Monatsschr Kinderheilkd 2002 · 150:1259–1272 DOI 10.1007/s00112-002-0571-3
Abstracts
19. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Endokrinologie (APE) Leitung: Prof. Dr.W. Andler, Datteln
Vorträge V7 Klinik und Molekulargenetik des DAX-1 Gendefektes Michael Peter, SANITAS Ostseeklinik, Boltenhagen Die X-gebundene kongenitale adrenale Hypoplasie (AHC) ist eine seltene Störung der Ontogenese der adulten Zone der Nebennierenrinde des Menschen. Die AHC wird verursacht durch Deletionen oder Mutationen des DAX-1 Gens, eines Mitgliedes der Familie der nukleären Hormonrezeptoren. Ein hypogonadotroper Hypogonadismus (HH) tritt in der Regel gleichzeitig mit der AHC auf. Die AHC kann zusammen mit einem Glyzerolkinasemangel (GKD) und einer Muskeldystrophie Duchenne (DMD) als Teil eines sog.„Contiguous Gene Syndrome“ auftreten. Das DAX-1 Gen (1,8 kb) wurde 1994 kloniert. Es enthält 2 Exons, die durch ein Intron (3,4 kb) getrennt sind und für 470 Aminosäuren codieren. Am DAX-1 Gen wurden durch Homologierecherchen zwei Domänen identifiziert: eine für die DNA-Bindung und eine für die Liganden-Bindung. Endokrinologische Charakteristika: Die Plasmaspiegel von Cortisol, Aldosteron und ihren Vorstufen sind niedrig oder unterhalb der Nachweisgrenze, während ACTH und PRA erhöht sind. Der Aldosteronmangel geht immer dem Cortisolmangel voraus. Molekulargenetische Untersuchungen: Das DAX-1 Gen wird mittels PCR amplifiziert unter Einsatz von 3 Primerpaaren. Wenn die Amplifikation der Patienten-DNA mit den DAX-1-Primern nicht gelingt, kann eine Deletion des Gens vermutet werden. Die Größe der Deletion wird durch den Einsatz von PCR Primern, welche telomer oder centromer vom DAX-1 Gen liegen (C7, A227C1R, K23-b2, K23-6P, K23-P) bestimmt. Bei der Mehrzahl der gefundenen Mutationen handelt es sich um Leserastermutationen (Deletion oder Insertion einzelner Nucleotide) oder um vorzeitige Stopcodons. Es resultiert in der Regel ein verkürztes DAX-1 Protein. Es sind einige wenige Mutationen publiziert worden, die zu Aminosäuresubstitutionen im DAX-1 Protein führen. Diese Mutationen liegen alle in der Liganden-Bindungs-Domäne. Zur Pathogenese von AHC und HH besteht folgendes vorläufiges Konzept: An das DAX-1 Genprodukt, einen nukleären Hormonrezeptor, binden DNA und ein bisher unbekannter Ligand. Hierdurch wird die Expression bestimmter Gene reguliert, welche die Differenzierung von Zellen des Hypothalamus, der Hypophyse, der Nebennierenrinde und der Gonaden steuern.
V8 Querschnittstudie zur Lebensqualität in Abhängigkeit von Therapiestrategie und Resektionsgrad bei Kraniopharyngeom im Kindes- und Jugendalter Hermann L Müller1, Katharina Bueb2, Gabriele Calaminus3, Nicole Etavard-Gorris1, Ursel Gebhardt1, Reinhard Kolb1, Niels Sörensen4. 1 Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum Oldenburg gGmbH, Universitäts-Kinderkliniken 2 Würzburg, 3 Düsseldorf, 4 Abteilung für Pädiatrische Neurochirurgie, Würzburg Einleitung: Die Therapiestrategie bei Kindern und Jugendlichen mit Kraniopharyngeom wird kontrovers diskutiert. Die Intention zur initialen, op-mikroskopisch kompletten Resektion wird in Zusammenhang mit Spätfolgen und einer reduzierten späteren Lebensqualität (LQ) gebracht. Patienten: Im Rahmen einer multizentrischen Querschnittuntersuchung wurden 205 Kinder und Jugendliche mit Kraniopharyngeom untersucht. Die Krankenunterlagen von 186 Patienten (91%) wurden ausgewertet hinsichtlich der initialen Therapiestrategie, ob mit Intention zur kompletten Resektion operiert (n=128) oder eine Biopsie (n=58) geplant wurde sowie hinsichtlich des realisierten Resektionsgrades. Die LQ wurde gemessen mittels FMH-Fertigkeitenskala (n=129) und PEDQOL-Fragebogen (n=64). Ergebnisse: Hinsichtlich der psychosozialen Fertigkeiten zeigte sich kein Zusammenhang zwischen FMH-Perzentilenrang und initialer Therapiestrategie oder Resektionsgrad. Patienten, die mit Intention zur kompletten Resektion operiert wurden, gaben im PEDOL-Fragebogen eine positivere Selbsteinschätzung ihres Körperbildes und eine negativere Einschätzung ihrer sozialen Funktion im Freundeskreis an. In den weiteren PEDQOL-Domänen: physische Funktion, emotionale Funktion, soziale Funktion im familiären Kontext, Kognition und Autonomie bewerteten die Patienten beider Gruppen ihre LQ gleich. Die Entwicklung einer Adipositas zeigte keine Abhängigkeit von der Therapiestrategie oder dem realisierten Resektionsgrad.Adipöse Patienten schätzten ihre LQ signifikant niedriger ein als normalgewichtige. Schlussfolgerungen: Die LQ von Kraniopharyngeompatienten scheint unabhängig vom intendierten Resektionsgrad bei Primär-OP zu sein. Die Adipositas führt zu einer niedrigen LQ und tritt unabhängig von der initialen Therapiestrategie auf. Die prospektive, multizentrische Untersuchung Kraniopharyngeom 2000 wurde initiiert (www.kraniopharyngeom.com).
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Abstracts V9 Ein neues Modell zur Wachstumsprädiktion bei Kindern mit Ullrich Turner Syndrom unter Wachstumshormontherapie Christof Land1, Werner F. Blum2, 3, Angelika Stabrey1, E. Schoenau1 1 Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde der Universität zu Köln; 2 Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde der Universität Giessen; 3 Eli Lilly and Company, Bad Homburg
V 10 Muskelmasse (LBM) und Fettmasse als Indikatoren für das Ansprechen auf Wachstumshormon (WH) bei Kindern mit Wachstumshormonmangel Roland Schweizer, David D. Martin, Julia Ziegler, Johannes Ihle, Michael B. Ranke Universitätsklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Tübingen
Einleitung: Mädchen mit Ullrich Turner Syndrom (UTS) weisen hinsichtlich des Therapieansprechens auf Wachstumshormon (GH) eine individuelle Variabilität auf. Wachstumsprädiktionsmodelle können zur Einschätzung des Therapieerfolges einer GH-Behandlung einen wichtigen Beitrag leisten. Wir stellten zuletzt ein neues Modell („Kölner Modell“) zur Wachstumsprädiktion bei Kindern mit GH-Mangel unter GH-Therapie vor. Das Modell umfasst folgende Parameter: IGFI im Serum vor Therapiebeginn, Knochenalterretardierung als Fraktion des chronologischen Alters vor Therapiebeginn, Deoxypyridinolin im Urin 1 Monat nach GH-Therapiebeginn und Wachstumsrate (HV) drei Monate nach Therapiebeginn. Wir ermittelten die Validität dieses Prädiktonsmodells an einem Kollektiv präpubertärer Mädchen mit UTS. Patienten und Methoden: Es wurden 16 Kinder mit UTS (mittleres Alter 9.5 Jahre, mittleres Knochenalter 8.0 Jahre, mittlere Körperhöhe –3.7 SDS vor Therapiestart) mit einer Standarddosis rhGH (Humatrope®) behandelt. Die Prädiktion der Einjahreswachstumsrate wurde nach dem dritten Therapiemonat durch Einsetzen der genannten Parameter in eine mathematische Formel ermittelt. Die Validitätsmerkmale Sensitivität und Spezifität wurden anhand des folgenden Cuttoff-Levels ermittelt: Aufholwachstum ≥0.5 SDS im 1. Therapiejahr zur Beurteilung des Therapieansprechens. Ergebnisse:
Änderungen der Körperzusammensetzung und des Stoffwechsels kennzeichnen die Wirkung des Wachstumshormons bei Erwachsenen. Während der Wachstumshormontherapie nimmt bei Erwachsenen die Muskelmasse (lean body mass=LBM) zu und die Fettmasse ab (1, 2). Bei Kindern mit Wachstumshormonmangel wurden solche Parameter während Wachstumshormontherapie bisher nicht systematisch untersucht. Material und Methoden: Wir untersuchten 50 Kinder mit Wachstumshormonmangel bei Beginn der WH-Therapie, nach 6 und 12 Monaten mit WH. Grundcharakteristika der Patienten: (Median) Alter=8,9 Jahre; Größe [SDS] bei WH-Beginn=–2,6; WH-Dosis=0,2 mg/kg*Woche; IGF-I [SDS] bei WH-Beginn=–3,0; WH Maximum in 2 Tests=5,1 µg/L. Untersucht wurde die Muskel- und Fettfläche mit peripher quantitativer Computertomographie (pQCT) (XCT 2000 Stratec, Pforzheim) am nicht dominanten proximalen Unterarm. Muskelfläche (MA) und Fettfläche (FA) werden in % der Gesamtfläche angegeben. Ergebnisse: Zu Beginn war die Muskelfläche mit MA [SDS]=–2,4 vermindert. Die Fettfläche verringerte sich über 1 Jahr mit WH von FA=38% auf FA=25% der Gesamtfläche, die Muskelfläche nahm von MA=53% auf MA=64% der Gesamtfläche zu, beide Änderungen sind signifikant. Die Änderung der Fettfläche korrelierte hochsignifikant mit der Änderung der Größe (_ Größe [SDS]), R2=0,41, p<0,001. Die Änderung der Muskelfläche korreliert ebenfalls hochsignifikant mit _ Größe [SDS], R2=0,44, p<0,001. Schlußfolgerungen: Wie bei Erwachsenen mit Wachstumshormonmangel beeinflußt Wachstumshormon auch bei Kindern die Körperzusammensetzung und denn Stoffwechsel. Die LBM nimmt zu, die Fettmasse ab. Das Ausmaß dieser kurzfristigen Änderungen zeigt das Ansprechen der Kinder mit WH-Mangel auf Wachstumshormon. Wir legen deshalb ein systematisches Monitoring von Änderungen der Körperzusammensetzung unter Wachstumshormontherapie nahe, um die Wirksamkeit und Sicherheit der Therapie zu überprüfen. (1) Janssen et al. JCEM 84:279; 1999; (2) Amato et al. JCEM 77:1671; 1993
Vorhergesagter Größenzuwachs 1. Therapiejahr (cm/Jahr) Tatsächlicher Größenzuwachs 1. Therapiejahr (cm/ Jahr) Vorhergesagtes Aufholwachstum im 1. Therapiejahr in SDS Tatsächliches Aufholwachstum im 1. Therapiejahr in SDS
Mittelwert
SDS
7.45
1.20
7.87
1.70
0.61
0.44
0.68
0.41
Das Prädiktionsmodell identifizierte 11 von 13 Kindern mit einem guten Therapieansprechen im ersten Behandlungsjahr (Sensitivität 0.85). Alle Kinder mit schlechtem Therapieergebnis nach einjähriger GH-Substitutionstherapie (n=3) wurden korrekt erfasst (Spezifität 1.0). Schlussfolgerungen: 1) Das „Kölner Modell“ weist eine hohe Sensitivität und Spezifität in der Erfassung eines guten respektive schlechten Anprechens auf eine GH-Therapie im ersten Behandlungsjahr auf. 2) Es erweist sich nicht nur bei Kindern mit GH-Mangel sondern auch bei Mädchen mit UTS als geeigneter Prädiktor des im ersten GH-Therapiejahr zu erwartenden Größenzuwachses. 3) Wir vermuten, dass der Effekt einer GH-Therapie auf den Größenzuwachs mit diesem Prädiktionsmodell bereits nach einer dreimonatigen Therapiedauer vorausgesagt werden kann. Das „Kölner Modell“ stellt in der Frage nach der Optimierung oder Beendigung einer GH-Therapie möglicherweise eine sinnvolle Entscheidungshilfe dar.
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V 11 Lebensbedrohliche Hypokaliämie mit hämodynamischem Herzstillstand bei einem WH-Stimulationstest mit Insulin Gerhard Binder, David Martin, Axel Bosk, Michael B. Ranke Universitäts-Kinderklinik Tübingen Bisher wurde in einer singulären Publikation aus Großbritanien von zwei cerebralen Schädigung, einer mit Todesfolge, nach Insulin-induzierter Hypoglykämie zur Untersuchung der WH-Sekretion im Kindesalter berichtet (1). In diesen Fällen wurde in der exzessiven Gabe hyperosmolarer Glukoselösung die Ursache der durch akutes Hirnödem aufgetretenen cerebralen Schädigung gesehen. Wir berichten hier von dem ersten lebensbedrohlichen Zwischenfall während eines Insulin-Tests in unserer Klinik, in der bisher ca. 1000 Insulintests durchgeführt worden sind. Ein 8 Jahre altes, sehr kleinwüchsige Mädchen (–4.11 Größen-SDS, 18.8 kg KG) mit normaler Geburts- und familiärer Zielgröße (–0.31 Größen-SDS), pathologischer Wachstumsgeschwindigkeit sowie niedrigen IGF-I- und IGFBP-3-Spiegeln (41 und 1693 ng/ml) wurde nach unzureichender WH-Antwort im Arginin-Test (5 ng/ml) in unserer Tagesklinik dem Insulin-Test zugeführt. Zum Zeitpunkt der Injektion von 0.05 E Insulin-Actrapid/kg KG lag der BZ bei 69 mg/dl und das Serum-Kalium bei 4.1 mmol/L. Nach knapp 15 Minuten wurde das be-
wußtseinsklare Mädchen blass und schwitzte, es erfolgte eine vorgezogene Blutentnahme mit einem BZ von 17 mg/dl, das Serum-Kalium lag zu diesem Zeitpunkt bei 3.9 mmol/L. Erst als das bewußtseinsklare Kind eine Injektion mit 10 ml Glukose-40% erhielt, synkopierte es zunächst schlapp, um dann in eine tonische Streckung überzugehen und gleichzeitig einzukoten. Es erfolgten zwei weiter Injektionen von 10 ml und 20 ml Glukose-40%. Gleichzeitig wurde ein Atemstillstand und Pulslosigkeit festgestellt, die auf ein Kammerflattern zurückzuführen war. Nach dreimaliger Defibrillation und Behandlung mit Adrenalin, Lidocain und Natrium-Bicarbonat iv. stellte sich ein stabiler Knotenrhythmus mit effektiver Hämodynamik wieder her. Das nach erfolgreicher Reanimation (15 min nach erster Glukoseinjektion) gemessene Serum-Kalium von 2.6 mmol/L bei einem pH von 7.19 ließ auf eine noch schwerere Hypokaliämie zum Zeitpunkt unmittelbar vor Reanimation schließen. Der BZ lag nach Reanimation bei 451 mg/dl und sank im Verlauf wieder ab, das Serum-Kalium wurde durch eine Kalium-Kurzinfusion langsam normalisiert. Das Mädchen wurde 7 Stunden nach Reanimation extubiert und hatte bis auf ein Durchgangssyndrom keine neurologischen Defizite. Herzecho, LangzeitEKG und EEG in den folgenden Tagen ergaben kein pathologischen Auffälligkeiten. Eine Hypokaliämie war im Vorfeld nie beobachtet worden; die Familienanamnese ist diesbezüglich leer. Dieser Fall zeigt, daß im Insulin-Test nach Gabe von Glukose eine unerwartet schwere Hypokaliämie mit hämodynamischen Herzstillstand auftreten kann. Ursächlich kommen hier hereditäre Störungen des transmembranösen Kaliumtransports (z.B. Hypokaliämische periodische Paralyse) in Betracht, die im Kindesalter häufig noch klinisch okkult sind. Die Prävalenz derartiger Ionen-Kanalstörungen wird auf 1:1000–5000 geschätzt. Die molekulargenetische Aufklärung dieses Falles ist in Arbeit. (1) Shah et al. 1992 BMJ 304,173
V 14 Aktivierende Mutationen im LH-Rezeptor-Gen als Ursache einer Pubertätsentwicklung bei Jungen A. Richter-Unruh, B.P. Hauffa Abteilung für Hämatologie/Onkologie und Endokrinologie, Universitätskinderklinik Essen Fragestellung: Eine vorzeitige Pubertätsentwicklung bei Jungen kann durch eine gonadotropinunabhängige testikuläre Testosteronproduktion bedingt sein. Diese ist häufig mit aktivierenden Mutationen im LHR-Gen vergesellschaftet.Wir berichten über 6 Jungen mit einer fortgeschrittenen Pubertätsentwicklung. Ergebnisse: Laborchemisch zeigten sich jeweils hohe LH-unabhängige Testosteronspiegel. Eine ausführliche Diagnostik erbrachte zunächst keinen Hinweis auf die Genese der Testosteronerhöhung. Die Analyse des LHR-Gens zeigte bei 4 niederländischen Jungen eine bekannte aktivierende heterozygote Mutation in Exon 11 (I542L) und bei einem Jungen lediglich einen neuen Polymorphismus Y113N in Exon 4. Bei den beiden Jungen ohne Nachweis einer aktivierenden Mutation aus dem Blut blieb eine Therapie mit Spironolacton (5,7 mg/kg/d) und Testolacton (40 mg/kg/d) erfolglos. Im Verlauf wurde bei beiden Kindern mit einer hochauflösenden Sonographie eine kleine Raumforderung in jeweils einem Hoden entdeckt. Histologisch stellte sich nur bei dem 3,5jährigen Jungen, bei dem auch der neue Polymorphismus gefunden wurde, als Ursache für die testikuläre Testosteronproduktion ein Leydigzelladenom heraus. Bei dem anderen Jungen konnte durch ein venöses Sampling die Quelle der Testosteronproduktion ebenfalls in einem Hoden lokalisiert werden. Dieser Hoden wurde entfernt, es fand sich eine noduläre Leydigzell-Hyperplasie. Genomische DNA wurde vom Leydigzelladenom und eines Knötchens der Hyperplasie extrahiert. Die Sequenzierung des LHR-Gens bestätigte den Polymorphismus Y113N bei einem Jungen. Zusätzlich konnte bei beiden Jungen eine heterozygote Mutation im Exon 11 identifiziert werden, die zum Austausch von Asparaginsäure mit Histidin an
Position 578 führt. Diese Mutation D578H wurde kürzlich beschrieben und als den LH-Rezeptor aktivierend bewiesen. Schlußfolgerung: Als Ursache einer gonadotropin-unabhängigen Testosteronproduktion sind immer auch aktivierende Mutationen im LH-Rezeptor-Gen in Erwägung zu ziehen. Bei fehlendem Nachweis einer aktivierenden Mutation aus dem Blut sollte gezielt sonographisch nach kleinen Hodentumoren gesucht werden und an die Durchführung eines selektiven venösen Samplings gedacht werden.
V 15 Das McCune-Albright-Syndrom – Eine diagnostische und therapeutische Herausforderung Berthold P. Hauffa Klinik für pädiatrische Hämatologie/Onkologie und Endokrinologie, Universität Essen Ist die klassische Trias von gonadotropinunabhängiger vorzeitiger Geschlechtsreife, unregel-mäßig begrenzten Café-au-lait-Flecken und fibröser Dysplasie vorhanden, kann die Diagnose eines McCune-Albright-Syndroms (MAS) leicht gestellt werden. Nicht immer liegt aber initial bereits das Vollbild der Erkrankung vor; bis zu seiner Entwicklung können Jahre vergehen. Inkomplette Formen des MAS (z.B. rezidivierende ovarielle Zysten mit intermittiernder Östrogenüberproduktion) bereiten diagnostische Schwierigkeiten. Bei einigen Kindern gesellen sich der klassischen Trias Funktionsstörungen anderer endokriner und nichtendokriner Organe hinzu oder können dieser vorausgehen. Zu den beteiligten endokrinen Organen gehören die Schilddrüse (mit hyperthyreoter Stoffwechsellage einhergehende Schilddrüsenknoten), die Nebenschilddrüsen, die Nebennierenrinde (makronoduläre Hyperplasie oder Adenome mit Hypercortisolismus) und die Hypophyse (Adenome mit Wachstumshormon- oder Prolaktinüberproduktion).Als nichtendokrine Organe beteiligt sein können die Niere (hypophosphatämische Rachitis mit Osteomalazie), die Leber (schwerer Neugeborenenikterus mit Zeichen der Cholestase im Serumenzymmuster und in der Histologie), aber auch Herz, Thymus, Knochenmark, Pankreas, Darm und das Nervensystem. Die nichtendokrinologischen Organmanifestationen tragen erheblich zur Mortalität des MAS bei. Die meisten Organmanifestationen können auf die gemeinsame Grundlage einer aktivierenden Mutation des Gens für das GSα-Protein (GNAS1) zurückgeführt werden. Das in praktisch allen Zelltypen vorkommende GSα-Protein übergibt das Signal membranständiger Rezeptoren an intrazelluläre Transduktionswege, die den Zellstoffwechsel dann im Sinne einer Stoffwechsel-aktivierung beeinflussen. Im Falle aktivierender Mutationen kommt es zu einer liganden-unabhängigen Aktivierung der Transduktionswege mit ungeregelter Mehrproduktion von Hormonen und Zellhyperplasie. Es handelt sich um somatische Mutationen, die zum Austausch von Arginin in der Position 201 der Aminosäuresequenz durch andere Aminosäuren führen. Kann der Nachweis dieser Mutationen in betroffenen Geweben geführt werden, ist dadurch bei inkompletten Formen die Diagnose gesichert. Dies ist am besten aus Knochen und Ovargewebe möglich. In der Diagnostik kommt neben der Hormonanalytik (Nachweis von erhöhten Hormon-konzentrationen bei supprimierten trophischen Hormonen) szintigraphischen Verfahren (Knochen, Schilddrüse) besondere Bedeutung zu. Für die Therapie der gonadotropinunabhängigen vorzeitigen Geschlechtsreife werden beim Mädchen Aromataseinhibitoren (z.B. Testolacton) und Antiöstrogene (z.B. Tamoxifen) eingesetzt. Beim Jungen finden Spironolacton (antiandrogene Wirkung am Rezeptor) in Kombination mit Ketokonazol (Enzyminhibitor) Anwendung. Zur Stabilisierung des veränderten Knochens können Bisphosponate angewandt werden. Eine kooperative Studie zum Einsatz neuer Aromatasehemmer ist derzeit in Vorbereitung.
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Abstracts V 16 Klinik, Morphologie & Lokalisation hypothalamischer Hamartome – Pathogenese der Pubertas praecox Heike Jung1, 2, Berthold Hauffa3, Carl-Joachim Partsch4, Olaf Dammann5, Eva Neumaier-Probst6 Universitätskinderkliniken 1 Gießen, 3 Essen, 4 Kiel, 2 Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg, 5 Perinatologische Infektiologie, Abteilungen f. Perinatologie u. Neonatologie, Medizinische Hochschule Hannover, 6 Klinik f. Neurochirurgie, Universitätskrankenhaus Hamburg Hypothalamische Hamartome (HH) sind seltene, nicht-neoplastische Heterotopien normalen Nervengewebes, die, wenn sie symptomatisch werden,entweder mit einer Pubertas praecox und/oder gelastischen,sogenannten paroxysmalen Lachanfällen assoziiert sind. Die Pathogenese dieser beiden klinischen Erscheinungsbilder ist bisher noch ungeklärt. Die Tatsache, dass in einigen, mit einer Pubertas praecox (PP) assoziierten HH, keine LHRH Immunreaktivität, aber der Nachweis von TGF_ und seinem Rezeptor gelang,legte die Vermutung nahe,dass diese HH die endogene LHRH Freisetzung durch die Sekretion von Wachstumsfaktoren stimulieren (Jung et al.,JCEM 84 (1999):4695–4701).Eine solche vorzeitige Aktivierung des endogenen LHRH-Systems scheint aber wesentlich von der hypothalamischen Lokalisation des HH abzuhängen. Im Rahmen einer Multizenterstudie wurden in Deutschland die Daten von 39 Patienten mit einem HH erfasst. Bei 34 dieser Patienten war anhand der kernspintomographischen Bilder eine morphologische Auswertung möglich. In der Gruppe der 15 männlichen Patienten hatten 8 Patienten (53%) eine Epilepsie, die bei 4 Patienten mit einer PP kombiniert war, während 7 Patienten eine isolierte PP zeigten. Nur eine (5,2%) von 19 Patientinnen wies dagegen eine isolierte Epilepsie auf. In vier (15,8%) Fällen war die Epilepsie mit einer PP kombiniert, wogegen 15 Patientinnen (79%) eine isolierte Pubertas praecox aufwiesen. Im Vergleich zu HH mit einer gelastischer Epilepsie, zeigten solche, die mit einer isolierten PP assoziiert waren, einen signifikant geringeren maximalen Durchmesser, dehnten sich seltener in den 3.Ventrikel aus, waren vorwiegend parahypothalamisch lokalisiert und signifikant häufiger gestielt. Während sich bei allen HH mit gelastischer Epilepsie eine Distanz zu den Corpora mamillaria nachweisen ließ, war dies nur bei 27% der HH mit isolierter PP möglich. Im Gegensatz dazu zeigten 59% aller HH mit isolierter PP und 14% mit einer Kombination aus Epilepsie und PP eine messbare Distanz zum Tuber cinereum. Daraus lässt sich schließen, dass einige HH nur dann den endogenen LHRH Pulsgenerators durch die Sekretion von TGF_ zu aktivieren scheinen, wenn sie eine besondere Form bzw. Lokalisation im Verhältnis zum 3. Ventrikel und der Eminentia mediana aufweisen. Darüber hinaus sind häufiger gelastische Anfälle nachweisbar, wenn sich ein HH intrahypothalamisch ausdehnt, während die parahypothalamischen HH eher mit einer PP vergesellschaftet sind.
Das Verständnis der Pathogenese des Diabetes mellitus Typ 1 hat sich jedoch in den vergangenen Jahren wesentlich geändert. Bisher wurde eine Entzündung der Langerhans’schen Inseln im Pankreas gleichgesetzt mit der Zerstörung dieser Zellen. Neuere Erkenntnisse weisen jedoch daraufhin, dass es mindestens zwei verschiedene Formen der Entzündung Langerhans’scher Inseln gibt, eine eher benigne und eine destruktive Form. Jede dieser beiden Insulitisformen ist durch bestimmte lokal produzierte Zytokine charakterisiert, die „benigne“ Insulitis durch Th2-Zytokine (IL-4, IL-10) und die destruktive Insulitis durch Th1-Zytokine (IFN-gamma, IL-12). Aus diesen Erkenntnissen leiten sich neue Ansätze zur Prävention oder Immuntherapie des Typ 1 Diabetes ab. Da die Insulinrestsekretion ein entscheidender Faktor für die Stoffwechseleinstellung und die Langzeitkomplikationen ist, zielen neue Immuntherapiestudien auf deren Erhalt ab.
V 18 Diabetes Mellitus Typ 1 und Zöliakie: Diagnostik und therapeutische Konsequenzen Edith Schober, Birgit Rami, Julia Crone und Wolf Huber Universitätskinderklink Wien Die Prävalenz von Zöliakie (CD) bei Patienten mit Typ I Diabetes mellitus (DMT1) liegt nach rezenten Studien zwischen 1 bis 16%. Beide Erkrankungen haben eine hohe Assoziation mit dem HLA Haplotypen DQA1*05 und DQB1*0201. Die meisten Patienten mit DMT1 und assoziierter CD leiden nicht unter den typischen Symptomen der Zöliakie, trotz der charakteristischen intestinalen Läsionen ( silente CD). Sie haben daher ein höheres Risiko unentdeckt und unbehandelt zu bleiben. Das Screening auf CD kann mittels Antigliadin Antikörpern (IgG und IgA), Endomysialen Antikörpern (EMA) oder Transglutaminase Antikörpern (ATGA) durchgeführt werden. EMA und ATGA-Bestimmungen zeichnen sich durch eine hohe Spezifität und Sensitivität aus. Die endgültige Diagnose erfolgt durch die Dünndarmbiopsie. Da eine unbehandelte CD mit einer Anzahl von Komplikationen – Eisenmangel, Wachstumsretardierung, Osteoporose, Malignomen und Infertilität – einhergehen kann, sollte bei Kindern mit DMT1 ein Screening auf CD durchgeführt werden. Ein inital negatives Screening besagt nicht, dass eine CD im Verlauf der Erkrankung ausgeschlossen werden kann. Das Screening sollte daher schon bei Manifestation begonnen und dann in der Folge wiederholt werden. Die Zeit von Diabetesmanifestation bis zur Serokonversion kann Jahre betragen. Die Therapie der Wahl ist bei silenter CD eine glutenfreie Diät (GFD). Es ist unklar, ob dadurch die metabolische Situation beeinflusst wird. Langzeitbeobachtungen sind notwendig, um über den Benefit einer GFD bei Patienten mit DM T1 und silenter CD eine Aussage machen zu können.
(Teilweise gefördert durch die DFG, Wi 633/4-1)
V 17 Prädiktion und Prävention des Typ-1-Diabetes: wo stehen wir heute? Priv.-Doz. Dr. med. Stephan Martin Deutsche Diabetes-Klinik im Deutschen DiabetesForschungsinstitut, Düsseldorf Während in den 80er Jahren versucht wurde, die Pathogenese des Diabetes mellitus Typ 1 durch eine Immuntherapie nach Ausbruch der Erkrankung zu beeinflussen, standen die 90er Jahren im Zeichen der Früherkennung und Frühprävention. In der Zwischenzeit wurden eine Reihe an klinischen Interventionsstudien bei prädiabetischen Personen abgeschlossen, die bisher jedoch keinen eindeutigen Beleg für eine Verhinderung oder zumindest Verzögerung der Manifestation des Typ 1 Diabetes erbacht haben.
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V 19 Autoimmunthyreoiditis bei Typ 1 Diabetes: Inzidenz, Diagnostik, Therapie Kordonouri Olga, Wilms Michael, Deiss Dorothee, Hartmann Reinhard Klinik für Allgemeine Pädiatrie, OHC, CVK, Charité, Berlin Hintergrund: Autoimmunthyreoiditis kommt bei Patienten mit Typ 1 Diabetes häufiger vor als in der Allgemeinbevölkerung. Die Prävalenz bei Kindern und Jugendlichen mit Typ 1 Diabetes beträgt entsprechend einer zentralen Auswertung von 41 pädiatrisch-diabetologischen Zentren in Deutschland 2.51%. Hierbei wurden jedoch große regionale Unterschiede in der Prävalenz festgestellt (0.34%–10.3%). Methodik: In der Klinik für Allgemeine Pädiatrie der Charité wurden im Rahmen der jährlichen Untersuchungen in der Diabetes-Ambulanz seit 1984 Schilddrüsen (SD)-Hormone (T3, T4, TSH) und seit 1996
regelmäßig SD-Antikörper (Anti-TPO,Anti-TG) bestimmt. Bei erhöhten TSH- und/oder Antikörper-Werten wurden klinische und sonographische SD-Untersuchungen durchgeführt. Ergebnisse: Insgesamt wurden bei 561 Patienten (295 Knaben, 265 Mädchen; Manifestationsalter 0.117.7 Jahre) SD-Hormone und -Antikörper bestimmt. Positive Anti-TPO (>30 U/ml) wurden bei 110 (19.6%),Anti-TG (>20 U/ml) bei 103 (18.4%) der Patienten festgestellt. Bei den jährlichen Nachuntersuchungen fanden sich bei 8.9% der Patienten (n=50; 18 Knaben, 32 Mädchen) eine TSH-Erhöhung (>4.5 µU/ml) und/oder sonographische SD-Vergrößerung, die zur therapeutischen Intervention mit L-Thyroxin führten. Von der 50 Patienten mit Autoimmunthyreoiditis hatten 48 positive Anti-TPO (96%) und 43 positive Anti-TG (86%) bei der ersten Antikörperbestimmung. Nur bei einem der 50 Patienten konnten keine Antikörper festgestellt werden. Die Autoimmunthyreoiditis entwickelte sich im Median 3.7 Jahre nach Diabetesmanifestation, nur bei 5 Patienten (10%) wurde sie erst später als 10 Jahren nach Diabetesbeginn diagnostiziert.
V 20 Combination of insulin therapy and alternative therapie in treatment of newly diagnosed children and adolescents with diabetes mellitus Typ 1 Elmira R. Pashinyan, Head of the Endocrinologycal Center, Chief Children´s Endocrinologist of the Ministry of Health of Republic of Armenia, Medical Center „Hayk“, Yerevan, Armenia Purpose: To determine optimal minimal insulin doses for the persistent compensation of Diabetes in children and adescent in order to prevent hypoglycemia, especially at nighttime. Combination of minimal required doses of insulin and alternative therapy in treatment of diabetes allows preventing further B-cells destruction and leads to restarting of endogenic insulin production. Methods: During 1997–2001 197 children with Type I Diabetes entered the Endocrinological Center in kotoacidosis (precoma-diabetic coma), their ages were ranging from 10 months to 17 years at stage, of which 85 were girls and 112 were boys. During the first 3 days all children had only insulin therapy in doses according to Saint Vincent Declaration of 1989. Starting from the 4th day of treatment insulin doses were recuded progressively and alternative treatment was started, which included immunotherapy, antioxidants and liver protectors. Insulin doses were reduced to minimal required levels under the every day monitoring of blood glucose (8–10 times/ 24 hours) and urine glucose and ketons. C-peptide control was tested at the 1st day and 40th day of insulin therapy. Physiological age nutrition and physical exercises according to standard treatment schemes for the diabetic children were introduces. Results: The children were separated into the following three groups: 1. 65 children (33%), age 0–8 years, insulin minimal required dose 0,3–0,4 µ/kg/day. 2. 115 children (58%), age 8–17 years, insulin minimal required dose 0,25–0,05 µ/kg/day. 3. 17 children (7%), age 6–17 years, insulin minimal required dose -0 µ/kg/day. The second group of children with insulin dose 0,1–0,05 µ/kg/day after 5–10 days may achieve compensation of diabetes without every day insulin injection. But these patients use physiological nutrition and physical exercises. Conclusion: Combined insulin therapy and alternative therapy in treatment of children and adolescents with diabetes, allows to reduce the insulin dose to the minimal level required, which is the foundation of the future insulin therapy, depending on weight and height growth. The reduced insulin doses will lead to the reduction in treatment cost for patients with Type I Diabetes.
V 21 Kardiovaskuläres Risikopotential: Hypertonie, Hyper-Cholesterinämie, Zigarettenrauchen und Adipositas bei pädiatrischen Patienten mit Typ-1-Diabetes Reinhard Holl, Matthias Grabert, Johannes Wolf, Dagobert Wiemann, Axel Dost, Martin Wabitsch, Wolfgang Marg, Eberhard Heinze für die DPV-Wiss-Initiative Universität Ulm, Kinderkliniken Paderborn, Magdeburg, Giessen, Bremen Während Akutkomplikationen (Hypoglykämie, Ketoazidose) und mikrovaskuläre Veränderungen (Retinopathie, Nephropathie) bei der Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes oft im Vordergrund stehen, werden Lebensqualität und -erwartung langfristig vor allem durch makrovaskuläre Ereignisse beeinflusst. Fragestellung: Bestehen bereits bei pädiatrischen Diabetespatienten kardio-vaskuläre Risikofaktoren? Werden diese konsequent dokumentiert und therapiert? Methodik: Die multizentrische DPV-Wiss-Datenbank umfasste im März 2002 304 968 Datensätze von insgesamt 19752 pädiatrischen Patienten mit Typ-1-Diabetes (Alter <20 Jahre). Das mittlere Alter bei Manifestation betrug 8.0±4.1 Jahre, die Diabetesdauer 5.3±4 Jahre. 133 Zentren beteiligten sich mit anonymisierten Verlaufsdaten an der Auswertung. Die Einzelwerte des aktuellsten Beobachtungsjahres jedes Patienten wurden gemittelt.Als altersabhängige Referenzwerte wurde die 2nd Task Force on Hypertension in Childhood für den Blutdruck und die AGA-Werte für den Body-Mass-Index herangezogen, sowie für die Bewertung von HbA1c und Gesamtcholesterin die Grenzwerte der IDF Europe. Ergebnisse: In der Gesamtgruppe lag eine systolische Hypertonie bei 7.9 % und eine diastolische bei 3.6% der Patienten vor. Eine Hypercholesterinämie >230 mg/dL (>6 mmol/L) lag bei 10.3% der Patienten vor. Übergewichtigkeit (BMI zwischen der 90. und 97. Percentile) fand sich bei 17.9% der Patienten, Adipositas (BMI >97. Percentile) bei 6.1% der Patienten. Eine unbefriedigende Stoffwechselkontrolle (HbA1c-DCCT >7.5%) lag bei 66.3% der Patienten vor. Ein besonders hohes Risiko bestand bei den 15–20-jährigen Jugendlichen: 11.6% systol. Hypertonie, 13.6% Hypercholesterinämie, 32.5% Raucher, 8.2% Adipositas, 71.7% erhöhte HbA1c-Werte. In dieser Altersgruppe war der HbA1c-Wert bei 97%, der Blutdruck bei 91%, Cholesterin bei 70% und der Body-Mass-Index bei 91% der Patienten innerhalb eines Jahres bestimmt worden, aber nur bei 65.5% wurden die Patientenangaben über das Zigarettenrauchen dokumentiert. Schlussfolgerung: In einem hohen Prozentsatz pädiatrischer Diabetespatienten zeigt sich langfristig ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko. Dokumentation, Prophylaxe und Therapie kardiovaskulärer Risikofaktoren stellen eine wichtige Aufgabe der Langzeitbetreuung diabetischer Kinder und Jugendlicher dar. Pädiatrische Diabetologen müssen sich in Zukunft dieser Herausforderung vermehrt stellen.
V 22 Adipositas bei Kindern und Jugendlichen – Prävalenz und Risiko Martin Wabitsch Universitätskinderklinik und Poliklinik Ulm In Deutschland ist aktuell ein deutlicher und anhaltender Anstieg der Prävalenz der Adipositas bei Kindern und Jugendlichen zu beobachten. Sie beträgt bezogen auf die deutschen Referenzwerte für den BMI (www.a-g-a.de), bei einem Erwartungswert von 3%, in manchen Regionen Deutschlands bei 5–6Jährigen bis zu 7% und bei 13- bis 15Jährigen bis zu 8%. Das Gesundheitsrisiko der früh manifesten Adipositas besteht einmal in der Gefahr ihres Fortbestehens bis ins Erwachsenenalter (bei 10–14jährigen bis 80%). Bei Erwachsenen hat die Adipositas ein erhöhtes relatives Risiko (RR) für kardiovaskuläre Erkrankungen (RR Monatsschrift Kinderheilkunde 10•2002
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Abstracts 2–3), Diabetes mellitus (RR>3), Krebserkrankungen (RR 1–2), Störungen im Bewegungsapparat (RR 2–3), u.a. (WHO 2000). Mehrere große Verlaufsuntersuchungen (z.B. Bogalusa Heart Study, Muscatine Study, Third Havard Growth Study) belegen zudem auch die mit der Adipositas bei Kindern und Jugendlichen verbundene, langfristig erhöhte Morbidität und Mortalität. Schließlich liegt bereits im Kindesalter eine bedeutende Komorbidität vor. Der größte Leidensdruck wird durch eine gestörte psychosoziale Entwicklung ausgelöst. Hierzu tragen auch Besonderheiten der Pubertätsentwicklung bei. Die frühe Komorbidität besteht im weiteren in orthopädischen Störungen (Prävalenz bei 8–18jährigen (n=500, BMI>97. Perzentile) bis 15%), einer gestörter Glukosetoleranz (5%) und Typ 2 Diabetes, einer Dyslipoproteinämie (35%), einer Fettleber (30%), Gallenblasenerkrankungen (2%) und einer arteriellen Hypertonie. Adipositas ist heute eine der am häufigsten gestellten Diagnosen in der Kinder- und Jugendmedizin und hat aufgrund der nachgewiesenen Komorbidität einen bedeutenden Krankheitswert. Es ist zu erwarten, dass auf das Gesundheitssystem und die Gesellschaft in den nächsten Jahren dadurch erhebliche Kosten zukommen. Effektive Präventions- und Therapiemaßnahmen sind notwendig, um dieser Entwicklung entgegen zu wirken.
V 23 Endokrinologische Befunde bei Adipositas im Verlaufe der Intervention T. Reinehr, W. Andler Vestische Kinderklinik Datteln, Universität Witten- Herdecke Einleitung: Studien über hormonelle Veränderungen bei adipösen Kindern vor und nach einer langfristigen Gewichtsreduktion liegen für adipöse Kinder bisher nicht vor.Auch ist nicht bekannt, ab welcher Gewichtsreduktion mit einer Verbesserung der Komorbidität zu rechnen ist. Methodik: Anhand von 182 adipösen Kindern stellen wir im Vergleich zu 107 normalgewichtigen Kindern die Veränderungen der Schilddrüsenhormone, Cortisol, IGF-I und der Insulinresistenz vor. Zudem berichten wir über die Veränderungen dieser Hormone und der Komorbidität (Hypertonie, Dyslipidämie) vor und nach einer einjährigen Gewichtsreduktion mit einer normokalorischen Kost bei 73 adipösen Kindern. Diese Kinder wurden je nach Erfolg in 3 Gruppen eingeteilt: 1) 46 Kinder mit einer mindesten 10% Reduktion des relativen Übergewichts 2) 12 Kinder mit einer 5–9% Reduktion des relativen Übergewichts 3) 15 Kinder ohne Gewichtsreduktion (Reduktion relative Übergewicht <5%) Ergebnisse: Adipöse Kinder haben signifikant höhere TSH, T3, T4 und Cortisolspiegel. Erhöhte Cortisolspiegel sind mit einer Insulinresistenz assoziiert. 17% der adipösen Kinder zeigen eine Insulinresistenz. Diese ging mit einer Akzeleration des Knochenalters einher. Eine Insulinresistenz fand sich signifikant häufiger bei Kindern mit arterieller Hypertonie und Dyslipidämie. Ab einer Gewichtsreduktion von mindestens 10% sinken die peripheren Schilddrüsenhormone, die Cortisolspiegel und verbessert sich die Insulinresistenz sowie Komorbidität. IGF-I ist bei adipösen Kindern mit Insulinresistenz erhöht, während es bei adipösen Kindern ohne Insulinresistenz erniedrigt ist. Wachstumsstörungen oder signifikante Veränderungen der IGF-I Spiegel treten unter einem Gewichtsverlust nicht auf. Schlußfolgerungen: Die moderat erhöhten Schilddrüsenhormone, Cortisolspiegel und die Insulinresistenz bei adipösen Kinder sind Folge des Übergewichts, da sich diese bei einer ausreichenden Gewichtsreduktion normalisieren. Erhöhte Cortisolspiegel bei Adipösen unterstützen eine Insulinresistenz, die die Komborbidität (Hypertonie, Dyslipidämie) bei Adipositas bestimmt. Eine Akzeleration des Knochenalters stellt einen Hinweis auf eine Insulinresistenz dar. Durch eine langfristige normokalorische Kost kann eine Gewichts-
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abnahme erzielt werden. Eine mindestens 10% Reduktion des relativen Übergewichts ist erforderlich um die hormonellen Veränderungen und die Komorbidität zu verbessern. Wachstumsstörungen treten unter einer Gewichtsreduktion mit einer normokalorischen Kost nicht auf.
V 24 Das Fettgewebe als endokrines Organ Pamela Fischer-Posovszky, Martin Wabitsch Universitätskinderklinik und Poliklinik Ulm Die klassische Sicht des Fettgewebe beim Menschen besteht in der Energiespeicherung und -bereitstellung, der Wärmeregulation und einem mechanischen Schutz. Neuere Forschungsergebnisse führten zur modernen Sicht des Fettgewebes, das sich aktiv bei der Regulation des Energiegleichgewichts beteiligt. Leptin wird in Abhängigkeit von der Größe der Fettmasse und deren Änderung sezerniert. Änderungen der Fettmasse reflektieren Änderungen der Energiebilanz des Körpers und werden über endokrine und parakrine Faktoren durch Änderungen des Volumens und der Anzahl von Adipozyten erreicht. Das Adipozytenvolumen wird vorwiegend durch Insulin, Kortisol, Fettsäuren, Katecholamine und STH reguliert, die Adipozytenzahl vorwiegend durch IGF-1, Trijodthyronin, Zytokinen und Wachstumsfaktoren. Neben seiner Rolle bei der Energiehomöostase hat das Fettgewebe auch in weiteren endokrinen Regelkreisen eine zentrale Bedeutung. Das Fettgewebe ist neben der Nebenniere das größte Reservoir für Steroidhormone, die dort metabolisiert werden. Im Fettgewebe werden alle Faktoren des Renin-Angiotensin-Systems, Faktoren des Gerinnungs- und Komplementsystems und proinflammatorische Zytokine gebildet und sezerniert. Es ist anzunehmen, dass das Fettgewebe neben der Leber der bedeutendste Ort für die Produktion von IGF-1 und IGFBP-3 ist. Das Fettgewebe ist damit das Bindeglied zwischen der Energiehomöostase des Körpers und lebenswichtigen Funktionen wie Wachstum, Reproduktion, Infektabwehr und Blutdruckregulation. Darüber hinaus sind die Fettzellprodukte an der Pathogenese der mit der Adipositas assoziierten metabolischen und kardiovaskulären Komplikationen beteiligt.
V 25 Vergleich der Genexpression von Leptin im Fettgewebe bei Kindern und Erwachsenen Anja Stuppy1, Ellen Schoof1, Ina Knerr1, Frank Harig2, Roman Carbon3, Thomas Horbach3, Wolfgang Rascher1, Jörg Dötsch1 1 Klinik für Kinder und Jugendliche, 2 Zentrum für Herzchirurgie, 3 Chirurgische Klinik, Universität Erlangen-Nürnberg Im Kindesalter sind die Leptin Plasmakonzentrationen niedriger als bei Erwachsenen. Leptin wird hauptsächlich im Fettgewebe synthetisiert, wobei subkutane Adipozyten im Erwachsenenalter eine höhere Leptin Genexpression aufweisen als omentale Adipozyten. Die verschiedenen Fettgewebedepots unterscheiden sich in ihren Stoffwechseleigenschaften. Fragestellung: Ziel der Studie war, die Leptin Genexpression in verschiedenen Fettgewebedepots zu vergleichen und Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen zu analysieren. Methodik: Bei 22 Erwachsenen (51–81 Jahre) und 23 Kindern (0,1–17 Jahre) vor Herzoperationen sowie 22 Erwachsenen (38–76 Jahre) und 22 Kindern (0,2–17 Jahre) vor abdominalchirurgischen Eingriffen wurde die Plasma Leptinkonzentration präoperativ mittels RIA und die Leptin mRNA Expression mit TaqMan real time PCR im subkutanen (sc), intrathorakalen (ith), omentalen (om) und mesenterialen (mes) Fettgewebe gemessen. Die Expressionsdaten wurden auf GAPDH (Glyceraldehyd-3-Phosphat Dehydrogenase) normalisiert und durch
3 weitere Housekeeping Gene (_-Aktin, Porphobilinogendeaminase und Adipose Most Abundant Gene Transcript 1/ApM1) bestätigt. Die Daten werden als Mittelwert±SEM dargestellt. Ergebnisse: Es fand sich bei Erwachsenen und Kindern eine signifikant höhere Leptin mRNA Expression im subkutanen als im omentalen Fettgewebe (Erwachsene: 3,59±0,59 und 1,62±0,29 relative Einheiten (RU), p=0,004; Kinder: 0,74±0,31 und 0,05±0,03 RU,p=0,047).Eine vermehrte Genexpression von Leptin in subkutanen im Vergleich zu intrathorakalen Adipozyten konnte nur bei Kindern gemessen werden (0,89±0,31 und 0,15±0,06 RU, p=0,002). Kinder zeigten im Vergleich zu Erwachsenen signifikant niedrigere Leptin mRNA Konzentrationen in allen untersuchten Fettgewebesubtypen (sc-thorakal: 0,47±0,11 und 1,81±0,23 RU,p=0,0002; ith: 0,10±0,03 und 1,67±0,26 RU,p<0,0001; sc-abdominal: 0,10±0,03 und 3,59±0,59 RU, p<0,0001; om: 0,05±0,03 und 1,62±0,29 RU,p<0,0001; mes: 0,30±0,14 und 2,87±0,37 RU,p<0,0001).Es fand sich ein altersabhängiger Anstieg der Genexpression von Leptin im sc-thorakalen (r=0,57, p=0,005), ith (r=0,55, p=0,007) und om (r=0,45, p=0,043) Fett. Eine Korrelation zwischen Leptin Plasmaspiegeln und Genexpression zeigte sich nur bei Kindern im sc-thorakalen und ith Fettgewebe (r=0,68, p=0,0005 und r=0,52, p=0,01). Schlussfolgerungen: Bei Kindern zeigen sich deutlichere Unterschiede in der Leptin Gen-expressionskapazität in unterschiedlichen Fettgeweben als bei Erwachsenen. Höhere Leptin Plasmapiegel im Erwachsenenalter könnten nicht nur durch eine Zunahme der Fettgewebemasse, sondern auch durch eine gesteigerte Leptin mRNA Syntheseleistung bedingt sein. Bei Kindern scheint die Leptin Genexpression, ähnlich wie bei Erwachsenen, nicht nur im omentalen, sondern auch im intrathorakalen Fett einer anderen Stoffwechselregulation zu unterliegen als in subkutanen Fettdepots.
Poster P1 Erstdiagnose des Typ 1 Diabetes bei Kindern: Korreliert der Blutzucker mit der Azidose? Ora Seewi, Karin Oster, Eckhard Schönau Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde der Universität zu Köln Hintergrund und Fragestellung: Teilweiser Insulinmangel führt zu Erhöhung des Blutzuckers und des HbA1c; absoluter Insulinmangel führt darüber hinaus zur diabetischen Ketoazidose (DKA). Die dekompensierte schwere DKA ist lebensbedrohlich. Der Verlauf der DKA soll altersabhängig sein. Korreliert die Erhöhung des Blutzuckers bzw. des HbA1c mit der Schwere des Insulinmangels (d.h. der Schwere der DKA) bei der Erstdiagnose des kindlichen Typ 1 Diabetes mellitus? Gibt es Altersunterschiede? Patienten und Methoden: Die unmittelbar vor Behandlungsbeginn erhobenen kapillären Blutgasanalysen (BGA), Ketonurie (Combur 9 – Stix), Blutzucker (BZ)- und HbA1c- (normal <6%) Werte von 47 Patienten (26 weiblich) wurden ausgewertet. Die DKA wurde nach Schweregrad unterschieden – keine bzw. kompensierte DKA (pH >7,3; pCO2 >30 mm Hg; negativer Base Excess BE <10 mmol/l ) und dekompensierte DKA (pH <7,3; pCO2 <30 mm Hg; BE >10 mmol/l). Ergebnisse: (Mittelwerte (Standardabweichungen)): Bei 35 Patienten im Alter von 9 1/12 (SD 4 2/12) Jahren bestand keine oder eine kompensierte DKA (Ketonurie 0 bis +++, Blutzucker 396 (SD 214) mg/dl, HbA1c 11,1% (SD 2,69%). Bei 12 Patienten im Alter von 7 4/12 (SD 4 5/12) Jahren bestand eine dekompensierte DKA ( Ketonurie +++, Blutzucker 430 (SD 138) mg/dl , HbA1c 12,3 (SD 2,1)%). Die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen waren statistisch nicht signifikant. Es bestand kein statistischer Zusammenhang zwischen HbA1c, BZ, pH bzw. pCO2. Mit dem Alter korrelierte signifikant ( p<0,0001) positiv nur der HbA1c, aber kein anderer Parameter.
Schlussfolgerungen: 1) Weder BZ noch HbA1c oder Ketonurie-Stix sind Indikatoren der Schwere der Azidose – diese kann allein durch die BGA erkannt werden. 2) Bei gleichem Azidose- und Hyperglykämie-Grad weisen ältere Kinder höhere HbA1c-Werte auf als jüngere, d.h., dass die jüngeren Kinder diesen Zustand weniger lange tolerieren bzw. früher akut dekompensieren als die älteren (was die Feststellungen von Rosenbauer, J. et al. Diabetologia 1997, Vol. 40, Suppl.1, A66; Neu, A. et al. Diabetes und Stoffwechsel 2001 , Bd. 10, Suppl. 1, S. 3. bestätigt).
P2 Behandlung des Diabetes mellitus nach Pankreatektomie bei neonatalem Hyperinsulinismus A. Klinghammer1, Christian Vogel1, O. Kordonouri2, H. Mau2, M. Obladen2 1 Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Klinikum Chemnitz gGmbH 2 Universitätsklinikum der Med. Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Campus Virchow-Klinikum Bei hypoglykämischen Krampfanfällen im Neugeborenenalter muss neben anderen Ursachen ein Hyperinsulinismus ausgeschlossen werden. Kasuistik: Bei einem Neugeborenen wurden nach normalem Schwangerschaftsverlauf und normaler Schwangerschaftsdauer – Geburtsgewicht 3560 g – am zweiten Lebenstag wiederholt Apnoeanfälle sowie ein Krampfanfall nicht exakt bestimmbarer Zeitdauer beobachtet. Der postkonvulsive Blutzuckerwert betrug 0,8 mmol/l; die erhöhten Werten für Insulin i.S. bis 0,716 nmol/l (Norm: 0,028–0,1 nmol/l) und CPeptid i.S. bis 3,89 nmol/l (Norm: 0,17–1 nmol/l) führten zur Diagnose eines neonatalen Hyperinsulinismus. Um Blutzucker um 3 mmol/l zu erreichen, waren Glukoseinfusionsraten von maximal 19 mg/kg KG/min. nötig. Die zusätzliche Verordnung von Diazoxid bis 20 mg/kg KG/Tag führte nicht zur Anhebung der Blutzuckerwerte bzw. Minderung des Glukosebedarfs. Die daraufhin durchgeführte subtotale Pankreatektomie erbrachte den histologischen Nachweis eines im kaudalen Pankreaskopf lokalisierten Herdes hypertropher Inselzellen im Sinne einer fokalen Nesidioblastose. Nachfolgende Hyperglykämien bei objektivierter verminderter Insulinsekretion erforderten eine Insulintherapie,die mittels Pumpe (MiniMed 508/Fa. Medtronic) eingeleitet wurde. Bei einem anfänglichen Insulinbedarf von 0,4 IE/kg KG beträgt dieser aktuell nur noch 0,1 IE/kg KG. Hyperglykämische ketoazidotische Ereignisse oder therapiebedürftige Hypoglykämien sind nicht aufgetreten. Mittels häuslicher Selbstkontrolle bestimmte Blutzuckerwerte liegen zwischen 3,2 und 6,2 mmol/l, der HbA1c-Wert ist mit 3% normal. Das Körpergewicht im 4. Lebensmonat beträgt 5850 g. Die Rückläufigkeit des Insulinbedarfs erlaubte den Verzicht auf Bolusgaben zu Zeiten der Nahrungsaufnahme sowie das Aussetzen der nächtlichen Basalrateninfusion. Nach zu wiederholender Kontrolle der Insulineigensekretion wird bezüglich der weiteren Insulin-bedürftigkeit entschieden. Bei der selten notwendigen Insulinbehandlung im Neugeborenenalter hat sich die Nutzung einer Insulinpumpe bewährt.
P3 Insulinpumpentherapie bei einem Frühgeborenen mit neonatalem Diabetes Mellitus – Ein Fallbericht Rudolf Oeverink, Eva Cloppenburg, Michael Huppke, Britta Kremke, Barbara Wickenburg-Ennen, Jürgen Seidenberg, Hermann L Müller Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum Oldenburg gGmbH, Oldenburg Fallbericht: Ein Frühgeborenes (25 Gestationswochen, Geburtsgewicht 640 Gramm) entwickelte ab dem sechsten Lebenstag zunehmende Hyperglykämien mit Blutzuckerspitzen über 12 mmol/L. Zunächst wurde Monatsschrift Kinderheilkunde 10•2002
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Abstracts Insulin intravenös, nach wenigen Tagen subkutan verabreicht. Der Insulinbedarf zur Aufrechterhaltung normoglykämischer Blutzuckerspiegel war konstant hoch (im Median 2.2 IU/kg KG/Tag). Bereits in der Neonatalzeit waren progrediente Symptome und Befunde einer schweren Bronchopulmonalen Dysplasie (BPD) klinisch und radiologisch nachweisbar. Es bedurfte einer langfristigen kontrollierten Beatmung sowie medikamentöser Therapie mit Diuretika und Dexamethason.Als pathogenetische Mechanismen der gestörten Glukosetoleranz müssen Stress und Dexamethason-Therapie diskutiert werden. Typ 1 Diabetes typische Antikörper konnten nicht nachgewiesen werden. Ab dem 81. Lebenstag wurde durch kontinuierliche subkutane Infusion von Normalinsulin (mediane Tagesdosis 2.2 IU/kgKG/Tag) mittels Insulinpumpe (Disetronic V40) eine rasche Normalisierung der Blutzuckerwerte erzielt. Der Insulintagesbedarf sank unter Pumpentherapie um ca. 50%. Technische Probleme mit Pumpe oder Subkutan-Katheter traten nicht auf. Lediglich eine mäßige subkutane Lipohypertrophie bestand während der 5-monatigen Insulinpumpentherapie. Bedauerlicherweise verstarb der Patient im Alter von sieben Monaten an den Folgen der ausgeprägten bronchopulmonalen Dysplasie. Schlussfolgerungen: Wir berichten vom Fall eines Frühgeborenen mit neonatalem Diabetes mellitus, das nach anfänglicher konventioneller Insulintherapie über fünf Monate mittels Insulinpumpentherapie behandelt wurde. Nur unter Insulinpumpentherapie gelang es, die Blutzuckerwerte zu stabilisieren und den Insulinbedarf zu senken. Die Insulinpumpentherapie war bei dem extremen Frühgeborenen komplikationslos durchzuführen und wurde gut toleriert.
P4 Insulinkinetik im Kindes-/Jugendalter – Nächtliche Hypoglykämien aufgrund protrahierter NPH-Wirkung Carl Philipp Schwarze, Stefan Ehehalt, Andre Willasch, Regine Hub, Michael Bernd Ranke und Andreas Neu Behandlungseinrichtung für Diabetes mellitus Typ 1/Pädiatrie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Tübingen Fragestellung: Ursache nächtlicher (2.00–5.00 Uhr) Hypoglykämien be einem 11-jährigen Mädchen (32 kg) mit Diabetes mellitus Typ 1, seit 9 Jahren bestehend, bei alleiniger morgendlicher Injektion von 5 IE Alt-Insulin und 19 IE NPH-Insulin am Tag zuvor. Methodik: Bestimmung von Blutzucker, Insulin, C-Peptikd (3stdl.), Cortisol (Tagesprofil) und Wachstumshormon (Nachtrhythmus). Auxiologie (Gewicht und Größe). Ergebnis: Die Analyse der häuslichen Blutzuckerprofile ergab wiederholte Hypoglykämien mit einer Frequenz von 2/Woche, zwischen 1.00 und 5.00 Uhr nachts, 18–22 Stunden nach der letzten Insulininjektion. Unter stationären Bedingungen zeigte sich ein Abfall des Blutzuckers von 270 mg% um 22.00 Uhr auf 80 mg% zwischen 1.00 und 2.00 Uhr. Der zeitgleich gemessene Insulinspiegel lag bei 300 pmol/l. Über die folgenden Stunden lagen die Insulinspiegel weiterhin bei 200 pmol/l. Die maximal gemessenen Insulinspiegel 3–5 Stunden nach morgendlicher Injektion (7.00 Uhr) lagen bei 950–1300 pmol/l. Somit waren 25% residuale Aktivität nachzuweisen. Im weiteren Verlauf der Nacht wurde ein Anstieg des Blutzuckers mit Werten zwischen 170 und 190 mg% beobachtet. Es zeigte sich eine ausgeprägte Nüchternhyperglykämie von 190 mg% um 7.00 Uhr. Somit lag zu diesem Zeitpunkt ein Insulinmangelzustand vor. Die bestimmten Werte für C-Peptid liegen unter der Nachweisgrenze. Normaler Rhythmus für Cortisol. Regelhafte Wachstumshormonspontansekretion. Kein Hinweis für zusätzliche Insulingaben. Es zeigt sich eine Gewichtszunahme von 1 kg und Wachstum von 3 cm im vergangenen Jahr. Das morgens injizierte NPH-Insulin zeigte eine protrahierte Wirkung und ist nachts und frühmorgens über 24 Stunden nachweisbar. Dieses Insulin ist die eine Ursache der wiederholt auftretenden nächtlichen Hypoglykämien. Gleichzeitig liegt bei alleiniger morgendlicher Insulininjektion in der darauffolgenden Nacht ein Insulinmangel vor. Die Erklärung für die
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paradoxe Situation einer Hypoglykämie bei Insulinmangel ist der vorliegende Substratmangel, die unzureichenden Glykogenreserven. Dies zeigt sich in der Stagnation des Gewichts und der Grösse über 1 Jahr. Nach Umstellung auf eine Therapie mit 9 IE Alt/10 IE NPH (7.00 Uhr), 2 IE Alt (13.00 Uhr) und 2 IE Alt/2 IE NPH (19.00 Uhr) treten beschriebene Hypoglykämien nicht auf. Schlussfolgerung: Untersuchungen zur Pharmakokinetik und Pharmakodynamic im Kindes- und Jugendalter liegen nur eingeschränkt vor. Eine direkte Übertragung ist bei Erwachsenen erstellten Wirkprofile auf Kinder und Jugendliche ist problematisch. Unterschiede in der Absorption und Elimination der injizierten Insuline müssen bei der Therapie von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt werden, wie die protrahierte NPH-Wirkung eindrücklich demonstriert (Hildebrandt 1984). Die longitudinale Dokumentation der auxologischen Daten (Gewicht und Größe) ist notwendig, um einem Substratmangel vorzubeugen.
P5 Manifestation eines Typ 2 Diabetes Mellitus im Rahmen einer metabolischen Entgleisung bei einem endokrinologisch vorerkrankten Patienten Walter Bonfig, Susanne Bechtold, Sabine Mayr, Vera Noelle, Hans Peter Schwarz Dr. v. Haunersches Kinderspital der Ludwig Maximilians Universität München Fallbericht: Ein knapp 15-jähriger adipöser Junge mit Z.n. Kraniopharyngeom wurde im Rahmen einer Gastroenteritis in metabolisch entgleistem Zustand auf die pädiatrische Intensivpflegestation aufgenommen. Seit 10 Jahren bestand ein Panhypopituitarismus mit zentralem Diabetes insipidus, Hypothyreose, Wachstumshormonmangel, Hypogonadismus und Cortisolmangel. Alle Hormone waren altersentsprechend substituiert worden. Unter anderem erhielt der Patient auch humanes rekombinantes Wachstumshormon (0,6 IE/kg/Woche) und Hydrocortison (30 mg/Tag). Im Verlauf entwickelte sich trotz zahlreicher Gewichtsreduktionskuren eine massive Adipositas. Der Body Mass Index betrug bei der stationären Aufnahme 39,4 kg/m2. Im Rahmen der metabolischen Entgleisung kam es zu einer hypernatriämischen Dehydratation (Natrium 167 mmol/l) und die Blutzuckerwerte stiegen innerhalb kurzer Zeit auf über 500 mg/dl an.Weitere Befunde bei Aufnahme: pH 7,29, BE –5, Bicarbonat 20 mmol/l, Urinketon +++, HbA1c 4,6%, GAD-, Inselzell- und Insulinantikörper negativ. Es erfolgte eine i.v.-Rehydratations- und Insulininfusionstherapie mit Dosen von bis zu 0,16 IE/kg/h. Darunter konnte innerhalb von vier Tagen der Blutzucker auf Werte von 150 mg/dl gesenkt werden. Bei der Umstellung auf s.c. Insulininjektionen bestand ein initialer Insulinbedarf von 0,77 IE/kg, der innerhalb von zwei Wochen auf 0,25 IE/kg bis zum kompletten Absetzen der Insulintherapie nach vier Wochen sank. Gleichzeitig erfolgte eine Gewichtsreduktion um 11 kg unter einer Diät mit 12 BE/Tag. Die Therapie mit humanem rekombinantem Wachstumshormon war bei Auftreten der Entgleisung abgesetzt worden. Zwei Monate nach der Erstmanifestation betrug der HbA1c 5,6%. Schlussfolgerung: Im Rahmen einer metabolischen Entgleisung kann es auch bei einer Erstmanifestation eines Typ 2 Diabetes mellitus zu einer Ketoazidose kommen. Dies scheint bei Kindern und Jugendlichen relativ häufig vorzukommen, vor allem Berichte aus den USA liegen dazu vor. Besonders dann muss an einen Typ 2 Diabetes mellitus gedacht werden, wenn neben den klassischen Symptomen zusätzlich eine Adipositas oder eine Acanthosis nigricans vorliegen.
P6 Zweittumore und Tumorrezidive bei Kindern mit Wachstumshormontherapie nach Hirntumor-Therapie – Analyse der Erlanger Daten Tilman Rohrer1, Thorsten Langer1, Wolfgang Stöhr1,2, Jörn D. Beck1, Gerhard Grabenbauer3, Rudolf Fahlbusch4, Helmuth G. Dörr1 1 Klinik mit Poliklinik für Kinder und Jugendliche, 2 Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie, 3 Institut für Strahlentherapie, 4 Neurochirurgie, Universität Erlangen Fragestellung: Rekombinantes humanes Wachstumshormon (hGH) ist mitogen, weshalb immer wieder Bedenken bzgl. der Therapiesicherheit bei Kindern mit organischem Wachstumshormonmangel nach Hirntumortherapie aufkommen. Die bisher publizierten Untersuchungen konnten keinen Zusammenhang zwischen hGH-Therapie und Tumorrezidiven zeigen. Methodik: Wir untersuchten retrospektiv die Daten von 245 Kindern mit Hirntumoren (47 Kraniopharyngeom, 66 Astrozytom, 22 Ependymom, 41 Medulloblastom, 28 Gliom, 29 andere, 12 unklare Diagnose), bei welchen zwischen 1969 und 1999 die Diagnose gestellt wurde. Alle Patienten wurden in Erlangen behandelt. Die Datensätze von 207 Kindern lagen vollständig zur Auswertung vor. Von diesen wurden bzw. werden 53 mit hGH behandelt. Die statistische Auswertung erfolgte vor und nach Adjustierung für mögliche Risikofaktoren (Zeit nach Diagnosestellung, Diagnose des Primärtumors, Tumortherapie [Operation, Chemotherapie, Bestrahlung, Kombination], Diagnosejahr). Ergebnisse: Bei 84 Kindern kam es zum Auftreten eines Tumorrezidives. Insgesamt 6 der 53 mit hGH behandelten Kinder entwickelten ein Rezidiv (11,3%) und 78 der 154 nicht mit hGH behandelten (50,7%). Das relative Risiko eines Tumorrezidives bei hGH-behandelten vs. nicht hGH-behandelten Kindern beträgt 0,21 (95% Konfidenzinterval 0,09–0,49). Nach Adjustierung für mögliche Confounder steigt das Risiko auf 1,2 (95% KI 0,46–3,19). Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse aus unserem Zentrum sprechen nicht für eine erhöhte Rezidivrate von malignen Hirntumoren oder Kraniopharyngeomen nach Behandlung mit hGH.
P7 Wachstumshormontherapie bei einem Patienten mit Noonan-Syndrom? Tanja Karen1, Ingrid Birke1,Vera Kahlscheuer2, Angela Hübner1 1 Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, 2 Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik Berlin-Dahlem Das Noonan-Syndrom (MIM#163950) ist durch eine mentale Retardierung, faziale Dysmorphie,Anomalien des Herzens und Kleinwuchs charakterisiert.Wir berichten über einen 2,6 Jahre alten Jungen, der in der 30. Schwangerschaftswoche mit einem Geburtsgewicht von 1300 (15. Perzentile) und einer Länge von 35 cm (5. Perzentile) geboren wurde. Unmittelbar postnatal fielen eine antimongoloide Augenstellung, ein Hyperteleorismus, Nackenfalte, 4-Fingerfurche und kurze Extremitäten auf. Eine supravalvuläre Pulmonalstenose und ein Kryptorchismus lenkten bei unauffälliger Chromosomenanalyse den Verdacht auf ein Noonan-Syndrom. Im weiteren Verlauf zeigte der Patient kein Aufholwachstum und ist mit einer Körpergröße von –5,1 SDS deutlich kleinwüchsig. Die aktuelle Wachstumsrate des Patienten liegt mit 6,9 cm/Jahr im unteren altersentsprechenden Normbereich. Die IGF-1 und IGFBP3-Werte sind erniedrigt und könnten im Zusammenhang mit dem Minderwuchs für einen Wachstumshormonmangel sprechen. Entsprechende Stimulationsteste sind vorgesehen. Vor kurzem wurde das für das Noonan-Syndrom verantwortliche Gen (PTPN11) identifiziert, das für eine Protein-Tyrosin-Phophatase SHP2 kodiert und in 50% aller Fälle heterozygote Mutationen aufweist. Unser Indexpatient trägt eine heterozygote C>T-Transition an der Nukleinsäureposition 218 in Exon 3, die zu einem Austausch des
Threonins 73 durch Isoleucin führt (T73I). Mit einer Genotyp-/Phänotyp-Analyse von Patienten mit oder ohne Mutation im PTPN11Gen wurde gezeigt, daß Patienten mit einer PTPN11-Mutation signifikant häufiger Pulmonalstenosen aufweisen. Unser Patient scheint diesen Trend zu bestätigen. In bezug auf die anderen Symptome wie Kleinwuchs und Kryptorchismus fand sich keine Genotyp-Phänotyp-Beziehung. An 66 Patienten mit Noonan-Syndrom konnte gezeigt werden, daß mit einer Wachstumshormontherapie die Wachstumsrate zwar kurzfristig erhöht werden kann, jedoch konnte eine Verbesserung der Endgröße nicht bewiesen werden. Das Alter dieser Patienten bei Behandlungsbeginn lag deutlich über dem jungen Alter unseres Patienten. Sollte ein Wachstumshormonmangel bei unserem Patienten ausgeschlossen werden können, erwägen wir eine Wachstumshormontherapie im Rahmen eines individuellen Heilversuches.
P8 Leitsymptom hypoglykämischer Krampfanfall. Ursache hypophysärer Kleinwuchs – Zwei Fallbeobachtungen Christian Vogel, Albrecht Klinghammer Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Klinikum Chemnitz gGmbH; Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie Mit Krampfanfällen im Säuglings- und Kleinkindalter wird der Kinder- und Jugendarzt häufiger konfrontiert. Eher selten aber sind Hypoglykämien die Auslöser für cerebrale Krämpfe. An zwei Fallbeispielen sollen die diagnostischen Wege aufgezeigt werden, die als auslösende Ursachen für die Krampfereignisse Defizite der hypophysären Wachstums-hormonproduktion identifizieren konnten. Casus I 4 4/12-jähriges Mädchen, Körperlänge –3 SDS, bei stat. Aufnahme krampfend, bewusstlos (GCS 5 Pkt), initialer Blutzucker 0,6 mmol/l Diagnose: Partielle hypophysäre Insuffizienz im Rahmen einer septo-optischen Dysplasie (Wachstumshormonmangel, Hypothyreose, Hypocortisolismus, hypogonadotroper Hypogonadismus) Casus II 1 3/12-jähriges Mädchen, Körperlänge –2 SDS, bei stat. Aufnahme krampfend, bewusstlos (GCS 6 Pkt.), initialer Blutzucker 1,1 mmol/l Diagnose: Partielle hypophysäre Insuffizienz (Wachstumshormonmangel) Beide Patientinnen wurden unmittelbar nach Diagnosestellung mit Somatropin in üblicher Dosis (0,03 mg/kg KG/Tag) behandelt. Seit Therapiebeginn wurden keine signifikanten Hypoglykämien und/oder Krampfäquivalente mehr beobachtet. Die Kinder zeigten ein adäquates Aufholwachstum in den Normalperzentilenbereich – der Verlauf nach einem bzw. elf Therapiejahren wird graphisch dargestellt. Schlussfolgerung: Hypoglykämien, insbesondere wenn sie mit Krampfanfällen einhergehen, sind immer abklärungsbedürftig, wobei auch seltene Ursachen differentialdiagnostisch mit erwogen werden müssen.
P9 Kardiologische Befunde nach Kraniopharyngeom im Kindesund Jugendalter Ilka Milsch1, Niels Sörensen2, Hermann L. Müller3 1 Universitäts-Kinderklinik Würzburg, 2 Abteilung für Pädiatrische Neurochirurgie, Würzburg, 3 Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum Oldenburg gGmbH Einleitung: Hypopituitarismus und Adipositas beeinflussen die kardiologische Funktion. Wir untersuchten 26 Patienten im Median 7.2 Jahre (range: 1.2–13.4 Jahre) nach Diagnose eines Kraniopharyngeoms im Kindes- und Jugendalter echokardiographisch. Monatsschrift Kinderheilkunde 10•2002
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Abstracts Methodik: Nach Messung des Blutdrucks wurden echokardiographisch systolische und diastolische Funktion, definierte Durchmesser kardialer Strukturen sowie die myokardiale Masse jeweils bezogen auf die Körperoberfläche (KOF) untersucht. Ergebnisse: 14 Patienten entwickelten postoperativ eine ausgeprägte Adipositas mit einem BMI>4SD (n. Rolland-Cachera), 12 Patienten boten keine ausgeprägte Adipositas (BMI<4SD). Im Vergleich beider Kollektive fanden sich keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des linksventrikulären Durchmessers enddiastolisch und -systolisch, der Ejektionsfraktion und Verkürzungsfraktion sowie der diastolischen Funktion. Die enddiastolischen und -systolischen Durchmesser der linksventrikulären Hinterwand sowie des Interventrikularseptums waren bezogen auf die KOF bei Patienten mit BMI >4SD grösser (p<0.05), wobei 6 von 14 adipösen Patienten (43%) pathologische endsystolische Durchmesser der linksventrikulären Hinterwand und 3 von 14 adipösen Patienten (21%) pathologische Septumverdickungen aufwiesen. Die myokardiale Masse bezogen auf die KOF war im Gruppenvergleich nicht unterschiedlich. Eine arterielle Hypertonie lag bei keinem Patienten vor. Schlussfolgerungen: Inwieweit die festgestellten Verdickungen der linksventrikulären Hinterwand und des Septums bei adipösen Kraniopharyngeompatienten hinweisend sind auf eine beginnende Kardiomyopathie sowie die Zusammenhänge zwischen echokardiographischen Befunden, Adipositas und hormoneller Substitutionstherapie werden prospektiv in der Studie Kraniopharyngeom 2000 untersucht (www.kraniopharyngeom.com).
P 10 Epidemiologie des Kraniopharyngeoms im Kindesund Jugendalter Hermann L Müller1, Peter Kaatsch2, Niels Sörensen3 1 Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum Oldenburg gGmbH, 2 Deutsches Kinderkrebsregister, Universität Mainz, 3 Abteilung für Pädiatrische Neurochirurgie Universität Würzburg Fragestellung: Das Kraniopharyngeom ist der häufigste nicht-gliale, intracranielle Tumor im Kindesalter mit einer Gesamtinzidenz von 0,5–2/106 /Jahr, wobei 30 bis 50% der Fälle im Kindes- und Jugendalter manifest werden. Es repräsentiert 1, 2 bis 4% aller intracranieller Tumore im Kindesalter. Methodik: Am Deutschen Kinderkrebsregister (DKKR) werden entsprechend internationalen Richtlinien Kraniopharyngeome seit 1980 systematisch erfasst. Erfasst werden personenbezogene Daten, Tumorlokalisation und Diagnosedatum. Ergebnisse: Seit 1980 wurden 6186 Kinder mit intracraniellen Tumoren davon 335 Kinder und Jugendliche (Alter <15 Jahre) mit Kraniopharyngeom (5.4%) im DKKR gemeldet. Die Rate der Erkrankungen/Jahr liegt im Median bei 16 Patienten (Range:10–30). Schlussfolgerungen: Bei den nicht chemotherapierten Hirntumoren allgemein, und damit speziell auch beim Kraniopharyngeom, ist der Vollständigkeitsgrad der Erfassung im DKKR noch nicht zufriedenstellend hoch, um valide Inzidenzen berechnen zu können. Durch Nachmeldungen im Rahmen der multizentrischen Studie Kraniopharyngeom 2000 (www.kraniopharyngeom.com) gelang es, den Grad der Erfassung zu erhöhen. Es steht zu hoffen, dass durch das multizentrische Konzept der Beobachtungsstudie die Erfassung von Kindern und Jugendlichen mit Kraniopharyngeom verbessert wird.
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P 11 Hypothalamische Störungen der Melatoninsekretion als Ursache der Tagesmüdigkeit und Adipositas von Patienten mit Kraniopharangeom im Kindes- und Jugendalter Hermann L Müller1, Georg Handwerker2, Niels Sörensen3 1 Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum Oldenburg gGmbH, 2 Kinderklinik Dritter Orden, Passau, 3 Abteilung für Pädiatrische Neurochirurgie Universität Würzburg Fragestellung: Kraniopharyngeome sind seltene dysontogenetische Tumoren benigner Histologie. Die Lebensqualität der Patienten wird durch hormonelle Ausfälle, Aktivitäts- und Vigilanzbeeinträchtigungen sowie Adipositas aufgrund hypothalamisch-hypophysärer Läsionen beeinträchtigt. Methodik: 79 Kinder- und Jugendliche mit Kraniopharyngeom wurden mit einer Skala zur Selbsteinschätzung der Tagesmüdigkeit (Epworth Sleepiness Scale [ESS]) untersucht. Die zirkadiane Rhythmik der Melatoninsekretion wird hypothalamisch reguliert.Wir untersuchten die Speichelkonzentration von Melatonin und Cortisol in Tagesprofilen der 79 Kraniopharyngeompatienten, sowie 19 Patienten mit hypothalamischen Astrozytomen und 30 gewichts-gematchten Kontrollpatienten. Mit einer generellen linearen Modellprozedur wurde der Einfluss von Body-Mass-Index (BMI) und Tumordiagnose auf Melatonin- und Cortisol-Tagesprofile untersucht. Ergebnisse: Morgendliche Melatoninkonzentrationen im Speichel korrelierten mit dem BMI (F-Test: p=0.004) und der Tumordiagnose (FTest: p=0.032). Für nächtliche Melatoninkonzentrationen im Speichel fanden sich ebenso signifikante Beziehungen zu BMI (F-test: p-value <0.001) und Tumordiagnose (F-test: p=0.025). Melatoninkonzentrationen von Kraniopharyngeompatienten boten in nächtlichen und morgendlichen Speichelproben eine negative Korrelation (Spearman’s rho: –0.42; p=0.001; Spearman’s rho: –0.31; p=0.020) mit dem Grad der Tagesmüdigkeit (ESS-Score). Extrem adipöse Kraniopharyngeompatienten boten ähnliche Melatoninprofile wie BMI-gematchte Patienten mit hypothalamischen Astrozytomen. Unterschiede hinsichtlich der Cortisol-Tagesprofile ließen in den Gruppenvergleichen nicht nachweisen. Schlussfolgerungen: Erniedrigte Melatoninspiegel waren assoziiert mit ausgeprägter Tagesmüdigkeit, hohem BMI und hypothalamischer Tumordiagnose. Im Rahmen der multizentrischen Beobachtungsstudie Kraniopharyngeom 2000 wird der Effekt einer Melatoninsubstitution auf Tagesmüdigkeit und Gewichtsentwicklung von Kraniopharyngeompatienten untersucht. (www.kraniopharyngeom.com)
P 12 Testolacton in der Therapie der Pseudopubertas praecox des McCune-Albright-Syndroms Ahlmann, Martina; Brämswig, Jürgen H. Pädiatrische Endokrinologie, Klinik und Poliklinik für Allgemeine Kinderheilkunde, Universitätsklinikum Münster Fragestellung: Wirksamkeit des Aromatase-Inhibitors Testolacton in der Therapie der Pseudopubertas praecox beim McCune-AlbrightSyndrom. Methodik: Bei drei Patientinnen mit McCune-Albright-Syndrom wurden retrospektiv die Blutungsfrequenzen/Jahr, die Östradiol-, LH- und FSH-Werte, sowie die Skelettalterverläufe vor und während der Therapie mit Testolacton in einer Dosierung von 25–40 mg/kg/d analysiert. Die drei Patientinnen wurden regelmäßig in drei- bis viermonatigen Abständen ambulant vorgestellt. Ergebnisse: Die Serum-LH- und -FSH-Werte der drei Patientinnen waren vor und während der Therapie mit Testolacton komplett supprimiert. Die Patientin R.D. hatte in einem Zeitraum von 3,3 Jahren vor der Therapie 2,5 Blutungen/Jahr. Unter der Therapie mit Testolacton im Alter von 7,8 bis 9,11 Jahren betrug die Blutungsfrequenz 4 Blutungen/Jahr
bei einer Dosierung von 40 mg/kg/d. Die Serum-Östradiol-Werte lagen vor Therapiebeginn zwischen <30–3188 pmol/L und betrugen unter der Therapie <30–180 pmol/L. Das Handskelettalter war zu Therapiebeginn um 2,4 Jahre akzeleriert, nach Beendigung der Therapie um 1,9 Jahre. Die Therapie wurde bei Zunahme gastrointestinaler Nebenwirkungen im Alter von 10,3 Jahren beendet. Die Patientin M.W. zeigte vor Therapiebeginn eine Blutungsfrequenz von 6,8 Blutungen/Jahr, unter der Therapie mit Testolacton in einer Dosierung von 20–25 mg/kg/d im Alter von 2,0 bis 4,3 Jahren sank diese auf 2,2 Blutungen/Jahr. Die Serum-Östradiol-Werte lagen vor Therapie zwischen 49–1616 pmol/L, unter der Therapie zwischen <30–501 pmol/L. Das Handskelettalter war vor der Therapie um 2 Jahre, zu Therapieende um 4,4 Jahre akzeleriert. Nach Auftreten eines Stammganglieninfarktes bei nachgewiesener Mutation im Faktor V Gen (G1691G) wurde die Therapie beendet. Die Patientin T.M. hatte vor der Therapie eine Blutungsfrequenz von 8,4 Blutungen/Jahr, unter der Therapie mit Testolacton in einer Dosierung von 30 mg/kg/d im Alter von 1,0 bis jetzt 3,2 Jahren traten 11,5 Blutungen/Jahr auf. Die Serum-Östradiol-Werte lagen vor der Therapie zwischen 484–979 pmol/L, während der Therapie zwischen <30–695 pmol/L. Die Handskelettalterakzeleration betrug vor der Therapie 2,8 Jahre, zuletzt im November 2001 3,9 Jahre. Schlußfolgerungen: Der Aromatase-Inhibitor Testolacton zeigte nur eine geringe Wirksamkeit in der Therapie der Pseudopubertas praecox bei drei Patientinnen mit McCune-Albright-Syndrom. Heute stehen Aromatase-Inhibitoren der 3. Generation wie Letrozol und Anastrozol zur Behandlung der Pseudopubertas praecox zur Verfügung. Die Effektivität dieser Therapie sollte möglichst in prospektiven Studien evaluiert werden.
P 13 Effekt einer Octreotid Therapie bei einem 13-jährigen Jungen mit McCune-Albright Syndrom und Gigantismus aufgrund eines wachstumshormon-produzierenden Hypophysenadenoms Ellen Schoof1, Helmuth G. Dörr1, Wieland Kiess2, Dieter K. Lüdecke3, Eduard Freitag4, Volker Zindel5, Wolfgang Rascher1, Jörg Dötsch1 Kliniken für Kinder und Jugendliche, Universitäten 1 Erlangen und 2 Leipzig, 3 Klinik für Neurochirurgie, Universität Hamburg, 4 Kinderklinik, Universität Giessen, 5 Kinderklinik Bad Hersfeld Wachstumshormon (GH) produzierende Hypophysenadenome im Kindesalter sind eine Rarität. Entsprechend gibt es wenig Erfahrung in der medikamentösen Therapie dieser Tumoren. Patient: Wir berichten von einem 13jährigen Patienten mit Gigantismus aufgrund eines GH produzierenden Hypophysenadenoms.Bei Diagnosestellung im Alter von 6,5 Jahren wies der Junge eine Körperhöhe von 149,7 cm (+5,9 SDS), ein Knochenalter von 9,0 Jahren und erste Pubertätszeichen (PH 2, Hodenvolumen bds. 4 ml) auf. Die prospektive Endgröße betrug 200 cm. Basales GH (44,9 ng/ml), IGF-I (753 ng/ml, +4,2 SDS), IGFBP3 (5,4 mg/l, +3,6 SDS) und Prolaktin (52,6 ng/ml) waren deutlich erhöht. Es erfolgte zunächst eine operative, anschließend eine medikamentöse Therapie mit 2×100 µg Octreotid/Tag s.c. Ergebnisse: Im Operationspräparat konnte eine Gs_-Mutation nachgewiesen werden. Im Rahmen der Octreotidtherapie war die Wachstumsgeschwindigkeit zunächst auf normale Werte abgefallen, stieg jedoch nach 2 Jahren auf >+2 SDS wieder an. Die IGF-I Werte blieben über der 95. Perzentile, basales GH über 2 ng/ml. Nach 5 Jahren Therapie mit Octreotid lag die Körperhöhe im Alter von 12,0 Jahren bei 187,4 cm (+5,0 SDS), die Wachstumsgeschwindigkeit bei 9,1 cm/Jahr (+2,4 SDS), das Knochenalter bei 14,3 Jahren und die prospektive Endgröße bei 208 cm. Basales GH (6,9 ng/ml), IGF-I (620 ng/ml, +3,3 SDS), IGFBP-3 (5,4 mg/l, +2,3 SDS) und Prolaktin (17,0 ng/ml) waren noch erhöht. Der pubertäre Reifestatus war matur. Ein MRT des ZNS zeigte ein 4 mm großes Residuum des Adenoms. Im Skelett-Röntgen fanden sich an mehreren Stellen fibröse Dysplasien passend zur Diag-
nose eines McCune-Albright Syndroms. Nebenwirkungen der Octreotid-Therapie wurden von dem Patienten oder seiner Familie nicht berichtet. Aufgrund der unbefriedigenden GH-Suppression wurde die Therapie auf das lang wirksame Depotpräparat Octreotid-LAR umgestellt. Nach einem Jahr dieser Therapie (13,0 Jahre) war die Körperhöhe 191,8 cm, die Wachstumsgeschwindigkeit 4,4 cm/Jahr (-1,5 SDS) und die prospektive Endgröße reduziert auf 197,5 cm. Basales GH lag bei 1,0 ng/ml, IGF-I bei 722 ng/ml (+2,86 SDS) und IGFBP3 bei 4,8 µg/ml (+1,55 SDS). Schlussfolgerungen: In unserem Fall erbrachte die Therapie mit Octreotid-LAR deutliche Vorteile gegenüber den täglichen s.c.-Injektionen. Somit kann zunächst von einer weiteren Operation mit dem Risiko von Hormonausfällen abgesehen werden. Jedoch bleibt die Langzeitprognose unverändert unsicher.
P 14 Neue in-vitro Modelle zur Beurteilung der Androgenwirkung und der Androgenrezeptorfunktion bei Normalpersonen und Patienten mit Androgenresistenz Paul-Martin Holterhus, Olaf Hiort DFG-Klinische Forschergruppe „Vom Gen zur Geschlechtsidentität“ an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Lübeck Fragestellung: Eine ungestörte Androgenwirkung über den Androgenrezeptor (AR) ist eine unabdingbare Voraussetzung für eine normale männliche Sexual-differenzierung bei 46, XY Karyotyp. Dabei ist die Androgenwirkung eingebunden in ein komplexes Netzwerk ligandenspezifischer, gewebespezifischer und zeitab-hängiger Faktoren. Bislang zur Verfügung stehende in-vitro Modelle spiegeln die Komplexität dieser Mechanismen nicht hinreichend wider, was insbesondere die Einschätzung der phänotypischen Relevanz molekulargenetischer Veränderungen des AR bei Androgenresistenz erschwert. Daher entwickelten wir neue Konzepte zur Charakterisierung der in-vitro Funktion des AR. Methoden: 1.) Transiente Trans-fektion von CHO (Chinese Hamster Ovary cells) mit einem AR-Expressionsplasmid (pSVAR0), jeweils einem von drei strukturell unterschiedlichen Reportergenen als Modell für unterschiedliche androgene Zielgene (MMTV-Luc, TATA-Luc, GRE-OCT-Luc) sowie Inkubation mit Androgenen mit differentiellen biologischen Wirkungsprofilen (0,001nM– 100nM, Anabolika (z.B. Stanozolol) virilisierende Androgene (z.B. Testosteron), Nebennierenandrogene (z.B. DHEA)). Analyse differenzieller Aktivierungsprofile durch hierarchische Genclusteralgorhythmen. 2.) Transiente Transfektion AR-defizienter humaner Genitalhautfibroblasten mit normalen und mutierten AR-Plasmidkonstrukten, Reporterplasmiden und Durchführung von Reportergenassays. 3.) Genomweite Expressionsanalyse natürlicher androgenregulierter Gene in Genitalhautfibroblasten von Normal-personen und Patienten mit Androgenresistenz mit Hilfe von 44.000-Element cDNA Glas-Microarrays. Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Biologisch unterschiedliche Androgene weisen differenzielle Aktivierungsprofile androgenregulierter Reportergene auf. Damit konnte erstmals gezeigt werden, dass über den AR ein liganden-spezifisches Signal auf die Zielgenebene übertragen wird. Die transiente Transfektion natürlicher humaner Genitalhautfibroblasten zeigt bei Verwendung von Plasmiden mit natürlichen AR-Mutationen eine deutlich bessere Genotyp-Phänotyp-Korrelation als klassische Zellkulturmodelle auf Basis immortalisierter Zellen, was vermutlich auf das relevantere Kofaktorspektrum in diesen vom urogenitalen Mesenchym abgeleiteten Geweben zurückzuführen ist. Bereits zuvor konnten wir mit Hilfe von cDNA-Microarrays umfangreiche Programme differentiell exprimierter Gene in normalen und androgenresistenten Genitalhautfibroblasten nachweisen. Es handelt sich um Faktoren mit Schlüsselfunktionen in der Embryogenese. Diese scheinen bereits pränatal programmiert zu sein und unterliegen in-vitro keiner aktuellen Regulation durch Androgene mehr. Monatsschrift Kinderheilkunde 10•2002
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Abstracts Die vorgestellten Modelle stellen eine deutliche Erweiterung existierender Konzepte zur Charakterisierung der zellulären Androgenwirkung dar.
P 15 Zwei Mutationen im GNRH-Rezeptor-Gen als Ursache eines hypogonadotropen Hypogonadismus bei einem Mädchen Beate Karges1, 2, Wolfram Karges3, Leopold Ludwig3, Ronald Kühne4, Edwin Milgrom2, Nicolas de Roux2 1 Kinderklinik und 3 Medizinische Klinik der Universität Ulm. 2 INSERM U135, Paris, Frankreich. 4 Institut für Molekulare Pharmakologie, Berlin Gonadotropin-Releasing Hormon (GnRH) spielt eine zentrale Rolle in der Initiation und Aufrechterhaltung der reproduktiven Funktion beim Menschen.Nach Bindung an den heptahelikalen GnRH Rezeptor (GnRHR) im Hypophysenvorderlappen führt GnRH zur Sekretion von LH und FSH.Mutationen im GnRH-R sind eine mögliche Ursache des hypogonadotropen Hypogonadismus.Wir beschreiben die ersten deutschen Patienten mit GnRH-R Mutationen,u.a.GnRH-R Ala171Thr,die in der Transmembranhelix (TMH) 4 lokalisiert ist. Die klinischen Symptome bei männlichen Patienten sind ein schwerer Hypogonadismus (Hodenvolumen ≤1 ml, Mikropenis, Testosteron <60 ng/dl) und niedrige Basalwerte für LH und FSH. In vitro Signaltransduktionsstudien des mutierten Ala171Thr GnRH-R zeigten eine fehlende Stimulation der Phospholipase C Aktivität und eine fehlende Produktion von Inositolphosphat. Die spezifische Rezeptorbindung des 125I-markierten GnRH Liganden war im Ala171Thr GnRH-R im Gegensatz zu Wildtyp-Rezeptor transfizierten Zellen nicht nachweisbar. Die Oberflächenexpression des mutierten Rezeptors wurde durch Studien mit YFP-GnRH-R Fusionskonstrukten dargestellt. Das molekulare Modelling des Ala171Thr GnRH-R weist auf eine zusätzliche Wasserstoffbrückenbindung zwischen den Aminosäuren Thr171 und Thr119 hin.Hierdurch wird die Konformationsänderung der TMH3 und TMH4 behindert, welche für die sequentielle Ligandenbindung und Rezeptoraktivierung notwendig ist. Unsere Studien charakterisieren umfassend den molekularen Mechanismus einer neuen GnRH-R Mutation als Ursache des hypogonadotropen Hypogonadismus. Der Mechanismus der GnRH-R Inaktivierung kann als Modell auf andere heptahelikale Rezeptoren übertragen werden.
P 16 Zwei Mutationen im GNRH-Rezeptor-Gen als Ursache eines hypogonadotropen Hypogonadismus bei einem Mädchen A. Richter-Unruh, S. Malak, S. Knauer-Fischer, B.P. Hauffa Abteilung für Hämatologie/Onkologie und Endokrinologie, Universitätskinderklinik Essen Fragestellung: Der angeborene hypogonadotrope Hypogonadismus (HH) stellt ein sehr heterogenes, genetisch bedingtes Krankheitsbild dar. Mögliche Ursachen können in einer gestörten hypothalamischen LHRH-Produktion oder einer fehlenden Stimulation der gonadotropen Zellen der Hypophyse durch einen defekten GnRH-Rezeptor trotz guter pulsatiler LHRH-Ausschüttung liegen.Wir stellen ein 16.6 Jahre altes Mädchen mit ausbleibender Menarche vor. Fallbericht: Im Alter von etwa 13 Jahren setzte spontan die Thelarche und Pubarche ein. Bei der körperlichen Untersuchung wies sie ein Bruststadium 3 und eine Pubesbehaarung Stadium 3 nach Tanner auf. Das Riechvermögen war nicht eingeschränkt. Die Bestimmung der laborchemischen Parameter zeigte erniedrigte Serumspiegel der Gonadotropine ( FSH 0,1 U/l, LH 0,0 U/l) und einen präpubertären Östradiolwert (10,4 pg/ml). Im Buserelin- und LHRHPumpentest kam es nicht zu einem signifikanten Anstieg der Gonadotropine.
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Monatsschrift Kinderheilkunde 10•2002
Ergebnisse: Es wurde DNA aus dem Blut isoliert. In einer direkten Genanalyse mit Sequenzierung der gesamten kodierenden Region einschließlich der Intron/Exon-Übergänge des GnRH-Rezeptor-Gen ließen sich 2 Mutationen im Exon 1 nachweisen: Eine neue homozygote Mutation im Start-Codon, die zu einem Austausch von Methionin zu Threonin führt (met1thr) und einen bereits beschriebenen homozygoten Wechsel von G zu A im Nukleotid 416, der in einem Austausch von Arginin mit Histidin im Codon 139 (arg139his) resultiert. Die konsanguinen Eltern sind beide heterozygot für beide Mutationen. Schlußfolgerung: Wir berichten über ein Mädchen mit einem hypogonadotropen Hypogonadismus, der durch 2 Mutationen im ersten Exon des GnRH-Rezeptor-Gen verursacht wird. Eine Mutation liegt im Start-Codon und führt voraussichtlich zu einer Translation erst ab Codon 24met. Die zweite Mutation (arg139his) ist in der 3. transmembranen Domäne lokalisiert und erklärt schon alleine den Phänotyp durch eine in vitro nachgewiesene fehlende Hormonbindung und Signaltransduktion.
P 17 Prävalenz und Inzidenz von Ullrich-Turner-Syndrom, Pubertas praecox, Morbus Basedow, primärer congenitaler Hypothyreose und adrenogenitalem Syndrom bei Kindern in Bayern und Baden-Württemberg im Jahr 2000 (EndoPrIn BB Studie) R. Schweizer, L. Rössner, T. Dorn, K. Mangelsdorf, R. Traunecker, M.B. Ranke stellvertretend für alle Kinderkliniken in Bayern und Baden-Württemberg Universitätsklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Tübingen Prävalenz und Inzidenz bestimmter Erkrankungen sind von besonderer Bedeutung für die Konzeption von Versorgungsstrukturen sowie für die Planung von Einrichtungen des Gesundheitswesens. Über Prävalenz und Inzidenz von Ullrich-Turner-Syndrom (UTS), Pubertas praecox (PP), Morbus basedow (MB), primärer congenitaler Hypothyreose (PCH) und Adrenogenitalem Syndrom (AGS) im Süden von Deutschland gibt es bisher keine Datenquellen. Ziel dieser Studie war es deshalb alle Fälle der genannten Erkrankungen zu erfassen, die sich im Jahr 2000 und 2001 in den Kinderkliniken in Bayern und BadenWürttemberg vorstellten um daraus die Inzidenz und die Prävalenz zu errechnen. Material und Methoden: Alle 68 Kinderkliniken in Bayern und BadenWürttemberg wurden aufgefordert mit Hilfe von Meldekarten alle Kinder zwischen 0 und 18 Jahren zu melden, die an den genannten Erkrankungen litten und sich in der Klinik vorstellten. 65 Kliniken nahmen an der Erfassung teil. 3 Kliniken sahen sich nicht in der Lage die geforderten Daten zu erheben. Von allen Kindern wurden Initialen, Geburtsdatum, Geschlecht,Wohnort (erste 3 Stellen der Postleitzahl) und Diagnosedatum der Erkrankung erfaßt.Bei Hypothyreose und M.Basedow wurden zusätzlich Laborchemische Daten abgefragt,die zur Diagnosesicherung wichtig waren, bei UTS wurde der Chromosomensatz mit erfaßt. Ergebnisse: Es ergeben sich folgende Inzidenzen (1/100000) in Bayern und Baden-Württemberg: UTS 16, PP 1, PCH 36, MB 0.5 und AGS 25. Es ergeben sich folgende Prävalenzen (1/100000): UTS 12 (Chromosomensatzverteilung: 45,X 54%, 45,X/46 X,i(Xq) 10%, 45,X/46,XX 13%, 46,X (Xq) 3%, andere 20%); PP 3 (16% hirnorganisch), PCH 6, MB 1 (81% difusse Struma, 40% endokrine Orbitopathie),AGS 7 (70% mit Salzverlust, 10% late onset). Anhand der meldenden Klinik wurde ermittelt, daß ca. 85% der Patienten mit UTS, PP, MB und AGS an einem Zentrum für Pädiatrische Endokrinologie in Betreuung sind, aber nur 60% der Patienten mit PCH. Schlußfolgerungen: Diese Studie liefert erstmals Daten über die Häufigkeit von endokrinologischen Erkrankungen in Baden-Württemberg und Bayern. Da diese beiden Bundesländer ca. 1/4 der Bevölkerung von ganz Deutschland umfassen, ist diese Erhebung auch repräsentativ für ganz Deutschland.
Die Studie liefert wichtige Anhaltspunkte für den Bedarf an spezialisierten endokrinologischen Behandlungszentren im Süden von Deutschland.
P 18 Prospektive strukturierte Dokumentation für Patientenbetreuung, Qualitätsmonitoring und wissenschaftlich-epidemiologische Auswertungen: Das DPV-Projekt als Beispiel für chronische endokrinologische Erkrankungen Reinhard W Holl, Matthias Grabert, Ulrike Krause, Franz Schweiggert für die Qualitätssicherungsinitiative der AG pädiatrische Diabetologie Universität Ulm Hintergrund: Chronische endokrinologische Erkrankungen in der Pädiatrie sind meist relativ selten, so dass einzelne Zentren oft nur wenige Patienten betreuen. Eine Optimierung von Versorgungsprozessen erfordert prospektiv erhobene objektive Daten, wobei der Dokumentationsaufwand jedoch gering sein sollte. Methodik: Die DPV-Dokumentationssoftware erlaubt es, alle diabetesrelevanten Parameter strukturiert zu erfassen. Die Software bietet viele Funktionen,welche das Betreuungsteam direkt entlasten (automatische Arztbriefschreibung,Serienbriefe,grafische und tabellarische Auflistung relevanter Daten,Erinnerung an ausstehende Kontrolluntersuchungen, Ausfüllen des Gesundheitspasses Diabetes etc). Ohne zusätzlichen Dokumentationsaufwand erlauben die eingegebenen Daten Basis für interne Qualitätsstatistiken und die Teilnahme an externen Qualitätsvergleichen (Benchmarking).Gleichzeitig können anonymisierte Verlaufsdaten der teilnehmenden Zentren gemeinsam ausgewertet werden. Ergebnisse: Für das Behandlungsjahr 1995 wurde erstmals externe Qualitätsvergleiche angeboten, es nahmen 23 Zentren teil. Bis zum Behandlungsjahr 2001 stieg die Teilnehmerzahl kontinuierlich auf zuletzt 113 Zentren an, d.h. die meisten pädiatrischen Diabeteszentren beteiligen sich heute an der Initiative. In diesem Zeitraum zeigten sich massive Veränderungen der Behandlungsprozesse, wie z.B. eine Intensivierung der Insulintherapie: 1995 wurden 30.9% der Patienten mit 4 oder mehr Injektionen/Tag behandelt,2001 dagegen 56.5%.Die Vollständigkeit von Kontrolluntersuchungen nahm ebenfalls zu, während nur geringe Veränderungen der Ergebnisqualität (Hypoglykämierate,Stoffwechselkontrolle) erkennbar sind.Die Datenbank aller anonymisierten Verlaufsdaten umfasst aktuell (März 2002) 326311 Datensätze von insgesamt 20909 Diabetespatienten mit einem Diabetesbeginn vor dem 18.LJ; Typ-1-Diabetes: 20507, andere Diabetesformen: 402).Aufgrund dieser Daten wurde in Zusammenarbeit mit ESPED eine Inzidenz- und Prävalenzschätzung des Typ-1-Diabetes in Nordrhein-Westfalen errechnet, es wurden die Hypoglykämierate und HbA1c-Wert in verschiedenen Altersgruppen analysiert sowie versorgungs-epidemiologische Fragen (Hospitalisationsrate,Liegedauer) untersucht.Ein weiteres Projekt betrifft Besonderheiten bei in der Pädiatrie seltenen Diabetesformen. Schlussfolgerung: Der Ansatz einer EDV-basierten Dokumentation aller Patienten eines Zentrums sowie die Kombination von Qualitätssicherung und wissenschaftlichen Fragestellungen hat sich in der Diabetologie bewährt. Aktuell wird dieses Konzept auf Kinder und Jugendliche mit Adipositas übertragen.
P 19 Mutationen im PDS-Gen als Ursache des Pendred-Syndroms Guntram Borck1, Christian Roth2, Ursula Martiné1, Thomas Koffler1, Joachim Pohlenz1 1 Universitätskinderklinik Mainz, 2 Universitätskinderklinik Bonn Das Pendred-Syndrom ist eine autosomal-rezessiv vererbbare Erkrankung, die durch eine (meist euthyreote) Struma und eine Innenohrschwerhörigkeit charakterisiert ist. Bei Vorliegen dieser Symptoma-
tik wird die Diagnose durch einen pathologischen Perchlorat-Discharge-Test infolge eines Organifikationsdefektes und durch den Nachweis typischer Fehlbildungen des Innenohrs (Mondini-Malformation oder erweiterter vestibulärer Aquädukt im CCT oder MRT) gesichert. Molekulargenetische Ursache des Pendred-Syndroms sind Mutationen im PDS-Gen, das für einen Natrium-Iodid-Transporter kodiert, der überwiegend in der apikalen Membran der Follikelzellen der Schilddrüse, im Innenohr und in der Niere exprimiert wird. Das PDS-Gen kartiert auf dem langen Arm von Chromosom 7 (7q31) und besteht aus 21 Exons. Wir berichten über sechs Patienten mit einem PendredSyndrom, die aus vier Familien stammen. Eine Familie ist türkischen Ursprungs, die übrigen drei kommen aus Deutschland. Die Diagnose beruht auf dem Vorhandensein von mindestens zwei der folgenden Kriterien: 1) positive Familienanamnese für Pendred-Syndrom, 2) Struma und/oder Hypothyreose, 3) bilaterale Schwerhörigkeit mit oder ohne Innenohrfehlbildung und 4) positiver Perchlorat-Discharge-Test. Alle Patienten wurden molekulargenetisch untersucht. Zur Mutationssuche wurden alle 21 Exons des PDS-Gens mittels PCR von genomischer DNA amplifiziert und direkt sequenziert. Wir fanden bei allen Betroffenen eine Mutation auf beiden Allelen des PDS-Gens. Insgesamt beschreiben wir vier Punktmutationen, von denen eine bisher noch nicht beschrieben wurde. Diese Mutationen liegen bei 50 gesunden Kontrollpersonen nicht vor und stellen somit keine häufigen Polymorphismen dar. Die molekulargenetische Analyse der deutschen Familien mit einem Pendred-Syndrom ergab, dass alle Betroffenen auf mindestens einem Allel die gleiche Mutation tragen. Zusammengefasst berichten wir über die molekulargenetische Analyse des PDS-Gens von vier Familien mit einem Pendred-Syndrom. Wir beschreiben eine neue Mutation und zeigen, dass eine Mutation bei drei deutschen Familien vorkommt.Weiterführende Untersuchungen müssen klären, ob diese Mutation bei Betroffenen Pendred-Patienten aus Deutschland häufig ist und somit einen Ansatzpunkt für einen einfachen diagnostischen DNA-Test liefern kann.
P 20 Mutation R338W im Schilddrüsenhormonrezeptor-β-Gen (THRB) als Ursache einer generalisierten Schilddrüsenhormonresistenz Anke Pyper, Heike Petzold, Katrin Handschug, Mechthild Grosche, Angela Hübner Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin an der Technischen Universität Dresden Einleitung: Eine Schilddrüsenhormonresistenz ist durch deutlich erhöhte Serumkonzentrationen der gesamten und freien Schilddrüsenhormone bei nicht supprimiertem TSH gekennzeichnet. Die Hormonresistenz ist gewebeabhängig , so dass klinisch zwischen einer generalisierten und einer isoliert hypophysären Schilddrüsenhormonresistenz unterschieden werden kann. Zu den häufigsten Symptomen der Erkrankung zählen eine Struma, Zeichen einer Hypo- oder Hyperthyreose, mentale Retardierung, Lernschwierigkeiten, Aufmerksamkeits-Defizit Syndrom, sowie ein Kleinwuchs in unterschiedlicher Ausprägung. Ursache der Hormonresistenz sind Mutationen im Gen für den Beta-Schilddrüsenhormonrezeptor (TRHB) auf Chromosom 3p22-p24.1. In ca. 75% der Fälle tritt die Schilddrüsenhormonresistenz familiär mit dominantem Erbgang auf. Kasuistik: Ein elfjähriger Junge wurde wegen deutlich erhöhter Schilddrüsenhormonspiegel bei normalem TSH-Wert und einer Struma unter dem Verdacht eines Morbus Basedow vorgestellt. Schilddrüsen-Autoantikörper wurden nicht nachgewiesen, sonographisch stellte sich eine deutlich vergrößerte Schilddrüse ohne Strukturveränderungen dar. Die zusätzliche klinische Symptomatik mit Sprachentwicklungsverzögerung, Lernschwäche und Hyperaktivität lenkten den Verdacht auf eine Schilddrüsenhormonresistenz. Die Mutter des Patienten wurde wegen einer Knotenstruma mit klinischen Zeichen einer Hyperthyreose thyreoidektomiert. Präoperativ wurden auch bei ihr erhöhte periphere Schilddrüsenhormone bei normalen TSH-Werten bestimmt. Monatsschrift Kinderheilkunde 10•2002
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Abstracts Molekulargenetische Diagnostik: Bei der Sequenzierung des THRBGens des Indexpatienten fanden wir eine heterozygote C>T-Transition an der Nukleinsäureposition 1297, die zu einem Austausch des Arginins 338 durch Tryptophan führt (R338W). Im Gegensatz dazu fanden wir bei der Mutter weder die R338W-Mutation noch eine andere Mutation im TRHB-Gen. Schlussfolgerungen: 1. Eine Erhöhung der peripheren Schilddrüsenhormone bei nicht supprimiertem TSH spricht für das Vorliegen einer generalisierten Schilddrüsenhormonresistenz. 2. Die bei unserem Patienten nachgewiesene Mutation R338W im THRB-Gen bewirkt eine verminderte T3-Bindung und geht mit einer verminderten Transkriptionsaktivität einher. Eine eindeutige Genotyp-Phänotyp-Korrelation besteht nicht. 3. Der Vererbungsmodus der Schilddrüsenhormonresistenz bleibt im Hinblick auf die fehlende Mutation bei der Mutter des Patienten fraglich und bedarf einer weiteren Abklärung.
P 21 Erste klinische Erfahrungen in der Bisphosphonattherapie bei schwerer Wirbelsäulenosteoporose im Kindesalter Gabriele Rieger-Wettengl, Gertrud Even, Friederike Körber, Eckhard Schönau Klinik und Poliklinik für Allgemeine Kinderheilkunde und Klinik für Radiologische Diagnostik - Abteilung Kinderradiologie der Universität zu Köln Insbesondere bei Kindern mit idiopathischer juveniler Osteoporose und Osteogenesis imperfecta wird das Auftreten einer schweren Wirbelsäulenosteoporose mit Deckplatteneinbrüchen und Sinterungen beobachtet. Klinisch leiden die Patienten z.T. an starken Wirbelsäulenschmerzen. Therapeutisch stehen neben Krankengymnastik und operativen Maßnahmen seit kurzer Zeit Bisphosphonate als Heilversuch zur Verfügung. Methodik: Klinisch und radiologisch (Röntgen WS seitlich) wurden die Verläufe von 4 Patienten mit schwerer Wirbelsäulenosteoporose unter Bisphosphonattherapie dokumentiert. 2 Kinder (ein 1-jähriger Junge, ein 6-jähriges Mädchen) leiden an einer Osteogenesis imperfecta, 2 Kinder (ein 9-jähriges Mädchen, ein 14-jähriger Junge) an einer idiopathischen juvenilen Osteoporose. Die intravenöse Bisphosphonattherapie mit dem Wirkstoff Pamidronat wurde nach kanadischen Schema (Glorieux FH et al. 1998 Cyclical pamidronate therapy in children with severe osteogenesis imperfecta. N Engl J Med. 339:947–952) jeweils über 3 Tage in einer Dosierung von 0,5–1 mg/kg/d in drei- bzw. vier-monatigem Abstand als individueller Heilversuch durchgeführt.
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Ergebnisse: Bei allen Patienten wurde innerhalb von Tagen bis wenigen Wochen Schmerzfreiheit und innerhalb weniger Monate eine zunehmende Mobilisierung erreicht. Radiologisch zeigte sich eine Dichtezunahme der Wirbelkörper und eine Zunahme der Wirbelkörperhöhe. Schlussfolgerung: Die intravenöse Gabe von Bisphosphonaten (Pamidronat) bei schwerer Wirbelsäulenosteoporose im Kindesalter führt innerhalb eines kurzen Zeitraums zu Beschwerdefreiheit sowie radiologisch zu einer Rückläufigkeit der Osteoporose und scheint somit in Einzelfällen eine wirkungsvolle Therapie auch im Kindesalter zu sein. Langzeitwirkungen und -nebenwirkungen sind allerdings abzuwarten.
P 22 Inverser Verlauf von Ghrelin und Leptin nach schwerem operativem Trauma von Kindern Michael Gröschl1, Roland Wagner1, Frank Harig2, Helmut Singer1, Helmuth G. Dörr1, Wolfgang Rascher1, Jörg Dötsch1 1 Klinik für Kinder und Jugendliche, 2 Zentrum für Herzchirurgie, Universität Erlangen-Nürnberg Fragestellung: Ziel der Studie war, bei Kindern den Einfluß von kritischen Stresssituationen, wie Operationen mit kardiopulmonalem Bypass, auf die Appetit regulierenden Hormone Leptin und Ghrelin zu untersuchen. Methodik: 20 Kinder mit offenen Herzoperationen wurden in die Studie eingeschlossen. Beide Hormone wurden mittels Radioimmunoassay während und nach der Operation gemessen. Ergebnisse: Leptin und Ghrelin zeigten einen inversen Verlauf. Leptin fiel um 50% (p<0.05) während der Operation ab, stieg aber signifikant bis zu 500% (p<0.001) 12 Stunden nach der Operation an. Im Gegensatz dazu fiel Ghrelin signifikant innerhalb des ersten postoperativen Tages ab (p<0.01). Nachfolgend stiegen die Ghrelin-Werte nach 2–3 Tagen auf die präoperativ gemessenen Konzentrationen an. Es gab keine signifikante Beziehung zwischen den Hormonwerten und anderen klinischen Parametern, abgesehen von einer positiven Korrelation zwischen Leptin und BMI (r2=0.58). Schlussfolgerungen: Kinder nach schwerem operativem Trauma mit Herz-Lungen-Maschine weisen einen inversen Verlauf der Leptin und Ghrelin Plasmaspiegel auf. Dies könnte, abgesehen vom kritischen klinischen Zustand zur posttraumatischen Anorexie beitragen.