nattirlich kann man nicht behaupten, dab sie nur speziell fiir die Biologie etwa irt dieser Form Gfiltigkeit h~tten. Das ist auch nicht gesagt worden. Vielmehr mSchte ich diese vier Begriffe als die mathetischen (nicht ganz so gut mathematischen) Kriterien der Harmonie bezeichnen (BLOcH, 1952 , 1953). Im folgenden wird es zanXchst wichtig sein, diese einzelnen Begriffe eingehend zu er6rtern. Und zwar nicht nur in ihrer positiven Weise, sondern auch in der negativen, d.h. also als Arrhythmie (statt Eurhythmie), als Aperiodizit~t, als Asymmetrie, als Disproportionalit~t. I. Rhythmus:
Mit der Definition dieses Begriffes rut sich die Forschung, wenigstens die biologische heute teilweise etwas schwer. In der neuesten Monographie fiber die biologische Rhythmtlsforschung schreibt SOLLBERGEI~ (1967, S. II2), dab es bisher Ilicht mSglich gewesen sei, diesen Begriff eindeutig zu definieren. In den USA sei eine ganze Kommission dafiir eingesetzt, hierbei die richtige Nomenklatttr zu finden. Man kann z.B. nach KLAGES den R h y t h m a s definieren als Wiederkehr des Ahnlichen in ~ihnlichen Zeitabschnitten, oder auch als Wiederkehr des Gleichen in gleichen Zeitabschnitten, die Unterschiede sind mehr gradueU and man sollte sie nicht za sehr herausstellen. Es ist ganz klar, dab man im Biologischen eher eine Wiederkehr ~hnlicher Dinge als mathematisch v611ig gleicher Dinge finden wird. Mathematische Perioden sehen selbstverst~ndlich anders aus als biologische, das bedarf keiner besonderen Diskussion. Hervorgehobert werden maB a b e l dab bei dieser Definition die regelm~Bige Wiederkehr ganz bestimmter Ver~inderungen oder Erscheinungen wesent-
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lich ist. SOLLBERGER (I967) sagt, dab der biologische Rhythmus als regelm~il3ige chrono-biologische Variation definiert werden kSnne (,,the biological rhythms might be classified as regular chrono-biological variation."). Periodizitgt:
Dieser Begriff kann, wie schon oben hervorgehoben, mehr als ein Spezialbegriff angesehen werden. Eine Periode ist die nattirliche Vereinheitlichung einer bestimmten, gr613eren oder kleineren Atifeinanderfolge von Rhythmen. Besonders fiir die Biologie mtiB als wesentlich hervorgehoben werden, dab diese Einheit einer bestimmten Rhythmenfolge eine ganz natiirliche sein mug, well sonst eben andere Prinzipien vorherrschen als die biologischen. Es ist in der Biologie z.B. ohne weiteres m6glich, von einem Hell-Dtmkel-Rhythmus zti sprechen, der ja - - wie das vielfach geschieht - - experimentell erzeugt sein kann. Dagegen bezeichnet man die Abfolge der Jahre genauer als Jahresperiodik. Die Hatiptsache ist, dab man unter Periodik nicht einfach die Zusammenfassung v/311ig gleicher Rhythmen versteht, weil dies dann eben willkiirlich ist. Es mul3 sich definitionsgem~tl3 tim eine Abfolge verschiedener Rhythmen handeln, die sich nach Ablauf einer bestimmten Zeit in derselben Folge wiederholen, Symmetrie :
Die Arten der Symmetrie k6Imen sehr verschieden sein. Es kann tiberhaupt sehr schwierig sein, eine Symmetrie als solche zu erkermen. Es kommt dabei schon allein atif den Dimensionsgrad des Ratlines an. Symmetrien sind fiir tmsere Anschatiung nicht ohne weiteres erkennbar. Im einzelnen hierfiber LIJDWm (I949), NIGGLI (I949), TROLL (I949) , KEPLER (1611). t]ber die Erkenntnis theoretische Bedetitung der Symmetrie in der Physik, besonders in der Astronomie und auch in der Mathematik ist zu vergleichen SCHOPPER (1963). Wichtig dabei noch zu sagen, dab nicht nur das statische, sondern atich das funktionelle Moment wichtig ist. Es gibt auch symmetrisch ablaufende Vorg~inge, z.B. Wachstumsvorg~inge, denen symmetrisch angeordnete biochemische Abl~tufe entsprechen (BERTALA~FFY, 1932 ). Symmetrie kann man definieren als eine bestimmte, regelm~tBige Anordnting yon Gegenst~inden, Figtiren oder Vorg/ingen. Es gen/igt hler keineswegs, sich attf das rein ~isthetische Moment der Symmetrie zu beschr~inken. Wenn atich in der vierdimensionalen Mathematik eine Symmetrie nicht tinmittelbar ffir uns anschaulich ist, so gilt das doch im
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allgemeinen ftir diejenigen Dinge, die wir in der Biologie zu berticksichtigen haben.
Proportion: Unter Proportion versteht man eine ganz spezieUe Form der Symmetrie. Genauer mul3 man sagen: Proportion ist Gleicheit oder Ahnlichkeit zweier bestimmter Verhaltnisse, und zwar entweder stetig oder tmstetig. - - Proportio continua et discreta. - - Auch Proportionen k6nnen raumlich schwer zu finden sein. Besonders bei sog. funktionellen Proportionen, wobei also der Zeitbegriff wieder eine Rolle spielt, ist es oft schwierig, das Wesentliche zu erfassen. Hier sind meistens bestimmte mathematische oder geometrische, besser gesagt, Umformungen erforderlich, die dann selbstverstandiich aber dem wirklichen Tatbestand bzw. den Vorgangen genan entsprechen mtissen. Immerhin dtirfte klar sein, dab geometrische und arithmetische Proportionen in der Biologie eine grol3e Rolle spielen. Wenn nun die Realitaten, die diesen vier eben behandelten Begriffen entsprechen, in der Physik und Mathematik immer prinzipiell mel3bar sind, so gilt das gleiche auch ftir die Biologie. Lediglich, dab hier die Verhaltnisse wesentlich komplizierter liegen und die MeBbarkeit erschwert ist. Jeder der vier Begriffe beinhaltet an sich schon den Begriff der Harmonie. Rhythmus und Periodizitat sind harmonische Gebilde. Desgleichen Symmetrie und Proportion. Eine Dysharmonie entsteht, wenn von Asymmetrie, yon Disproportionalitat, von Arrhythmie gesprochen werden kann. Die Harmonie ist also in der Materie selbst dargestellt, sie erscheint, sie ist ein Phanomen, abet sie ist Ausdruck nicht nur materieller Dinge, sondern auch geistiger. Bei Oberlegungen auf dem Gebiete der theoretischen Biologie haben wir zunachst im Materiellen zu bleiben. Um auf das oben Ausgefiihrte zurtickzukommen: Man kann sagen, dab Symmetrie und Rhythmus Ordnungselemente in Raum und Zeit darstellen. Sie mtissen daher auch als Ordnungselement in der Biologie entsprechend zu linden sein. Harmonische Strukturen in der Biologie sind demnach die Regel, besser gesagt, sie sind normalerweise vorhanden. Sie miissen und werden vorausgesetzt. Und es ist ein grol3er Irrtum zu glauben, dab derartige {3berlegungen oder Gesichtspunkte in der wissenschaftlichen Forschung im allgemeinen nur am Rande eine Rolle spielen. Es ist die weitere Frage, wie diese Rolle im einzelnen zu prazisieren ware. DaB bei tier Entdeckung neuer Funktionen oder neuer Strukturen
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harmonische Verhaltnisse eine Rolle spielen, mul3 vorausgesetzt werden. Es ist unmittelbar nicht yon prakfischer Bedeutung. Insofern, und nut insofern ist der heuristische Wert des Harmoniebegriffes eingeschrtinkt. Anders sieht es aus, wenn sich bei der Forschung dysharmonische Verhaltnisse herausstellen. Es erhebt sich dann sofort die Frage, worauf diese zuriickzuffihren sind. Wenn es sich nicht um Fehler in der Methodik oder um unzureichende oder falsche Modellvorstellungen handelt, so kann man nicht nur, sondern mul3 sogar annehmen, dab hier besoIldere Verh~ltnisse vorliegen, die es nun im einzelnen zu erforschen gilt. Der Weg der Biologie geht nicht immer in diese Richtung, aber er ist prinzipiell m6glich, und das ist hier das Wesentliche. Im folgenden sei ein anschauliches Beispiel gegeben. In seinem Werk ,,Bauprinzipien des S~iugerskelettes" (KUMMER, I959) untersucht der Autor unter anderem auch die Spongiosastruktur im coxalen Femurende erwachsener S~ugetiere mit einer besonderen vergleichenden Methode. Er bedient sich dazu der Darstellung yon Spannungstrajektorien in belasteten Plexiglasmodells. Diese Modelle sind den Femurenden der betreffenden Tiere genau nachgebildet. Es zeigt sich, dab bei bestimmter Druckbelastung der Verlauf dieser Trajektorien gellaUSO aussieht wie etwa das betreffende nattirliche Femurende des bestimmten Tieres im RSntgenbilde. Die Spongiosastruktur zeigt ein jeweils ganz charaktefistisches, sehr harmonisches Bild. Dieses nun ist bei den meisten Tieren, jedenfalls bei denen, die bier untersucht worden siIld, durchaus zu finden, bei manchen aber nicht, z.B. auch nicht beim Dackel. Hier zeigt sich in Femurkopf und Femurhals eine v611ig unregelmaBige Spongiosastruktur, deren UnregelmaBigkeit fiir den Verfasser sofort der Anlal3 ist, nach Besonderheiten in diesen Fallen zu suchen. Er sagt dabei: ,,Ffir dieses Verhalten sind zwei ErklarungsmSglichkeiten denkbar. Die einfachste Annahme ware, dab neben Tieren, die eine ausgesprochene Anpassungsfahigkeit des Knochens an die funktionellen Erfordernisse besitzen, andere existieren, denen diese Eigenschaft mehr oder weniger fehlt. Die zweite Deutung k6nnte sich auf die Beobachtung sttitzen, dal3 gerade in diesen Fallen, in denen eine regelmaBige Struktur schwer oder gar nicht erkennbar ist, eine dichte Spongiosa mit kleinen, rundlichen Maschen gefunden wird. Rundmaschen-Spongiosa kann man sich aus streng trajektoriell ausgerichteter Spongiosa dadurch hervorgegangen denken, dab die Balkchendicke im Verh~iltnis zur Maschenweite stark zunimmt." Diese Ansicht wird dann welter ausgeffihrt mid im einzelnen auch experimentell zu begrfinden versucht. Wichtig ist hier, dab nach wie vor eine harmonische Struktur vorausge-
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setzt wird. Nur wird angenommen, dab sie eben nicht ohne weiteres sichtbar sei bzw. dab man diese nicht in der hier angewendeten experimentellen Methodik zur Darstellung bringen kSnne. Die Frage ist nunmehr, ob man jede Asymmetrie, Disproportion, Arrhythmie, Aperiodizit~t in der Biologie sogleich als etwas Anormales atlffassen soll. Das ist sicher nicht so ohne weiteres der Fall. Es gibt hier auch Grenzen, die mehr gradueller Art sind. Wichtig erscheint es aber doch, zu betonen, dab die harmonischen Verh~iltnisse, die bei Organismen zu linden sind, eine erhebliche Konstanz aufweisen. SJSSTt~A~D (1961) hat dies einmal sehr deutlich hervorgehoben. Er sagt: ,,Die biologische Materie ist durch einen regelm~iBigen Aufbau charakterisiert, der in offenbar gesetzm~Biger Weise den Funktionen angepaBt ist. Zwischen der GrSBe, Form, Strukt~r und Funktion tier Organe lmd Gewebe finden sich somit bestimmte Verh~tltnisse. Diese sind im groi3en und ganzen bei verschiedenen Individuen derselben Art sowie bei Arten derselben Tierfamilie, schwankend je nach KSrpergrSge und den Lebensverh~ltnissen, doch sehr gleich." E r ftihrt dann im weiteren aus, dab jede bedeutendere Abweichtmg von diesen an sich konstanten Verh~ltnissen ohne weiteres als Kriterium eines pathologischen Vorganges bzw., einer pathologischen Ver~nderang gewertet werden kann. Jede StSrung normalerweise konstanter Symmetrien, Rhythmen, Proportionen, Periodizitaten hat pathologische Bedeutung. Nattirlich spielen hierbei auch der Grad der StSrung und die Dauer eine Rolle. Wir werden daratff sp~iter beim Degenerationsproblem noch zuriickkommen. Es sei hierbei noch einmal hervorgehoben: So wenig Chemie und Physik bzw. Mathematik den Bereich des Organischen kennzeiehnen kSimen, so wenig l~tBt sich dies dtlrch die mathetischen Kriterien des Harmoniebegriffs erzielen. (Rhythmus, Symmetrie sind keine spezifischen Kennzeichen nur des Organischen). Trotzdem abet gelingt es uns, mit Hilfe der Physik, tier Chemie, tier Mathematik das organische Leben eingehend zu erforschen, ohne dab dieses etwa lediglich in Physik, Chemie trod Mathematik aufgelSst w~re. Ebenso ist es mit dem Harmoniebegriff und seinen Kriterien. Die folgendert Atlsfiihrangen miissen sieh auf spezielle Einzelheiten konzentrieren. Es sei hier gleich am Anfang erw~thnt, dal3 Ial3bare Disharmonien auch ftir das Verhalten der ~tuBeren Farben vieler Lebewesen wichtig sind. Zwischen harmonischen Farbenverh~ltnissen und gestmden, physiologischen Funktionen bestehen bei den meisten Orgaaismen ganz bestimmte Beziehungen (BLocH, 1953): ,,Es mul3 daran festgehalten werden, dab die zu beobaehtende Harmonie der Farben der Natur einmal
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auf den universalen Gesetzen der Ordnung ihrer Gestalten und Vorg~inge, sodann atff der harmonischen Gesetzm~tBigkeit anserer Sinnesorgane (und des Nervensystems) und schlieBlich auf der Analogie der Gesetzm~tBigkeiten des subjektiv physiologischen und des aul3ersubjektiven Bereiches beruht." Disharmonische Ver~inderungen lassen tats~tchlich weitgehende Schliisse auf pathologische Prozesse zu, z.B. auch auf besondere Gen-Kombinationen bei Tieren und Pflanzen (REICUENBACI~-KLINKE, 1954). Es ist an dieser Stelle nicht weiter auszuffihren, was unter harmonischen FarbenverMltnissen zu verstehen ist. Ein weiteres Beispiel: LINZBACI-I(1950) stellte fest, dab alle normalen menschlichen Herzen etwa die gleich groBe Anzahl von Muskelfasern haben. Die Verteilung auf bestimmte Gr6Benklassen, die sich mit einigem mathematischen Geschick durchf/ihren 1N3t, ist durchaus konstant. Fasern der rechten Kammer sind urn soviel kleiner als dem GewichtsverhMtnis der Kammern entspricht. Dies ist von den einzelnen Individuen v611ig unabMngig. Beim harmonischen Wachstum bleibt attch die Proportion Oberfl~iche zu Volumen der Muskelfaser stets gleich. Bei einem tiberm~Bigen Wachstum, wobei Gesamtgewichte fiber 800 g auftreten, zeigen sich jedoch MiBverMltnisse: Man kann feststellen, daI3 die Elastizit~t des Herzens vermindert ist. Es kommt zur Dilatation, zur Schwielenbildung, zttm allgemeinen Sauerstoffmangel und anderen pathologischen Kennzeichen. Auch auf dem Gebiete des Stoffwechsels finder man hier die gleichen Verh~ltnisse : PETTE (I965) setzt das Stoffwechselschema sogar als einen sog.
Archetyp an. Er stellt fest, daB: ,,das Wirkungsgef/ige eines bestimmten Stoffweehselabschnittes als physiologisehe Struktur in differenten Zellen und Geweben prinzipiell homolog ist. Im zellul~iren Bereich tiberspannt die Homologie physiologischer Strukturen alles Belebte. Tats~ichlich ist die Zahl der Varianten gering." Bei der Untersuchung der fermentativen Aktivit~iten beim Zucker-, Fett- und Aminos~turen-Stoffweehsel (nicht mtr beim Menschen) fallen konstante, spezifische Proportionen atff, ja, es gibt innerhalb der Enzym-Aktivit~tsmuster System-Proportionen und System-Korrelationen, vor allem organspezifische und funktionsspezifische Proportionen yon einer derart absoluten Gleichf6rmigkeit, dab j ede Abweichung entweder auf eine ungenaue Untersuehung, falsche Bezugspunkte, oder - - auf etwas bereits Pathologisches schlieBen l~igt. Man kann auf diese Weise sogar dort homologe Organe bestimmen, wo das rein
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morphologisch nicht mSglich ist! Der Autor h~It es nicht ffir abwegig, hieraus phylogenetische Schltisse zu ziehen. In neuerer Zeit sind zahlreiche, meist angeborene Fermentdefekte entdeckt worden, welche mehr oder weniger schwere StoffwechselStSrungen verursachen. Alle diese pathologischen Verandertmgen gelten als degenerativ; z.B. ist beim sogen. ImmunkSrper-Mangel-Syndrom die Widerstandsf~higkeit und Anpassungsfghigkeit des Organismus deutlich eingeschrankt. Auch f/ir andere, bestimmte Blutkrankheiten gilt Gleiches: Bei der Erforschung der Baumuster des Blutfarbstoffes bei Tieren and Mensehen (JONXlS 1965) sind die Aminos~,turen-Sequenzen der H~tmoglobin-Proteine in den Vordergrtmd des Interesses gerfickt. Die H~moglobin-Molekeln haben in ihren Ketten eine ganz bestimmte r~umliche Konfiguration von bestimmten Proportionen und Symmetrien, die teilweise recht kompliziert sind. Normale Varianten bei einer Art oder bei verschiedenen Arten zeigen andere konstante Proportionen, aber keine Asymmetrien oder Dysproportionen. Diese findert sich aber stets bei pathologischen Ver~nderungen, bei den zahlreichen, sogen. H~moglobinopathien, die meist erblich sind. Die Beobachtung zeigt, dab hierbei auch verminderte Vitalitat, Anpassung, Differenzierung, Zentralisation vorhanden ist. Demnach ist es hier berechtigt, yon einem degenerativen Vorgange zu sprechen. Es wurde schon gesagt (S. 58), dab es notwendig ist, die einzelnen Stufen, aui denen sich die einzelnen Kriterien befinden, genau zu beachten. Es sei an dieser Stelle jedoch auf eine offensiehtlich hgufig anzutreffende, feststehende Korrelation aufmerksam gemacht. Es handelt sich urn den Zusammenhang zwischen Gr6/3enzunahme, Differenzierungsgrad und Proportionalit~t. Groge Arten oder Rassen sind bekanntlich nicht nut perspeetivisch vergr6Berte Kopien kleinerer gleichzeitig oder frfiher lebender and kleine Arten nicht Miniaturausgaben gr6Berer. Dies gilt aber auch ffir die OrgaI~e innerhalb eines Individui: Jede Vergr6Berung oder Verkleinertmg mul3 harmonisch vor sich gehen. Andernfalls handelt es sieh tim pathologische, oftmals direct degenerative Ver~tnderungen. SCHILDER (I950) fand, dab bei einer Zunahme der K6rperlgnge aueh die Anzahl und die Gr6fie verschiedener Organe in wohlproportionierter Weise zun.ehmen (Potenzkurve). ASHTON U. ZUCKERMAN (I956) wiesen eingehend auf die normalerweise harmonischen Wachstumskurven bin: a) Korrelation zwisehen zunehmertdem Alter, Gewicht and Gr613e, b) zyklische Variatiormn der Wachstamsperioden in der Ontogenese des Menschen;
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c) harmonische Anderungen der K6rperproportionen im Laafe des Lebens: Wachstumsgradient in tier Langsache, d) proportioniertes, allometrisches Wachstum z.B. des Hirn- und Gesichts-Sch~dels des Pavians. St6rungen dieser Periodizit~iten und dieser regelmaBigen Proportions-Anderungert sind pathologisch. Als normal und neuartig k6nntert sie nur gelten, werm sie harmonisch waren. TROLL (1949) macht auI das Prinzip der variablen Proportionen in der Botanik aufmerksam, welches in dieser Fassung allerdings begrenzte Bedeutung hat. Wenn Individuen oder Populationen (Rassen, Arten, Gattungen etc.)
im Laufe ihrer Geschichte grd/3er oder kleiner werden, oder wenn andere Ma/3verh~ltnisse tier Organe auftreten, so mi~ssen die Anderungen der Pr@ortionen geometrisch-harmonisch geschehen. Au/3erdem darf der Grad der jeweiligen (morphologischen und funktionellen) Differenzierung nicht geringer werden (in der Regel sogar gr~/3er). Es darf keine pathologische Entdifferenzierung (ira Sinne SPENCERS) auftreten. Die BERG~ANN'sche Regel (gr613ere Formen aus dem Bereiche von Arten, Gattungen entwickeln sich in kfihleren, kleinere Formen in wfirmeren Klimazonen der Erde, was allerdings nur Ifir homoiotherme Tiere gilt, aber auch ffir viele Pflanzen-Kategorien) und andere Regeln fiber die Ursachen der Gr6Bensteigerung, ferner das DOLLO'sche and RosA'sche Gesetz sagen nichts hiergegen aus (s. atlch welter unten). Besonders gut kann man StSrungen der Pr@ortionalitgt beim sog. allometrischen Wachstum beobachten. Die K6rperproportionen bleiben w~thrend des gesarnten Wachstumsvorganges nicht gleich. Sie sind beim S~ugling andere als beim Jugendlichen, und beim Erwachsenen verschieben sich die Verh~ltnisse wieder etwas in ganz bestimmter Weise. Diese Tatsache wird im allgemeinen durch die Gleichung vom Typ y = b • c~ausgedriickt, wobei alpha eine organ- bzw. individualspezifische oder artspezifische Konstante ist. Man nimmt heute sogar an, dab der Koeffizient dieses relativen Wachstums, n~mlich eben alpha, in einigen FXllen genetisch verankert ist. Ganz sicher nachgewiesen ist das jedoch noch nicht. In pathologischen F~illen findet man hier im Verlaufe des Wachstums bestimmte St6rungen, die einen genaueren Anhaltspunkt geben als die Beobachtung des gesamten Wachstums fiberhaupt. Denn mit dem allometrischen Koeffizienten, der, wie neuere Untersuchungen (KERMACK U. HALDANE, 1950 ) zeigten, doch gut mathematisch gesichert ist, lassen sich kleinere Abweichungen sicher verifizieren. Die allometrischen Kofiffizienten, welche das Wachstum der verActa Biotheoretica X V I I I
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schiedenen Teile des Organismus mit dem Ganzen in Beziehung setzen, k6nnen in gesetzm~il3iger Weise variieren. Daraus ergibt sich, dab es verschiedene Wachstumsgeschwindigkeiten an bestimmten Organ- oder K6rperachsen geben mul3, d.h. dab sein Geschwindigkeitsgradient festzustellen ist. Oft ist das Wachstumspotential eines Organes oder einer Region derart verteilt, dab die Intensit~t zu beiden Seiten des Wachstumszentrums symmetrisch abfiillt. Dies gilt nicht nur f/ir makroanatomische Verh~tltnisse, sondern auch fiir bestimmte Zellbereiche iiberhaupt (YOUNG, 1945). Diesen Wachstumsgradienten entsprechen wieder bestimmte biochemische Verhiiltnisse bzw. Vorg~inge, die dann in sich wieder symmetrisch oder in pathologischen F~illen asymmetrisch sein k6nnen. Es ist demnach Prinzipiell m/3glich, derartige Verh~tltuisse innerhalb einer Population genau zu studieren. Darauf hat schon BERTALANFFY (1942 S. 232) eingehend hingewiesen. Ein anderes Mittel, proportionales Wachstum der verschiedenen Teile eines Organisnms mit dem Resultat einer Ver~inderung der Gestalt eingehend zu erforsehela, ist das Transformationsschema yon D'ARcY THOMPSON. Dieses wurde von MEDAWAR (1950) erweitert und mathematisch formuliert. Methodisch wichtig ist hierbei nur, dab dieses System sinngem~il3 angewendet wird, und zwar nur auf hom6omorphe Formen, wobei man vor allem pal~iontologische Abweichungen erfassen kann. Nattirlich handelt es sich hier lediglich um eine statische Betrachtung, um ein Hilfsmittel, welches als solches nicht etwa als Kriterium degenerativer Vorg~tnge zu gelten hat. Andererseits diirfte klar sein, dab man bei der richtigen Anwendung dieser mathematisch verh~iltnism~iBig exakten Methode durchaus in der Lage ist, St6rungen der Harmonie, hier also St6rungen der Harmonie des Wachstums sehr deutlich zu verifizieren. Denn wenn man hier den zeitlichen Verlauf der Wachstumsvorg~inge mitberiicksichtigt, ist man in der Lage, St6rungen der Periodizit~t, der Symmetrie und der Proportionalit~t zu erfassen. Eben damit erh~tlt der Harmoniebegriff durchaus einen realen wissenschaftlichen Sinn. AuBerdem ist die Gefahr vermieden, dab einerseits eine idealistische Erkenntnistheorie vorausgesetzt werden muB und dab man andererseits etwa erst gezwungen w~ire, metaphysische Erwfigungen voranzustellen. Im Gegenteil kann die biologische Forschung dergleichen auf sich beruhen lassen. Es hat sich im Verlauf der Untersuchung also gezeigt, dab Begriffe wie Vitalit~it, Harmonie, Disharmonie, Anpassung, Resistenz usw. durchaus keine mystischen Begriffe sind. DaB sie bisher auf theoretischem
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und praktischem Gebiete h~iufig migbraucht wurden, besagt nicht, dab man sie nicht in angemessener Weise mit Vorteil in der modernen Biologie verwenden k6nne. Es kommt eben darauf an, dab man mit diesen Begriffen innerhalb der Grenzen der wissensehaftlichen Methodik bleibt. Das bedeutet vor allem auch: im Bereich des Quantitativen! Marl mul3 sieh andererseits aber genauso dessen bewuBt sein, dab das Leben selbstverst~tndlich sich nicht im Quantitativen ersch6pft, sondern bestimmte qualitative Grundlagen hat. Deshalb sei hier noch einmal gesagt, dab sich die Biologie hier atff eiller bestimmten Erkenntnisebene befindet; denn bei ihrell auf Zeit, Raum, Bewegullg, Kausalit~t beruhenden Forschangsmethoden kalln sie immer llur die aus diesen Kategorien oder Prinzipien abzuleitenden Erscheinungen finden, hie aber etwas, was nicht Gegenstarld eben dieser Betrachtungsweise seir~ kann. Es kann also, im wissenschaftlichen Sinne, weder die ,,Gestalt" noch die ,,ganzheitliche Funktioll" gefundell werden noch eine bestimmte andersartige ,,Idee" oder ,,Entelechie" usw. Es gibt also einerseits nut Leben und andererseits nut Erscheinungen, an denen wir das Leben wahrnehmen und erforschen k6nnen. In diesem Sillne wird hier auch nicht untersucht, was Lebenskraft, was Anpassung, was Resistenz ,,eigentlich" sei, sondern nur wie sie seien, d.h. also diejelligell Erscheinungen der Lebenskraft, die sich in diesem Sinne auch quantitativ bestimmen lassen, werden untersucht. Wir k6nnen also diese ganzen grundlegellden Begriffe in der Biologie durehaus anwellden, ohne dab wit einerseits in eine idealistische Erkenntnistheorie, andererseits in eine unberechtigte metaphysische Betrachtung hineillgeraten. DaB sich hierbei, also bei streng wissenschaftlicher Betrachtung, letzlich doch ein gewisser Hiatus tier Erkenntnisweisen zeigt, l~tBt sich leider nicht vermeiden. Man muB sich dessen bewuBt sein und darf die verschiedenen Erkenlltnisebenell nicht durcheinanderbringen oder gar vertauschen. ZUSAMMENFASSUNG Es wird untersucht, wie der Prozeg der Degeneration gekennzeichnet werden kann. Dabei ergibt sich, dab es am besten ist, an den ~leeren Definitionen festzuhalten, weil das Grunds~ttzliche darin herausgestellt wird. Jedoch sind weitere t3estimmungen im Rahmen der modernen Biologie, insbesondere aut den Gebieten der Genetik und Biochemie erforderlich. Phylogenetische und pal~tontologische Erwggungen sind dagegen in diesem Zusammenhange heute noch mit grol3en Unsieherheiten behaftet. t~esondere I-Iervorhebung verdient die Tatsache, dab beim Menschen zwar auch biologische Vorggnge bei der Degeneration entscheidend, jedoch nicht das Prim/ire sind. Die n/iheren und ferneren Ursachen der Degeneration werden hier nieht einge-
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helid behandelt, soliderli es wird nur festgestellt, dab grunds~tzlich eili endogener ProzeB in Betrach.t kommt. I m einzelneli ergibt sich folgendes: Degeneration ist als ein pathologischer ProzeB bei Lebeweseli anzusehen, wobei im Vergleich mit dell Ascendenteli die psychophysische Widerstandskraft andauerlid und erheblich vermindert ist. Dies fiihrt zum mehr oder milider schliellen Aussterloen eilier Populatioli, soferli die degenerativen Stigmata Iortgeerbt werden. Auch Periodeli zeitweiliger Regeneration gnderli hieran nichts. Stellt m a n bestimmte morphologische ulid physiologisehe Kenlizeichen als differentia specifica heraus, so findet man: Miliderwertigkeit oder Fehleli wichtiger, bisher vorhandelier ulid voll funktionierender Orgalie, maligelhafte Integration der F u n k t i o n e n des Organisnms, schwerere St6ruligeli (z.B. starke Verz6gerulig des \Vachstums) der sonst harmonischen, olitogenetischeli Erttwicklulig, vorzeitiges Alterli. Eilie weitere Prgzisierung ist yore Gebiete der Gelietik her m6glich, insbesolidere voli dem der Zytogelietik: Manifestation von Letalfaktoren (semiletalen IIIId sogeli, synthetischen) bei allgemeiner Zuliahme der Homozygotie und Verminderung der jeweiligen Heterozygotie einer Population. Verschiebulig des VerhS,ltnisses Mgliiichen/Weibchen, Verminderulig der Fruchtbarkeit (intraspezifisch!), Verbreitetes Auftreten yon Chromosomen-Aberrationen (besoliders beim Menscheli folgenschwer), Vermiliderung des regulativ-adaptiven crossing-over-Potelitials, IIachhaltige St6rling der epigenetischeli ttom6ostasis ohne Erreicheli eines neuen Gleichgewichtes. Dysharmonische Ver~nderung des balalicierten Polymorphismus einer Population. Auf diese Weise lassen sich die alifangs bezeichneteli Kriterien nicht nur im einzellieli wisselischaftlieh bestimmen, sondern anch die als degelierativ zu bezeichlieliden VorgS.nge der Popnlationeli empirisch verifizieren, Der in der Genetik h~ufig angewelidete Harmonie-Begriff (vgl. MAYR 1967) l~Bt sich, wie anhangsweise gezeigt wird, ebenfalts auf wisselischaftlicher Ebelle Mar keliiizeichlien. Seine Characteristica silid prinzipiell ohlie Ausnahme der mathematischeli bzw. Systelrt-Aiialyse (MESAROVld 1968) f~hig. I n der Anwelidung auf degenerative Vorggnge wird folgelide Formulierung vorgeschlage n : Jede anhaltende, stS~rkere St6rulig yon Lebensvorg~ngeli, die normalerweise Eurhythmie und PeriodizitXt, Symmetrie nlid Proportionalitgt erkenlien lassen, Iiihrt, weliii sie bei zahlreicheli IIIdividuen einer Population iiber milidestelis zwei Gelierationen auftritt, zur Degeneration ulid damit zum Aussterben. Das Aussterbeli eilier Species oder bestimmten Population kann aber auch viele alidere Ursaeheli haben. Der manchmal ins Feld gefiihrte Begriff der Plastizit~t ist weliiger brauchbar, da hierin wieder die Begriffe der Vitalitgt, Anpassung, Resistenz etc. enthalten sind. Es erweist sich als m6glich ulid zweckmggig, in der Genetik, in der Biologie iiberhaupt (soferli m a n daruliter die Lehre yon den Erscheinu~r der Lebeliskraft versteht) die Begriffe der VitalitXt, der Anpassling, der Resistenz zu verwenden, ohne dab m a n deshalb das Gebiet sogen, vitalistischer Spekulatiolien betreten miil3te. Eine Grenztiberschreitung darf nicht stattfinden, ist aber auch garliicht erforderlich. Es ist IIur iestzuhalten, dab m a n den ontologischeli Charakter, das Wesen der VitalitXt auf sich beruhen l~Bt, geliali so, wie dies der Physiker bei der Behandlung der verschiedenen Naturkr~fte ebenfalls halidhabt. SchlieBlich ist IIoch zu sageli, dab eine spezialistische Stanndard-Definnition der Degeneration (scholi wegen der besondereli Verhgltnisse beim Menschen) nicht gegebeli werden kanli.
ZUM PROBLEM DER DEGENERATION
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