DIE NATURWISSENSCHAFTEN 48. Jahrgang
Heft t l (Erstes Juniheft)
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Zum Problem der Erdexpansion Von P. JORDAN, Hamburg
w 1. Einleitung Bekanntlich hat sich in der Geologie nnd Geophysik lange Zeit die Lehrmeinung behauptet, dab die Erde sich im Laufe der geologischen Epochen langsam kontrahiert habe. Dem gegentiber hat neuerdings die ~berzeugung AnMnger gefunden, dal3 die Erde in fortdauernder Expansion begriffen sei -- wobei freilich auch unter den Vertretern dieser Expansionstheorie noch Meinungsverschiedenheiten dariiber bestehen, wie stark diese Expansion gewesen bzw. heute noch ist. Wir wollen im folgenden die beiden vorliegenden Varianten der Expansionstheorie kurz als die Theorie der schwachen bzw. der starker Expansion bezeichnen. Die Theorie der schwachen Expansion wird bevorzugt z.B. von EWI~G, DICt
drift-Theorie gewahrt werden k6nnen, w~hrend die Hauptschwierigkeit dieser Theorie beseitigt wird. Ferher k6nnen in diesem Zusammenhang die bekannten Polwanderungs-Theorien ausgeschaltet werden, welche bislang einerseits nicht entbehrlich schienen, andererseits abet sehr unglaubwtirdige Behauptungen enthielten. IV. Die yon DIRAC [23] sehon 1937 begrtindete Hypothese einer fortschreitenden Abnahme der Gravitatiomkonstanten im Laufe der kosmologischen Entwicklung bietet eine Erkldrungsmb'glichkeit fiir das Stattfinden einer st~tndigen Erdexpansion. Die Frage, wie diese Diracsche Hypothese mit der Einsteinschen Gravitationstheorie in Verbindung gebracht werden kann -- wobei eine gewisse Ab~inderung bzw. Erweiterung der Einsteinschen Relativit~itstheorie nStig ist --, bildete den Gegenstand theoretischer Untersuchungen des Verfassers sowie einer Reihe anderer Physiker und Mathematiker. Auf diese Untersuchungen soll aber hier nicht eingegangen werden. Der schon erw~ihnte Oedanke von J. FISHER, wie er in der damaligen briefliehen Diskussion pr~izisiert worden ist, ergab sich gerade aus der Prtifung der Frage, ob ftir die Richtigkeit der Diracschen Hypothese empirische Anhaltspunkte zu finder sind. Dagegen hat EGYED den gleichen Gedanken ohne Bezugnahme auf die Diracsche Hypothese gefal3t, sp~iter jedoch diese Hypothese als die beste Erkl&rungsgrundlage ftir die -- von ihm als Faktum angesehene -- Erdexpansion anerkannt. DICKE [5] hat in einer lehrreichen Er6rterung der Diracschen Hypothese auch die (mindestens schwache) Erdexpansion als Konsequenz erl~utert. Die Diracsche Hypothese ftihrt, indem sie eine Expansion der Erde als Folgerung ergibt, zugleich auch zu entsprechenden Folgerungen betreffs anderer Himmelsk6rper. Beim heutigen Stande unseres Wissens kommen vor allem der Mond sowie Mars ftir eine Prtifung dieser Folgerungen bzw. fiir einen Vergleich mit der Erde in Betracht. Erg~nzend hat BINCE jedoch in seinen gedankenreichen Ausftihrungen zur Deutung des VuIkanismus auch auf Jupiter und Venus hingewiesen, ftir welche schon einige in diesem Zusammenhang beachtenswerte empirische Tatsachen, insbesondere radioastronomischer Art, bekannt sind. Sehr vielseitige Prtifungsm6glichkeiten ftir die Diracsche Hypo• und ihre verschiedenen Folgerungen werden sich ergeben aus dem Fortschritt der durch die Raketentechnik erm6gliehten Forschungen, in deren Anf~ngen wir jetzt stehen. Endlich ergibt aber, worauf zuerst von TELLER[6] hingewiesen wurde, die Diracsche Hypothese auch sehr einschneidende Folgerungen betreffs der Strahlung der Sonne (und anderer Fixsterne) in der Vergangenheit. Daraus ergeben sieh neue Gesichtspunkte ftir die Palfioklimatologie, welche yore Verfasser [1] sowie yon DICKE [5] er6rtert worden sind. Vor ein bis zwei Jahten hat der Verfasser den damaligen Stand der Dinge 29
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zusammenfassend diskutiert [2]; die bier vorgelegte ktirzere Darstellung, die sich auf eine Skizze der wichtigsten Punkte beschdinken soll, hat auBerdem einige wesentliche Erg~inzungen zu bertieksichtigen. Die neueste in der Literatur vorliegende zusammenfassende Besprechung des Problems, die yon J.T. WILSO~ [7] gegeben wurde, lfiBt ebenfalls die Vielfiiltigkeit der mit der Erdexpansion zusammenh~ngenden Fragen erkennen, bringt aber doch nut einen Tell der diesbeziiglichen Perspektiven zur Darstellung (insbesondere durch Nichtberticksichtigung der Theorie der starken f80
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darstellung; einer der Arme dieser Spalten l~uft nahe dem Nordpol vorbei und kann infolgedessen in der gew~ihlten Projektion nicht voll erfal3t werden. Neben den schon fffiher bekannt gewesenen Tiefseegr~iben ist insbesondere die auf der atlantischen Schwelle entlang taufende SpaRe beachtenswert, welche anzeigt, dab diese Schwelle als Ergebnis einer lebhaften vulkanischen T/~tigkeit aufzufassen ist, welche offenbar als Folgewirkung des sich in der Spalte erkennbar maehenden Dehnungsvorganges aufzufassen ist. (Dies ist mit den Bingeschen Erw~tgungen zur Deutung des Vulka0
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Fig. I. Das System der Tiefsee-Spaltennaeh EWlNG,HEEZEN,THARP Expansion, welche WILSON skeptisch beurteilt). Eine erneute Er/Srterung der Probtemlage, wie sie bier unternommen wird, scheint deshalb berechtigt. w 2. D a s S p a t t e n s y s t e m der Erdoberfliiche
Das unterseeische Spaltensystem ist fttr die Beurteitung der Erdexpansion yon bevorzugter Bedeutung insofern, als hier der Expansionsvorgang in einer kaum bezweifelbaren Weise unmittelbar erkennbar ist, ohne dab eine kompliziertere und somit fi~r Einw/inde Raum gebende theoretische AnaIyse daffir erforderlieh ist. Wir k6nnen uns trotzdem zu dieser Seite des Themas hier mit kurzen Andeutungen begntigen, well kfirzlich von HEEZEN E4] eine sehr instruktive und bequem zug~ingliehe Darstellung gegeben ist; die ausffihrlicheren, im Erscheinen begriffenen Ver6ffentlichungen HEEZENs liegen allerdings (nach brieflicher Mitteilung) zur Zeit noch nicht vor. Fig. t zeigt nach HEEZEN das yon EWlNG, HEEZEN, TI~ARP entdeckte Spaltensystem [8] in einer Gesamt-
nismus in bestem Einklang.) Der Charakter der atlantischen Spalte als Ergebnis eines fortlaufenden Zerreil3prozesses wird iibrigens besonders deutlich sichtbar auf ihrem I s l a n d iiberquerenden Stiick. Gerade in den unterseeischen Teilen sind die Spalten nicht nur morphologisch, sondern vor allem auch als Linien stark geh~iufter Seebeben ausgezeichnet sowie als Ort eines erh6hten Wfirmestroms aus dem Erdinnern. Dal3 manehe Teile der Tiefseegdiben auch dureh isostatische Anomalien als ver~nderliche, in verh~iltnism~iBig rascher Umbildung begriffene Gebilde erwiesen wetden, ist schon aus ffi~heren Untersuchungen bekannt. Die Karte Fig. I zeigt, dab sich die fraglichen Tiefseespalten teilweise auch auf die Kontinente fortsetzen, z.B. in Gestalt des bertihmten afrikanischen Grabensystems. Man k6nnte ferner darauf hinweisen, dab der vom Mittelatlantik nach Gibraltar lautende Spaltenarm eine Fortsetzung finder in dem von STILLE [9] vor mehreren Jahren studierten Spaltensystem der Mj6senzone, welches in Fig. 2 nach STILLE
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P. JORDAN: Z u m P r o b l e m der E r d e x p a n s i o n
beschrieben ist. Jedoch mul3 nach HEEZEN (briefliche Mitteilung) damit gerechnet werden, dal3 es auf den Kontinenten noch mannigfache andere in diesen Zusammenhang geh6rige alte Spalten gibt, deren heutige Erkennung in manchen F~illen schwierig ist, weil ihnen das flit die Tiefseespalten so wesentliche Merkmal einer noch im Gange befindlichen BebenAktivit~it fehlt. Auf dem Monde gibt es gewisse ,,Rillen", die schon seit l~ingerer Zeit als Anzeiehen einer Expansion gedeutet werden. Man hat Irfiher an radioaktive Erw~rmung des Mondinnern als Ursaehe dieser Expansion gedacht; dab es sich aueh bier um einen Effekt im Sinne der Diracschen Hypothese handeln k6nnte, ist yon DICKE I51 und vom Verfasser Ill hervorgehoben worden. Es ist dabei sinngem~il3, dab die Expansion im Falle des Mondes sehr viel geringer ist als bei der gr613eren Erde. Die unterseeischen Spalten mtissen als relativ rasch ver/inderliche Gebilde angesehen werden, deren Breite nur einen geringen Bruchteil der in der Erdgeschichte insgesamt vollzogenen Expansion darstellt -- das wird auch von Vertretern der Theorie der schwachen Erdexpansion, wie DICKE, angenommen. Im Fall des Mondes hingegen ist fiir die seit der Bildung der grol3en Krater und der Mare verflossene Zeit wegen des Fehlens von Vorg~ingen, welche die Rillen wieder verwischen konnten, die gesamte in dieser Zeit erfolgte Expansion aus der Summe der Rillen-Breiten zu erkennen. Auf dem Mars dtirften die ,,Kan~ile" als Anzeichen einer Expansion anzusehen sein, welche ihrer St~rke nach zwischen derjenigen der Erde und der des Mondes liegen sollte. Diese vor langer Zeit zum Anlal3 phantasievoller Spekulationen gewordenen, sp~iter als optische T~iuschungen bewerteten ,,Kan~ile" werden heute yon Spezialisten doch wieder als reell angesehen. Die Fortschritte der Raumforschung, insbesondere die ktinftigen M6glichkeiten astronomischer Photographie yon Satelliten aus, werden zu diesem Thema reichere Anfschltisse ergeben.
5~ 3. Binges Deutung des Vulkanismus Die tJberlegungen J . H . BINGEs zum Thema der Vulkane und Intrusionen sind mit seiner Erlanbnis vom Verfasser in den zwei Auflagen des erwtihnten Buches sowie in der genannten Abhandlung skizziert worden. Eine im Erscheinen begriffene Abhandlung BINGEs geht fiber die damaligen, nur die Grundztige der Sache bertihrenden Erw~igungen welt hinaus und leitet einerseits aus der Analyse des umfangreichen Erfahrungsmaterials eine iiberzeugende Beweisfiihrung zugunsten der Erdexpansion ab, w~ihrend andererseits an einer Ffille yon Einzelfragen die Tragweite der auI die Diracsche Hypothese gegriindeten Expansionstheorie illustriert wird, welche fiir zahlreiche Probleme neue Gesichtspunkte ergibt. Im Mittelpunkt steht die Betonung des explosiven Charakters jener Beispiele des ,,Magmenaufstiegs", welche in einem Teil der F~ille zu offenen vulkanischen Ausbrtichen ftihren, aber in viel zahlreicheren F~illen nur bis zu einem Aufsteigen yon Tiefengestein in h6here Schichten, in Gestalt der verschiedenen Formen yon Intrusionen. Eine Erkl~irungsgrundlage fiir den explosionsartigen Charakter dieser Vorg~inge ist bislang vor allem im Vorgang der Entgasung anfsteigender Magmen gesehen worden (RITTMANNEIO~).
Nach BINGE mug aber einem anderen Vorgang eine wesentlich gr6Bere Bedeutung zugeschrieben werden, n~mlich der Phasenumwandlung der Gesteine von Hochdruckphasen in Niederdruckphasen. Es ist ja yon vielen Beispielen bekannt, dab gewisse Substanzen nicht nur in verschiedenen Aggregatzust~nden auftreten, sondern auch noch innerhalb der festen Phase Verschiedenheiten zeigen k6nnen, wie etwa zwischen monoklinem und rhombischem Schwefel, wobei diese zwei verschiedenen Phasen getrennte Druck-Temperatur-Gebiete der Stabilit~it besitzen. Jedoch kann iede der beiden erw~thnten Phasen auch aul3erhalb ihres Stabilit~tsgebietes als ,,metastabiler" Zustand langfristig existieren. Ffir die am Vulkanis-
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Fig. 2. Mittelmeer-MjSsen-Spalten nach STILLE
mus beteiligten Gesteine ist nun nach BINGE festzustellen, dab sie bei h6herem Druck, also in der Tiefe, in Phasen gr613erer Dichte stabil sind, nach Druckentlastung aloer in Phasen geringerer Dichte t~bergehen k6nnen, die nunmehr stabil sind. Dabei sind nach BINGE die fraglichen Phasenumwandlungen zum Tell so vorzustellen, dab sie aueh chemisch-petrographische Umwandlungen umfassen, woft~r BINGE bestimmte M6glichkeiten erl~iutert hat, welche tats~ichlich zu erheblicher Dichteverminderung ftihren. Diese -- z.B. bei RITTMANN noch nicht in Betracht gezogenen -- Phasenumwandlungen sind (ohne dab deswegen die Bedeutung der unter Umst~inden mitwirkenden Entgasung geleugnet werden mfiBte) nach BINGEs Deutung Hauptursache des Magmenaufstieges, unter der Voraussetzung, dab die fraglichen Schichten der Erdkruste unter einem im Laufe der geologischen Epochen st~ndig abnehmenden Druck standen, weleher die Hochdruckphasen allm~thlich in das Gebiet ihrer Instabilit~it brachte. Ein Anzeichen dafiir, dal3 diese Druckabnahme noch in der geologisch gut bekannten Zeit der letzten 500 Millionen Jahre merklich stattgefunden hat, sieht BINGE insbesondere in Beispielen geographischer Gebiete, in welchen der Vulkanismus im Laufe der Zeit Magmen aus immer tieferen Schichten aufsteigen liel3. 29*
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Der Mars zeigt auff~illigerweise weder Vulkanismus noch Gebirgsfaltung; man wird vermuten diirfen, dal3 auch Intrusionen dort nur in wesentlich geringerem AusmaB als auf der Erde vorliegen. Dies ist in Harmonie mit der Vorstellung, dab die im Sinne der Diracschen Hypothese verursachte Expansion beim Mars wesentlich geringer war als bei der Erde, so dab auch die Folgewirkungen schw~ieher ausgebildet sind. Auch die VerMltnisse des Mondes sind mit diesen Erw~igungen im Einklang, da dieser -- sofern wir nach BALDWINs Ill] sorgffiltiger Analyse die Mondkrater als Einsturznarben kleinerer und gr6Berer K6rper deuten diirfen -- aul3er den neuerdings entdeckten gelegentliehen Gasausbrt~chen keinen Vulkanismus zeigt. Dagegen sollte die Venus in ihrer der Erde fast gleichkommenden Gr6Be ~ihnliche AusmaBe vulkanischer Vorg~inge zeigen.
w 4. Diracsche Hypothese und Paldoklimatologie Als ,,Gravitationskonstante" bezeichnet man bekanntlich die Gr6Be der Gravitationsanziehung zwischen zwei kugelsymmetrischen Massen yon j e ein Gramm, deren Mittelpunkte t cm voneinander entfernt sind. Die Diracsche Hypothese behauptet also, dab diese Gr613e in Wahrheit keine Konstante, sondern zeitlich ver~tnderlich sei -- im Sinne einer langsamen Verkleinerung, deren Gr613enordnung ungef~ihr ein Milliardstel j~ihrlich betragen soll, so dal3 zur Zeit der Erdentstehung, vor 4 bis 4,5 Milliarden Jahren, die Gravitationskonstante / ein Mehrfaches des heutigen Wertes betragen haben k6nnte. Die Frage einer Prfifung der Diracschen Hypothese durch unmittelbare, auf die Gegenwart bezogene Experimente und Messungen ist yon DICKE E$] und dem Verfasser I12] er6rtert worden. Terrestrische Pr~zisionsmessung der Fallbeschleunigung k6nnte vielleicht bei Aufbietung h6chster heutiger M6glichkeiten die behauptete Verkleinerung von / im Laufe eines Jahrzehnts erfassen. Die Mondbewegung sollte zwar meBbar durch die Abnahme yon / beeinflul3t werden, entMlt abet wegen der Flutreibung andere Effekte ungef~ihr gleicher Gr6i3enordnung, deren theoretische Gr613e nicht genau genug zu bestimmen ist. Amerikanische Verfasser haben jedoch erkannt, dab Satelliten-Experimente den gesuchten Effekt besser erfassen k6nnten als die Beobachtung der Mondbewegung. Genauer besagt die Diracsche Hypothese, dab / umgekehrt proportional zum Weltalter sei; doch ist dessen Wert auf Grund neuer astronomischer Ergebnisse heute recht unsicher und umstritten -- wobei die Frage nach dem Weltalter gerade yon der Anerkennung oder Verwerfung der Diracschen Hypothese stark abh~ingt. Das vor einigen Jahren als wahrscheinlich angesehene Weltalter yon etwa 6 Milliarden Jahren ist zweifelhaft geworden durch die Entdeckung yon Sternsystemen, far welche Alterswerte yon t3 und sogar 25 Milliarden Jahre errechnet wurden; doch beruhen diese Berechnungen gerade auf der Voraussetzung, dab / wirklich konstant sei -- was dureh die Diracsche Hypothese bestritten wird. Die Leuchtkra/t und damit das Entwicklungslempo von Fixsternen ist n~imlich yon / stark abh~ngig -- wenn in friiherer Zeit / merklich gr6Ber war als heute, so muB damals auch die Fortentwicklung der scheinbar so extrem alten Sterne erheblich rascher fortgeschritten sein.
Die Naturwissenschaften
Die unter Voraussetzung von konstantem / berechneten hohen Alterswerte sind also wesentlich zu verkleinern, wenn die Diracsche Hypothese richtig ist. Angesichts dieser Unsicherheiten ist es zweckm~il3ig, die hypothetische umgekehrte Proportionalit~t yon / mit dem Weltalter zun~ichst beiseite zu lassen und lediglich folgendermal3en zu argumentieren: Die Erkl~rung einer erheblichen Erdexpansion wird umso leichter, je gr6/3er / vor 4 bis 4,5 Milliarden Jahren gewesen ist. Andererseits darf der damalige Wert yon [ nicht allzu groB vorgestellt werden, weil sonst das im Sinne der Diracschen Hypothese korrigierte Alter der Sonne zu klein ausfallen wtirde -- es mug ja mindestens gleich dem Erdalter sein. (Die Ermittlung des Erdalters, die sich auf Gesetzm~il3igkeiten der Radioaktivit/it grtindet, ist unabha'ngig von der Diracschen Hypothese.) Diskussionen mit M. SCHWARZSCHILI) haben reich tiberzeugt, dab der bier gegebene Spielraum recht eng begrenzt ist, wobei j edoeh eine genaue Abgrenzung heute noch nicht m6glich ist. Auf jeden Fall zwingt aber die Diracsche Hypothese zu der Folgerung, dab in frtiheren geologischen Zeiten die Erde merklich st~trkerer Sonnenbestrahlung ausgesetzt war als heute. Diese Folgerung entsteht aus zweifaehem Grunde: Neben st/irkerer Leuchtkraft der Sonne ergibt sich fiir den Fall eines gr6Beren / auch ein kleinerer Radius der Erdbahn, umgekehrt proportional m i t / . (Das ist tibrigens wichtig far die Frage der Entstehungsweise sowohl des Planetensystems als auch der Doppelsterne, wie vom Verfasser a. a. O. n~iher ausgefiihrt.) Dies ist seinerzeit von TELLER [6] als Einwand gegen die Diracsche Hypothese bewertet worden, da eine merklich h6here Temperatur der Erdoberfl/iche die Entwicklung des organischen Lebens verhindert Mtte. Jedoch hat TER HAAR C18] darauf hingewiesen, dab bei damaliger st~rkerer Sonnenbestrahlung eine st~rkere, geschlossene Bew61kung -- wie bei der Venus -- geeignet gewesen wfire, die Erdoberfl~che vor Erhitzung zu bewahren. Tats~ichlich sind die Verh~iltnisse der Steinkohlenzeit von POTONIs I1~] in einer Weise beschrieben worden, welche tier Verfasser als empirischen Beweis einer damaligen geschlossenen Wolkenhtille ansehen m6chte: Steinkohlenw~lder yon Spitzbergen bis zur Antarktis, aus Sehattenpflanzen bestehend, erweisen ein geographisch und jahreszeitlich gleichm~tBiges feuchtes und kfihles Klima (10 bis 12 ~ C) mit h~iufigen Sturzregen (vielleicht auch Hagel). Allerdings sind nach LorzE E15] aus noch ~lteren Zeiten (Friih-Kambrium bis Devon) umfangreiche Salzlager bekannt, so dab schon damals Austrocknungen yon Flachseegebieten stattgefunden haben mfissen. Jedoch wird man bei Zugrundelegung der Diracschen Hypothese hieraus nicht geradezu auf ein damaliges Vorkommen wolkenfreier Gebiete zu schlieBen haben: Ein Uberwiegen der Verdunstung gegenfiber den Niederschl~tgen k6nnte bei damaliger st~trkerer Sonnenbestrahlung der Erde auch unter geschlosseher, aber teilweise weniger dichter Wolkenbedeckung gebietsweise vorgekommen sein. In diesem Zusammenhange bietet sich anscheinend eine L6sung an fiir ein berfihmtes anderes Problem der Pal~toklimatologie. Die geographische Verteilung der in frtiheren geologischen Epochen eingetretenen Vereisungen hat bekanntlich AnlaB gegeben, ad hoc die Hypothese erheblicher Polwanderungen einzuftihren
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w 5. Das Problem der Kontinente und Ozeane in einer vom Standpunkt der Mechanik sehr unglaubwiirdigen Form. Jedoch liegen die fraglichen VerBekanntlich zeigt die Erdoberfl~che - - zun~ichst eisungsgebiete vorzugsweise gerade in N~ihe der ohne Beriicksichtigung der Wassermassen -- zwei verAquatorzone -- und zwar l~ings deren ganzer Er- schiedene Niveauh6hen, den Tiefseeboden und die streckung, iiber Siidamerika, Afrika, Siidasien, Au- Kontinentalschollen. Der grunds~tzliche Charakter stralien. Man mtigte also den Polen geradezu Wandedieser Unterscheidung ist yon DEFANT [191 eindrucksrungen um den heutigen Aquator herum zuschreiben: voll betont worden 1) ; obEin neuer theoretischer Gesichtspunkt, der uns yon wohl in beidenH6henstuso unwahrscheinlichen Annahmen be/reien kann, ist fen dutch die Gebirge ein wohl als sehr erw~igenswert anzusehen. gewisser Spielraum ver- + $000 Die vorgestellte geschlossene Wolkendecke der schiedener H6hen beanFrtihzeit k6nnte aber zeitweise und gebietsweise ihren sprucht wird, bleibt doch Hagelniederschl~igen ein f3bergewicht iiber das Tempo die Trennung der beiden hbhe I ~ .... des Auftauens gegeben haben; und das k6nnte gerade- Arten yon Oberfl~tchenzu unter den besonders starken Wolkenmassen des gebieten deutlich, wie Aquatorgt~rtets bevorzugt der Fall gewesen sein. Diese Fig. 3 zeigt. Sie wird Bevorzugung w~ire ebensowenig paradox wie etwa die unterstrichen durch das in der Gegenwart bestehende Tatsache, dab die Vorhandensein eines zuStratosphere t~ber dem Aquator k~ilter ist als tiber den meist steilen Abhanges, ~ I , Polargebieten. der die Kontinental- -70000 o 2 r % g In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dab ge- sehollen gegeniiber den //#~tT~e/t wisse Lehrmeinungen, welche mit den in diesem Auf- Tiefseebecken begrenzt, Fig. 3. H6henverteilungder Erdsatz er6rterten Auffassungen unvereinbar sind, ill der wovon Fig. 4 charakte- oberfl~che nach WEGENER und BUCHER neuesten Entwicklung der Geologie iiberwunden wor- ristische t3eispiele zeigt. den sind, vor allem dadurch, dab kernphysikalische Das Meerwasser fiillt die Methoden es erm6glicht haben, einen Zeitraum von Ozeanbecken bis etwas iiber die tiefsten Teile der etwa 3 Milliarden Jahren der geologischen Erfor- Kontinentalschollen (Schelf), diese als Flachmeer beschung zug~nglich zu machen; die diesbeziiglichen Er- deckend. gebnisse sind yon WILSON, I~USSEL und 1V[cCANN Seismik sowie die Untersuchungen zum Thema FARQUHAR ~161 iibersichtlich dargestellt. Die ~ilteren, Isostasie konnten das BUd dieser Zweistufigkeit beauf pal~iontologische Zeitmarken beschr~inkten Unter- kanntlich welter ausmalen im Sinne der Vorstellung suchungen, die nut ungef~ihr 500 Millionen Jahre er- vom ,,Sial"-Schollen (vorwiegend aus Granit oder fassen konnten, batten Deutungen zugelassen, welche Gneis bestehend), welche im spezifisch schwereren Gejetzt nicht mehr vertretbar sind -- insbesondere die stein des ,,Sima" (Basalte) schwimmen. Von entscheiMeinung, dab die Bildung von Faltengebirgen in der dender Bedeutung ft~r das Nachfolgende ist dabei die Hauptsache auf sp~ttere Epochen der Erdgeschichte Tatsache, dab die Dicke der Sial-Schollen aIs au/beschr~inkt gewesen sei oder dab es einen Wechsel zwischen erdumspan--d-*~Ag -.. ~r-~e~cde~r (nicht nut Teilgebiete betreff/V fenden) Faltungszeiten und Ruhezeio ten gegeben babe. Tats~tchlich muB 70oo .... , .............. '.2'~t-, ~-' i ~':i .j.. , _a bei erdumspannender Betrachtung die Faltungst~itigkeit als nahezu pausen200o los angesehen werden. Damit entf~illt 3000 auch die verschiedentlich vertretene I These, dab Eiszeiten verkniipft seien r Sohara --H e m 89163 - - - - ~o/Fmn 8/sc~,,ua . . . . Blc/ce P/aleau . . . . . . Pue#o /31~0 mit (angeblich begrenzten) Faltungszeiten, derart, dab Eiszeiten den FalFig. 4. Profile des Kolltinental-Abhangs,nach HEEZEN tungszeiten jeweils nachfolgen. Wenn die obigen Oberlegungen der Wirktichkeit [i~'llig gIeichmii/3ig (wenn auch nicht vollkommen gleicheinen Sehritt n/iher kommen, so miissen die Ver- m~il3ig) anzusehen ist: Betreffs ihrer Oberseite ist eisungen friiherer geologischer Zeitalter ganz anders diese Feststellung gerade in den zitierten Worten von beurteilt werden als die Eiszeiten des Quart/irs, deren DEFANT und im Diagramm Fig. 3 ausgedriickt; beUrsache nach wie vor unbekannt bleibt. Die (ohnehin treffs der Unterseite ergibt sich aus der weitgehenden umstrittene) Strahlungskurve von MILANKOWlTSClt Isostasie eine Aussage analoger Art. versucht j a lediglich, den Wechsel kfilterer und w~irmeOhne die ehemisch-petrographischen Einzelheiten rer Zeitabschnitte im Quart~tr zu erkl~tren, ohne auf hier zu er6rtern, wollen wit betonen, dab die Verdie Frage einzugehen, warum die k~tteren Abschnitte schiedenheit des Materials von Sial-Schollen und damals (ira Gegensatz zum Terti~ir) geradezu Ver- Sima-Unterlage einige Folgerungen ergibt, welche in eisungen grol3en Ausmal3es ergaben. manchen Diskussionen nicht deutlich genug bert~ckUnser sonstiges Wissen [17~, ~18~ yon klimatischen sichtigt worden sind: Eine Verwandlung von TiefseeVerh~ltnissen der geologischen Vergangenheit ist mit Boden in Kontinental-Gebiet oder umgekehrt (durch obigen Erw~tgungen im Einklang*). 1) ,,Es gibt in der ganzen Geophysikwohl kein zweites Gesetz yon soleher Klarheit und Sicherheit wie das erwfihnte,dab es zwei *) Zusatz bei der Korrektur: Die Ergebnisse yon N. D. OPDYKE bevorzugte Niveaus der Erdrinde gibt. Es mug seinen Grund im betreffs Wirtdriehtungenseit Beginn der Trias-Periodediirften eben- gesetzlichen Aufbau der Erdrinde, der eine Folge der Erdgeschiehte falls ohne Zuhilfenahme yon Polwandermagendenkbar sein. ist, habell." Naturwissensehaftert I961 29a
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p. JORDAN: Zunl P r o b l e m der E r d e x p a n s i o n
,,Absinken") kann hiernach nicht in erw/ihnenswertem Umfang in Frage kommen. Das ,,Gondwanaland" der Geologen kann, wenn die Verschiedenheit yon Sial und Sima reell ist -- woran wohl niemand zweifelt --, keinerlei andere Bedeutung gehabt haben als ein damaliges Zusammenliegen yon Afrika und Sfidamerika: Der atlantische Ozean mnB sich duch Trennung dieser Schollengebiete gebildet haben. Von hier aus mtiBte also die Wegenersche Theorie der Kontinentalverschiebungen als unausweichlich angesehen werden, wenn nicht die Theorie der Erdexpansion eine Modifizierung erlauben wtirde. In der Tat
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wissenschaften
andersartige Entstehungsweise zuzuschreiben, als kfinstlich und unglaubhaft wirken muB. Entschliel3en wir uns aber, ftir alle Ozeanbecken die gleiche Entstehungsweise anzunehmen, so gewinnen wir erstmalig such eine physikalisch annehmbare Erkl~irung ft~r das Vorhandensein der Kontinentalschollen -- mit ihrer auff~illigen Eigenschaft, einerseits eine sehr gleichm~tgige Dicke zu besitzen, andererseits nut einen Tell der Erdoberfl~iche zu bedecken. Die VOn FISHER, E G Y E D , HEEZEN vertretene Theorie der starken Expansion sagt hierzu: Auf der einstmals glutflfissigen Erde hat sich eine die ganze Kugel einheitlieh um-
/assende, gleichmd/3ig dicke Auflenschicht yon Sial iiber der darunter folgenden Sima-Schicht gebildet. Nach der Erstarrung ist die expandieIG rende Erde aus dieser Hiille allm~ihlich herausgeplatzt; die heutigen Kontinentalschollen sind die Teilstt~cke der in Dicke und Fl~ichengr6Be unver~indert gebliebenen einstmaligen Sial-Hfille. Fig. 5 verdeutlicht den Vorgang der Ozeanbildung nach HEEZEN. 8 DaB diese Deutung mit gewissen Schwierig76 keiten verbunden ist, soll hernach noch besprochen werden. Zun~chst seien ihre positiven Seiten kurz betont. Wir k6nnen sie als eine kaum q# zu umgehende Deutung ansehen, wenn wir folgende logischen Schritte im Auge behalten: 0 Geologisch-pal~iontologische Tatsachen, welche 8 die Irtihere Existenz des ,,Gondwanalandes" be76 weisen, k6nnen angesichts der Sial-Sima-Verschiedenheit nur im Sinne einer Trennung frtiher d2 zusammen gewesener Kontinentalgebiete verstanden werden; ein ,,Absinken" yon Teilen eines Kontinents ist nicht vorstellbar. Eine Verschiedenheit von Pazifik und Atlantik kann aber 8 :":;:-'~'<:~::":";:::";:; . ~ ~ =~, :!~, ;:!i ".:(~:'ff'..:;.:-!i;...(: nur im Sinne verschiedenen Alters anerkannt werden; man hat ia schon seit langem das Fehlen yon Korallen-Atollen im Atlantik als Folge IIIH/1OlHIIHIHIiIIIIIIIJHIIJIHIIIIIIf/HIIIIMIIJIfHIMIIIseines geringeren Alters im Vergleich zum Stillen Ozean bewertetl). Fig. 5. Schema der Bildung yon Ozeanbeeken dutch Erdexpansion, nach Das grol3e Mal3 der yon der erl~iuterten DeuHE~ZE~ tung der Kontinente und Ozeane geforderten Exscheint die heutige Tendenz dahin zu gehen, dab die pansion hat einige Verfasser, vor allem EWlNG, DICKE, Wegenerschen Vorstellungen, obwohl sie l~ingere Zeit WILSON, dazu veranlaBt, im Sinne der Theorie der schwachen Expansion eine abweichende Erkl~rung der als widerlegt galten, jetzt wieder st~trker in Betraeht gezogen werden. Eine ungel6ste Schwierigkeit liegt Kontinentalschollen in Betracht zu ziehen. Danach freilich darin, dab eine glaubhafte Erkl/irung ffir das sollen langsame Strgmungen des Sims ergeben haben, dab die Kontinente im Laufe der Zeit auf einen immer Vorhandensein yon Kr~iften, welche die behaupteten Verschiebnngen der Kontinentalsehollen bewirkt ha- kleineren ]3ruchteil der Erdoberfl~ehe zusammengeben sollten, kaum zu konstruieren ist: Jt~FFREYS [24] prel3t wurden. hat die diesbeztiglichen schwerwiegenden physikaliGrunds~itzlich scheint mir diese Vorstellung unschen Einw~nde gegen die Wegenersche Theorie ein- geeignet, die hochgradig gleichm~il3ige Dicke der Sialgehend erl~utert. Die Sache gewinnt jedoeh ein an- schollen verst~indlich zu machen. Zudem hat HSEZEN deres Aussehen auf Grund der Erdexpansion: Wennwir eine gewichtige Beweisfiihrung far die starke Expanuns vorstellen dfirfen, dab der atlantische und der sion beigetragen, die allerdings bislang nur skizzenhaft indisehe Ozean derart entstanden sind, dab im Zuge mitgeteilt worden ist, w~ihrend die ausffihrliehere Verder Erdexpansion die jetzt an diese Ozeane angren- 6ffentliehung noch bevorsteht: Die Untersuchungen zenden vorher zusammenMngend gewesenen Kon- zum Pal~io-Magnetismus der Erde zeigen, dab im Laufe tinentalschollen infolge der Expansion der Erdkugel, der Erdgeschiehte die Riehtung des erdmagnetischen auf welcher sie liegen, allm~ihlich auseinandergerissen Feldes sich systematisch vefiindert hat. Die zust~indiwurden, so werden alle Erkl~irungs-Vorteile der We- gen Verfasser haben dies znn~chst als Ausdruck generschen Theorie gewahrt, w~thrend die erw/ihnte mag~etischer Polwanderungen angesehen, erhielten aber Schwierigkeit dieser Theorie beseitigt wird. 1) Die ber~hmten unterseeisehell Tafelberge (,,Guyots"), die Die H6henverteilung im Pazifik einerseits und im die Aufhellung der Erdgeschichte von groBer Bedeutung sein atlantischen und indischen Ozean andererseits ist so fiir dtirften, Silld noeh immer nicht ausreichend erforscht, um eine ~ihnlich, dab jeder Versuch, dem Stillen Ozean eine sichere Beurteilung zu erm6glichen. 8
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P. JORDAN: Z u m Problem~der E r d e x p a n s i o n
fiir jeden der groBen Kontinente eine andere Wegkurve dieser angeblichen Polwanderung, wie in Fig. 6 gezeigt. Eine erneute Diskussion des gesamten Materials dnrch HEEZEN hat ergeben, dab man ohne Polwanderungen auskommt, wenn man eine durch starke Expansionen bedingte fortsehreitende Trennung der Kontinente als Erkl~irungsgrundlage annimmtl). Dem aus diesen Erw~igungen entstehenden Gesamtbild ordnen sich weitere empirische Tatsachen best~itigend ein, die hier nur andeutungsweise bert~hrt werden sollen. t. EGYED hat gezeigt, dab die Wasserbedeckung der Kontinente im Laufe der letzten 500 Millionen Jahre st~indig abgenommen hat (yon 60 bis 80% anfangend) und erst in der geologischen Gegenwart nahezu gleich Null wurde (d.h. also bis auf die heutigen schmalen Rands~ume, die Schelfgebiete). 2. Im Zeitraum yon etwa 3 Milliarden bis 0,5 Milliarden Jahren vor heute vollzog sich das sog. ,,Wachsturn der Kontinente" yon gewissen kleinen ,,Schilden" aus, in denen sehr a r e Gesteine (2 his 3 Milliarden Jahre) oben auf liegen, die also seitdem nicht mehr mit Sedimenten zugedeckt worden sind, w~ihrend angrenzende Zonen jtingere Gesteine (z.B. 800 bis 1200 Millionen Jahre alt) an der Oberfl~che zeigen [161, [201. Die hier vertretene Auffassung einer unver~inderlichen Gesamt-Fl~tchengr6Be der Kontinentalschollen mug auch dieses angebliche Wachstum der Kontinente als eine fortschreitende Abnahme ihrer Wasserbedeckung -- bedingt durch Bildung der Ozeanbecken -- deuten, also als ~ilteren Abschnitt des yon EGYED weiter verfolgten Vorgangs. 3. Die heutige Erosion ist so stark, dab sie im Laufe yon 3 Milliarden Jahren Sedimentmengen liefern wtirde, welche der Gesamtmasse des Sials ungef~hr gleichk~imen E201. Die hier erl~iuterte Vorstellung 16st diese scheinbare Paradoxie auf durch die Erw~igung, dab bei weitgehender frtiherer Wasserbedeckung der Kontinente die Erosionsgebiete entsprechend kleiner waren. (In diesen Zusammenhang pat3t z.B. auch die Tatsache, dab unter den ~iltesten bekannten Gesteinen kaum Sandstein zu linden ist.) 4. Die 7nselgirlanden, die als ein klassisehes Beweisstiick der Kontraktionstheorie angesehen worden sind, k6nnen nach einer hier nicht zu wiederholenden Oberlegung des Verfassers [21 im Gegenteil erst von der Expansionstheorie aus roll verst~indlich gemacht werden (unter Einbeziehung der bisherigen Ergebnisse in der Analyse dieses PMnomens). Im Rahmen der Theorie der starken Expansion wird man Anl~sse zur Gebirgs/altung insbesondere darin zu suchen haben, dab die Kontinentalschollen bei der Expansion aus geometrischen Grtinden auch eine Verbiegung erleiden muBten. Doch ist das Gesamtproblem der Gebirgsbildung, das zu so zahlreichen sich bek~mpfenden Theorien Veranlassung gegeben hat, zweifellos sehr komplexer Art, und das schon bertihrte Problem der Inselgirlanden ist wohl das einzige diesbeztigliche Teilproblem, dessen volles Verst~ndnis sehon j etzt m6glich ist. 1) Die fraglichen zeitlichen Anderungen des palfiomagnetischen Feldes dtirfen iibrigens nicht verweehselt werden mit eiiler anderen, anscheineild ebeilfalls (trotz ailfgnglicher Anzweifelung) reellen Ailderung des erdmagiletisehen Feldes der Vergangenheit: Das Feld hat sich wiederholt ebgeschwiichtbis zum Werte Null, mit ansehlieBender Wiederherstellung unter Vertauschungvon Nord- Ilnd Stidpol. Analoge Erseheinuilgen siild *'on der Sonne und andereI1 magnetiseheil Sterneil bekannt. Naturvcissenschaften 196t
J. Tuzo WILSON [201 hat im Einklang mit Vorstellungen anderer Verfasser den radikalen Gedanken ausgeftihrt, dab die Ozeane ~ilter seien als die Kontinente, welche nach seiner Theorie ein echtes Wachstum durchgeftihrt haben sollen, in der Weise, dab die gesamten Sialmassen durch vulkanische Vorg~nge aus der Tiefe herausgequollen seien, unter Bildung von Gebirgen in Kreisbogenform. Trotz der Vielzahl yon geomorphologischen und geophysikalischen Tatsachen, welche unter diesem Gesichtspunkt systematisch gedeutet worden sind, bleibt diese Theorie deshalb unbefriedigend, well sie keine Ubertragung auf den Mars erlaubt, bei welchem wir trotz Abwesenheit yon Vulkanismus eine ~hnliche Zweistufigkeit der Oberfi~iche finden, wie sie auf der Erde durch Kontinente und Tief80
700
80 700 Fig. 6. Wege ar~geblicher Polwallderungen, erschlosseil aus dem Pal~omagnetislnus der verschiedeileI1 Kontiilente unter Voraussetzung uilver~inderlieher Erdoberflfiche, Ilach HEEZEN
see gegeben ist. Der H6henunterschied ist -- durchaus sinngem~B -- merklich kleiner als bei der Erde: Nut 300 bis 700 m. Auch macht das h6here, unseren Kontinenten entsprechende Niveau auf dem Mars einen gr6Beren Anteil der gesamten Oberfl~iche aus, n~imlich etwa 8 / 4 . - Ob eine yon HILLS und JEt'tREYS E24] versuchte Theorie der Bildung von Kontinentalschollen und Tiefseebecken auf dell Mars tibertragen werden k6nnte, ist nicht untersucht, aber wahrscheinlich zn verneinen.
w 6. Das Erdinnere Die Deutung der Kontinente im Sinne der Theorie der starken Expansion ist in w 5 von ihrer vorteilhaften Seite dargestellt worden. Im letzten Paragraphen werden wir vorwiegend die Schwierigkeiten dieser Theorie zu betrachten haben. Der Erdradius mug bei Entstehung der Erde und ihrer Sialhiille um etwa 40% kleiner gewesen sein als jetzt, wenn seine damalige Oberfl~ichengr6Be der Summe der heutigen Kontinentalfl~chen geglichen haben soll; kann eine so erhebliche Expansion als Ergebnis der Abnahme der Gravitationskonstanten zustande gekommen sein ? Die Bejahung dieser Frage ist aus physikalischen Griinden schwierig. Man k6nnte zwar die Schwierigkeiten umgehen durch eine ad hoc eingeftihrte Modifizierung der Diracschen Hypothese (welche ohnehin im Zuge ihrer Ver29b
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P. JORDAN: Zunl P r o b l e m der E r d e x p a n s i o n
wertnng ffir die astrophysikalischen Probleme, sofern man eine solche Verwertung versuchen will, einer weiteren Ausgestaltung bedtirffig ist) : Wenn die Gravitationskonstante zur Zeit der Erdentstehnng wesentlich grSl3er war als jetzt, aber dann rasch abnahm, so kann eine starke Expansion verst~indlich gemacht werden, ohne dab die in w4 besprochene Schwierigkeit betreffs des Alters der Sonne st6ren muB 1). Anf jeden Fall aber wird die er6rterte Theorie nmso glanbhafter erseheinen kSnnen, je grSBer die Expansion ist, welche wir dem Erdk6rper zutrauen dfirfen bei einer bestimmten Verminderung y o n / . Stellen wir nns beispielsweise vor, [ sei bei Erdentstehung dreimal so groB gewesen wie jetzt, so k6nnen wir znn~tchst die Expansion der Erde berechnen auf Grund der Elastizitiit des Erdmaterials, die yon der Oberflfiche bis zum Mittelpunkte bin anI Grnnd physikalischen und geophysikalischen Wissens einigermaBen zu beurteilen ist. AuI diese Weise kommen wit aber keineswegs zu einem Ergebnis, welches die Theorie der starken Expansion sttitzen k6nnte -- wir kommen vielmehr, wie DICKE gezeigt hat, auf diesem Wege zu einer theoretischen Begrtindung dessen, was oben als die schwache Expansion bezeiehnet wurde. Kann man physikalisch die Uberzeugnng rechtfertigen, dab die Expansion in Wahrheit gr6/~er gewesen ist als diejenige, welche aus den Elastizit~ttskonstanten zn berechnen ist ? Diese Frage ist in gewissem Umfange zn bejahen; aber ob sic in ausreichendem Urnfang bejaht werden kann, bleibt ungewil3. BINGE hat als einen der Hauptpunkte seiner ljberlegungen herausgearbeitet, dab eine merkliche Expansion noeh in der Zeit nach dem Karbon erfolgt sein muB -- d.h. aber in einem Zeitabschnitt, in welchem bestimmt der Wert yon / nur noch geringffigig abgenommen haben kann; die Schwerebeschleunigung an der Erdoberfl/iche (und folglich der auf die vulkanischen Tiefengesteine ausgetibte Druck) hat dann trotz nahezu konstanten Wertes von / seit dem Karbon noch merklich abgenommen, allein dutch Zunahme der Entfernung vom Erdmittelpunkt. Beide ffir die Deutung der empirischen Befunde anscheinend nStigen Effekte -- eine Expansion, die merklich grSBer ist als die aus der Elastizit/it errechnete, und eine Verzb'gerung der Erdexpansion, derart, dab die Herstellnng des neuen, dem verminderten Werte / entspreehenden Zustands zum Teil erst nachtrdglich (mit Versp~itungen bis zur GrSBenordnung 10 s Jahre) erfolgen muBte ~ sind aber theoretisch denkbar, wenn die Expansion in der Hauptsache durch Phasen~nderungen erfolgte. Die Vorstellung, da8 das der Fall sei, wird dutch Bn~GEs/]lberlegungen zum Vulkanismns nahegelegt, enth~ilt abet natfirlich eine fiber die Deutung der Intrusionen als Phasenumwandlungen noch weir hinausgehende Annahme. Nach seismischen Erfahrungen enth~tlt das Erdinhere kugelfSrmige Unstetigkeitsfl~chen [21] in Tiefen yon 4t3,984, 2898, 4982, 5t21, 637t km. Die ausgepr/igteste und bekannteste ist diejenige bei 2898 km, welche die starre Materie des Mantels yon der fliissigen des Kernes trennt; dabei ist ein Dichtesprung um einen ungef~ihren Faktor 2 festzustellen. Bei 4982 km tritt ~) Theoretisch mug sowieso, wenlt man die Diraesche Hypothese ernst nehmen will, ] als eine auch r d u m l i c h nicht konstante Gr~Sge angenommen werden, die also zur Zeit tier Ee%tehueg der Sonne Zo/~aZeinen grSBeren Weft gehabt haben kSnnte als im intergalaktischen Raum.
Die Naturwissenschaiten
abermals ein Dichtesprung anf, nm den nngef~hren Faktor 3/2. Die Vermutung scheint berechtigt, dab such die anderen Unstetigkeitsfl~chen je einen Dichtesprung zeigen, woffir jedoch genauere Ermittlungen noch fehlen. Bezfiglich der beriihmten Unstetigkeitsfl~che bei 2898 km hat sich die Auffassung durehgesetzt, dab es sich hier um eine chemische Grenze handelt zwischen dem Silikatmatefial des Mantels und dem Nickeleisen des Kernes. RAMSEY hat jedoch die Vorstellung vertreten, dab in Wirklichkeit die chemische Zusammensetzung eine s~etige Zunahme des Eisengehatts zeige, und dab die Grenze fest/fifissig nut eine Phasengrenze sei: Der Verfasser hat dies begrtiBt als eine wesentliche Efleiehterung far ein theoretisches Verst~ndnis starker Expansion des ErdkSrpers; doch haben Einw~nde von DAVID [221 sowie vor ahem Diskussionen mit E. TELLER mich fiberzeugt, dab die Ramseysche These wahrscheinlich nicht aufrecht erhalten werden kann. Immerhin wird man die anderen UnstetigkeitsftSchen als bloBe Phasengrenzen ohne Unstetigkeit der chemischen Elementverh/iltnisse deuten dfirfen unter Zulassung yon chemisch-petrographisehen Umlagerungen bei der entsprechenden Phasenumwandlung. Sehr wahrscheinlich ist diese Deutung wohl ffir die Unstetigkeit in 4982 km Tiefe. Trotz der wahrscheinlich nStigen Verwerfung der Ramseyschen Deutung gerade fiir die Grenze zwischen Mantel und Kern geben die anderen Unstetigkeitsfl~chen~uns also noch einigen Spielraum ffir eine auf Phasennmwandlungen beruhende Expansion, die wesentlich grSl3er als die aus der Elastizit~tt berechnete und auBerdem zu verzSgerter Durchfiihrung befithigt sein wiirde. Ob daraus jedoch eine wirklich quantitativ ausreichende Expansion abgeleitet werden kSnnte, bleibt vorl~tufig noch ungewil3 -- ftir eine auf blol3e Sch/itzung begrtindete Beurteilung ist das Problem wohl zu kompliziert. J. Tuzo WILSO~r [7] hat darauf hingewiesen, dab ein gewisses NaB yon Expansion auch ohne Heranziehung der Diracschen Hypothese theoretisch begrfindet werden kSnnte -- also auch geeignet ist, zush'tzlich die gem~13 der Diraesehen Hypothese zu bereehnende Expansion zu verst~trken: Stellen wir uns vor, dab vor dem Zustandekommen der gegenw~irtigen Differenzierung yon Silikaten nnd Niekeleisen im Erdinnern beide Stoffarten zun~ichst gleichm~il3ig gemiseht waren, so muBte damals die Gravitation zu st~irkerer Konzentration der Erdmasse fiihren als bei der inzwischen eingetretenen Differenziernng. Literatur [1] JOROAN, P.: Sehwerkraft und WeltaI1. Braunschweig: Vieweg & Sohn 1952.; zweite Auflage 1955- - - [2] JORDAN, P.: Akad. Mainz, Naturw. K1., 1959, S. 7 7 t . - - [3] EOYED, L.: Geol. Rdseh. 46, 108 (1957). Vgl. ferner: Geofis. p u r a e appl. 45, 115 (t960). Aeta Zool. Acad. Hung. 1957, S. 20t. Ann. Univ. Sei. Budapest, Sect. Geol. 1957, S. 37; 1959, S. 89. EGYED, L., u. L. STEGENA: Z. Geophys. 24, 260 ( 1 9 5 9 ) . - [4] HEEZEN, B.C.: Sci. Amer. 203, 98 (1960). - - [5] DICKE, R.H.: Rev. Mod. Physics 29, 355 (t957). - - [6] TELLER, E.: Physic. Rev. 73, 801 ( t 9 4 8 ) . [7] WILSON, J.T•zo: Nature [London] 18s, 880 (1960). - [8] Ewi~% M., n. B.C. HEEZEN: Amer. Geoph. Union Monog. 1, 75 (1956). - - EwIN% J., u. M. EWlNO: Bull. Geol. Soc. Amer. 70, 291 (t959). - - HEEZEN, B.C., IV[.THARt, U. M. EWlNG: Geol. Soc. Amer., Special Paper 65 (t959). - - [9] STmLS, H.: Festsehr. Akad.
Heft ~ 1961 (Jg. 48)
Kurze Originalmitteilungen
G6ttingen ~951, I, S. 7l. - - [10] RITTMANN, A.: Vulkane und ihre T&tigkeit, 2. Aufl. Stuttgart: Ferdinand Enke 1 9 6 0 . - [11] BALDWIN, R.B.: The Face of the Moon. Chicago: The Univ. of Chicago Press 1944. - - [12] JORDAN, P.: Z. Physik 157, 112 (~959): - I/a] HAAR, D. m ~ : Rev. Mod. Physics 21, 119 (1950). - - [1~] POTONIC, R.: Naturwisseuschaften 40, 119 (1953). - - [15] LOTZE, F.: Steinsalz u n d Kalisalze. I. TeiI. Berlin: W. Borntrgger 1957. - [16] WILSON,T . J . , R.D. RUSSEL U. R. MCCANN FARQUHAR: Handbuch der Physik, Bd. 47, Geophysik I, S. 288. Berlin GhttingenHeidelberg: Springer 1956. - - [17] SCHWaRZBACH,M.: Das Klima der Vorzeit. Stuttgart: Ferdinand Euke t950. - - [18] DUaHA~, J . W . : Palaeoclimates. In: Phys. and Chem. of the Earth, Bd. 3, S . I . London-New York: Pergamon Press 1959. --- [19] DEFANT, A.: Handbuch der Experimentalphysik (hrsg. v. W. W I ~ ~I.
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F. HARMS), Bd. XX, Geophysik II, S. 575. Leipzig: Akad. Verlagsges. ~931. - - [~0] WILSOn, J. Tuzo: The development and Structure of the Earth. In: G.P. KnlVER, The Earth as a Planet, S. 138. Chicago: The Univ. of Chicago Press (1958). - - [21] Jgco~s, J.A.: Haudbuch der Physik, Bd. 47, S. 364. Berlin-G6ttingen-Heidelberg: Springer .1956. - - [92] DAVID, E.: Z. Geophys. 25, 239 (1959). - - [~3] Di~ac, P.A.M.: Nature [London] 139, 323 (1937). - - [2~] J~F~R~S, H.: The Earth, 4. Aufl. Cambridge: University Press 1959.
Hamburg, Institut /i~r Theoretische Physik der Universitiit. Eiugegangen am 31. Januar 196t
Kurze Originalmitteilungen Ftir die X u r z e n O r i g i n a l m i t t e i l u n g e n s i n d ansschliel31ich die V e r f a s s e r v e r a n t w o r t l i c h Ubcr den Einflug elektrolytiseh abgeschiedenen Wasserstofts auf die Magnetisierung von Nickel
E i n Einflul3 e l e k t r o l y t i s c h a b g e s c h i e d e n e n VVasserstoffs auf die F o r m der f e r r o m a g n e t i s c h e n H y s t e r e s e y o n E i s e n ist s e h o n lange bekannt~). I n d e n l e t z t e n J a h r e n h a b e n einige A u t o r e n ~)
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00 500 ZOO0 1500 ~000 ~500 ~770#[De] Fig. I. Absteigende tIysteresegste elner 6 ~x dieken Niekelfolie. Kurve 0: Magnetisierung vor tier Beladung. Xurve 1--16: Magnetisierung 3 min his 7 Tage nach Beendigung der Beladung m i t Wasserstoff
a n f e i n s t k 6 r n i g e m bzw. s u p e r p a r a m a g n e t i s c h e m Nickel eine X n d e r u n g der M a g n e t i s i e r u n g als Folge der A d s o r p t i o n y o n W a s s e r s t o f f a u s der G a s p h a s e festgestellt. Seit einiger Zeit b e f a s s e n wir n n s m i t der Frage, wie weis d u r c h e l e k t r o l y t i s c h e B e l a d u n g m i t W a s s e r s t o f f die m a g n e t i -
1,01
in 1/10 bzw. I n N a O H oder HBSO a bei einer S t r o m d i c h t e y o n 1,5 m A / c m 2 zeigte sich in allen F~illen eine S/~ttigungsverringerung, die h 6 c h s t e n s 3 % erreichte u n d selbst n a c h t a g e l a n g e r L a g e r u n g der P r o b e n a n L u f t b e s t e h e n blieb. E i n e b e d e u t e n d e Vergr6fierung des E f f e k t e s . e r g i b t die Anwendung eines Beladungsverfahrens, das neuerdings yon BARANOWSXI u n d SMIALOWSRI 3) a n g e g e b e n wurde. Diese A u t o r e n k o n n t e n d u r c h w i e d e r h o l t e s t 8stiindiges B e l a d e n y o n :Elektrolytnickel a u f K u p f e r in t n H~SO~ m i t e i n e m Z n s a t z v o n 0 , 2 g / L i t e r T h i o h a r n s t o i f bei e i n e r S t r o m d i c h t e y o n 20 m A / c m 2 eine W a s s e r s t o f f a n r e i c h e r u n g y o n 130 cma/g Nickel (d.h. 0,7 A t o m e W a s s e r s t o f f a u f 1 A t o m Nickel) erzielen. D a m i t liegt der W a s s e r s t o f f g e h a l t e t w a u m d a s 104fache fiber der bei 20 ~ C u n d t a i m d u r c h S g t t i g u n g i m g a s f 6 r m i g e n W a s s e r stoff e r r e i c h b a r e n K o n z e n t r a t i o n [vgl. ab), S. 897]. -- U n t e r d e n gleichen B e l a d u n g s b e d i n g u n g e n h a t JA~KO ~) a n Nickel r 6 n t g e n o g r a p h i s c h eine V e r g r 6 B e r u n g der G i t t e r k o n s t a n t e n m e t w a 6% gegenfiber der des u n b e l a d e n e n Nickels n a c h gewiesen. \u Fig. I zeigt, b e k o m m e n wir d u t c h die n e u a r t i g e Bel a d u n g , die n i c h t stabil ista), eine erhebliche V e r r i n g e r u n g der S g t t i g u n g . Mit f o r t s c h r e i t e n d e r E n t g a s u n g s t e i g t die S g t t i g u n g wieder an. D e r z w i s c h e n 0 u n d 2770 Oe g e m e s s e n e a b s t e i g e n d e H y a t e r e s e a s t (0) e i n e r 6]~ d i c k e n Nickelfolie u n d die in zun e h m e n d e n zeitlichen A b s t g n d e n n a c h B e e n d i g u n g der Belad u n g e r h a l t e n e n A s t e (1--16) s i n d a n g e g e b e n . Die B e l a d u n g w u r d e 3mal t9 Std m i t je 2 S t d U n t e r b r e c h u n g durchgefiihrt. W e n i g e M i n ~ t e n n a c h B e e n d i g u n g der B e l a d u n g e r g e b e n sich M a g n e t i s i e r u n g s w e r t e , die e t w a a u f 1/i 0 (in b e s t i m m t e n F~illen s o g a r n n t e r i/lo0 ) der W e r t e der n n b e l a d e n e n P r o b e a b g e s n n k e n sind. Sic s t e i g e n bei dieser 3 m a l i g e n B e l a d u n g linear m i t der W u r z e l a u s der Zeit wieder auI h 6 h e r e W e r t e a n (Fig. 2), o h n e i n n e r h a l b y o n einer \ u die A u s g a n g s k u r v e des u n b e l a d e n e n Z u s t a n d e s vollstXndig zu erreichen. Die SXttigung bleibt bis auf e t w a 2% u n t e r d e m \ u d e r u n b e l a d e n e n Probe, die R e m a n e n z g e h t -- a u c h in allen b e l a d e n e n Z w i s c h e n z u s t g n d e n -- a u f e t w a 50% der S i i t t i g u n g s m a g n e t i s i e r u n g zuriick, u n d die iKoerzitivkraft -- ebenialls in d e n b e l a d e n e n Zust~tnden vergr6Bert -- liegt n a c h der E n t g a s u n g n o c h fiber d e m A n fangswert In u m i t d e n r 6 n t g e n o g r a p h i s c h e n :Befunden Ja~i~os4) ist a n z u n e h m e n , d a b die : i n d e r u n g der M a g n e t i s l e r u n g a u g e r a u f einer m 6 g l i c h e n Auffiillung der 3 d - S c h a l e a u c h a n f einer ~ n d e r u n g des A u s t a n s c h i n t e g r a l s d u t c h Vergr6Berung der A t o m a b s t g n d e b e r u h t .
I. Physikalisches Institut der Univers{tdt, Mi~nct~en
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Fig. 2.
Zeitliche Zunahme der S&ttigungs- u n d Remanenzwerte aus Fig. 1. Die Ordinaten der oberen ausgezogeneu Kurve verhalten sich zu deneu tier unteren wie 2:1 s c h e n E i g e n s c h a f t e n v o n Nickel beeinfluBt w e r d e n . D a b e i v e r f o l g t e n wir m i t e i n e r fiblichen K o m p e n s a t i o n s r n e t h o d e die M a g n e t i s i e r u n g y o n e l e k t r o l y t i s c h a u f I f u p f e r niedergeschlag e n e n N i c k e l s c h i c h t e n u n d y o n f r e i t r a g e n d e n Nickelfolien m i t D i c k e n y o n e t w a 6 #. N a c h 20stfindiger B e l a d u n g der P r o b e n
H. J. BAUER u n d ]E. SCHMIDBAUER Eingegangen am 3. M~rz 1961 1) KAUFMANN,W., U. W. ~/[EIER: Physik. Z. 12, 513 (1911). - REBER, R. K. : Physics 5, 297 (I934). - - 2) BROLDER, J. J., L.L. VAN REIJEN U. A.R. KORSWAGEN: J. Chim. physique Physico-chim. Biol. 54, 37 (1957). - - DIETZ, R.E., u. P.W. SELWOOD: J. Appl. Physics 305, t01 S ( 1 9 5 9 ) . - SELWOOD,P.W., in: Structure and Properties of thin Films hrsg. v. C.A. NEUGEBAUeR, J . B . NEWKmK, D.A. V~a~iLyxa, S. 490. New York u. London: 3 - W i l e y & Sons 1959, m i t weiteren Literaturangaben. - - 3~)BARA~'OWSXI,B., U. M. S~IIALOWSKI: Int. J. Phys. Chem. Solids 12, 206 (1959). - - Bull. Acad. Pol. Sci., S4r. sci. chim. 7, 663 ( 1 9 5 9 ) . - b) BARANOWSI