FORSCHUNG
Historisches
25 Jahre fka: Automobile Forschung und Entwicklung in Aachen Die Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen mbH Aachen (fka) wurde 1981 von Professor Jürgen Helling gegründet. Die fka feiert somit in diesem Jahr ihr 25. Jubiläum. Heute sind die ZF Friedrichshafen AG und die Voss Automotive GmbH, Wipperfürth Gesellschafter der fka. Die fka wird von Dr.-Ing. Jörg Leyers geleitet und kooperiert eng mit dem Institut für Kraftfahrwesen Aachen (ika) der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH), das derzeit von Professor Henning Wallentowitz geführt wird. Die fka und das ika beschäftigen 100 Mitarbeiter, davon 63 Ingenieure, Techniker, Verwaltungsangestellte und Auszubildende. Darüber hinaus unterstützen zahlreiche studentische Hilfskräfte ika und fka. Der Umsatz beider Institutionen beträgt jährlich über zwölf Millionen Euro.
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1 Einleitung Der Aufbau der Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen mbH Aachen zu Beginn der 80er-Jahre hatte seinen Ursprung im Institut für Kraftfahrwesen der RWTH. Die Zielsetzung zur Gründung der fka lag darin, in stärkerem Maße unabhängig von der öffentlichen Forschungsförderung industrienah zu arbeiten und Mitarbeiter auch über die begrenzte Assistentenzeit hinaus in Aachen beschäftigen zu können. Als Nachfolger von Professor Helling wurde Professor Wallentowitz 1993 an das ika nach Aachen berufen. Seit 1995 ist er Beiratsvorsitzender der fka.
2 Historie Ursprünglich waren die fka und das ika in der Innenstadt von Aachen angesiedelt. Im Zuge der Fertigstellung des ika-Neubaus im Jahre 1995 zogen beide Institutionen in das Erweiterungsgelände der RWTH Aachen in Melaten. Schon damals stellte die fka das Bürogebäude zur Verfügung und bezog gemeinsam mit dem ika die neuen Arbeitsräume. Die Prüfstände befinden sich im Institutsgebäude des ika. Die Bautätigkeiten wurden auch in den nächsten Jahren erfolgreich weitergeführt, indem mit sehr viel Eigenleistung der Mitarbeiter neue Prüfstände aufgebaut und neue Hallen errichtet wurden. Für weiteres Wachstum von fka und ika wurde 2002 damit begonnen, ein zusätzliches Gebäude zu errichten. Nach nur zwei Jahren Planungs- und Bauphase wurde im August 2004 ein zweiter Bürokomplex eingeweiht. Die starke Expansion der letzten Jahre erfolgte somit nun auch räumlich. Durch diese Erweiterung ergaben sich bessere Arbeitsmöglichkeiten für die zunehmend komplexeren Forschungs- und Entwicklungsarbeit der fka.
3 Kompetenzen und Aktivitäten Die fka hat sich als F&E-Dienstleister für die Automobilindustrie etabliert. So ist sie im Verbund mit dem ika in der Lage, akademisch-wissenschaftlich, und vor allem industrienah und praxisrelevant in zeit- und budgetregulierten Projekten zu agieren. Ein wesentlicher Vorteil dieser Zusammenarbeit von ika und fka liegt darin, den Geheimhaltungsverpflichtungen der Auftraggeber aus der Industrie nachzukommen. Auf diesem Wege findet stets eine Vernetzung von Wissenschaft (ika) und Wirtschaft (fka) statt, die auf Basis von grundlagenorientierter Forschung und anwendungsorientierter Produktentwicklung bis heute zahl-
reiche Forschungs- und Entwicklungsleistungen ermöglicht hat. Das Spektrum der fahrzeugtechnischen Dienstleistungen der fka reicht von der Konzeption über die Simulation und Konstruktion bis zum Prototypenaufbau und zur experimentellen Erprobung von Prototypenanwendungen und Serienfahrzeugen. Einen Schwerpunkt der Aktivitäten bildet die Mitarbeit bei der Vorentwicklung von Gesamtfahrzeugen, Systemen und Einzelkomponenten. Die fka ist dabei in der Lage, Komplettlösungen „von der ersten Idee bis hin zum fertigen Produkt“ anzubieten. Die fka ist in verschiedene Geschäftsbereiche gegliedert. Es gibt heute die Bereiche Fahrwerk, Karosserie, Antrieb, Elektronik, Akustik und Verkehr sowie eine Abteilung für Strategie- und Prozessentwicklung.
Die Autoren
Dr.-Ing. Jörg Leyers ist Geschäftsführer der Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen mbH Aachen (fka).
Prof. Dr.-Ing. Henning Wallentowitz leitet das Institut für Kraftfahrwesen Aachen (ika) und ist Vorsitzender des Beirates der Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen mbH Aachen (fka).
4 Die 80er-Jahre: Systemintegration in das Fahrzeug Seit der Gründung der fka im Jahr 1981 beschäftigen sich die Mitarbeiter mit der Anwendung ihrer fahrzeugtechnischen Kompetenzen bei konkreten Fragestellungen der Automobil- und Zuliefererindustrie. Einen Überblick dieser Kompetenzfelder und eine Auswahl der dabei entwickelten Anwendungen geben Bild 1 und Bild 2. Bereits zu Beginn wurden diverse Prüfstände aufgebaut, mit denen zum Beispiel im Bereich Fahrwerk Nutzfahrzeugreifen untersucht wurden. In den Bereichen Antrieb und Akustik wurden zeitgleich Allradantriebe sowie Noise, Vibration und HarshnessPhänomene von Fahrzeugen analysiert. Es folgten sowohl die Konstruktion und das Prototyping von Fahrwerken als auch die Untersuchung von Achssystemen auf Prüfständen und in der Simulation (CAx-Methoden). Im Karosseriebereich beschäftigten sich die Mitarbeiter zunächst mit der Entwicklung und Durchführung von Belastungstests sowie der Konzeptentwicklung von Karosseriestrukturen unter Anwendung moderner Werkstoffe (zum Beispiel Hybridtechnik), Bauweisen und Fertigungstechniken. Auch die numerische Strukturanalyse hielt früh Einzug in die Arbeiten der fka. Bereits vor Gründung der fka zu Beginn der 70er-Jahre entwickelten die Mitarbeiter Konzepte für Hybridfahrzeuge, die zu späterer Zeit in der Simulation und in Form von Prototypen virtuell nachgebildet beziehungsweise real umgesetzt wurden. Aber nicht nur die Fahrzeugtechnik an sich, sondern auch die Verkehrsforschung, die später in dem Bereich Verkehr intensiviert wurde, bildete bereits sehr früh ein Forschungsfeld der fka. Hier stehen die Einbe-
ziehung und die Analyse des Betriebsumfeldes des Automobils im Vordergrund des Interesses.
5 Die 90er-Jahre: Systemvernetzung im Fahrzeug In den 90er-Jahren wurden die bis dahin bestehenden Kompetenzfelder weiter ausgebaut. So beschäftigten sich die Mitarbeiter des Bereichs Fahrwerk mit dem virtuellen Prototyping von Fahrwerksystemen und Gesamtfahrzeugen sowie der Fahrdynamiksimulation. Es entstand damals zum Beispiel für Mercedes-Benz der „Life Jet F 300“ (ein dreirädriges, kurvenneigendes Fahrzeug). Zudem wurden Fahrassistenzsysteme (zum Beispiel ABS, ESP) untersucht, die Funktionsentwicklung begonnen und weitere Prüfstände (zum Beispiel Kinematic & Compliance Test Rig und der dynamische Reifenprüfstand MOREP) realisiert. Zeitgleich wurden im Karosseriebereich in Kooperation mit dem ika, das über eine eigene Crashbahn verfügt, Kompetenzen zur Durchführung von Gesamtfahrzeug-Crashs aufgebaut. Zudem wurden erste Konzepte zum Fußgängerschutz entwickelt und diese auch seriennah umgesetzt beziehungsweise getestet. Des Weiteren wurden Funktionsbenchmarks an Gesamtfahrzeugen, Rohkarosserien und Einzelkomponenten durchgeführt. Darüber hinaus arbeiteten die Mitarbeiter der fka in dieser Zeit mit an der Entwicklung des New Steel Bodys (NSB) von ThyssenKrupp Stahl, an Crashstrukturen aus EdelATZ 07-08I2006 Jahrgang 108
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Bild 1: Übersicht der Kompetenzen der fka Figure 1: Overview over the competencies of the fka
stahl sowie an Konzepten der Stahl-Kunststoff-Hybridbauweise und der Faserverbundkunststofftechnik. Während im Antriebsbereich die Hybridtechnik (zum Beispiel Ford EHV Hybrid, EU Inmove) sowie die Entwicklung von Antriebssystemen („vom Motor bis zum Rad“) weiterverfolgt wurden, führt der Akustikbereich, unter anderem mit Hilfe einer patentierten Messwelle, Axial- und Verschiebekraftmessungen von Gelenken durch. Zudem erfolgte der Aufbau von mehreren Kapselfahrzeugen der ersten Generation (zum Beispiel für Ford). Der Bereich Elektronik, der bereits im Verlauf der 80er-Jahre die Entwicklung von Steuergeräten begonnen hatte (zum Beispiel S1-ECU), verfolgte im Weiteren die Auswirkung und die Umsetzung von Hardwareund Software-Kompetenzen. Es folgten die S2-ECU, die Smart-ECU sowie zahlreiche anwendungsspezifische Steuergeräte, die ihren Prototypeneinsatz (zum Beispiel in Fahrwerksystemen) sowie ihre Verwendung in Serienfahrzeugen (zum Beispiel Leuchtweitenregulierung, Stoßdämpferverstellsysteme) fanden. Zudem wurden 618
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in Anbetracht der Weiterentwicklung des Fahrzeugbordnetzes und des hierzu erforderlichen Energiemanagements ein Bordnetzprüfstand errichtet und Lichtbogenuntersuchungen an Zwei-Spannungsbordnetzen durchgeführt. Im Zuge der Verkehrsforschung wurde im Bereich Verkehr das Verkehrssimulationstool PELOPS (mit BMW) entwickelt. Dieses wurde kontinuierlich erweitert und ergänzt, so dass es neben der Verkehrsforschung auch als Tool für die Entwicklung und Bewertung von Fahrerassistenzystemen (FAS) eingesetzt werden konnte. Daneben wurden zusätzlich Methoden und Werkzeuge zur Untersuchung und Implementierung von FAS im Fahrversuch entwickelt. Mit Hilfe dieser Methoden und Tools wurden beispielsweise Vorschläge zur Optimierung des Verkehrsflusses im Hamburger Elbtunnel entworfen. Zudem wurden im weiteren Verlauf der Entwicklungsarbeiten auch diverse Versuchträger für Pkw (unter anderem mit Aktivlenkung) zur Erprobung von ACC Stop & Go und von ACC für Nutzfahrzeuge (mit Wabco
für Iveco) aufgebaut. Darüber hinaus beschäftigten sich die Entwickler am fka zunehmend mit der Analyse des Fahrers im Hinblick auf das kooperative beziehungsweise aggressive Fahr- und Fahrerverhalten als Basis für die Verkehrsforschung und die Assistenzsysteme. In dieser Zeit bildete aber auch die Standardisierung von Testverfahren zur Erprobung von Sensoren für FAS ein weiteres Aufgabenfeld. Im Rahmen der Forschungs- und Entwicklungsaufgaben gewannen Mitte der 90er-Jahre auch strategische Technologieanalysen und Studien zunehmend an Bedeutung. So wirkte das fka seinerzeit unter anderem bei der Studie „Profitable Automotive Supplier Strategies“ von McKinsey & Company mit. Während sich diese Studie vorwiegend auf die Untersuchung der Automobilzulieferindustrie konzentrierte, erfolgte im Jahr 2000 bis 2001 eine Fortsetzung dieser Untersuchung (Pass 2000). Diese verfolgte als Zielsetzung die Analyse von Technologietrends und von strategischen wie strukturellen Auswirkungen in der Automobilindustrie.
1980
1990
Nutzfahrzeugreifen-Prüfstand
“Anwendungen“
2010
Dynamischer Pkw-, Motorradreifenprüfstand Fahrender Reifenprüfstand K&C Test Rig MTM & SP-Ermittlung Achsberechnung Kommunalfahrzeuge Flurförderfahrzeuge Fahrdynamiksimulation Gesamtfahrzeugtest Virtuelle Strasse AUDI Fahrdynamik & Lenkfunktionen EPS BMW Aktivlenkung Fahrerwahrnehmung Fahrdynamik
Life Jet F300 Komponententest
heute
Systemtest
Sickenatlas
NSB (TKS) eSIE.CAR
FGS Vorderwagen
Produktionskostenanalyse (z.B. TWB-Konsortium, IISI) Scheibenaufprall
Karosserie
Stainless Steel Crash Structure Stahl-Bodengruppe (FOSTA) Alu-intensives Auto (EAA) Alu-Vorderwagen Hybridtechnik und Composites
Anschaffung und Installation „Allradprüfstand“
Ford EHV Hybrid
Fahrwerk
Ford E-Ka
Entwicklung seriennaher Hybridkonzepte für diverse Fahrzeughersteller (z.B. Porsche, EU-SUVA-Koordinator)
EU INMOVE (PSA, Sachs)
Antrieb
Diagnose Plausibilisierung EE-Konzepte (z.B. für aktive Fahrwerke) S1-ECU
S2-ECU
Smart-ECU
16bit-Universal ECU i-Box
fka OS
Elektronik
32bit-Universal ECU Anwendungsspezifische Steuergeräte
ALWR
Patentierte Messwelle für Axial- und Verschiebekräfte von Gelenken
Akustik
1. Generation Kapselfahrzeuge (z.B. Ford) 2. Generation Kapselfahrzeuge (z.B. TÜV-Süd, DaimlerChrysler)
Verkehrsflusssimulation PELOPS (BMW) Versuchsträger mit ACC Stop & Go Versuchsträger mit ACC Stop & Go, Aktivlenkung und Querführung Verkehrsoptimierung im Elbtunnel ACC für Nfz (mit Wabco für IVECO) INVENT Stauassistent Standardtestverfahren für FAS-Sensoren Analyse kooperatives/aggressives Verhalten Aufbau RWTH-Fahrsimulator
Verkehr
„PASS and PASS 2000“ (McKinsey) „Mobility 2030“ (WBCSD) „5000-Euro Auto“ (Ricardo) AutoNET.eu (CAR e.V.) Benchmarking: Gesamtfahrzeug, Systeme, Komponenten Fahrzeugmodularisierung (VW) NEAC (MIWFT, Land NRW) „Technologie-Trends in der Automobilindustrie“ (Bayern Innovativ) „NRW-Automobil-Kompetenz“ (MWME, Land NRW) Roadmapping und Szenarioanalysen: z.B. Gesamtfahrzeug, E/E-Systemarchitekturen Technologie- und Produktbewertungen: z.B. x-by-wire, Hybrid-Technik Marktanalysen: z.B. Fahrwerk-/Fahrerassistenzsysteme, Fahrzeugsegmente Seminare: FMEA, Projektmanagement, QFD; fahrzeugtechnische Weiterbildung
Strategieund Prozessentwicklung
Bild 2: Beispiele für Anwendungen in den Arbeitsbereichen der fka Figure 2: Examples for applications in the fields of activity of the fka
6 Heute: Vernetzung zwischen Fahrer, Fahrzeug und Umwelt Neben den bereits im Vorfeld genannten Aktivitäten beschäftigen sich die Fahrwerkingenieure heute auch mit der Reifenmodellierung und Parameteridentifikation für Tyre Property-Files. So ist es möglich, die Prozesskette, beginnend mit der Ermittlung von Reifenkennwerten mithilfe der dynamischen Pkw- und Motorrad-Reifenprüfstände sowie Nutzfahrzeugreifenprüfstände, bis hin zum Aufbau von Reifenmodellen (zum Beispiel FTire) für die Simulation von Fahrwerksystemen und auch Gesamtfahrzeugen vollständig abzubilden. Die Ingenieure betreiben in zunehmendem Maße die Funktions- & Reglerentwicklung von Lenk- und Wankstabilisierungssystemen. So hat die fka in den letzten Jahren auch an der Entwicklung der BMW-Aktivlenkung mitgewirkt. Zudem werden auf der Teststrecke des ika zur Analyse der Fahrer-Fahrzeug-Interaktion Fahrversuche durchgeführt. Ein nach wie vor hochaktuelles Thema im Karosseriebereich ist der Fußgänger-
schutz. Das Spektrum der Aktivitäten der fka reicht hier mittlerweile bis zur gezielten simulationsgestützten Auslegung kompletter Vorderwagen und zum Prototypenbau. Für verifizierende Realversuche an Gesamtfahrzeugen steht seit einiger Zeit ein Freiflugimpactorenprüfstand zur Verfügung. In Forschungsprojekten wird der Frage nachgegangen, wie sich bestehende Fußgängerschutzrichtlinien auf andere Aufprallbereiche und andere Fahrzeugklassen erweitern lassen. Vor dem Hintergrund immer umfangreicherer Anforderungen im Gebiet der Crashsicherheit und des Fahrzeugschutzes stellt die Entwicklung von Komponententests anhand virtueller Prüfstandsaufbauten, die später zum Beispiel auf der Crashanlage des ika realisiert werden, einen weiteren Tätigkeitsschwerpunkt dar. Ein ebenso aktuelles Thema ist die Weiterentwicklung von numerischen Simulationsmethoden vor allem für die früheste Phase der Entwicklung. Die Fähigkeit der numerischen Optimierung wurde dabei bis heute kontinuierlich erweitert. Eine immer
wichtigere Rolle spielen Fragen der Kostenmodellierung, mit denen sich die Mitarbeiter des Karosseriebereichs ebenfalls befassen. Darüber hinaus zählt nach wie vor die Durchführung von Berechnungs- und Testingdienstleistungen sowie das Benchmarking von Karosseriestrukturen zu den Hauptaktivitäten in diesem Geschäftsbereich. Der weitere Ausbau des Know-hows im Antriebsbereich orientierte sich bis heute unter anderem an der Entwicklung seriennaher Hybridkonzepte für diverse Fahrzeughersteller. Auch als Koordinator im EU-Projekt Suva war die fka aktiv. Aber nicht nur die stärker an Bedeutung gewinnenden Hybridfahrzeuge, sondern auch die konventionellen und andere unkonventionelle Antriebssysteme sowie die Anwendung vorhandener Simulationsmodelle für Brennstoffzellenantriebe bilden heute Arbeitsschwerpunkte der fka. In Zusammenarbeit mit dem Bereich Akustik wurden unter anderem für den TÜV-Süd und für Daimler-Chrysler-Kapselfahrzeuge der zweiten Generation aufgebaut, die heute zur Auslegung der Fahrzeuge ATZ 07-08I2006 Jahrgang 108
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Bild 3: Auswahl an Forschungs- und Entwicklungsfeldern für das Automobil der Zukunft Figure 3: Selection of research and development areas for the automobile of the future
hinsichtlich verminderter Geräuschabstrahlung (zum Beispiel Reifengeräusche) in Betrieb sind. Das Expertenwissen der einzelnen Geschäftsbereiche wird darüber hinaus zur Erstellung von Technologie- und Marktanalysen genutzt, wie der erst kürzlich veröffentlichten Studie „Drive – The Future of Automotive Power“, die McKinsey zusammen mit Experten der fka und des ika sowie dem Institut für Energiesysteme von Professor Dr. Georg Erdmann (Technische Universität in Berlin) durchgeführt hat. Im Elektronikbereich wurden die Steuergeräte-Architekturen bis hin zu einem 32 bit Universal-Steuergerät erweitert und die sogenannte i-box aufgebaut, mit der Signalkonditionierungen realisiert werden. Darüber hinaus beschäftigt sich die fka heute mit den Themen der Autocode-Generierung, Systemintegrität, Funktions- und Systemdiagnose, dem adaptiven Licht sowie, zusammen mit dem Fahrwerksbereich, mit der Signalplausibilisierung und E/E-Konzepten. Der umfassende Bereich des Energiemanagements bildet in Bezug auf die zukünftige Entwicklung des Gesamtfahrzeugs ein weiteres Arbeitsgebiet für zahlreiche Forschungs- und Entwicklungsaufgaben. Die Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen an der fka basiert in starkem Maße auf Hardware und Software in the Loop (HIL, SIL)-Methoden. So wurde auf diese Weise im Projekt Invent mit den Projektpartnern ein Stauassistent entwickelt und erprobt. Hierbei führt die fka auf Basis selbst generierter Testprozeduren neben Funktions- und Sicherheitstests auch Akzeptanzanalysen bereits eingesetzter sowie zukünftig zu erwartender Fahrerassistenzsysteme durch. In Bezug auf die zunehmende Bedeu620
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tung des Zusammenwirkens von Fahrer und Fahrzeug kommt der Betrachtung dieser Schnittstelle in Zukunft eine noch größere Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang werden in Kooperation mit verschiedenen Hochschulinstituten der RWTH, die ihr Wissen unterschiedlicher Disziplinen (wie zum Beispiel Technik, Psychologie und Ergonomie) einbringen, Aktivitäten zur Erforschung der Mensch-Maschine-Schnittstelle verstärkt und der Aufbau eines leistungsfähigen Fahrsimulators wird angestrebt. Im Themenfeld Strategie- und Prozessentwicklung folgten nach den Studien, die unter anderem mit McKinsey durchgeführt wurden, zahlreiche weitere technische und strategische Analysen. So wurde im Auftrag der Bayern Innovativ GmbH mit dem Institut für technik & markt strategien (tms) und dem Laboratorium für Werkzeugmaschinen und Betriebslehre der RWTH Aachen (WZL) im Jahr 2001 die Studie „Technologie-Trends in der Automobilindustrie“ erarbeitet. Danach war die fka an der Erstellung der Studie „Mobility 2030“ beteiligt, die für das World Business Council of Sustainable Development erstellt und im Jahr 2004 veröffentlicht wurde. Es folgten Untersuchungen für Volkswagen zum Thema Fahrzeugmodularisierung sowie für diverse OEM und Automobilzulieferer Analysen zum zukünftigen Bedeutungsgewinn der Fahrzeugelektr(on)ik. Des Weiteren wurde mit Ricardo Strategic Consulting im Jahr 2005 das Themenfeld „5000-Euro-Auto“ analysiert. Zur Durchführung dieser Studien diente zum einen das technische Know-how der Experten aus den sechs technischen Geschäftsbereichen Fahrwerk, Karosserie, Antrieb, Elektronik, Akustik sowie Verkehr, zum anderen das Methodenwissen (zum Beispiel Markt-
analysen, Szenariotechnik, Portfolio-Methoden, SWOT-Analysen) der Mitarbeiter des Teams Strategie- und Prozessentwicklung. Die fka ist neben ihrer Tätigkeit als F&EDienstleister der Automobilindustrie aber auch für öffentliche Auftraggeber, Verbände und Vereine (zum Beispiel CAR) sowie für diverse Ministerien des Landes NordrheinWestfalen aktiv. So wurde für das Ministerium Wirtschaft, Mittelstand und Energie (MWME) in Zusammenarbeit mit NRW-auto und Agiplan im Jahr 2005 eine Studie zum Thema „NRW-Automobil-Kompetenz (NAK)“ durchgeführt. Das Ergebnis dieser Untersuchung kann als Handlungskonzept zur engeren Zusammenarbeit und weiteren Stärkung der Automobilbranche (verschiedener automobilrelevanter Bereiche) in NRW dienen. Darüber hinaus ist die fka in weitere Projekte wie AutomotiveNET.eu und NEAC eingebunden, die die Clusterbildung in der Euregio Maas-Rhein beziehungsweise die Interaktion verschiedener Automobil-Cluster in Europa unterstützen. Ein weiteres Betätigungsfeld der fka bildet die Aus- und Weiterbildung. Für Vertreter der Automobilbranche werden unterschiedliche Seminare zum Qualitätsmanagement und Projektmanagement sowie FMEA- und QFD-Schulungen angeboten. Auch werden Veranstaltungen zu diversen Fachgebieten des Automobilbaus oder zum Gesamtfahrzeug (zum Beispiel Aachener Kolloquium: Fahrzeug- und Motorentechnik) ausgerichtet. Zudem verfügt die fka über die „Schriftenreihe Automobiltechnik“, die ausgewählte Fachliteratur und Dissertationen aufweist.
7 Forschung und Entwicklung für das Automobil der Zukunft Das universelle Automobil der Zukunft wird es aller Voraussicht nach nicht geben. Bild 3 verdeutlicht, mit welchen Techniken beziehungsweise Funktionen das Automobil der Zukunft ausgestattet sein könnte. Im Vergleich zum heutigen Stand der Automobiltechnik werden zukünftig noch weitere Mobilitätsanforderungen zu erfüllen sein. Hierbei werden die Bereiche passive und aktive Sicherheit, Komfort und Information/ Kommunikation sowie die Umweltschonung weiterhin wesentliche Forschungs- und Entwicklungsfelder darstellen. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Markt- und Kundenanforderungen werden in verstärktem Maße gerade aber auch Aspekte, die im Widerspruch stehen (zum Beispiel geringer Preis bei hohem Komfort und umfangreicher Sicherheitsausstattung) die Entwickler zukünftiger Automobile vor noch größere Herausforderungen stellen.
Eine Auswahl an Themen zur Sicherstellung der fahrzeugtechnischen Mobilität und der Wettbewerbsfähigkeit der Automobilindustrie in der Zukunft stellen die folgenden Aspekte dar: – Identifizierung, Berücksichtigung und Erfüllung „realer“ Kundenwünsche mithilfe von Kundenbefragungen und Marktanalysen – Weiterentwicklung bestehender und Entwicklung neuer Fahr(er)assistenzsysteme sowie Verbesserung der Crashkompatibilität, Steigerung der Verkehrssicherheit für Fahrzeuginsassen und für sonstige Verkehrsteilnehmer – Umweltschonung durch intelligentes Energiemanagement (on-board), innovative Antriebstechnik, bezahlbaren Leichtbau und Optimierung des Verkehrsflusses
QUERSCHAU
– weitere Vernetzung von Systemen im Fahrzeug (funktional, architektonisch und energetisch) sowie informationsbasierte Interaktion des Fahrzeugs mit der Umwelt – Optimierung der Fahrer-FahrzeugSchnittstelle zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, Umweltschonung und Erhöhung des Betriebskomfort des Automobils – Zunahme der Interdisziplinärität der Fahrzeugforschung und -entwicklung (zum Beispiel Mechatronik, Ergonomie und Komfort, demografische Veränderungen). Die Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen mbH Aachen in Kooperation mit dem Institut für Kraftfahrwesen Aachen der RWTH stellen sich diesen sehr interessanten, aber auch herausfordernden Aufgaben der Automobilindustrie. Die fka freut sich darauf,
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TITELTHEMA
mit ihren Kunden auch in Zukunft gemeinsam Ideen für die Automobilität von morgen zu formulieren und diese anschließend durch Forschung und Entwicklung Realität werden zu lassen. ■
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