B. Bültmann · Institut für Pathologie,Tübingen
Abstracts der 27.Tagung der Pathologen am Oberrhein
C. Flechtenmacher, Ph.A. Schnabel, K. Amann, M. Schiesser*, K. Schmidt**, H.F. Otto Pathologisches Institut der Universität Heidelberg * Universitätsfrauenklinik Heidelberg ** Abteilung Pädiatrische Kardiologie der Universitätskinderklinik Heidelberg Morphologisches Korrelat eines kompletten Atrio-Ventrikulären Blocks bei einem foetalen Herzen ohne Fehlbildung Vorgestellt wird das Ergebnis einer Obduktion eines in der 33. Schwangerschaftswoche verstorbenen normotrophen weiblichen Foeten ohne äußere oder innere Fehlbildungen. Klinisch nachgewiesen war ein kompletter Atrio-ventrikulärer Block. Die Mutter, eine 28-jährige II. Gravida mit einem gesunden Kleinkind, litt nicht an einer Bindegewebserkrankung, zeigte jedoch Anti-Ro/SSA-Positivität im Serum. Aufgrund der antinukleären Antikörper wurde seit der 21. Schwangerschaftswoche eine Kortisontherapie durchgeführt. Darunter war der fetale Ersatzrhythmus zunächst ausreichend frequent, sank jedoch später ab. Zur Klärung der klinisch bekannten Reizleitungsstörung wurde beim foetalen Herzen die Präparation des AV-Knotens und des HisBündels in Anlehnung an Davies durchgeführt und in Schnittserien aufgearbeitet. Histologisch war keine spezifische Muskulatur in der Region des AV-Knotens nachweisbar. Das relativ zellarme, kollagenfaserreiche Bindegewebe ließ jedoch noch die Bündelstruktur der zentralen AVKnotenanteile erkennen. In der Nachbarschaft waren auch Bündel des Arbeitsmyokards partiell bindegewebig ersetzt, fokal waren hier jedoch noch Kardiomyozyten erhalten. Die proximalen Anteile des His-Bündels waren abschnittsweise vermehrt fibrotisch durchsetzt, die distalen Anteile weitgehend unauffällig. Insgesamt war das Bindegewebe in der Ventilebene im Vergleich zu Kontrollen deutlich verbreitert und vermehrt vaskularisiert. Entzündliche Infiltrate waren nicht zu finden. Schlußfolgernd findet sich bei diesem Foeten mit klinisch nachgewiesenem AV-Block ein überschießender Fibrosierungsprozeß, der weit über das in der Foetalzeit physiologische Maß hinausgeht, vermutlich ausgelöst durch die bei der Mutter vorhandenen antinukleären Antikörper. Der Fibrosierungsprozeß betrifft nicht nur das Reizleitungssystem, sondern auch das Arbeitsmyokard des Vorhofes und führt zu einer Verbreiterung des Bindegewebes in der Ventilebene. Der AV-Knoten ist bindegewebig ersetzt, wodurch der klinisch beobachtete AV-Block III. Grades erklärt wird. Das unterschiedliche Alter der verschiedenen Fibroseareale in den Abschnitten des Reizleitungssystems, des benachbarten Arbeitsmyokards und des Herzskeletts legt einen fortschreitenden Prozeß nahe. Dieses kann als Erklärung dafür dienen, daß der zunächst beim Feten beobachtete ausreichend frequente Ersatzrhythmus absank und zum intrauterinen Fruchttod führte. Entzündliche Infiltrate finden sich nach 3-monatiger Kortisontherapie nicht.
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Ph. Esenwein, G. Schwarzkopf1, U.-N. Riede1, G. Lutter2, F. Beyersdorf2, A. Busse-Grawitz3 1 Pathologisches Institut, 2 Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie, 3 Abteilung Medizin I der Universität Freiburg i.Br. Transmyokardiale Laserrevaskularisation (TMLR): Tierexperimentelle Untersuchungen am gesunden und ischämischen Myokard Problemstellung: Patienten mit herabgesetzter kardialer Ejektionsfraktion (EF<35%) weisen kurzzeitig nach TMLR einen reduzierten Cardiac Index (CI) auf. Materialien und Methoden: Der Kurzzeiteffekt von TMLR (CO2Laser) wurde an 51 anästhesierten Schweinen über 6 h analysiert. Sieben Tiere dienten als Kontrollgruppe (KG), sieben als Ischämiegruppe (IG, RIVA-Ligatur ohne TMLR), neun als Lasergruppe 1 (L1, RIVALigatur+TMLR 1/cm2), acht als Lasergruppe 2 (L2, RIVA-Ligatur+TMLR 2/cm2), zehn als Lasergruppe 3 (L3, TMLR 1/cm2), zehn als Lasergruppe 4 (L4, TMLR 2/cm2). Makropathologische Infarktgrößenbestimmung (TTC), Perfusionsnachweis (Evansblauinfusion), Histopathologie (LFB+HE-Färbung) und Enzymdiagnostik (cTroponin I, Myoglobin) wurden analysiert. Ergebnisse: Makropathologie. Bei nicht signifikant unterschiedlichem Risikoareal (AR) in den Gruppen mit Ligatur (40,5±16,5%) geht der Anteil der Nekrose (AN/AR) mit der Dichte der TMLR-Applikation zurück (IG: 71,8±31,1%, L1: 57,6±23,7%, L2: 20,5±14,8%). L2 erreicht Signifikanz gegenüber IG. Auch bei alleiniger TMLR in L3 und L4 sind makroskopisch ischämische und nekrotische Schädigung nachzuweisen. Histopathologie: Das Kanallumen von 60/61 Kanälen ist nach 6 h offen und im Durchschnitt um 51,3% auf 486,7±206,6 µm reduziert. Es enthält Erythrocyten, Evansblaupartikel und Fibrinablagerungen. Die Kanäle sind zylindrisch von einer Karbonisationszone (17,5±7,4 µm), einer Nekrosezone (90,9±45,3 µm) und einer Zone myofibrillärer Degeneration (153,1±58,4 µm) umgeben. Offene Verbindungen der Laserkanäle mit dem Cavum des linken Ventrikels sowie mit dem nativen intramuralen Gefäßsystem konnten nachgewiesen werden. Die granulozytäre Einwanderung in die Schädigungszonen ist in L3 (93,8±25,0%) und L4 (100±0%) gegenüber L1 (50,0±51,6%, p=0,01) und L2 (73,3±45,8%, p=0,01) erhöht. Erythrocyten und Evansblau waren in den Interzellularspalten der Schädigungszonen aller Lasergruppen zu erkennen. Enzymdiagnostik: Die Lasergruppen und die IG zeigen einen signifikanten Ischämiemarkeranstieg bereits ab 1 h post TMLR (Myoglobin: 11,9±6,4 mg/10 g, cTroponin I: 8,0±9,1 mg/10 g) gegenüber der KG (1,3±0,8 mg/10 g, p<0,01). Die Lasergruppen mit und ohne Ligatur, sowie die IG unterscheiden sich nach 6 h nicht signifikant.
Prof. Dr. B. Bültmann Institut für Pathologie, Universität Tübingen, Liebermeisterstraße 8, D-72076 Tübingen
U. Vogel, F.S. Eckstein1, A.M. Scheule1, S.T. Schmid1, G. Ziemer1, B. Bültmann Institut für Pathologie, 1 Abteilung für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, Universität Tübingen Makroskopische und histologische Befunde im Schafherz nach transmyokardialer Laserrevaskularisation beim akuten Herzinfarkt Ziel: Bei der transmyokardialen Laserrevaskularisation (TMLR) werden mittels eines Lasers etwa 1 mm im Durchmesser große, epi-endokardial verlaufende Kanäle im Myokard erzeugt, welche ischämisches Myokard mit Blut aus dem Ventrikellumen versorgen sollen. In dieser Studie sollte untersucht werden, ob die Ausbildung einer Herzmuskelnekrose bei einem experimentell erzeugten Herzinfarkt durch direkt anschließende TMLR verhindert werden kann. Methoden: Bei 15 Schafen wurde eine permanente Unterbindung von Diagonalästen des Ramus interventricularis anterior vorgenommen. In der Kontrollgruppe (3 Tiere) wurde keine TMLR durchgeführt. In der Lasergruppe (12 Tiere) wurden wenige Minuten nach Abbindung des Koronararterienastes mittels eines Holmium-Yttrium-Aluminium Garnet Lasers etwa 20 Kanäle in das makroskopisch nicht durchblutete Areal gebohrt. Je drei Schafe wurden kurz nach der Laserung bzw. vier Stunden danach getötet. Sechs Schafe der Lasergruppe und die drei Schafe der Kontrollgruppe wurden 28 Tage postoperativ getötet. Die Herzen wurden entnommen und in 4% gepuffertem Formalin fixiert. Die Herzen wurden parallel zur Herzbasis lamelliert und makroskopisch untersucht. Die histologischen Schnitte wurden nach Masson-Trichrom gefärbt. Ergebnisse: Offene Laserkanäle mit minimalen Fibrinablagerungen fanden sich in den Laserkanälen jener Schafe, welche direkt nach der TMLR getötet wurden. Dies steht im Einklang mit den direkt nach TMLR aufgetretenen epikardialen Blutungen. Bei Tieren, die 28 Tage überlebten, fand sich sowohl in der Kontroll- als auch in der Lasergruppe eine bereits makroskopisch gut sichtbare Narbe in der Herzmuskulatur. Histologisch fand sich eine überwiegend bereits organisierte Herzmuskelnekrose. Die vormals offenen Laserkanäle waren nach 28 Tagen narbig verschlossen. Schlußfolgerung: In unserem Versuch konnte die TMLR die akut erzeugte ischämische Herzmuskelnekrose nicht verhindern.
myozyten und die Veränderungen der Expressionsmuster von bestimmten Wachstumsfaktoren zu untersuchen. Patienten und Methoden: Rechtsventrikuläre Endomyokardbiopsien von 23 Patienten wurden vor Implantation, 1, 2 und 5 Jahre nach Transplantation entnommen.Von neun dieser Patienten lagen Biopsien von vor Implantation, sowie zum Zeitpunkt ein Jahr nach Transplantation vor. Die Expression von TGFβ1-latency associated protein (LAP), TGFβ-Rezeptoren Typ I, II, III, PDGF A/B und dem PDGF β-Rezeptor wurde immunhistochemisch (APAAP-Methode) und auf mRNA-Ebene (Digoxigenin-in situ-Hybridisierung) untersucht. Morphometrische Untersuchungen wurden lichtmikroskopisch durchgeführt. Die Einteilung des Rejektionsgrades akuter Abstoßungsepisoden erfolgte entsprechend der ,working formulation‘ der ,International Society for Heart and Lung Transplantation‘. Ergebnisse: Ein Jahr nach Transplantation waren eine signifikante Kardiomyozytenhypertrophie und eine signifikante Zunahme des endomysialen Bindegewebes zu verzeichnen. Diese Bindegewebszunahme korrelierte eng mit den akuten Rejektionsepisoden. Vor Implantation zeigten alle untersuchten Proben eine starke Expression von TGFβ1-LAP. Dem stand eine nur geringe Expression von TGFβ1-mRNA gegenüber. Bei der ersten Jahresuntersuchung waren eine Abnahme auf Proteinebene, jedoch eine signifikante Zunahme auf mRNA-Ebene zu verzeichnen. Bei den TGFβ-Rezeptoren war ebenso auf mRNA-Ebene ein signifikanter Zuwachs nach einem Jahr zu sehen, während auf Protein-Ebene ein schwacher Rückgang zu verzeichnen war. Zwölf Monate nach Transplantation war sowohl für PDGF A als auch für PDGF B bei der in situ-Hybridisierung eine erhöhte Expression zu erkennen. Bei der Untersuchung mit einem Antikörper gegen PDGF BB war eine signifikante Zunahme des Proteins sichtbar. Diese signifikante Zunahme des PDGF BB korrelierte eng mit dem mittleren Rejektionsgrad akuter Abstoßungsepisoden im ersten Jahr nach Herztransplantation (r=0,97; p=0,01). Der PDGF β-Rezeptor wurde in den Kardiomyozyten sowohl auf mRNA- als auch auf Protein-Ebene ein Jahr postoperativ leicht vermehrt exprimiert. Zusammenfassung: Das Ausmaß der endomysialen Fibrose sowie die Expressionszunahme von PDGF BB in Kardiomyozyten korrelierten eng mit dem mittleren Abstoßungsgrad akuter Rejektionsepisoden im ersten Jahr nach Transplantation. Die Hypertrophie der Kardiomyozyten war vergesellschaftet mit einer Abnahme der TGFβ1-LAP-Expression sowie mit einer Zunahme der PDGF BBExpression, korrelierte jedoch nicht mit akuten Rejektionsepisoden. Schlußfolgerung: Einerseits erscheint die komplexe Regulation der TGFβ1- und PDGF-Expression weitgehend unabhängig von akuten Rejektionsepisoden als wichtiger Faktor bei der Entwicklung der Kardiomyozytenhypertrophie nach Herztransplantation. Andererseits korrelieren die kardiomyozytäre Expression von PDGF BB und die Ausbildung einer endomysialen Fibrose eng mit dem mittleren Grad akuter Rejektionsepisoden im ersten Jahr nach Herztransplantation. * Mit Unterstützung durch den ,Forschungsschwerpunkt Transplantation Heidelberg‘ des Landes Baden-Württemberg und durch die Dr. F. Köhler Chemie, Alsbach-Hähnlein.
B. Fröhlich1, Ph.A. Schnabel1, K. Amann1, H. Ghaderipour1, J. Sykora1, R. Lange2, F.-U. Sack2, M. Thielmann2, M. Haass3, S. Hagl2, H.F. Otto1 1 Pathologisches Institut, 2 Chirurgische Univ.-Klinik, Abt. Herzchirurgie, 3 Med. Univ.-Klinik, Abt. Innere Medizin III, Universität Heidelberg Myozytäre Expression von TGF β, PDGF und deren Rezeptoren nach Herztransplantation: Beziehung zu akuten Rejektionsepisoden* Zielsetzung: Trotz intensiver und verbesserter Immunsuppression kommt es im ersten Jahr nach Herztransplantation zu den meisten akuten Rejektionsepisoden. Ziel dieser Arbeit war, die Auswirkungen dieser akuten Rejektionsepisoden auf die Morphologie der KardioDer Pathologe 6·99
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Schlußfolgerung: Dieses Akutmodell zeigt, daß TMLR in der Lage ist, makroskopisch die Nekrose am ischämischen Myokard signifikant zu verringern. Am gesunden Myokard bewirkt TMLR geringgradige ischämische und nekrotische Schädigung. Histologisch sind am Myokard 6 h nach TMLR thermische Schädigungen nachzuweisen. Lumenreduktion und Fibrinablagerung legen baldigen Verschluß der Kanäle nahe, trotz histologisch erkennbarer Kommunikationsmöglichkeit mit Ventrikel und Gefäßsystem. Schädigungszonen und Ischämiemarkeranstieg durch TMLR erklären die kritische postoperative Phase bei Patienten mit niedriger Auswurfleistung.
Ph.A. Schnabel1, B. Fröhlich1, K. Amann1, J. Sykora1, R. Lange2, F.-U. Sack2, M. Thielmann2, M. Haass3, S. Hagl2, H.F. Otto1 1 Pathologisches Institut, 2 Chirurgische Univ.-Klinik, Abt. Herzchirurgie, 3 Med. Univ.-Klinik, Abt. Innere Medizin III, Universität Heidelberg
* Mit Unterstützung durch den ‘Forschungsschwerpunkt Transplantation Heidelberg’ des Landes Baden-Württemberg und durch die Dr. F. Köhler Chemie, Alsbach-Hähnlein.
Mikrovaskuläre Expression von PDGF und seinen Rezeptoren nach Herztransplantation: Kliniko-pathologische Korrelation*
M.L. Gross1, A. Koch1, U. Schwarz3, S.R. Orth3, H. Ehmke5, V. Oberhauser4, G.W. Bielenberg6, L.C. Rump4, E. Ritz3, G. Mall2, K. Amann1
Zielsetzung: Ziel dieser Studie war es, im Langzeitverlauf nach klinischer Herztransplantation das Auftreten mikrovaskulärer Veränderungen histopathologisch und die Expression von PDGF A/B und der PDGF α-/β-Rezeptoren auf mRNA- und/oder Protein-Ebene zu untersuchen. Damit sollten die gleichzeitig erhobenen klinischen Daten verglichen werden. Patienten und Methoden: Bei 23 Patienten wurden rechtsventrikuläre Endomyokardbiopsate vor Implantation sowie 1, 2 und 5 Jahre nach Herztransplantation entnommen. Folgebiopsien vor Implantation und ein Jahr postoperativ lagen bei neun dieser Patienten vor. Im ersten postoperativen Jahr wurden insgesamt 185 Biopsien histopathologisch untersucht. Das früheste Auftreten mikrovaskulärer Veränderungen wurde registriert. Akute Rejektionsepisoden wurden nach der ,working formulation‘ der ,International Society for Heart and Lung Transplantation‘ (ISHLT) graduiert. Zusätzlich wurden zelluläre vaskuläre Rejektionsepisoden nach folgender Einteilung beurteilt: Grad V 1: Perivaskulitis, Grad V 2: Endothelialitis, Grad V 3: Vaskulitis. Die Expression von PDGF AA/BB und der PDGF α-/β-Rezeptoren wurde immunhistochemisch mit der APAAP-Methode bestimmt, die Expression der mRNA von PDGF A/B und des PDGF β-Rezeptors wurde mit der Digoxigenin-in situ-Hybridisierung ermittelt. Ergebnisse: Histopathologisch fanden sich eine mikrovaskuläre Endothelzellaktivierung, Mediahypertrophie und perivaskuläre Fibrose bei allen Patienten innerhalb von 8,3±5 Monaten nach Transplantation. Eine Intimafibrose trat nur bei einem Teil der Patienten zwischen zwei und fünf Jahren postoperativ auf. Im ersten Jahr nahmen auf mRNA-Ebene die Expression von PDGF A tendenziell, die von PDGF B gering und die des PDGF β-Rezeptors tendenziell zu. Auf ProteinEbene zeigte sich eine signifikante Zunahme der Expression von PDGF AA/BB und des PDGF β-Rezeptors. Postoperativ traten akute Rejektionen≥Grad 1A (ISHLT) nach 1,3±0,5 Monaten und ≥Grad 2 (ISHLT) nach 3,4±3 Monaten, peri-/vaskuläre Rejektionen nach 2,8±1,9 Monaten auf. Eine therapiebedürftige arterielle Hypertonie wurde 1,6±0,8 Monate, eine Hyperlipoproteinämie 13,3±3,6 Monate nach Transplantation diagnostiziert. Zusammenfassung: Während des ersten Jahres nach Herztransplantation zeigten intramyokardiale Gefäße in rechtsventrikulären Endomyokardbiopsien histopathologisch eine Endothelzellaktivierung, Mediahypertrophie und perivaskuläre Fibrose. In Endothel- und glatten Muskelzellen nahm die Expression von PDGF A und vor allem von PDGF B und dem PDGF β-Rezeptor ein Jahr postoperativ signifikant zu – verglichen mit Proben, die vor Implantation entnommen wurden. Der PDGF α-Rezeptor wurde ein Jahr nach Transplantation nur in Arealen perivaskulärer Fibrose exprimiert. Statistisch fanden sich keine signifikanten Korrelationen zwischen den im gleichen Zeitraum postoperativ beobachteten histopathologischen Veränderungen, der verstärkten Expression von PDGF A/B, den PDGF α oder β-Rezeptoren einerseits und dem Auftreten akuter myokardialer oder vaskulärer Rejektionsepisoden, einer therapiebedürftigen arteriellen Hypertonie oder Hyperlipoproteinämie andererseits. Schlußfolgerungen: Nach Herztransplantation stehen Veränderungen der intramyokardialen Gefäße und eine gesteigerte Expression von PDGF A/B und dem PDGF β-Rezeptor in Endothel- und glatten Muskelzellen in einem engen Zusammenhang. PDGF und der PDGF βRezeptor spielen bei der Entstehung vaskulärer Veränderungen eine wesentliche Rolle in dem multifaktoriellen Geschehen der chronischen Rejektion.
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Pathologische Institute Heidelberg und 2Darmstadt, Sektion Nephrologie, 3Med. Kliniken Heidelberg und 4 Freiburg, 5 Physiologisches Institut Heidelberg, 6 Solvay Pharma, Hannover Die Rolle des Sympathikus in der Progression der chronischen Niereninsuffizienz Hintergrund und Fragestellung: In der Vergangenheit wurde die renale Hypertonie mit ihren ungünstigen Folgen auf die Progression der Niereninsuffizienz in erster Linie auf ein Ungleichgewicht zwischen der Natriumausscheidung einerseits und der Aktivität des ReninAngiotensin-Systems (RAS) andererseits zurückgeführt. Es besteht zwar kein Zweifel, daß Natriumretention und inadäquate Höhe der Aktivität des RAS Schlüsselrollen in der Genese der Hypertonie bei Niereninsuffizienz spielen, doch mehren sich die Hinweise, daß zusätzlich auch eine gesteigerte Aktivität des sympathischen Nervensystems eine wichtige Rolle spielt. Dies stützt sich auf klinische und experimentelle Beobachtungen, wonach Medikamente, die selektiv die Sympathikusaktivität reduzieren zu einer wirksamen Absenkung des Blutdrucks niereninsuffizienter Patienten führen. Direkte mikroneurographische Untersuchungen der Sympathikusaktivität zeigen eine Überaktivität bei Patienten mit Niereninsuffizienz, welche nach bilateraler Nephrektomie nicht mehr nachweisbar ist. Darüberhinaus weisen tierexperimentelle Untersuchungen darauf hin, daß die Sympathikusaktivität gesteigert ist und durch afferente Signale aus der geschädigten Niere unterhalten wird. Renale Deafferentierung verhindert Hypertonie und Sympathikusüberaktivität im Modell der subtotalen Nephrektomie. Vor dem Hintergrund der deutlichen und früher unterschätzten Sympathikusaktivität bei Niereninsuffizienz stellt sich die Frage, inwieweit die Sympathikusaktivität blutdruckunabhängig zur Progredienz der Nierenerkrankung beiträgt. Material und Methoden: Zur Klärung dieser Frage untersuchten wir den Effekt des zentralen Sympatholytikums Moxonidin in einer nicht blutdruckwirksamen Dosierung (2 mg/kg KG) auf die Progression der Niereninsuffizienz bei subtotal nephrektomierten Ratten (SNX). Als Schädigungsparameter wurden der Glomeruloskleroseindex, der tubulointerstititelle und vaskuläre Index semiquantitativ bestimmt und mit unbehandelten SNX verglichen. Die Blutdruckmessung erfolgte mittels Telemetrie in jeweils 4 Tieren pro Gruppe. Am Ende der Experimente erfolgte eine Perfusionsfixation der Tiere und eine Bestimmung der Schädigungsparameter an PAS-gefärbten Paraffinschnitten. Ergebnisse: Körper- und Nierengewichte sowie die Blutdruckwerte und Retentionsparameter waren in beiden experimentellen Gruppen vergleichbar. Der Glomeruloskleroseindex war in der mit Moxonidin behandelten Gruppe signifikant niedriger (0.89±0.10 vs. 1.55±0.28) als bei den unbehandelten SNX. Tubulointerstitieller (1.31±0.32 vs 1.48± 0.39) und vaskulärer Schädigungsindex (0.46±0.48 vs 0.67±0.39) waren nicht signifikant unterschiedlich. Zusammenfassung und Schlußfolgerung: Die Entwicklung der Glomerulosklerose als Indikator der Progression der chronischen Niereninsuffizienz wird durch das zentrale Sympatholytikum Moxonidin in nicht blutdruckwirksamer Dosierung signifikant vermindert. Somit ist davon auszugehen, daß der erhöhten Sympathikusaktivität eine blutdruckunabhängige pathophysiologische Bedeutung in der Progression der chronischen Niereninsuffizienz zukommt. Die Ergebnisse der experimentellen Studie eröffnen möglicherweise neue therapeutische Perspektiven in der Behandlung chronisch niereninsuffizienter Patienten.
Nierenveränderungen beim Diabetes mellitus Typ II – Eine klinisch-pathologische Studie an 240 Sektionsfällen Der Diabetes mellitus ist eine Volkskrankheit, die 3–6% der Bevölkerung betrifft. Etwa ein Drittel der Diabetiker erkrankt im Verlauf an einer diabetischen Nephropathie (DN). Klinische Symptome der DN sind Proteinurie, arterielle Hypertonie und fortschreitendes Nierenversagen. Derzeit leiden 25% der Patienten, die sich einer Nierenersatztherapie unterziehen, an einer DN, rund 3/4 aufgrund eines Diabetes mellitus Typ II. Bei der DN des Typ I-Diabetikers entwickelt sich eine Glomerulosklerose erst nach einer initialen glomerulären Hypertrophie, das Vorhandensein einer glomerulären Hypertrophie beim Typ II-Diabetiker ist noch unklar. Material und Methode: Zur Klärung der Frage, ob eine Glomerulushypertrophie beim Typ II-Diabetiker vorliegt, wurde autoptisch gewonnenes Nierengewebe von 37 Nichtdiabetikern und 63 Typ II-Diabetikern aus dem Sektionsgut des Klinikum Darmstadt morphometrisch untersucht. Weiterhin sollte geklärt werden, welche morphologischen Veränderungen der Niereninsuffizienz bei Typ II-Diabetikern zugrunde liegen und wie sich diese im zeitlichen Verlauf verhalten. Hierfür wurde autoptisch gewonnenes Nierengewebe von 242 zwischen 1993 und 1995 verstorbenen Typ II-Diabetikern morphologisch aufgearbeitet. Im einzelnen wurden Glomerulosklerose, Hyalinose der Vasa afferentia und Arteriosklerose der intrarenalen Arterien semiquantitativ mittels eines Scoring beurteilt. Die morphologisch erhobenen Befunde wurden verglichen mit der Nierenfunktion (Kreatininclearance) und der Dauer des Diabetes unter Berücksichtigung klinischer Daten wie arterieller Hypertonie, allgemeiner Arteriosklerose und Koronararteriensklerose. Die Auswertung erfolgte mittels multipler Regressionsanalyse. Ergebnisse: Die Glomerulusgrößen sind bei Diabetikern ohne genauere Differenzierung nach Glomerulosklerosegrad im Vergleich zu Nichtdiabetikern signifikant größer (Volumenzunahme 15%; p=0,02). Die Größenvariabilität der Glomeruli diabetischer Patienten ist ebenfalls signifikant erhöht (p=0,05). Bei 24 matched pairs ließ sich jedoch kein Unterschied in der Glomerulusgröße nachweisen. Das Ausmaß der Glomerulosklerose wird wesentlich von der Dauer des Diabetes bestimmt (β=0,29; p<0,01). Das Ausmaß der Niereninsuffizienz korreliert zwar mit dem Grad der Glomerulosklerose, der Nephangiosklerose, dem relativen Herzgewicht, der Diabetesdauer sowie der Koronararteriensklerose und der allgemeinen Arteriosklerose, wird jedoch im wesentlichen durch die Nephangiosklerose (β=–0,20; p<0,02) und die allgemeine Arteriosklerose bestimmt (β=–0,19; p=0,025). Schlußfolgerungen: Beim Typ II-Diabetiker liegt im Vergleich zum Nichtdiabetiker keine Glomerulushypertrophie, jedoch eine erhöhte Variabilität der Glomerulusgrößen vor (p<0,01). Das Ausmaß der Niereninsuffizienz wird beim Typ II-Diabetiker im wesentlichen von der Nephangiosklerose und nicht von der Glomerulosklerose bestimmt.
Mitteilungen
A. Meiser1, J. Törnig1, K. Amann1, E. Ritz2, G. Mall3 Pathologisches Institut, 2 Nephrologische Klinik der Universität Heidelberg, 3 Pathologisches Institut des Klinikums Darmstadt 1
S. Schölzel, W. Zimmermann, M. Seitz, G. Schwarzkopf1, Brigitta Rogaczeweski2, J. Thompson Institut für Immunbiologie der Universität Freiburg, 1 Institut für Pathologie der Universität Freiburg, 2 Abteilung für Chirurgie der Universitätsklinik Freiburg Dysregulation der Expression von CEA-Genfamilienmitgliedern in kolorektalen Adenomen Die humane Karzinoembryonale Antigen (CEA)-Genfamilie besteht aus 29 Genen, von denen 18 in verschiedenen Geweben exprimiert werden. Vier dieser Gene, CEA, NCA, BGP und CGM2 werden in Epithelzellen normaler Kolonschleimhaut koexprimiert, ihre Gen-Produkte sind membrangebundene Proteine, die an der apikalen Zelloberfläche exprimiert werden. Wir analysierten die Expression dieser Familienmitglieder mit in-situ Hybridisierungen und immunhistochemischen Untersuchungen, wobei spezifische monoklonale Antikörper gegen CEA, NCA und CGM2 verwendet wurden. Während CEA entlang der gesamten Kolonkrypte exprimiert wird, beschränkt sich die Expression von NCA50 (Produkt von NCA) und von BGP auf das obere Kryptendrittel, wohingegen CGM2 nur im oberen Kryptenfünftel gefunden werden kann. Zellen des obersten Kryptenabschnittes exprimieren Fas-Rezeptor an ihrer basolateralen Membran. Ein Teil dieser Zellen befindet sich schon im Stadium fortgeschrittener Apoptose, was mit der TUNEL-Methode, die DNA-Fragmente markiert, nachgewiesen werden konnte. Aus der Korrelation von CGM2 und Fas-Rezeptor-Expression und dem Auftreten apoptotischer Ereignisse läßt sich folgern, daß CGM2 ein spezifischer Marker ausdifferenzierter Kolonschleimhautepithelzellen ist, der kurz vor der Initiation der Apoptose in Kolonschleimhautzellen des oberen Kryptenabschnitts auftritt. Trotz ihres ähnlichen Expressionsmusters in der normalen Kolonschleimhaut zeigt sich eine sehr unterschiedliche Regulation dieser vier CEA-Genfamilienmitglieder in kolorektalen Karzinomen. CEA wird in gleichem Maße von normaler Kolonschleimhaut und Tumor exprimiert, für NCA zeigt sich eine Hochregulation, wohingegen BGP und CGM2 herunterreguliert werden. Es wurde weiterhin die Expression von CGM2 und NCA in kolorektalen Adenomen untersucht. In 11/13 Fällen konnte eine verbreiterte Expressionszone für NCA nachgewiesen werden, CGM2 wurde in keinem der untersuchten Adenome exprimiert. Das Verschwinden von CGM2 korreliert mit dem berichteten Fehlen von Fas-Rezeptor und mit der Abnahme von apoptotischen Ereignissen auf der Adenomoberfläche. In einem von drei untersuchten hyperplastischen Polypen konnte eine Expressionszunahme von NCA festgestellt werden, wohingegen eine CGM2-Expression in allen drei Fällen fehlte. Die Herunterregulation von CGM2 ist ein sehr frühes Ereignis in der hyperplastischen und der neoplastischen Entartung kolorektaler Schleimhaut. In Analogie zu BGP kann für CGM2 ebenfalls eine Tumorsuppressorfunktion angenommen werden.
M. Kleinschmidt, H.-E. Schaefer Institut für Pathologie der Universität Freiburg Adenomatös-neuroendokrine Kombinationstumoren – eine besondere Entität kolorektaler Karzinome Über 90% aller kolorektalen Tumoren sind hyperplastische Polypen oder Adenome. Insbesondere für die villösen Adenome steht die maligne Entartungstendenz nach Art einer Adenom-AdenokarzinomSequenz außer Zweifel. Weitaus seltener und in ihrer Histogenese ungeklärt sind hingegen Kombinationen von Adenomen bzw. Adenokarzinomen mit neuroendokrinen Karzinomen. Im Folgenden sollen zwei derartige Kombinationstumoren vorgestellt werden: Bei einem 76 Jahre alten Patienten ergab die histologische Aufarbeitung eines aus 13 cm Höhe ab ano endoskopisch abgetragenen, Der Pathologe 6·99
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1,2 cm großen Polypen den überraschenden Befund eines aus drei Komponenten bestehenden Tumors.An der Oberfläche gelegene tubulär-adenomatöse Proliferate gehen kontinuierlich in teilweise kribriform strukturierte Adenokarzinomformationen mit fokaler muzinöser Komponente über. Daneben liegen solide, teilweise auch rosettenartig aufgebaute Tumorverbände der neuroendokrinen Komponente, diese exprimieren Synaptophysin und NSE. Sowohl die Adenokarzinomkomponente als auch die neuroendokrinen Tumorverbände zeigen eine Expression von Zytokeratin und CEA bei fehlender Expression von Serotonin, Chromogranin, Gastrin und PSA. Bei einer nachfolgenden Sigma- und Rektumresektion waren weitere invasive Tumoranteile oder Lymphknotenmetastasen nicht nachweisbar. Bei einer 71 Jahre alten Frau wurde in einem rechtsseitigen Hemikolektomiepräparat ein villöses Adenom kombiniert mit einem neuroendokrinen Karzinom mit ausgeprägter Lymphangiosis carcinomatosa diagnostiziert. Auch hier wies die neuroendokrine Komponente eine Expression von Synaptophysin auf. Die Patientin verstarb 2 Monate nach Diagnosestellung bei ausgedehnter Lebermetastasierung. In der Literatur finden sich überwiegend Einzelbeschreibungen derartiger Kombinationstumoren. Als bevorzugte Lokalisation wird das Kolon angegeben. Einzelne Kusuistiken berichten auch über Tumoren im Magen, der Gallenblase und im Bereich der Papilla vateri. Bezüglich der Genese dieser Tumoren wird die These vertreten, daß es sich bei den unterschiedlichen Tumorkomponenten um verschieden differenzierte Proliferate einer pluripotenten endodermalen Stammzelle handelt. Gegen diese Ansicht scheint aber unser Befund zu sprechen, daß auch in Serienschnittstufen beide Tumorkomponenten zwar dicht benachbart, gleichwohl streng separat angeordnet waren. Verläßliche Daten hinsichtlich der Prognose dieser Kombinationstumoren fehlen. Aufgrund der neuroendokrinen Komponente wird jedoch von einer eher ungünstigen Prognose ausgegangen, wie der 2. Fall eindrücklich unterstreicht.
K. Sotlar1, C. Aepinus1, G. Köveker2, B. Bültmann1 1 Institut für Pathologie, Universität Tübingen, 2 Abteilung für Allgemeinchirurgie, Kreiskrankenhaus Sindelfingen HPV-16 assoziiertes primäres Plattenepithelkarzinom des Rektums Einleitung: Primäre Plattenepithelkarzinome des Kolorektums sind eine Rarität. Die Diagnose kann nur gestellt werden, wenn die folgenden Kriterien erfüllt sind: 1) Ausschluß von Plattenepithelkarzinomen anderer Lokalisationen als Quelle von Metastasen oder einer direkten Infiltration des Darms; 2) Ausschluß einer durch Plattenepithel gesäumten Fistel mit Verbindung zum betroffenen Darmabschnitt; 3) Ausschluß einer Verbindung zwischen Tumor und Plattenepithel des Anus; 4) Ausschluß jeglicher glandulärer Differenzierung innerhalb des Tumors [Cooper, HS. In: Pathology of the Colon, Small Intestine and Anus, Norris HT (ed.). Churchill Livingstone, New York, 1983, p 201]. Anhand eines Fallberichtes soll den bislang bestehenden ätiopathogenetischen Überlegungen ein neuer Aspekt hinzugefügt werden. Fallbericht: Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen 88-jährigen Patienten. Rektoskopisch wurde ein 6 cm breiter, semizirkulär wachsender, flach polypöser Tumor 8 cm oral der Linea dentata nachgewiesen und mittels tiefer anteriorer Rektumresektion entfernt. Histologisch handelte es sich um ein mittelgradig differenziertes Plattenepithelkarzinom im Stadium pT3 pN1 G2 Mx. Da der Tumor alle von Cooper geforderten Kriterien erfüllte, wurde die Diagnose eines primären Plattenepithelkarzinoms des Rektums gestellt. Das Auftreten von Koilozyten innerhalb des Tumors veranlaßte dann dazu, mit molekularbiologischen Methoden nach humanen Papillomviren (HPV) zu suchen. Mittels PCR wurde HPV Typ 16 DNA innerhalb des Tumors nachgewiesen. Die ätiopathogenetische Bedeutung dieses Befundes wird unterstützt durch den zusätzlichen Nachweis der transkriptionellen Aktivität der viralen Onkogene E6 und E7 mittels nested
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RT-PCR. Die synergistische Wirkung beider viraler Onkogene führt zur Inaktivierung der Tumorsuppressorproteine p53 und pRB [Hawley-Nelson et al. (1989) EMBO J 8:3905–3910]. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen: 1) Primäre Plattenepithelkarzinome des Kolorektums sind eine Rarität; 2) Die Ätiologie ist unbekannt; 3) Im vorliegenden Fall handelt es sich um die Erstbeschreibung eines HPV-assoziierten primären Plattenepithelkarzinoms des Rektums; 4) HPV-Infektionen könnten für die Entstehung zumindest eines Teils der tiefsitzenden Plattenepithelkarzinome des Rektums verantwortlich sein – in Analogie zum Analkarzinom.
R. Hildenbrand1, G. Wolf1, C. Jansen2, B. Böhme3, G. v. Minckwitz4, M. Kaufmann4, H.J. Stutte2 1 Pathologisches Institut der Fakultät für Klinische Medizin der Universität Heidelberg, Klinikum Mannheim 2 Senckenbergisches Zentrum der Pathologie der Universitätsklinik Frankfurt am Main 3 Chemotherapeutisches Forschungsinstitut Georg Speyer Haus, Frankfurt 4 Frauenklinik der Universitätsklinik Frankfurt am Main β stimuliert die Urokinase Expression in Tumor assoziierten TGF-β Makrophagen der Brust Die Serin-Protease Urokinase (uPA) spielt bei der Tumorprogression eine bedeutende Rolle. Diese Studie untersucht die Effekte des TGF-β auf die uPA Expression in Makrophagen. Tumor assoziierte Makrophagen (TAM) wurden aus 32 Mammakarzinomen isoliert und kultiviert. Der uPA Gehalt wurde durch ELISA-Kits im Zellkulturüberstand quantifiziert. Die uPA m-RNA wurde mittels Northern Blot Hybridisierung untersucht. Gewebsmakrophagen aus gesundem Brustdrüsenparenchym, Blutmonozyten von gesunden Spendern und von Mammakarzinompatientinnen dienten als Kontrollgruppen. Die Wirkung von TGF-β war Dosis abhängig, bereits nach 2 Stunden konnte ein uPA Anstieg in allen Makrophagentypen beobachtet werden. In den folgenden 22 Stunden war die uPA Expression in den TAM signifikant größer als in Monozyten und Gewebsmakrophagen. Eine Inkubation der Makrophagen mit Actinomycin D blockierte die Fähigkeit von TGF-β, eine uPA mRNA zu induzieren. Es konnte gezeigt werden, daß die TGF-β induzierte uPA-Expression direkt ist und keine vorherige Proteinbiosynthese benötigt wird. Die Signaltransduktion erfolgte Proteinkinase C (PKC) abhängig. Der Grund für die stärkere Expression der Urokinase in TAM im Vergleich zu den anderen Makrophagentypen liegt in der unterschiedlich großen TGF-ß Rezeptorenanzahl auf den Zelloberflächen. Schlußfolgerung: TAM produzieren nach TGF-β Stimulation PKCabhängig mehr uPA als Monozyten und Gewebsmakrophagen, da die TGF-β Rezeptorenanzahl in TAM größer ist. TGF-β bewirkt eine Transkriptionszunahme des uPA Gens. TAM können durch uPA Produktion eine Tumorpropagation und eine Tumorangiogenese begünstigen.
Die zellzyklusspezifische Kinase PLK – Expressionsmuster und prognostische Relevanz bei NSCLC-Patienten Das PLK-(polo-like-kinase) Gen kodiert für eine Serin/Threonin Kinase von 603 Aminosäuren Länge (Holtrich & Wolf, Proc. Natl. Acad. Sci. USA 1994; 91:136–140). Die Expression dieser Kinase ist auf im Zellzyklus befindliche Zellen beschränkt. In dieser Studie wurde das Expressionsprofil des PLK-Gens in 121 nicht kleinzelligen Bronchialkarzinomen (NSCLC) untersucht, wobei die Beziehung zur Prognose geklärt werden sollte (Wolf, Oncogene 1997, 14:543–549). Methodisch wurde die Northern-Blot-Technik verwendet. Die Genexpression wurde über die Expression des β-Actin Gens normalisiert. Die statistischen Auswertungen erfolgten nach der Methode von Kaplan und Maier. Das Patientenkollektiv wurde hierfür gemäß der Expressionswerte in moderat und hoch exprimierende Gruppen eingeteilt. Es zeigte sich bei Vergleich der beiden Gruppen ein signifikanter Überlebensvorteil für die moderat exprimierenden Patienten (p=0,001). Dieses Ergebnis konnte für Subgruppen des Kollektives, Stadium I und II der Tumorerkrankung, mit ähnlichen Ergebnissen reproduziert werden (I: p=0,03; II: p=0,006). Gegenwärtig basiert die Prognose des Bronchialkarzinoms auf Parametern wie Tumorausbreitung, Lokalisation, Tumorgröße, histologischer Tumortyp und Differenzierungsgrad. Diese haben sich als sehr wertvoll erwiesen. Dennoch ist es in einzelnen Fällen schwierig, hochaggressive Malignome von weniger aggressiven zu unterscheiden und entsprechende adjuvante Therapiemaßnahmen festzulegen. Neue prognostische Parameter wie z.B. die PLK-Genexpression sind daher sehr wünschenswert. Weitere Studien müssen klären, ob mittels der PLK-Immunoreaktivität in der histopathologischen Routinediagnostik prognostisch relevante Aussagen getroffen werden können.
Ellen Striepecke1, D. Önaldi2, M. Kleinschmidt1, Ch. Niemeyer2, N. Böhm1 1Pathologisches Institut und 2Kinderklinik, Universität Freiburg
che vor. Zwischen den weichen, zentral teilweise nekrotischen und zystischen Knoten, die histologisch der zellreichen Variante entsprachen, lag ein glasig-weißes, festeres Gewebe, welches sich mikroskopisch als höher differenzierte, klassische Variante darstellte. Mikroskopisch bestand der Tumor in den Arealen der zellreichen Variante aus solide wachsenden, ovalen Zellen mit feinkörnigem, eosinrotem bis hellem Zytoplasma und polymorphen Zellkernen mit grober Chromatinstruktur und meist kleinen, randständigen Nukleolen. Kernteilungsfiguren waren entsprechend einer MIB1-Positivität von 20–30% häufig. Die Gomorri-Färbung wies sinusoidal erweiterte und bizarr konfigurierte Gefäßstrukturen nach. Die klassische Variante setzte sich aus Bündeln von Myofibroblasten, die Vimentin-,AlphaAktin- und Desmin-positiv waren und häufig autochthon, nicht neoplastische Nierentubuli einschlossen, zusammen. Die TNM-Klassifikation entsprach pT1b, pN0, M0. Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung an Tupfpräparaten von frischen Tumorzellen haben wir mit zentromerischen, direkt-markierten Sonden der Fa. VYSIS durchgeführt. Aus der Literatur sind Tri- und Tetrasomien der Chromosomen 11, 8, 17 als häufigere Aberrationen bekannt. Unser Tumor zeigte in 90% der Zellen (n=200) eine Trisomie 11, in 87% eine Trisomie 8 und in 95% eine Disomie 17. Aufgrund des immunhistochemischen Markerprofils und der erhöhten Expression von IGF2 bei Negativität des Wilms Tumor-Gens1 (WT1) wird von Sharifah et al. angenommen, daß sich die Tumorzellen vom primitiven nephrogenen Mesenchym herleiten, im Gegensatz zum Wilms Tumor, der vom metanephrischen Blastem abstammt. Der Tumor kann in reiner Form (zellreiche oder klassische Variante) als auch gemischt, wie in unserem Fall, vorliegen. Die zytogenetischen Veränderungen sind nur in der zellreichen Variante des Tumors beschrieben worden. Eine unterschiedliche Prognose zwischen den einzelnen Subtypen existiert nicht (Beckwith et al.). Differentialdiagnostisch ist die Abgrenzung der zellreichen Variante aufgrund des Vorkommens von klarzellig differenzierten Arealen und wegen des auffälligen Gefäßmusters vom Klarzellsarkom der Niere manchmal schwierig. Ein Erkrankungsalter unter sechs Monaten und der Nachweis einer Trisomie 11, wie in unserem Fall, macht das Klarzellsarkom, bei dem bisher keine numerischen Chromosomenaberrationen beschrieben wurden, unwahrscheinlich. Literatur Beckwith BJ, Weeks DA (1986) Congenital mesoblastic nephroma. When should we worry? Arch Pathol Lab Med 110:88–89 Bolande R, Brough AJ, Izant RJ (1967) Congenital mesoblastic nephroma of infancy. Pediatrics 40:272–278 Sharifah NA, Yun K (1995) Insulin-like growth factor II gene expression by congenital mesoblastic nephroma. Diagn Molecular Pathol 4:279–285
Konnatales mesoblastisches Nephrom. Differentialdiagnostische Abgrenzung mittels FISH 85% aller kindlichen Nierentumoren sind Wilms Tumoren. Die übrigen 15% setzen sich u.a. zu 5% aus konnatalen mesoblastischen Nephromen (CMN) und zu 4% aus Klarzellsarkomen zusammen. Das CMN wurde 1967 erstmals durch Bolande et al. als gutartiger, lokal invasiver und selten rezidivierender und metastasierender Tumor vom Wilms Tumor abgegrenzt. Es handelt sich um den häufigsten Nierentumor in den ersten sechs Lebensmonaten. Die Therapie besteht im Gegensatz zum Wilms Tumor in einer primären Tumornephrektomie ohne adjuvante Behandlung. Die folgende Kasuistik eines CMN soll Klinik, Morphologie, Zytogenetik und Differentialdiagnose dieses Tumors vorstellen. Ein fünf Monate alter Säugling fiel anläßlich eines Impftermins mit einer tastbaren Raumforderung im rechten Mittelbauch auf. Im MRT zeigte sich ein maximal 7 cm durchmessender, von der Niere ausgehender und diese nach kranial verdrängender, nach außen scharf begrenzter Tumor. Es erfolgte eine Tumornephrektomie. Makroskopisch lag ein 8 cm durchmessender, die Nierenkapsel nicht überschreitender Tumor mit knotiger, gelb-weißer Schnittflä-
M.P. Chenard-Neu, G. Lang-Avérous, A. Méchine, J.P. Bellocq Service d’Anatomie Pathologique Générale, Hôpital Universitaire de Hautepierre, Strasbourg Differentialdiagnose maligner Mesotheliome. Immunhistochemische Untersuchungen anhand fünf neuer Antikörper Ziel unserer Untersuchungen war es, fünf der vor kurzem auf dem Markt erschienenen, paraffingängigen und für die Differentialdiagnose zwischen Mesotheliom und Adenokarzinom als sehr nützlich angepriesenen Antikörper zu testen. Material und Methode: Im Rahmen einer Serie von 28 Mesotheliomen und 30 primären Adenokarzinomen, die häufig in die Pleura und das Peritoneum metastasieren, werteten wir die immunhistochemischen Ergebnisse der angeblich „Mesotheliom spezifischen“ Antikörper Anti-Calretinin, -HBME-1 und -Thrombomodulin einerseits, und der angeblich „Adenokarzinom spezifischen“ Antikörper Anti-MOC31 und -AUA1 andererseits, aus. Gleichzeitig testeten wir Der Pathologe 6·99
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G. Wolf1, R. Elez2, H. Rübsamen-Waigmann3, K. Strebhardt2 Pathologisches Institut der Fakultät für klinische Medizin, Universität Heidelberg, Mannheim 2 Chemotherapeutisches Forschungsinstitut, Georg-Speyer-Haus, Frankfurt am Main 3 Bayer AG, Institut für Virologie, Pharma Research Center, Wuppertal 1
sechs bereits altbekannte Antikörper: Anti-Vimentin, -CEA, -BerEP4, -CA125, -CA19.9 und -LeuM1. Ergebnisse: Die Antikörper Anti-Calretinin, -HBME1 und -Thrombomodulin mit einer Sensitivität von 100%, 89% beziehungsweise 43% und einer Spezifität von 50%, 70% beziehungsweise 87% sind weniger aussagekräftig für die Bestätigung der Diagnose Mesotheliom als der klassische Antikörper Anti-Vimentin, der eine Sensitivität von 100% und eine Spezifität von 67% aufweist. MOC31 und AUA1 haben beide eine Sensitivität von 100% für das Adenokarzinom, wobei MOC31 eine höhere Spezifität (86%) hat. Eine CEA oder CA19.9 Positivität ist nicht vereinbar mit der Diagnose Mesotheliom. Die Anwendung beider Antikörper erlaubt es, 93% der Adenokarzinome zu identifizieren. In unserer Serie hat der Phänotyp „Vimentin-positiv, CEA-negativ, CA19.9-negativ“ eine Sensitivität von 100% und eine Spezifität von 97% für das Mesotheliom. Schlußfolgerung: Es gibt bis heute keinen spezifischen MesotheliomMarker. Die Verwendung des Antikörper-Panels Anti-Vimentin, -CEA, -CA19.9 und -MOC31 stellt unserer Ansicht nach das beste Mittel zur Lösung der differentialdiagnostischen Frage Adenokarzinom oder Mesotheliom dar.
G. Lang-Avérous1, M.P. Chenard-Neu1, A. Méchine1, B. Lioure2, V. Liu2, J.P. Bellocq1 1 Services d’Anatomie Pathologique Générale et 2 d’Onco-Hématologie, Hôpital Universitaire de Hautepierre, Strasbourg Die retroperitoneale Lymphangiomyomatose. Beobachtung an 2 Fällen Beim Lymphangiomyom beziehungsweise der Lymphangiomyomatose (LAM) handelt es sich um eine „gutartige“ Proliferation glatter Muskelzellen des lymphatischen Systems, die Lymphknoten ebenso wie Lymphgefäße betrifft und nahezu ausschließlich bei Frauen im gebährfähigen Alter vorkommt. Hauptlokalisation ist die Lunge (95%), seltene Fälle wurden jedoch im Retroperitoneum, Mediastinum, der Niere und dem Uterus beschrieben. Fallbeschreibung: Zwei Fälle retroperitonealer Lymphangiomyome wurden bei Frauen im Alter von 35 und 41 Jahren diagnostiziert. Klinisch lagen Abdominal- beziehungsweise Lumbalbeschwerden vor. Die Diagnose wurde in beiden Fällen an Feinnadelbiopsien gestellt, die eine Proliferation spindelförmiger, Desmin, alpha-Actin und HMB45 positiver Zellen in Umgebung unzähliger Lymphgefäßspalten zeigten. Nach Entfernung der jeweils 14×10×4 cm und 15×1,5×1 cm messenden, mehrknotigen, rot-braunen, schwammigen bis mikrozystischen Tumoren zeigte sich, daß die Neubildung von Lymphgefäßen und Lymphknoten ausging. Lediglich einer der Tumoren war schwach Östrogenrezeptor positiv, während sich beide Tumoren als Progesteronrezeptor negativ erwiesen. Computertomographisch wurde bei der 35jährigen Patientin, die bereits wiederholt wegen Spontanpneumothorax in Behandlung war, eine pulmonale LAM nachgewiesen. Diskussion: Die LAM wird als „forme fruste“ der tuberösen Sclerose von Bourneville angesehen und ist wie diese häufig mit renalen Angiomyolipomen assoziiert (in 15 bis 45% der Fälle). Die LAM und das Angiomyolipom bestehen aus ähnlich gebauten, HMB45 positiven glatten Muskelzellen, was sie von anderen glatten Muskelzellproliferationen unterscheidet. Die Expression von Östrogen- und Progesteronrezeptoren erklärt wahrscheinlich das zumindest teilweise Ansprechen der LAM auf eine Ovarialentfernung und auf eine Behandlung mit Medroxyprogesteronacetat, Tamoxifen oder GnRH-Agonisten, wobei manche Autoren den Behandlungserfolg als unabhängig vom Hormonrezeptorstatus ansehen. Neuerdings wurde ein Fall erfolgreich mit Interferon alpha 2b behandelt. Die Prognose der retroperitonealen LAM hängt im Wesentlichen von der pulmonalen Beteiligung ab.
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Schlußfolgerung: Die LAM ist ein „gutartiger“, im Retroperitoneum gelegener, seltener Tumor. Die Expression von HMB45 durch die glatten Muskelzellen ermöglicht auch an bioptischem Material die Unterscheidung einer LAM von anderen glatten Muskelzellproliferationen, in erster Linie von Metastasen eines hoch differenzierten Leiomyosarkoms.
R. Grobholz1, T. Pörner2, K. Huck2, G. Ertl2, E.W. Back1 1 Pathologisches Institut, 2II. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim Fulminante Aspergillus fumigatus Septikopyämie bei ektopem ACTH produzierendem neuroendokrinem Tumor des Pankreas Adrenokortikotropin (ACTH) produzierende neuroendokrine Tumoren des Pankreas stellen eine ausgesprochene Seltenheit dar. Wir berichten den Fall eines 71jährigen männlichen Patienten, der in einem auswärtigen Krankenhaus mit einer erstmalig aufgetretenen Hyperglykämie sowie erhöhtem Plasmakortisol- und ACTH-Spiegel zur Aufnahme kam. Die hypophysären und adrenokortikalen Strukturen zeigten in den bildgebenden Verfahren keinen Anhalt für ein tumoröses Wachstum. Dagegen konnte ein parapankreatisch gelegener Tumor im Bereich des Pankreaskopfes lokalisiert werden. Im weiteren Verlauf verstarb der Patient an einer progredienten Pneumonie. Bei der Obduktion fand sich unterhalb des Pankreaskopfes im duodenalen Knie ein 8 cm großer Tumor, der sich immunhistologisch und elektronenmikroskopisch als ACTH produzierender neuroendokriner Tumor des Pankreas erwies. Im Rahmen der exzessiven Hyperkortisolämie mit sekundärer Abwehrschwäche kam es zu einer fulminanten Aspergillus fumigatus Septikopyämie mit multiplen Ausscheidungsherden in nahezu allen inneren Organen. Immunhistologisch konnte ein differentialdiagnostisch in Frage kommendes Paragangliom ausgeschlossen werden. Neuroendokrine Tumoren des Pankreas können wie in diesem Fall mit einer massiven, therapierefraktären klinischen Symptomatik einhergehen und auch eine ganz ungewöhnliche ektope Hormonproduktion aufweisen.
U. Schneider, D. Knöbl, F. Schindera Pathologisches Institut und Kinderklinik des Städtischen Klinikums Karlsruhe Gonadendysgenesie (45X0/46XY-Mosaik) mit Gonadoblastom und Dysgerminom Mit einem kasuistischen Beitrag wird über das Auftreten eines Gonadoblastoms/Dysgerminoms im Rahmen einer Gonadendysgenesie (45X0(46XY-Mosaik) berichtet und das immunhistochemische Profil des Gonadoblastoms dargestellt. Hierbei handelt es sich um eine türkische Patientin, bei der im Alter von sieben Jahren die diagnostische Abklärung eines Minderwuchses erfolgte. Eine Chromosomenanalyse aus Lymphozytenkulturen zum Ausschluß eines Turner-Syndroms ergab zunächst einen männlichen Chromosomensatz (46 XY) und führte zu der Verdachtsdiagnose einer testikulären Feminisierung. Ein im Alter von vierzehn Jahren erstmals nachgewiesener hypoplastischer Uterus mit anhängender Tube und zwei kleinen Gonadenstrukturen führte zur Revision dieser Verdachtsdiagnose. Eine PE aus der rechten Gonade ergab den histologischen Befund einer Streak-Gonade mit Einschluß von Nestern eines Gonadoblastoms aus organoiden follikulären Zellkomplexen, die Keimzellen in Verbindung mit Keimstrangelementen enthielten. Darin eingeschlossen fanden sich PAS-positive Hyalinkörper mit Neigung zur Kalzifikation. Im Anschluß erfolgte die Entfernung der kirschgroßen und in ihrer Konsistenz als hart beschriebenen Streak-Gonaden. Auf beiden Sei-
B. Lohe1, H. Posival2, H. Hauk3, D. Meier1 1 Pathologisches Institut des Städt. Klinikums Karlsruhe, 2 Klinik für Herzchirurgie Karlsruhe, 3 Pathologisches Institut der St. Vincentiuskrankenhäuser Karlsruhe Metastasierendes Intimasarkom der Aorta Primäre Tumoren der großen Gefäße, insbesondere der Aorta, sind selten. Seit der Erstbeschreibung durch Brodowski (1873) wurden in der Literatur über etwa 50 Sarkome der Aorta berichtet. Trotz fortgeschrittener diagnostischer und operativer Möglichkeiten ist die Prognose dieses Tumors auch heute noch ungünstig. Wir berichten über eine 62jährige Patientin, bei der eine alte Myokarditis und ein arterieller Hypertonus bekannt sind. Wegen seit Monaten bestehender Schmerzen in den Beinen sowie tumorverdächtiger Allgemeinsymptome wurde die Patientin in eine neurologische Klinik eingewiesen, wo multiple arterielle Embolien sowie Metastasen in den unteren Extremitäten festgestellt wurden. Die histologische Untersuchung einer Knochenmetastase ergab ein wenig differenziertes epitheloides Geschwulstgewebe mit Expression von Vimentin, Faktor VIII-Antigen sowie herdförmig von Zytokeratin und schwach von S-100 Protein. Die Kernspintomographie zeigte auffällige, langstreckige, flottierende Thromben in der thorakalen
Aorta descendens, so daß eine Aortenteilresektion durchgeführt wurde. Wir erhielten ein 10,5 cm langes Aortenteilstück mit arteriosklerotisch verdickter Wand und teilweise polypös gestalteter Innenfläche zur Untersuchung. Mikroskopisch sah man teils plump-papillär gestaltete, teils flache bandförmige Tumorzellproliferate über knotigen hyalinen Verödungsherden, einer breiten Nekrosezone und atheromatösen Beeten. Histologisch zeigte sich ein Aufbau aus polymorphen epitheloiden Tumorzellen mit großen, teilweise blasigen Zellkernen und geringer mitotischer Aktivität. Vereinzelt wurden kleine Lumina ausgebildet. Immunhistochemisch ließ sich eine Expression herdförmig von Vimentin, außerdem von CD 31 sowie herdförmig von Faktor VIII Antigen und CD 34 nachweisen; dieses schien manchmal die kleinen Lumina zu markieren. Epitheliale, glattmuskuläre und histiozytäre Antigene wurden von den Tumorzellen nicht exprimiert, ebensowenig LCA, S-100 Protein oder NSE. Die knotigen hyalinen Verödungen waren mit ACTH-positiven Makrophagen durchsetzt. Elektronenmikroskopisch zeigten die wenig differenzierten Tumorzellen polymorphe, große, blasige Kerne; es ließen sich nur wenige pinozytotische Vesikel, keine eindeutigen Waibel-PaladeKörperchen und keine typischen mikrovillösen Zellprotrusionen nachweisen. Wir stellten die Diagnose eines Intimasarkoms der Aorta, histologisch vom Typ eines niedrig differenzierten epitheloiden Angiosarkoms. Die Tumormetastasierung machte eine Chemotherapie und palliative Radiatio notwendig. Acht Monate nach Operation ist der Zustand der Patientin derzeit befriedigend. – Das mittlere Alter bei Diagnosestellung des Aortensarkoms beträgt 62 Jahre. Es besteht keine Geschlechtsprädilektion. Je nach dem Ort der Entstehung in der Aortenwand lassen sich ein polypös-intraluminal wachsender intimaler und ein muraler Typ des Aortensarkoms (dieser mit Ausgang von Media oder Adventitia) unterscheiden. Klinisch macht sich das intimale Sarkom durch thrombembolische Komplikationen bemerkbar und hat daher eine schlechte Prognose mit einer mittleren Überlebenszeit von 5,5 Monaten. Der murale Typ des Aortensarkoms wächst lokal infiltrierend und hat bei rechtzeitiger Operation eine bessere Prognose. Histologisch kann das intimale Sarkom je nach Ausgang vom Endothel oder von den Zellen der subendothelialen Bindegewebsschicht als Angiosarkom oder malignes fibröses Histiozytom subklassifiziert werden; teilweise ist nur eine beschreibende Diagnose als spindelzelliges, epitheloides oder undifferenziertes Sarkom möglich. Das murale Sarkom läßt sich meist eindeutig als Leiomyosarkom, malignes fibröses Histiozytom oder Fibrosarkom einordnen. Die Ätiologie des Aortensarkoms ist unklar. Bei einer möglichen Entstehung auf dem Boden einer schweren Arteriosklerose oder nach Implantation einer Dacron-Gefäßprothese (wie von einigen Autoren spekuliert) sind bisher nicht bekannte Kofaktoren der Sarkogenese zu postulieren. Von Haber und Truong (1988) sowie Taegtmeyer et al. (1994) wurde die endotheliale (intimale) Dysplasie als mögliche Vorläuferläsion des intimalen Aortensarkoms diskutiert, die wir im vorliegenden Fall jedoch nicht beobachteten. Unklar bleibt bei dem von uns untersuchten Sarkom, warum immunhistochemisch sowohl Zytokeratin als auch S-100-Protein herdförmig in der Knochenmetastase, nicht jedoch im Primärtumor exprimiert wurden.
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ten fand sich histologisch ein aus multiplen und z.T. verkalkten Nestern bestehendes Gonadoblastom und ein diffus invasives (PLAPpositives) Dysgerminom. Aufgrund einer Chromosomenanalyse am Gonadengewebe kann der Fall als Gonadendysgenesie mit X0/XYMosaik und Minderwuchs klassifiziert werden. Weitere Stigmata eines Turner-Syndroms lagen nicht vor. Prognostisch ist entscheidend, daß dysgenetische Gonaden in Anwesenheit eines Y-Chromosoms oder Y-Fragmenten ein signifikantes Risiko für die Entwicklung eines gonadalen Tumors aufweisen (ca. 25% bis 30%). Den Genlocus für die Entwicklung des Gonadoblastoms nimmt man auf dem langen Arm des Y-Chromosoms an. Für die Entwicklung des Tumors ist eine gewisse Integrität des Y-Chromosoms bzw. das Vorhandensein bestimmter Abschnitte von Yq Voraussetzung. Folgende ZweiSchritthypothese für die Entwicklung von Gonadoblastomen in dysgenetischen Gonaden wäre denkbar: Das erste Ereignis stellt die Entwicklung der dysgenetischen Gonade dar, worauf als zweiter Faktor die Aktivität eines Genes auf Yq wirkt, das man als Gonadoblastomgen bezeichnen kann. Das von Scully 1953 zuerst beschriebene Gonadoblastom gehört in die Gruppe der gemischten Keimzell-Keimstrangtumoren. Der Tumor besteht aus primitiven Keimzellen und Keimstrangzellen, die primitive Sertoli- oder Granulosazellen darstellen. Diese zeigen immunhistochemisch eine Koexpression von Keratin und Vimentin. Dieses Expressionsmuster ist jedoch variabel. Der untersuchte Fall zeigt nur in den Keimstrangzellen eine Positivität für Vimentin. Keratin positive Zellen konnten nicht dargestellt werden. Die Keimstrangzellen zeigen erwartungsgemäß eine Positivität für Inhibin ebenso wie die Leydigzellen, die man regelmäßig in Streak-Gonaden und im Stroma des Gonadoblastoms findet. Die PAS-positiven Hyalinkörper reagieren mit Antilaminin als Hinweis darauf, daß es sich hier um Basalmembrandepots handelt. Das Gonadoblastom wird heute im wesentlichen als In-situ-Keimzellenneoplasie angesehen. Hierfür spricht die nachgewiesene Expression des Proliferationsantigens Ki-67 und die Positivität für PLAP in den Keimzellen. Es ist somit wahrscheinlich, daß die Keimzelltumoren von den Carcinomain-situ-Zellen im Inneren des Gonadoblastoms abstammen. In 50% der Fälle eines Gonadoblastoms entwickelt sich ein Dysgerminom, in 10% ein anderer, höher maligner Keimzelltumor. Bei Gonadendysgenesie in Assoziation mit einem Y-Chromosom ist somit auch aus prognostischen Gründen eine Entfernung der Streak-Gonaden erforderlich, wegen der steigenden Malignitätsrate möglichst vor Beginn der Pubertät.
M. Graf, H.F. Otto Pathologisches Institut der Universität Heidelberg Extraneural metastasiertes myxopapilläres Ependymom der Cauda equina Wir berichten über einen 54 Jahre alt gewordenen Mann, der 1956 an einem myxopapillären Ependymom (WHO I) der Cauda equina operiert wurde und bei dem 1988 ein lumbales Tumorrezidiv auftrat. Bei der Autopsie, 40 Jahre nach primärer Diagnosestellung, fand sich wiederum ein ausgedehntes, lokales Tumorrezidiv und extraneurale Metastasen in Leber, Lunge, paratrachealen und retroperitonealen Lymphknoten. Die Histomorphologie sowie die positive GFAP-Reaktion der Tumorzellen bestätigten die gliale Abstammung der Metastasen. Nach Durchsicht der Literatur fanden wir nur 10 gleichartige Fälle, der erste aus dem Jahre 1955 von Weiss et al., die folgende Gemeinsamkeiten aufweisen: a) Erkrankungsbeginn im frühen Erwachsenenalter (Mittelwert 21,1 J.), b) lange Überlebenszeit und symptomfreies Intervall von mehreren Jahren (Mittelwert 23,6 J.), c) mehrere spinale Operationen, d) lokales Tumorrezidiv beim Auftreten von Fernmetastasen, e) bevorzugte Metastasierung in Lunge, Pleura, thorakale Lymphknoten und Leber. Neben einer heute allgemein längeren Überlebenszeit der Patienten, welche die Wahrscheinlichkeit einer extraneuralen Metastasierung erhöht, sind zahlreiche vorausgegangene Operationen mit Einschwemmung von Tumorzellen in Blut- und Lymphgefäße, Ausbreitung über Liquor-Shuntsystem, aktive Invasion des Tumors in Blutund Lymphgefäße und derzeit nicht näher bekannte chromosomale Veränderungen Faktoren, die eine Metastasierung begünstigen. Obwohl extraneurale Metastasen von ZNS- und Rückenmarktumoren selten sind, sollte eine Fernabsiedlung differentialdiagnostisch in Betracht gezogen werden, auch wenn primär ein niedrig-maligner Tumor vorgelegen hat.
Nach der von Seller durchgeführten Literaturanalyse ist die Trias der kritischen Anomalien in 57% der Fälle zu erwarten, die Assoziation von Encephalocele und zystischer Nierendysplasie sowie die Assoziation von Encephalocele und Polydactylie in 15 bzw. 16% der Fälle. In 3% der Fälle wurde eine Encephalocele mit einer Polydaktylie festgestellt, während in lediglich 9% der Fälle ein einziges Kardinalsymptom nachgewiesen werden konnte [5]. Die ausgeprägte Variation des Phänotyps der DS, wie aus unseren Daten und der Literaturanalyse hervorgeht, kann durch die aktuellen Ergebnisse der Genetik erklärt werden. 1997 haben Paavola et al. keine Co-Segregation des Syndroms und der Marker-Haplotypen bei einer österreichischen und drei englischen Familien auffinden können, im Gegensatz zu den in einer italienischen Familie und mehreren finnischen Familien gefundenen Ergebnissen [6]. Als Erklärung ist möglicherweise ein sehr heterogener Locus für DS verantwortlich. Eine internationale Zusammenarbeit und molekulargenetische Analyse der Fälle würde helfen, die Zahl der Loci zu determinieren, die an diesem Syndrom beteiligt sind. Literatur 1. Paavola P et al. (1995) Nature Genet 11:213–215 2. Henkel KE et al. (1993) Pathologe 14:32–35 3. Fraser FC, Lytwyn A (1981) Am J Med Genet 9:67–73 4. Online Mendelian Inheritance in Man: http//www.ncbi.nlm.nih.gov/omim/ (1998) 5. Seller MJ (1981) Clin Genet 20:74–77 6. Paavola P et al. (1997) Hum Genet 101:88–92
M. Große Perdekamp1, D. Mattern1, W.F. Blum2, U.N. Riede1 1 Pathologisches Institut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg 2 Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg Leptinmangel induzierte Adipositas permagna (Erstbeschreibung eines postpubertären Falles)
C. Sergi1, S. Adam1, H.P. Schmitt2, H.F. Otto1 1 Institut für Pathologie und 2 Neuropathologie der Universität Heidelberg Dysencephalia splanchnocystica: Analyse des Spectrums der Fehlbildungen Dysencephalia splanchnocystica (Meckel oder Meckel-Gruber Syndrom, OMIM 249000) ist ein komplexes Fehlbildungssyndrom mit einem variablen Spectrum der Anomalien (u.a. Anomalien des zentralen Nervensystems, zystische Nieren und Anomalien der Extremitäten), dessen Locus in einer finnischen Studie auf dem langen Arm des Chromosoms 17 (17q21-q24) lokalisiert wurde [1]. Von der ersten Beschreibung im Jahre 1822 von Johann F. Meckel, dem Jüngeren, und der späteren Präsentation von G.B. Gruber, der das Syndrom als „Dysencephalia splanchnocystica“ (DS) bezeichnet hat, sind bis heute 200 Fälle bekannt geworden [2]. Auf die Frage, ob eine konstante Anomalie bei DS vorkommt, fanden Fraser und Lytwyn die zystische Nierendysplasie als konstante Anomalie [3]. Heute ist man überein gekommen, daß 2 von 3 der obliganten Minimalkriterien (CNS Anomalie, zystische Niere, Polydactylie) erfüllt sein müssen [4]. Untersucht wurden 11 Foeten mit klinisch gesicherter Diagnose zur Bestätigung der Diagnose unter Anwendung der aktuellen Minimalkriterien.Wir fanden in 91% der Fälle die Trias „CNS Anomalie, zystische Nierendysplasie und Polydactylie“ und in 73% der Fälle die Trias „Encephalocele, zystische Nierendysplasie und Polydactylie“. CNS schlossen Encephalocele, Holoprosencephalie und Arrhinencephalie, Kleinhirnhypoplasie, Aplasie des Tractus opticus und des Septum pellucidum ein. In allen Fällen wurde eine zystische Nierendysplasie nachgewiesen, sowie eine Mißbildung der Duktalplatte der Leber. In 10 Fällen wurde eine Polydactylie nachgewiesen, während Fußanomalien und Syndactylien je in 4 und einem Fall nachgewiesen wurden.
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Die Adipositas ist in den westlichen Staaten die häufigste Ernährungs- und Stoffwechselstörung. Folgen wie die kardiovaskulären Erkrankungen stellen große medizinische und sozioökonomische Probleme dar. Als Ursache der Adipositas werden verschiedene Faktoren (genetische, metabolische, kulturelle, wirtschaftliche, psychologische) diskutiert. Unabhängig von den Faktoren läßt sich die Adipositas als Ungleichgewicht zwischen Energieaufnahme und Energieverbrauch definieren. Für die Regulation dieses Gleichgewichts wurde bereits 1953 das Vorhandensein eines lipostatischen Botenstoffes gefordert. In den folgenden Jahren konnte in sogenannten Parabioseexperimenten diese Theorie gestützt werden. Bei diesen Experimenten wurden die Blutkreisläufe von normalgewichtigen und fettleibigen ob(obesity)-Mäusen miteinander gekoppelt, womit dieser lipostatische Botenstoff indirekt nachgewiesen werden konnte. 1994 gelang schließlich die Identifikation des ob-Gens und seines Genprodukts Leptin (leptós, gr.=dünn). Im Tierversuch konnte gezeigt werden, daß Leptin eine zentrale Rolle bei der Gewichtsregulierung spielt. Leptin ist ein lipophiles Protein mit einer relativen Molekülmasse von 16000. In den Fettzellen gebildet, erfolgt die Bindung von Leptin an spezifischen Rezeptoren im Hypothalamus, infolgederen die Bildung von Neuropeptid Y (NPY) vermindert wird. NPY ist bei einer Vielzahl von Regulationsmechanismen (Nahrungsaufnahme, Bildung verschiedener Hormone) beteiligt. Für eine verminderte Wirkung von Leptin wurden im Tiermodell zwei Ursachen nachgewiesen. Zum einen kann ein Defekt des ob-Gens mit verminderter oder fehlerhafter Leptinbildung vorliegen. Als zweite Möglichkeit gibt es einen Defekt des Leptinrezeptors im Hypothalamus. In beiden Fällen resultiert eine verminderte Wirkung von Leptin mit fehlender Hemmung des NPY. Die physiologische Wirkung des NPY wird dadurch verstärkt und führt beispielsweise zur enthemmten Nahrungsaufnahme. Am menschlichen Organismus konnte erst 1997 dieser Regulationsmechanismus bei einem familiären Leptinmangelsyndrom
E. Lehmann1, M. Große Perdekamp1, G. Schwarzkopf1, U.N. Riede1 1 Pathologisches Institut der Albert Ludwigs Universität Freiburg Obduktionsberichte als Zeitspiegel: Die Spanische Grippe in Freiburg im Breisgau 1918/1919 Die Grippe (Influenza) ist eine Viruserkrankung, die alljährlich weite Bevölkerungsschichten trifft. Die hohe Variabilität der Oberflächenantigene Hämagglutinin und Neuraminidase des Influenza Virus Typ A führt durch Gendrift und neue Virusvarianten, bzw. Genshift und neue Subtypen, zu lokalregionalen Epidemien bzw. Pandemien. Seit Ende des 19. Jahrhunderts manifestierten sich allein vier Grippepandemien, die durch eine hohe Virulenz, eine hohe Morbidität sowie einen plötzlichen Ausbruch an einem Ort gekennzeichnet waren. Während die Grippepandemien meist mit einer geringen Letalität einhergingen und jugendliche sowie alte Personen betraf, zeichnete sich die Grippepandemie von 1918/19 (Spanische Grippe) durch eine besonders hohe Letalität mit weltweit >25 Mio Todesopfern und eine Mortalitätsspitze bei den 20–40jährigen aus. Ihren Ausgang nahm die
Grippepandemie nicht in Spanien, wo sie erstbeschrieben wurde, sondern in Kansas/USA. Durch Truppenbewegungen im Rahmen des ersten Weltkriegs wurde die Grippe 1918 als Frühjahrs-Sommerpandemie mit einer hohen Morbidität nach Europa und über Handels- und Transportwege auf die weiteren Kontinente übertragen. Eine zweite Erkrankungswelle, die mit der hohen Mortalität einherging, manifestierte sich weltweit erst im Herbst 1918. Inwieweit die Spanische Grippe und ihre Folgen Freiburg betroffen hatte, sollte in unserer Studie anhand der Sektionsprotokolle des Pathologischen Instituts jener Zeit, als Quelle zur Rekonstruktion historischer Ereignisse, untersucht werden. Dazu wurden die Sektionsbücher von Januar 1918 bis Mai 1919 mit insgesamt 1108 Obduktionsberichten analysiert. Neben 655 Berichten aus zivilen Sektionsbüchern stammten 453 Obduktionsberichte aus getrennt geführten Büchern der Kriegssektionen. Diese umfaßten die Sektionsprotokolle verstorbener Soldaten aus Freiburger Lazaretten. Es zeigte sich, daß die Spanische Grippe mit dem 20.9.1918 plötzlich über die Kriegslazarette in Freiburg Einzug nahm, und sich damit zwei Wochen vor den ersten zivilen Todesfällen durch Grippe in den Obduktionsbüchern niederschlug. Dabei war eine besondere Häufung von Grippeerkrankungen mit Todesfolge aus einzelnen Lazaretten und Regimentern bemerkenswert, so daß davon ausgegangen werden muß, daß die Grippe über die Lazarette, durch Soldaten betroffener Regimenter, in Freiburg eingeschleppt wurde. Zwischen September 1918 und Juni 1919 starben insgesamt 41% der in Freiburg obduzierten Personen an den Folgen der Grippe. Ihren Höhepunkt besaß die zweite Welle der Spanischen Grippe Ende Oktober 1918. Zu diesem Zeitpunkt verstarben 74% des Sektionskollektivs an den Komplikationen der Grippeerkrankung. Auch in Freiburg zeigte sich die für die Spanische Grippe typische Altersverteilung der erhöhten Mortalität unter den 20–40jährigen. Neben dem klinischen Verlauf der Grippe war das pathologisch-anatomische Korrelat der Grippepneumonie in Form einer „Wassersucht des Kehlkopfeingangs, einer schweren häutigen Entzündung der Luftröhre, einer Schwellung der Lungenwurzeldrüsen und zusammenfließender blutiger Entzündungsherde mit Brustfellausschwitzung“ bekannt. Es wurde außerdem eine Ansteckung von Person zu Person durch Anhusten eines Ansteckungsstoffes vermutet. Durch den raschen und letalen Verlauf der Grippe alarmiert, gaben die ärztlichen Vertreter in Zeitungsberichten der Freiburger Zeitung jener Zeit Ratschläge zur Eindämmung der Grippewelle. Zur wirksamen Bekämpfung fehlte jedoch die Kenntnis des spezifischen Erregers, der gemäß der Mitteilungsberichte des badischen Untersuchungsamtes für ansteckende Krankheiten damals noch im Pfeifferschen Bazillus (Haemophilus influenzae) gesehen wurde. Durch unsere Studie wurde deutlich, welche wertvolle Bedeutung die Aufarbeitung von Sektionsberichten besitzt. Als zeitgenössische Quelle dienten diese Dokumente gerade im Gegensatz zu den zensierten Grippeberichten der letzten Zeitungsseiten einer objektiven Rekonstruktion historischer Ereignisse.
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Mitteilungen
mit kindlicher Adipositas nachgewiesen werden. Im September 1997 wurde am pathologischen Institut der Uniklinik Freiburg ein 23 Jahre alt gewordener Patient obduziert. Klinisch vorbekannt waren bei ihm eine Adipositas permagna (BMI 52) unklarer Genese seit früher Kindheit und ein sekundärer Hypogonadismus. Die aktuelle stationäre Aufnahme erfolgte aufgrund einer progredienten Herzinsuffizienz. Familienanamnestisch ist eine Adipositas von Mutter und Vater bekannt. Als Todesursache zeigten die pathologisch-anatomischen Befunde eine massive rezidivierte Lungenembolie. Außerdem bestand eine granulomatöse Myokarditis, die bei erhöhtem ASL-Titer im Rahmen einer rheumatischen Entzündung erklärt wurde. Die ausgeprägte Adipositas mit einem Fettverteilungsmuster vom weiblichen Typ und die fibröse Mikroorchie mit Sertoli-only-cell Syndrom als Folge des sekundären Hypogonadismus waren Anlaß, bei dem Patienten eine Bestimmung des Leptinserumspiegels vorzunehmen. Die Untersuchung ergab einen deutlich verminderten Leptinserumspiegel von 1,43 µg/l bei einem zu erwartenden Wert von über 100 µg/l. Die Ergebnisse von früheren Laborwerten (erhöhte Werte für Cortisol, erniedrigte Werte für Wachstums- und Geschlechtshormone) bestätigten die Diagnose eines Leptinmangels bei dem Patienten. Es konnte somit gezeigt werden, daß bei dem Patienten ein Leptinmangel als Grunderkrankung vorlag. Der Leptinmangel führte bei ihm zur Adipositas permagna und zum sekundären Hypogonadismus. Dieses Ergebnis bei einem erwachsenen Patienten beweist, daß Leptin nicht nur eine wesentliche Rolle bei der Gewichtsregulierung, sondern auch bei der Geschlechtsreifung spielt. Desweiteren scheint damit der im Tiermodell gezeigte Regulationsmechanismus von Leptin auch auf den menschlichen Organismus übertragbar zu sein.