Abstracts Rechtsmedizin 2010 · 20:304–376 DOI 10.1007/s00194-010-0695-z © Springer Medizin Verlag 2010
89. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin 22.-25. September 2010 in Berlin
V1 Gen- und Proteinexpression nach traumatischer Hirnschädigung J. Dreßler1, K. Staffa1, V. Brode2, M. Krause2, K. Bremicker2, M. Weber1, H. Franke2, F. Nensa1, M. Fasold3 1Institut für Rechtsmedizin, Leipzig, Deutschland 2Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Leipzig, Deutschland 3Interdisziplinäres Zentrum für Bioinformatik, Leipzig, Deutschland Traumatische Hirnschädigungen (traumatic brain injury, TBI) induzieren vielfältige Änderungen in der Expression von Genen, welche in neurotoxische Prozesse involviert sind, was zu Zellverlust und funktionellen Defiziten führt. Gleichzeitig laufen neuroprotektive Vorgänge ab, u.a. DNA-Reparatur und Zellregenerationsmechanismen. Es wurden Änderungen des mRNA- und Proteinexpressionslevels in humanem Hirngewebe nach TBI untersucht. Des Weiteren wurden die SHT immunhistochemisch sowie mit konventionellen histologischen Methoden charakterisiert. Die Änderungen auf dem Genexpressionslevel wurden mittels Microarrays untersucht. Zur Verifizierung der Microarray-Daten wurde die Expression von GFAP, TrkB und Caspase-3 sowie S100 mittels Real Time PCR quantifiziert. Die Expression dieser Kandidatengene wurde ebenfalls auf der Proteinebene analysiert. Western Blot-Analyse ergab eine verstärkte Expression von GFAP in TBI-Fällen, wohingegen TrkB Änderungen in Abhängigkeit von der Zeit nach der Verletzung zeigte: nach kurzem posttraumatischem Intervall war TrkB stärker exprimiert, bei langem posttraumatischem Intervall dagegen schwächer. Das Expressionslevel von Caspase-3 zeigte keine Veränderung nach TBI im Vergleich zur Kontrolle. Eine Quantifizierung der Änderungen im Expressionsprofil auf Genund Proteinebene könnte dazu beitragen, die komplexen zellulären und molekularen Regulationsmechanismen nach einem Schädel-Hirn-Trauma besser zu verstehen und mögliche Therapieansätze zu entwickeln. V2 Altersbestimmung von Gehirnverletzungen - histologische Stichprobenuntersuchungen mittels Immunhistochemie R. Cecchi1, G. Boccardelli1, C. Terranova2, G. Cecchetto2 1Institut für Rechtsmedizin, Histologie, Rom, Italien 2Rechtsmedizin, Forensische Pathologie, Padova, Italien In der Immunologie sieht man das Gehirn als ein privilegiertes und isoliertes Organ des Köpers an. In der vorliegenden Arbeit wurden 60 Fälle mit traumatischen Gehirnverletzungen untersucht. Die Gewebeproben wurden sowohl direkt aus der Läsion als auch aus den Nachbargebieten entnommen. Die Gehirnproben wurden in 10-%igem Formalin fixiert und anschließend in Paraffin eingebettet. Um die Morphologie
304 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
des Gewebes beurteilen zu können, wurden Abschnitte mit HE gefärbt. Zusätzlich wurde immunhistochemisch mittels anti-GFAP Antikörper untersucht, um den Grad der reaktiven Gliose zu identifizieren. Zur Verdeutlichung der Gewebsnekrose, die der Hypoxie folgt, wurde eine immunhistochemische Technik mit anti-����������������������������� α���������������������������� -Antikörper HIF1 verwendet. Schließlich, um die vaskuläre Reaktion auf entzündliche Reizung im Gehirn zu untersuchen, wurden Proben mit anti-P-Selectin und antiE-Selectin untersucht. Die erzielten Ergebnisse zeigen, dass die immunhistochemischen Färbungen generell für die Untersuchung der Chronologie von Hirnläsionen geeignet sind. Die Färbung mit GFAP zeigt eine Zunahme der reaktiven Astrozyten graduell nach der Verletzung an; während Gefäße und Gliazellen mit dem Antikörper HIF1-������������� α������������ , in Fällen von einer verlängerten Überlebenszeit, positiv reagieren. E-Selectin wurde nie positiv gefunden, während P-Selectin sich bei der Bestimmung der Vitalität einer kortikalen Läsion als sehr nützlich erweist. Während meningeale Gefäße positive Ergebnisse auch bei kurzem Zeitintervall zwischen Verletzung und Tod ergeben. In allen Situationen zeigt die Kontrollgruppe stets ein negatives Ergebnis. V3 Zur Altersbestimmung von Hirnverletzungen bei Kopfschüssen K. Gerlach, P.J. Laberke, V. Dittmann, R. Hausmann Institut für Rechtsmedizin, Basel, Schweiz Der chronologische Ablauf der Wundreaktion im menschlichen Gehirn nach gedecktem Schädel-Hirn-Trauma wurde bereits in früheren immunhistochemischen Studien systematisch untersucht. Dabei haben sich verschiedene Marker zur differenzierten Darstellung der zellulären Reaktion, der reaktiven Gliose und der Neovaskularisation als wertvolle Parameter für die forensische Altersschätzung kortikaler Kontusionen erwiesen. In der vorliegenden Arbeit sollten die bei gedeckten Hirnverletzungen gewonnenen Erkenntnisse mit den Reaktionen in traumatisiertem Hirngewebe infolge von Kopfschüssen verglichen werden. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die bei Schüssen häufig zu beobachtenden Fremdpartikel in den Verletzungsbezirken und die dadurch induzierte Phagozytoseaktivität gerichtet.
V4 Forensisch-biomechanische Aspekte des Kopfstoßes V. Mai1, J. Schöpfer1, J. Adamec1, J.-M. Hempel2, M. Graw1 1Institut für Rechtsmedizin, München, Deutschland 2Klinikum München Großhadern, HNO, München, Deutschland Nicht selten wird der Rechtsmediziner bei Gericht vor das Problem der Beurteilung eines Kopfstoßes in Hinblick auf eine mögliche Lebensgefährlichkeit gestellt. In den Archiven von Münchener Rechtsmedizin und HNO-Klinik Großhadern fanden sich 53 Kopfstoßfälle mit Frakturfolge aus dem rechtsmedizinischen- sowie 17 aus dem HNO-Kollektiv, jedoch keine Todesfälle; in der Literatur sind einzelne Fallbeispiele mit letalem Ausgang beschrieben. Es wurden biomechanische Versuche mit Hilfe eines Bewegungs analysesystems und eines Ballpendels durchgeführt. Die Experimente erbrachten bei Kopfgeschwindigkeiten von 1,48 bis 4,5 m/s errechnete Kräfte von maximal 4630 N. Eine mögliche Lebensgefährdung ist nach einem Kopfstoß durch Aspiration von Blut oder Erbrochenem, aszendierende Infektion nach Fraktur der Nase oder der pneumatischen Räume, intrakranielle Blutungen sowie Fraktur von Schädelknochen begründet. Die errechneten Newton-Werte überschreiten die Frakturschwellen von Schädelknochen. Insbesondere die Kombination von Translations- und Rotationsbewegungen des Opferschädels und den damit einhergehenden Scherbewegungen von am Hirngrund fixierten Strukturen in Verbindung mit den hohen Aufprallkräften bedingt, dass ein Kopfstoß zu tödlichen Verletzungen führen kann. V5 Systematische Untersuchungen zum Frakturalter des Schädelknochens S. Siegmund1, J. Dreßler2 1Asklepios Klinik Hohwald, Dresden, Deutschland 2Universitätsklinikum, Rechtsmedizin, Leipzig, Deutschland Nach wie vor ist die Bestimmung des posttraumatischen Intervalls bei unbekannter Überlebenszeit ein zentrales Thema der Rechtsmedizin. Wir fragten uns, ob sich signifikante Rückschlüsse auf die Überlebenszeit auch durch Untersuchung histomorphologischer Veränderungen im Rahmen der Schädelfrakturheilung evaluieren lassen. Hierzu erfolgten in 47 Fällen (37m, 10w) histologische Untersuchungen an frakturiertem Schädelknochen bei Opfern äußerer Gewalteinwirkung mit bekannter und unterschiedlich langer Überlebenszeit zwischen 0 Stunden und 30 Tagen. Es erfolgte die Schädelknochenbearbeitung mit EDTA-Entkalkungsverfahren sowie durch Hartschnitttechnik. Die Anwendbarkeit wurde evaluiert und methodisch entwickelt. Das gewonnene Material konnte anschließend routinehistologischer (HE, Goldner), enzymhistochemischer (CE, TSP) und immunhistochemischer Bearbeitung (CD68, CD3) zugeführt werden. 12 ausgewählte zelluläre sowie gewebshistologische Merkmale wurden auf ihr zeitliches Auftreten im Frakturheilungsverlauf untersucht. Wir konnten zeigen, das sich durch Anwendung der Hartschnitttechnik und EDTA- Entkalkung am menschlichen Schädelknochen die Frakturheilungsvorgänge ausgezeichnet darstellen lassen. Zeitliche Regelmäßigkeiten im Frakturheilungsverlauf waren nachweisbar. Zur Beurteilung der osteogenen Elemente ist die Hartschnittmethode der EDTA- Knochenentkalkung überlegen. Die Ergebnisse ermöglichen eine gute zeitliche Einordnung der einzelnen Merkmale in den Frakturheilungsverlauf. Dadurch kann die forensische Überlebenszeitschätzung mit etwa 12 Stunden- Genauigkeit gewährleistet werden.
V6 Geschwindigkeitseinfluss auf das Zerstörungspotenzial bei stumpfer Gewalt S. Axmann, L. Siegenthaler, B. Kneubuehl Institut für Rechtsmedizin der Universität Bern, Zentrum für Forensische Physik/Ballistik, Bern, Schweiz Die Energie des auftreffenden Gegenstandes hat einen massgeblichen Einfluss auf die Schwere einer Verletzung bei stumpfer Gewalteinwirkung. Daraus ergibt sich eine interessante Fragestellung: Erzeugt ein aus vier Metern fallender 1 kg schwerer Körper die gleiche Zerstörung, wie ein Körper mit einer Masse von 4 kg, der aus einer Höhe von einem Meter auf das Versuchsobjekt fällt? Zur Beantwortung dieser Fragestellung wurden Experimente mit der Fallprüfvorrichtung des IRM Bern durchgeführt, indem für unterschiedliche Massen die Höhen so gewählt wurden, dass sich die gleiche Energie ergab. Die Untersuchungen wurden an mehreren Materialen durchgeführt. Getestet wurden dabei Plastilin, Glyzerinseife, synthetische Knochen und Bleche aus einer Aluminiumlegierung. Die Resultate bestätigten einen Geschwindigkeitseinfluss, der jedoch überraschenderweise nicht für alle Materialien gleich ist. V7 Experimentelle Untersuchung zur Beibringung multipler Stichverletzungen - Der Zeitfaktor S. Plenzig, M. Kettner, S. Potente, P. Schmidt, F. Ramsthaler Klinikum der JWG-Universität Frankfurt a.M., Institut für Rechtsmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland Die Untersuchung und Begutachtung von Verletzungen durch scharfe Gewalt, insbesondere von durch Messer zugeführten Stich-und Schnittverletzungen, gehören zum rechtsmedizinischen Alltag. Hierbei ist der rechtsmedizinische Gutachter insbesondere bei Beibringung multipler Stichverletzungen oft mit der Frage nach der zeitlichen Dimension von Geschehensabläufen konfrontiert. Basierend auf dieser Fragestellung wurden mit handelsüblichen einseitig geschliffenen Küchenmessern mit einer Klingenlänge von etwa 20 cm Stichversuche an Schweinekadavern, welche bereits im Rahmen anderer Experimente getötet worden waren, ausgeführt und mit einer Hochgeschwindigkeitskamera dokumentiert. Hierbei wurden die Stichgeschwindigkeit, die gemittelte Zeit pro Stich, die Häufigkeit des Verkantens in Knorpel- oder Knochengewebe und des sog. „Abrutschens über die Klinge“, sowie die Veränderung dieser Parameter über die Zeit ausgewertet. Die Ergebnisse der Studie werden vorgestellt und diskutiert. V8 Tod durch den Karotissinusreflex - Wahrheit oder Mythos? B. Schrag, P. Vaucher, M.D. Bollmann, P. Mangin Centre Universitaire Romand de Médecine Légale, Unité de médecine forensique, Genève 4, Schweiz Hintergrund: Ab und zu geben Rechtsmediziner den kardioinhibitorischen Karotissinusreflex als Todesursache an, speziell nach kurzem Hals-Trauma im Karotissiunus Bereich. Bis heute existieren jedoch keine klaren Beweise um diese Hypothese zu belegen. Ziel: Fallberichte und die Umstände zu identifizieren, in welchen eine kurzzeitige Stimulation des Karotissinus den Tod herbeigeführt hat. Methoden: Es wurde eine systematische Durchsicht der Literatur durchgeführt um Fallberichte oder Studien zu identifizieren. Zwei unabhängige Rezensenten extrahierten die Daten aus den Fallberichten. In der Folge versuchten die vier Autoren jedem einzelnen Fallbericht die wahrscheinlichsten Todesursachen zuzuordnen. Resultate: Von den 48 zwischen 1881 und 2009 veröffentlichten Fällen, wurde in 32 Fällen eine andere Todesursache als wahrscheinlicher erachtet (zum Beispiel: mechanisches Ersticken, Excited Delirium, Drogeneinfluss). In 16 Fällen wurde der Tod durch den Karotissinusreflex als möglich erachtet (5 eher „anekdotische“ Fallberichte darin eingeschlossen). Die meisten Opfer waren Männer (10/15) und jünger als 50 Jahre (11/15). In sieben Fällen wurden Läsionen im Bereich der KarotidenbiRechtsmedizin 4 · 2010
| 305
Abstracts furkation beschrieben und in vier Fällen waren solche nicht beobachtet worden. In nur einem Fall konnte keine alternative Todesursache erwogen werden. Schlussfolgerung: Die Differenzierung eines Todesfalls infolge einer Stimulation des Karotissinusreflexes von anderen plötzlichen Todesursachen bleibt extrem schwierig. Der Tod durch den kardioinhibitorischen Karotissinusreflex ist sehr selten und wird wahrscheinlich nur bei Individuen beobachtet, welche eine schon vorhandene Disposition zu Herzrhythmusstörungen haben. V9 Histologische Untersuchung der Karotisbifurkation in Fällen von Gewalt gegen den Hals E. Doberentz, C. Schyma, B. Madea Institut für Rechtsmedizin, Bonn, Deutschland Im Bereich der Karotisbifurkation sind das Glomus caroticum und der Karotissinus lokalisiert, der auf Druckschwankungen im arteriellen Blutgefäßsystem reagiert. Bei einer Reizung können über nervale Impulse reflektorisch die Herzfrequenz verlangsamt und der Blutdruck gesenkt werden. Die externe Stimulation des Karotissinus durch Halskompression mit nachfolgender reflektorischer Bradykardie oder auch Asystolie, vor allem bei Vorerkrankungen des Herzens, werden in der Literatur kontrovers diskutiert. Histologische Untersuchungen des Gewebes der Karotisbifurkation, vor allem im Hinblick auf Einblutungen, als Hinweis auf eine Traumatisierung des Gewebes, sollten im Hinblick auf einfache und schnelle Durchführbarkeit in der Routinediagnostik geprüft werden. Es wurden 14 Karotis-Bifurkationen von Fällen stattgehabter Gewalt gegen den Hals und 51 Karotis-Bifurkationen einer Kontrollgruppe mit unterschiedlichen Todesursachen und -arten, ohne Traumatisierung der Kopf-Hals-Region, hinsichtlich relevanter Einblutungen in das Gewebe histologisch untersucht. In 1 Fall stattgehabter tödlicher Gewalt gegen den Hals fanden sich Einblutungen in das Gewebe der Karotisgabel bei ausgeprägtem Stauungssyndrom, was das Vorhandensein entsprechender primär todesursächlicher kardialer Reflexe ausschließt. Es ergaben sich des Weiteren keine histopathologischen Befunde, die auf eine direkte Traumatisierung des Gewebes der Karotisgabel, bei verschiedenartiger Gewalt gegen den Hals, schließen ließen. V10 Untersuchungen zur Prävalenz synthetischer Cannabinoide aus „Spice“ J. Teske, J.-P. Weller, M. Klintschar, J. Kremer Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland Fragestellung : Derzeit liegen kaum Daten zur Prävalenz sowie zur aktuellen Bedeutung synthetischer Cannabinoide aus „Spice“-Mischungen vor. Für die im Zeitraum von November 2008 bis Januar 2009 am Institut für Rechtsmedizin Hannover auf Drogen und Medikamente untersuchten Blutproben (n= 500) wurde diesbezüglich eine Prävalenz von 5,2 % berichtet. Um zu klären, inwieweit sich das Auftauchen und die Aufnahme weiterer identifizierter Wirkstoffe in das BtMG aktuell ausgewirkt haben, wurde im Zeitraum November 2009 bis Januar 2010 eine zweite Messperiode durchgeführt. Methodik: Die Studie basiert auf einem validierten Verfahren zur Bestimmung von Aminoalkylindole (z.B. JWH-018, JWH-250, JWH-73) sowie Cyclohexylphenole (CP 47,497 und zugehörige Homologe). Nach Anreicherung der Analyte mittels Flüssig-Extraktion (Hexan/Ethylacetat 99:1) erfolgte eine Bestimmung mit der Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS-MS). Für die Studie wurden Serumproben, der am Institut zur Überprüfung auf Medikamente und Drogenwirkstoffe eingesendeten Proben, gepoolt, anonymisiert und auf „Spice“-Inhaltsstoffe untersucht. Mit dem eingesetzten Verfahren können die Substanzen im Spurenbereich in Blutproben nachgewiesen werden. Ergebnisse und Schlussfolgerung: In der zweiten Messperiode wurden niedrigere Prävalenzen festgestellt. Außerdem kam es zu einer Verschiebung im Substanzspektrum. Die anfänglich verbreiteten Cyclohexyl-
306 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
phenole scheinen z. B. nach den Untersuchungen derzeit keine Bedeutung mehr zu haben. V11 Stabilität von Cannabinoiden in Serum-Proben nach mehreren Einfrier-Auftauzyklen und Lagerung in Glas bzw. KunststoffRöhrchen N. Roth, S. Kneisel, V. Auwärter Universitätsklinikum Freiburg/Institut für Rechtsmedizin, Toxikologie, Freiburg, Deutschland Hintergrund: Aus Untersuchungen von Proben THC-positiver Straßenverkehrsteilnehmer, bei denen sowohl ein Serumröhrchen (Glas) als auch ein fluoridiertes Röhrchen (Polyacrylat) abgenommen wurde, ging hervor, dass die durch den Fluoridzusatz hämolysierten Proben deutlich niedrigere Cannabinoidkonzentrationen aufwiesen. Es stellte sich die Frage, ob zusätzlich zu dem Verdünnungseffekt durch die Hämolyse auch das Material des Abnahmesystems zu diesem Effekt beiträgt. Gleichzeitig wurde die Stabilität der Analyte in den beiden Materialien nach mehreren Einfrier- Auftauzyklen und die Lagerstabilität über ca. 2 Jahre getestet. Durchführung: Von 19 Serum-Proben, deren THC-Konzentrationen bei der Erstanalyse zwischen 5 und 13 ng/ml lagen, wurden jeweils zweimal 500 ������������������������������������������������������������������ μ����������������������������������������������������������������� l in ein Kunststoff- bzw. Glasgefäß aliquotiert und tiefgefroren (-18°C). Alle Proben wurden einmal pro Monat aufgetaut und danach erneut tiefgefroren. Nach 2 Monaten wurden von jeweils einer Glasund Kunststoff-Probe die Konzentrationen von THC, 11-OH-THC und THC-COOH bestimmt. Die beiden verbleibenden Proben wurden nach Ablauf von 6 Monaten reanalysiert. Methode: Alle Proben wurden nach akkreditiertem Standardverfahren aufgearbeitet und analysiert (Versetzen mit deuterierten Standards, SPE (C18), Derivatisierung mit MSTFA, GC-MS-SIM). Ergebnisse: Nach 2 Monaten konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den in Kunststoff- und in Glasröhrchen gelagerten Proben festgestellt werden. Eine etwaige Adsorption an bzw. Absorption in den verwendeten Kunststoff nach dieser Zeitspanne ist daher - sofern überhaupt vorhanden - vernachlässigbar gering. Als “Worst-case“ konnte nach 2 Jahren Lagerung und 3 Einfrier-Auftauzyklen für THC eine durchschnittliche Verringerung der Konzentration um 50% festgestellt werden (Spanne: 41%-71%). V12 Einfluss von Ethanol auf die Pharmakokinetik von Cannabinoiden bei chronischen Konsumenten K. Schneider1, G.F. Kauert1, C. Wunder1, M.R. Moeller2, W. Bosker3, E.L. Theunissen3, J.G. Ramaekers3, S.W. Toennes1 1Rechtsmedizin, Forensische Toxikologie, Frankfurt/Main, Deutschland 2Universität des Saarlandes, Homburg/Saar, Deutschland 3Maastricht University, Neuropsychology & Psychopharmacology, Maastricht, Niederlande Einleitung :Zur Kreuztoleranz von Cannabis und Alkohol gibt es widersprüchliche Befunde. Daher wurden pharmakodynamische und -kinetische Interaktion von Alkohol- und Cannabiskonsum untersucht. Methode: 20 Probanden bekamen Alkohol-Erhaltungsdosen, um eine BAK im Bereich von 0, 0.5 und 0.7 g/L zu halten. Nach ersten Leistungstests rauchten die Probanden einen Joint (0.4 mg THC/kg KG). Blut wurde bis vier Stunden nach dem Rauchen gewonnen und die Speichelschnelltests Dräger DrugTest 5000 und Securetec’s DrugWipe 5+ durchgeführt. Nach Cannabinoidbestimmungen mittels GC-MS wurden die pharmakokinetischen Parameter ausgewertet und verglichen. Ergebnisse: Die erreichten BAKs lagen im Bereich 0, 0.35 bzw. 0.5 g/L. Die THC-Konzentrationen eine Stunde nach dem Rauchen waren etwas geringer bei der hohen Alkoholdosis (24,7 vs. 18,5 ng/ml; p<0,05) und die Eliminations-Halbwertszeit von THC war leicht verlängert (1,6 vs. 2,4 h; p<0,05). In allen Konditionen fanden sich sonst keine signifikanten Unterschiede für THCOH und THCCOOH, aber die THCCOOH-Konzentrationen erschienen in den Alkohol-Konditionen deutlich niedriger.
Positive Speichelvortestergebnisse wurden mit DrugTest in 88% und mit DrugWipe in 56% der Proben erhalten. Schlussfolgerungen: Wesentliche Einflüsse von Alkohol auf die Pharmakokinetik von THC lagen nicht vor, Abweichungen können möglicherweise durch Gefäßwirkungen von Ethanol erklärt werden. Mit dem neuen Dräger Speicheltest werden durchgängig positive Befunde nach Rauchen erhalten.
den Basalganglien und zusätzlich ein signifikant höheres MAM/MORVerhältnis in der Gruppe akuter Todesfälle. Trotz der signifikant unterschiedlichen Messwerte für einzelne Hirnregionen kann der Nachweis repräsentativer postmortaler Opiatkonzentrationen in allen untersuchten Hirnregionen geführt werden. In der vorliegenden Studie war eine Eingruppierung der Todesfälle in akut und subakut aufgrund des MAM/MOR-Verhältnisses möglich.
V13 Neue bioartifizielle Leber in der Therapie von Opiatabhängigen: Metabolisierung von Morphin und Methadon M. Pavlic1, C. Wöss1, K. Libiseller1, B. Beer1, M. Wurm2 1Institut für Gerichtliche Medizin, Forensische Toxikologie, Innsbruck, Österreich 2Univ.Klinik für Viszeral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie, BAL Projekt, Innsbruck, Österreich
V15 Fentanyl in der Drogenszene I. Sinicina1, H. Sachs2, L. Paul1, W. Keil1 1Ludwig-Maximilians-Universität, Institut für Rechtsmedizin, München, Deutschland 2Forensisch Toxikologisches Centrum , München, Deutschland
Eine Therapieform für opiatabhängige Patienten ist die Substitution, wobei in Österreich neben Methadon auch Morphin verabreicht wird. Bei intravenösem Drogenmissbrauch besteht ein hohes Infektionsrisiko, z.B. Hepatitis, mit Komplikationen bis zum lebensbedrohlichen Leberversagen. Die bis dato einzige Therapie ist hierbei die Lebertransplantation. Zur Überbrückung bis dahin wurden bioartifizielle Lebern (BAL) entwickelt. Ziel der vorliegenden Studie war es, eine neue BAL hinsichtlich der Metabolisierung von Methadon und Morphin und damit für den Einsatz für Opiatabhängige zu charakterisieren. Diese BAL, eine autonome Rotationszellkultur von humanen „small hepatocytes“, wurde mit jeweils 100 µg/l Opiat versetzt. Die quantitative Bestimmung von Opiaten und Metaboliten erfolgte mittels GC-MS nach 0, 6, 12, 24 und 48 h (n=6). Zusätzlich wurden Laktat- und LDH-Abgabe, Urea- und Albumin-Produktion sowie Glukoseverbrauch gemessen. Mittels konfokaler Fluoreszenzmikroskopie wurde nachgewiesen, dass die verwendeten Opiate Zellvitalität und Wachstum nicht signifikant beeinträchtig ten. Morphin war ein Stressfaktor, reduzierte den Zellstoffwechsel und wurde nicht abgebaut. Methadon wurde unter Reduktion der Urea- und Albumin-Produktion mit Kinetik 1. Ordnung verstoffwechselt (t½ 36h). Das Vorliegen von CYP 3A4 wurde mittels Western Blot bestätigt. Die vorliegende BAL ist daher grundsätzlich zur Unterstützung von Leberfunktionen bei methadonsubstitutierten Patienten geeignet. V14 Opiatkonzentrationen in relevanten Hirnregionen Drogentoter Messwerte und deren Interpretation M. Kettner, J. Czölder, C. Wunder, F. Ramsthaler, S.W. Toennes, P. Schmidt Institut für Rechtsmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland Die Diagnose einer tödlichen Heroinüberdosierung beruht derzeit auf der Interpretation von Opiatkonzentrationen in Blut und Organproben (z.B. Lebergewebe). Die Interpretation wird hierbei durch die unterschiedlich stark ausgeprägte Toleranz von Drogenkonsumenten erschwert. In der vorliegenden Studie wurden 20 neuroanatomisch definierte Hirnregionen, die für die Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung sowie die Entwicklung von Suchtverhalten verantwortlich gemacht werden, bei 16 verstorbenen Heroinkonsumenten molekularbiologisch und toxikologisch untersucht und Kontrollregionen gegenübergestellt. Die Heroinkonsumenten wurden anhand der polizeilich dokumentierten Vorgeschichte und der routinetoxikologischen Ergebnisse in 2 Gruppen (akut und subakut) eingeteilt. Anschließend erfolgte die Messung von 6Monoacetylmorphin (MAM), Morphin (MOR) und Codein (COD). Es zeigte sich, dass MAM in allen Hirnproben, nicht hingegen im Blut nachweisbar war. Die Verteilung der Opiatkonzentrationen wies keinen Unterschied zwischen den Gruppen auf, wohingegen das Verhältnis MAM/MOR in der Gruppe akuter Todesfälle signifikant höher war. Die Normalisierung der Proben aus Basalganglien und Hirnstamm auf Proben des Neokortex zeigte signifikant höhere MAM- und COD-Werte in
Das Opioid Fentanyl ist ca. 100-mal wirksamer als Morphin. In den vergangenen Jahren hat es in Deutschland für die Schmerzbehandlung infolge der Einführung transdermaler therapeutischer Systeme eine herausragende Bedeutung erlangt. So war 2005 das Originalpräparat Durogesic mit 44,3 Mio. verordneten Tagesdosen und einem Umsatz von 306,2 Mio Euro das umsatzstärkste Arzneimittel. In der Drogenszene machte man sich zunutze, dass die Wirksubstanz einfach zu extrahieren ist und danach intravenös verabreicht werden kann. Gelegentlich werden Pflaster auch gekaut oder geraucht. Im Jahre 2005 kam im Münchner Institut für Rechtsmedizin nur eine tödliche Fentanyl-Intoxikation zur Untersuchung. Im folgenden Zeitraum stieg die Zahl derartiger Fälle erheblich an und erreichte im Jahr 2009 mit mehr als 20 Fällen ihr bisheriges Maximum. Es wurden sowohl Fentanyl-Mono- als auch -mischintoxikationen festgestellt. Häufig wurde die Substanz aus transdermalen Pflastern intravenös injiziert oder direkt oral-transmukosal aufgenommen. Die Fentanyl-Konzentrationen wurden mittels LC-ESI-MS-MS aus Serum bzw. Plasma bestimmt. Bei den Monointoxikationen lag der höchste Spiegel bei 92 µg/l. V�� 16 Sleepless in Zurich – Prevalence of benzodiazepines and z-drugs in routine hair samples K.Y. Rust, M.R. Baumgartner, T. Kraemer Uni Zürich, Institut für Rechtsmedizin, Forensische Chemie und Toxikologie, Zürich, Schweiz Benzodiazepines and the pharmacologically related z-drugs are widely used as sedatives/hypnotics and can cause driving impairment. In driving under the influence of drugs cases when the driving license has been suspended and regaining of the license is desired, abstinence control is done best by hair analysis. In the Institute of Legal Medicine of Zurich University, Benzodiazepines and z-drugs are determined using a validated LC-MS/MS method. In the presented study the prevalence of particular benzodiazepines or zdrugs in routine hair samples were investigated as well as the agreement of self-reported use of medicaments and concentrations in hair. Zolpidem was present in 36 % of the positive samples, diazepam and nordazepam were positive in 31 % of the cases. Oxazepam could be found in 28 %, midazolam in 14 % and lorazepam in 11 %. Alprazolam, bromazepam and flunitrazepam were detected in 6 % of the cases. Zaleplon, zopiclone, flurazepam, clonazepam and triazolam could be detected in some cases. As revealed by segmental hair-analysis, changes of consumption-behavior lead to corresponding changes in concentrations of the medicament in hair. High prevalence of the benzodiazepines or z-drugs in this study showed, that being sleepless in Zurich is not much appreciated by this clientele.
Rechtsmedizin 4 · 2010
| 307
Abstracts V17 Screening and quantitation of 9 synthetic CB1 receptor agonists in serum by LC-MS/MS S. Kneisel, S. Dresen, V. Auwärter Institut für Rechtsmedizin Freiburg, Forensische Toxikologie, Freiburg, Deutschland Motivation: Since 2008 numerous synthetic cannabinoids with high potency were found in ‘Spice’ and similar products. Most of these synthetic compounds are aminoalkylindoles with strong psychotropic effects due to high CB1 agonism. The easy availability of products containing these compounds and the fact that some of them are still not under legal control cause a strong need for analytical methods to detect the abuse of synthetic cannabinoids in clinical and forensic cases. Method: Extraction of analytes was performed using 1 ml serum and liquid-liquid extraction at pH 9. The organic phase was evaporated under a stream of nitrogen followed by reconstitution in mobile phase. Chromatographic separation was achieved on a Shimadzu HPLC system with gradient elution using 2 mM ammonium formate/0.2 % formic acid as solvent A and methanol as solvent B. Determination of aminoalkylindoles and methanandamid was achieved by liquid chromatography-tandem mass spectrometry using a Q-Trap 3200 mass spectrometer (Applied Biosystems) equipped with an electrospray ion source (TurboIonspray®). Detection of analytes was performed using scheduled multiple reaction monitoring (sMRM) in positive ionization mode. Results: An LC-ESI-MS/MS screening method was developed for the identification and quantitation of several highly potent aminoalkylindoles (JWH-015, JWH-018, JWH-019, JWH-020, JWH-073, JWH-200, JWH-250, WIN-55,212-2) and methanandamide, a synthetic endocannabinoid derivative, in serum. The limits of detection (LODs) ranged from 0.02-0.2 ng/ml. V18 Pharmakokinetik und Nachweisfenster von Succinylcholin und Succinylmonocholin in Serum sowie Urin zur Anwendung in der forensisch-toxikologischen Fallarbeit U. Küpper1,2, F. Musshoff2, F. Herbstreit3, R.A. Hilger4, B. Madea2 1Universitätsklinikum Essen, Institut für Rechtsmedizin, Essen, Deutschland 2Universität zu Bonn, Institut für Rechtsmedizin, Bonn, Deutschland 3Universitätsklinikum Essen, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Essen, Deutschland 4Universitätsklinikum Essen, Innere Klinik (Tumorforschung), Westdeutsches Tumorzentrum, Essen, Deutschland Intoxikationen mit dem Muskelrelaxans Succinylcholin (SUX) können eine potentiell tödliche Atemlähmung hervorrufen. Der Nachweis von SUX und seinem Metaboliten Succinylmonocholin (SMC) ist erfahrungsgemäß nur eingeschränkt möglich, pharmakokinetische Daten sind jedoch nur äußerst begrenzt und allein für SUX vorhanden. Die Metabolisierung von SUX sowie SMC wurde in Anästhesie-Patienten systematisch untersucht. 15 Patienten, bei denen ein arterieller Zugang sowie Blasenkatheter indiziert waren, wurden in die Studie eingeschlossen. Relaxation wurde durch Bolusinjektion von 80-100 mg SUX erreicht. Bis 6 Stunden nach Einleitung wurden Blut- und Urinproben in paraoxonierte Gefäße entnommen, und nach kurzer Probenvorbereitung schockgefroren. Proben wurden gemäß einer zuvor publizierten und validierten HPLC-MS/MSMethode analysiert. Pharmakokinetische Parameter von SMC wurden mittels eines kompartimentellen sowie nicht-kompartimentellen Ansatzes berechnet. SUX war üblicherweise nur über 10 min, in Einzelfällen bis 60 min nach Einleitung im Plasma nachweisbar. Im Urin konnte generell bis 2 h nach SUX-Gabe ein positiver Nachweis der Muttersubstanz geführt werden, nach 6 h reduzierte sich die Nachweisquote auf 50 %. SMC war in allen Serum- und Urinproben nachweisbar, wobei der Plasma-Konzentrationsverlauf dieses Metaboliten einen tri-phasischen Verlauf mit einer terminalen Halbwertszeit von 1-3 h aufwies.
308 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
Durch die im Vergleich zu SUX erheblich längere Nachweisbarkeit stellt SMC den einzig realistischen Kandidaten für einen SUX-Nachweis dar. Die vorliegende Arbeit definiert Nachweisfenster für beide Analyten und liefert Erwartungswerte für die forensisch-toxikologische Fallarbeit. V19 TIM-Synthetic MRI und Virtobot - forensischer Workflow der Zukunft ?! M. Thali und Virtopsy Team Universität Bern, Forensik, Bern, Schweiz Bildgebung hat die Welt verändert und die moderne Medizin geprägt. Das IRM Bern befasst sich seit mittlerweile 15 Jahren mit Imaging-Fragestellungen in der Forensik. In 2009 gelang die robotergestützt-automatisierte Systemintegration von 3D-Oberflächenscanning und MultisliceCT mit postmortaler Biopsie als Virtobot. Die über 100 postmortalen Angiografien zeigen nach mittlerweile 5 Jahren Forschungstätigkeit am IRM Bern eindrückliche Ergebnisse. Unser seit 2009 funktionierendes Total Imaging Matrix (TIM)-MR-System konnte im Frühjahr 2010 mit der sogenannten Synthetic MRI Software erweitert werden. Der Vorteil des TIM-Synthetic-MRI System liegt darin, dass in einem Untersuchungsschritt ohne Wechsel von Oberflächenspulen vom Scheitel bis zur Sohle verschiedene MR-Sequenzen (wie T1, T2, PD etc.) gefahren werden können. In der täglichen forensischen Dienstleistungsanwendung hat sich gezeigt, dass durch die Anwendung dieser Methode eine Qualitätssteigerung und ein Mehrwert in der forensischen Diagnostik erreicht werden kann und die Untersuchungsresultate auf Grund der Bildgebung oft schneller und dank visueller 3D-Rekonstruktion für Laien anschaulicher und nachvollziehbarer dargestellt werden können. Diese Virtopsy-Systemintegration ist momentan bezüglich Workflow und Prozessen die einzige forensische Untersuchungsstraße an einem forensischen Institut, welche sämtliche Modalitäten und Technologien in dieser Form für den täglichen Gebrauch und die Forschung zusammengeführt hat. Mit einer am IRM Bern in Entwicklung befindlichen abteilungsübergreifenden forensischen IT-Struktur Axon/Shadow, welche die Funktionalitäten ERP, LIMS und Dokumentenmanagement zusammenfasst, werden die forensischen Prozesse aller IRM-Abteilungen workflow-orientiert abgebildet und unterstützt. V20 The Virtobot - Telebiopsy L.C. Ebert, G. Hatch, M.J. Thali Institut für Rechtsmedizin, Zentrum für forensische Bildgebung und Virtopsy, Bern, Schweiz Imaging modalities such as computed tomography (CT) and magnetic resonance imaging (MRI) are playing an increasingly important role in forensic medicine. In conjunction with tissue and liquid sampling techniques, the diagnosis of different pathologies without traditional autopsy is possible in selected cases. Current tissue sampling techniques require a radiologist to place an introducer needle under realtime fluouroscopy. In order to minimize the radiologists exposure to x-rays and potentially infectious body fluids, increase the accuracy of the needle placement and automate the procedure, we developed a robot for automatic needle placement. This system integrates CT scanning, robotics and surgical navigation techniques for accurate needle placement. The extracted tissue samples are uncontaminated and have a high quality for histological examinations. In order to fully separate data collection from data evaluation, we implemented a simple protocol for telebiopsy. A DICOM dataset is sent to an Osirix workstation which can be located anywhere on the world. A custom made plugin allows the definition of needle trajectories which are returned to the CT site. The robotic system places the introducer needles accordingly. In this manner, a technical crew can operate the system, while the medical staff can be located elsewhere.
Such a system could allow for simultaneous staffing of multiple sites and the extension of services to remote areas. V21 Willkommen in der Zukunft - Ipad und Co. in der postmortalen Radiologie S. Ross, M. Thali Institut für Rechtsmedizin Bern, Forensische Bildgebung, Bern, Schweiz OsiriX ist ein kostenloses (Open-Source) Bildbearbeitungsprojekt für medizinische Bilder, das von Osman Ratib (Los Angeles) und von Antoine Rosset (Universität Genf) entwickelt wurde.OsiriX verbreitet sich derzeit rasch neben kostenpflichtigen und herstellergebundenen industriellen Systemen als freier Standard der medizinischen Bildbearbeitung über alle Fachdisziplinen hinweg.Die Software wurde deshalb im Institut für Rechtsmedizin Bern hinsichtlich der Funktionalität zur Demonstration von Röntgenbildern im Sektionssaal und bei interdisziplinären Fallbesprechungen evaluiert.Hierzu wurde eine stationäre Workstation (Apple MacPro)und zwei mobile Geräte (Macbook Pro und Ipad) benutzt.Sowohl im stationären als im mobilen Einsatz bietet OsiriX dem Anwender die Funktionalität professioneller radiologischer Workstations.Speziell mit dem Ipad ist eine schnelle und unkomplizierte Demonstration von Schnittbildern und Rekonstruktionen direkt am Sektionstisch möglich und bietet sich somit als kostengünstige Möglichkeit zur Demonstration von radiologischen Befunden im Sektionssaal an. V22 Entwicklung eines standardisierten Protokolls zur Durchführung der postmortalen CT-Angiographie S. Grabherr, E. Gygax, B. Sollberger, B. Steger, A. Dominguez, R. Dirnhofer, F. Doenz, P. Mangin Centre Universitaire Romand de Médecine Légale, Unité de Médicine Forensique, Lausanne, Schweiz Im Juni 2009 gründete das Institut für Rechtsmedizin in Lausanne-Genf eine interdisziplinäre Forschungsgruppe für postmortale Angiographie, deren Ziel es ist, die postmortale CT(computed tomography)-Angiographie so zu entwickeln, dass sie für die Anwendung im rechtsmedizinischen Alltag geeignet ist. Das Ziel der hier vorgestellten Studie war es, ein standardisiertes Protokoll zur Durchführung der postmortalen Angiographie zu entwickeln, welches einfach anzuwenden ist und eine hohe Qualität der radiologischen Bilder erzeugt. Hierfür wurden 45 menschliche Leichen mittels der postmortalen Angiographie untersucht, wobei verschiedene Perfusionsprotokolle angewendet wurden. Allen gemeinsam war die Verwendung einer modifizierten Herz-Lungenmaschine als Perfusionsantrieb und das Kontrastmittel Angiofil®. Die Qualität der Angiographie wurde ermittelt, indem der Füllungszustand sämtlicher Gefäße überprüft wurde. Außerdem wurde die radiologische Interpretation mit den Ergebnissen der jeweils durchgeführten Autopsie verglichen, um die Echtheit der Befunde zu überprüfen. Das Resultat unserer Studie ist ein standardisiertes Protokoll mit dem es gelingt, eine minimal-invasive CT-Angiographie von hoher Qualität durchzuführen. Als wichtigste Faktoren stellten sich das verwendete Perfusionsvolumen und die Durchführung von mindestens drei Phasen heraus. Diese Punkte sind wichtig, um Artefakte zu vermeiden, welche zu Missinterpretationen von Befunden führen können. V23 Systematische Erfassung postmortaler Veränderungen im CT A. Heinemann, H. Nushida, M. Kammal, H. Vogel, M. Schrot Institut für Rechtsmedizin, Hamburg, Deutschland Hintergrund: Die systematische Klassifikation des Verlaufs typischer postmortaler Organveränderungen im CT ist eine entscheidende Arbeitsgrundlage in der forensischen Bildgebung. Material und Methode: Untersucht wurden definierte Fallgruppen mit 15 Verstorbenen in Serien- Scans über festgelegte Perioden nach Zugang
in das Institut. Parallel erfolgten serielle mikrobiologische Untersuchungen von Aortenblut. Auswertungskriterien im CT waren Gasentwicklung, Schichtungsphänomene, Dichteveränderungen und Formänderungen (insbesondere Aorta, Vena cava, Arteria pulmonalis, Herz). Die Gasentwicklung wurde zu den mikrobiologischen Ergebnissen in Beziehung gesetzt. Ergebnisse: Die Gasentwicklung beginnt in den Gefäßen und den Hohlräumen des Herzens; es besteht eine Korrelation mit der Entwicklung mikrobieller Flora. Später kommt die Gasentwicklung zwischen Gehirn und Kalotte, in Pleura und Peritoneum, erst dann im Interstitium hinzu. Schichtungsphänomene sind deutlich in der Lunge, den Gefäßen des Gehirns und den großen Gefäßen des Rumpfes. In Thorax und Abdomen kommt es zu Flüssigkeitsverschiebungen aus dem Gefäßsystem in Interstitium und Hohlräume. Einflussfaktoren für die Dynamik der Veränderungen können u.a. Reanimation und Hydratationszustand sein. Schlussfolgerung: CT- relevante Veränderungen sind v.a. durch Flüssigkeitsverschiebungen sowie die mikrobiologische Dynamik begründet. Ihre systematische Erfassung ist unerlässlich zur Abgrenzung von intra vitam begründeten Phänomenen. V24 Darstellung von postmortal entstandenem Gas im CT: Aufkommen, Verteilung und Schematisierung C. Egger1, P. Bize2, P. Vaucher1, P. Mosiman2, B. Schneider1,2, A. Dominguez3,1, R. Meuli2, P. Mangin1, S. Grabherr1 1Université de Lausanne, Centre Universitaire Romand de Médecine Légale, Lausanne, Schweiz 2Hôpital Universitaire de Lausanne, Département de Radiodiagnostic et de Radiologie Interventionnelle, Lausanne, Schweiz 3Haute Ecole Cantonale Vaudoise de la Santé, Filière Technique en Radiologie Médicale, Lausanne, Schweiz Die Durchführung von postmortalen CT(computed tomography)-Scans im Rahmen der Rechtsmedizin hat in den letzen Jahren immer mehr zugenommen. Ein großer Vorteil dieser Technik ist die einfache Darstellung von Gas im Inneren des Körpers, besonders zum Erkennen einer Gasembolie. Die Sensitivität des CT ist jedoch so hoch, dass selbst kleinste postmortal entstandene Gasansammlungen entdeckt werden. Derzeit bestehen keinerlei Richtlinien zur Interpretation dieser Befunde. Das Ziel der Studie war 1.) die Beschreibung des Auftretens und der Verteilung von postmortal entstandenem Gas und 2.) die Überprüfung der Möglichkeit zur Unterscheidung zwischen postmortaler Gasansammlung und echter Gasembolie. Hierzu wurden CT-Daten von 119 menschlichen und unverletzten Leichen retrospektiv untersucht. Das Vorhandensein von Gas wurde semiquantitativ in ausgewählten Regionen untersucht (Auswahl von Arterien, Venen, Organen, Knochen, Region des subkutanen Fettgewebes, Muskeln, Subduralraum und in den drei Körperhöhlen). In 62.2% der untersuchten Leichen war Gas vorhanden, davon zu 75.7% im Herzen und 24.3% in anderen Regionen. Für jede Leiche wurde ein Schema der Gasverteilung erstellt. Statistische Analysen erlaubten die Erstellung eines Verlaufschemas der postmortalen Gasverteilung, welches präsentiert wird. Unter Beachtung bestimmter Regeln, sollte es deshalb möglich sein, zwischen postmortalem Gas und echter Gasembolie zu unterscheiden. V25 Weichteil- und Mediastinalemphyseme in der postmortalen Computertomographie M. Voisard, C. Jackowski, W. Schweitzer Universität Zürich, Institut für Rechtsmedizin, Zürich, Schweiz In 171 durch uns durchgeführten postmortem CT-Scans, fand sich ein Fall mit einem ausgedehnten Weichteilemphysem (STE = soft tissue emphysema) und Mediastinalemphysem ohne traumatische Befunde. Um die Prävalenz dieser Beobachtung beurteilen zu können, haben wir alle übrigen CT-Daten auf ähnliche Befunde hin untersucht (n = 170). Rechtsmedizin 4 · 2010
| 309
Abstracts Das Weichteilemphysem wurde mittels einer beobachterabhängigen, semi-quantitativen Skalierung ausgewertet (0: kein STE; 1: STE auf eine Körperregion begrenzt und nur mit geringer Gassansammlung; 2: STE in mehreren Körperregionen vorhanden oder stark in einer Körperregion ausgeprägt; 3: STE stark ausgeprägt in mehreren Körperregionen). Die Befunde wurden mit den Angaben zum Ereignis und mit den übrigen Autopsiebefunden verglichen. Alle Fälle mit einem STE der Grade 2 oder 3 (n=31) waren Folge massiver Gewalteinwirkung in Form von Verkehrsunfällen, Eisenbahnsuiziden, Schusswaffen und Stürze aus großer Höhe. Fast alle wiesen einen ISS (injury severity score) von 75 auf mit Ausnahme von je zwei Fällen mit einem ISS 3 (keine Anhaltspunkte für Trauma) und zwei mit einem ISS 27 (Tod im Rahmen einer medizinischen Behandlung). In allen untersuchten Fällen fanden sich insgesamt nur drei Mediastinalemphyseme; der initial beschriebene Fall ohne traumatische Befunde, sowie zwei Fälle im Zusammenhang mit heftiger Gewalteinwirkung (Schuss, Verkehrsunfall). Ausgedehnte Weichteilemphyseme ohne Hinweise auf ein Trauma oder Fäulnis sollten die Aufmerksamkeit des Rechtmediziners auf die Luftwege lenken. In unserem Fall betrachten wir einen vorangegangenen Hungerstreik als Prädisposition für ein spontanes nicht traumatisches Mediastinal- und Weichteilemphysem. V26 Cardiopulmonary Resuscitation related changes in Post Mortem Magnetic Resonance and Computed Tomography G. Hatch, T. Ruder, G. Ampanozi, W.-D. Zech, W. Gotsmy, U. Preiss, M.J. Thali Insitute of Forensic Medicine, Center of Forensic Imaging and Virtopsy, Bern, Schweiz Cardiopulmonary resuscitation (CPR) is performed in a large number of cases that eventually require forensic evaluation. A number of findings related to CPR can be seen in post mortem imaging such as post mortem computed tomography (PMCT) and post mortem magnetic resonance imaging (PMMR). However, radiologic changes secondary to CPR have not been defined in the post mortem setting. Our goal is to provide a description and pictorial review of post mortem CPR related imaging changes. We performed a retrospective, descriptive review of cases with a history of CPR who also underwent PMCT and/or PMMR at the Institute of Forensic Medicine, University Bern, Switzerland. CPR primarily causes changes in the cardiovascular (right atrial and thoracic venous distension, mild gas embolism), pulmonary (peribronchovascular opacities, pronounced ground glass opacity, acinar opacities, airway fluid), and skeletal systems (sternal and anterolateral rib fractures). The types of temporary medical devices found on or in the body may also suggest a history of CPR (central lines, endotracheal tubes, electocardiogram leads, defibrillator pads, naso- and orogastric tubes, intraosseous catheters). Specific radiographic patterns appear to occur after CPR. Knowledge of these patterns should serve to help the investigator to discern between CPR related change and other, potentially more relevant pathology. V27 Postmortale Lungenventilation im Virtopsy-Workflow: Erste Erkenntnisse T. Germerott, U. Preiss, P. Flach, S. Ross, G. Ampanozi, T. Ruder, G. Hatch, M. Thali Universität Bern, Institut für Rechtsmedizin, Bern, Schweiz Fragestellung: Trotz zahlreicher Fortschritte und Erkenntnisse in der postmortalen Bildgebung, bereitet die Beurteilung der postmortalen Lunge, insbesondere die Differenzierung zwischen postmortalen und vorbestehenden pathologischen Veränderungen, Schwierigkeiten. Ziel der Studie war die Etablierung einer Methode zur besseren Evaluierung der postmortalen Lunge. Methoden: In 10 Fällen wurden Lungen intracorporal mittels eines portablen Home Care Ventilators über Endotrachealtuben, Larynxmasken
310 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
oder CPAP-Masken ventiliert. Postmortale CT-Scans wurden vor und während der Ventilation (10mbar, 20mbar, 30mbar und 40mbar) durchgeführt und evaluiert. Des Weiteren erfolgte eine Messung der Lungenvolumina unter Verwendung eines Segementierungsprogramms. Ergebnisse: Erste Erkenntnisse zeigen, dass die postmortale Lungenventilation zu einer deutlichen Zunahme der Lungenvolumina und zu einer Abnahme der Lungenverschattungen, vor allem in den dorsalen Lungenpartien, führt und somit lagebedingte „Befundverschattungen wie z. B. Lungenrundherde, durch die Ventilation visualisiert werden können. Schlussfolgerungen: Die intracorporale, mechanische Ventilation der postmortalen Lunge ist eine effektive Methode zur Abgrenzung von durch innere Totenflecken oder Lungenödem verschatteten Lungenpathologien sowie zur Differenzierung zwischen vorbestehenden Pathologien und postmortalen Veränderungen. V28 Erste Ergebnisse postmortaler Fasertraktographie der weissen Hirnsubstanz basierend auf Diffusion Tensor Imaging (DTI) P. Flach1,2, S. Ross1,3, G. Ampanozi1, T. Germerott1, G. Hatch1, T. Ruder1, C. Kiefer2, M. El-Koussy2, M. Thali1 1Institut für Rechtsmedizin, Zentrum für forensische Bildgebung, Bern, Schweiz 2Inselspital Bern, Department für Interventionelle und Diagnostische Neuroradiologie, Bern, Schweiz 3Inselspital Bern, Department für Interventionelle, Pädiatrische und Diagnostische Radiologie, Bern, Schweiz Fragestellung: In den letzten Jahren wurden zunehmend bildgebende Techniken wie CT (Computer Tomographie) und MR (Magnetresonanz Tomographie) in die forensische Routine und Diagnostik implementiert. Neue weiterentwickelte Techniken wie die Diffusionsbildgebung im MR wurden bisher nicht standardisiert eingesetzt. Noch ist gänzlich unklar, welche Bedeutung dieser Technik postmortal zugemessen werden kann. Ist Fasertraktographie der weissen Substanz basierend auf postmortaler Diffusion Tensor Imaging (pmDTI) möglich und welche Ergebnisse sind zu erwarten? Methoden: Bis dato wurden 3 Fälle (m, 42-48yrs) in Kollaboration mit dem IRM Bern (Virtopsy) im Dept. für Neuroradiologie, Inselspital Bern in einem 3 Tesla MR mittels 12-Kanal-Kopfspule untersucht (Magnetom Verio 3T,Siemens Medical, Erlangen). Das postmortale Intervall zwischen Zeitpunkt des Todes und MR-Untersuchung variierte zwischen 13h bis 144h. Die Befunde wurden mittels Autopsie validiert. Ergebnisse: Alle 3 Fälle zeigten eine suffiziente Darstellbarkeit der Faserbündel der weissen Substanz in der pmDTI des Hirnes. Selbst nach 144h liess sich noch eine gerichtete Diffusion entlang der Faserverläufe nachweisen. Autopsie und Bildgebung korrelierten in allen Fällen. Schlussfolgerungen: PmDTI des Hirnparenchyms ist möglich und kann zusätzliche Informationen bei Schädel-Hirn-Trauma wie beispielsweise Shearing-injuries liefern oder den exakten Wundkanalverlauf (Schuss, Stich) visualisieren. Weiterer Informationsgewinn mittels pmDTI ist in Zukunft wahrscheinlich, aber aktuell noch nicht abzusehen. V29 Das CT als Indikator für die Eignung von Gefäßen zur postmortalen Gewebetransplantation U. Knieriem1, A. Heinemann1, R. Meyer2, H. Vogel1 1Institut für Rechtsmedizin, Hamburg, Deutschland 2Deutsches Herzzentrum Berlin, Berlin, Deutschland Hintergrund: Gefäße Verstorbener kommen für eine Gewebe-Transplantation in Betracht. Die Eignung des postmortalen CT für die Prüfung der Einschlusskriterien zur Transplantation wurde untersucht. Material und Methode: Bei Verstorbenen, bei denen ein Einverständnis für eine Transplantation vorlag, wurden vorab A. femoralis und Aorta mit CT auf strukturelle Veränderungen untersucht. Parallel wurden die se Gefäße bei Autopsie entnommen und histologisch aufgearbeitet. Ergebnisse: Waren Verkalkungen im CT nicht zu erkennen, wurden auch bei der histologischen Aufarbeitung keine Kalzifikation gefunden.
Die Verkalkungen konnten im CT und bei der histologischen Aufarbeitung Unterschiede zeigen. Dies ist mit Einschränkungen auf die höhere Sensitivität der Computertomographie im Vergleich zur gewählten Methode der histologischen Aufarbeitung erklärbar. Besondere Befunde ließen sich auf Operationen an den Gefäßen, Punktionen der Gefäße, Einführungen von Schläuchen in die Gefäße, und Selbstinjektionen (Drogenabhängige) zurückführen. Schlussfolgerung: Das post mortem CT ist ausreichend sensitiv, um strukturelle Gefäßwandveränderungen, die einer Transplantation entgegenstehen, auszuschließen. Manipulationen können sichtbar werden. Kleinere Verkalkungen müssen nicht gegen die Verwendung des Gefäßes für eine Gewebetransplantation sprechen. V30 Folter in der bildgebenden Diagnostik: Befunde am Rumpf H. Vogel Institut für Rechtsmedizin, Hamburg, Deutschland Hintergrund: Folter hinterlässt in Einzelfällen Spuren, die durch bildgebende Diagnostik sichtbar gemacht werden können. Material und Methode: Analysiert wurden Unterlagen aus den Rehabilitationszentren für Folteropfer in Europa und eigene Beobachtungen aus Chile, dem Tschad und der Türkei. Ergebnisse: Schläge, Quetschungen, Dezerlationstraumata (Stürze) und Kompression können zu Frakturen führen, die sich im Nativbild, im CT oder auch im MR abbilden. Frakturen und Pseudoarthrosen sind im Szintigramm ebenfalls erkennbar. Elektrischer Strom wird nur ausnahmsweise Spuren hinterlassen. Kam es nicht zur Fraktur, bietet das Szintigramm bei Weichteilen für Tage (bis Wochen) beim Knochen für Monate bis Jahre die Möglichkeit, eine lokale Mehrbelegung zu erfassen. Fremdkörper wie Nadeln oder Nägel oder Metalldrähte können in Einzelfällen abbrechen, so dass Fragmente nachweisbar sind. Zwangstrinken verbunden mit einem Sturz auf das gefüllte Abdomen kann ausnahmsweise überlebt werden. Vorstellbar ist, dass Waterboarding zur Aspiration führt, die im Röntgenbild erkennbar ist. Die Differentialdiagnose betrifft andere Formen der Gewaltanwendung wie Initiationsriten und religiös Begründetes - Beispiele sind die Selbstgeißelung und die Beschneidung. Schlussfolgerung: Bildgebende Diagnostik kann in Einzelfällen Folterspuren erfassen und vorangegangene Folter wahrscheinlich machen. Das Fehlen von Veränderungen schließt vorangegangene Folter nicht aus. V31 Interaktive Aufbereitung Klinisch-Forensischer 3D Daten K. Yen1,2, M. Urschler1,3, A. Bornik1,3, E. Scheurer1,2 1Ludwig Boltzmann Institut, Klinisch-Forensische Bildgebung, Graz, Österreich 2Universität, Medizin, Graz, Österreich 3Technische Universität, Maschinelles Sehen u. Darstellen, Graz, Österreich Die Nutzung von CT/MR Daten für forensische Anwendungen erfordert die Aufbereitung und Visualisierung von 3D Scans. Zur Präsentation vor Gericht können diese Daten nicht als Sequenz von 2D Bildern gezeigt werden, wie es für Radiologen zur Interpretation der Daten üblich ist. Stattdessen benötigt man ein Visualisierungsschema, welches Details in den Daten und umliegende Kontextinformation sichtbar macht. Auf dieser Basis können weitere Analyseschritte durchgeführt werden, um gewisse Strukturen von umliegendem Gewebe hervorzuheben (Segmentierung). Wir zeigen ein interaktives Aufbereitungssystem, welches Visualisierung und Segmentierung kombiniert. Dazu werden Fokus-Kontext Methoden genutzt, um Strukturen von forensischem Interesse in den Fokus des Betrachters zu bringen, wobei der Kontext des umliegenden Körpers erhalten bleibt. Für Strukturen, die sich schwer von umliegendem Gewebe abheben, wird ein interaktives Segmentierungswerkzeug zur Verfü-
gung gestellt, welches den forensischen Experten mittels automatisierter Tools bei der Bearbeitung unterstützt. Durch die Kombination von interaktiver Segmentierung und FokusKontext Visualisierung kann die Aufbereitung forensischer Daten signifikant verbessert und vereinfacht werden. Die Methode soll anhand konkreter Fallbeispiele vorgestellt werden. V32 In vitro Detektion kleiner Blutvolumina im subkutanen Fettgewebe mittels 3T MRT E. Scheurer1,3, A. Krauskopf1, 3, R. Stollberger2, A. Petrovic1,2, K. Yen1, 3 1Ludwig Boltzmann Institut, Klinisch-forensische Bildgebung, Graz, 2Technische Universität Graz, Institut für Medizintechnik, Graz, Österreich 3Medizinische Universität Graz, Österreich In der klinisch-forensischen MR-Bildgebung kann die Darstellung von Hämatomen im subkutanen Fettgewebe wertvolle Informationen liefern. Dabei stellt sich die Frage, wie viel Blut vorhanden sein muss, um in der MRT erkannt zu werden. Ziel dieser Studie war es deshalb, eine optimierte Detektion kleinster Blutmengen und eine Volumenabschätzung mittels MRT durchzuführen. 0.3, 0.6, 1 und 2 ml frisches venöses Humanblut wurden in das subkutane Fettgewebe eines Schweinebauchphantoms injiziert. Die Bildakquirierung erfolgte mit drei Sequenzen (TSE mit PD-Gewichtung (PDw) und Fettsättigung (FS), TSE mit kombinierter T1 and T2 Gewichtung, und TIR, 2 mm Schichtdicke) an einem 3T Scanner (TimTrio, Siemens, Erlangen) mit Spulenkombination (Head Matrix, Neck Matrix, Carotis). Blutvolumina wurden von zwei Untersuchern mittels ROI Analyse abgeschätzt. Sämtliche, auch die mit nur 0.3 ml Blut erzeugten Hämatome konnten mit allen Sequenzen dargestellt werden. Die MRT war somit zur Erfassung kleinster Einblutungen geeignet. Die Volumenbestimmung zeigte sich aufgrund methodischer Einschränkungen als komplex und abhängig von den benutzten Sequenzen; der relative Fehler bei der MR-basierten Volumenbestimmung betrug 34%. Die TIR ermöglichte die klarste Randabgrenzung (mittlerer rel. Fehler 13%, max. 20%). Das Ergebnis zeigt, dass die MRT auch sehr kleine Blutmengen erfassen kann. Die genaue und verlässliche Volumeneinschätzung erfordert jedoch weitere wissenschaftliche Bearbeitung.
V33 In vitro Studie zur Altersbestimmung von Hämatomen mittels 3T MRT A. Petrovic1,2, A. Krauskopf1, R. Stollberger2, K. Yen1, E. Scheurer1 1Ludwig Boltzmann Institut, Klinisch-forensische Bildgebung, Graz, Österreich 2Technische Universität Graz, Institut für Medizintechnik, Graz, Österreich Hämatome vor allem im subkutanen Fettgewebe und deren Altersbestimmung sind im klinisch-forensischen Kontext von großer Relevanz. Die MR Bildgebung erlaubt eine altersspezifische Charakterisierung von Hämatomen aufgrund deren Oxygenierungsgrades, des Anteils an Met hämoglobin und der Zellintegrität, welche das Signalverhalten beeinflussen. Die bestehenden Erfahrungen aus klinischen Studien sind für eine forensische Nutzung jedoch unzureichend. In dieser Studie wurde deshalb der zeitliche Verlauf des Relaxationszeitparameters T2 untersucht. Dazu wurden an humanen Blutproben T2 Messungen (3T Tim Trio, Siemens, Erlagen) über 33 Tage durchgeführt. Die Proben wurden bei 4°C gelagert. Weiters wurden an den ersten 2 Messtagen auch Blutgasmessungen durchgeführt (ABL800 Flex, Radiometer, Willich). Die Resultate zeigen, dass die T2 Zeit wie erwartet vorerst mit steigender Deoxygenierung abnimmt und später mit zunehmender Zelllyse wieder ansteigt. Im Mittel war dieser Wendepunkt nach ca. 17 Tagen zu beobachten (T2 64% des Startwertes). Nach 33 Tagen erreichte T2 im Mittel wieder 92% des Startwertes. Die Standardabweichung an den einzelnen Messtagen betrug zwischen 21 und 33%. Weiters konnte eine signifikante Rechtsmedizin 4 · 2010
| 311
Abstracts Korrelation (r=-0,67) zwischen [HHb] und T2 festgestellt werden. Die Hypothese einer Abnahme und nachfolgendem Anstieg der T2 Zeiten konnte somit bestätigt werden. Um individuelle Aussagen treffen zu können, sind jedoch weitere Untersuchungen notwendig. V34 Intuitive Präsentation Klinisch-Forensischer Daten mittels eines Referenz-Modells J. Höller1,2, M. Urschler1,2, E. Scheurer1,3, K. Yen1,3 1Ludwig Boltzmann Institut, Klinisch-Forensische Bildgebung, Graz, Österreich 2Technische Universität, Maschinelles Sehen u. Darstellen, Graz, Österreich 3Universität, Medizin, Graz, Österreich Die steigende Nutzung von CT/MR-Daten für forensische Auswertungen führt zu einem erhöhten Bedarf zur Darstellung forensischer Ergebnisse aus verschiedenen Datenquellen mittels einer intuitiven Referenzvisualisierung. Diese Visualisierung sollte 3D volumetrische Daten sowie digitale Fotografien in einem 3D Computergrafikmodell vereinheitlichen, um eine umfassende und verständliche Präsentation vor Gericht sowie vergleichende Auswertungen von 2D und 3D Daten im Rahmen von Korrelationsstudien zu ermöglichen. Basierend auf einem standardisierten Dokumentationsansatz wird dazu eine Anzahl von Referenzpunkten am Körper definiert. Diese Punkte sind sowohl in den CT/MR Scans und auf den digitalen Fotos als auch am 3D Computergrafikmodell sichtbar. Um alle verschiedenen Datenquellen in Beziehung zu bringen, werden ausgehend von den Referenzpunkten Registrierungsmethoden zur Berechnung geometrischer Koordinatentransformationen benutzt. Für die 3D Volumen-Oberflächenregistrierung findet der Iterative Closest Point Algorithmus Anwendung, während die 2D-Oberflächenregistrierung anhand eines semi-automatischen Ansatzes mittels Benutzerinteraktion gelöst wird. Das Präsentationstool wurde auf einem repräsentativen Datensatz getestet. Die Qualität der aufbereiteten forensischen Daten konnte im Vergleich zur nicht-registrierten Variante signifikant verbessert werden. V35 Forensische Rekonstruktion auf Basis klinischer CT-Daten E. Hassler1, P. Schuh1,2, Z. Voigt1,2, K. Fritz2, R. Rienmüller3, E. Scheurer1,2, K. Yen1,2 1Gerichtsmedizinisches Institut Graz, LBI für klinisch forensische Bildgebung, Graz, Österreich 2LBI für klinisch forensiche Bildgebung, Graz, Österreich 3Medizinische Universität Graz, Universitätsklinik für Radiologie, Graz, Österreich Die Rechtsmedizin wird gelegentlich erst Wochen oder Monate nach einem Ereignis mit einer Begutachtung beauftragt. Klinische CT-Daten sind dann häufig die einzige verfügbare Grundlage, welche zeitnah zum Ereignis erfasste und bildlich dokumentierte Informationen zu erlittenen Verletzungen enthält. Ziel der Studie war deshalb zu untersuchen, wie weit sich klinische CT-Daten für eine forensische Rekonstruktion eignen. 15 PatientInnen nach Polytrauma wurden einer klinischen CT-Bildgebung unterzogen (Schädel, Thorax, Abdomen/Becken; Siemens Sensation Cardiac 64, Erlangen). Zusätzlich zu den klinischen CT-Standardprotokollen wurden die CT-Daten auf 0.6mm Schichtdicke zurückgerechnet und abgespeichert. Auswertung durch 2 Radiologen nach klinischen oder definierten forensischen Kriterien. Insgesamt zeigte sich für Skelett- und Organverletzungen eine gute Übereinstimmung; Weichteilverletzungen wurden bei der klinischen Auswertung oft nicht beschrieben. In den klinischen CT-Protokollen waren zudem forensisch wichtige Regionen oft nicht enthalten. Die Qualität von 3D-Darstellungen konnte durch Verwendung der auf 0.6mm Schichtdicke gerechneten Daten deutlich verbessert werden. Klinische CT-Daten sind als wertvolle Basis für forensische Begutachtungen anzusehen und sollten - wenn vorhanden - unter forensischen Gesichtspunkten nachbefundet werden. Mit einfachen Anpassungen
312 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
der klinischen CT-Protokolle lässt sich zudem eine Verbesserung der forensischen Nutzbarkeit dieser Daten erreichen. V36 Untersuchung und Identifikation von Bissspuren auf Lebensmitteln mittels 3D Oberflächenscanning und 3D Vergleichsmethoden U. Buck, S. Näther, L. Campana, R. Breitbeck, M. Thali Institut für Rechtsmedizin Uni Bern, ZFB-Virtopsy, Bern, Schweiz Bissspurenanalysen ermöglichen es, basierend auf individuellen Gebissmerkmalen, den Beisser zu identifizieren. Der Hauptfokus ist normalerweise das Analysieren von Bissverletzungen an menschlichen Körpern, aber auch Bissspuren auf Lebensmitteln können bei forensischen Ermittlungen eine wichtige Rolle spielen. Diese Studie präsentiert einen Vergleich von simulierten Bissspuren, mit Gebissen von mutmaßlichen Beissern auf verschiedenen Lebensmitteln. Die Bissspuren wurden erzeugt von sechs Erwachsenen auf Butterbrot, Äpfeln, Schokolade und Käse. Der zeitliche Einfluss auf die Bissspur in den Lebensmitteln bei Raumtemperatur wurde geprüft. Die Dokumentation der Bissspuren und der Gebisse erfolgte mittels optischem 3D Oberflächenscanning. Der Vergleich wurde mit zwei verschiedenen Softwarepaketen durchgeführt: Der ATOS Modellierungsund Analysesoftware und der Animationssoftware 3D Studio Max. Mit diesen wurden die Abweichungen der Bissspuren unterschiedlicher Stadien berechnet, die Deckungsgleiche mit den Gebissen überprüft und der Beissakt animiert. Dabei hat sich gezeigt, dass die getesteten Lebensmittel die individuellen Gebissmerkmale sehr gut aufnehmen. Es konnten mittels des 3D-Ansatzes, unabhängig vom zeitlichen Einfluss, alle Beisser identifiziert und die Anderen ausgeschlossen werden. Des Weiteren konnte die Identifikation, anhand der individuellen Gebissmerkalen, mit dem 3D-Ansatz sogar noch bei älteren Bissspuren ausgeführt werden. V37 3D Dokumentation und Visualisierung von äußeren Verletzungsbefunden durch Integration einfacher Fotografie in CT/ MRI- Datensätzen R. Bauer-Kreutz, L. Campana, R. Breitbeck, S. Näther, U. Buck, M. Thali Institut für Rechtsmedizin Uni Bern, ZFB-Virtopsy, Bern, Schweiz In dieser Studie sollte evaluiert werden, ob es auch ohne komplexe und teure 3D-Oberflächendokumentationsmethoden möglich ist geformte Verletzungsbefunde (z.B. Schussverletzung) als digitale, farbechte 3DModelle zu dokumentieren. Dabei sollten die Oberflächendaten aus radiologischen Schnittbildern (MSCT/MRI) und die Farbinformationen aus Fotos handelsüblicher Kameras gewonnen werden. In sieben Fällen wurden die geformten Verletzungen mit einfacher Fotografie sowie hochpräzisem photogrammetriegestützten 3D-Streifenlichtscanning dokumentiert. Zusätzlich wurden die inneren Befunde mit MSCT und MRI erfasst. Durch radiografische Marker konnten die aus den Schnittbildern generierten Oberflächendaten in einem Visualisierungsprogramm mit den Fotos verknüpft und somit digitale, farbechte 3D-Modelle der geformten Verletzungen erstellt werden. Ebenso wurde die Fusionierung mit den Daten des Körperinneren vorgenommen. Es zeigte sich, dass sich MSCT (MRI) und Fotografie durchaus für die 3D-Dokumentation von einzelnen geformten Verletzungen am Körper eignen und eine Alternative zum photogrammetriegestützten Streifenlichtscanning darstellen. Diese Dokumentationsmethode ist jedoch kein Ersatz, wenn die komplette Körperoberfläche mit allen äußeren Befunden präzise dreidimensional erfasst werden soll. Desweiteren zeigte sich, dass bei der Fusionierung der Oberflächendaten mit Daten des Körperinneren, die sich mittels Streifenlichtscanning erhobenen Oberflächendaten sehr gut mit den Daten des Körperinneren aus MSCT über die gewählten radiologischen Marken verbinden lassen. Wohingegen bei der Fusion der Oberflächendaten mit den MRI-Daten des Körperinneren größere Abweichungen festzustellen waren.
V38 Vergleich der Genauigkeit der Bestimmung von Stichtiefen mit CT, MRI und Kontrastmittel S. Bolliger1, N. Gläser1, T. Ruder2, A. Roggo3, M. Thali2 1Institut für Rechtsmedizin Bern, Abt. Forensische Medizin, Bern, Schweiz 2Institut für Rechtsmedizin Bern, Zentrum für Forensische Bildgebung und Virtopsy, Bern, Schweiz 3Institut für Rechtsmedizin Bern, Medizinrecht, Bern, Schweiz
V40 Körpermantel - Weichteilverletzungen - Postmortale Dokumentierung mittels CT- und MR- Angiographie: erste Ergebnisse G. Ampanozi1, L. Oesterhelweg2, T.D. Ruder1, G.M. Hatch1, M.J. Thali1 1Institut für Rechtsmedizin, Zentrum Forensische Bildgebung, Virtopsy, Bern, Schweiz 2Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Rechtsmedizin, Deutschland
Trotz Fortschritten auf dem Gebiet der Radiologie ist die Bestimmung der Tiefe und der Richtung von Stichwunden an lebenden Opfern von scharfer Gewalt aufgrund geringem Gewebekontrast schwierig. Wir fragten uns, ob mit geeignetem Kontrastmittel im CT und MRI der mangelhafte Kontrast der Wunden zur Umgebung verbessert und so genauere Aussagen zur Stichtiefe gemacht werden können. Wir haben jeweils 9 Mal mit einem Schweizer Armeetaschenmesser, mit einem Steakmesser und mit einem Kreuzschraubenzieher auf Schweinestotzen eingestochen und native CT und MRI Aufnahmen angefertigt und schließlich wasserlösliches Kontrastmittel in die Wunden mittels Knopfkanüle eingeflößt und erneut mit CT und MRI untersucht. Die Stichkanäle wurden dann freipräpariert und gemessen. Die CT-Kontrastmittelmessungen lieferten recht genaue Resultate, welche im Schnitt weniger als 9 mm von der am freipräparierten Stichkanal gemessenen Stichtiefe abwichen. Die native MRI-Untersuchung zeigte Abweichungen von bis zu 70 mm (Durchschnitt: 32 mm Abweichung). Die Gabe von Kontrastmittel konnte die MRI-Messungen wesentlich verbessern; die Abweichungen betrugen nunmehr bis zu 40 mm (Durchschnitt: 23 mm). Obwohl die CT-Kontrastmittelmessungen deutlich genauer waren, ist der Einsatz des zwar zur Zeit etwas ungenaueren, aber dafür strahlenfreien MRIs durchaus zu diskutieren. Zudem bietet das MRI die Möglichkeit der Feststellung von tiefer gelegenen Hämatomen usw. an.
Weichteilverletzungen und Hämatome im Körpermantel bieten dem Rechtsmediziner wichtige gutachterliche und rekonstruktive Informationen und Schlussfolgerungen betreffend Impactareal, Anprallrichtung und/oder Anprallenergie an. Bislang wurden solche Verletzungen entweder während der Legalinspektion abgeschätzt oder mittels WeichteilRückensektion offengelegt. Diese Studie überprüft, ob Weichteilverletzungen mittels postmortaler radiologischer Bildgebung weniger invasiv, genauer, objektiver und mit einer besseren Verständlichkeit dokumentiert werden können als mit einer Autopsie. Im Rahmen dieser Studie werden alle Leichen mit Weichteilverletzungen des subkutanen Fettgewebes mittels postmortaler Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MR), CT-Angiographie und MR-Angiographie untersucht um damit das Ausmaß der Weichteilverletzungen abzuschätzen. Die Bildgebungsbefunde werden anschließend mit den Befunden der konventionellen Autopsie verglichen. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass sich das Ausmaß der Weichteilverletzungen mit der postmortalen radiologischen Bildgebung gut darstellen lässt und dass die Befunde übersichtlicher und klarer dokumentiert werden können. Die postmortale Angiographie ist ein wachsendes Forschungsgebiet mit einem großen Potential. Diese Studie, die im Rahmen des Virtopsy-Projektes durchgeführt wird, zeigt, dass die bildgebende Dokumentation der Weichteilverletzungen mittels Angiographie zuverlässige und nützliche Resultate liefert.
V39 Application Of The 3ds Max Computer Software In Forensic Reconstruction Of Bone Fractures - Presentation Of Cases K. Wozniak, A. Moskala, E. Rzepecka-Wozniak, M.J. Grabarz Jagiellonian University, Chair and Department of Forensic Medicine, Kraków, Polen Objectives: To obtain additional information by virtual reconstruction and visualization of the pattern of bone fractures in autopsy cases, leading to a successful identification of the mechanism of injury. Methods: Corpses with multiple bone fractures had been examined at the Chair of Forensic Medicine of the Jagiellonian University Medical College in Kraków (Poland). The examination included postmortem computer tomography (CT) prior to the conventional forensic autopsy. Multi-slice CT images had been obtained as DICOM files and processed for the purpose of three-dimensional (3D) reconstruction of broken bones. The 3D objects had been exported to the 3ds Max (Autodesk) computer program. The aim of further reconstruction by Autodesk 3ds Max was to return the bones to their proper anatomical position and to visualize the pattern of fractures. Results: The authors present 3D reconstructions - pictures and animations - of fragmented skulls, pelvises and long bones. Conclusions: In many cases, it is impossible to report the number and shape of bone fragments accurately without subjecting them to further manual reconstruction. However, the decision to keep bones of the deceased (the whole pelvis, as example) can be extremely difficult. The 3D virtual reconstruction of bone fractures seems to be useful as an additional technique, especially valuable when the specimens of the body of the deceased cannot be held in the forensic laboratory due to legal or other reasons. Furthermore, digital data give the opportunity to repeat analyses of the same material from different aspects.
V41 Micro-CT Analysis of Gunshot Wounds for Estimating the Firing Range G. Viel1, G. Cecchetto1, A. Amagliani1, P. Fais1, C. Giraudo2, G.P. Feltrin2, M. Montisci1, S.D. Ferrara1 1Legal Medicine, University of Padova, Padova, Italien 2Institute of Radiology, University of Padova, Padova, Italien Background: Estimation of the firing range is often critical for reconstructing gunshot fatalities, where the main measurable evidence consists of gunshot residue (GSR). Aim of the study: The aim of the present study was to create an experimental protocol for the production of gunshot wounds on human skin sections subsequently examined by innovative radiological techniques (multi-slice spiral computed tomography - MSCT, and micro-CT) in order to determine the firing distance. Materials and methods: Human legs, surgically amputated, were cleaned of dried blood and any other contaminants and cut into sections of approximately 6 cm in length. Firing was carried out perpendicularly at distances of 5, 15, 23, 30, and 40 cm, using a 7.65-mm pistol loaded with jacketed bullets (10 replicates were performed for each distance). Uninjured skin sections were used as controls (n = 10). Each leg section was examined by both MSCT and micro-CT, and 3D-CT reconstructions were created. Reformations of each sample were analysed by means of a densitometric and imaging analysis software in order to identify and characterise the distribution of the GSR (expressed as percentage area). Results: Only in near-contact wounds (distance = 5 cm) a ring of radiopaque material was evident using MSCT, while at greater shot distances only smaller and individual particles were visible. At micro-CT analysis, the GSR particles were distributed on the skin around the entrance hole, inside the cavity and in the fatty tissue. Their radiological detection, which progressively decreased increasing the firing range, allowed a good discrimination of the firing distances tested in the present study. Rechtsmedizin 4 · 2010
| 313
Abstracts Conclusions: Micro-CT analysis proved to be an objective, reliable, rapid, and inexpensive tool for estimating the firing range. V42 Numerical Description of X-ray fronto-orbiculo-maxillary shape in image analysis as a high distinctive tool for development of the system of identification of persons and human remains P. Kowalski1, D. Karpisz2 1Jagiellonian University Collegium Medicum, Chair and Department of Forensic Medicine, Kraków, Polen 2Cracow University of Technology, Institute of Applied Computer Science, Kraków, Polen Objectives: Creation of a system of identification of persons and human remains on the basis of automatic recognition of fronto-orbiculary-maxillary shape in the skull X rays stored in very large data base. Methods: 1. Design of an algorithm for an automatic detection of frontal sinus shape and its processing as a numerical vector. 2. Assessment of the stability of numerical vector control in relation to an angle of skull projection in the X-ray. 3. Verified population polymorphism of frontal sinuses in 1556 x-rays using automatic algorithm. 4. The use of x-rays of the skull in Schuller’s position for creation of 70-position vector for numerical description by the same automatic algorithm. 5. Study of special problems: usefulness of this method in the identification of injured skulls, and in the identification of monozygotic twins. Results: Numerical description of fronto-orbiculo-maxillary shape can be used to form unrestricted database for identification of persons and human remains. Power of discrimination of this method is similar genetic ones. This method gives the possibility of differentiation of monozygotic twins. High speed of searching for information in database will be possible due to numerical vector of the searched skull. Conclusions: This system of identification based on sinuses shape can be used as a cost effective method for searching for identity in cases; of fight against terrorism, identification of soldier’s remains and casualties massive catastrophes. V43 Schädelidentifizierung durch Superimposition mittels AfloatSoftware C.G. Birngruber1, K. Kreutz2, F. Ramsthaler3, K. Walek1, M.A. Verhoff2 1Universität Gießen, Institut für Rechtsmedizin, Gießen, Deutschland 2Institut für Forensische Anthropologie, Wettenberg, Deutschland 3Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Institut für Rechtsmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland Bei fehlendem Vergleichsmaterial für eine forensische DNA-Analyse, erfolglosen Typisierungsversuchen an dem vorliegenden Restgewebe oder nicht zur Verfügung stehendem antemortalen Zahnstatus kommt der Schädelidentifizierung durch Superimposition noch immer eine wichtige Bedeutung zu. Durch die verbreitete Digitalfotografie steigt die Wahrscheinlichkeit, dass von vermissten Personen Portraitfotos zur Verfügung stehen. Vorgestellt wird eine kostengünstige Methode, die basierend auf vielerorts bereits vorhandener Software und Hardwarekomponenten durch ein kostenloses Software-Tool realisiert werden kann. Die Resultate erfüllen dabei höchste qualitative Anforderungen. V44 Die Bedeutung der ärztlichen Mitteilungen bei Vergiftungen für die Rechtsmedizin – gesetzliche Aufgaben der Dokumentationsund Bewertungsstelle für Vergiftungen im BFR K. Begemann, H. Meyer, R. Burger, M. Friedemann, A. Hahn Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Fachgruppe 32, Berlin, Deutschland Humantoxikologische Daten, die aus der Auswertung von Vergiftungsfällen beim Menschen gewonnen werden können, sind für die realistische Einschätzung von Wirkungen von chemischen Stoffen und Produkten von unschätzbarer Bedeutung. Seit 1.August 1990 hat der Gesetzgeber
314 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
eine Meldepflicht von Vergiftungsfällen geschaffen (§ 16e ChemG). Dies gilt auch für die abschließende Bewertung von Todesfällen in der Folge von Vergiftungen mit chemischen Stoffen, Produkten, Pflanzen oder Tieren. Die Dokumentations- und Bewertungsstelle für Vergiftungen im BfR bearbeitet die Fälle unter wissenschaftlichen und Präventionsgesichtspunkten, gibt jährliche Berichte heraus und berät sich bei besonderen Fragestellungen in der BfR-Kommission „Bewertungen von Vergiftungen“. Dem BfR wurden bis 31.12.2009 insgesamt über 60.000 Fälle mitgeteilt. Sie werden nach anerkannten Kriterien beurteilt, kategorisiert und jährlich nach Schweregrad ausgelistet. Über den Anteil der Fälle mit schweren oder fatalen Verläufen wird berichtet. Nach Vergleich mit den entsprechenden Auswertungen der dokumentierten Todesfälle in den neun deutschen Giftinformationszentren und im Vergleich zur Todesursachenstatistik bei Vergiftungen des statistischen Bundesamtes ist es offensichtlich, dass in der Bundesrepublik Deutschland über Vergiftungsfälle bisher kein ausreichender Überblick besteht. An Beispielen (z.B. CO) wird gezeigt, wie die Zusammenarbeit im Rahmen der gesetzlichen Meldungen verbessert werden kann, um weitere Erkenntnisse für die Humantoxikologie zu gewinnen. V45 Das molare Verhältnis humanes Insulin:C-Peptid - hochselektive Aufarbeitung aus Serum und Urin und massenspektrometrische Analytik C. Hess, F. Musshoff, B. Madea Institut für Rechtsmedizin der Universität Bonn, Toxikologie, Bonn, Deutschland Das Verhältnis Insulin/C-Peptid stellt einen wichtigen Parameter dar, um im Falle einer Hypoglykämie eine exogene Insulinzufuhr von anderen Formen der Hyperinsulinämie (z.B. Insulinom, SulphonylharnstoffÜberdosierung) abzugrenzen. Bisher werden Insulin und C-Peptid in forensischen Fällen meistens über Immunoassays nachgewiesen, welche wegen Kreuzreaktivitäten kritisiert werden und neue synthetische Insuline nur teilweise detektieren können. Vorgestellt wird eine selektive Probenaufarbeitung und Analytik zur gleichzeitigen Identifizierung und Quantifizierung von humanem Insulin, synthetischen Insulin analoga und C-Peptid. Serum oder Urin werden mit Hilfe magnetischer Beads, an die Insulin- und/oderC-Peptid-Antikörper gebunden werden, gereinigt und die Analyten per LC getrennt. Die Quantifizierung per ESI-LC-MS/MS erfolgt für humanes Insulin über die Massenspur des fünffach protonierten Molekülions m/z ([M+5H]5+)=1162,5, die sichere Identifizierung erfolgt über das spezifische Produktionenspektrum (EPI). Für das C-Peptid erfolgt die Analytik im MRM über die spezifischen Ionenübergänge m/z 1007,5/86, 1007,5/70 und 1007,5/130. Linearität ist für beide Analyten von den Bestimmungsgrenzen bis zu Überdosiskonzentrationen für die Insuline (500µU/ml) bzw. hohe Konzentrationen für das C-Peptid (50ng/ml) gegeben. Die Nachweisgrenzen für die beiden Analyten in humanem Serum sind 0,5µU/ml für Humaninsulin und 0,25 ng/ml für das C-Peptid. V46 Phänotypisierung von fünf CYP450-Isoenzymen mit Hilfe eines Testsubstratcocktails: Methodik und Auswertung einer Pilotstudie A. Wohlfarth1, S. Dresen1, W. Weinmann2, V. Auwärter1 1Institut für Rechtsmedizin, Toxikologie, Freiburg, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin, Toxikologie, Bern, Schweiz Einleitung: Probanden pharmakokinetischer Studien werden vor Gabe der eigentlich zu untersuchenden Substanz häufig phänotypisiert, wobei sich die Gabe eines Cocktails spezifischer Testsubstrate bewährt hat. Zur statistischen Auswertung wird schließlich ein Phänotypisierungsindex (PI) als Surrogatparameter für die orale Plasmaclearance bestimmt. Ziel war es, zur Vorbereitung einer geplanten Studie eine effiziente Phänotypisierungsmethode für CYP1A2, 2C9, 2C19, 2D6 und 3A4 zu entwickeln.
Methode: Die Probanden nehmen oral einen Cocktail aus Coffein, Tolbutamid, Omeprazol, Dextromethorphan und Midazolam ein und geben vor der Einnahme, nach 4 und 24 h eine Blutprobe ab. Nach Zugabe von deuterierten Standards und Festphasenextraktion mit Plexa PCX Kartuschen werden die Analyten mit Hilfe einer Synergi Polar RP Säule chromatographisch getrennt und mit einem QTrap2000 im MRM-Modus detektiert. An der Pilotstudie nahmen 8 Probanden teil. Ergebnisse: Die Methode wurde nach den Richtlinien der GTFCh validiert: Die LOQs lagen zwischen 0,25 und 1 ng/ml mit Ausnahme von Tolbutamid, Paraxanthin und Coffein (5/15/20 ng/ml). Extraktionsausbeuten lagen zwischen 77 und 103 %, Matrixeffekte zwischen 24 und 69 % (höchste RSD 10,8 %). Richtigkeit und Präzisionsdaten erfüllten die Akzeptanzkriterien. Um die großen erforderlichen Konzentrationsbereiche abzudecken, wurden Kalibrierungen von 0 bis 1000 ng/ml in drei Verdünnungsgraden erstellt. Die Messung der Pilotversuchsproben ergab folgende PIs: CYP1A2: 0.167 - 0.59; CYP2C9: 0.068 - 1.987; CYP2C19: 0.75 - 11.8; CYP2D6: 0.054 - 103.9 und CYP3A4: 1.17 - 2.54. V47 Pharmakogenetische Forschung in der Gerichtsmedizin am Beispiel Cytochrom P450 2D6 und Tamoxifen B. Beer1, B. Schubert1, S. Plattner1, R. Erb1, A. Oberguggenberger2, V. Meraner2, M. Hubalek3, H. Oberacher1 1Institut für Gerichtliche Medizin, Innsbruck, Österreich 2Universitätsklinik für Allgemeine und Sozialpsychiatrie, Innsbruck, Österreich 3Universitätsklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Innsbruck, Österreich Die Pharmakogenetik beschäftigt sich mit dem Einfluss genetischer Varianten auf die Metabolisierung und Wirkung von Arzneimitteln und toxikologisch relevanten Substanzen. Genetisch bedingte interindividuelle Unterschiede in der Pharmakokinetik und Pharmakodynamik von Wirkstoffen sind nicht nur im klinischen, sondern auch im forensisch-toxikologischen Kontext relevant und erbringen wichtige zusätzliche Informationen. Ein Gerichtsmedizinisches Institut kann in der pharmakogenetischen Forschung und Routineapplikation eine wichtige Stellung einnehmen, da hier meist die erforderlichen toxikologischen sowie molekurlarbiologischen Labors zur Verfügung stehen und vernetzt genutzt werden können. Die Möglichkeiten der pharmakogenetischen Forschung an einem Gerichtsmedizinischen Institut werden anhand eines Beispiels vorgestellt. In einer Studie an 106 Brustkrebspatientinnen wurde der Einfluss genetischer Varianten des Cytochrom P450 2D6 (CYP2D6) Enzyms auf den Metabolismus des antiöstrogen wirkenden Medikaments Tamoxifen untersucht. Hierfür wurden nach Entwicklung eines Multiplex-PCRAnsatzes insgesamt 12 verschiedene Allele des CYP2D6 Gens mittels Flüssigkeitschromatographie-Elektrospray-Ionisations-Massenspektrometrie typisiert. Zudem wurden die entsprechenden Tamoxifenspiegel im Plasma mittels LC-MS/MS bestimmt. Hierbei ergab sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen den einzelnen genetisch klassifizierten Metabolisierungstypen und den jeweils gemessenen Tamoxifenplasmaspiegeln. V48 Untersuchung des Einflusses verschiedener Extraktionsverfahren auf Matrixeffekte bei der LC-ESI-MS/MS J. Schürenkamp, H. Pfeiffer, H. Köhler Rechtsmedizin Münster, Toxikologie, Münster, Deutschland Die Untersuchung auf Matrixeffekte ist entscheidend für die Validität einer LC-MS/MS-Methode, insbesondere bei Verwendung der Elek trospray-Ionisation. Daher kommt der Probenaufarbeitung von forensischen Matrices zur effektiven Abtrennung störender Matrixbestandteile eine hohe Bedeutung zu.
Es werden verschiedene klassische Extraktionsverfahren auf ihre Fähigkeit, störende Matrix zu eliminieren, vorgestellt. Hierzu werden einfache Proteinfällungen, Flüssig-Flüssig-Extraktionen und Festphasenextraktion miteinander verglichen. Entsprechend dem Versuchsaufbau nach Bonfiglio wurden hierzu Leermatrices unterschiedlich aufgereinigt und der resultierende Extrakt in die LC-ESI-MS/MS injiziert. Über ein TStück wurde gleichzeitig eine methanolische Lösung mit sechs physikalisch-chemisch unterschiedlichen Analyten in die Ionisationskammer infundiert. Die Analyten wurden im MRM-Modus mit je zwei Übergängen über die gesamte Analysenzeit vermessen. Ein Vergleich der resultierenden Chromatogramme der Injektion von reinem Fließmittelgemisch und Matrixextrakten ermöglichte eine qualitative Abschätzung der Ionensuppression bzw. Ionenenhancement im Chromatogramm. Hierbei stellte sich die Festphasenextraktion mit Ionenaustauscherfunktion als besonders geeignet zur Matrixelimination dar. V49 Signs of Starvation - Reconstruction of nutritional life histories by isotopic analyses of hair F. Neuberger1, D. Kirsten1, E. Jopp2, J. Wechsler3, M. Graw4, K. Püschel2, G. Grupe1 1Ludwig-Maximilians-Universität München, AG Anthropologie und Umweltgeschichte, Martinsried, Deutschland 2Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Rechtsmedizin, Hamburg, Deutschland 3Krankenhaus Barmherzige Brüder, München, Deutschland 4Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Rechtsmedizin, München, Deutschland The diagnosis of starvation in children or adults is an important topic in paediatric and geriatric medicine or in law assessment. To date, few reliable techniques are available to reconstruct the onset and duration of undernourishment, especially in cases of wilful neglect or abuse. The purpose of this doctoral thesis is to investigate and to measure the specific signature of stable C and N isotopes in human hair samples and their change in the cause of serious nutritional deprivation. Pre-studies in our research group on anorexic patients have shown that incremental hair analyses can monitor the nutritional status of each patient. Increasing δ15N-values indicate the catabolism of bodily protein and are associated with a very low BMI. In contrast, the δ13C values and BMI were in phase. This is due to a lack of energy in the diet. The previous findings were now applied to various forensic cases, in which severe starvation occurred recently prior to death. Thereby we want to establish an unbiased biomarker to identify the individual timeframe of nutritional deprivation to detect or prevent starvation. For a further understanding of the fasting metabolism and its effect on isotopic values in hair, we investigate isotopic alteration in fasting patients under monitored dietary settings. Alongside we want to compare the amino acid composition of hair keratin from individuals with different nutritional status. V50 Lungengasanalysen an Leichen mittels Gaschromatographie K. Blümke, D. Stiller, C. Richter, S. Heide Institut für Rechtsmedizin, Halle (Saale), Deutschland In der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das kohlenmonoxidhaltige Stadtgas durch Erdgas ersetzt, welches hauptsächlich aus Methan besteht. Häufig enthält Erdgas auch größere Anteile höherer Kohlenwasserstoffe wie Ethan (meist zwischen 1 und 15 Prozent), Propan (häufig zwischen 1 und 10 Prozent), Butan und Ethen. Erdgas ist ein ungiftiges, brennbares, farb- und in der Regel geruchloses Gas. Bei der Verbrennung entstehen als Reaktionsprodukte im wesentlichen Wasser und Kohlendioxid. Umso erstaunlicher war es, dass der Tod einer 90 Jahre alten Frau mit dem Austritt von Gas an ihrer erst 2 Jahre alten, mittels Erdgas betriebenen, Heizungsanlage in Verbindung gebracht wurde. Nach Zeugenangaben habe die Frau bereits mehrmals die Einstellungen des Gasofens selbstständig verändert. Rechtsmedizin 4 · 2010
| 315
Abstracts Wir analysierten Stadtgas und Lungengewebe von Leichen mittels Head Space-Trap-Gaschromatographie. Die Analyse des Stadtgases ergab den eindeutigen Nachweis von Methan, Ethan, Propan und weiteren Produkten. Diese konnten auch in dem Lungengewebe der Verstorbenen nachgewiesen werden. Es kann damit davon ausgegangen werden, dass das Opfer vor ihrem Tod erhebliche Mengen an Gas eingeatmet hat. Todesursächlich war eine Kohlenmonoxidvergiftung (37 % COHb) und ein Sauerstoffmangel bei Bronchopneumonie. Im Anschluß haben wir in einer Untersuchungsreihe das Lungengewebe von weiteren Leichen analysiert und dabei Fälle mit und ohne Fäulniserscheinungen erfasst. V51 Ergebnisse aus dem Pilotprojekt mit dem standardisierten Erfassungsbogen für Polizeibeamte zur Erkennung beeinflusster Fahrzeugführer im Straßenverkehr D. Breitmeier1, Y. Schulz1, K. Albrecht1, J. Teske1, J. Kanngießer2, A. Fieguth1 1Med. Hochschule Hannover, Institut für Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland 2Polizeikommissariat, Bad Münder, Deutschland Die Weltdrogenberichte, die Drogen- und Suchtberichte der Bundesregierung, etc. kommen übereinstimmend zu der Forderung nach einer Verbesserung der Drogenkontrollen im Straßenverkehr. Es ist dringend eine standardisierte, psychophysische Leistungsüberprüfung anzustreben. Nachdem wir auf der letzten Jahrestagung in Basel ein Pilotprojekt mit einem standardisierten Leistungserfassungsbogen für Polizeibeamte vorgestellt haben, sollen Ergebnisse mit dem Erfassungsbogen vorgestellt werden. Von insgesamt bisher 300 Fahrzeugführern, wiesen 104 THC-Konzentrationen von ≥ 1,0 ng/ml auf (34,7%). Die durchschnittlichen Konzentrationen betrugen 9,8 ± 22,4 ng/ml. Bei den Testverfahren (Horizontalnystagmus, Ein-Bein-Stand, Geh- und Drehtest, Finger-Nase-Test, Romberg-Test) zeigten 87 (83,7%) mehr als bzw. 4 Auffälligkeiten und 17 nur bis zu 3 Auffälligkeiten (16,3%). Die Zeit beim Romberg-Test betrug bei 82 (78,9%) zwischen 20 und 40 Sekunden, bei 7 (6,7%) mehr als 40 Sekunden und bei 9 (8,7%) weniger als 20 Sekunden. 37 weitere Fahrzeugführer zeigten THC-Konzentrationen von < 1,0 ng/ml. 43 Fahrzeugführer hatten neben THC noch Amfetamine (12), Benzodiazepine (7), Opiate (2) und Methadon (2)im Blut bzw. eine BAK zwischen 0,16 und 1,72‰ oder eine Mischintoxikation neben THC von mindestens zwei weiteren Substanzen (14). Entgegen amerikanischer Untersuchungen war eine Einschätzung hinsichtlich der Substanzklasse aufgrund der Testergebnisse nicht möglich. Es war unmöglich anzugeben, ob zentraldämpfende oder -stimulierende Substanzen aufgenommen wurden. Dennoch gestattet der standardisierte Erfassungsbogen sehr gut eine Bewertung der Fahrtüchtigkeit. V52 Erste Erfahrungen mit den neuen Entscheidungsgrenzen bei Drogenscreenings im Rahmen der Fahreignungsdiagnostik F. Musshoff1, J. Ippisch2, S. Gradl2, H.-W. Schultis2 1Universität Bonn, Institut für Rechtsmedizin, Bonn, Deutschland 2Synlab GmbH, Weiden, Deutschland In der aktuellen Auflage der Beurteilungskriterien zur Fahreignungsdiagnostik wurden Kriterien für chemisch-toxikologische Untersuchungen aktualisiert und spezifiziert. Insbesondere wurden Entscheidungsgrenzen für positiv zu wertende Befunde definiert, die mit bisherigen Analysestrategien i.d.R. noch nicht erreicht werden konnten. Es wurden nun positive Befunde chromatographischer Urinanalysen zusammen- und der Anzahl positiver Befunde nach alter Praxis gegenübergestellt. Bei Amphetamin und seinen Derivaten wurde zuvor mit einem Immunoassay-Cutoff von 300 ng/ml gearbeitet und es wären 15 positive Fälle zu verzeichnen gewesen, bei jetziger Verwendung einer Entscheidungsgrenze von 50 ng/ml (Chromatographie) sind 28 weitere positive Fälle zu verzeichnen (Steigerung um Faktor 2,9). Bei den Opiaten wäre bei einem
316 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
Cutoff von zuvor 300 ng/ml 7 positive Fälle zu verzeichnen gewesen, nun bei einer Morphinkonzentration > 25 ng/ml nach Hydrolyse 47 Fälle (Faktor 6,7). Im Falle von Cocain, nachgewiesen über Benzoylecgonin (bisher 150 ng/ml) wären zuvor 8 positive Fälle aufgetreten, nun bei einer Entscheidungsgrenze von 30 ng/ml 36 Fälle (Faktor 4,5). Der Nachweis eines Cannabiskonsums über THC-COOH bei zuvor 15 ng/ml erbrachte 44 positive Befunde, was bei Festsetzung auf 10 ng/ml nach Hydrolyse auf 56 positive Fälle anstieg (Faktor 1,3). Niedrige Entscheidungsgrenzen sind bei Drogenscreenings zum Abstinenzbeleg gerade bei einer 24stündigen Einbestellfrist nicht nur sinnvoll, sondern notwendig, um ein relevantes Nachweisfenster zu gewährleisten. Vorgehensweise, Befunde und ggf. neue Vorschläge gerade für THC-COOH und Benzoylecgonin werden diskutiert. V53 Die Beeinflussung tödlich verunfallter PKW-Fahrer durch psychoaktive Substanzen J. Sidlo1, J. Sikuta1, H. Sidlova2, R. Kuruc1, P. Ocko1 1Comenius Universität, Institut für Rechtsmedizin, Bratislava, Tschechische Republik 2Slowakische Gesundheits-Universität und Cytopathos GmbH, Institut für Pathologie, Bratislava, Slovakai Einführung: Der Gebrauch/Missbrauch von psychoaktiven Substanzen gehört zu den Hauptursachen der tödlichen Unfälle im Straßenverkehr. Ziel der Studie war die Analyse der tödlichen Unfälle von PKW-Fahrern in Bratislava und im Landkreis Trnava in den Jahren 2005 - 2009. Methoden: Eine retrospektive Analyse von 5511 Obduktionsberichten aus den Jahren 2005 - 2009 wurde durchgeführt. Die Analyse konzentrierte sich auf die Unfälle von PKW-Fahrern im Hinblick auf den Nachweis psychoaktiver Substanzen sowie Unfallzeit, Unfallort, Unfallursache, Alters- und Geschlechtsverteilung. Ergbnisse: Im genannten Zeitraum wurden an beiden Instituten 170 PKW-Fahrer (85 % Männer, 15 % Frauen) obduziert (3% aller Obduktionsfälle). Die meisten Personen waren in der Altersklasse zwischen 20 bis 29 Jahren. Der Nachweis psychoaktiver Substanzen wurde in 64 Fällen (ca. 38%) geführt, darunter waren lediglich 11 Fälle (6,5%), bei denen es sich nicht um Alkohol handelte. In dieser Gruppe waren fast 97% der Fahrer auch Unfallsverursacher. In der Gruppe der PKW-Fahrer, bei denen sich kein Nachweis psychoaktiver Substanzen führen ließ, waren nur 78% der Fahrer auch Unfallverursacher. Schlussfolgerung: Die Analyse stützt die Bedeutung der Einnahme psychotroper Substanzen hinsichtlich des Risikos tödlicher Unfälle, wobei die Alkoholisierung im Vordergrund steht und der Anteil von Fahrzeuglenkern, die unter dem Einfluss anderer psychoaktiver Substanzen stehen, relativ niedrig ist. V54 Untersuchungen zur Häufigkeit neuer Drogen in Serumproben aus Straßenverkehrsdelikten in Thüringen P. Mattis, K. Hoffmann, G. Kießling, A. Köthe, F.T. Peters Institut für Rechtsmedizin, Toxikologie, Jena, Deutschland In den letzten Jahren ist eine Vielzahl neuer Drogen aus unterschiedlichen Stoffgruppen auf dem Drogenmarkt aufgetaucht. Ein Großteil davon wird durch übliche toxikologische Analysenstrategien nur unzureichend erfasst. Ziel dieser Studie war zu untersuchen, ob und wie oft diese neuen Drogen in Blutproben von Straßenverkehrsdeliktsfällen in Thüringen nachweisbar sind. Folgende Restserumproben aus 2007 wurden untersucht: (I) alle, in denen zuvor Amphetamin (AM) und/oder Metamphetamin (MA) sowie Designer-Amphetamine nachgewiesen worden waren (n=79); (II) alle mit AM/MA-Konzentrationen>200ng/ml (n=51); (III) alle von Januar bis März von unter 30-Jährigen genommenen, in denen klassische Drogen außer Amphetamine nachgewiesen worden waren (n=182). Nach Festphasenextraktion (HCX) und Heptafluorobutyrylierung erfolgte eine GC-MS-Analyse im Fullscan-Modus. Entsprechend wurden die
Flüssig-flüssig-Extrakte aus Bestätigungsanalysen Amphetamine-positiver Fälle von Januar bis März 2010 untersucht (IV). Die Nachweisgrenzen für neue Drogen aus unterschiedlichen Stoffgruppen reichten von <2,5 bis 30ng/ml. Folgende Vertreter wurden in den untersuchten Proben nachgewiesen: (I) BZP (n=1); (II) Methcathinon (n=1); (III) Methcathinon (n=1); (IV) BZP (n=74), 4-Fluoroamphetamin (n=1), mCPP (n=2), Methcathinon (n=1). Im Januar 2007 war der Konsum neuer Drogen in Thüringen offenbar ein sehr seltenes Ereignis. Im Vergleich dazu bestand 2010 ein Trend zu einer häufigeren Aufnahme dieser Stoffe. V55 Betreiben verschiedener Kohlegrills in geschlossenen Räumen K. Jachau1, W. Kuchheuser1, N. Beck1, R. Szibor1, H. Bartels1, U. Seliger2 1Institut für Rechtsmedizin, Forensische Medizin, Magdeburg, Deutschland 2Institut der Feuerwehr, Heyrothsberge, Deutschland Im Verlauf der letzten beiden Jahre fiel im Raum Magdeburg und Umgebung eine augenscheinliche Häufung von tödlichen Kohlenstoffmonoxid- (CO-)Intoxikationen durch das Betreiben von Holzkohlegrills in geschlossenen Räumen auf. In einem experimentellen Ansatz wurde die Entwicklung der CO-Konzentrationen während der Verbrennung unterschiedlicher Materialien (Holzkohle, Grillbriketts, Bambus Cook Chips) im Rahmen eines Grillvorgangs in einem geschlossenen Container gemessen. Die resultierenden Gaskonzentrationen sowie die Temperaturen im Raum und in der Glut wurden aufgezeichnet. Dabei wurden im Container CO-Konzentrationen erreicht, die den Tod in Abhängigkeit von den Randbedingungen (Art der Grillkohle, Menge und Zustand der Restglut) nach etwa 30-60 min eintreten lassen können. Insbesondere bei Verwendung eines Indoor-Grills ist nach einer Betriebszeit von 60 min mit dem Auftreten von gesundheitlich kritischen Situationen zu rechnen. Die Ergebnisse wurden dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz mitgeteilt, um langfristig eine Risikominimierung hinsichtlich der Todesursache „CO-Intoxikation“ durch Betreiben eines Grills im geschlossenen Raum, z. B. mithilfe eines entsprechenden auffälligen Warnhinweises auf den Grillkohleverpackungen, zu erreichen. V56 Prävention durch molekulare Autopsie S. Kauferstein1, N. Kiehne1, T. Neumann2, H. Bratzke3 1Institut für Rechtsmedizin am Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Forensische Biologie, Frankfurt am Main, Deutschland 2Kerckhoff Klinik, Bad Nauheim, Deutschland 3Institut für Rechtsmedizin am Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main, Deutschland Kardiale Veränderungen, die zum plötzlichen Tod bei jungen Menschen führen, haben häufig eine genetische Ursache. Diese wird jedoch selten diagnostiziert. Oftmals handelt es sich hier um Ereignisse arrhtythmogener Natur, ohne dass autoptisch erkennbare Veränderungen am Herzen sichtbar sind. Primär elektrische Herzerkrankungen, basierend auf pathologischen Veränderungen kardialer Ionenkanäle, können für eine Reihe solcher autoptisch-negativen Todesfälle verantwortlich sein. Die meisten dieser Erkrankungen sind vererbbare Krankheiten und besitzen eine familiäre Disposition mit autosomal-dominantem Erbgang. Somit besteht für Familienangehörige ein 50-prozentiges Risiko, dass auch sie Träger eines veränderten Genes sind. Im Hinblick auf die Prävention eines weiteren plötzlichen Herztodes ist die genetische Untersuchung für die betroffenen Familien in Fällen von plötzlichem Herztod von großer Bedeutung. Molekulargenetische postmortem Untersuchungen (molekulare Autopsie) stellen nicht nur ein wichtiges Hilfsmittel zur Aufklärung plötzlicher Todesfälle dar, sondern können durch den Mutationsnachweis bei dem Verstorbenen ebenfalls potenziell bedrohte Familienangehörige identifizieren. Bei einem positiven Nachweis ergibt sich die Notwendigkeit zur weiteren medizinischen Untersuchung der Familienmitglieder, um so unter Umständen eine lebensrettende Therapie zu ermöglichen. Den rechtsmedizinischen Instituten kommt hier
eine bedeutende Rolle zu, wie der vorgestellte Fall über den plötzlichen Herztod einer jungen Frau zeigt. V57 Der Einfluss von Formalin auf den Proteinnachweis im Gewebe zerstört es mehr als es erhält? A. Preuße-Prange, T. Schwark, E. Simeoni, N. von Wurmb-Schwark UK S-H, Institut für Rechtsmedizin, Kiel, Deutschland Die Untersuchung formalinfixierter und paraffingebetteter Gewebe gehört zu den Routinemethoden in der Histologie. Diese Gewebsblöcke werden in der Regel lange gelagert und stehen daher für die Bearbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen grundsätzlich zur Verfügung. Hinsichtlich der Untersuchung von DNA aus diesen eingebetteten Geweben ist mittlerweile bekannt, dass die Formalinkonzentration und Fixierungsdauer nachfolgende DNA-Analysen beeinträchtigen können. In dieser Studie wurde der Einfluss der Formalinfixierung auf Nachweisbarkeit und Quantifizierung eines spezifischen Proteins (Hsp70) untersucht. Hierzu wurden Gewebeproben (Großhirnrinde und Kleinhirn) von sechs verschiedenen Personen (insgesamt 136 Proben), unterschiedlich lange (30 min - 3 Monate) in Formalin inkubiert. Die aus diesen Proben isolierten Proteine wurden mittels Western Blot analysiert und zusätzlich immunhistochemisch untersucht. Es zeigte sich, dass die Behandlung mit Formalin einen starken Einfluss auf die Ergebnisse im Western Blot hat, so dass eine sichere Quantifizierung bei längerer Fixierung mit Formalin nicht möglich scheint. Ferner scheint es auch einen Unterschied hinsichtlich der Stärke des Einflusses von Formalin auf die Ergebnisse mittels Immunhistochemie zu geben. V58 „Phantome“ im Sektionssaal - DNA-Kontaminationen während der Obduktion T. Schwark1, A. Preuße-Prange1, M. Poetsch2, K. Tüxen1, T. Kamphausen2, M. Harder1, O. Revyakina1, N. von Wurmb-Schwark1 1UK S-H, Institut für Rechtsmedizin, Kiel, Deutschland 2Universitätsklinikum Essen, Institut für Rechtsmedizin, Essen, Deutschland Die Methoden zur molekulargenetischen Analyse werden immer sensitiver. Die Entwicklung neuer STR-Kits hat dazu geführt, dass auch geringste DNA-Mengen routinemäßig nachweisbar sind. Einerseits können daher mittlerweile auch sogenannte Minimalspuren erfolgreich genetisch analysiert werden, die noch vor kurzem als unbrauchbar galten. Andererseits steigt die Gefahr, DNA-Spuren zu detektieren, die nicht für den Tathergang von Bedeutung sind. Im Rahmen der Qualitätssicherung wurde in unseren Instituten die Möglichkeit der falsch-positiven Spurengenerierung während der Obduktion überprüft. Es stellte sich die Frage, ob und wenn ja in welchem Ausmaß während einer Leichenöffnung DNA-Spuren vorheriger Obduktionen verschleppt werden können. Aus dem gereinigten Sektionssaal wurden nach verschiedenen Obduktionen (n=27) jeweils bis zu 15 verschiedene Abriebe entnommen (Sektionstisch, Handschuhe, Instrumente etc.), aufgearbeitet und die DNA mittels PCR und Fragmentanalyse untersucht. Erhaltene Signale wurden mit den genetischen Profilen der zuvor obduzierten Leichen verglichen. Es zeigte sich, dass auch nach verschiedenen routinemäßigen Reinigungsprozeduren in nahezu allen Fällen eindeutige genetische Profile der jeweils zuvor obduzierten Leiche nachweisbar waren. Die Ergebnisse werden im Einzelnen vorgestellt, ebenso Strategien zur sicheren Vermeidung von Kreuz-Kontaminationen.
Rechtsmedizin 4 · 2010
| 317
Abstracts V59 Eine optimierte Analyse von SNPs in Forschung und Spurenanalyse S. Köhnemann1, P. Pennekamp2, A. Ströse1, M. Fiebig1, H. Pfeiffer1 1Institut für Rechtsmedizin, Forensische Molekulargenetik, Münster, Deutschland 2Institut für Humangenetik, Münster, Deutschland Die Untersuchung von SNPs mittels SNaPshot Technik (Applied Biosystems) ist in vielen forensischen Laboren etabliert. Die hohe Nachweissensitivität sowie die kostengünstige und schnelle Anwendung sind die hervorzuhebenden Merkmale dieser Methode. Die optimierte Analyse (1) und Auswertung (2) von SNP-Merkmalen sind Teil dieses Vortrages. (1) Um die Qualität der SNP Analysen zu verbessern, sollten Untersuchungsstandards etabliert werden. Die Laufzeiten von SNP-Allelen variieren von Batch-Analyse zu Batch-Analyse, problematisch ist dies für umfangreiche Multiplex-Systeme, in denen sich die Laufzeiten der SNPAllele nur um 0,5-2 mer unterscheiden. In degradierten Proben können zudem Artefakte auftreten, die eine Interpretation der Ergebnisse erschweren. Mit der Klonierung einer Allelleiter für ein 42 mtDNA SNP Nachweisverfahren soll die Diskriminierung von SNP-Merkmalen in Multiplex-Systemen erleichtert werden. (2) Bei der Auswertung der SNP-Merkmale sollten Kriterien angewendet werden, welche die Vergleichbarkeit der Untersuchungsergebnisse verbessern. Mögliche Kriterien sollen an Hand von Fallbeispielen präsentiert werden. Zum Abschluss des Vortrages sollen mögliche Verbesserungen in der Software-gestützten Auswertung angesprochen werden. V60 Blut- und Speichelkontaminationen an Haaren R. Zehner Institut für Rechtsmedizin Frankfurt, Forensische Molekularbiologie, Frankfurt, Deutschland Bei der Spurensicherung stellen Haare eine mögliche Ressource für DNA dar, die für die Rekonstruktion, welche Person sich am Tatort aufgehalten haben könnte eine Rolle spielen. Die Frage, ob die durch die DNA Analyse erhaltenen Daten tatsächlich auf DNA des Haares zurückzuführen sind oder ob die Befunde möglicherweise aus am Haar anhaftender DNA einer anderen Person stammen, stellt einen wichtigen Aspekt der Befundinterpretation dar. Hierbei stellt eine mögliche Kontamination des Haares mit Blut oder Speichel ein realistisches Szenario dar, diese beiden Substanzen können an das Haar angetragen worden sein, möglicherweise schon einige Zeit vor dem Hinterlassen das Haares am Tatort. Es ist denkbar, daß das Entfernen der Kontaminationen die Möglichkeit einer erfolgreichen Analyse des Haares erschwert, wenn DNA-haltiges (zelluläres) Material der Wurzel, der Wurzelscheide oder des Schaftes durch die Dekontamination ebenfalls verringert wird. In vorliegender Studie wurden Haarstücke mit Blut oder mit Speichel kontaminiert und untersucht, inwieweit sich Blut oder Speichel mit möglichst milden Methoden rückstandsfrei entfernen lassen. Hierzu wurden mit Blut oder Speichel kontaminierte Haarstücke mit und ohne Wurzel in DNA-Lysemedium mit und ohne Zugabe von Proteinase K gewaschen und das Waschwasser sowie die Haarstücke anschliessend analysiert. Hierbei zeigten sich deutliche Unterschiede in der Effizienz der Dekontamination auch von verschiedenen Haaren der gleichen Person.
V61 Rekonstrunktion von Augen-, Haar- und Hautfarbe mittels SNPAnalyse M. Harder1,2, R. Renneberg1,2, B. Krause-Kyora1,2, T. Scholz1, A. Nebel3, A. Caliebe4, N. von Wurmb-Schwark1,2 1UK S-H, Institut für Rechtsmedizin, Kiel, Deutschland 2Christian-Albrechts-Universität, Graduiertenschule „Human Development in Landscapes“, Kiel, Deutschland 3Christian-Albrechts-Universität, Institut für Klinische Molekularbiologie, Kiel, Deutschland 4UK S-H, Institut für Medizinische Informatik und Statistik, Kiel, Deutschland Die Analyse einzelner Punktmutationen (SNPs= single nucleotide polymorphisms) findet in den letzten Jahren sowohl in der Medizin als auch in der forensischen Genetik immer mehr Anwendung. Dabei ist in Deutschland für forensische Untersuchungen lediglich die Analyse von SNPs in nicht codierenden Bereichen erlaubt. Die Untersuchung von codierenden SNPs, die z. B. an der Pigmentausprägung beteiligt sind, könnte jedoch in bestimmten Fällen zusätzliche ergänzende Informationen zu einer Person liefern. Es wurde eine Methode entwickelt, die eine Rekonstruktion individueller Augen-, Haar- oder Hautfarbe durch den Nachweis codierender SNPs ermöglichen soll. Insgesamt werden 18 SNPs aus den Genen OCA2, HERC2, MC1R, TYR, SLC24A5, SLC24A4, TYRP1, IRF4 und SLC45A2 detektiert, wobei eine Nachweisgrenze von < 25 pg erreicht werden konnte. Für die Etablierung dieser Methode wurden insgesamt 300 deutsche Probanden, sowohl unverwandt als auch aus Familienverbänden, mit unterschiedlichster Pigmentierung untersucht. Die Ergebnisse dieser Studie sowie erste Anwendungsmöglichkeiten werden im Einzelnen vorgestellt. V62 Spezifische micro-RNA-Signaturen für die Detektion von Speichel und Blut bei der Identifikation von Körperflüssigkeiten C. Courts, B. Madea Institut für Rechtsmedizin, Forensische Genetik, Bonn, Deutschland Micro-RNAs (miRNAs) sind eine Klasse von kleinen, nicht-kodierenden RNA-Molekülen mit einer Länge von 18 bis 24 Nukleotiden. Sie spielen eine essentielle Rolle bei der Regulation zahlreicher zellulärer Prozesse. Es gibt Belege dafür, dass die Gesamtheit der zellulären miRNA, das miRNom, die Art und den Zustand einer Zelle präziser abbildet, als das mRNA-Transkriptom. Um miRNAs zu identifizieren, die geeignet für eine forensische Identifikation von Körperflüssigkeiten sind, haben wir deshalb auf der Datengrundlage einer Microarrayanalyse der Expression von ~800 miRNAs differentiell exprimierte miRNA-Kandidaten aus dem miRNom forensisch relevanter Speichel- und Blutproben ausgewählt und diese mittels quantitativer PCR validiert. Für die Identifikation von Blut bzw. Speichel in forensischen Spuren stellen wir miRNAAssays vor, die aus jeweils drei differentiell exprimierten miRNAs für Speichel bzw. Blut bestehen und weisen auf die Bedeutung hin, die die Identifikation von Spurenarten und Körperflüssigkeiten durch miRNAAnalyse für die forensische Wissenschaft erlangen könnte. V63 Zytologischer Spermiennachweis versus DNA-Quantifizierung in Vaginalabstrichen P.J. Laberke1, R. Hausmann1, L. Jeggev, R. Grossenbacher2, B. Balitzki2 1Institut für Rechtsmedizin, Forensische Medizin, Basel, Schweiz 2Institut für Rechtsmedizin, Forensische Genetik, Basel, Schweiz In die vorgestellte Studie wurden alle im Institut für Rechtsmedizin der Universität Basel bearbeiteten Sexualdelikte ab 2009 aufgenommen (n = 41). Nach zytologischer Anfärbung erfolgte eine mikroskopische Begutachtung der hierbei asservierten Vaginalausstriche im Hinblick auf ein Vorliegen von Spermien. Die Resultate wurden durch die molekulargenetische Analyse spezifischer Y-chromosomaler Marker überprüft.
318 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
In einem zweiten Schritt wurde die DNA aus den entsprechenden Abrieben mittels differenzieller Lyse extrahiert und die Menge an Gesamt- und Y-chormosomaler DNA bestimmt. Hierdurch sollte verifiziert werden, ob das festgestellte Verhältnis von Gesamt- zu Y-chromosomaler DNA einen Rückschluss auf die Möglichkeit zur Erstellung eines männlichen Profils bzw. die Anzahl der in der Probe befindlichen Spermien zulässt. Die Wertigkeit der Methoden für die forensische Spurenuntersuchung wird diskutiert. V64 Vergleich von DNA-Extraktionsverfahren zur molekulargenetischen Analyse von humanen Haaren U. Apelt1, S. Köhnemann1, H. Pfeiffer1, R. Renneberg2, N. von WurmbSchwark3 1Institut für Rechtsmedizin, Forensische Molekulargenetik, Münster, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin , Graduate School „Human Development in Landscapes“, Kiel, Deutschland 3Institut für Rechtsmedizin, Forensische Molekulargenetik, Kiel, Deutschland Es wurden drei verschiedene DNA-Extraktionsverfahren verglichen, welche die molekulargenetische Analyse humaner Haare in der forensischen Praxis ermöglichen sollen. Es handelt sich hierbei um folgende Methoden: 1) DNA-Extraktion unter Einsatz von Reagenzien aus dem Invisorb® Forensic Kit von Invitek, 2) DNA-Extraktion unter Verwendung eines Haar-Extraktions-Puffers in Kombination mit dem EZ1 von Qiagen, sowie 3) DNA-Extraktion mit Hilfe der Reagenzien aus dem Invisorb® Spin Forensic Kit von Invitek. Um die Effektivität der drei DNAExtraktionsmethoden miteinander vergleichen zu können, erfolgte eine Quantifizierung der mitochondrialen und nukleären DNA mit einer Sonden-gestützten Realtime-PCR sowie eine Analyse von STR-Systemen unter Verwendung einer Multiplex-PCR. Am effektivsten erwies sich die DNA-Extraktion bei Einsatz von Reagenzien aus dem Invisorb® Spin Forensic Kit von Invitek (Realtime-PCR: p < 0,001). Nachfolgend wurde bei dieser Extraktionsmethode untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen verschiedenen Inkubationszeiten und der DNA-Ausbeute besteht. Diese Untersuchung erfolgte, indem die Ergebnisse der quantitativen Realtime-PCR sowie die relativen Fluoreszenzeinheiten gegen die Zeit aufgetragen wurden. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Quantität und die Qualität der extrahierten DNA abhängig von der Inkubationszeit sind. V65 Bestimmung getränkecharakteristischer Aromastoffe in Serumproben zur Überprüfung von Nachtrunkbehauptungen K. Schulz1, M. Bertau2, K. Schlenz3, S. Malt3, R. Metasch4, W. Römhild5, D. W. Lachenmeier6 1Institut für Rechtsmedizin, Toxikologie, Dresden, Deutschland 2TU Bergakademie Freiberg, Institut für Technische Chemie, Freiberg, Deutschland 3Hochschule Zittau/Görlitz, Fachbereich Chemie, Görlitz, Deutschland 4Hochschule für Technik und Wirtschaft, Fachbereich Chemieingenieurwesen, Dresden, Deutschland 5Institut für Rechtsmedizin , Toxikologie, Magdeburg, Deutschland 6Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt, Karlsruhe, Deutschland Die in den rechtsmedizinischen Instituten routinemäßig durchgeführte Begleitstoffanalytik beschränkt sich derzeit auf den qualitativen und quantitativen Nachweis von 8 Substanzen, die alle weitestgehend uncharakteristisch für den Konsum eines bestimmten alkoholischen Getränkes sind. Neu vorgestellt werden die getränkecharakteristischen Aromastoffe Anethol, Eugenol, Menthol (sowie Neomenthol, Menthon und Isomenthon), die in Serumproben nach dem Konsum entsprechender Spirituosen nachgewiesen werden können. Zur Bestimmung dieser Aromastoffe in Serumproben wurde eine gaschromatographische Methode mit massenspektrometrischer Detektion
nach vorangegangener Headspace-Festphasenmikroextraktion (HSSPME-GC-MS) entwickelt. Mittels dieser Methode konnten Nachweisgrenzen von weniger als 5 ng/ml Serum erzielt werden. Trinkversuche mit Freiwilligen wurden durchgeführt, die unter kontrollierten Bedingungen Spirituosen, welche getränkecharakteristische Aromastoffe enthalten (Ouzo, Underberg, Pfefferminzlikör), konsumierten. Die Blutentnahmen erfolgten in zeitlich definierten Abständen. Aus diesen Blutproben konnten die Konzentrations-Zeitprofile der Aromastoffe Anethol, Eugenol, Menthol, Neomenthol, Menthon und Isomenthon erstellt werden. Weiterhin wurden Blutproben von Verkehrsteilnehmern, die den Konsum entsprechender Spirituosen vor der Blutentnahme angaben, auf die getränkecharakteristischen Aromastoffe untersucht. In zahlreichen Fällen konnten Anethol, Eugenol, Menthol (sowie Neomenthol, Menthon und Isomenthon) im Serum nachgewiesen werden. V66 Vorkommen und Verteilung von PEth-Homologen während der Alkoholentwöhnung H. Gnann1, G. Skopp2, M. Winkler3, F. Sporkert4, W. Weinmann5, A. Thierauf1 1Universitätsklinikum Freiburg, Institut für Rechtsmedizin, Freiburg, Deutschland 2Universitätsklinikum Heidelberg, Institut für Rechtsmedizin u. Verkehrsmedizin, Heidelberg, Deutschland 3Universitätsklinikum Ulm, Institut für Rechtsmedizin, Ulm, Deutschland 4Universität Lausanne, Institut für Rechtsmedizin, Lausanne, Schweiz 5Universität Bern, Institut für Rechtsmedizin, Bern, Schweiz Phosphatidylethanol (PEth) ist ein abnormes Phospholipid und ein direkter, spezifischer Alkoholkonsummarker. Jedes PEth-Molekül enthält zwei Fettsäurereste, die sich in ihrer Länge und dem Grad ihrer Sättigung unterscheiden. Zur Gewinnung neuer Informationen über die Häufigkeit und Verteilung der PEth-Homologe wurden Blut- und Urinproben von 12 Patienten einer Alkoholentwöhnungsstation eines psychiatrischen Krankenhauses in engmaschigen zeitlichen Intervallen während der dreiwöchigen Entwöhnungsphase gewonnen und auf PEth (Blut), CDT (Serum) und Ethylglukuronid (EtG, Serum und Urin) untersucht. Die Extraktion der PEth-Homologen erfolgte mit Isopropanol und nHexan, anschließend wurden diese mit LC-MS/MS aufgetrennt und detektiert. Die EtG-Bestimmung erfolgte ebenfalls mittels LC-MS/MS, die CDT-Analyse mithilfe des CEofix Kits und Kapillarelektrophorese mit UV-Detektor bei 200 nm. PEth-Konzentrationen von 331 ng/ml bis 1995 ng/ml für PEth 16:0/18:1 wurden zu Beginn der Alkoholentwöhnung nachgewiesen. Diese Werte sanken innerhalb von 19 Tagen auf 153 ng/ml bzw. 266 ng/ml ab. Im Vergleich zu anderen Homologen ist PEth 16:0/18:1 das häufigste mit einem Anteil von ca. 27 %. Weitere häufig detektierte Homologe sind PEth 16:0/18:2 (17,6 %), 18:0/18:2 (14,4 %), 18:0/18:1 (10,2 %) und 18:1/18:1 (6,7 %). Während der Alkoholentwöhnung sanken die CDT-Werte von maximal 3,87 % auf unter 1,70 % ab. EtG konnte im Serum längstens bis zum Folgetag der stationären Aufnahme, im Urin bis zu 3 Tagen nachgewiesen werden. V67 Abstinenzverhalten von Patienten vor Lebertransplantation Selbstaussage versus Alkoholmarker R. Urban1, T. Kaufmann2, G. Greif-Higer3 1Institut für Rechtsmedizin, Leitung, Mainz, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin, Blutalkoholstelle, Mainz, Deutschland 3Universitätsmedizin, Transplantationschirurgie, Mainz, Deutschland Die Alkohol induzierte Leberzirrhose ist eine der anerkannten Indikationen für eine Lebertransplantation. Die Prognose dieser Patientengruppe ist bei gesicherter Alkoholabstinenz weitaus besser als bei Patienten mit Leberschädigung anderer Genese. Damit birgt die Abstinenzkontrolle und damit die Patientenauswahl zur Transplantation bei insgesamt Rechtsmedizin 4 · 2010
| 319
Abstracts zu geringer Spenderorgananzahl eine besondere ethische Herausforderung. Sowohl die in den Leitlinien der meisten Lebertransplantationszentren verankerte 6-Monats-Regel, als auch Parameter, wie z.B. CDT haben sich nach Literaturangaben zur Abstinenzkontrolle nicht bewährt, so dass z.Zt. als Goldstandard in erster Linie die Selbstauskunft im psychologischen Interview und der direkte Nachweis von Ethanol im Blut anerkannt sind. Durch die in der Regel mehrere Tage betragende Vorlaufzeit bei der Ladung zum Interview und ein entsprechendes Interviewverhalten der Patienten erscheinen beide Parameter zur Patientenauswahl ethisch zumindest bedenkenswert. Es werden eine retrospektive Pilotstudie unter Einschluss von 309 Patienten der Lebertransplantationssprechstunde mit Alkoholismushintergrund und eine prospektive Studie an Patienten der aktuellen Warteliste vorgestellt, bei denen neben dem Interview und einer BAK-Kontrolle auch der Blut-Methanol-Spiegel als möglicher Parameter zur Rückfallkontrolle untersucht wurde. Die Untersuchungen ergaben, dass mit Methanol als zusätzlichem Parameter bei ca. 1/3 der Patienten eine weiter bestehende Rückfallproblematik als Verdachtsdiagnose dargestellt werden konnte, bei denen BAK und Interview keine entsprechenden Anhaltspunkte ergaben. Es wird die ethische Notwendigkeit einer stringenteren Abstinenzkontrolle und deren Aufnahme in die Leitlinien und Auswahlkriterien der Transplantationszentren diskutiert. V68 Ethylglucuronid-Einlagerung ins Rattenhaar in Abhängigkeit von aufgenommener Ethanol-Menge und Haarpigmentierung F. Sporkert, H. Kharbouche, C. Staub, P. Mangin, M. Augsburger Universitätszentrum für Rechtsmedizin, Toxikologische und Forensische Chemie, Lausanne, Schweiz Ziel: Ethylglucuronid (EtG) als direkter Ethanolmetabolit hat in letzter Zeit dank der Haaranalyse an Bedeutung als Alkoholmarker gewonnen. Studien zum Einlagerungsverhalten jedoch rar. In der vorgestellten Arbeit sollte anhand eines Rattenmodells der Zusammenhang zwischen Ethanoldosis und EtG-Konzentration im Haar sowie der Einfluss der Haarpigmentierung auf die EtG-Einlagerung evaluiert werden. Methodik: Ethanol wurde an Long Evans Ratten oral in 3 Dosen (1, 2 und 3 g Ethanol/kg Körpergewicht verabreicht. Die in 3 Gruppen (G1, G2 und G3) eingeteilten Ratten erhielten an 4 aufeinanderfolgenden Tagen pro Woche für insgesamt 3 Wochen Ethanol in Form eines Schokolikörs. 28 Tage nach der ersten Ethanol-Verabreichung, wurde das neugewachsene, pigmentierte und unpigmentierte Haar rasiert und separat mittels GC-MS/MS analysiert. Blutproben wurden bis zu 12h nach Ethanolaufnahme entnommen. Blut-EtG und BAK wurden mittels LC-MS/MS bzw. HS-GC-FID ermittelt. Ergebnisse: Es konnten keine signifikanten EtG-Konzentrationsunterschiede in pigmentiertem und unpigmentiertem Haar beobachtet werden (Spearman‘s rho= 0.95, p<0.001). Höhere Ethanol-Mengen führten zu höheren BAK und Blut-EtG-AUCs. Ein positiver Zusammenhang wurde zwischen BAK-AUC und Blut-EtG-AUC gefunden (Spearman‘s rho=0.84, p<0.001). Die mittleren EtG-Haarkonzentrationen in den Gruppen G3 und G2 waren signifikant höher als in den Gruppen G2 bzw. G1 (Wilcoxon Mann Whitney Test, p<0.01 bzw. p<0.001). Eine positive Korrelation wurde auch zwischen EtG-Haarkonzentration und BlutEtG-AUC gefunden (r=0.89, P < 0.001). Schlussfolgerung: Die EtG-Einlagerung ins Haar von Ratten ist nicht durch die Pigmentierung beeinflusst. Die Haar-EtG-Konzentration erhöht sich mit der aufgenommenen Ethanol-Dosis und widerspiegelt die EtG-Blutkonzentration.
320 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
V69 EtG und FSEE-Konzentrationen in Haaren bei Alkoholproblematik und Vergleich mit Trinkangaben M.E. Albermann1, F. Musshoff1, E. Doberentz1, P. Heese2, M. Banger2, B. Madea1 1Institut für Rechtsmedizin, Universität Bonn, Forensische Toxikologie, Bonn, Deutschland 2Rheinische Kliniken Bonn, Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen und Psychotherapie, Bonn, Deutschland Durch eine quantitative Bestimmung der direkten Ethanolmetaboliten Ethylglucuronid (EtG) und bestimmter Fettsäureethylester (FSEE) in Haaren ist es möglich den Konsum von Alkohol nachzuweisen. 2009 hat die Society of Hair Testing 30pg/mg EtG und 0,5ng/mg FSEE als Entscheidungsgrenzen zwischen gelegentlichem und exzessivem Alkoholkonsum empfohlen. Aufgrund z.T. auftretender Diskrepanzen bei einer parallelen Bestimmung beider Alkoholismusmarker wurde eine Studie zusammen mit den Rheinischen Landeskliniken in Bonn zur Überprüfung der Verlässlichkeit solcher Entscheidungsgrenzen durchgeführt. Analysiert wurden 80 Haarsegmente von 20 Patienten mit chronischem Abusus. Die EtG Konzentrationen wurden mit einem LC-MS/MS Verfahren gemessen. Für die Bestimmung der FSEE Konzentrationen wurde ein SPME-GC-MS Verfahren verwendet. Die ermittelten Konzentrationen wurden mit den Angaben zum Trinkverhalten verglichen. Bei 55 Proben konnten übereinstimmende Ergebnisse gefunden werden. In 18 Proben wurde cEtG>30pg/mg und cFSEE<0,5ng/mg gemessen. Die Analyse von 7 Proben ergab cEtG<30pg/mg und cFSEE>0,5ng/mg. In 60% der Fälle war eine Zuordnung zu gelegentlichem bzw. exzessivem Alkoholkonsum unter Einbeziehung der gemessenen EtG und FSEE Konzentrationen und den Angaben zum Trinkverhalten (exzessiver Konsum ab ø60g Alkohol/Tag) möglich. In 40% der Fälle wurden jedoch z.T. gravierende Abweichungen festgestellt. Weitere Untersuchungen unter Einbeziehung anderer Faktoren wie z.B. Drogenkonsum sind nötig. V70 Ethylglucuronid- und Ethylsulfat-Nachweis im Glaskörper A. Thierauf1, W. Weinmann2, M. Große Perdekamp1, J. Kempf1 1Institut für Rechtsmedizin, Forensische Toxikologie/Forensische Pathologie, Freiburg, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin, Forensische Toxikologie, Bern, Schweiz Fragestellung: EtG und EtS sind in der Alkoholentwöhnung etablierte Alkoholkonsummarker und haben auch Einzug in der postmortalen Diagnostik stattgehabten Alkoholkonsums gefunden. Ethanol selbst ist ein unzuverlässiger postmortaler Marker, und auch für EtG konnte eine bakterielle Degradation beobachtet werden; EtS erwies sich in den bisherigen Untersuchungen als stabil. Im Glaskörper wurden die Biomarker EtG und EtS ebenso wie Ethanol selbst bestimmt und mit den Konzentrationen im Oberschenkelvenenblut und Urin verglichen. Methoden: Von Verstorbenen, bei denen aufgrund der Vorgeschichte oder des Obduktionsergebnisses eine Alkoholisierung zu erwarten war, wurden Glaskörper-, Urin- und Oberschenkelvenenblutproben entnommen. In den Proben wurden jeweils die EtG-, EtS- und EthanolKonzentrationen bestimmt, im Urin zusätzlich die Kreatininwerte. Die Quantifizierung der Ethanolmetabolite wurde mit LC-MS/MS durchgeführt. Ethanol wurde gaschromatographisch nachgewiesen, die Kreatininkonzentrationen wurden anhand der Jaffé-Methode bestimmt. Ergebnisse: EtG und EtS waren im ausgewählten Kollektiv in allen Matrices nachweisbar. Statistisch signifikante Zusammenhänge zwischen den Werten in den verschiedenen Matrices wurden nicht festgestellt. Die maximalen Konzentrationen im Glaskörper lagen bei 0,77 mg/l; die höchsten Werte wurden im Urin bestimmt (maximal 135 mg/l). Schlussfolgerung: EtG und EtS sind im wenig degradationsanfälligen Glaskörper gut nachzuweisen und lassen in dieser Matrix zuverlässigere Aussagen zu einer Alkoholisierung in zeitlicher Nähe zum Todeseintritt zu als in anderen Körperflüssigkeiten.
V71 Vitreous chemistry - Methodological and interpretational considerations H. Druid Karloinska Institutet, Forensic Medicin, Stockholm, Schweden Analysis of postmortem vitreous fluid can be of importance for the estimation of time of death, for the identification of certain disease states, and for toxicology. However, studies addressing the influence of conditions within the eye and of sampling and analytical procedures on the analytical results are limited. We performed a series of experiments on postmortem vitreous samples in order to assess the possible influence of sample size, cell numbers in the sample, sonication and centrifugation, postmortem time and analytical delay, on the concentrations of electrolytes, glucose, lactate, pH, PO2 and pCO2.To this end, a blood gas instrument, ABL 625 (Radiometer, Copenhagen), was used. In brief, glucose levels remained constant for appreciable time after minor drop in the early postmortem interval, whereas lactate levels showed an increase with time. Sonication and centrifugation did not affect the glucose, lactate, potassium, sodium or chloride concentrations, and comparison with cell numbers present in the samples showed that a complete equilibration had occurred between the intra- and extracellular compartments. Comparison between a small central sample of the vitreous and whole vitreous sample showed no significant difference in concentrations regarding these analytes. For the analysis of pO2, pCO2 and pH, even short delays before analysis affected their levels, whereas all other analytes were unaffected. V72 Bedeutung der systematischen Glukose-Bestimmung in der Glaskörperflüssigkeit C. Palmiere, S. Sabatasso, F. Sporkert, M. Augsburger Centre Universitaire Romande de Médecine Légale, Unité de Médecine Forensique, Lausanne, Schweiz Im Universitätszentrum für Rechtsmedizin Lausanne wird die Konzentrationsbestimmung von Glucose in der Glaskörperflüssigkeit und /oder in der Spinalflüssigkeit routinemäßig an allen zur Autopsie bestimmten Leichen durchgeführt, unabhängig von medizinischer Vorgeschichte oder den polizeilichen Begleitumständen. Wir berichten über einen Fall, der kürzlich in unserem Institut beobachtet wurde. Es handelt sich um einen jungen Mann mit bekanntem Kokain- und Methadonkonsum ohne sonstige medizinische Vorgeschichte, der tot in der Wohnung eines Freundes aufgefunden wurde. Die polizeilichen Ermittlungen legten einen Kokainkonsum ungefähr 24 Stunden vor seinem Tod nahe. Die durchgeführte Autopsie erbrachte keine erkennbare Todesursache. Die chemisch-toxikologischen Untersuchungen zeigten Mirtazapinund Benzodiazepin-Blutkonzentrationen im therapeutischen Bereich. Kokain und Methadon konnten nicht nachgewiesen werden. Die klinisch-chemischen Analysen erbrachten hingegen den Nachweis stark erhöhter Glukosewerte in Glaskörper- und Spinalflüssigkeit sowie deutlich erhöhte Konzentrationen von Aceton, β-Hydroxybutyrat und Iso propanol in Blut und Urin. Die Glykosierung des Hämoglobins (Hb1Ac) betrug 11,4 %. Dank der klinisch-chemischen Untersuchungen konnte eine metabolische Entgleisung, insbesondere eine Ketoazidose, höchst wahrscheinlich verursacht durch einen nicht-diagnostisizierten Diabetes als todesursächlich erachtet werden.
V73 Ändert das Kontrastmittelgemisch „Imagopaque“ die Konzentrationen von Blutalkohol und ZNS gängigen Medikamenten bei Leichen? U. Preiss1, T. Keller2, A. Keller2, K. Grassl2, M. Thali1 1Institut für Rechtsmedizin, Forensische Medizin, Bern, Schweiz 2Institut für Gerichtsmedizin, Toxikologie, Salzburg, Österreich Im letzten Jahrzehnt haben die Computertomographie (CT) und die Computertomographie mit Angiographie (CTA) auch an gerichtlichen Instituten an Bedeutung gewonnen. In der vorliegenden Studie haben wir grundlegend untersucht, ob und in welcher Art das bei der Angio graphie verwendete Kontrastmittelgemisch (KMG), bestehend aus Polyethylenglykol und Iohexol, die Konzentration von Alkohol sowie zentralwirksamen Wirkstoffen wie Diazepam, Nordazepam, Oxazepam und Bromazepam verändert. Vor jeder Kontrastmittelzugabe wurde eine Leerblutanalyse des Blutes durchgeführt. Weiter wurde für standardisierte Körpergewichte (50 - 100 kg) das theoretische Blutvolumen berechnet und zu 10 mL des entsprechenden Blutes (Serum) die korrelierte Menge an KMG für 1 Liter und 2 Liter zugesetzt. Die Analyse der Blutproben auf Alkohol erfolgte mittels Dampfraum analysentechnik (GC/Headspace). Die Analyse auf die genannten Benzodiazepine wurden nach flüssig - flüssig Extraktion mittels Hochdruckflüssigkeitschromatographie mit Diodenarraydetektor (HPLC/ DAD) durchgeführt. Die Untersuchung auf Opiate erfolgte sowohl nach Festphasenextraktion als auch nach flüssig - flüssig Extraktion mittels Gaschromatographie/Massenspektrometrie (GC/MS) im SIM-Modus. Die so erhaltenen, aussagekräftigen Untersuchungsergebnisse sollen tabellarisch präsentiert werden. Keywords: Postmortale Angiographie, Kontrastmittelgemisch, Alkohol, Benzodiazepine, Opiate. V74 Immunohistochemical expression of fibronectin and C5b-9 in the myocardium of fatal ethanol intoxications T. Fracasso1,2, H. Pfeiffer1, H. Köhler1, C. Sauerland3, A. Schmeling1 1Institut für Rechtsmedizin, Münster, Deutschland 2Centre universitaire Romand de Médecine Légale, Médecine forensique, Genève, Schweiz 3Institut für Medizinische Informatik und Biomathematik, Münster, Deutschland Some authors reported increased pulmonary pressures in cases of ethanol administration in animal models with depressed activity of the right ventricle. A study conducted on six voluntary healthy physicians demonstrated a rise in pulmonary vascular resistance and pressure with diminished preload of the left ventricle after ingestion of 0.5g/Kg ethanol. To investigate the impact of fatal ethanol intoxication on the myocardium we examined the immunohistochemical expression of the markers fibronectin and C5b-9 in 19 cases of lethal alcohol intoxications (study group 5W, 14M, mean age 39.3 years, min. 26y, max. 69y; mean blood ethanol concentration: 3.5‰, min. 2.11‰, max. 5.31‰) compared to a group of 15 cases of hanging (group 2: 5W, 10M, mean age 49.8 years, min. 23y, max 83y, blood ethanol concentration =0) as well as to 18 cases of myocardial infarction (group 3: 5W, 13M, mean age 60.5 years, min. 41y, max 88y). Fresh cardiac damage was detected with the antibody fibronectin in cases of ethanol poisoning and was prevalently localised at the right ventricle. The possible relation between fresh cardiac damage and pulmonary hypertension in cases of ethanol intoxication is discussed.
Rechtsmedizin 4 · 2010
| 321
Abstracts V75 Zelluläre myokardiale Infiltration und Apoptose beim Plötzlichen Kindstod S. Marmagen, S. Oswald, B. Madea Universitätsklinikum Bonn, Institut für Rechtsmedizin, Bonn, Deutschland 1. Fragestellung: Die Ätiologie und Pathogenese des SIDS sind nach wie vor ungeklärt. Unter anderem wird - ausgehend von Infektionen der oberen Atemwege - eine Myokarditis als Todesursache diskutiert. Jüngere Untersuchungen berichten über eine Inzidenz von bis 20% der Fälle. Die Diagnose einer Myokarditis wird dabei auf selbst ermittelte „Grenzwerte überschreitende Zellzahlen von Leukozyten, T-Lymphozyten und Makrophagen gestützt. 2. Material und Methoden: Das untersuchte Kollektiv besteht aus 92 SIDS Fällen und 15 altersgleichen Kontrollfällen. Myokardproben wurden konventionell histologisch (HE), immunhistologisch (LCA, CD 68, CD 45R0) und nach der TUNEL Methode gefärbt. Pro Fall standen 4 bis 8 Probeentnahmestellen zur Verfügung. Die HE gefärbten Schnitte wurden entsprechend der DALLAS Kriterien auf Myozytolysen, Nekrosen und lymphomonozytäre Infiltrate untersucht. Die immunhistologischen Färbungen wurden bei 100facher Vergrößerung an 10 Loci pro Probenentnahmestelle quantitativ ausgezählt. 3. Ergebnisse: Insgesamt ergeben sich für das SIDS Kollektiv im Vergleich zum Kontrollkollektiv leicht höhere Zellzahlen für LCA und CD 45 R0. Im gesamten Kollektiv waren allerdings nur zwei Fälle als Myokarditis zu diagnostizieren. 4. Schlussfolgerung: Damit ergibt sich kein Anhalt, dass eine Myokarditis einen wesentlichen zum Tode führenden Pathomechanismus bei als SIDS deklarierten Todesfällen darstellt. V76 Perinatale Todesfälle S. Bode-Jänisch, A. Schmidt, D. Günther, A. Fieguth, A.S. Debertin Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland Eine Obduktion ist zur Klärung der Todesursache bei perinatalen Todesfällen unerlässlich. Die Autoren stellen zwei perinatale Todesfälle vor, in denen zusätzlich zur Obduktion des Totgeborenen bzw. Neugeborenen auch die Plazenten pathologisch-anatomisch begutachtet worden sind. Erst die erhobenen Plazentabefunde haben die Klärung der Todesursache und die Beantwortung der Frage, ob ein ärztliches Fehlverhalten vorgelegen hat, ermöglicht. Diese Ergebnisse unterstreichen die Wichtigkeit einer routinemäßigen Untersuchung der Plazenta bei perinatalen Todesfällen. Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen sollte deshalb zusätzlich zur kindlichen Leiche auch die Plazenta sichergestellt werden. V77 Morphologie der koronaren Herzkrankheit bei tödlich verunfallten Luftfahrzeugführern und ihre flug(unfall)medizinische Bedeutung T. Dumser1, C. Wonhas2 1Flugmedizinisches Institut der Luftwaffe, Rechtsmedizin und Flugunfallmedizin, Fürstenfeldbruck, Deutschland 2Flugmedizinisches Institut der Luftwaffe, Klinische Flugmedizin , Fürstenfeldbruck, Deutschland Fragestellung: In letzter Zeit wurden immer wieder Fälle einer „sudden incapacitation“ (SI) bei Piloten mitgeteilt. Einer SI kann oft eine bis dahin asymptomatische koronare Herzkrankheit (KHK) zugrunde liegen. Die Prävalenz der KHK wurde im eigenen Kollektiv tödlicher Flugunfälle überprüft. Methoden: Morphometrisch-morphologische Befundung der Koronarien und Korrelation mit den prämortalen fliegerärztlichen Laborund Ergometriebefunden. Ergebnisse: In 14 von 21 geeigneten Fällen (Altersmittelwert 35,0 Jahre, alle männlich) fand sich eine KHK mit auch höheren Stenosierungs-
322 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
graden. Jeder siebte Fall zeigte die als besonders vulnerabel geltenden Thin Cap Fibroatheromas, jedoch jeweils ohne Anhalt für einen frischen Deckplatteneinriß. Nur der Cholesterinspiegel zeigte eine tendenzielle Korrelation mit dem KHK-Schweregrad. In der Ergometrie schienen bei Fehlen signifikanter Veränderungen geringgradige oder nicht spezifische Veränderungen vermehrt bei Fällen höhergradiger KHK beobachtbar. Schlussfolgerungen: Die (klinisch stumme) KHK ist bei Berufspiloten nicht selten. Die Beurteilung ihrer Bedeutung bei Flugunfällen erfordert u.a. eine umfassende Aufarbeitung der Koronarien. In der flugmedizinischen Praxis kann die Berücksichtigung auch geringgradiger bzw. unspezifischer Ergometriebefunde über anschließende nicht-invasive bildgebende Verfahren bereits zu Lebzeiten zur Bestätigung einer KHK führen, die dann ein gezieltes cardiovaskuläres Risikomanagement erlaubt. V78 Beurteilung des Gelebthabens von tot aufgefundenen Neugeborenen mit Hilfe gasanalytischer Befunde aus dem Gastrointestinaltrakt R. Bux1, C. Juhnke2, H.-H. Klein2 1Institut für Rechtsmedizin, Frankfurt/Main, Deutschland 2Fachhochschule, Labor für Vakuum- und Tieftemperaturtechnik, Frankfurt/ Main, Deutschland Bei der Obduktion tot aufgefundener Neugeborener ist neben der Frage der grundsätzlichen Lebensfähigkeit insbesondere die Frage nach dem Gelebthaben von herausragender Bedeutung. Neben dem Luftnachweis in den Lungen kann auch der Luftnachweis im Magen-Darm-Trakt ein Gelebthaben beweisen und ermöglicht zudem eine vorsichtige Abschätzung der Überlebenszeit. Hierzu ist es erforderlich, die etablierte Magen-Darm-Schwimmprobe durch gasanalytische Untersuchungen zu ergänzen, da die Bildung von Fäulnisgas auch in makroskopisch frisch erscheinenden Leichen möglich ist. Im hiesigen Untersuchungsgut konnten bislang in sechs Fällen massenspektrometrische Analysen des gasförmigen Magen-Darm-Inhalts bei Neugeborenen durchgeführt werden. Dabei konnte in je drei Fällen Luft bzw. Fäulnisgas nachgewiesen werden. In zwei Fällen konnte bei negativem Ausfall der Lungenschwimmprobe, bzw. durch Fäulnisgas verursachter positiver Lungenschwimmprobe durch den Luftnachweis in Magen und Dünndarm dennoch der Nachweis des Gelebthabens erbracht werden. Demgegenüber stellte sich der gasförmige Darminhalt in drei Fällen bei makroskopisch frisch erscheinenden Neugeborenenleichen als Fäulnisgas heraus. Gasanalytische Befunde aus dem Magen-Darm-Trakt tot aufgefundener Neugeborener können somit einen wesentlichen Beitrag zur Beurteilung des Gelebthabens leisten. V79 Todesfälle nach Adipositaschirurgie - Behandlungsfehler oder schicksalhafter Verlauf? K. Becker, K. Friedrich, M.A. Rothschild, S. Banaschak Universitätsklinikum Köln, Institut für Rechtsmedizin, Köln, Deutschland In den letzten Jahren ist es offenkundig zu einer deutlichen Zunahme von gerichtlichen Obduktionen zur Klärung der Todesursache bei Verdacht auf ärztliche Behandlungsfehler gekommen. Dies beruht zum einen auf der zunehmenden Sensibilität medizinischer Laien gegenüber diesem Thema und einer größer werdenden Bereitschaft, Verdachtsfälle zur Anzeige zu bringen. Zum anderen ist die Medizin bereit, immer komplexere und risikoreichere Operationen bei schwerstkranken Patienten durchzuführen. Hierbei steigt insbesondere die Zahl von Patienten, die sich adipositaschirurgischen Eingriffen unterziehen und bedingt durch Adipositas permagna und zahlreiche Begleiterkrankungen ein erhebliches Risikoprofil aufweisen. In den Jahren 2008 und 2009 wurden am Institut für Rechtsmedizin der Uniklinik Köln fünf Fälle untersucht, bei denen es nach einer Magenbypass-Operation zu letztlich letalen Komplikationen kam. Es handelte sich um drei Frauen und zwei Männer im Alter von 22 bis 40 Jahren,
welche einen BMI von 51,9 bis 60,6 kg/m2 aufwiesen. Die Zeitspanne zwischen initialer Operation und Todeseintritt differierte zwischen 4 und 30 Tagen. Über typische Obduktionsbefunde und die Ermittlungsergebnisse wird berichtet. V80 Todesfälle nach ambulanter ärztlicher Konsultation C. Bartsch1, S. Gauthier2, A. Friedrich-Koch1 1Institut für Rechtsmedizin, Zürich, Schweiz 2Bezirksspital Affoltern a.A., Innere Medizin, Affoltern am Albis, Schweiz In Todesfällen, bei denen bekannt wurde, dass zeitnah zum Ableben ein ambulanter Arztkontakt stattgefunden hatte, sollte in jedem Fall eine gerichtliche Obduktion durchgeführt werden, um einen möglichen Kausalzusammenhang zwischen der ärztlichen Behandlungsmassnahme und dem Ableben des Patienten zu überprüfen. Am Zürcher Institut wurde exemplarisch eine Retrospektivanalyse der Obduktionsgutachten solcher Fälle aus einem Beobachtungszeitraum von 10 Jahren durchgeführt. Es handelte sich um insgesamt 40 Patienten (26 M, 14 W), von denen die Hälfte im Alter zwischen 50 und 60 Jahren verstorben war. In 65 % der Fälle hatte die Konsultation in den letzten 24 Stunden vor dem Ableben beim Hausarzt stattgefunden. In 80 % lag eine primär kardial bedingte und bei den übrigen eine andere Todesursache vor. Nahezu alle kardial Verstorbenen wiesen deutliche kardio-vaskuläre Organveränderungen auf. Die Beschwerdesymptomatik war in fast der Hälfte der kardial Verstorbenen gastroenteral betont gewesen, und in 41 % wurde “ex ante“ die plausible Diagnose einer gastroenteralen Erkrankung gestellt, obwohl in fast 72% kardiale Risikofaktoren vorgelegen hatten. Aus der “ex post“-Position lag der Diagnosefehler bei 94 %, gleichwohl liessen sich in nur 15 % fehlerhafte Behandlungsmassnahmen nachweisen. Die Untersuchung hat zudem gezeigt, dass die Beurteilung eines möglichen Kausalzusammenhangs zwischen Behandlungsmassnahme und Tod äusserst schwierig ist, wenn keine ausführliche ärztliche Dokumentation vorliegt. Zudem wurde deutlich, dass das kardiale Risiko bei Patienten zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr trotz vorliegenden Risikofaktoren deutlich unterschätzt wird. V81 Todesfälle durch Ersticken unter Verwendung von Paketklebeband als Knebel U. Schmidt1, U. Flössel1, D. Stiller2 1Institut für Rechtsmedizin, Dresden, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin, Medizin, Halle/Saale, Deutschland Knebelung mit vollständiger Verlegung der Atemwege führt innerhalb kurzer Zeit zum Tod durch Ersticken im bekannten stadienhaften Ablauf. Erhebliche Probleme der Beurteilung zeitlicher Verläufe entstehen bei unvollständiger Knebelung mit der Möglichkeit einer - wenn auch deutlich eingeschränkten - weiteren Atmung. Hier ist der letztendlich tödliche Erstickungsprozess an weitere Faktoren gebunden. Fall 1: Eine 21-jährige Frau wird mit Paketband geknebelt und Würgemalen leblos im Wasser aufgefunden. Todesursache: Aspiration von Uferschlamm. Fall 2: Leiche eines 47-jährigen Mannes, an Gewichten angekettet aus der Saale geborgen. Fesselung der Hände und Verklebung des Mundes und der Augen durch mehrere Lagen Paketklebeband. Todesursache: Ertrinken. Trotz Bedenken der Rechtsmedizin als Suizid abgeschlossen. Fall 3: Leiche einer 84-jährigen Frau gefesselt und mit Paketband geknebelt in Badewanne ohne Wasser aufgefunden, Nasenöffnungen nicht verlegt. Todesursache: Ersticken. Unterstützende Komponenten des Erstickens waren die massive Überstreckung der gefesselten Arme mit Behinderung der Thoraxexkursion und Blut-Sekretansammlung im Mund-Nasenbereich. Thema der HV war die Frage der Überlebenszeit bei fehlenden Tatzeugen und schweigendem Angeklagten. Die Befunde werden vorgestellt und die Möglichkeiten der Einschränkung der Überlebenszeit diskutiert.
V82 Tödliche Verbrennung unter Sauerstofftherapie H. Wittig, P.J. Laberke, V. Dittmann, R. Hausmann Institut für Rechtsmedizin, Forensische Medizin, Basel, Schweiz Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist - neben Bronchialkarzinom und verschiedenen Herzkreislaufkrankheiten - die häufigste und schwerwiegendste Folge des Rauchens. Eine Langzeit-Sauerstofftherapie gehört heute zum therapeutischen Standard bei hypoxischen Lungenerkrankungen wie der COPD. Seit einigen Jahren gibt es aber in der pulmologischen und verbrennungsmedizinischen Fachliteratur immer wieder kasuistische Berichte von meist überlebten Verbrennungen im Gesichtsbereich infolge Rauchens unter Sauerstoffapplikation. In der rechtsmedizinischen Literatur wird dieser spezielle Unfallmechanismus bisher nicht erwähnt. Wir berichten über den Fall eines 72 Jahre alt gewordenen Mannes, der mit ausgedehnten hochgradigen Verbrennungen tot in seiner Wohnung aufgefunden wurde. Die Brandschäden in der Wohnung waren vergleichsweise gering. Neben zahlreichen Zigarettenpackungen im Brandschutt wurde bei der Leichenschau am Fundort eine geöffnete Sauerstoff-Gasflasche festgestellt, aus der - nach Abzug der Feuerwehr (!) - noch immer 3 Liter Sauerstoff je Minute ausströmten. Es soll auf einige besondere Befunde hingewiesen werden - keine makroskopische Rußeinatmung, keine relevante COHb-Konzentration, deutliches Stauungssyndrom im Kopfbereich - die bei der rechtsmedizinischen Beurteilung ggf. differenzialdiagnostische Probleme aufwerfen könnten. V83 Aceton als Marker für Tod durch Unterkühlung - eine retrospektive Untersuchung B. Fliss1, M. Tsokos2 1Institut für Rechtsmedizin Zürich, Forensische Medizin, Zürich, Schweiz 2Institut für Rechtsmedizin der Charité - Universitätsmedizin Berlin, Deutschland Den Tod durch Unterkühlung zu diagnostizieren, ist nicht selten schwierig und kann nur anhand bestimmter makroskopischer und mikroskopischer Befunde sowie nach Ausschluss konkurrierender Todesursachen festgestellt werden. Als Kälte-assoziierte Befunde gelten z.B. Wischnewski-Flecken und Frostflecken, die sich jedoch nicht regelhaft nachweisen lassen. Deshalb erscheint es umso wichtiger, nach weiteren diagnostischen Kriterien für den Kältetod zu suchen. Der in einzelnen Publikationen beschriebene mögliche Zusammenhang zwischen Unterkühlung und dem Nachweis von Aceton wurde von uns deshalb genauer untersucht. Retrospektiv wurden die todesursächlichen Unterkühlungsfälle der Jahre 1993-2003 des Instituts für Rechtsmedizin der Charité ausgewertet. Insgesamt fanden sich in diesem Zeitraum 111 Todesfälle, bei denen eine todesursächliche Unterkühlung festgestellt worden war. In diesen Fällen war der Acetongehalt im Rahmen der Obduktion entweder im Blut oder im Urin bestimmt worden. Letztlich konnte nur in einem kleinen Teil (15 %) des Kollektivs Aceton nachgewiesen werden. Es werden Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten der Aceton-positiven und -negativen Unterkühlungsfälle vorgestellt und unter Berücksichtigung der aktuellen Literatur Erklärungen zur Entstehung von Aceton in diesen Fällen diskutiert. V84 Modellierung elektrischer Stromimpulse am Menschen Y. Aronshtam1, S. Kunz1, H.R. Tränkler2, S. Fieseler1, O. Peschel1, M. Graw1 1Institut für Rechtsmedizin München, Rechtsmedizin, München, Deutschland 2Universität der Bundeswehr, München, Deutschland Distanz-Elektroimpulswaffen wie der Taser X26 bewirken durch Übertragung hoher Spannung bei geringer Stromstärke eine willentlich nicht beeinflussbare, allgemeine Muskelkontraktion mit konsekutiver Immobilisierung des Getroffenen. Die Unsicherheit über mögliche Wirkungen bei Anwendung am Menschen führt zu Diskussionen über die Anwendung der Geräte in vielen Ländern. Rechtsmedizin 4 · 2010
| 323
Abstracts Die Wirkung elektrischer Impulse auf die verschiedenen Gewebe im menschlichen Körper soll anhand eines eigens entwickelten Computermodells für Taser-Person-Interaktionen zur Klärung der Funktionsweise des Tasers beitragen. Mittels SEMCAD Simulationssoftware, basierend auf bereits bestehenden numerischen 3D Modellen des menschlichen Körpers und physiologischer Datenbanken, wird die Wirkung eines Impulses des Tasers an unterschiedlichen Individuen bei Veränderung von Systemparametern wie z.B. Eindringtiefe der Elektroden, Auftreffpositionen, etc. untersucht. Die Methode wurde anhand experimenteller Untersuchungen an organischen Geweben validiert. Die Ergebnisse werden mit vorhandenen Vorschriften der IEC (International electrotechnical comission) verglichen. Die Wirkung des Tasers ist von mehreren Faktoren abhängig (z.B. Eindringstiefe, Körperbau, etc.). Die gewonnenen Werte der Strom- und Ladungsdichte beim Vergleich mit den standardisierten Schwellen für Wechselstrom weisen auf einen Sicherheitsfaktor von 5 bis 10 für den einzelnen Taser-Impuls hin. Dies bedeutet, dass der gemessene Strom, der beim Tasereinsatz im Körper fließt, 5 bis 10 mal so groß ist wie die entsprechende Schwelle (für Fibrillation). V85 Beeinflussung der Creatin - Kinase Konzentration im Blut durch den Einsatz von Distanz - Elektroimpulswaffen wie den Taser® S. Kunz1, J. Ho2, D. Dawes3, E.E. Vogel2, B.S. Orozco2, R.S. Nelson2, J.R. Miner2 1Institut für Rechtsmedizin München, Rechtsmedizin, München, Deutschland 2Hennepin County Medical Center, Minneapolis, Vereinigte Staaten von Amerika 3University of Louisville, Louisville, Vereinigte Staaten von Amerika Distanz-Elektroimpulswaffen führen durch Übertragung hoher Spannung bei geringer Stromstärke zu einer willentlich nicht beeinflussbaren, allgemeinen Muskelkontraktion. Diese Arbeit untersucht den Einfluss von Elektroimpulswaffen auf die Serumkonzentration von Creatin-Kinase (CK), besonders in Hinblick auf die Dauer der Stromapplikation (s) und die Anzahl der Kontaktpunkte bzw. Elektroden. Im Rahmen von Trainingsprogrammen wurden Polizisten an verschiedenen Körperregionen mit unterschiedlichen Elektroimpulswaffen (Taser® M26, X26, XREP und C2) beschossen. Die Stromapplikation erfolgte durch 2 Kontaktpunkte (21 Probanden), 3 Kontaktpunkte (10 Probanden), 4 Kontaktpunkte (18 Probanden) und 6 Kontaktpunkte (7 Probanden). Die Dauer der Stromstöße variierte zwischen 5s (81 Probanden), 10s (64 Probanden) und 30s (11 Probanden). Die Blutserumkonzentrationen von CK wurden direkt vor und 24 Stunden nach dem Beschuss bestimmt. Der Median der CK-Konzentration erreichte bei einem Taserbeschuss von 5s 26.5 U/l, bei 10s 428.5 U/l und bei 30s 47 U/l. Der Zentralwert der CK-Konzentration bei 2 Kontakten lag bei 32 U/l, bei 3 Kontakten bei 1456 U/l, bei 4 Kontakten bei 887 U/l und bei 6 Kontakten bei 846 U/l. Distanz-Elektroimpulswaffen können zu einem Anstieg der CK-Konzentration im Blut führen, welcher bei den untersuchten Probanden keine klinische Relevanz zeigte. Die Anzahl der Kontaktpunkte hat dabei einen signifikanten Einfluss, während die Dauer der Stromapplikation keine eindeutig zu belegbaren Einflüsse zu haben scheint.
V86 Qualitätssicherung von forensischen Datenbanken - Analyse und Quantifizierung von Y chromosomalen Populationssubstrukturen *S. Willuweit1, M.M. Andersen2, L. Roewer1 1 Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Rechtsmedizin, Abteilung für ���������������������������������������� Forensische Genetik, Berlin, Deutschland 2 Department of Mathematical Sciences, Aalborg University, Aalborg, Dänemark Zur Berechnung von Übereinstimmungswahrscheinlichkeiten z.B. zwischen Spur und Spurenleger (random match probability) werden Referenzdatenbanken herangezogen, namentlich die ENFSI DNA WG STR Database für autosomale, die EMPOP für mitochondriale und die YHRD für Y chromosomale DNA-Profile*. Die Berechnung dieser match probabilities erfordert die Berücksichtigung der Subpopulationsstruktur, die für Y chromosomale Marker besonders ausgeprägt ist und keinesfalls ignoriert werden darf (interkontinentale Fst-Werte > 0.25). In der YHRD wird die Subpopulationsstruktur durch die Einteilung in s.g. Metapopulationen, das sind Gruppen von Stichproben mit ähnlicher Haplotypkomposition, a priori berücksichtigt. Bei der Klassifizierung werden Kriterien wie Sprache, Geographie oder Abstammung einbezogen. In Zukunft sollen vor allem genetische Varianzanalysen beim Clustering berücksichtigt werden. Ziel ist es Metapopulationen zu bilden, die möglichst geringe durchschnittliche paarweise Fst-Werte aufweisen, so dass eine zusätzliche Korrektur der berechneten Wahrscheinlichkeiten entfällt. Mit unserem Vortrag möchten wir einen neutralen und parametrischen Ansatz präsentieren, um die genetische Zusammensetzung von Metapopulationen zu bewerten und den Populationseffekt zu quantifizieren. * http://str-base.org/, http://empop.org, http://yhrd.org/ V87 Good shedder or bad shedder - beeinflussen Hautkrankheiten die Qualität von Hautabriebsspuren? T. Kamphausen1, D. Schadendorf2, N. von Wurmb-Schwark3, T. Bajanowski1, M. Poetsch1 1Universitätsklinikum Essen, Institut für Rechtsmedizin, Essen, Deutschland 2Universitätsklinikum Essen, Klinik für Dermatologie, Essen, Deutschland 3Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Institut für Rechtsmedizin, Kiel, Deutschland Hautabriebspuren machen einen immer größeren Anteil der Routinearbeit in der Spurenanalytik aus, wobei DNA-Gehalt und DNA-Qualität dieser Hautabriebspuren große Unterschiede aufweisen. Die Angaben in der Literatur bezüglich des Anteiles „guter Spurenleger in der Gesellschaft schwanken zwischen 0 % und 54 %, wahrscheinlich tragen diverse Faktoren zur Auswertbarkeit von Hautabriebspuren bei. In unserer experimentellen Studie wurde untersucht, ob Hautkrankheiten mit einer Erhöhung der Zellerneuerungsrate einen Einfluss auf die Auswertbarkeit der hinterlassenen Hautabriebspuren haben. Von jeweils zehn Patienten mit Atopie, Ulcus cruris und Psoriasis sowie von 22 gesunden Erwachsenen (Kontrollgruppe) wurden standardisiert Hautabriebspuren gewonnen. Der DNA-Gehalt wurde mittels Quantifiler bestimmt und eine molekulargenetische Analyse mit etablierten Multiplex-Kits durchgeführt. Unterschiede in der Häufigkeit positiver Befunde zwischen den einzelnen Gruppen werden im Hinblick auf mögliche Pathomechanismen diskutiert. V88 Assoziation von SIDS mit einem Polymorphismus des Monoaminooxidase A Gens: Eine Erklärung für das höhere Risiko von Jungen? M. Klintschar1, C. Heimbold2 1MH Hannover, Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland 2Universitätsmedizin Göttingen, Rechtsmedizin, Göttingen, Deutschland Es bestehen zahlreiche Hinweise für eine zentrale Rolle serotonerger und noradrenerger Neuronen im Hirnstamm bei der Ätiologie des SIDS. Die Monoaminooxidase A (MAOA) ist ein Enzym, das in diesen Neuronen
324 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
sowohl Serotonin als auch Noradrenalin abbaut. Im Promotorbereich existiert ein funktioneller Repeatpolymorphsimus (VNTR), wobei die Allele mit 2 oder 3 Repeats eine schwächere, die mit 3.5 oder 4 Repeats eine stärkere Genexpression verursachen. Wir untersuchten diesen Polymorphismus bei 156 SIDS Fällen (davon 99 männlich) und 260 Kontrollen (davon 161 männlich). Dabei zeigte sich, dass die Häufigkeit der Allele bei weiblichen Fällen und Kontrollen vergleichbar war. Hingegen wiesen die männlichen SIDS Opfer gegenüber den männlichen Kontrollen eine streng signifikant erhöhte Häufigkeit der mit einem schwachen Promotor einhergehenden gepoolten Allele *2 bzw. *3 auf (44,44% gegenüber 25,47%; p<0,01). Daraus lassen sich Odds Ratios von 2,57 (95%CI 1,49-4,46) für männliche Träger eines Allels *2 oder *3 bzw. von 0,39 (95% CI 0,22-0,67) für Träger eines Allels *3.5 oder *4 errechnen. Anhand einer Analyse mit weiteren für SIDS relevanten Faktoren, konnte nachgewiesen werden, dass insbesondere männliche Säuglinge, die zwischen der 7. und 22. Lebenswoche verstarben, signifikant häufig ein Allel *2 oder *3 aufwiesen (58,1%), wohingegen Säuglinge, die nach der 22. Lebenswoche starben, eine Häufigkeit dieser Allele im Normbereich aufwies (22,2%). Das MAOA Gen ist auf dem X-Chromosom lokalisiert: Männliche Individuen weisen nur ein X-Chromosom auf und sind daher (analog z.B. der Hämophilie) empfindlicher gegen Mutationen X-chromosomaler Gene. Daher wäre diese Genassoziation geeignet, die bisher unerklärte, um ca. 50% erhöhte, SIDS-Mortalität bei Jungen gegenüber Mädchen zu erklären. V89 mtDNA SNPs und SIDS - Mitochondriale Punktmutationen und der plötzliche Säuglingstod S. Köhnemann1, S. Schumann1, M. Vennemann1, G. Gruppe2, H. Pfeiffer1 1Institut für Rechtsmedizin, Forensische Molekulargenetik, Münster, Deutschland 2Rechtsmedizinische Institute, Epidemiologische und Sozialmedizinische Institute, Deutschland Im Rahmen einer interdisziplinären deutschlandweiten Studie >German study on sudden infant death - GeSID< (Findeisen et al. 2004) wurden im Zeitraum von 1998 bis 2001 Säuglingstodesfälle zentralisiert am Institut für Rechtsmedizin Münster ausgewertet. Die Ursache des plötzlichen Säuglingstodes ist bisher nicht geklärt, ein multifaktorielles Geschehen in Kombination mit genetischer Disposition ist anzunehmen. Die mitochondriale DNA (mtDNA) stellt ein wichtiges Glied der inneren Atmungskette dar und spielt möglicherweise eine wesentliche Rolle beim plötzlichen Säuglingstod. Durch die Untersuchung der mitochondrialen Genstruktur mittels 32 Haplogruppen SNPs (englisch: single nucleotide polymorphism) sowie durch die Analyse von 32 möglicherweise ``pathogenen´´ SNPs, welche in vorherigen Studien mit dem plötzlichen Säuglingstod in Verbindung gebracht wurden, soll geklärt werden, ob es mitochondriale Genkombinationen gibt, die mit dem plötzlichem Säuglingstod assoziiert sind. In diesem Vortrag wird der aktuelle Stand der mtDNA Forschung in Zusammenhang mit dem plötzlichen Säuglingstod thematisiert und es erfolgt ein Ausblick auf die durch ein DFG-Projekt geförderte Analyse von 32 Haplogruppen- und 32 ``pathogenen´´ SNPs an FFPE (englisch: formalin fixed paraffin embedded) Gewebeschnitten von Fällen des plötzlichen Säuglingstodes. V90 Internationale Standards zu Identifizierungen bei Massenunfällen und Katastrophen R. Lessig1, A. Höhn2, L. Aspinall2, M. Rothschild3 1Universität Leipzig, Institut für Rechtsmedizin, Leipzig, Deutschland 2BKA, IDKO, Wiesbaden, Deutschland 3Universitätsklinikum Köln, Institut für Rechtsmedizin, Köln, Deutschland Die Identifizierung von Opfern eines Massenunfalls oder einer Katastrophe stellt nach wie vor für alle Beteiligten eine große Herausforderung dar. Auf Grund der Erfahrungen der letzten Jahre auf dem Gebiet der Identifizierung von Opfern bei Massenkatastrophen, insbesondere
nach den Seebeben am 26.12.2004, musste festgestellt werden, dass das Potential nicht voll ausgeschöpft wurde, da die Standards in den beteiligten Ländern zu weit auseinander lagen bzw. nicht vorhanden waren. Die Identifizierungsarbeit muss je nach Art der Katastrophe adaptiert werden. Da es sich in der Regel um eine Tätigkeit handelt, die unter Führung der zuständigen Polizei erfolgt, ist Interpol eine sehr gute Plattform mit koordinierender Funktion. Interpol hat derzeit 188 Mitgliedsstaaten. Das Generalsekretariat (IPSG) in Lyon verfügt jedoch nicht über die notwendigen Ressourcen, um DVI-Einsätze eigenständig mit eigenem Personal durchzuführen. Insofern sind internationale Kooperationen die Regel. Für die Entwicklung der erforderlichen Standards ist das Standing Committee on Disaster Victim Identification (DVI) zuständig. Dieses besteht neben den Vertretern der zuständigen Polizeiorganisation auch aus Vertretern der forensischen Medizin. In den verschiedenen Workinggroups wird an den entsprechenden internationalen Standards kontinuierlich gearbeitet. Als Ergebnis dieser jahrelangen Arbeit wurde der Disaster Victim Identification Guide letztmalig 2008 aktualisiert herausgegeben und der Tsunami Evaluation Report 2010 verabschiedet. Über die Organisation des Standing Committees on DVI und die erarbeiteten Standards soll berichtet werden. V91 Separation und Analyse einzelner Mitochondrien R. Pflugradt, U. Schmidt, T. Sänger, S. Lutz-Bonengel Universitätsklinikum Freiburg, Institut für Rechtsmedizin, Freiburg, Deutschland Die Erforschung der mitochondrialen Heteroplasmie ist für die forensische Genetik von besonderer Bedeutung. Nur durch ein umfassendes Verständnis dieses Phänomens kann die statistische Aussagekraft von mtDNA-Analysen zuverlässig abgeschätzt werden. Über die genaue mtDNA-Komposition einzelner Mitochondrien ist nur wenig bekannt. Da diese Organellen jedoch mehrere mtDNA-Moleküle beinhalten können, ist selbst innerhalb einzelner Mitochondrien ein heteroplasmatischer Zustand vorstellbar. Daher ist auf dem Weg zur Erforschung der mitochondrialen Heteroplasmie die Analyse der mtDNA auf Ebene des einzelnen Mitochondriums eine Hürde, die genommen werden muss. Um die mtDNA einzelner Organellen sinnvoll erforschen zu können, müssen diese zuvor voneinander separiert werden. Durch den Vergleich verschiedener Separationsmethoden sollte eine Technik gefunden werden, die in der Lage ist, einzelne Mitochondrien mit hoher Zuverlässigkeit voneinander zu trennen und abzulegen. Zum Einsatz kamen dabei die Durchflusszytometrie, die Lasermikrodissektion und ein spezieller Aufbau der optischen Pinzette. Durch die Kombination von real-time quantitative PCR (qPCR) und Sequenzanalysen gelang ein Nachweis dafür, dass insbesondere die optische Pinzette zur Separation einzelner Mitochondrien befähigt ist. V92 Post-Identification Pool (PIP) Protocol - Eine Methode zur multiplen Analyse ein und derselben Zellen T. Kroneis1,2, G. Schmidt-Gann1, E.P. Leinzinger1 1Medizinische Universität Graz, Institut f. Gerichtliche Medizin, Graz, Österreich 2Medizinische Universität Graz, Institut f. Zellbiologie, Histologie & Embryologie, Graz, Österreich Die Mehrfachanalyse ein und derselben Zelle stellt vor allem im Bereich der so genannten „seltenen Zellen“ eine Möglichkeit zur eindeutigen Identifikation und weiterführenden Analyse dar. Die Schwierigkeiten in der Analyse dieser Zellen, zu denen fallweise auch Spermien aus Vaginalabstrichen zählen, liegen hauptsächlich in ihrer geringen absoluten Zahl und relativen Seltenheit in der jeweiligen Probe und in der Kontaminationsgefahr durch die sie umgebenden (genetisch nicht identischen) Zellen. Ausgehend von einem Modellsystem, bestehend aus Zellen mehrerer Individuen, haben wir ein Verfahren (PIP-Protocol) etabliert, das die eindeutige Identifikation (DNA-Profil) und Analyse [Sequenzierung, Rechtsmedizin 4 · 2010
| 325
Abstracts Comparative Genome Hybridization (CGH)] einzelner Zellen erlaubt. Ausgangspunkt dieser Methode sind Zytospins von Mischproben, die zunächst immunzytochemisch gefärbt werden. Positive Zellen werden mittels Imaging-Software semi-automatisch als Kandidatenzellen detektiert und anschließend einzeln mittels Lasermikrodisektion auf einen Chip transferiert. Auf diesem Chip wird die DNA im Mikroliteransatz amplifiziert [whole genome amplification (WGA)]. Nach der WGA der Zellen können Aliquots ein und derselben Zelle mittels Sequenzierung, DNA-Profiling und CGH analysiert werden. Das PIP-Protocol stellt eine Erweiterung des forensischen Methodenspektrums hinsichtlich der Analyse von Mischspuren dar. V93 Schwein gehabt: die Domestikation des Schweins (Sus scrofa) neue Erkenntnisse aus alter DNA B. Krause-Kyora1,2, M. Harder1,2, R. Renneberg1,2, A. Nebel3, C. von CarnapBornheim4, T. Schwark1, N. von Wurmb-Schwark1,2 1UK S-H, Institut für Rechtsmedizin, Kiel, Deutschland 2Christian-Albrechts-Universität, Graduiertenschule „Human Development in Landscapes“, Kiel, Deutschland 3Christian-Albrechts-Universität, Institut für Klinische Molekularbiologie, Kiel, Deutschland 4Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen, Schloß Gottorf, Schleswig, Deutschland Kein anderes Tier reflektiert die menschliche Umwelt besser als das Schwein. Spielte es in prähistorischen und historischen Zeiten vorwiegend eine Rolle in der Fleischversorgung, so ist es heute zu einem wichtigen Modellorganismus geworden, an dem z. B. Übergewicht, kardio-vaskuläre und chronische Krankheiten, aber auch Organtransplantationen erforscht werden. Spätestens seitdem der Konzern Monsanto versucht, Patente auf Genabschnitte des Schweins zu erlangen, ist deutlich, welche wirtschaftliche Bedeutung das Schwein hat und wie ungenügend die Kenntnisse seiner Genetik sind. Diese Studie zeigt mit Hilfe von genetischen Untersuchungen an alter DNA von archäologischen Schweinefunden, wie die Domestikation der Stammart Wildschwein abgelaufen ist. Hierbei stehen zum einen die technischen Herausforderungen, wie die Entwicklung von Extraktionsmethoden oder die Etablierung von PCR-Systemen, als auch die genetische Aussagekraft (u. a. Phylogeography und Pigmentierung) der Marker im Vordergrund. Untersucht wurden 260 domestizierte und 80 Wildschweine von 25 steinzeitlichen Fundplätzen aus 6 europäischen Ländern. Es wurden Abschnitte der mitochondrialen DNA (D-Loop, Cytb, ND5, 12srRNA) und der nuklären DNA (MC1R, Amelogenin, SRX/Y) untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die ersten domestizierten Schweine in Norddeutschland eine direkte mütterliche Abstammungslinie aus dem „Nahen Osten“ aufweisen. Diese wurden allerdings nach kurzer Zeit durch Schweine mit einer europäischen Erblinie verdrängt. V94 TH01 und Langlebigkeit - Eine Assoziationsstudie T. Schwark1, M. Poetsch2, A. Nebel3, A. Caliebe4, R. Renneberg1, R. Kleindorp3, S. Schreiber3, N. von Wurmb-Schwark1 1UK S-H, Institut für Rechtsmedizin, Kiel, Deutschland 2Universitätsklinikum Essen, Institut für Rechtsmedizin, Essen, Deutschland 3Christian-Albrechts-Universität, Institut für Klinische Molekularbiologie, Kiel, Deutschland 4UK S-H, Institut für Medizinische Informatik und Statistik, Kiel, Deutschland Die Frage einer Assoziation zwischen den langen Allelen (9, 9.3 und 10) des Genortes TH01 und Langlebigkeit wurde in den letzten Jahren kontrovers diskutiert. Da ein solcher Zusammenhang auch für die forensische Routinearbeit von Bedeutung sein könnte, haben wir in dieser Studie 471 unverwandte deutsche Individuen zwischen 96 und 110 Jahren (Median 101 Jahre) und 462 jüngere unverwandte deutsche Kontrollpersonen (19-75 Jahre, Median 59 Jahre) ausgewählt und hinsichtlich des Genortes TH01 genotypisiert. Anlehnend an die Veröffentlichung
326 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
von DeBenedictis et al. (1998) wurden die gewonnenen Daten statistisch aufbereitet und ausgewertet. Die beobachtete Allelverteilung entsprach sowohl in den hochbejahrten als auch den jüngeren Studienteilnehmern den erwarteten und bekannten Werten in Deutschland. Es zeigte sich bezogen auf unser Untersuchungskollektiv - keine Assoziation zwischen Langlebigkeit und langen TH01 Allelen. Die Ergebnisse werden im Einzelnen vorgestellt und diskutiert. V95 Verfahrensrechtliche Aspekte bei Gewalt gegen Minderjährige R. Dettmeyer Institut für Rechtsmedizin, Justus-Liebig-Universität, Gießen, Deutschland Rechtsfragen bei Gewalt gegen Kinder betreffen das Verfahrensrecht unterschiedlicher Rechtsgebiete. Grundlage ist v.a. das sog. staatliche Wächteramt (Art. 6 GG). Besondere Relevanz haben Vorgaben zum Umgang mit minderjährigen Gewaltopfern im Strafverfahren. Regelungen z.B. im Gewaltschutzgesetz (GewSchG) und in den Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStV) dienen ebenfalls dem Schutz von Minderjährigen. Neuerungen ergeben sich durch das seit dem 01.09.02009 geltende Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) sowie die Opferrechtsreformgesetze. Ausgangspunkt ist die Gefährdung des Kindeswohls, die behördlichen Handlungsbedarf auslöst (vgl. §8a SGB VIII, Verweis des Tatverdächtigen aus der Wohnung gem. GewSchG etc.). Bei begründetem Verdacht auf eine Straftat zum Nachteil eines Kindes bzw. Jugendlichen gibt es Regelungen zur Vernehmung des Opfers (Audiovisuelle Vernehmung, Heranziehung eines Sachverständigen zur aussagepsychologischen Begutachtung) und zur körperlichen Untersuchung (Anwesenheit einer Person des Vertrauens, Anfertigung von Bildern und Regelungen zur Einsichtnahme in die Verfahrensakten etc.) schon im Vorverfahren. Weitere Vorgaben betreffen die Position des Kindes im Strafverfahren bis zur Hauptverhandlung (Nebenklägerstatus, Verfahrensbeistand, Opferanwalt, Adhäsionsverfahren). Da ein Gewaltopfer auch Zeuge ist, müssen Einschränkungen beim Zeugenschutz beachtet werden. V96 Ausgewählte rechtliche Aspekte der forensischen Altersdiagnostik M. Parzeller Institut für Rechtsmedizin, Medizinrecht, Frankfurt, Deutschland Das tatsächliche Alter eines Menschen spielt in den unterschiedlichsten Rechtsgebieten, wie dem Zuwanderungsrecht, dem Strafrecht, dem Zivilrecht, dem Sozialrecht, etc., eine verfahrenserhebliche Rolle. Aufgrund des Alters eines Menschen können gesetzliche Schutzfunktionen, z. B. Anwendung von Jugendstrafrecht, bestehen oder Ansprüche auf staatliche Leistungen begründet sein. Leistungsbegehren können abgelehnt werden, wenn diese Leistungen nur einer bestimmten Altersgruppe (z. B. Minderjährigen) zugutekommen sollen. Wenn das Lebensalter nicht zweifelsfrei feststeht, stellt sich die Frage, inwieweit eine forensische Altersdiagnostik diesbezüglich zur Problemlösung beitragen kann. Aufgrund der angewandten Methoden bei der forensischen Altersdiagnostik, wie z. B. der Einsatz radiologischer Verfahren, werden juristische Einwände gegen die forensische Altersdiagnostik insbesondere bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen erhoben. Teilweise unklare gesetzliche Vorgaben, widersprüchliche Rechtsprechung sowie einseitige und unsachliche Ausführungen in der Laienpresse und von Ärzteorganisationen tragen nicht zur Rechtssicherheit für den untersuchenden Sachverständigen bei. Unter Berücksichtigung aktueller Rechtssprechung und Literatur wird der gegenwärtige Stand der Diskussion verdeutlicht und erfolgt eine Darstellung einschlägiger Ermächtigungsgrundlagen im Kontext der Röntgenverordnung, die bei der forensischen Altersdiagnostik relevant sein können.
V97 Wertigkeit rechtsmedizinischer Sachverständigengutachten in der Urteilsfindung bei Körperverletzungen R. Riener-Hofer1, E. Scheurer1, P. Schick1,2, K. Yen1 1Ludwig Boltzmann Institut, Klinisch-Forensische Bildgebung, Graz, Österreich 2Karl-Franzens Universität Graz, Institut für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie, Graz, Österreich Für die strafgerichtliche Urteilsfindung bei Körperverletzungsdelikten ist die medizinische Befund- und Gutachtenserstellung unerlässlich, zumal der „richtende Jurist“ von dieser fachlichen Beurteilung abhängig und ohne diese nahezu entscheidungsunfähig ist. Wie oft fällt die Wahl hierbei auf den Rechtsmediziner und damit auf eine qualitativ hochwertige forensische Begutachtung? Welche Auswirkungen auf die Urteilsfindung hat die rechtsmedizinische Gutachtenserstellung im Unterschied zu der Begutachtung durch klinische Sachverständige bzw. im Unterschied zu einer Entscheidungsfindung, die sich in erster Linie auf eine klinisch-therapeutische Dokumentation stützt? Wie oft werden rechtsmedizinische Gutachten auf Basis bildgebender Verfahren erstellt und in welcher Form wird auf das rechtsmedizinische Sachverständigen-Gutachten im Urteil eingegangen? Zur Evaluierung dieser Fragen wurden Akten der Jahre 2006 bis 2009 aus dem Hauptverhandlungsregister des Landesgerichts für Strafsachen Graz ausgehoben, in denen ein Körperverletzungsdelikt verhandelt wurde. Die Akten wurden anhand von definierten Fragestellungen untersucht, mit denen das Vorliegen rechtsmedizinischer Gutachten und deren Wertigkeit für die Urteilsfindung evaluiert werden. Insbesondere soll die Bedeutung bildgebender Verfahren und tatzeitnaher rechtsmedizinischer Untersuchungen für die Rechtsprechung beleuchtet werden. Erste Ergebnisse der Studie werden vorgestellt. V98 Achtung Lebensgefahr! Zur Risikobeurteilung von Verletzungen U. Hammer, S. Bumbel, A. Buettner Universität Rostock, Institut für Rechtsmedizin, Rostock, Deutschland Der rechtsmedizinische Sachverständige steht in Gerichtsverhandlungen wegen der möglichen Strafrahmenverschiebung oft vor der zu beantwortenden Frage, ob nach Beibringung von Verletzungen Lebensgefahr bestand. Während juristisch der Gefahrenbegriff verwendet wird und Ereignisse erst ab einer Wahrscheinlichkeit > 50 % als „wahrscheinlich gelten, spricht man in der Philosophie, in der Wirtschaft und in den Naturwissenschaften vom Risiko als kombinierte Größe aus Gefahr und Exposition mit einem rechnerisch basierten Risiko-Assessment. Risiken medizinischer Eingriffe (Komplikationsdichte) sind durch aufwendige Literaturrecherchen eingegrenzt worden, ebenso wie Morbiditätserwartungen. Risikobeurteilungen von Verletzungen dagegen liegen im Schrifttum als valide Datenbasis nicht vor. Die vorliegende Arbeit sortiert die sehr unterschiedlich gebrauchte Terminologie, beginnt mit einer systematischen Risikobeurteilung von offenen Thorax- u. Abdomenverletzungen anhand des Patientengutes der Chirurgischen Universitätsklinik Rostock und dimensioniert den Begriff der sog. Lebensgefahr aus naturwissenschaftlicher und juristischer Sicht. V99 Probleme und Fortschritte der Forensischen Altersdiagnostik bei Lebenden - 10 Jahre AGFAD G. Geserick1, A. Schmeling2 1ehem. Inst. Rechtsmed. Charité, Berlin, Deutschland 2Universitätsklinikum Münster, Institut für Rechtsmedizin, Münster, Deutschland In den letzten zwei Jahrzehnten kam es in den deutschsprachigen und anderen europäischen Ländern im Rahmen von Straf- als auch Zivil- und Asylverfahren zu einem erheblichen Anstieg der forensischen Altersschätzungen bei Lebenden. Die verwendeten Untersuchungsmethoden wie auch die Qualität der Gutachten wiesen große Unterschiede
auf, was Diskussionen über ihre wissenschaftliche Qualität sowie ihre ethische und juristische Zulässigkeit förderte. Deshalb war eine Harmonisierung und Qualitätssicherung der Gutachtenerstattung geboten. Zu diesem Zweck gründete sich im März 2000 die interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft für Forensische Altersdiagnostik (AGFAD), der nunmehr 123 Wissenschaftler aus 16 Ländern angehören. Die bisherigen 13 Tagungen der AGFAD mit Durchführung von jährlichen Ringversuchen, ihre Koordination von Forschungsprojekten sowie ihre publizierten Empfehlungen (zur forensischen Altersdiagnostik bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Strafverfahren (2001, 2008), außerhalb des Strafverfahrens (2004), und zur Erreichung des Rentenalters (2002) haben die Qualität der Gutachten deutlich verbessert und damit einen wichtigen Beitrag zur Rechtssicherheit geleistet. V100 Übertragbarkeit von Methoden zur Knochenaltersbestimmung von Röntgenbildern auf MR-Untersuchungen der Hand A. Krauskopf1, 4, E. Sorantin2, M. Borkenstein3, B. Tamegger-Jelinek1, 4, K. Yen1, 4, E. Scheurer1, 4 1Ludwig Boltzmann Institut, Klinisch-Forensische Bildgebung, Graz, Österreich 2Medizinische Universität Graz, Universitätsklinik für Radiologie, Abteilung für Kinderradiologie, Graz, Österreich 3Medizinische Universität Graz, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Klinische Abteilung für Allgemeinpädiatrie, Graz, Österreich 4Medizinische Universität Graz, Institut für Gerichtliche Medizin, Graz, Österreich Die Knochenaltersbestimmung der Hand mittels Röntgenuntersuchung stellt eine wesentliche Säule der forensischen Altersschätzung dar. Die damit verbundene Strahlenbelastung unterliegt jedoch nach wie vor einer kontroversen Diskussion. Ziel dieser Studie ist es, die Übertragbarkeit von etablierten Methoden zur Knochenaltersbestimmung der Hand im Röntgenbild auf Magnetresonanzbilder zu untersuchen, um künftig eine mit der Röntgentechnik verbundene Strahlenbelastung vermeiden zu können. Im Rahmen dieser laufenden Studie wurde bei 17 Kindern (13 Knaben, 4 Mädchen), bei denen aus medizinischer Indikation eine Röntgenaufnahme der linken Hand angefertigt wurde, am selben Tag eine MR-Untersuchung der linken Hand durchgeführt. Die Röntgen- und MR-Bilder wurden unabhängig voneinander von zwei Untersuchern hinsichtlich ihres Knochenalters nach der Methode von Greulich&Pyle, Tanner&Whitehouse (TW2) und der Einteilung nach Schmidt et al. beurteilt. Die Ergebnisse zeigen, dass die für die Knochenaltersbestimmung anwendbaren Methoden prinzipiell auf MR-Bilder übertragen werden können, wobei sich diese Methoden als unterschiedlich geeignet darstellen. Grundsätzlich dürfte ein anzustrebender Ersatz der strahlenbelastenden Verfahren durch MR-basierte Methoden bei asylrechtlichen Fragestellungen möglich werden. V101 Referenzstudie zur sonographischen Beurteilung der Ossifikation der medialen Schlüsselbeinepiphysenfuge R. Schulz1, S. Schmidt1, M. Schiborr2, H. Pfeiffer1, A. Schmeling1 1Universitätsklinikum Münster, Institut für Rechtsmedizin, Münster, Deutschland 2Universitätsklinikum Münster, Institut für Klinische Radiologie, Münster, Deutschland Für die forensische Altersdiagnostik bei lebenden Personen ist die Beurteilung des Ossifikationsstadiums der medialen Schlüsselbeinepiphysenfuge von entscheidender Bedeutung. Insbesondere bei fehlender Legitimation für Röntgenuntersuchungen zum Zweck der Altersschätzung erscheint die Etablierung nicht-ionisierender bildgebender Verfahren wünschenswert. Vor diesem Hintergrund wurden die rechten Schlüsselbeine von gesunden Probanden der Altersgruppe 10 bis 25 Jahre sonographisch mit einem 7 MHz-Linearschallkopf prospektiv untersucht. Rechtsmedizin 4 · 2010
| 327
Abstracts Die Autoren präsentieren die statistischen Maßzahlen und diskutieren die Anwendbarkeit dieser Methode für die Praxis der forensischen Altersdiagnostik. V102 Forensisch anthropologische Schätzung des Sterbealters mittels digitalisierter Analyse der Wurzeltransparenz einwurzeliger Zähne F. Ramsthaler1, C. Witzel2,3, M.A. Verhoff2 1Universität Frankfurt Main, Institut Rechtsmedizin, Frankfurt Main, Deutschland 2Universität Gießen, Institut Rechtsmedizin, Gießen, Deutschland 3Universität Hildesheim, Institut für Biologie, Hildesheim, Deutschland Zahlreiche Studien belegen eine enge Beziehung zwischen Lebensalter und relativer Zunahme der Zahnwurzeltransparenz infolge sukzessiver Umkristallisierungsprozesse und zunehmender Okklusion der Dentinkanäle. Bei vielen der bisherigen Arbeiten würde das Alter junger Individuen zu alt und das älterer Individuen zu jung eingeschätzt werden. Dies könnte u.a. als statistisches Phänomen, in der wissenschaftlichen Literatur als „Tendenz zur Mitte“ bezeichnet, interpretiert werden. Eigene Untersuchungen zur Validität der sog. Lamendin-Methode legen die Vermutung nahe, dass Schwierigkeiten bei der Messgenauigkeit und eine hieraus resultierende geringe Interobserver-Stabilität höhere Fehlerquoten und die teils eingeschränkte Reproduzierbarkeit bisher publizierter Ergebnisse begünstigen. Die vorgestellte Studie hatte zum Ziel, die transluzenten Wurzelanteile an einwurzeligen Zähnen durch softwaregestützte Flächenmessungen an digitalen Bildern zu bestimmen. Die Messresultate wurden im Anschluss in ein multiples Regressionsmodell zur Altersschätzung eingebunden. Zusätzlich wurden statistische Analysen zur InterobserverReliabilität und zur Prognosevalidität durchgeführt. Diese Ergebnisse werden vorgestellt und kritisch diskutiert. V103 Medizinische Intervention gegen Gewalt an Frauen - MIGG B. Gahr1, H. Graß1, L. Berendes1, E. Mützel2, R. Schlenger3, S. Ritz-Timme1 1Institut für Rechtsmedizin, Morphologie, Düsseldorf, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin, Morphologie, München, Deutschland 3Institut für Rechtsmedizin, Morphologie, Kiel, Deutschland Hintergrund: Gewalt macht krank. Der niedergelassenen Ärzteschaft kommt eine Schlüsselrolle bei der Versorgung von Gewaltopfern zu. Ziel des rechtsmedizinischen Teilprojektes im Rahmen des BMFSFJ finanzierten Modellprojekts MIGG ist die Klärung der Frage, wie niedergelassene Ärztinnen und Ärzte für das Thema sensibilisiert und suffizient geschult werden können. Projekt und Ergebnisse: 67 Ärztinnnen und Ärzte in Düsseldorf, Kiel und München wurden für eine Mitarbeit gewonnen. In einer Erstbefragung wurden der bisherige Umgang mit dem Thema sowie der Bedarf nach Fortbildung adressiert. Die Befragten erkannten die Bedeutung der Betreuung von Gewaltopfern als sehr hoch, sahen aber mannigfaltige Barrieren im Praxisalltag und großen Schulungsbedarf. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Erstbefragung wurde ein modulares, didaktisch innovatives Schulungskonzept mit folgenden Kerninhalten konzipiert: Gesprächsführung, Dokumentation, Psycho-Traumatologie, Hilfenetzwerke. Die Implementierung in das Praxismanagement erfolgt durch eine einjährige Begleitung der Praxen mit Einzelfallsupervision sowie regelmäßigen Praxistreffen mit Fallbesprechung und Kurzfortbildungen. Dieser „abholende“ Ansatz war für die beteiligten Praxen äußerst erfolgreich. Inwieweit er für eine nachhaltige Verbesserung der Versorgung von Gewaltopfern in Praxen tauglich ist, wird nicht zuletzt von politischen Entscheidungen abhängen. Der direkteste und nachhaltigste Weg zu einer optimalen Versorgung aber führt sicher über das Medizinstudium.
328 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
V104 Modellprojekt Medizinische Intervention gegen Gewalt (MIGG) - Ein Interventionskonzept für Arztpraxen bei häuslicher und sexualisierter Gewalt H. Mark, H. Hellbernd SIGNAL e.V., Berlin, Deutschland Hintergrund: Im häuslichen Bereich verübte Gewalt bleibt häufig unerkannt. Arztpraxen bieten einen niedrigschwelligen Zugang für Betroffene ins Hilfesystem, wenn Ärztinnen, Ärzte und Mitarbeiterinnen geschult und vernetzt sind. Im BMFSFJ finanzierten Modellprojekt Medizinische Intervention gegen Gewalt/MIGG werden Unterstützungsmöglichkeiten für gewaltbetroffene Patientinnen im niedergelassenen Versorgungsbereich erprobt. Projektträger sind SIGNAL e.V. in Berlin und das Netzwerk GESINE im Ennepe-Ruhr-Kreis. Projekt und Ergebnisse: Das modulare Fortbildungskonzept umfasst Basisschulungen zur Sensibilisierung, zur Erweiterung der Gesprächskompetenz bei Gewalt und zu Hilfsangeboten. Ein zentrales Anliegen sind rechtsmedizinische Fortbildungen und die Verankerung einer rechtssicheren Dokumentation. Des Weiteren ist die Vernetzung medizinischer und psychosozialer Einrichtungen Voraussetzung für eine angemessene Versorgung und Weitervermittlung. An beiden Standorten zeigen Prävalenzerhebungen ein hohes Ausmaß von Gewalt unter den Patientinnen. Die zunehmende Sensibilisierung und engere Vernetzung mit dem psychosozialen Hilfenetz resultiert in einem stärkeren Kontakt von Arztpraxen mit Beratungsstellen. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe mit den Projektbeteiligten, der Rechtsmedizin, Rechtsanwältinnen sowie der Polizei wertet Bedarf und Praktikabilität der Dokumentation aus. Die Rechtsmedizin nimmt eine wichtige Rolle zur Stärkung der Position von Opfern häuslicher Gewalt ein. V105 Klinisch forensische Untersuchungsergebnisse und Gerichtsurteile bei sexuellem Kindesmissbrauch S. Bode-Jänisch, S. Voigt, D. Günther, A.S. Debertin Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland Die klinisch-forensische Untersuchung von Kindern bei Verdacht auf einen sexuellen Missbrauch gehört zunehmend zum Tätigkeitsbereich rechtsmedizinischer Institute. Die in den Jahren 1999 bis 2008 im Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover erhobenen Befunde wurden retrospektiv ausgewertet und im Hinblick auf die rechtlichen Folgen analysiert. Insgesamt wurden 223 Kinder (172 Mädchen, 51 Jungen) mit einem mittleren Alter von 8,6 Jahren begutachtet. In 13,7 % der Fälle zeigten sich für einen sexuellen Missbrauch diagnostische Anogenitalverletzungen. Ein Spermanachweis gelang in sieben Vaginalabstrichen, in drei Analabstrichen und in drei Hautabstrichen. Insgesamt konnten bei 34 Kindern (15,2 %) aufgrund von Anogenitalverletzungen oder Spermanachweis forensisch diagnostische Befunde erhoben werden. Von den 203 durch die Polizei in Auftrag gegebenen Fällen war eine Einsichtnahme beziehungsweise Auskunftsmitteilung der staatsanwaltlichen Ermittlungsund Prozessakten in 114 Fällen (56,2 %) möglich. In nur 41 Fällen (36,0 %) wurde der Angeklagte verurteilt, wobei lediglich in neun Fällen auch diagnostische Befunde erhoben worden waren. Auffällig war, dass Verurteilungen häufiger in Fällen erfolgten, in denen der Angeklagte kein Familienmitglied des Opfers war. In Fällen von Geschädigten, die unter 7 Jahre alt waren, kam es seltener zu Verurteilungen. Zusammengefasst zeigt die Auswertung, dass insbesondere eine frühzeitige forensisch-klinische Untersuchung vorhandene Befunde sichern kann. Häufig kann der Verdacht auf einen sexuellen Kindesmissbrauch durch medizinische Befunde nicht bewiesen werden. Für eine Verurteilung ist ein diagnostischer Befund allerdings nicht zwingend erforderlich.
V106 Rechtsmedizinische Expertise nach klinischen Fehlbeurteilungen bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch A.S. Debertin1, S. Banaschak2 1MHH, Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland 2Uniklinik Köln, Rechtsmedizin, Köln, Deutschland Diagnostische Befunde, die einen sexuellen Missbrauch belegen können, sind selten. Wird ein an sich unspefizifischer Befund als beweisend für einen Missbrauch angesehen, zieht dies folgenschwere Konsequenzen nach sich. Wenn wegen des Befundes Anzeige erstattet wird, kommt es zu einem Strafverfahren, das auf einer falschen Grundlage beruht. Anhand einiger Beispiele aus der eigenen Gutachtertätigkeit wird das Problem klinischer Fehldiagnosen bei kindlichen Genitaluntersuchungen dargestellt. Insbesondere wird auf die Problematik narkoseinduzierter Befunde und deren Fehlinterpretation als missbrauchsinduzierte Veränderung hingewiesen (falsch-positive Diagnose). Im Gegensatz dazu können fehlerhafte Untersuchungstechniken tatsächlich vorhandene Befunde nicht darstellen (falsch-negative Diagnose). Zu den entsprechenden Fallkonstellationen werden Beispiele gezeigt und die sich daraus ergebenden Probleme illustriert. V107 Rechtsmedizinische Aufgaben in der Kriminalprävention Mitarbeit im Anti-Gewalt-Training N. Beck1, T. Marx2 1Institut für Rechtsmedizin, Rechtsmedizin, Magdeburg, Deutschland 2Soziale Dienste der Justiz Magdeburg, Magdeburg, Deutschland Rechtsmediziner haben überwiegend beruflich mit Opfern von Gewalt zu tun. Jedoch auch die Arbeit mit Tätern bzw. gewaltbereiten Personen kann dieser Facharztrichtung zugeordnet werden, d. h., Rechtsmediziner können präventiv-therapeutisch im Rahmen von Anti-Gewalt-Trainings mitarbeiten. Vorliegend sollen 12-jährige Erfahrungen der Autoren mit einem solchen Training vorgestellt werden. Die Kurse sollten insgesamt von sozialtherapeutischen Einrichtungen initiiert und komplett durchgeführt werden. Ein durch die Einrichtung bestimmter Anti-Gewalt-Trainer überprüft und setzt die Regeln eines solchen Kurses durch. Der Rechtsmediziner ist Gast und Vortragender an einem Trainingstag. Anfangs sollte man als Rechtsmediziner mit den Kursteilnehmern ins Gespräch kommen. Insbesondere sollte in diesem Zusammenhang personenbezogen angesprochen werden, welche Verletzungen der betreffende Klient anderen Personen zugefügt hat und welche Verletzungen der Klient selbst erhalten hat. Dann erfolgt die Gewaltdarstellung und -diskussion am Bildmaterial, um eine möglichst intensive Reflexion bei den Klienten zu erreichen. Wichtig ist u. a. der Aufbau der Erkenntnis, dass auch geringe Gewaltausübung nicht zwangsläufig geringe Schäden, sondern durchaus schwere körperliche, eventuell sogar tödliche Folgen haben kann. Neben der Zielstellung des Kurses für die Klienten erfüllt dieser auch seinen Zweck bei den Trainern, Erfahrungen von Tatverdächtigen bei der Ausübung von Gewalt übermittelt zu bekommen. V108 Untersuchungen von Opfern nach sexuellen Übergriffen mit und ohne Anzeige: Ein retrospektiver Vergleich T. Germerott, U. Preiss, M. Thali Institut für Rechtsmedizin, Universität Bern, Zentrum für forensische Bildgebung, Bern, Schweiz Die Untersuchung von Opfern sexueller Übergriffe gehört in vielen rechtsmedizinischen Instituten zum Alltag. Das „Berner Modell ermöglicht Frauen sich auch ohne polizeiliche Anzeige einer rechtsmedizinischen und gynäkologischen Untersuchung mit dem Ziel der Dokumentation von Befunden und Sicherung von Spuren zu unterziehen. Retrospektiv wurden für den Zeitraum von 2006 bis 2008 die Daten der durch das Institut für Rechtsmedizin durchgeführten Untersuchungen
bei Verdacht auf einen sexuellen Übergriff ausgewertet. Einschlusskriterien waren ein Mindestalter der Geschädigten von 14 Jahren und eine körperliche sowie gynäkologische Untersuchung. Die Daten der Fälle mit und ohne Anzeige wurden miteinander verglichen. Insgesamt wurden im oben genannten Zeitraum 207 Frauen untersucht. In 142 Fällen lag ein untersuchungsrichterlicher Auftrag vor, in 65 Fällen stellten sich die Frauen ohne erstatte Anzeige vor. Im Vergleich zu den Fällen mit Anzeige fanden sich bei den Fällen ohne Anzeige deutlich häufiger Angaben von Erinnerungslücken bzw. eine Unsicherheit, ob ein sexueller Übergriff stattgefunden hat. Die zeitnahe Untersuchung von Opfern nach sexuellen Übergriffen ist für die Dokumentation und Spurensicherung von besonderer Bedeutung. Die Untersuchung in Fällen ohne Anzeige besitzt einerseits einen positiven psychologischen Effekt und andererseits können für eine spätere Anzeige Befunde dokumentiert und Spuren asserviert werden. V109 Der Baumwollfingerling; eine opferschonende Methode zur Spurensicherung nach Sexualdelikten K.M. Stein1, R. Klein2, P. Wiegand2, J. Löw1, M. Goeckenjan3, E. Miltner2 1Institut für Rechtsmedizin, Heidelberg, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin, Ulm, Deutschland 3Universitätsfrauenklinik, Heidelberg, Deutschland Vielen Sexualopfern fällt eine Anzeigenerstattung schwer. Während dem Opferschutz kriminalpolizeilich durch geschulte Vernehmungsbeamtinnen Rechnung getragen wird, hat sich bei der gynäkologischen Untersuchung nach sexualisierter Gewalt in den letzten Jahren technisch nichts geändert. Die vaginale Spurensicherung ist zur Aufklärung von Sexualstraftaten unverzichtbar, das Einführen des Spekulums häufig schmerzhaft und retraumatisierend. Zur Klärung der Frage, ob ein Baumwollfingerling zur Spurenabnahme schonender ist und gleichzeitig den forensischen Anforderungen genügt, wurden Vergleichsuntersuchungen durchgeführt. Bei 10 Probandinnen wurden nach GV in unterschiedlichen Zeitintervallen (24 -62 Stunden) durch eine Gynäkologin Watteträger- und Fingerlingabstriche angefertigt. Von weiteren 5 Probandinnen wurden zu verschiedenen Zeitpunkten nach GV (0,5 - 62h) Fingerlingabstriche selbständig angefertigt. Die Fingerlinge wurden nach einem speziell entwickelten Protokoll ausgewaschen und das erhaltene Material mit verschiedenen DNA-Extraktionmethoden weiterverarbeitet. Alle Probandinnen fanden die Anwendung des Fingerlings als leicht handhabbar und nicht schmerzhaft. In dem Zeitfenster unter 27 Stunden waren in allen Ausstrichen Spermien nachweisbar. Durch Zentrifugations- und Filtrationsschritte konnten die männlichen Zellen so angereichert werden, dass nach differentieller Lyse eine Typisierung möglich war. Eine DNA-Typisierung erfolgte dabei auf autosomaler und Y-chromosomaler Ebene. V110 Untersuchungsergebnisse und Obduktionsbefunde bei Gewaltdelikten gegen alte Menschen R. Havermann, S. Bode-Jänisch, A. Fieguth Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland Mit Zunahme des Anteils älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung stellt die Gewalt gegen Personen im höheren Lebensalter ein wachsendes gesellschaftliches Problem dar. Die in den Jahren 1999 bis 2008 im Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover im Rahmen von klinisch-forensischen Untersuchungen (KU) und Obduktionen erhobenen Befunde an älteren Gewaltopfern (≥ 60 Jahre) wurden retrospektiv analysiert. Insgesamt wurden 58 Opfer (KU-Gruppe) (35 Frauen, 23 Männer) mit einem mittleren Alter von 72,4 Jahren und 58 Geschädigte (Obduktionsfälle) (36 Frauen, 22 Männer) mit einem mittleren Alter von 72,5 Jahren untersucht. Der Tatverdächtige stand bei den Verstorbenen in der MehrRechtsmedizin 4 · 2010
| 329
Abstracts zahl der Fälle in familiärer oder partnerschaftlicher Beziehung zum Opfer. Bei den Geschädigten der KU-Fälle wurde überwiegend ein Fremder der Tat beschuldigt. In beiden Gruppen wurden die meisten Geschädigten Opfer stumpfer Gewalt (KU 60,3 %, Obduktion 44,8 %). 8,6 % der Geschädigten der KU-Gruppe gaben an, Opfer eines Sexualdeliktes geworden zu sein. Insgesamt kamen 33,3 % der Gewaltanwendungen bei den Opfern der KU-Gruppe und 12,1 % der Gewaltanwendungen bei den Verstorbenen im Rahmen eines Raubdeliktes vor. Zusammengefasst zeigt die Auswertung, dass ältere Menschen häufig Opfer von stumpfer Gewaltanwendung werden, wobei insbesondere bei Gewalttaten im Rahmen von klinisch-forensischen Untersuchungen Raubdelikte eine Rolle spielen. Das Abgrenzen von Misshandlungen älterer Personen ist aufgrund häufig vorkommender akzidenteller Sturzverletzungen und Komorbiditäten oftmals schwierig. V111 Erhöht Schlafen im Bett der Eltern das Risiko für den Plötzlichen Säuglingstod? -Eine Metaanalyse M. Vennemann1, T. Bajanowski2, U. Kiechl-Kohlendorfer3 1Institut für Rechtsmedizin, Münster, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin, Essen, Deutschland 3Universität, Kinderklinik, Innsbruck, Österreich Hintergrund: Die Diskussion, ob das Schlafen von Säuglingen im Bett der Eltern ein Risikofaktor für den Kindstod ist, besteht seit einigen Jahren, nicht nur in der Laienpresse, sondern auch unter SIDS-Forschern. Ziel dieser Studie war, das Risiko des „bed sharing“ im Rahmen einer Metaanalyse zu untersuchen. Methoden: PubMed und Medline wurden systematisch nach Studien durchsucht, die den Zusammenhang von „bed sharing“ und Plötzlichem Kindstod untersuchten, seit Januar 1970. Als Suchstrategie wurden die Begriffe „sudden infant death syndrome“, „sudden unexpected death“, „cot death“ kombiniert mit entweder „bed sharing“ oder „co-sleeping“ verwendet. Die Daten wurden in Comprehensive Meta Analysis 2.2 analysiert. Um das Risiko weiter zu spezifizieren, wurden Subgruppen gebildet und analysiert. Ergebnisse: In die Meta-Analyse konnten 11 Studien eingeschlossen werden. Der kombinierte Gesamtschätzer für „bed sharing“ als Risikofaktor war 2,86 (95 % Konfidenz Interval, 1,94 - 4,22). Wenn die Säuglinge unter 13 Wochen alt waren, war das Risiko noch höher (OR = 3,47; 95 % KI: 1,92 - 6,29). In einigen Studien wurde auch angegeben, ob die Mutter rauchte. Dort war das Risiko besonders erhöht (OR = 9,00; 95 % KI 3,88 - 20,86). Schlussfolgerungen: Das Schlafen des Säuglings im Bett gemeinsam mit den Eltern ist ein Risikofaktor für den Plötzlichen Kindstod. Es ist besonders erhöht bei jungen Säuglingen oder wenn die Mutter raucht. Deshalb sollte in die Präventionskampagnen mit aufgenommen werden, dass Kinder am sichersten im eigenen Kinderbett im Schlafzimmer der Eltern schlafen. V112 Estimating the time of death based on biological clock T. Kondo, A. Kimura, Y. Ishida, M. Nosaka, Y. Kuninaka, M. Kawaguchi Wakayama Medical University, Forensic Medicine, Wakayama-City, Japan Estimating the time of death is one of the most important subjects in forensic practices and is extremely difficult. Conventionally, the time of death was estimated based on the time since death. Biological clock has been identified in hypothalamic suprachiasmatic nucleus. Thereafter, accumulating evidences indicate that biological clock systems also work in most tissues and in most cells (peripheral clock). It is likely that the biological clock stops at the time of death. Therefore, by the use of molecular biological techniques, we tried to read the clock stopped in the tissues from dead bodies for estimating the time of death. At first, we examined the gene expression for Per2 and Bmal1 composing a feedback loop in the circadian oscillation system, in the kidney, liver and heart of mice. We could detect circadian oscillation of these gene expressions even in mouse tissues from dead bodies left for 2 days at room temperature. We found that Per2/Bmal1 ratios would be available for estimating the time
330 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
of death. In the next series, this method was applied to forensic autopsy samples with less than 72 h post mortem. Significant circadian oscillation of Per2/Bmal1 ratio could be detected in these samples, irrespective of cause of death, age, sex and post mortem intervals. We further examined gene expression for Rev-Erba, another component in the feedback loop, and found that Rev-Erba/Bmal1 ratio showed higher amplitude of oscillation, indicating more available for estimating the time of death. From the forensic aspects, these observations would implied the possibility of estimating the time of death based on the biological clock. V113 Circadian biomarkers for estimating trace deposition time K. Ackermann, K.N. Ballantyne, M. Kayser Erasmus MC, Forensic Molecular Biology, Rotterdam, Niederlande Knowing deposition times of biological traces found at crime scenes would be useful information for crime reconstruction. Aiming to develop a molecular tool for approximate trace deposition timing we investigated the circadian hormones melatonin (concentration peak at late night) and cortisol (peak in the morning). Commercial enzyme-linked immunosorbent assays (ELISA) were used to generate the characteristic 24h profiles of these hormones from whole blood and saliva, down-scaling the methods to minimum amounts of sample volume required in forensic applications. In addition, we showed that reliably measuring melatonin and cortisol from small dried blood stains kept for up to four weeks is possible. Whereas melatonin gave no significant concentration loss over time, cortisol decayed significantly with time, but was still measurable after four weeks. Finally, we demonstrated that the total protein concentration can be used for normalization of melatonin and cortisol in blood samples, but this was problematic in saliva. In conclusion, the normalized estimation of melatonin and cortisol in blood traces represents a first step for estimating sample deposition time, and may become useful for crime reconstruction in future forensic case work. In general, we believe that the identification of more chronobiological markers may help to narrow down the deposition time of a biological sample further, and may additionally be transferable to post-mortem interval determination. V114 Videodokumentationen begleiteter Suizidfälle durch Ersticken mittels Helium V. Martos, M. Keller-Sutter, W. Schweitzer Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich, Forensische Medizin, Zürich, Schweiz Die Beihilfe zum Suizid ist in der Schweiz gemäss Strafgesetzbuch nur strafbar, wenn jemand dazu aus selbstsüchtigen Beweggründen verleitet wird. Üblicherweise wurde selbe seit längerer Zeit mit Barbituraten durchgeführt. Als Reaktion auf verschärfte Rahmenbedingungen bei der Rezeptierung der Barbiturate wurde im Jahre 2008 für kurze Zeit durch die Sterbehilfeorganisation Dignitas das - nicht rezeptpflichtige Edelgas Helium als Suizidmittel eingesetzt. Der Ersatz des eingeatmeten atmosphärischen Sauerstoffs durch Helium führte dabei zu einem hypoxischen Ersticken. Von dieser Methode wurde aber rasch wieder abgesehen. Von den Sterbebegleitern wurde zur Dokumentation der Selbsthandlung eine Videoaufzeichnung des jeweiligen Vorgangs zuhanden der zuständigen Untersuchungsbehörden gemacht. Zusätzlich wurden Obduktionen dieser Fälle angeordnet. Die Präsentation der Videoaufnahmen ausserhalb der Fallbearbeitung wird uns seitens der Untersuchungsbehörden nicht gestattet. Wir diskutieren die Besonderheiten des videodokumentierten Erstickens und vergleichen die zeitlichen Verläufe der Fälle mit vier anderen willkürlich herausgegriffenen Zeitprotokollen, bei denen Natriumpentobarbital verwendet wurde. Die Resultate könnten für die aktuelle Diskussion um die Sterbehilfe interessant sein.
V115 Das Gefährlichkeitsbewusstsein der Täter beim Deliktphänomen „Tottreten“ D.H. Heinke Der Senator für Inneres und Sport, Senatorenbüro, Bremen, Deutschland Untersuchungsziel: Fußtritte gegen den Kopf eines am Boden liegenden Menschen sind nach rechtsmedizinischer Bewertung unabhängig von Geschlecht, Alter oder Statur des Täters sowie von der Art des von diesem getragenen Schuhwerks stets als lebensgefährliche Misshandlung anzusehen. Hinsichtlich der strafrechtlichen Bewertung derartiger Taten stellt die Abgrenzung von (schon) bedingtem Tötungsvorsatz und (noch) bewusster Fahrlässigkeit die zentrale Problemstellung dar. Methode: Zur Ermittlung diesbezüglicher Kenntnisse und Erwartungen in der Bevölkerung wurde eine fragebogengestützte explorative Befragung von 830 Personen (darunter 797 Männer), die zuvor mittels einer kriteriengeleiteten Auswahl bestimmt worden waren, durchgeführt. Ergebnisse: 90 % der Untersuchungsteilnehmer bewerten Fußtritte gegen den Kopf des Opfers als „lebensgefährlich“; nahezu alle anderen Befragten (9 %) halten diese Form der Misshandlung zumindest für „sehr gefährlich. Ein großer Teil der befragten Personen (knapp 40 %) erwartet sogar im konkreten Fall lebensbedrohende Verletzungen als Folge eines solchen Angriffs. Schlussfolgerung: In der Bevölkerung ist die Kenntnis der - abstrakt lebensbedrohenden Gefährlichkeit von Fußtritten gegen den Kopf als allgemein verbreitet anzusehen. Unbeschadet der stets erforderlichen Gesamtbetrachtung legt eine solche Gewalthandlung mithin regelmäßig den Schluss nahe, dass der Täter bei der Tatbegehung auch mit mindestens bedingtem Tötungsvorsatz handelte. V116 Forensic Pathology vs. Rechtsmedizin - das gleiche Fach? E. Türk Institut für Rechtsmedizin, Universität des Saarlandes, Homburg a. d. S., Deutschland Der Beruf des Rechtsmediziners unterscheidet sich zwischen England und Deutschland teilweise erheblich - schon allein wegen der ganz unterschiedlichen Rechtssysteme. Jedes System hat seine Vor- und Nachteile, und ein Blick „über den Kanal“ ist sicherlich immer eine Bereicherung. In diesem Vortrag einer heimgekehrten Auswanderin soll ein Eindruck über das Fach vermittelt werden, wie es auf der „Insel“ praktiziert wird. Es werden wesentliche Unterschiede dargestellt und Vor- und Nachteile der verschiedenen Systeme diskutiert. V117 Strategien der Informationssicherheit für die rechtsmedizinische Telematik am Beispiel des „Forensischen online-Konsils (Forensikon)“ der Medizinischen Hochschule Hannover U.-V. Albrecht1,2, M. Ketterer2, M. Klintschar1, A. Debertin1 1Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland 2Medizinische Hochschule Hannover, Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland Die rechtsmedizinische Expertise stellt eine Schlüsselqualifikation zur Sekundärprävention bei sexuellem Kindesmissbrauch und Kindesmisshandlung mit Wiederholungsgefahr dar. Bei begrenzten Ressourcen rechtsmedizinischer Expertise und gleichzeitig bestehendem Anspruch der zeitnahen und flächendeckenden Versorgung wurde die Etablierung eines eHealth-Angebots in Form des forensischen online-Konsils „Forensikon“ am Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover initiiert. Das internetbasierte „Forensikon“ dient der standardisierten Befund übermittlung, Befundkommunikation und Vorgangsverwaltung der Anfragen und soll zudem relevante allgemeine Informationen zur Auf-
klärung, Handhabung und Vorbeugung der anfragenden Kollegen dienen. Mit dem „Forensikon“ wird ein niederschwelliger telemedizinischer Konsildienst entwickelt, der aufgrund der hohen Sensibilität der Daten bei sehr guter Nutzbarkeit (Usability) eine hohe Anforderung an die Datensicherheit der Anwendung, des Datenverkehrs und der Datenhaltung stellt. Die Funktionsweise des „Forensikons“ und die berücksichtigten Strategien der Informationssicherheit dieser rechtsmedizinischen Telematikanwendung werden dargestellt. V118 Organisationsentwicklung bei der postmortalen muskuloskelettalen Gewebespende in Hamburg 2007-2010: Erfahrungen mit Prozessänderungen B. Wulff, A. Heinemann Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland Fragestellung: Seit Anfang 2007 wurde im IfR Hamburg ein Qualitätsmanagementsystem zur Entnahme muskuloskelettaler Gewebe im Rechtsrahmen des Gewebegesetzes entwickelt. Die Implementierung der neuen Aufgabe stellt eine Herausforderung in bezug auf die Flexibilisierung der Ressourcen dar und unterliegt schon von daher einem Optimierungsdruck Methode: Wir analysierten die Veränderungen im täglichen Verfahren und Qualitätsmanagement in Bezug auf potentielle Gewebespender während der letzten 3 Jahre Ergebnisse: Schwerpunkte der Weiterentwicklung der Prozesse innerhalb des Instituts betrafen die Organisation des Angehörigenkontakts, die Operationalisierung der Einschlusskriterien, das serologische Screening auf übertragbare Erkrankungen und die Integration der Technischen Mitarbeiter.Darüberhinaus arbeiten wir an der Vermittlung von Basisinformationen an die Mitarbeiter des Universitätsklinikums und der Koordination mit der Klinik für Intensivmedizin bei Multiorgan- und Gewebespendern. Dafür wurde vom Vorstand des Klinikums eine Koordinatorin für Gewebespende berufen und ein entsprechender Koordinationsauftrag erteilt. Schlussfolgerungen: Um eine postmortale Gewebespende zu ermöglichen, ist es erforderlich, die Vielzahl der beteiligten Akteure kooperativ aufeinander einzustimmen. Dies gilt umso mehr, wenn zukünftig auch außerhalb des Instituts bzw. des Universitätsklinikums Verstorbene als potentielle Spender mit einbezogen werden sollen. V119 Ersatz des Knochenmarks durch das Untersuchungsmaterial Gehirn bei der Diatomeenanalyse? C. Wunder, A.Z. Galetovic, S.W. Toennes Rechtsmedizin Frankfurt, Toxikologie, Frankfurt, Deutschland Einleitung: Die Diatomeenanalyse des Knochenmarks ist ein wichtiges Kriterium für einen typischen Ertrinkungstod, da es am wenigsten einer äußeren Kontamination unterliegt. In Untersuchungen sollte festgestellt werden, ob das Knochenmark durch leichter zu gewinnende Gehirnproben ersetzt werden kann. Methode: Bei 32 Wasser- und Nicht-Wasserleichen wurde der Diatomeengehalt in den Organen Lunge, Leber, Niere, Gehirn und Knochenmark nach Säurebehandlung, Veraschung und mikroskopischer Auswertung bestimmt. Ergebnisse: Zur Trennwertermittlung für die Diagnose „Tod durch Ertrinken wurden ROC-Analysen durchgeführt und folgende Trennwerte je 5 g Gewebe ermittelt: 36 Diatomeen in der Lunge, in der Leber 2,55, in der Niere 2,1, im Knochenmark 27,6 und 3,55 Diatomeen im Gehirn. Die Sensitivität der Methode betrug bei der Lunge 96,3%, bei der Leber 85,2%, bei der Niere 81,5%, beim Knochenmark 59,3% und beim Gehirn 86,5%. Ein Ertrinkungstod wurde angenommen, wenn die Diatomeenzahlen die Trennwerte in mindestens drei Organen überschritten. Rechtsmedizin 4 · 2010
| 331
Abstracts Diskussion: Gehirnproben haben sich für die Diatomeenbestimmung als geeignet erwiesen und können als Ersatz für Knochenmark dienen. Abweichungen von den ermittelten Ergebnissen wurden jedoch bei Untersuchungen in zwei aktuellen Fällen erhalten. Hier lag die Diatomeenzahl im Knochenmark jeweils unterhalb des Trennwertes, war im Gehirn aber deutlich erhöht. Es ist somit fraglich, ob das Gehirn in diesen Fällen einer äußeren Kontamination unterlegen haben könnte. V120 Ende einer Kaffeefahrt - Identifizierung in 20 Fällen J. Eidam, T. Riepert, R. Urban Universitätsmedizin Mainz, Institut für Rechtsmedizin, Mainz, Deutschland Auf der Autobahn bei Hannover brannte Ende 2008 ein mit 33 Insassen besetzter Reisebus völlig aus. Der von einem Tagesausflug zurückkehrende Bus war vornehmlich mit älteren Menschen besetzt, was sich im Hinblick auf eine suffiziente Selbstrettung nachteilig auswirkte. Andererseits war, durch die bei älteren Personen umfassenderen Zahnarbeiten, eine schnelle und zweifelsfreie Identifikation von 70 % der 20 Brandopfer anhand des Zahnstatus begünstigt. Der Vortrag demonstriert die Arbeitsabläufe, Befundausprägungen und Besonderheiten unter diesen speziellen Umständen in Bezug auf die Identifizierung. V121 Der Hamburger „Sektionskurs“ - eine Unterrichtsform zum Begreifen J.P. Sperhake, K. Püschel, S. Anders Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Rechtsmedizin, Hamburg, Deutschland Das Institut für Rechtsmedizin der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf bietet den Studierenden seit vielen Jahren einen Sektionskurs als fakultative Unterrichtsveranstaltung an. Da die Nachfrage nach dem Kurs die Obergrenze von 12 Teilnehmern pro Trimester regelmäßig überschreitet, müssen die verfügbaren Plätze verlost werden. In 30 Unterrichtsstunden, die auf 10 Kurstage verteilt sind, lernen die Studierenden die Grundzüge der Obduktionstechnik. Im Kurs werden jeweils 2-3 „rechtsmedizinische Sektionen“ (gem. Hamb. Sektionsgesetz) durchgeführt, die von den Angehörigen des Verstorbenen in Auftrag gegeben werden. Durch die Verknüpfung verschiedener Lernmodalitäten bietet der Sektionskurs eine einmalige Gelegenheit zum integrativen Lernen: Zunächst wird die Anamnese besprochen. Die äußere Leichenschau ermöglicht die weitere Hypothesenbildung über bestehende chronische und akute Erkrankungen. Danach erfolgt das gemeinsame Befunden der postmortalen computertomographischen Aufnahmen. Die Obduktion, die die Studierenden unter Anleitung selbst durchführen, und die Abschlussdemonstration der Befunde durch den Dozenten bilden das Kernstück des Kurses. Die anonymisierten Sektionsdiagnosen werden den Studierenden ebenso wie chemisch-toxikologische Untersuchungsergebnisse sowie die histologischen Befunde mit Fotos per Email zugesandt. Der Kurs bietet den Studierenden damit eine einmalige Verknüpfung verschiedener diagnostischer Verfahren und sinnlicher Wahrnehmungen, die entscheidend zu einem ganzheitlichen Verständnis von Morphologie, Krankheit und Pathophysiologie beiträgt. V122 Interdisziplinär-pathophysiologischer Lernzuwachs durch aktive Teilnahme an einem Sektionskurs S. Anders1, M. Müller1, J. Sperhake1, C. Petersen-Ewert2, T. Pukrop3, T. Raupach3 1Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Rechtsmedizin, Hamburg, Deutschland 2Hochschule, Angewandte Wissenschaften, Hamburg, Deutschland 3Universitätsmedizin Göttingen, Zentrum Innere Medizin, Göttingen, Deutschland Daten zu studentischer Teilnahme an Sektionen stützen sich auf Teilnehmerbefragungen und zeigen subjektiv-positive Lerneffekte bzgl. anatomischer, traumatologischer und pathophysiologischer Lerninhalte.
332 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
Im Jahr 2009 wurde der Hamburger Sektionskurs (SK) wissenschaftlich begleitet. Vor und nach dem Kurs erfolgten semistandardisierte Interviews mit den Kurs-Teilnehmern (n=28). Zudem nahmen die Trimesterkohorten (n=241) vor und nach dem Themenblock (TB) an einer vergleichenden Selbsteinschätzung des Wissensstandes zu Lernzielen des TB und des SK teil; mit diesen Daten wurde der differentielle Lernzuwachs im SK quantifiziert (Angabe in %). Daten der SK-Teilnehmer (n=28), nicht zugeloster Kurs-Bewerber (n=39) sowie Studierender des TB ohne Interesse am SK (n=174) wurden getrennt ausgewertet. Die Interviews ergaben zu anderen Studien vergleichbare Ergebnisse. Die vergleichende Selbsteinschätzung zu Lernzielen des TB zeigte lernzielabhängig einen vergleichbaren Lernzuwachs von 49 – 78 % in allen Subgruppen. Hingegen zeigte sich für integrative, pathophysiologisch ausgerichtete Lernziele ein etwa doppelt so großer Lernzuwachs bei den Kursteilnehmern im Vergleich zu den anderen Gruppen. Dies betont den wissensintegrierenden Charakter des Sektionskurses als aktive, praktisch ausgerichtete und zum Selbststudium anregende Lernform. In Ergänzung zu bisherigen Studien belegen die Daten einen deutlichen Lernzuwachs, der in den Kontrollgruppen nicht zu beobachten war. V123 E-Learning-Programm zur ärztlichen Leichenschau A. Schmeling1, M. Kellinghaus1, R. Schulz1, A. Schäfer2, H. Pfeiffer1 1Universitätsklinikum Münster, Institut für Rechtsmedizin, Münster, Deutschland 2INMEDEA GmbH, Reutlingen, Deutschland Die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten auf dem Gebiet der ärztlichen Leichenschau bildet eine der Kernaufgaben der studentischen Lehre im Fach Rechtsmedizin. Da im Rahmen des Leichenschaupraktikums den Studierenden nur ein sehr begrenztes Spektrum an forensisch relevanten Gewalteinwirkungen vorgestellt werden kann, wurde zur Verbesserung der Lehre an der Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster ein E-Learning-Programm zur ärztlichen Leichenschau entwickelt. An simulierten Leichenschaufällen können die Studierenden interaktiv alle vom Leichenschauarzt durchzuführenden Tätigkeiten trainieren. Insbesondere können die richtige Interpretation forensisch bedeutsamer Befunde und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für den Leichenschauarzt eingeübt werden. Das Programm ist auch für die ärztliche Fortbildung einsetzbar. V124 Positive Erfahrungen nach sechs Semestern E-Klausur im Fach Rechtsmedizin T. Riepert1, T. Kaufmann1, G. Wetter2, D. Vissoultcheva2, R. Urban1 1Universitätsmedizin, Institut für Rechtsmedizin, Mainz, Deutschland 2Universität, Zentrum für Datenverarbeitung, Mainz, Deutschland Im Institut für Rechtsmedizin der Universität Mainz werden pro Jahr annähernd 400 Studierende der Humanmedizin unterrichtet und geprüft. Seit dem Sommersemester 2007 nutzen wir die Möglichkeit einer elektronischen Klausur. Diese E-Klausur wird über die Lernplattform ILIAS (Integriertes Lern-, Informations- und Arbeitskooperations-System), welche vom Zentrum für Datenverarbeitung der Universität Mainz verwaltet wird, erstellt und ausgewertet. Hierbei können den Prüflingen zahlreiche verschiedene Fragetypen mit teilweise interaktiven Antwortmöglichkeiten am PC vorgegeben werden. Die Klausur wird - bei Wahl geeigneter Fragen im Vorfeld - vollautomatisch ausgewertet. Unmittelbar nach der Klausur hatten die Studierenden die Möglichkeit, im Rahmen einer elektronischen Umfrage zur Klausur und zu den Lehrveranstaltungen der Rechtsmedizin Stellung zu nehmen. Von der Allgemeinmedizin bis hin zur Zoologie nutzen auch andere Fächer der Mainzer Universität, die für fast 35.000 Studierende nahezu das gesamte universitäre Fächerspektrum abdeckt, das System. Insgesamt wurden seit 2004 in 750 E-Klausuren etwa 58.000 Einzelprüfungen durchgeführt. Über die bisherigen, durchweg positiven Erfahrungen soll aus Sicht der Prüflinge und der Prüfer berichtet werden.
V125 Wound Pattern Simulation - Augmented Reality in Mobile Learning Applications as Part of Hands-On Training for Medical Students at Hanover Medical School U.-V. Albrecht1,2, J. Krückeberg2, B. Häussermann2, H.K. Matthies2 1Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland 2Medizinische Hochschule Hannover, Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland The utilization of eLearning content to support and improve teaching and learning has been a part of medical education for years. Nowadays, mobile learning concepts are likely to foster student engagement in learning activities offering opportunities to make the educational process integral to daily life. The rising use of mobile devices, which are widespread among students, creates a demand for attractive mobile learning applications. In response to this need, innovative augmented reality techniques were developed and integrated in a mobile application for smartphones. The tool is a product of collaboration between Peter L. Reichertz Institute for Medical Informatics and the Institute of Legal Medicine, both based at Hanover Medical School. The „leARn“ tool is used in a forensic medicine course. Medical students are equipped with smartphones containing the application to practice the detection of simulated, marker triggered wound patterns on their own skin in real-time. To enhance the educational effect, the tool comprises tasks and questions regarding the presented wound patterns. Tips and advice are presented by an avatar within the application. Goal of the described project is to elicite synergy learning effects due to the interaction within student groups in a role-playing setting. A demanding, fascinating and interactive learning environment is established combining modern mobile learning and innovative visualisation techniques in a traditional learning setting. V126 Ballistische Parameter und Verletzungspotential von kartuschenbetriebenen Dummy-Abschussgeräten M. Frank1, D. Peters2, K.-P. Philipp3, A. Ekkernkamp1, B. Bockholdt3 1Universität Greifswald, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Greifswald, Deutschland 2LKA Brandenburg, Kriminalwissenschaftliches Zentrum, Eberswalde, Deutschland 3Universität Greifswald, Institut für Rechtsmedizin, Greifswald, Deutschland Dummy Launcher dienen zum Abschießen von Apportierdummies zur Ausbildung von Jagdhunden. Sie bestehen aus einem rohrförmigen Bauteil vor der Kartuschenkammer, auf das der Flugkörper gesteckt wird. Nach Deflagration der Kartusche strömen die Verbrennungsgase aus der Mündung und beschleunigen den Flugkörper. Waffenrechtlich werden sie nicht als Schusswaffen eingestuft und sind bei Volljährigkeit frei erhältlich. Diese Schussapparate sind weltweit verbreitet, haben jedoch trotz ihres offensichtlichen Verletzungspotentials bisher weder in das rechtsmedizinische noch in das traumatologische Schrifttum Einzug gefunden. Ziel der experimentellen Arbeit war die Bestimmung der ballistischen Parameter und des Verletzungspotentials von drei verschiedenen kartuschenbetriebenen Dummy-Abschußgeräten (Turner Richards Dummy Launcher, Kal. .22 long blanc; Waidwerk Telebock, Kal. 9 mm R Knall; Röhm Rapid Launcher, Kal. 9 mm PAK). Die Geschwindigkeit (v) der Flugkörper wurde mittels eines ballistischen Geschwindigkeits-Messsystems (BMC 21a, Werner Mehl Kurzzeitmesstechnik) ermittelt. Berechnet wurden kinetische Energie (E), Impuls (p) und Energiedichte (ED). Die Abschätzung des Verletzungsrisikos erfolgte mittels Blunt Criterion (BC) nach Sturdivan. Die höchsten Werte wurden für den Turner Richards Launcher ermittelt (v=33,8m/s, p=7,9Ns, E=133,5 J, BC/Kopf=2,9, BC/Thorax=1,1). Die Grenzwerte für Kopf- bzw. Thoraxverletzungen (BC/Kopf=1,6; BC/Thorax=0,3) wurden von allen Schussapparaten übertroffen.
V127 Experimentelle Untersuchungen zur Messung der Energieabgabe beim Schuss in Gelatine C. Schyma, B. Madea Rechtsmedizin, Forensische Medizin, Bonn, Deutschland Gelatine ist ein bewährtes Simulans in der Wundballistik. Die durch die temporäre Wundhöhle verursachten radiären Dehnungsrisse sind die Grundlage für die Bewertung der Energieabgabe durch das Geschoss. Die Auswertung der Rissbilder erfolgt bislang über sehr unterschiedliche Methoden, von denen Fackler’s Wundprofil und die Risslängensummenmethode die bekanntesten sind. Ziel der experimentellen Untersuchung ist die Erfassung von Parametern, die mit der Energieabgabe gut korrelieren. Mit der Gelatine Ballistic 3 (Fa. Gelita Eberbach) wurde eine 10%ige Lösung in ca. 20 cm x 20 cm x 50 cm dimensionierte Blöcke gegossen. Dabei wurde in die Front des Blockes eine 2 mm flache, 8 cm x 8 cm große Folientüte mit ca. 8 g pastöser Acrylfarbe integriert. Der Beschuss erfolgte aus 5 m Distanz bei 4° C Blocktemperatur unter Messung der Geschossgeschwindigkeit vor dem Ziel. Verwendet wurden Deformationsgeschosse vom Typ Silvertip® (Winchester) und First Defense® (Magtech). Durch Variation von Ladungsstärken und Lauflängen wurden Geschwindigkeiten zwischen 250 und 700 m/s erzielt, wobei die Energie von 150 bis weit über 1000 Joule variierte. Alle Geschosse pilzten regelrecht auf und blieben in der Gelatine stecken. Die Blöcke wurden frisch in 1 cm dicke Scheiben zugeschnitten und die Schnitte gescannt. Die Auswertung wurde computergestützt mit der Software AxioVision (Zeiss) durchgeführt. Dabei wurden in jedem Schnitt folgende Parameter erfasst: längster Riss, Wundprofil, Summe der drei längsten Risse, totale Risslängensumme (TCL), Umfang und Fläche des durch die Risse aufgespannten Polygons. Alle untersuchten Parameter korrelierten mit der abgegebenen Energie. Die unterschiedlichen Qualitäten der Parameter werden diskutiert. V128 Die Entstehung von Sekundärprojektilen nach Beschuss auf schusshemmende Westen M. Breitweg1, S. Kunz1, F. Fischer1, S. Eichner2, A. Manthei2, H. Gedon3, M. Graw1, O. Peschel1 1Institut für Rechtsmedizin München, Rechtsmedizin, München, Deutschland 2Landeskriminalamt BLKA, München, Deutschland 3Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe, Erding, Deutschland Hartballistische Schutzwesten aus einer Kombination von hochbelastbaren Textilien (Kevlar® Protera, Zylon®, Dyneema® u.a.) und einer der Körperform angepassten Oxidkeramikplatte reduzieren durch Verformung und Umwandlung die kinetische Energie eines auftreffenden Geschosses soweit, dass dieses die Weste nicht mehr durchdringen kann. Diese Arbeit befasst sich mit der Entstehung von Sekundärprojektilen, welche bei einem Beschuss der Schutzweste aus der hartballistischen Platte selbst oder durch unter der Schutzkleidung getragene Objekte wie Knöpfe (Thermoplast, Duroplast, Metall), Reissverschlüsse oder Kugelschreiber entstehen können. Es wurden Schutzwesten der Schutzklasse 4 mit verschiedenen Munitionstypen des Kalibers 7,62mm NATO und Schutzwesten der Schutzklasse 1 mit 9mm Parabellum beschossen. Als Testsubstanzen dienten Blöcke aus Glycerinseife und Feldblusen BW „flecktarn“. Die beschossenen Blöcke wurden mit Hilfe der Osirix-Software und dem k-analyzer computertomographisch (Schichtdicke 1 mm, Kollimation 0.6, Pitch 0,35, 289 KV) ausgewertet. Bei nicht penetrierenden Beschüssen (7,62 mm DM41 Weichkern und 9 mm Parabellum) wiesen die Sekundärgeschosse zu niedrige Energieniveaus auf, um im Endziel ernsthafte, penetrierende Verletzungen erzeugen zu können. Bei den die Schutzweste durchdringenden Projektilen (7,62 mm DM151 Hartkern) kam es zur Entstehung von Sekundärgeschossen mit deutlich Rechtsmedizin 4 · 2010
| 333
Abstracts höherer Energie, und damit signifikantem Gefährdungspotential im Zielobjekt. V129 Ungewöhnliche Schussverletzung durch eine Luftdruckwaffe K. Rygol, M. Kobek, C. Chowaniec, C. Jablonski Universität Katowice, Katedra Medycyny Sadowej, Katowice, Polen Luftdruckwaffen sind lebensgefährliche Instrumente. Durch die Druckwirkung komprimierter Luft wird der Schusseffekt zum Treffen entfernter Ziele erreicht. Die kinetische Energie des Geschosses überschreitet 17 J. Die Munition der Luftdruckwaffen hat sich in den vergangenen Jahren sehr verändert. Anfangs wurden Bleigeschosse verwendet, heutzutage sind viele Schrotsorten im Gebrauch. Das Grundkaliber von anfänglich 4,5 mm wurde auf 5,5 mm und später auf 6,35 mm erhöht. Eine 28-jährige Mitfahrerin in einem Auto wurde durch einen Schuss mit einer Luftdruckwaffe verletzt. Während der Autofahrt bei geöffnetem Fenster bemerkte sie eine „vulnus sclopetaria“ am rechten Auge ohne negative Auswirkungen auf ihren aktuellen gesundheitlichen Zustand. Die CT-Untersuchung kurz danach zeigte im Bereich des „sinus sphenoidalis“ 4 metallische Fremdkörper. Die spätere ärztliche Dokumentation und die Ergebnisse der gerichtsmedizinischen, radiologischen, neurologischen und ophthalmologischen Untersuchungen ergaben keine Befunde einer gravierenden knöchernen Schädelverletzung und Beteiligung wichtiger anatomischer Strukturen entlang des Schusskanals der „vulnus sclopetaria“. Die Notwendigkeit eines speziellen operativen Eingriffes zur Behandlung bestand nicht. Die Umstände der Entstehung, die anatomisch-topografische Lokalisierung der Schussverletzung und das Fehlen von gravierenden gesundheitlichen Auswirkungen belegen die Außergewöhnlichkeit des Falles. V130 Die Anwendung der Komplexmethode über die Zeit - ein computergestützter Zeitplan zur Todeszeitschätzung S. Potente, F. Ramsthaler, M. Kettner, P. Schmidt Universität Frankfurt am Main, Institut für Rechtsmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland In der Todeszeitschätzung stellt die temperaturbasierte NomogrammMethode nach Henßge nach wie vor den Gold-Standard dar. Sie wird durch die sogenannte Komplexmethode ergänzt, bei welcher, ausgehend von einem berechneten Todeszeitintervall, zusätzlich nicht primär temperaturabhängige Befunde (Leichenerscheinungen und supravitale Reaktionen) erhoben werden. Obwohl die Komplexmethode grundsätzlich auf Änderungen dieser Befunde über die Zeit beruht, wurden die mögliche Wiederholung von Untersuchungen zu einem späteren Zeitpunkt und die Beobachtung von Änderungen über die Zeit bislang nicht systematisch angewendet. Wir präsentieren einen computergestützten Ansatz, welcher den Untersucher in die Lage versetzt, zusätzliche Untersuchungen im zeitlichen Verlauf mit dem Ziel durchzuführen, das Todeszeitintervall im Sinne der Komplexmethode weiter einzugrenzen. Über einen Algorithmus werden für jeden Zeitpunkt diejenigen Untersuchungen vorgeschlagen, welche potenziell das Todeszeitintervall verkleinern könnten. Vorergebnisse werden einbezogen, Untersuchungszeitpunkte können flexibel gewählt werden.
V131 Körpermasse und Korrekturfaktor: Auswirkungen auf die temperaturgestützte Todeszeitschätzung M. Hubig1, H. Muggenthaler1, I. Sinicina2, G. Mall1 1Friedrich-Schiller-Universität, Institut für Rechtsmedizin, JENA, Deutschland 2Ludwig-Maximilian-Universität, Institut für Rechtsmedizin, München, Deutschland Die Abkühlungsformel der temperaturgestützten Todeszeitschätzung nach Henßge enthält als einzigen nicht-temperaturbezogenen Parameter die Körpermasse m. Durch einen Korrekturfaktor c wird die Körpermasse m in eine virtuelle Körpermasse m` = c m transformiert, um Besonderheiten der Abkühlungssituation abzubilden. Die vorliegende Untersuchung quantifiziert die Auswirkung von Messfehlern der Körpermasse einerseits und von Abweichungen des Korrekturfaktors c andererseits auf das Ergebnis der Todeszeitrückrechnung. Mittels des Fehlerfortpflanzungsgesetzes werden Formeln für den relativen Fehler des Todeszeitschätzers in Abhängigkeit vom relativen Fehler der Massenbestimmung sowie für die relative Änderung des Todeszeitschätzers in Abhängigkeit von der Änderung des Korrekturfaktors hergeleitet. Zusätzlich ergeben sich einfache, für den Einsatz in der Praxis taugliche Näherungsausdrücke. Die Verwendung des MonteCarlo-Verfahrens erlaubt die Validierung der Formeln. An einem realen Abkühlungsfall wird schließlich die Formel für den Einfluss des Korrekturfaktors verifiziert. V132 Hypo- und Hyperthermie: Der Einfluss auf die temperaturgestützte Todeszeitschätzung H. Muggenthaler1, M. Hubig1, I. Sinicina2, G. Mall3 1Rechtsmedizin Jena, Biomechanik, Jena, Deutschland 2Rechtsmedizin München, München, Deutschland 3Rechtsmedizin Jena, Jena, Deutschland Körperliche Aktivität, Krankheit, Drogen und Medikamente können erhebliche Abweichungen der Körperkerntemperatur vom physiologischen Normwert (ca. 37°C) zur Folge haben. Etablierte Verfahren zur temperaturgestützten Todeszeitschätzung wie das Modell nach Henssge legen den physiologischen Wert zugrunde, woraus möglicherweise nicht zu vernachlässigende Fehler in der Todeszeitschätzung resultieren können. Mittels finiter Elemente Simulation wurden unter Annahme einer herabgesetzten bzw. erhöhten Körperkerntemperatur zum Todeszeitpunkt Abkühlkurven berechnet und Todeszeitrückrechnungen durchgeführt. Das verwendete Modell wurde anhand einer Messung in einer Klimasimulationskammer bei einer Umgebungstemperatur von 18°C, unbekleidet und bei normaler Konstitution validiert. Ein Vergleich mit der Standardabkühlkurve, berechnet unter Annahme einer physiologischen Körperkerntemperatur, liefert die möglichen Fehler der Todeszeitschätzung. Diese Fehler nehmen innerhalb der ersten Stunden postmortem monoton ab um im weiteren Verlauf ein konstantes Niveau zu erreichen. Unter den beispielhaft implementierten Randbedingungen liegen die im späteren postmortalen Verlauf ermittelten Fehler innerhalb des von Henssge angegebenen 95%-Konfidenzintervalls. V133 Postmortale LDH-Enzymaktivität in menschlichem Knorpel gewebe und Perikard in Abhängigkeit von der Liegezeit C. Kaiser1, J. Hahnemann2, H. Bratzke2 1Institut für Rechtsmedizin, München, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland Insbesondere im mittleren und späten postmortalen Intervall fehlt es bis heute an zuverlässigen und validen Methoden zur Leichenliegezeitbestimmung. In den vergangenen Jahren wurden hierfür zunehmend biochemische Verfahren angewandt, zu denen auch die Messung postmortaler Enzymaktivitäten gehört.
334 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
In Fortsetzung bisheriger Arbeiten an menschlicher Dura mater wurde in der vorliegenden Studie die postmortale Aktivität der Laktatdehydrogenase (LDH) in Knorpel und Perikard, zwei weiteren bradytrophen Geweben, bestimmt. Insgesamt wurden 7 Knorpel- und 35 Perikardproben von Leichen mit bekannter Liegezeit zwischen 4 und 210 Stunden untersucht. Die LDHAktivität wurde photometrisch mit Hilfe des kalorimetrischen Cytotoxicity Detection Kits ermittelt. Dabei zeigt die erste Messung in PBS die bereits bestehenden Schäden der Zellmembranen an. Die zweite Messung in TritonX, einem nicht-ionischen Detergens, das Zellmembranen auflöst, aber Proteine wie die LDH intakt lässt, ermöglicht die Bestimmung der maximalen LDH-Freisetzung. Auf diese Weise kann das prozentuale Verhältnis zwischen vitalen und autolytischen Zellen ermittelt werden. Im Gegensatz zu vorangegangenen Studien mit Dura mater, bei denen eine signifikante inverse Korrelation zwischen LDH-Aktivität und postmortalem Intervall nachgewiesen werden konnte, ergaben sich beim Knorpel methodische Schwierigkeiten, so dass keine verwertbaren Resultate erzielt werden konnten. Bei Untersuchungen des Herzbeutels zeigten sich uneinheitliche Ergebnisse, die auf topographische Unterschiede beim postmortalen Zelluntergang in dieser Region hindeuten. Die Ergebnisse der Untersuchungen und Ansätze für die Weiterentwicklung der Methode werden dargestellt. V134 Spektrometrische Untersuchungen zum optischen Verhalten der Haut im postmortalen Verlauf V. Sterzik1, L. Belenkaia2, A.W. Liehr2, M. Bohnert1 1Universitätsklinikum Freiburg, Institut für Rechtsmedizin, Freiburg, Deutschland 2Universität Freiburg, Freiburger Materialforschungszentrum, Freiburg, Deutschland Fragestellung: Durch systematische Erfassung der spektralen Remissionskurven der Haut im rechten Unterbauch sollte untersucht werden, ob diese sich im zeitlichen Verlauf ändern und ob hierdurch ggf. eine Eingrenzung der Postmortalzeit vorgenommen werden kann. Methoden: Bei 195 Verstorbenen mit bekanntem Sterbezeitpunkt wurden insgesamt 532 Remissionskurven der Haut aufgezeichnet und im Hinblick auf das Auftreten bzw. Verschwinden von lokalen Minima und Maxima untersucht. Diese wurden in Relation zur Postmortalzeit gesetzt. Zur Abschätzung der Postmortalzeit wurde daraus ein mathematischer Algorithmus entwickelt und an Spektren getestet, bei denen die Dauer des postmortalen Intervalls zunächst nicht bekannt war. Ergebnisse: Eine exakte Einschätzung des postmortalen Intervalls gelang in 73 % der Messungen und in einem Zeitraum von bis zu 5 Tagen post mortem. Eine Eingrenzung auf +/- 2,5 Stunden gelang in weiteren 8,1 % der Messungen. Schlussfolgerungen: Das Verfahren scheint prinzipiell zur Eingrenzung des Postmortalzeitraums geeignet zu sein, und zwar auch jenseits der ersten 48 Stunden nach Todeseintritt. Durch weitere Messungen insbesondere jenseits von 100 Stunden sollte es möglich sein, die Vorhersagegenauigkeit zu erhöhen. V135 Validierung einer neuen Methode zur Leichenliegezeitbestimmung anhand von Schmeißfliegenlarven S. Reibe1, B. Madea2 1Institut für Rechtsmedizin, Forensische Entomologie, Bonn, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin, Bonn, Deutschland Im Vorjahr wurde bei der DGRM in Basel bereits das neu entwickelte Modell für die Berechnung des Madenalters der Schmeißfliege Lucilia sericata vorgestellt. Das Modell wurde unter Verwendung bereits veröffentlichter Wachstumsdaten für L. sericata aus Österreich von Grassberger und Reiter (2001) erstellt. In der hier vorgestellten Studie wurde geprüft, inwieweit eigens erzeugte Wachstumswerte in das neue Modell eingespeist werden können. Es wurde getestet, inwiefern regionale Un-
terschiede für das Wachstum von Schmeißfliegenlarven berücksichtigt werden müssen und wie verlässlich die Altersberechnungen anhand der neuen Methode sind. Es wurden Wachstumswerte für Lucilia sericata (diesjähriger Beitrag von Sarah Gulinski) und Calliphora vicina unter fünf konstanten Temperaturen erzeugt: 13°, 19°, 20°, 21°, 25° und jeweils die minimale Zeit bis Beendigung der einzelnen Entwicklungsstadien notiert. Diese Werte wurden in das neue Modell eingespeist. Die Güte der Berechnung des neuen Modells wurde getestet, indem die genannten Schmeißfliegenarten auf Ferkelkadavern kontrolliert Eier ablegten. Anschließend entwickelten sich die Larven unter Freilandbedingungen. Ein Datalogger zeichnete stündlich die herrschende Temperatur auf. Die Kadaver wurden täglich kontrolliert und die Zeitpunkte des Abwanderns der Larven, sowie der Schlupf der adulten Tiere notiert. Für die verschiedenen Kontrollexperimente wurde verglichen, welches Berechnungsergebnis das neue Modell im Vergleich zu den heute gebräuchlichen Methoden des Isomegalen-Diagramms und der ADH Methode erzielte. V136 Molekulare Altersbestimmung forensisch relevanter Schmeißfliegenpuppen: Neue Möglichkeiten zur Eingrenzung der minimalen Leichenliegezeit P. Böhme1, J. Amendt2, R. Zehner1 1Institut für Rechtsmedizin, DNA, Frankfurt am Main, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin, Forensische Entomologie, Frankfurt am Main, Deutschland Die Altersbestimmung juveniler Stadien nekrophager Schmeißfliegen erlaubt in vielen Fällen noch Wochen nach Todeseintritt eine genaue Eingrenzung der minimalen Leichenliegezeit. Während für die Larven der forensisch wichtigsten Spezies Vergleichsdaten existieren, die eine exakte Bestimmung des Alters anhand von morphologischen Charakteristika erlauben, ist dies für Fliegenpuppen nur sehr eingeschränkt der Fall; eine messbare Größenänderung findet nicht statt. Schmeißfliegen verbringen jedoch ca. 50% ihrer juvenilen Entwicklung in diesem Stadium, eine Methode zur Altersschätzung auch im Puppenstadium würde die Möglichkeiten einer Todeszeiteingrenzung deutlich erweitern. Die Quantifizierung der sich im Rahmen der Metamorphose verändernden Expression entwicklungsrelevanter Gene kann Stadien der Metamorphose jedoch widerspiegeln und somit als molekulares Werkzeug in der Altersbestimmung von Fliegenpuppen dienen. In der vorliegenden Studie war es möglich, bei der forensisch relevanten Schmeißfliege Calliphora vicina diverse altersabhängige Transkripte zu detektieren und zu isolieren. Hierauf basierend wurde eine quantitative Real-Time PCR entwickelt, mit deren Hilfe die Expression entwicklungsrelevanter Gene analysiert werden kann. Die Methode wird vorgestellt, ihr Nutzen und die Einsatzmöglichkeiten werden diskutiert. V137 Einfluss des Futtersubstrats auf die Wachstumsgeschwindigkeit forensisch relevanter Fliegenmaden N. Wartenberg1, S. Niederegger1, G. Mall2 1Institut für Rechtsmedizin UKJ, Forensische Entomologie, Jena, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin UKJ, Jena, Deutschland In der forensischen Entomologie wird die langfristige Todeszeitbestimmung am zuverlässigsten durch die Ermittlung von Entwicklungsstadium und Alter relevanter Fliegenmaden erzielt. Nicht in jedem Fall ist es möglich, die an der Leiche gefundenen Arten hierfür weiter zu züchten. Daher ist es notwendig, Wachstumsversuche mit möglichst vielen, in der Region vorkommenden forensisch relevanten Arten, unter Laborbedingungen durchzuführen, um anhand der erhaltenen Daten möglichst schnell genaue Aussagen zu einem aktuellen Fall treffen zu können. Rechtsmedizin 4 · 2010
| 335
Abstracts Sind eigene Untersuchungen nicht möglich, beziehen sich forensische Entomologen häufig auf veröffentlichte Entwicklungstabellen und Standardkurven, um das Madenalter festzustellen. Aufgrund Spezies-spezifischer Unterschiede sowie verschiedener Laborbedingungen und Methoden sind zuverlässige Vergleiche und Berechnungen jedoch nicht immer möglich. Neben der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit kann auch das angebotene Futtersubstrat die Wachstumsrate der Maden signifikant beeinflussen. In unseren Versuchen analysieren wir, ob und wie unterschiedliche Substrate sich auf das Gewicht und die Länge verschiedener forensisch relevanter Madenarten während ihrer Entwicklung auswirken. V138 Neue Aufklärungsmethode für forensisch relevante Fliegen maden S. Niederegger1, N. Wartenberg1, R. Spieß2, G. Mall3 1Institut für Rechtsmedizin, Abteilung Forensische Entomologie, Jena, Deutschland 2Universität Bonn, Institut für Zoologie, Neurobiologie, Bonn, Deutschland 3Institut für Rechtsmedizin, Jena, Deutschland Die Berechnung des Alters von Maden anhand des Entwicklungszustandes ist das wichtigste Instrument für die langfristige Todeszeitbestimmung in der Forensischen Entomologie, wenn medizinische Methoden nicht mehr angewendet werden können. Die Entwicklungsgeschwindigkeit der Maden ist, bei ansonsten gleichen Bedingungen, stark von der Fliegenart abhängig. Die Artbestimmung von Maden ist daher von großer Bedeutung, wenn keine adulten Fliegen asserviert oder gezüchtet werden können. Da sich die Maden der forensisch relevanten Fliegenarten stark gleichen, ist eine detaillierte Erfassung artspezifischer morphologischer Merkmale notwendig, beispielsweise die genaue Form des Mundhakenskelettes welches aber bei intakten Maden von der Körperwand und Muskeln verdeckt wird. Das Mundhakenskelett ist sowohl für die Artbestimmung wie auch für die Altersbestimmung der Fliegenmaden von essentieller Bedeutung. Wir haben eine neue und sehr einfach anzuwendende Aufklärungsmethode etabliert, mit der es möglich ist, das Mundhakenskelett trotz der umgebenden Strukturen für eine exakte Formbestimmung zugänglich zu machen. Bei Verwendung dieser Methode können die Maden unter Einsatz eines Lichtmikroskops ohne weitere Präparation bestimmt und intakt für eventuell weitere Untersuchungen asserviert werden. V139 Diapausespezifische Genexpression bei der forensisch relevanten Schmeißfliege Calliphora vicina H. Fremdt, J. Amendt, R. Zehner Institut für Rechtsmedizin, Forensische Biologie/Entomologie, Frankfurt am Main, Deutschland Die Altersbestimmung juveniler Schmeißfliegen ist eine der wichtigsten forensisch-entomologischen Methoden zur Eingrenzung des postmortalen Intervalls (PMI). Für eine möglichst genaue PMI-Kalkulation ist der Ausschluss von Fehlern wie beispielsweise Entwicklungsverzögerungen elementar. Unter pessimalen Umweltbedingungen treten eben solche Verzögerungen auf: Schmeißfliegen verbringen die Wintermonate in einem besonderen Ruhestadium - der Diapause. Dabei reduzieren die Maden im dritten präpupalen Stadium die physiologischen Prozesse auf ein Minimum, wodurch sich die Gesamtdauer der Entwicklung verlängert. Damit diese Verzögerung bei der Altersbestimmung berücksichtigt werden kann, muss eine korrekte Diapause-Diagnose erfolgen. Anatomisch-morphologisch sind diapausierende Individuen nicht zu erkennen. Da bestimmte Gene jedoch in Abhängigkeit zum Diapause-Status exprimiert werden, kann diese mittels molekularbiologischer Methoden dennoch diagnostiziert werden. Zu diesem Zweck wurden Hitzeschockgene (hsp) auf ihre Tauglichkeit als Diapause-Marker hin getestet. Der Vortrag bietet Einblick in den aktuellen Forschungsstand und stellt erste Ergebnisse zur diapausespezifischen Genexpression bei der Schmeißfliegenart Calliphora vicina vor.
336 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
V140 Die Entwicklung von Maden der Schmeißfliegenart Lucilia sericata in Deutschland S. Gulinski, S. Reibe, B. Madea Institut für Rechtsmedizin Bonn, Forensische Entomologie, Bonn, Deutschland Die grüne Schmeißfliege Lucilia sericata zählt zu den frühen Leichenbesiedlern; sie kann bereits Minuten bis Stunden nach dem Tod am Leichnam zu finden sein. Als typische Schmeißfliege in Deutschland ist sie besonders gut für die Berechnung der Leichenliegezeit geeignet, da sie in vielen Fällen an Leichen mit Insektenbefall vorgefunden wird. Diverse Untersuchungen der letzten Jahre thematisierten das Problem regionaler Unterschiede im Wachstumsverhalten von Insektenlarven. Aus diesem Grund wurden 2009 im Rahmen einer Diplomarbeit erstmals Wachstumskurven der Larven von Lucilia sericata erstellt und deren Entwicklungsdauer in Deutschland untersucht. Die in Bonn neu gewonnenen Daten wurden mit Literaturwerten zum Larvenwachstum in Österreich verglichen. Für die durchgeführten Wachstumsversuche wurden die Maden bei fünf konstanten Temperaturen zwischen 13 °C und 25 °C im Brutschrank gezüchtet. Die Länge der Maden und das jeweilige Entwicklungsstadium wurden in bestimmten Zeitintervallen ermittelt. Es zeigte sich im Vergleich, dass die Entwicklungsdauer der Maden in Deutschland signifikante Abweichungen zu den Literaturwerten aus Österreich aufwiesen. Es kam in Bonn bei allen Temperaturdurchläufen zu längeren Dauern der Entwicklungszeit. Dies verdeutlicht die Relevanz regionaler Wachstumsdaten bei der Verwendung von Insekten zur Liegezeitberechnung. V141 Forensic science goes underground: Testate amoebae as bioindicators of cadaver decomposition I. Szelecz1, B. Fournier2 1Goethe-Universität Frankfurt, Rechtsmedizin, Frankfurt, Deutschland 2University of Neuchâtel, Switzerland, Laboratory of Soil Biology, Neuchâtel, Schweiz A decomposing cadaver has important effects on the soil beneath, but this has received very little attention so far. In a pilot study we investigate the effect of a decomposing cadaver on the underlying soil and whether these changes can be used as a possible tool for the estimation of time since death. Testate amoebae are unicellular organisms which produce shells that are used for their identification. Even after the death of the individual the shell is preserved and that makes them a useful tool to describe changes in the community structure. They are ubiquitous in soil, forest floor litter, mossy and aquatic habitats and have been shown to respond to a wide range of environmental gradients and perturbations. For this reason they are used as bioindicators. Hence, we hypothesise that they will also respond to the presence of a decaying body. We therefore investigate density and community structure of testate amoebae underneath decomposing cadavers. Starting in August 2009 litter and soil samples were taken underneath a decomposing pig, a fake pig (bags filled with soil) and a control from three sites in a beech forest in Neuchâtel, Switzerland. The sampling will continue until complete resilience of the soil testate amoebae communities. The main questions are: Do testate amoebae respond to the decaying body? If yes, can they be used for the estimation of time since death - are they an applicable tool? How long does it take until the soil community goes back to normal? We present the results of the initial analysis which show a high mortality rate for testate amoebae already after 22 days underneath the cadaver.
V142 Post-mortem investigations of the sternum bone marrow in forensic medicine; a preliminary study B. Solarino1, L. Tattoli1, M.C. Romanelli1, M. Tsokos2, G. Ingravallo3, M. Delia4 1Section of Legal Medicine, DiMIMP - University of Bari, Bari, Italien 2Institute of Legal Medicine and Forensic Sciences, University Medical Centre Charité, Berlin, Deutschland 3Department of Pathology , Bari, Italien 4Hematology Section, Department of Pathology and Hematology, Bari, Italien The importance of studying the bone marrow (BM) in clinical practice is well known, and techniques such as marrow needle biopsies, smears from aspirate, and imprint preparations, allow to diagnose several blood disorders. The usefulness of BM specimens taken from iliac crest and rib is somewhat accepted in forensic toxicology. Nevertheless, in the field of forensic sciences, there is a lack of studies regarding an alternative role of the sternum aspiration and needle biopsy which can help to understand pathophysiological changes in response to stress, infection, or other external stimuli. Particularly, by using sternum evaluation we might avoid the limit of poor samples possibly obtained by iliac aspiration, especially in post mortem work-up. Moreover, cytomorphological evaluation on sternum smears might offer elements to provide an opinion easier than the one obtained by just histopatological examination, because of the less frequent post-mortem alterations frequently described in bone marrow biopsy. BM samples taken from the sternum were obtained from 50 autopsy cases. The aim of this preliminary study was to demonstrate the presence of bone marrow post-mortem activated cells in various causes of death as well as to analyse, for the first time in the literature, the sternum as the most important site for studying cells of such lymphoid organ in cadavers. The results were here discussed to underline the potential value of BM analysis for forensic purposes. V143 Morphologische Veränderungen TrkB-positiver hippocampaler Neurone und Gliazellen bei Drogentoten M. Weber1, S. Dolp1, K. Bremicker2, M. Bauer3, H. Franke2, M. Krause4, J. Dreßler1 1Universität Leipzig, Med. Fakultät, Institut für Rechtsmedizin, Leipzig, Deutschland 2Universität Leipzig, Rudolf-Boehm-Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Leipzig, Deutschland 3Universität Leipzig, Institut für Pathologie, Leipzig, Deutschland 4Universität Leipzig, Institut für Virologie, Leipzig, Deutschland Der Rezeptor Tropomyosin-related Kinase B (TrkB) ist essentiell für neuroplastische Aktivität im Gehirn. Neurotrophine, wie zum Beispiel der brain derived neurotrophic factor (BDNF), sind Agonisten an der TrkB oder an diesem Rezeptor und werden in Zusammenhang mit Nervenerkrankungen wie Depression und Schizophrenie oder Schädel-Hirn-Trauma gebracht. Kürzlich wurde festgestellt, dass erniedrigte Serumspiegel von BDNF bei Heroinabhängigen vorliegen. Dies könnte dazu führen, dass im Hirn von Drogenabhängigen eine reaktive Veränderung der TrkB-Expression vorliegt. Um diese Frage zu beantworten, haben wir Proben aus Hippocampi von Drogentoten mittels Western Blot und Immunhistochemie untersucht und die Ergebnisse mit Kontrollgewebe verglichen. Ein spezifischer Antikörper gegen die funktionell aktive Isoform von TrkB wurde hierzu eingesetzt. Bei Drogentoten wird die TrkB vorwiegend in hypoxisch veränderten Neuronen und teilweise in diese umgebende Gliazellen exprimiert. Die Gesamtexpression der TrkB ist reduziert. Zusammen mit einer exklusiven Expression von S100beta in den TrkB-positiven Glia sprechen die se Veränderungen für eine Reaktion auf hypoxische Hirnschädigung verursacht durch chronischen Drogenmissbrauch. Erniedrigte Serumspiegel von BDNF könnten mit erniedrigter TrkB-Expression im Hippo-
campus assoziiert sein. Die Verminderung von TrkB im Hippocampus könnte an Einbußen von Gedächtnisleistung und kognitiver Leistung beim Drogenabhängigen beteiligt sein. V144 Vergleichende Analysen der zytotoxischen Effekte von Morphin und D,L-Methadon auf Hirntumorzellen I. Hormann, M. Roscher, A. Mähler, E. Miltner, C. Friesen Institut für Rechtsmedizin, Universität Ulm, Ulm, Deutschland Fragestellung: Morphin ist bei Tumorschmerzen das Opioid erster Wahl. Für das zur Substitutionstherapie verwendete D,L-Methadon ist bekannt, dass es zytotoxisch auf Leukämiezellen wirkt. In unseren Studien haben wir die zellschädigende Wirkung von Morphin im Vergleich zu D,L-Methadon in Kombination mit Zytostatika auf Hirntumorzellen analysiert. Methoden: Hirntumorzellen wurden mit verschiedenen Konzentrationen D,L-Methadon und Morphin alleine sowie zusammen mit Zytostatika inkubiert. Nach 120 und 144h wurden durchflusszytometrische Untersuchungen und Western-Blot-Analysen durchgeführt. Ergebnisse: Wir konnten zeigen, dass in therapeutischen Konzentrationen weder Morphin noch D,L-Methadon eine zytotoxische Wirkung auf Hirntumorzellen haben. Therapeutisch eingesetzte Mengen an Methadon können unbehandelbare Hirntumorzellen für die Behandlung mit dem Zytostatikum Doxorubizin sensitiveren. Das häufiger in der Therapie eingesetzte Morphin besitzt dieses Potential nicht. Die Kombinationsbehandlung mit D,L-Methadon und Doxorubizin aktiviert die Signalwege der Apoptose. Die Caspasenkaskade wird ausgelöst, die antiapoptotischen Proteine Bcl-xL und XIAP werden herunterreguliert, PARP wird gespalten und der Zelltod wird induziert. Schlussfolgerungen: D,L-Methadon ist in geringen Dosen nicht zytotoxisch, kann jedoch in Kombination mit Doxorubizin Apoptose in Hirntumorzellen induzieren. Dieses Potential von D,L-Methadon auf Tumorzellen, könnte einen Fortschritt in der Krebstherapie bedeuten. V145 Calbindin-D-Expression in Purkinje-Zellen bei Hypoxie S. Bartschat1, A. Fieguth1, J. Könemann1, A. Schmidt2, S. Bode-Jänisch1 1Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland 2Nordstadtkrankenhaus Hannover, Institut für Pathologie, Hannover, Deutschland Die Purkinje-Zellen des Kleinhirns reagieren sehr vulnerabel auf Sauerstoffmangel. Bei Hypoxiezuständen wird eine Abnahme des in den Purkinje-Zellen in hoher Konzentration vorkommenden Calbindin-D beschrieben, noch bevor es zu morphologischen Zellveränderungen kommt. Um zu prüfen, ob sich der Nachweis einer abnehmenden Calbindinkonzentration als Indikator für eine akute Hypoxie eignet, wurden Kleinhirnproben von Ertrinkungs- und Erstickungstodesfällen (n= 52), die in den Jahren 2007 und 2008 im Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover obduziert worden sind, bezüglich der Calbindin-Expression immunhistochemisch untersucht. Als Kontrollen dienten gleichermaßen untersuchte Kleinhirnproben von plötzlichen Herztodes- (n=60) und Trauma-Todesfällen mit kurzer Überlebenszeit (n=38). Im Ergebnis fand sich eine statistisch signifikante (p<0.05) Abnahme der Calbindin-Expression in den Purkinje-Zellen der Ertrinkungs- und Erstickungstodesfälle, verglichen mit den Kontrollgruppen. Der Nachweis der Abnahme der Calbindin-Expression kann somit die Diagnose einer akuten Hypoxie untermauern.
Rechtsmedizin 4 · 2010
| 337
Abstracts V146 Charakterisierung der Zytotoxizität analgetischer Opioide auf leukämische Zellen M. Roscher, I. Hormann, C. Köhler, A. Mähler, E. Miltner, C. Friesen Institut für Rechtsmedizin, Universität Ulm, Ulm, Deutschland Fragestellung: Buprenorphin, Fentanyl und Morphin sind häufig eingesetzte Analgetika für Krebspatienten. In der vorliegenden Studie sollte -wie bereits für D,L-Methadon nachgewiesen- die Zytotoxizität dieser drei Opioide analysiert werden. Dabei wurde der Fokus unter Berücksichtigung von Kombinationstherapien mit Cytostatika auf ein mögliches therapeutisches Potential bei der Behandlung von Leukämien gelegt. Methoden: Leukämische Opioidrezeptor-exprimierende Zelllinien wurden mit den verschiedenen Opioiden allein oder in Kombination mit Doxorubizin inkubiert und mittels Durchflusszytometrie sowie Proliferationsstudien und Immunoblots untersucht. Ergebnisse: Die eingesetzten Opioide lösen sowohl in toxischen als auch in therapeutischen Dosen in Kombination mit Doxorubizin Zelltod aus, wobei Buprenorphin die größten Effekte zeigte. Die Apoptoseinduktion verlief stets Caspasen-abhängig über den intrinsischen Signalweg, bei dem Caspase-3, -9 und -2 aktiviert und die antiapoptotischen Moleküle XIAP sowie Bcl-xL herunterreguliert wurden. Schlussfolgerungen: Werden die untersuchten Opioide in therapeutischen Konzentrationen in Kombination mit Doxorubizin eingesetzt, zeigen sie durch die proliferationshemmende und apoptoseinduzierende Wirkung therapeutisches Potential und scheinen eine Alternative bzw. Ergänzung zu konventionellen Leukämiebehandlungen zu sein, vor allem wenn diese nicht die erhofften Erfolge erzielen. V147 Problematik von Insulin-Fehldosierungen / Hypoglykämien bei gerichtlichen Sektionen V. Kuntz, T. Riepert, D. Hatz, B. Navarro-Crummenauer, R. Urban Universitätsmedizin, Institut für Rechtsmedizin, Mainz, Deutschland Immer wieder werden gerichtliche Sektionen mit der Fragestellung Insulinfehl- / -überdosierung? und/oder todesursächliche Unterzuckerung? angemeldet. Dies macht, bezogen auf die Gesamtzahl der Obduktionen, zwar einen eher geringen Anteil aus, kann aber durchaus Schwierigkeiten in der abschließenden Beurteilung bereiten. Anhand von Fallbeispielen aus dem eigenen Sektionsgut soll gezeigt werden, dass derartige Fälle letztendlich im Ergebnis ein recht breites Spektrum abdecken können, was auch unter Berücksichtigung entsprechender Daten / Fälle aus der Literatur zu sehen ist. Unter Umständen verläuft die Aufarbeitung relativ unproblematisch, teilweise können die Fälle aber auch, auch nach Einbeziehung der zugehörigen Akten, nur schwer oder unvollständig geklärt werden. Auch die Interpretationen der postmortal gemessenen Insulin- und C-Peptidspiegel sind nicht immer einfach und können nicht in jedem Fall alle Fragen restlos beantworten. V148 Immunohistochemical detection of MMP-2 and MMP-9 in a stasis-induced deep vein thrombosis model and its application to thrombus age estimation T. Kondo, M. Nosaka, Y. Ishida, A. Kimura, Y. Kuninaka, M. Kawaguchi Wakayama Medical University, Forensic Medicine, Wakayama-City, Japan We immunohistochemically examined the expression of matrix metalloproteinase (MMP)-2 and MMP-9 using venous thrombi developed by the ligation of the inferior vena cava (IVC) in mice. Both of MMP-2- and MMP-9- positive cells could be detected in the whole course of thrombus formation after the IVC ligation. Morphometrically, the number of them was greatest at 14 days after IVC ligation and, thereafter, gradually decreased at 21 days. The number of MMP-9-positive cells was significantly higher than that of MMP-2-positive cells at 1 to 7 days. The average ratios of MMP-9 to MMP-2 (MMP-9/MMP-2 ratios) were >2.0 in all of the thrombus samples aged 1-5 days. At later than 7 days, MMP-9/MMP2 ratios were less than 2.0. These observations implied that a MMP-9/
338 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
MMP-2 ratio, markedly exceeding 2.0, strongly indicates an age of 5 days or less. Furthermore, a MMP-9/MMP-2 ratio of < 2.0 probably indicates an age of more than 7days. The present study demonstrated that the immunohistochemical detection of intrathrombotic MMP-2 and MMP-9 was suitable to estimate the age of venous thrombi. V149 Dummyversuche in der Rechtsmedizin S. Zuber1, N. Gläser1, M. Uhr2, L. Siegenthaler1, U. Buck1, M. Thali1, B. Kneubühl1, S. Bolliger1 1Institut für Rechtsmedizin, ZFB/Virtopsy, Bern, Schweiz 2DTC Dynamic Test Center AG, Passive Sicherheit, Vauffelin, Schweiz Das Institut für Rechtsmedizin Bern führte gemeinsam mit der DTC Dynamic Test Center AG in Vauffelin Dummyversuche zur Thematik der Stumpfen Gewalt durch. Das Ziel war, die Schlagenergie beim Auftreffen auf den Dummykopf zu erfassen. Die Versuche wurden mit einem handelsüblichen Baseballschläger durchgeführt. Dabei wurden die Probanden angewiesen, hinter dem Dummy stehend, gegen dessen rechte Kopfseite zu schlagen. Als wichtigster Messwert wurde bei den Versuchen die Beschleunigung im Kopf erfasst, aus welcher sich anschliessend die Schlagenergie errechnen lässt. Zudem wurde die Beschleunigung in der Brust sowie die Kraft und das Moment im Nacken aufgezeichnet. Sämtliche Versuche sind mit einer Highspeedkamera festgehalten worden, was eine Auswertung der Geschwindigkeit des Schlägers vor dem Schlag und die Analyse der Kopfbewegung nach dem Schlag ermöglicht. Die Auswertungen ergaben, dass bei vielen Versuchen, die Schlagenergie den Grenzbereich der Entstehung einer Schädelfraktur überschritt. Nebst dem Errechnen der Schlagenergie, erlaubt die erfasste Kopfbeschleunigung auch ein Ermitteln des Head Injury Criterion (HIC), welches die Wahrscheinlichkeit einer Schädelfraktur beschreibt. Dem HIC wird insbesondere im Automobilbereich eine zentrale Bedeutung als biomechanischer Grenzwert zugesprochen. Bei den durchgeführten Versuchen liegen rund 66% der Werte oberhalb des bei Normversuchen zugelassenen Grenzwerts. V150 Die chinesische Methode - Falldarstellungen von Suiziden durch Kohlenmonoxidvergiftung mittels eines Holzkohlegrills C. Oehme, R. Penning, M. Graw Institut für Rechtsmedizin der Universität München, München, Deutschland Die Fälle von Selbsttötungen durch Kohlenmonoxidvergiftung nehmen weltweit zu. Vor allem in weiten Teilen Asiens etabliert sich die Einatmung des Gases zu einer der häufigsten Suizidmethoden. Bei der in München als chinesische Methode bekannten Form des Suizids wird mittels der Inbetriebnahme eines handelsüblichen Holzkohlegrills in geschlossenen Räumen (Badezimmer, Auto) bei unvollständiger Verbrennung Kohlenmonoxid erzeugt. Je nach Raumluftkonzentration tritt der Tod nach Minuten bis Stunden ein. Auf einschlägigen Internetseiten und Foren zum Thema Freitod wird diese Methode als besonders einfach und schonend beschrieben. Zum einen ist der Kauf eines Holzkohlegrills in vielen Geschäften, ohne Zugangsbeschränkung und kostengünstig möglich, insofern er nicht sowieso schon Bestandteil des Haushalts ist. Zum anderen ist das entstehende Gas farblos, geruchlos und nicht reizend, sodass dessen Inhalation nicht wahrgenommen werden kann. Im Sektionsgut des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München fanden sich im Jahr 2008 2 Fälle, im Jahr 2009 ebenfalls 2 Fälle und im laufenden Jahr 2010 bereits 5 Fälle solcher Suizide durch Kohlenmonoxid. Über die gewonnenen Ergebnisse und Umstände soll berichtet werden.
V151 Das urogenitale Trauma im rechtsmedizinischen Untersuchungsgut - eine retrospektive Auswertung von 3227 Fällen K. Albrecht1, C. Schwagmeyer2, S. Ückert1, D. Breitmeier2 1Med. Hochschule Hannover, Klinik für Urologie, Hannover, Deutschland 2Med. Hochschule Hannover, Institut für Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland Eine Aufgabe rechtsmedizinischer Tätigkeit stellt die Ergründung der Ursache von (todesursächlichen) Verletzungen dar. Wie aus der Fachliteratur bekannt, scheinen Verletzungen des Urogenitaltraktes einen eher seltenen Begutachtungsgegenstand in der forensischen Diagnostik darzustellen. Zur Objektivierung dieser Vermutung erfolgte eine retrospektive Untersuchung von Obduktionsakten. Es erfolgte die Auswertung der Untersuchungen von 3227 Fällen, welche einer Leichenöffnung zugeführt wurden. Neben dem polizeilich ermittelbaren Sachverhalt, wurden sämtliche traumatologischen Befunde des Urogenitaltraktes erfasst. Aus einem 6-Jahreszeitraum wurden von insgesamt 6266 der dem Institut für Rechtsmedizin Hannover zugegangenen Leichen, 3227 Verstorbene obduziert. Innerhalb dieses Kollektivs waren in 606 Fällen Erkrankungen und Verletzungen des Urogenitaltraktes eruierbar, wobei unter Einschluss von Mehrfachbefunden 976 Einzeldiagnosen erhoben wurden, von denen 166 Fälle Folgen eines Traumas waren. Bezüglich der Einzelorgane entfielen 66 Verletzungen (39,8%) auf die Nieren, gefolgt von den genitalen Befunden (29,5%) und den Harnblasentraumen (12,6%). Zudem wurden Verletzungen an den Nebennieren, der Prostata und den Harnleitern diagnostiziert. In Übereinstimmung mit der Literatur stellen Verletzungen des Urogenitaltraktes einen untergeordneten Stellenwert im forensischen Obduktionsgut dar. So konnten in nur 5,1% der obduzierten Fälle urogenitale Traumen diagnostiziert werden. Diskutiert werden Einzelbefunde wie die spontane Harnblasenruptur, Schussverletzungen, Hochrasanztraumen oder Folgen stumpfer Gewalteinwirkungen. V152 Undiagnosed, untreated acute lymphoblastic lymphoma; differential diagnosis between lethal neglect and natural disease B. Solarino, E. Maselli, L. Tattoli, G. Di Vella Section of Legal Medicine, DiMIMP - University of Bari, Bari, Italien Lethal neglect is a rare cause of death in industrialized countries. In such cases, an accurate differential diagnosis to establish if death results from deliberate neglect, maltreatment and withholding of food instead of natural disease that can mimicking such events, is requested. A 4 months-year-old infant was found unresponsive at home and transported to a local Hospital, where he expired in Emergency Department. Physicians noted child’s cachectic state; the mother stated he had fever, vomiting and diarrhoea from 7 days but she was afraid to seek medical care because was fearful of legal action against her. Crime scene investigation revealed the extremely poor living conditions of the apartment where the 22-years-old mother lived with her parents; the deceased had never been followed by a paediatrician. Autopsy showed the child weighed 4000 g and was 62 cm long. Whole body radiographic examination showed no fractures. A complete lack off in the subcutaneous and deep fat depots with a severe atrophy of skeletal muscles were found; brownish material was found in gastrointestinal tract. Macroscopic and further histological examination showed a T-cell lymphoblastic massive infiltrate of liver, kidneys and other organs with multiple foci of bronchopneumonia in lungs. The cause of death was attributed to a cancer-cachexia-syndrome from Acute Lymphoblastic Lymphoma (LLA). Medico-legal aspects related the liability of the mother in determining her son’s death will be discussed.
V153 Sudden death in young man associated with undiagnosed autoimmune thyroiditis D. Nathena1, A. Papadomanolakis2, E. Spanoudaki1, A. Tsikas3, M. Michalodimitrakis1 1Medical School, University of Crete, Department of Forensic Sciences, Heraklion, Griechenland 2Forensic Services Mininstry of Justice, Forensic Science, Heraklion, Griechenland 3Medical School, University, Forensic Science, Thessaloniki, Griechenland Introduction. Thyroid function during the course of autoimmune thyroiditis is characterized by an initial phase of thyrotoxicosis, which might lead to sudden death by several mechanisms including cardiac arrhythmia. Material and Method. The authors present the case of a 30-year-old man, who was found dead lying in bed in his apartment. The deceased had no previous medical records, although he was often complaining for sweating, weakness and pressure to his throat. The autopsy showed enlargement of the right and a nodule on the left thyroid lobus as well as severe pulmonary edema. The histological picture was that of lymphocytic thyroiditis. Microscopically focal fibrosis was seen in the posterior wall of the left ventricle. The toxicological screening for alcohol and drugs was negative. Discussion. �������������������������������������������������������� Thyrotoxicosis can cause sudden death due to cardiac arrhythmia, hyperpyrexia, electrolytic disturbances and epileptic seizures. The forensic pathologist should be aware of the possibility that thyroid disease might be the cause of death after a thorough postmortem investigation based on medical history, the macro and mainly histological findings in the thyroid glad and excluding any other possible cause of the death.The present case report demonstrates that undiagnosed autoimmune thyroiditis can cause sudden unexpected death due to thyrotoxicosis in young adults without any other pathological signs. P1 Tod eines 5-jährigen Mädchens durch spontane Magenruptur beim Rett-Syndrom Y. Albalooshi, E. Doberentz, B. Madea Universitätsklinikum Bonn, Institut für Rechtsmedizin, Bonn, Deutschland Das Rett-Syndrom stellt eine neurologische Entwicklungsstörung aufgrund einer Gen-Mutation dar, die 1966 erstmals beschrieben wurde. Sie ist gekennzeichnet durch eine plötzliche Regression der Entwicklung im Kleinkindalter nach anfänglich normalem Entwicklungsverlauf. Betroffen sind ausschließlich Mädchen. Die Erkrankung geht neben einer neurologischen Symptomatik mit Atemstörungen und ausgeprägten Motilitätsstörungen des Gastrointestinaltraktes einher. Es wird über ein 5-jähriges Mädchen berichtet, das sich wegen eines bekannten Rett-Syndroms in stationärer Pflege befand. Aufgrund einer Erkältung habe es Antibiotika verabreicht bekommen. In der Nacht vor dem Tod habe man das Kind immer wieder geweckt, um ihr Flüssigkeit zuzuführen. Das Mädchen verstarb akut. Bei der rechtsmedizinischen Sektion zeigte sich eine Ruptur der Magenhinterwand ohne Hinweise auf ein mechanisches Trauma. Im Bauchraum fand sich reichlich Flüssigkeit. Die Darmschlingen waren fast komplett leer. Histologisch ergaben sich keine Hinweise auf entzündliche Veränderungen der Magenwand. In der Literatur fanden sich nur einzelne Fälle einer Magenruptur bei bekanntem Rett-Syndrom. Die Todesursache wird diskutiert und hiermit zusammenhängende Begutachtungsprobleme werden dargelegt. P2 Plötzlicher Tod bei massiver Magendilatation F. Alkamiri, E. Doberentz, C. Schyma, B. Madea Institut für Rechtsmedizin, Bonn, Deutschland Von der Bulimia nervosa sind vorwiegend junge Frauen betroffen, sie ist oftmals die unmittelbare Folge einer Magersucht. Die Erkrankung bleibt Rechtsmedizin 4 · 2010
| 339
Abstracts nicht ohne Folgen: Untergewicht, Schädigung der Zähne durch Magensäure, Störungen des Elektrolythaushaltes bis hin zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen, chronische Entzündung der Speiseröhre oder Magenruptur. Auch Todesfälle durch akute massive Magendilatation mit und ohne Ruptur sind in der Literatur beschrieben. Eine letale Folge einer Bulimia nervosa soll vorgestellt werden. Eine 32 Jahre alt gewordene Lehrerin mit bekannter Bulimie hat in den frühen Morgenstunden den Notdienst gerufen und um Medikamente zum Erbrechen gebeten. Man habe ihr eine stationäre Einweisung vorgeschlagen, was sie jedoch abgelehnt habe. Später sei sie in der Wohnung tot aufgefunden worden. Bei der rechtsmedizinischen Sektion zeigte sich eine sehr schlanke Frau (61,0 kg, 169 cm) mit aufgeblähtem Bauch. Als Ursache fand sich ein massiv vergrößerter, den gesamten Bauchraum ausfüllender Magen mit einem Füllungsvolumen von 8540 ml geschichtetem Inhalt. Es fand sich eine massive Mageninhaltsaspiration der weit in den Brustkorb nach oben gedrängten Lungen sowie eine obere und untere Einflussstauung. Als mögliche Todesursachen werden ein Roemheld-Syndrom bei abnormer Magenfüllung, ein hypovolämischer Schock bei Verdrängung der Bauchorgane und einer Kompression der unteren Hohlvene sowie ein hypoxischer Einfluss bei Zwerchfellhochstand diskutiert. P3 Walker-Warburg-Syndrom - eine Falldarstellung seltener Befunde als Ursache einer tödlich verlaufenden Bronchopneumonie C. Dinges1, S. Kunz1, A. Büttner2, E. Mützel1 1Institut für Rechtsmedizin München, München, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin Rostock, Rostock, Deutschland Beim Walker-Warburg-Syndrom handelt es sich um eine äußerst seltene, autosomal rezessiv vererbbare Muskeldystrophie, die mit Fehlbildungen des Gehirns und des Auges einhergeht. Die weltweite Inzidenzrate ist unbekannt. Die geschätzte Prävalenz für Europa liegt bei 0,12 pro 100.000 Lebendgeborenen. Die zerebralen Fehlbildungen im Sinne einer sogenannten Cobblestone - Lissenzephalie beruhen auf Mutationen im POMT1 - Gen, einem Gen, das in die Glykosylierung von Dystroglykanen involviert ist. In der Literatur sind bislang wenige Todesfälle in Verbindung mit einem Walker-Warburg-Syndrom beschrieben. In unserem Institut wurde ein sieben Monate alter weiblicher Säugling seziert, der von den Eltern in den Morgenstunden in seinem Bett leblos, aber noch warm sich anfühlend, aufgefunden wurde. Unter laufender Reanimation wurde das Kind ins Krankenhaus verbracht, wo nur noch der Tod festgestellt werden konnte. Es wurde bekannt, dass das Kind an einem Walker-Warburg-Syndrom und seit drei Monaten unter epileptischen Anfällen litt. Die Obduktion erfolgte im Auftrag der Staatsanwaltschaft, da die Mutter des Kindes angegeben hatte, in der Vergangenheit Kontakt mit einem H1N1-Träger gehabt zu haben. Außerdem war vom leichenschauenden Arzt die Todesursache als unklar angegeben worden. Über die in der Sektion gewonnenen Befunde und das Ergebnis der H1N1-Untersuchung soll berichtet werden.
P4 Ein seltener Todesfall - Tod durch ein unbehandeltes Erysipel Y. Albalooshi, E. Doberentz, B. Madea Universitätsklinikum Bonn, Institut für Rechtsmedizin, Bonn, Deutschland Eine Sonderform der Phlegmone (eitrige Entzündung des Bindegewebes) stellt das Erysipel dar. Durch kleine Hautverletzungen, vor allem am Gesicht, den Armen oder Beinen, kommt es zum Eindringen von in der Regel ß-hämolysierenden Streptokokken. Die Erkrankung kann unter heftiger klinischer Symptomatik unbehandelt zum Tode führen. Es wird über den Todesfall einer 46 Jahre alten Frau berichtet, die schon seit vielen Jahren ärztliche Behandlungen abgelehnt hat und Erkrankungen mit Hausmitteln selbst therapierte. Trotz heftigster Schmerzen und entzündlichen Veränderungen im Kiefer-Halsbereich weigerte sie sich, einen Arzt aufzusuchen und verstarb zu Hause. Bei der rechtsmedi-
340 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
zinischen Sektion zeigte sich eine massive phlegmöse Entzündung, ausgehend von einem Areal über dem rechten Unterkieferast ohne Nachweis einer direkten Ursprungsquelle. Todesursache war eine Sepsis, die mikrobiologischen Untersuchungen ergaben eine Infektion mit Enterokokken und Hautflora. Bei frühzeitiger ärztlicher Konsultation hätte der Tod vermieden werden können. Die Sektionsbefunde werden vorgestellt und diskutiert. P5 Waterhouse Friderichsen Syndrom bei einem 16-jährigen Negroiden B. Fliss, C. Bartsch Institut für Rechtsmedizin Zürich, Forensische Medizin, Zürich, Schweiz Ein Drittel aller Meningokokkeninfektionen mündet in eine Sepsis, in 10 - 15 % dieser Fälle entwickelt sich die besondere Form eines Waterhouse Friderichsen Syndroms, welches mit einer sehr hohen Letalität (95 %) einhergeht und vorwiegend bei Kleinkindern und seltener bei älteren Kindern bzw. Jugendlichen auftritt. Anfänglich dominieren unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost, Erbrechen, Durchfall und Schwindel. Im weiteren Verlauf kommt es sehr rasch zu schwerstem Krankheitsgefühl mit Kollapszeichen. Als pathognomonisch für eine Meningokokkensepsis gelten insbesondere die am gesamten Körper auftretenden disseminierten punktförmigen Hauteinblutungen, die richtungsweisend für die Diagnosestellung sind. Im Folgenden wird der Fall eines 16 Jahre alt gewordenen dunkelhäutigen jungen Mannes vorgestellt, der am Nachmittag über Übelkeit, Erbrechen und Durchfall klagte und bei anhaltender Symptomatik in der folgenden Nacht in die Notaufnahme einer Klinik verbracht wurde. Bereits am frühen Morgen gegen 05.00 Uhr wurde er plötzlich kreislaufinstabil und verstarb schließlich trotz zweistündiger Reanimationsmassnahmen im finalen Schockgeschehen. Die Befunde der Leichenschau und Obduktion werden präsentiert und den in der Literatur beschriebenen gegenübergestellt. P6 Spontane Clostridieninfektion - nicht selten erst eine postmortale Diagnose V. Martos, C. Bartsch Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich, Forensische Medizin, Zürich, Schweiz Der durch Clostridien (Cl.) hervorgerufene Gasbrand ist zwar eine sehr seltene, aber dafür häufig tödlich verlaufende Infektionskrankheit. Er wird hauptsächlich nach Verletzungen, Operationen und Tumoren beobachtet, kann allerdings auch bei Hautinfekten nach Hitzeeinwirkung und nach einem septischen Abort auftreten. Ein Grossteil aller klinisch relevanten Clostridieninfektionen wird von den Typen Cl. perfringens und Cl. septicum hervorgerufen und tritt bei Kindern und Erwachsenen gleichermassen häufig auf. In etwa 10 % dieser Fälle entwickelt sich die Infektion ganz spontan ohne erkennbaren Auslöser und verläuft dann wesentlich häufiger tödlich. Ihr Beginn ist heimtückisch und der Verlauf äußerst rasant, so dass sie bis zum Versterben der Betroffenen unerkannt bleibt und die Diagnose nicht selten erst postmortal im Rahmen der Obduktion gestellt wird. Im Folgenden wird der Fall eines 53 Jahre alt gewordenen Mannes vorgestellt, der mit Übelkeit und diffusen Bauchschmerzen stationär aufgenommen und bereits 6 Stunden später plötzlich bradykard und apnoeisch wurde und trotz einstündiger Reanimationsmaßnahmen schließlich verstarb. Die Befunde der Leichenschau und Obduktion werden präsentiert und den in der Literatur beschriebenen gegenübergestellt.
P7 Intrauteriner Fruchttod bei Morganella morganii-assoziierter eitriger Chorioamnionitis Y. Schulz1, K. Hussein2, K.-P. Larsch1, D. Breitmeier1 1Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland 2Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Pathologie, Hannover, Deutschland Morganella morganii-assoziierte Komplikationen während der Schwangerschaft sind sehr selten. Im internationalen medizinischen Schrifttum wurden bislang nur wenige Fälle, teils mit letalem Verlauf, beschrieben. Im Rahmen des vorliegenden Beitrags soll ein Fall aus dem eigenen Obduktionsgut unter besonderer Berücksichtigung der histologischen Befunde vorgestellt werden. Eine 26-jährige Frau, bei der ein grippaler Infekt mit Diarrhoe bestand, wurde aufgrund von vorzeitiger Wehentätigkeit in der 28. SSW stationär aufgenommen. Eine unter der zunächst angestrebten Spontanentbindung eintretende fetale Bradykardie machte eine Notsectio erforderlich, in deren Verlauf die weibliche Leibesfrucht als Totgeburt entwickelt wurde. Klinisch bestand der Verdacht auf eine foudroyante Sepsis bei Amnioninfektionssyndrom. Mikrobiologische Untersuchungen erbrachten sowohl bei der Kindsmutter als auch bei der Leibesfrucht den Nachweis des Bakteriums Morganella morganii. Dem Ergebnis der im Auftrag der Klinik durchgeführten Obduktion zufolge verstarb die Leibesfrucht im Herz-Kreislaufversagen infolge einer Septikopyämie, unter Berücksichtigung histologischer Untersuchungen im Rahmen einer eitrigen Chorio amnionitis mit intrauteriner eitriger Pneumonie. P8 Komplikationen der akuten Otitis media - der Kleinhirnabszess J. Manhart1, S. Kock2, A. Büttner1 1IFRM Universität Rostock, Rostock, Deutschland 2IMIKRO Universität Rostock, Mikrobiologie, Rostock, Deutschland Aus dem hiesigen Obduktionsgut wird der Fall eines 12-jährigen Jungen dargestellt, welcher aus einer „verschleppten Erkältung“ heraus eine akute Otitis media (AOM) entwickelt. Diese nimmt einen rezidivierenden Verlauf über insgesamt 4 Wochen ante mortem mit zunächst hausärztlicher, später dann HNO-fachärztlicher Konsultation und sachgerechter Antibiotikatherapie. Das klinische Bild wandelt sich von anfänglich charakteristischen Ohrenschmerzen, die rasch zur Diagnosestellung führen, hin zu uncharakteristischen Kopfschmerzen mit intermittierendem Erbrechen ohne fokale neurologische Defizite oder Meningismuszeichen. Mit der gerichtlichen Sektion wird ein Kleinhirnabszess offenbar, andersartige Vorerkrankungen oder Fehlbildungen finden sich nicht. Mikrobiologisch können aus Abstrichen massenhaft Streptococcus sp. isoliert werden. Kleinhirnabszesse als schwere, wenn auch seltene Komplikationen der AOM weisen häufig unspezifische Symptome auf. Die klassische Trias aus Kopfschmerz, Fieber und fokalem neurologischen Defizit ist selten zu beobachten. Auch im Zeitalter der modernen Bildgebung und möglicher suffizienter Antibiotikatherapie ist die Letalität von Kleinhirnabszessen nach wie vor hoch. P9 Sudden thyroid death S. Hostiuc, C. Capatina Institutul national de medicina legala, Bucuresti, vitan barzesti, Rumänien Thyroid pathology is rarely involved in the pathogenesis of sudden death in young people, and usually, when this is the case, is associated with acute changes of thyroid hormone blood levels. Three main thyroid causes of sudden death are known and used in tanathologic chains: thyrotoxicosis, myxedematous coma and, as of recently, lymphocytic thyroid infiltration. Coagulation disorders associated with thyroid disease are usually mild and not associated with sudden death. There are some studies showing an increased risk for unprovoked deep venous thrombosis
in patients with hypothyroidism, but there is none, to our knowledge, showing a correlation between hypothyroidism, deep venous thrombosis and sudden death. We present a case of sudden death determined by pulmonary thrombembolism and discuss the importance of a newly found hypothyroidism in the development of deep venous thrombosis. P10 Seltene Ursache eines unerwarteten Todes im jüngeren Lebensalter: Lungenembolie als Folge einer Vena cava inferior-Infiltration durch ein Teratokarzinom Y. Schulz1, K.-P. Larsch1, F. Länger2, M. Klintschar1, D. Breitmeier1 1Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland 2Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Pathologie, Hannover, Deutschland Im Obduktionsgut rechtsmedizinischer Institute sind so genannte plötzliche Todesfälle aus natürlicher Ursache bekanntermaßen in großer Anzahl repräsentiert. Mitunter ergeben sich hierbei im Rahmen der Obduktion als durchaus überraschend zu charakterisierende Befunde insbesondere hinsichtlich postmortal festgestellter schwerwiegender, zu Lebzeiten der Betroffenen jedoch nicht diagnostizierter Grunderkrankungen. Ein entsprechend gelagerter Fall wird kasuistisch dargestellt. Ein 22-jähriger Mann wurde tot von seiner Lebensgefährtin in der Wohnung aufgefunden. Letztmals wenige Stunden zuvor hatte er sich aufgrund seit längerer Zeit bestehender Rückenbeschwerden in hausärztliche Behandlung begeben. Unter anderem im Hinblick auf die zeitlichen Verhältnisse zwischen Ableben und ärztlicher Intervention wurde die gerichtliche Obduktion des Verstorbenen angeordnet. Hierbei ließ sich ein retroperitonealer Tumor mit Infiltration und konsekutiver Thrombosierung der unteren Hohlader nachweisen, einhergehend mit todesursächlichen ausgedehnten Lungenembolien. Dem Ergebnis histologischer Untersuchungen zufolge handelte es sich bei dem Tumor um ein Teratokarzinom. P11 Advanced bronchogenic carcinoma as a cause of sudden cardiac death D. Nathena1, E. Lagoudaki2, E. Spanoudaki1, I. Douzis1, M. Michalodimitrakis1 1Medical School, University of Crete, Department of Forensic Sciences, Heraklion, Griechenland 2University Hospital, Department of Pathology, Heraklion, Griechenland Introduction: Although most fatal lung tumors are diagnosed well before a patient’s death, forensic pathologists encounter cases of sudden death in which a primary small cell lung carcinoma was not suspected prior to death. Case presentation: A 49-year-old male, smoker,was found dead in his workshop. The last two days prior to his death he experienced shortness of breath. A huge tumor mass was found originating from the right central bronchus with almost complete obstruction of the lumen locally and extensive spread to the right pulmonary parenchyma. Pericardium was lined by tumor implants and the cavity was distended containing 700ml of bloody effusion showed a typical picture of acute pericarditis. Conclusion: Lung tumors are seldom a forensic problem as they lead rarely to sudden death. In this case although the tumor was increased to the point to almost obstruct the lumen of the right main bronchus no serious symptoms of asphyxia or anoxia were experienced by the patient until he died suddenly from the apparent pericarditis developed from the expansion of the disease to the pericardium. Cardiac metastases from malignant neoplasms are uncommon although they are more frequent than primary cardiac tumors and usually are spread to the pericardial surfaces of the heart. Not all of deaths from bronchogenic carcinoma are chronic in their course and complaints brought up by the relatives of the deceased, especially for inmates for institution negligence or liability are not sustained.
Rechtsmedizin 4 · 2010
| 341
Abstracts P12 Nicht-natürlicher Tod infolge manipulativer Eröffnung der V. jug. ext. unter typischen Nebenwirkungen einer Kortisontherapie B. Ondruschka, V. Wenzel, D. Lindner, R. Lessig, J. Dreßler Institut für Rechtsmedizin, Morphologie, Leipzig, Deutschland Wir berichten über eine 77 Jahre alt gewordene Frau, die in ihrem Bett im Pflegeheim leblos mit einer stark blutenden Haut- und Weichteildurchtrennung an der linken Halsseite aufgefunden wurde. Die Person war an Arteriitis temporalis (Mb. Horton) erkrankt und stand unter hochdosierter Kortison-Dauertherapie. Sie sei seither i. S. eines endokrinen Psychosyndroms depressiv auffällig gewesen. Im Rahmen der gerichtlichen Sektion konnte festgestellt werden, dass die Frau sich mit frisch abgebrochenen Fingernägeln von Daumen und Zeigefinger der linken Hand so lange ihre pergamentartige, atrophe (Alters-)Haut quer verlaufend von oben innen nach unten außen aufkratzte, bis unter Einwirkung dieser halbscharfen Gewalt gegen die linke Halsseite die Haut, das Unterhautfettgewebe sowie eine oberflächliche Halsvene (V. jug. ext. sin.) durchtrennt wurde, aus der es zum massiven Blutaustritt kam und der Tod letztlich durch äußeres Verbluten eintrat. Eine Luftembolie konnte ausgeschlossen werden. Eine ähnliche Kasuistik konnte nach ausgedehnter Recherche der rechtsmedizinischen Fachliteratur nicht aufgefunden werden. Zusätzlich bestand bei der Frau eine tiefe Beinvenenthrombose, die zu einem Verschluss der rechten Lungenarterie führte. Dies hat begünstigend zum Todeseintritt beigetragen. P13 Außergewöhnlicher Fahrradunfall C. Bartsch, B. Vonlanthen Institut für Rechtsmedizin, Forensische Medizin, Zürich, Schweiz Im Rahmen einer Analyse aller tödlichen Fahrradunfälle aus dem Obduktionsgut in Zürich stießen wir auf eine ganz besondere Kollisionsform. Nach umfangreicher Literaturrecherche handelt es sich offenbar um einen Einzelfall, weshalb wir ihn detailliert vorstellen. Anfang Juli war es gegen 09.30 Uhr auf einem Flughafengelände für Segel- und kleinere Motorflugzeuge zum Landeanflug der Propellermaschine vom Typ HB-EXW Robin DR 400-180R gekommen, welche zuvor für einen Segelflugzeug-Schlepp gestartet war. Kurz nach dem Aufsetzen der Maschine auf der betonierten Landebahn kam es zu einer Frontal-Seitenkollision mit einer Fahrradfahrerin, die offenbar trotz Schrankenabsperrung aus einer Seitenstrasse kommend die Piste überqueren wollte. Die Befunde der Leichenschau und Obduktion mit einer Verletzungskombination aus scharfer, halbscharfer und schwerer stumpfer Gewalteinwirkung wurden in Kombination mit der Spurensituation und Aufnahmen des Schauplatzes zur Unfallrekonstruktion herangezogen. P14 Suizid mit dem Fahrrad U. Schmidt, T. Rost, L. Jungmann, S. Pollak Universitätsklinikum Freiburg, Institut für Rechtsmedizin, Freiburg, Deutschland Die Rate von Suiziden im Straßenverkehr wird abhängig vom untersuchten Kollektiv auf zwischen 1 und 8 % geschätzt. Als verdächtig gelten insbesondere Alleinunfälle von Autofahrern, die (fahr-)technisch nicht zu erklären sind. Die Aufklärung von Suiziden im Straßenverkehr ist schwierig, wenn entsprechende Hinweise, wie z. B. die zeitnahe Äußerung von Suizidabsichten oder ein Abschiedsbrief, fehlen. Häufig ist bei den Suizidenten im Straßenverkehr eine zugrundeliegende psychiatrische Erkrankung zu eruieren. Die Autoren berichten über einen Suizid mit dem Fahrrad. Der 71 Jahre alt gewordene Mann war am Ende einer Gefällestrecke absichtlich gegen eine Hauswand gefahren, wodurch er sich ein schweres offenes SchädelHirn-Trauma zuzog. Das Befundbild und die Umstände des Falles werden dargelegt.
342 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
P15 Atypical myocardial bridging. Medical-legal �������������������������� consequences D. Dermengiu, S. Hostiuc, S. Dermengiu, G.C. Curca Institutul national de medicina legala, Bucuresti, vitan barzesti, Rumänien Myocardial bridging is a coronary anomaly characterized by an intramyocardial path of an epicardial artery. Is usually is located on the left coronary artery, has a length of about two to three centimeters and it has a medium depth of about two millimeters. In this poster we will present some atypical forms of myocardial bridging (regarding location, depth, associated coronary and cardiac anomalies) and discuss their medicallegal consequences. P16 Morphological analysis of sudden death associated with myocardial bridging S. Hostiuc, D. Dermengiu, G.C. Curca, M.C. Rusu, S. Dermengiu Institutul national de medicina legala, Bucuresti, vitan barzesti, Rumänien Introduction: Although myocardial bridging is a very common coronary pathology its association with sudden cardiac death is uncertain as various studies gave contradictory results. Method and materials: We analyzed 20 cases of sudden death associated with myocardial bridging by using a morphological scale and compare it with a control group of 20 sudden death cases without myocardial bridging. The morphological scale contained seven histological parameters graded from 1 to 4. Results: Sudden cardiac death associated with myocardial bridging is associated with more severe myocardial lesions than sudden death not associated with myocardial bridging. P17 Cardiac contusion. Case presentation D. Dermengiu, C. Capatina, M. Ceausu, M.C. Rusu, S. Hostiuc, G.C. Curca Institutul national de medicina legala, Bucuresti, vitan barzesti, Rumänien Contusio cordis usually appears in penetrating thoracic trauma or high energy blunt trauma and only in rarely in thoracic blunt trauma in homicidal context. The diagnosis is easy if a traumatic context is/can be proven; if not the differential diagnosis with myocardial infarction, other causes of cardiac hemorrhages or post resuscitation cardiac trauma can be very difficult, as there are no specific tests for contusio cordis. We describe in this presentation a case of contusio cordis in a 31 year old male, caused by thoracic blunt trauma (hit with a wooden object) and discuss some particularities of this illness and its differential diagnosis. P18 Todesfall eines Patienten mit Herzunterstützungssystem C. Schyma, E. Doberentz, B. Madea Rechtsmedizin, Forensische Medizin, Bonn, Deutschland Ein 69jähriger Mann wurde mit dem Verdacht akuter Koronarinsuffizienz notfallmäßig in das Klinikum eingeliefert. Die Reanimation blieb erfolglos. Zwei Jahre zuvor war dem Patienten ein Linksherzunterstützungssystem der Firma Thoratec vom Typ Heart Mate II implantiert worden. Eigentlich hätte das Gerät Alarm geben sollen, weshalb eine Gerätefehlfunktion vermutet wurde. Die Obduktion zeigte ein im Oberbauch vollständig eingewachsenes Pumpenaggregat, das das Blut aus der linken Herzkammer über Prothesen in die Aorta ascendens leitete. Außerdem wurde ein regelrecht implantierter Zweikammerschrittmacher vom Typ DDDR gefunden. Das Herz war stark vergrößert. Trotz der Massenzunahme (670 g) betrug die Kammerwandstärke links nur zwischen 8 und 11 mm. Alle Herzhöhlen, insbesondere der rechte Herzvorhof und die rechte Herzkammer waren schlaff erweitert. An der Spitze der linken Herzhinterwand zeigten sich Abblassungen und Einblutungen im Bereich einer dortigen Narbe. Es bestand eine hochgradig stenosierende Erkrankung sämtlicher Herzkranzgefäße. Akute Veränderungen waren Schocknieren, ein hochgradiges Hirn- und Lungenödem bei Schocklun-
gen und ungleichmäßiger Lungendurchblutung. Die Todesursache wird diskutiert. P19 Myokardrupturen mit Hämoperikard: Infarktkomplikation oder Reanimationsschaden? H. Jung1, D. Gherman1, D. Matei1, L. Hecser1, D. Biris1, K. Trübner2 1Universität Tirgu Mures, Institut für Rechtsmedizin, Tirgu Mures, Rumänien 2Universitätsklinikum Essen, Institut für Rechtsmedizin, Essen, Deutschland Bei der Herzmuskelruptur beträgt die Zeitdifferenz zwischen Beginn der Nekrose und Ruptur in der Regel mindestens 1-2 Tage. Andererseits sind Myokardrupturen nach Reanimationsversuchen und Thoraxprellungen nur in Einzelfällen in der Literatur beschrieben worden. Fall 1: Ein 50-jähriger Mann wurde mit epigastrischer Schmerzsymptomatik eingewiesen. Das EKG zeigte minimale Veränderungen, die erst nach sieben Stunden auf einen Infarkt deuteten. Gleich danach trat ein Herzsillstand auf; die Reanimationsmaßnahmen waren erfolgslos. Bei der Obduktion fand sich eine Herzbeuteltamponade von 500 ml nach zwei Myokardrupturen der postero-lateralen linksventrikulären Wand, davon eine partiell (1.5 cm) und eine transmural (3 cm). Fall 2: Ein 60-jähriger Mann wurde in das gleiche Krankenhaus (wie im Fall 1) 9 Stunden nach Beginn konstriktiver retrosternaler Schmerzen eingewiesen. Der EKG-Befund und die Laborbefunde sprachen auch für einen Myokardinfarkt. Kurz nach der Einweisung blieben die Reanimationsmaßnahmen erfolglos. Todesursächlich war eine Herzbeuteltamponade auf Grund von 3 Rupturen der vorderen linken Kammerwand (2 partielle epikardiale Rupturen, 1 transmurale Ruptur). In keinem Fall waren morphologische, makroskopische oder histopathologische Merkmale einer Myokardnekrose zu beobachten. Anhand dieser Fälle wird über die Möglichkeit der mechanischen oder elektrischen Schädigung der Herzmuskulatur infolge der Reanimation in myokardialen früh-ischämischen Stadien diskutiert. P20 Cardiac Pathology and Alcohol Abuse O. Teteris1, A. Erglis2, K. Nevidovska1, J. Vamze3, G. Grauss3 1Riga Stradins University, Riga, Lettland 2Institute of Cardiology of Latvian University, Riga, Lettland 3State Center for Forensic Medical Examination , Riga, Lettland Introduction. Occurence of cardiomyopathy together with enlarged fatty liver, alcoholic hepatitis or alcoholic cirrhosis (Alcoholic Liver Disease) and presence of alcohol in toxicological investigation are estimated as a characteristic markers of alcohol abuse. Materials and methods. There was done the epidemiologic research of these pathologies in population of Latvia (Riga) . 609 autopsy cases of sudden and violent death confirmed by the results of histological research from 2001 and 1300 cases from 2008/2009 were selected. Results. Cardiomiopathy connected with typical subtotal and total fatty liver (steatosis) in absolute numbers could be observed among male already in the age group of 21-30, but among female 10 years later. Among the registered hepatic pathologies there prevails fatty hepatosis, atrophic cirrhosis (6%), hepatitis (3%) and cancer (0,5%). Approximately 2/3 of cases of hepatitis were estimated as alcohol geneses. Alcohol content in blood was registered in 30-60% of cases depend on cause of death. Fatty hepatosis combined with coronal heart disease and atherosclerosis among male and female was observed already in the age group of 41-50. Conclusion. Cardiac and liver pathologies characteristic for long term alcohol abuse develop 10 years earlier in population of male than female. Confidentiality of treatment from alcoholism or lack of data decrease alcoholism as the direct reason of death. At the same time there incrise registration of such cases as cardiomyopathy, hepatitis and liver cirrhosis of uncertain etiology.
P21 Hat sich die Inzidenz der Arrhythmogenen Rechtsventrikulären Kardiomyopathie (ARVC) in den letzten Jahren erhöht oder hat sich die Diagnostik der Erkankung entscheidend verbessert? I. Bouska, T. Vojacek, M. Beran 2.med. Fakultät der Karls-Universität Prag, Institut für Rechtsmedizin, Prag, Tschechische Republik Im Obduktionsgut des Instituts für Rechtsmedizin der 2. med. Fakultät der Karls-Universität Prag ist die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC) in den letzten 3 Jahren bei 6 Verstorbenen als Todesursache diagnostiziert worden. In der Vergangenheit ließ sich die ARVC nur ganz vereinzelt im Obduktionsgut feststellen. Es wird über den Tod von zwei 31-jährigen Männern berichtet, welche in direktem zeitlichen Zusammenhang zu körperlicher Belastung (Fußball, Radfahren) verstorben waren. Beide Männer hatten in der Vorgeschichte keine Symptome geboten, die auf das Vorliegen einer ARVC hingedeutet hätten. Bei der detaillierten Auswertung der anamnestischen Angaben eines der beiden Verstorbenen ergaben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Rechtsherzhypertrophie. Die Autoren möchten auf die Notwendigkeit einer sorgfältigen Untersuchung des Herzkreislaufsystems junger Sportler hinweisen, um das Krankheitsbild der ARVC besser erfassen zu können und damit dem Auftreten plötzlicher Todesfälle im jungen Erwachsenenalter entgegen zu wirken. P22 Subendokardiale Blutungen beim Tod durch Erhängen M. Bohnert, S. Pollak, A. Thierauf Universitätsklinikum Freiburg, Institut für Rechtsmedizin, Freiburg, Deutschland Typische morphologische Befunde beim Erhängungstod sind die Strangmarke, das Hervortreten der Zunge, eine Speichelabrinnspur, Frakturen des Kehlkopfs, Ansatzblutungen der Halsmuskulatur, evtl. Einrisse der Intima der A. carotis und sog. Simon‘sche Blutungen vor allem der Lendenwirbelsäule. Nicht typisch für das Erhängen sind hingegen subendokardiale Blutungen, die wir auch in neuester Zeit immer wieder beobachten konnten. Subendokardiale Blutungen können vor allem bei Fällen mit Volumenmangel, etwa durch Verbluten oder als klassischer Befund bei der Arsenvergiftung angetroffen werden. Sie können aber auch eine Folge der Gabe von Adrenalin oder anderen Sympathomimetika sein, die im Rahmen der Reanimation intravenös verabreicht wurden. Die Bedeutung dieses Befundes bei Erhängten ist noch unklar. Möglicherweise handelt es sich um ein Zeichen einer Stressreaktion im Rahmen einer protrahierten Strangulation. P23 „Kälteerytheme“ - nix mehr als lokale Hypostase? V. Wenzel1, L. Wenzel2, R. Lessig1, J. Dreßler1 1Institut für Rechtsmedizin, Morphologie, Leipzig, Deutschland 2Klinikum St. Georg, Klinik für Anästhesiologie, Leipzig, Deutschland Die Befunde bei der äußeren Leichenschau von Personen, die in einer kälteren Umgebung verstarben, sind nach Praxis und Literatur überwiegend unspezifisch; es finden sich jedoch sehr oft sog. „Kälteerytheme“ an dafür typischen Lokalisationen. In der Klinik verwendet man künstliche Hypothermie bei Patienten für Operationen in der Herz- oder Neurochirurgie, ohne dass es dabei zur Entstehung von Hautveränderungen, die als „Kälteerytheme“ bezeichnet werden, kommt. Es stellte sich somit die Frage - Wie entstehen sog. „Kälteerytheme“ überhaupt? Durch unsere Arbeitsgruppe erfolgten retro- und prospektive Untersuchungen von Verstorbenen, bei denen eine Unterkühlung als Todesursache in Frage kam bzw. als Diagnose gestellt wurde. Diese wurde verglichen mit anderen Todesfällen, bei denen eine Kälteeinwirkung ausgeschlossen werden konnte, obwohl die dafür typischen äußeren Leichenschaubefunde („Kälteerytheme“) vorhanden waren. Nach den Ergebnissen unserer Untersuchungen sind die sog. „Kälte erytheme“ nach wie vor unspezifisch für den Tod bei Unterkühlung. Sie Rechtsmedizin 4 · 2010
| 343
Abstracts weisen nur - im Sinne einer lokalen Hypostase - auf die Position einer sich im Sterbevorgang befindlichen Person hin. Die Beobachtungen und Untersuchungen wurden histologisch und durch Ultraschall gesichert. P24 Axilläre Lymphknotenbefunde bei Drogentoten nach i.v.-Applikation T. Röcker, M. Riße, R. Dettmeyer Institut für Rechtsmedizin, Rechtsmedizin, Gießen, Deutschland Bei 26 Drogentoten (sämtlich männlich, mittleres Lebensalter 34 Jahre), die nach langjähriger intravenöser Applikation verstarben, wurden die im korrespondierenden Drainagegebiet lokalisierten axillären Lymphknoten beidseits im Hinblick auf histomorphologische Besonderheiten hin untersucht. Dabei imponierten mikroskopisch neben Zeichen einer chronischen Lymphadenitis (partielle Lymphknotenfibrose, reaktive Sinushistiozytose, partiell prominente Keimzentren) abgelagerte polarisationsoptisch doppeltbrechende kristalline Fremdkörper sowie mehrkernige Riesenzellen vom Fremdkörpertyp. Korrelierend zu beigebrachten Tätowierungen waren in Einzelfällen auch lymphogen abtransportierte Ablagerungen von Pigment nachweisbar. Der Nachweis dieser histologischen Befunde kann die Anfertigung von Serienschnitten erfordern, die genannten Veränderungen sind ganz offensichtlich mit zunehmender Dauer des i.v.-Drogenkonsums nachweisbar. P25 Immunohistochemistry of apolipoproteins in the hypothalamicpituitary-adrenal system with special regard to fatal poisoning in forensic autopsy T. Ishikawa1, T. Michiue1, T. Miyazato1, M.G. Perdekamp2, S. Pollak2, H. Maeda1 1Osaka City University Medical School, Department of Legal Medicine, Osaka, Japan 2University Hospital Freiburg, Institute of Legal Medicine, Freiburg, Deutschland Apolipoproteins are core proteins in triglyceride-rich lipoproteins, and increase in neurodegeneration (e.g. Alzheimer and Creutzfeld-Jakob disease). Previous studies suggested an increase of apolipoprotein J-containing follicles in the adenohypophysis of drug abusers. The present study investigated cellular immunopositivity for apolipoproteins B (ApoB), E4 (ApoE4) and J (Apo J) in the hypothalamus, pituitary and adrenal medulla (HPA axis) with regard to the cause of death. Medicolegal autopsy cases (n=125, within 4 days postmortem), which included fatalities from blunt brain injury (n=25: acute death, n=20; delayed death, n=5), sharp instrument injury (n=10), mechanical asphyxia (n=8), fire fatality (n=15), poisoning (n=15), drowning (n=20), hypothermia (n=5), hyperthermia (n=5) and acute cardiac death (n=19), were examined. The proportions of ApoB-, ApoE4- and ApoJ-positive cells (% positivity) in each tissue were quantitatively estimated using immunostaining. Apolipoprotein immunoreactivity was clearly detected in the hypothalamus neurocytes, adenohypophysis cells and suprarenal medulla cells, showing a relationship to the cause of death, independent of the survival and postmortem interval. ApoB and Apo E4 immunopositivities in the hypothalamus and adenohypophysis were higher for poisoning and hypothermia than for other causes of death; however, ApoE4 immunopositivity in the adrenal medulla was lower for poisoning. For ApoJ, no such difference between poisoning and other causes of death was seen in the hypothalamus and adrenal medulla, showing high positivity in both tissues. These increases of apolipoprotein-containing cells may be related to the influence of drug abuse on HPA function and may be useful for investigating fatal poisoning in forensic casework.
P26 Totgeburt nach intraauterinem Verbluten aus einem Nabelschnurriss C. Bartsch Institut für Rechtsmedizin, Forensische Medizin, Zürich, Schweiz Die Totgeburtenrate hat in entwickelten Ländern in den letzten 30 Jahren im Gegensatz zur neonatalen Sterblichkeit und der Häufigkeit des plötzlichen Kindstodes kaum abgenommen. Dies ist verwunderlich, da heute weit weniger Totgeburten aufgrund einer Plazentainsuffizienz, eines maternalen Diabetes mellitus, einer Präeklampsie, oder durch Rhesusinkompatibilität und fetale Aneuploidien auftreten. Dagegen steigt die Rate an ätiologisch ungeklärten Fällen von Totgeburten an. Laut Literatur kann in 50 - 80 % aller autoptisch untersuchten Totgeburten keine eindeutige Todesursache bestimmt werden, in etwa 20 % aller Fälle werden Nabelschnurzirkulationsstörungen für den plötzlichen Tod des Feten verantwortlich gemacht. In sehr seltenen Fällen (1:5500 Schwangerschaften) sind es Nabelschnurhämatome, die zumeist durch nichtiatrogen bedingte Läsionen in der Nabelschnurvene entstehen und die Zirkulation behindern bzw. vollständig unterbrechen. Letztlich kann es in solchen Fällen durch die zunehmende Blutansammlung in der Whartonschen Sulze zu einem Nabelschnurriss mit nachfolgendem tödlichen Blutverlust kommen. Der hier präsentierte Fall stellt eine Rarität im rechtsmedizinischen Obduktionsgut dar und zeigt exemplarisch die Komplexität der Thematik. P27 Vergleichende Untersuchungen zur Quantifizierung interstitieller myokardialer Leukozyten, T-Lymphozyten und Makrophagen bei SIDS- und Kontrollfällen S. Oswald, S. Marmagen, B. Madea Universitätsklinikum Bonn, Institut für Rechtsmedizin, Bonn, Deutschland 1. Fragestellung: In der Literatur wurde zur Diagnostik einer Myokarditis an autoptisch sichergestelltem Myokardgewebe - basierend auf einer immunhistologischen Qualifizierung interstitieller Leukozyten, T-Lymphozyten und Makrophagen - eine „Auszählung in 20 repräsentativen Gesichtsfeldern bei starker Vergrößerung mit anschließender Mittelwertbildung empfohlen. Sollten - wie für die postmortale Diagnose der Myokarditis gefordert - 8 bis 10 Probeentnahmestellen zur Verfügung stehen, würde dies bedeuten, dass lediglich 2,5 Gesichtsfelder pro Präparat ausgezählt werden. In der vorliegenden Untersuchung sollte Myokardgewebe unterschiedlicher Lokalisation hinsichtlich einer zellulären Infiltration repräsentativ quantifiziert werden, wobei zwei Zählmethoden zur Anwendung kamen. 2. Material und Methoden: Es wurde ein Kollektiv von 92 SIDS Fällen sowie ein altersgleiches Kontrollkollektiv von 15 Säuglingstodesfällen untersucht. Es lag jeweils Myokardgewebe von 8 definierten Stellen vor. Jede der 8 Myokardproben wurde in 20 High-Power-Fields (HPF) quantifiziert, daneben bei 100facher Vergrößerung an 10 Loci quantitativ ausgezählt (1 Locus entspricht 1 mm2). 3. Ergebnisse: Die immunhistologische Qualifizierung und Quantifizierung interstitieller Leukozyten, Makrophagen und T-Lymphozyten kann die klassische Myokarditisdiagnostik anhand der DALLAS Kriterien an autoptisch gewonnenem Myokardgewebe nicht ersetzen. P28 Abhängigkeit der Sauerstoffsättigung und Herzfrequenz von der Thoraxkompression in Bauchlage bei Säuglingen B. Ondruschka, V. Wenzel, R. Lessig, J. Dreßler Institut für Rechtsmedizin, Morphologie, Leipzig, Deutschland Im Rahmen eigener Beobachtungen und beginnender Messungen entwickelten wir die bisher in der gängigen Literatur nicht untersuchte Theorie, die Ursache für die Induktion der Schnappatmung bei SIDS-Fällen in der Thoraxkompression durch für den Säuglingskörper proportional zu schwere Schulterblätter und Brustwirbelkörper bzw. dem Schultergürtel zugehörigen Knochenanteile zu sehen.
344 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
Dies lässt sich durch eine verminderte Brustwandhöhe in Rückenlage im Vergleich zur Thoraxwandhöhe in Bauchlage vermuten. Die in der Postneonatalperiode, also dem für den SIDS relevanten Säuglingsalter, fehlende komplette Ossifikation der Sternoclaviculargelenke erschwert die Stabilisierung der durch den Bandapparat fixierten vorderen Begrenzung des Thorax. Vor diesem Hintergrund soll untersucht werden, inwieweit die Vitalparameter Sauerstoffsättigung und Herzfrequenz einer Fluktuation unterliegen, wenn der Säugling in Bauch- statt in Rückenlage liegt und in welcher Korrelation diese Änderung mit einer veränderten Thoraxwandhöhe einhergeht. Die von der Ethik-Kommission genehmigten Messungen sollen an kardiorespiratorisch gesunden Kindern, die jünger als 6 Monate sind, durchgeführt werden. Es werden theoretische Vorüberlegungen sowie Abgrenzungen zu anderen bereits existenten Theorien und erste Ergebnisse der laufenden Untersuchungen präsentiert. P29 An autopsy case of drowning accompanied by arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy S.-I. Kubo, M. Kashiwagi, T. Sugimura, A. Matsusue, K. Hara Fukuoka University, Department of Forensic Medicine, Fukuoka, Japan On a cold early morning in January, a 66-year-old male was found dead in a car that had sunk in a river. On investigation at the scene, it was considered that his car had veered off a bend in the road, and had gone into the river. Autopsy demonstrated that both lungs were bulged like balloons in the thoracic cavity. Pleural effusion was 30ml on the left and 40ml on the right; left lung weight was 821g and right lung weight was 835g. The lungs were also severely edematous and emphysematous. The spleen weighed 114 g. The drowning index in this case was 15.1, and drowning was considered the cause of death. The heart was hypertrophic and weighed 387 g. The right atrium (RA) and ventricle (RV) were both dilated, and 300 ml of blood was found in the RA. There was no stenosis or sclerosis in either the left or right coronary arteries. In the left ventricle, there was neither scarring nor necrotic changes. Otherwise, the RV showed diffuse loss of myocardium in the RV free wall and replacement by fibrofatty tissue. Pathologically, right ventricular cardiomyopathy (RVC) was diagnosed. In organs other than the heart and lungs, there were no apparent signs of other diseases or pathological changes. RVC comprises a well-known set of pathological changes underlying arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy (ARVD). The most common clinical manifestations of ARVD consist of ventricular arrhythmias of RV origin. Therefore, it was considered that he had an arrhythmia attack, and lost control of his car causing it to dive into the river, and then he died by drowning. P30 Ertrinkungstod oder Epilepsie: Differentialdiagnostische Überlegungen zur Todesursache L. Hagemeier1, K. Kuchelmeister1,2, B. Madea1 1Universitätsklinikum Bonn, Institut für Rechtsmedizin, Bonn, Deutschland 2Universitätsklinikum Bonn, Institut für Neuropathologie, Bonn, Deutschland Eine 41 Jahre alte Frau wurde tot in Rückenlage in der Eckbadewanne ihres Hauses mit Mund und Nase unter der Wasseroberfläche aufgefunden. Trotz Reanimation durch den Ehemann und Rettungsdienst wurden die Maßnahmen noch vor Ort erfolglos abgebrochen. Seit etwa 9 Jahren waren bei ihr leichte Depressionen bekannt, die sie durch einen anfänglich moderaten, aber zunehmend starken Alkoholkonsum bekämpfte. Vier Jahre vor dem Tod war bei einer MRT-Untersuchung des Hirns wegen Episoden spontaner kurzzeitiger Bewusstlosigkeit eine Auffälligkeit festgestellt worden, die als Astrozytom Grad I gedeutet wurde. Eine angeratene Abklärung des Befundes wurde von der Patientin abgelehnt.
Bei der Obduktion wurden keine Zeichen einer vorausgegangenen Gewalteinwirkung festgestellt, auch ergab sich kein Hinweis auf einen Ertrinkungstod. Bei der chemisch-toxikologischen Untersuchung ergaben sich keine Hinweise auf eine Intoxikation, im Blut wurde eine Alkoholkonzentration von 2,90 ‰, im Urin von 3,75 ‰ festgestellt. Das Gehirn wurde wegen des latenten Tumorverdachtes neuropathologisch untersucht und ein seltener, 1988 erstmals beschriebener Dysembryoplastischer Neuroektodermaler Tumor (DNT) entdeckt. Trotz Einstufung als benigner Tumor manifestiert er sich vor allem durch das Auftreten epileptischer Anfälle. Der Fallbericht wird durch die radiologische Bildgebung und die neuropathologischen Ergebnisse ergänzt. Die differentialdiagnostischen Todesursachen werden diskutiert. P31 Pulmonary molecular pathology of drowning T. Miyazato1, T. Ishikawa1,2, T. Michiue1,2, H. Maeda1,2 1Osaka City University Medical School, Department of Legal Medicine, Osaka, Japan 2Medico-legal Consultation and Postmortem Investigation Support Center, Osaka, Japan The pathophysiology of drowning involves pulmonary injury, hemodynamic disorders, electrolyte and osmotic disturbance, and hypoxemia due to water aspiration. The present study investigated the molecular pathology related to pulmonary injury due to drowning, using lung specimens of forensic autopsy cases (n = 10), compared to controls, including acute mechanical asphyxia (n = 13), fire fatality (n = 24) and acute cardiac deaths (n = 6). A TaqMan real-time RT-PCR system was employed to quantify mRNA expressions of pulmonary surfactant-associated protein D (SP-D), tumor necrosis factor (TNF)-alpha, interleukin (IL)-1beta and IL-10, using beta2-microglobulin mRNA as an internal reference. All target mRNA expression levels were higher in drowning cases than in control groups, and the difference was evident for TNF-alpha and IL-1beta, but was milder for SP-D and IL-10. However, there was no significant difference between fire fatality involving airway injury due to inhalation of hot/irritant gases and other control groups. These findings suggest that water aspiration can cause substantial pulmonary injury involving activation of early-phase mediators of inflammation, which may induce advanced inflammatory reactions involving respiratory distress in prolonged deaths. Increases of pulmonary TNF-alpha and IL-1beta mRNAs in drowning cases were more evident than the hypoxia-induced factors investigated in the previous study, showing significant differences from the findings for mechanical asphyxiation and acute cardiac death. These mRNAs can be used as markers of pulmonary injury to assist investigations of the pathophysiology of drowning by the combined use of other biochemical and biological markers. P32 Interaktives Postermodell zur Untersuchung der Interrater-Reliabilität von ausgewählten digitalen histologischen und wundmorphologischen Bildtafeln F. Ramsthaler1, M. Kettner1, S. Potente1, M. Verhoff2, H. Bratzke1 1Universität Frankfurt Main, Institut Rechtsmedizin, Frankfurt Main, Deutschland 2Universität Gießen, Rechtsmedizin, Gießen, Deutschland Zunehmend häufig begegnet man in der forensischen Medizin biostatistischen Analysen zur Interrater-Reliabilität, die das Ausmaß der Übereinstimmungen (Konkordanzen) der Beurteilungsergebnisse zwischen unterschiedlichen Experten untersucht. Ziel derartiger Studien ist es zu klären, inwieweit die Ergebnisse einer Untersuchung vom Beobachter unabhängig sind. Es handelt sich um ein Maß der Objektivität einer Untersuchung, die in der forensischen Medizin eine unverzichtbare Größe darstellt. Zu einer Achillesferse gutachterlicher Expertisen können Einschätzungen werden, die auf einer Bewertung visuell und morphologisch klassifizierbarer Eigenschaften beruhen und nicht auf reproduzierbaren technischen Messergebnissen. Diese subjektiven Einschätzungen sind Rechtsmedizin 4 · 2010
| 345
Abstracts im hohen Maße vom Erfahrungshorizont des Einzelnen abhängig. Aus der Perspektive einer evidenzbasierten Entscheidungstheorie müssen solche Beurteilungen kritisch hinterfragt werden, solange nicht durch geeignete Methoden das Maß der Untersucherunabhängigkeit geklärt wurde. Zu den in der rechtsmedizinischen Alltagsarbeit häufigen Szenarien, bei denen visuelle Beurteilungen abverlangt werden, gehören insbesondere histologische Bewertungen, z.B. zum Wundalter und zu Entstehungsmechanismen von Verletzungen anhand von Bilddokumenten. Das vorliegende Posterkonzept analysiert die Beurteilungsdifferenzen bei einer Auswahl forensisch relevanter Fallszenarien interaktiv: Der Betrachter kann anhand der am Touchscreen abgebildeten Histologieund Wundbilder eine klassifizierende Einschätzung abgeben und erhält statistische Ergebnisse über die Untersucherstabilität der Beurteilungen zu den einzelnen Fällen. P�� 33 Time course analysis of Chitinase 3-like 3 mRNA expression during wound healing in mouse skin T. Murase, K. Ikematsu, I. Nakasono Nagasaki University, School of Medicine, Legal Medicine, Nagasaki, Japan Introduction: Estimation of wound age in skin is indispensible in forensic practice. Several forensic medicine textbooks have noted that the conventional histological examination such as Prussian blue stain is useful for the examination of wound age. However, the wound age can only be assessed to a certain degree, because of the lack of markers in the initial state of wound healing process. Thus, it is essential to indentify a new marker for to aid in the accurate diagnosis of wound age. Herein, we reported the time course analysis for mRNA of protein which had been identified with proteome and peptide fingerprinting. Materials and Methods: The 1st experiment: The protein was extracted from mouse skin on 3 day after wound. The skin from no wounded mouse was used as control. These samples were applied for 2D-electrophoresis. The spots which were only observed in wounded skin were collected, and the protein of the spot was identified with MALDI-TOF-MS. The 2nd experiment: RNA was extracted from mouse skin on immediately, 1, 3, 5, 7 or 9 day after wound, and was reverse transcribed to cDNA. After that, the levels of mRNA of protein indentified in the 1st experiment were determined. Results and Discussions: In the 1st experiment, Chitinase 3-like 3 was identified as specific protein after wound. In the 2nd experiment, the mRNA did not change on immediately and 1 day, but increased more than 200 times on 3 day, 1300 times on 5 day, and 200 times on 7 day. On 9 day, the level was decreased to that immediately. Thus, the expression of Chitinase 3-like 3 changed according to the time after wound. ������ We intended to apply these data for forensic sanples P34 Unfall oder Fremdeinwirkung: Simulationsgestütze Rekonstruktion eines Balkonsturzes S. Drobnik1, H. Muggenthaler1, M. Schönpflug2, G. Mall1 1Universitätsklinikum Jena, Institut für Rechtsmedizin, Jena, Deutschland 2Ingenieurbüro Nickl, München, Deutschland Ein 45-jähriger Mann wurde schwer verletzt unterhalb eines Balkons in Bauchlage aufgefunden. Zuvor habe er sich bei Bekannten in der 3. Etage aufgehalten. Im Klinikum wurden zahlreiche Verletzungen festgestellt, welche einem Sturz aus der Höhe zuzuordnen waren. Im Rahmen der rechtsmedizinischen körperlichen Untersuchung fielen neben den sturzbedingten Verletzungen an der Brustkorbrückseite bandartig konfigurierte Hauteinblutungen auf, deren Lokalisation mit der Höhe des Balkongeländers korrespondierte. Da sich sowohl aus der körperlichen Untersuchung als auch aus den Zeugenaussagen Hinweise auf eine Fremdeinwirkung ergaben und der Patient selbst zunächst keine Angaben zum Geschehensablauf machen konnte, wurde ein Gutachten zur Rekonstruktion des Geschehens in Auftrag gegeben. Mittels 3D-Scanner wurden der Fundort, die Hausfassade und der Balkon vermessen und in die Rekonstruktionssoftware PC Crash einge-
346 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
lesen. Unter Verwendung eines Menschmodells (Mehrkörpersystem) wurden verschiedene Szenarien simuliert. Dabei ergaben sich plausible Geschehensabläufe, welche sowohl mit der tatsächlichen Auffindesituation als auch mit den erlittenen Verletzungen zu vereinbaren waren. P35 Differenzierung zwischen Schlag und Sturz am mazerierten Schädel A.B. Shadymov Staatliche Medizinische Universität Altai, Russland, Lehrstuhl für Rechtsmedizin, Barnaul, Russland Beim Vorliegen eines Linea- oder Globusbruchs ist die Differenzialdiagnostik zwischen einer Schlageinwirkung und einem Sturz als Ursache der Verletzung nicht einfach. Bei beiden Verletzungsmechanismen entstehen sehr oft linienförmige Frakturen in den hinteren oder seitlichen Regionen des Hirnschädels. Betrachtet man den Frakturverlauf auf einem mazerierten Schädel, so stellt man fest, dass dieser drei typische, sich morphologisch deutlich voneinander unterscheidende Zonen aufweist: 1. Die Zone des Kontaktes mit dem Gegenstand oder der Aufschlagfläche, in der der Knochen in das Innere des Schädels eingedrückt wird und somit eine lokale Biegung erfährt. 2. Die Zone der Berstung, die am Rand der ersten Zone beginnt und durch Entfaltung von lokalen Dehnungskräften zur Sprengung des Schädelknochens führt. 3. Die Endzone der Fraktur, angrenzend an die beiden erstgenannten Zonen. Sie entsteht durch das Zusammenspiel von verschiedenen Kräften im Schädel als Gesamtkonstruktion. Die Analyse aller drei Zonen erlaubt im Falle von Lineafrakturen des Schädels eine sichere Differenzialdiagnose zwischen Schlag und Sturz. So ist z.B. am Hinterhauptbein die Biegungszone beim Schlag < 2 cm, beim Sturz dagegen 2,5-3 cm lang. Der lineare Ausläufer der Fraktur kann in der Berstungszone von der Hauptfrakturlinie abweichen, er liegt beim Sturz in einem Winkel von 40-50° und beim Schlag in einem Winkel von 53-87° zu dieser.
P36 Überprüfung der Qualität klinischer Diagnostik durch klinische Sektionen an der Charité Berlin: eine retrospektive Studie mit mehr als 3000 Patienten über einen Zeitraum von 20 Jahren (1988 - 2008) D. Wittschieber1,2, A.-C. Kimmritz2, J. Budczies2, C. Kamphues3, M. Bahra3, C. Denkert2, H.-J. Scholman2, M. Dietel2, W. Weichert4, A. Stenzinger2,4 1Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Münster, Münster, Deutschland 2Institut für Pathologie, Charité, Berlin, Deutschland 3Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Charité, Berlin, Deutschland 4Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland Fragestellung: Die Anzahl klinischer Sektionen in Deutschland sinkt zunehmend. Dieses wird unter anderem mit einer verminderten Notwendigkeit aufgrund stetig verbesserter diagnostischer Verfahren in der Klinik begründet. Hierbei stellt sich die Frage, ob sich die Qualität der prämortalen Diagnostik durch Vergleich mit den postmortalen Untersuchungsergebnissen validieren lässt. Methoden: 3299 Sektionsfälle der Pathologie der Charité (Campus Mitte und Wedding) der Jahre 1988, 1993, 1998, 2003 und 2008 wurden demographisch erfasst und nach randomisierter Auswahl (300 Fälle pro Jahr) hinsichtlich ihrer Unterschiede in klinischer und pathologischer Diagnostik betrachtet. Die Diagnosen dieser Fälle wurden modifiziert nach Goldman et al. (1983) in Diskrepanzklassen eingeteilt, die entweder keinen (Klasse III und IV) oder einen direkten Bezug zum Tod (Klasse I und II) hatten. Es wurde der Einfluss von Alter, Geschlecht, Grunderkrankung, Krankenhaustyp, Stationstyp und des politischen Systems
(Vergleich BRD vs. DDR im Jahr 1988) auf die Entwicklung der Diskrepanzanzahlen untersucht. Ergebnisse: In dem betrachteten Zeitraum zeigen die Anzahlen an diskrepanten Hauptdiagnosen, die mit der Todesursache in direktem Zusammenhang stehen (Klasse I und II), einen Rückgang um ca. 50 %, während die Anzahl an diskrepanten Nebendiagnosen leicht ansteigen. Schlussfolgerungen: Trotz verbesserter klinissch-diagnostischer Verfahren erscheint ein Verzicht auf klinische Sektionen nicht denkbar, da auch aktuell noch immer zahlreiche Todesursachen, vor allem kardiovaskulärer Art, übersehen werden, die durch eine regelmäßige obduktionsbasierte Qualitätskontrolle möglicherweise eher erkannt worden wären. P37 Physikalische Eigenschaften von Fettgewebe - Vergleichende Untersuchungen an Erwachsenen und Kindern als Grundlage für die Entwicklung virtueller Menschmodelle S. Lochner, N. Moghaddam, A. Graw, M. Graw Institut für Rechtsmedizin der Universität München, München, Deutschland Die Eigenschaften der Gewebe - Muskulatur, Fettgewebe, Haut - des menschlichen Körpers sind bei Erwachsenen weitestgehend erforscht und bilden u.a. die Grundlage zur Generierung von geeigneten Menschmodellen, die beispielsweise im Rahmen von Unfallrekonstruktionen zum Einsatz kommen. Jedoch lassen sich in der Literatur nur wenige biomechanisch relevante Daten von Kindern finden. An 150 Muskelgewebsproben wurden vergleichende Studien an Erwachsenen und Kindern (Lochner et al., 2009) auf ihre physikalischen Eigenschaften (Dichte, Wassergehalt) hin durchgeführt. Folgend wurden in einem weiteren Schritt experimentelle Studien am Fettgewebe vorgenommen. Untersucht wurde subkutanes Fettgewebe von 101 Personen im Alter vom Neugeborenen bis hin zum Greis. Wie bei den Untersuchungen am Muskelgewebe zeigen sich auch hier Unterschiede bei den Ergebnissen von Erwachsenen und Kindern - die Dichtewerte des subkutanen Fettgewebes weisen bei Kindern deutlich niedrigere Werte auf. Ein Vergleich mit den Daten aus der Literatur zeigt, dass mit einer Dichte von 0,949 g/cm3, gemittelt über das gesamte Kollektiv, die Ergebnisse im oberen Werteintervall anzusiedeln sind. Der Wassergehalt schwankt zwischen 2,25 % und 28,18 % (MW 8,79 %, SD 4,97 %). Mit zunehmendem Alter nimmt der Wassergehalt im Fettgewebe ab. So sind die höchsten Werte bei den bis zu 10-Jährigen Kindern zu beobachten. P38 Studienanalyse der Beziehungen zwischen Körpermaßen, Erkrankungen und Todesursachen B. Flaig, B. Zedler, H. Bratzke, M. Parzeller Institut für Rechtsmedizin, Frankfurt, Deutschland In der klinischen Praxis werden Diagnosen u. a. unter Berücksichtigung von Körpermaßen gestellt. Nach dem Body-Mass-Index (BMI) wird z. B. der Grad der Adipositas festgelegt. Verschiedene Erkrankungen sind mit Körpermaßen assoziiert. Ein bestimmter Bauchumfang gilt als ein Kriterium für das Metabolische Syndrom sowie als Indikator für das Darmkrebsrisiko. Ein ungünstiges Verhältnis von Bauch- zu Hüftumfang (Waste-hip-ratio) kann auf Risiken für kardiovaskuläre Erkrankungen oder Demenz hinweisen. Anhand einer selektiven klinischen und postmortalen Studienanalyse wurde dieser Themenkomplex unter Berücksichtigung aktueller rechtsmedizinischer und klinischer Leitlinien untersucht. Es wird dargestellt, welche relevanten Messgrößen bei der Vermessung der Leichen erhoben werden sollten, die sich im klinischen Alltag bewährt haben. Rechtsmedizinische Sektionsregister und Studien könnten dann durch den Abgleich von äußeren Körpermaßen und der Todesursache klinisch relevante Zusammenhänge bestätigen oder aufdecken. Spätere Ergebnisse können die Rolle der klinischen Rechtsmedizin in der Präventivmedizin unterstreichen, wenn sich auch postmortale Messungen einzelner Körpermaße oder deren Kombination als Krankheitsprädiktoren eignen. Entsprechend dieser Analyse und
den klinischen Leitlinien wird bei der Obduktion neben der Messung der Größe und des Gewichts die Messung des Bauch- und Hüftumfangs, der Dicke des Unterhautfettgewebes über der Brust und des Oberschenkelumfangs empfohlen. P39 Schätzung von Körperhöhe und Geschlechtsdiskrimination aus dem maximalen Längs- oder Querdurchmesser des Schädels T.V. Kolencherry1, F. Ramsthaler2, M. Obert3, C.G. Birngruber1, K. Kreutz4, M.A. Verhoff4 1Universität Gießen, Institut für Rechtsmedizin, Gießen, Deutschland 2Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Institut für Rechtsmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland 3Justus-Liebig-Universität, Neuroradiologie, Gießen, Deutschland 4Institut für Forensische Anthropologie, Wettenberg, Deutschland Untersucht wurden 959 Verstorbene, die das 21. Lebensjahr vollendet hatten und in den Jahren 2004 bis 2008 am Institut für Rechtsmedizin der Universität Gießen obduziert wurden. Es sollte überprüft werden, ob mithilfe der an der frischen Sägefläche des Hirnschädels gemessenen maximalen Schädellänge und -breite eine Schätzung der Körperhöhe oder eine Geschlechtsdiskrimination möglich ist. Um den Einfluss der Herkunft der Individuen auf die untersuchten Maße abzuschätzen wurde eine getrennte Betrachtung der in Deutschland (n=760) und außerhalb von Deutschland geborenen Individuen (n=199) durchgeführt. Trotz signifikanter Korrelationen der maximalen Schädellänge mit der Körperlänge konnte aufgrund der hohen Standardfehler keine sinnvolle einsetzbare Regressionsformel berechnet werden. Die maximale Schädelbreite zeigte keine nennenswerte Korrelation zur Körperlänge. Bezüglich der Geschlechtsdiskrimination konnte für kaukasoide Individuen folgende Aussage getroffen werden: Schädellängen kleiner 15,5 cm sprechen für weibliche und größer 19 cm für männliche Individuen. Bei der Schädelbreite weisen Werte kleiner 12,5 cm auf eine Frau und größer 15,5 cm auf einen Mann hin. P40 Identifizierung von zwei zerstückelten Leichen S. Rozane1, A. Sabule1, G. Grauss2, J. Ratinieks2, Z. Ganulevics2, A. Dislere2, J. Racina2, V. Volksone2 1Staatszentrum für Rechtsmedizin, Riga, Lettland 2Riga Stradins University, Institut für Rechtsmedizin, Riga, Lettland Einführung: In den letzten Jahren ist in Lettland die Fallzahl der aufgefundenen zerstückelten Leichen angestiegen. Zu ihrer Identifizierung wurde die Gesamtheit von Methoden genutzt, die in verschiedenen Abteilungen unseres Zentrums angewendet werden. Als Beispiel stellen wir zwei Fälle dar. Ergebnisse: Fall 1: In September und November 2008 wurden in der Stadt Jelgava und im Fluss Driksa zerstückelte menschliche Körperteile ungeklärter Identität gefunden. Während der Autopsie wurde festgestellt, dass in beiden Fällen die Leiche mit einem identischen Gegenstand zerstückelt wurde, so dass die Leichenteile möglicherweise zu ein und derselben Frau gehörten. Mit Hilfe serologischer und genetischer Untersuchungen konnte dies belegt, sowie die Identität der Frau geklärt werden. Fall 2: Im November 2008 wurden in der Stadt Riga ebenfalls zerstückelte männliche Leichenteile gefunden. Bei der Untersuchung der Leichenteile konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Beschädigungen mit einem bei einem Tatverdächtigen beschlagnahmten Messer zugefügt wurden. Dies wurde durch die Ergebnisse der Analyse autosomaler und Y-chromosomaler STRs von Blutspuren am Messer bewiesen. Darüber hinaus konnten DNA-Spuren des Tatverdächtigen am Messer gefunden werden. Schlussfolgerungen: Der strukturelle Aufbau unserer Behörde ermöglicht eine operative und effektive Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen der Rechtsmedizin tätiger Experten bei der Lösung komplizierter Fragen der Leichenidentifizierung. Rechtsmedizin 4 · 2010
| 347
Abstracts P41 Preliminary report on the police violence and death in prison for a 10-years period in Bulgaria Y. Kolev1, T. Gatev2, D. Radoinova3, M. Gazemba4 1District Hospital MBAL, Department of Forensic Medicine, Gabrovo, Bulgarien 2Military Medical Academy, Department of Forensic Medicine, Sofia, Bulgarien 3Varna Medical University, Department of Forensic Medicine, Varna, Bulgarien 4District Hospital MBAL, Department of Forensic Medicine, Lovech, Bulgarien The Republic of Bulgaria has ratified a number of international documents, regarding human rights, ensuring the legal frames where the police perform their obligations. In compliance with the Constitution of Bulgaria, no person can be subjected to torture, cruel, inhumane or humiliating treatment. The clinical forensic medicine units are often issuing certificates to citizens with complaints of police violence. We have studied medico-legal cases in the department of forensic medicine in Sofia over the past 10 years, concerning claimed police violence. In this study we examined also causes of death (violent and natural) among people in custody in penitentiaries of Sofia and Lovech, for a 10years period. Data collected included age, sex, place of death and cause of death - categorized as natural (cancer, cardiovascular disease, stroke etc.) or violent (accidental poisoning, suicide or homicide). All the cases are from postmortem examinations in medico-legal departments. There is no official statistics on the causes of death in custody and police violence in Bulgaria in last years. An additional problem is that the information is not public and is not available even to the Ministry of Health. The police officials have to protect the health and life of every detained person and if necessary they shall provide opportunity for medical assistance. Efforts are made for the full harmonization of the Bulgarian legislation with the European standards in respect of civil rights. P42 Todesfälle beim Sport aus natürlicher Ursache - Ergebnisse einer Follow-up-Mortalitätsstudie B. Zedler, B. Flaig, R. Bux, H. Bratzke, M. Parzeller Institut für Rechtsmedizin, Forensische Medizin, Frankfurt, Deutschland Fragestellung: Plötzliche Todesfälle beim Sport werfen regelmäßig die Frage nach der Todesursache auf, da die körperliche Aktivität üblicherweise als gesundheitsfördernd angesehen wird. Methode: Die epidemiologische, retrospektive Follow-up-Mortalitätsstudie basiert auf dem Datenmaterial des Instituts für Rechtsmedizin des Klinikums der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt. Ergebnisse: Über einen Zeitraum von 38 Jahren (1972 - 2009) wurden unter ca. 34.000 forensischen Obduktionen 130 Fälle (0,38 %) mit einer natürlichen Todesursache im Zusammenhang mit sportlicher Betätigung dokumentiert. Die 122 betroffenen männlichen Sportler waren durchschnittlich 52,7 Jahre, die acht weiblichen Sportlerinnen im Durchschnitt 44,6 Jahre alt. Am häufigsten waren die Sportarten Fußball (n = 23), Laufsport (n = 20), Schwimmen (n = 19), Radfahren (n = 16), Tennis (n = 7), Kegeln (n = 5) und Tauchen (n = 5) vertreten. In 95 Fällen trat der Tod während des Trainings und in 17 Fällen bei Wettkämpfen oder Spielen ein (keine Angaben in den Ermittlungsakten: n = 18). Die häufigsten Todesursachen waren ein frischer Myokardinfarkt (n = 32; Alter Ø = 51,3 Jahre), ein Reinfarkt (n = 27; Alter Ø = 60,3 Jahre), eine koronare Herzerkrankung (n = 42; Alter Ø = 55,7 Jahre) sowie eine Myokarditis (n = 4; Alter Ø = 46,8 Jahre). Schlussfolgerung: Sportliche Betätigungen können insbesondere bei Patienten mit vorgeschädigtem Herzen (KHK, Z. n. Myokardinfarkt) zum plötzlichen Herztod führen.
348 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
P43 Erste Ergebnisse einer Studie: Postmortaler Verlauf von Laborparametern für HIV, Hepatitis B und C A.-S. Schröder1, B. Wulff1, A. Pruß2, T. Meyer3, S. Polywka3, I. Wilkemeyer4, U. Kalus2, C. Edler1 1Institut , Rechtsmedizin, Hamburg, Deutschland 2Charité, Institut für Transfusionsmedizin, Berlin, Deutschland 3Institut, Mikrobiologie, Hamburg, Deutschland 4Charité, Hornhautbank, Berlin, Deutschland Das derzeit gültige und für die Fragestellung relevante Gewebegesetz legt für postmortale muskuloskelettale Spenden (PMGS) ein Blutentnahme- und Analyseintervall von 24 Stunden p.m. fest. Insbesondere in rechtsmedizinischen Instituten ist die Umsetzung dieser Richtlinie durch eine lediglich bekannte Auffindezeit bei vielen Verstorbenen sowie durch längere Leichenliegezeiten deutlich erschwert. Viele potentielle Spender gehen verloren. Ziel der Untersuchung ist es, den Verlauf der Laborparameter klinischer relevanter Infektionen darzustellen, um ggf. eine postmortale Stabilität der Parameter und damit deren Nachweis bis 48 Stunden p.m. in unveränderter Weise zu bestätigen. Erste Studienergebnisse sprechen für eine derartige Stabilität. Nach unseren Ergebnissen könnte ein verlängertes postmortales Blutentnahmezeitintervall dieselbe Sicherheit gewährleisten. Die Studienergebnisse können auch für die Beurteilung der Infektiosität für eine am Leichnam arbeitende Person von Bedeutung sein. P44 Todesfälle bei der Sexualität aus natürlicher Ursache - Ergebnisse einer Follow-up-Mortalitätsstudie B. Zedler, B. Flaig, R. Bux, H. Bratzke, M. Parzeller Institut für Rechtsmedizin, Forensische Medizin, Frankfurt, Deutschland Fragestellung: Beim Orgasmus können physiologische Werte erreicht werden, die in etwa den kardialen und pulmonalen Parametern einer ergometrischen Belastung von 75 Watt mit einem Anstieg der Herzfrequenz (110 - 180/min), der Atemfrequenz (40/min) und des Blutdrucks (systolisch: um 20 bis 60 mm Hg/diastolisch: um 10 bis 20 mm Hg) entsprechen. Methode: Die epidemiologische, retrospektive Follow-up-Mortalitätsstudie basiert auf dem Datenmaterial des Instituts für Rechtsmedizin des Klinikums der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt. Über einen Zeitraum von 38 Jahren (1972 - 2009) wurden unter ca. 34.000 Obduktionen 86 Fälle (0,25 %) mit einer natürlichen Todesursache im Zusammenhang mit sexuellen Handlungen dokumentiert. Ergebnisse: Bis auf fünf Frauen waren ausschließlich Männer betroffen. Der Altersdurchschnitt der Frauen betrug 39,8 Jahre und der der Männer 57,5 Jahre. Als häufigste Todesursachen wurden Myokardinfarkte und Reinfarkte sowie eine koronare Herzerkrankung festgestellt (n = 56/ 65,1 %). Die meisten Todesfälle ereigneten sich beim oder nach dem Geschlechtsverkehr (n = 47) oder bei manueller bzw. oraler Stimulation (n = 23). In den meisten Fällen trat der plötzliche Tod bei der Kohabitation oder dem sexuellen Kontakt mit einer Prostituierten oder Geliebten (n = 43) ein. Schlussfolgerung: Sexuelle Betätigungen können insbesondere bei Patienten mit vorgeschädigtem Herzen (KHK, Z. n. Myokardinfarkt) zum plötzlichen Herztod führen. P45 Suizide durch Ersticken in einer Plastiktüte im südlichen Sachsen-Anhalt S. Heide, C. Richter, M. Kleiber, D. Stiller Martin-Luther-Universität Halle, Institut für Rechtsmedizin, Halle, Deutschland Todesfälle durch Ersticken in einer Plastiktüte sind im Spektrum der Suizidmethoden eher selten zu beobachten. Im Universitätsinstitut für Rechtsmedizin Halle wurden im Zeitraum 2001-2010 elf derartige Sterbefälle obduziert, während die Ermittlungsbehörden in anderen, ähnlich gelagerten Fällen auf eine Sektion verzichteten. Dabei ist es bekannt,
dass die Abgrenzung zwischen Unfall, Suizid und Homizid bei diesen Todesfällen durchaus problematisch sein kann. Dies zeigte sich insbesondere bei dem Fall eines 21 Jahre alt gewordenen Mannes, bei dem sowohl die Plastiktüte am Hals als auch die Hände am Rücken durch Kabelbinder fixiert waren. Erst durch eine Rekonstruktion und die weiteren Ermittlungen konnten die anfänglichen Zweifel an einer Selbstbeibringung beseitigt werden. Acht der elf Suizidenten waren männlich und oft jüngeren Lebensalters, während die drei Frauen deutlich älter waren. Häufig wurde die Plastiktüte durch ein Wäscheseil oder Gummiband am Hals fixiert. Viermal wurde zusätzlich ein Gas in die Tüte eingeleitet. Erwartungsgemäß fanden sich bei der Obduktion zumeist nur diskrete äußere Erstickungsbefunde. In unserer Untersuchungsreihe fanden sich auch zwei erweiterte Sui zide. In einem dieser Fälle wurden beide Ehepartner mit Plastiktüten über dem Kopf tot aufgefunden. Aufgrund der bei der Frau festgestellten Abwehrverletzungen und der nachfolgenden Ermittlungen war davon auszugehen, dass der Mann erst seine Ehefrau und dann sich selbst getötet hatte. P46 Tod in Tüten - Helium als populär werdendes Hilfsmittel zum Suizid. Zwei Fallberichte A. Bittorf, J. Manhart, A. Büttner Institut für Rechtsmedizin Rostock, Rostock, Deutschland Dargestellt werden zwei Fälle offenbar suizidal motivierter Erstickungstode von jungen Männern, die im letzten Jahr in unserem Institut untersucht wurden. In beiden Fällen liegt ein Zusammenhang mit der Einatmung von Helium nahe. Das hypoxämische Ersticken wurde unter Zuhilfenahme einer Plastiktüte und selbst konstruierter Schlauch - bzw. Ventilsysteme erreicht. Diese Annahme ergibt sich aus den Obduktionsbefunden und der Auffindesituation der Suizidenten, denn das Fehlen von sicheren pathomorphologischen Merkmalen und toxikologischen Nachweismethoden der Heliumeinatmung ist weiterhin problematisch und bedingt eine genaue Auseinandersetzung mit den Umständen der Leichenauffindung. Helium wird als Hilfsmittel zu einem sicheren und sanften Suizid weltweit von Sterbehelfern empfohlen und zunehmend im Internet als moderne, schnelle und schmerzlose Selbstmordmethode kommuniziert. Frei zugängliche Schritt-für-Schritt-Anleitungen erleichtern dem Sterbewilligen die Planung und Durchführung des Suizids. Daher ist zu diskutieren, ob die einfache Verfügbarkeit der benötigten Informationen und Materialien ein gehäuftes Auftreten Helium-assoziierter Suizide verursachen könnte. Bis dato existieren unseres Wissens nur wenige Veröffentlichungen zur Helium-Methode, die damit weiterhin zu den seltenen Ausübungsformen der Selbsttötung gehört.
P47 Todesfallstatistik aus 17 rechtsmedizinischen Instituten zur Häufigkeit von tödlichen Kohlenmonoxid - Intoxikationen mit Grillkohle K. Jachau1, H. Andresen2, R. Arnold3, M. Birkholz4, C. Birngruber2, K. Blümke5, K. Brandstädter1, A. Büttner6, W. Kuchheuser1, B. Bockholdt7, M. Klintschar8, B. Madea9, C. Niess10, J. Pietsch11, H. Pfeiffer12, S. Pollak13, G. Raffelsbauer14, F. Wehner15, C. Ziegler16, R. Szibor1 1Institut für Rechtsmedizin, Forensische Medizin, Magdeburg, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin, Hamburg, Deutschland 3Institut für Rechtsmedizin, Jena, Deutschland 4Institut für Rechtsmedizin, Bremen, Deutschland 5Institut für Rechtsmedizin , Halle, Deutschland 6Institut für Rechtsmedizin, Rostock, Deutschland 7Institut für Rechtsmedizin, Greifswald, Deutschland 8Institut für Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland 9Institut für Rechtsmedizin, Bonn, Deutschland 10Institut für Rechtsmedizin, Frankfurt/M., Deutschland 11Institut für Rechtsmedizin, Dresden, Deutschland 12Institut für Rechtsmedizin, Münster, Deutschland 13Institut für Rechtsmedizin, Freiburg, Deutschland 14Institut für Rechtsmedizin, Erlangen, Deutschland 15Institut für Rechtsmedizin, Tübingen, Deutschland 16Institut für Rechtsmedizin, Würzburg, Deutschland Angeregt durch Häufung von Todesfällen, die im Zusammenhang mit Holzkohlenverbrennung in geschlossenen Räumen aufgetreten waren, haben wir die grillbedingten Todesfälle, die von 2007 bis 2009 in 17 Instituten für Rechtsmedizin Deutschlands registriert worden sind, zusammengetragen. Bei 5 unklaren Fällen waren von insgesamt 31 Todesfällen 14 als Unfälle und als 12 Suizide zu erkennen. Bei den Unfällen reicht das Spektrum der Handlungsweisen vom In-Door-Grillen bis zur Nutzung der Restwärme des Grills zur Beheizung von Räumen. Auffällige und eindringliche Warnhinweise auf den Holzkohletüten könnten die Unfallrate senken. Ein aus Magdeburg eingereichter Antrag beim BMELV wurde bisher nicht umgesetzt. Die hier vorgelegte Statistik soll die Notwendigkeit von Warnungen unterstreichen. P48 The value of exhumation in particular circumstances C. Dragoteanu, C. Capatina, S. Hostiuc Institutul national de medicina legala, Bucuresti, vitan barzesti, Rumänien Even though the exhumation has a series of limits in diagnosing the cause of death as postmortem destructive processes severely alter most biological evidences, it can sometimes bring essential information needed to solve a particular case, especially if associated with special autopsy and forensic techniques. A particular area where exhumation has a special value is the diagnostic of small-medium bone fractures without displacement if the time between the traumatic event and death is lesser than the one needed for the development of localized, inflammatory reactions or bruises. We present here three cases in which associated with special forensic techniques identified a different manner of death compared to the one determined by the original death certificate. P49 Skeletal muscle tissue as a new mean to delimitate the time of death? A histological, fine structural and histochemical approach E.E. Foditsch1, F.C. Monticelli2, W. Stoiber1, A.M. Sänger1 1Universität Salzburg, FB Organismische Biologie, Salzburg, Österreich 2Universität Salzburg, IFFB Gerichtsmedizin und Forensische Neuropsychiatrie, Salzburg, Österreich The delimitation of the time since death is one of the central topics in forensic research. While in the early postmortal phase the temporal delimitation can be fixed by a number of typical characteristics, late postmortal periods bear severe intricacies which hamper a confident and Rechtsmedizin 4 · 2010
| 349
Abstracts reliable delimitation of the time of death. Skeletal muscle as the largest homogenous compartment of the body lends itself to serve as a target tissue: it is easily accessible, it shows a characteristic highly organized extra- and intracellular structure and its true-to-life state is well known. The purpose of this study is to analyse extra- and intracellular structural time dependent post mortem changes of skeletal muscle, namely the M. biceps femoris of the pig at two different storage temperatures (4 and 22 degrees centigrade) over a period of 21 days post mortem. Transversally as well as longitudinally sectioned samples are analysed for changes of skeletal muscle (fibre type specifically), connective and adipose tissues as well as vascularisation both on the light- and electron microscopical level. Furthermore a histochemical analysis of the fibre type specific changes is carried out. First results show obviously systematically timeand temperature dependent histological and fine structural changes of the different tissues and cells of the skeletal muscle organ. A further prospective of this study is to test if and to what extend the porcine data can be transferred to human corpses. P�� 50 Guidelines for Forensic Radiology G. Hatch, T. Ruder, P. Flach, S. Ross, M.J. Thali Insitute of Forensic Medicine, Center of Forensic Imaging and Virtopsy, Bern, Schweiz In setting of declining autopsy rates, increasing application of advanced medical imaging in forensic investigation, and significant heterogeneity in the practice of the forensic sciences, there is an emerging need for national and international Forensic Radiology guidelines, a process we endeavor to begin here. The guidelines described here are taken from our institutional protocols. The scope has been broadened, with the aim of making them widely applicable. The quality of evidence on which the recommendations are based is indicated when appropriate. The draft guidelines include: General Considerations, Protocols, Indications, and Reporting. General considerations include recommendations for training and certification of technologists and reading physicians, considerations regarding equipment and maintenance, and the need for reliable image archival. Protocols are suggested for CT, MR, and image guided biopsy. Indications for imaging are discussed. Finally, reporting requirements are established. These guidelines should be considered a work in progress and a call for corporation from other interested parties. The benefits of guidelines created by consensus committees in other medical fields is undisputed and similar benefits can reasonably be expected if applied to the practice of Forensic Radiology. P51 Postmortale Bildgebung als Bestandteil der Qualitätssicherung im Krankenhaus? M. Kammal Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Rechtsmedizin, Hamburg, Deutschland Hintergrund: Bei niedrigen Obduktionsraten in den Krankenhauspathologien stellt sich die Frage, inwieweit postmortale Bildgebung zur Qualitätssicherung und Rückmeldung an die Klinik sinnvoll ist. Material und Methode: Sechs Monate wurden Patienten, die auf einer Intensivstation des Universitätsklinikums Hamburg- Eppendorf verstorbenen waren, systematisch in der Rechtsmedizin vor der Autopsie mit der Computertomographie untersucht. Ein post mortem CT war bei etwa 85% der Verstorbenen durchführbar, die Autopsie konnte bei 70% durchgeführt werden. Die Ergebnisse von CT und pathologischer Obduktion wurden verglichen. Ergebnisse: Das post mortem CT zeigte die Lage von Trachealtuben und -kanülen, Magensonden, Pleuradrainagen, Venenkathetern, Drainagen im Abdomen, Deckungsmaterialien und Blasenkathetern. Fehllagen konnten mitunter an behandelnde Ärzte zurückgemeldet werden. Die Lage eingebrachter Prothesen ließ sich beurteilen. Bei eingebrachten Materialien ließ sich eine Verschraubung am Knochen (insbesondere
350 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
in Wirbeln) am leichtesten beurteilen. Nach Eingriffen im Abdomen waren Komplikationen wie Blutungen und Abszessbildungen dem Nachweis zugänglich. Mit zunehmender Länge der Behandlung auf der Intensivstation waren Ödeme und Flüssigkeitsübertritt in die Lunge ausgeprägter und häufiger - die Flüssigkeitsbilanz vor dem Tode ist hier neben dem Multiorganversagen möglicherweise eine wesentliche Komponente. Schlussfolgerung: Ein konsequentes klinisches Qualitätsmanagement erfordert eine postmortale Bildgebung. Der interdisziplinäre Untersuchungsansatz fördert die Ausbildung und das Verständnis des (angehenden) Rechtsmediziners. Als sekundärer Zugewinn lassen sich Obduktionsraten bei systematischer Nachfrage wesentlich steigern. P52 A Challenging Attempt by Japanese Police: Introduction of Ultrasound Imaging in Postmortem Examination S. Uchigasaki1,2, K. Funayama3, J. Tie1, E. Isobe1, I. Isahai1, C. Hasegawa4, T. Kumazawa5 1Nihon University School of Medicine, Division of Legal Medicine, Department of Social Medicine, Tokyo, Japan 2Tokyo Medical Examiner’s Office, Tokyo, Japan 3Niigata University Graduate School of Medicine and Dental Sciences, Division of Legal Medicine, Niigata, Japan 4Toho University, Department of Legal Medicine, School of Medicine, Tokyo, japan 5Showa University School of Medicine, Department of Legal Medicine, Tokyo, Japan Research in recent years has provided indisputable evidence for the usefulness of imaging in postmortem investigation, and argument against the usefulness of this modality has diminished markedly. In some countries, computed tomography (CT) has become a routine operation in forensic practice. However, CT has some demerits such as high cost, large machine which is not portable, and requirement of radiation shielding. On the other hand, portable ultrasound imaging devices that we have studied since 2000 overcome the above problems. Easy portability is the most distinctive feature of ultrasound devices. In 2009, the National Police Agency in Japan decided to introduce the use of ultrasound imaging device for external postmortem examination, and police officers are trained to use the device. Currently, all Japanese prefectures have been equipped with at least one ultrasound device each. We present this challenging project and the issues we encounter. P53 Postmortale Computertomographie-Angiographie der zervikalen Gefäße im Vergleich zur klassischen Autopsie P. Flach1,2, S. Ross1,3, T. Ruder1, T. Germerott1, G. Hatch1, G. Ampanozi1, W.D. Zech1, L. Filograna1, M. Thali1 1Institut für Rechtsmedizin, Zentrum für forensische Bildgebung, Bern, Schweiz 2Inselspital Bern, Department für Interventionelle und Diagnostische Neuroradiologie, Bern, Schweiz 3Inselspital Bern, Department für Interventionelle, Pädiatrische und Diagnostische Radiologie, Bern, Schweiz Fragestellung: Pathologien der Halsgefässe lassen sich autoptisch nur bedingt oder durch eine aufwändige Präparation darstellen. In der vorliegenden Fallstudie wurde untersucht, ob sich diese mittels postmortaler CT-Angiographie (pmCT-A) einfacher und zuverlässig darstellen lassen. Methoden: Bei fünf Fällen (3m,2w;24-31J) wurden ein natives pmCT, eine pmCT-A und eine forensische Autopsie durchgeführt. Für die pmCTA wurde mittels einer Druckpumpe eine Kontrastmittelmischung aus Polyethylenglykol und Iopentol via inguinalem Gefäßzugang appliziert. Alle relevanten Befunde wurden vor der Autopsie (Goldstandard) dem Obduzenten mitgeteilt. Eine Genehmigung der Ethikkommission lag vor.
Ergebnisse: Alle mittels pmCT-A radiologisch erhobenen Befunde konnten autoptisch bestätigt werden. Die neuropathologischen, insbesondere vaskulären, Befunde waren in der pmCT-A besser abgrenzbar als in der nativen pmCT. Zentrales Regulationsversagen war die Todesursache in 4/5 Fälle; ein Fall verstarb an Herzversagen. Vaskuläre Läsionen fanden sich in 3/5 Fällen. Hirnstammabriss bei 2/5 Fällen, Hirnstammblutung und Shearing-injuries bei einem Fall. Alle Fälle zeigten intrakranielle Blutungen. Schlussfolgerungen: Die pmCT-A erlaubt, die Halsgefäße und deren Pathologien zuverlässig darzustellen. Die Methode ist einfacher durchzuführen und weniger destruktiv als eine Autopsie der Halsgefäße. Außerdem werden mittels pmCTA die wichtigen neuropathologischen Befunde miterfasst. P54 Comparative morphological variations of the circle of Willis: Investigated by autopsy and magnetic resonance angiography S. Furukawa, K. Nishi Shiga, Legal medicine, Otsu, Japan The circle of Willis is considered an important collateral pathway in maintaining adequate cerebral blood flow. We aimed to investigate the anatomic variation of the circle of Willis. Methods: 200 subjects underwent magnetic resonance angiography (MRA) and the circle of Willis morphology were compared with autopsy data of 55 individuals. Results: This study illustrated the prevalence of the anatomical variations of the circle of Willis, with only seven percent of the individuals studied by MRA and only 33 percent of the subjects studied at autopsy having an entirely complete circle of Willis. Conclusion: The important results of the study are few brains examined possessed a normal complete circle of Willis. We found the anatomical variations in the cerebral arterial circle of the Japanese people in the current study. The anatomic and functional configuration circle of Willis may reflect the degree of cerebral infarctions. P55 Postmortale Angiographie - Neue Herausforderungen für Medizinisch-Technische Röntgenassistenten A. Dominguez Centre Universitaire Romand de Medecine Légale, Unité de Médecine Forensique, Lausanne, Schweiz Im Rahmen der Gründung einer interdisziplinären Arbeitsgruppe zur Entwicklung der postmortalen CT-Angiographie in Lausanne wurde beschlossen auch Medizin-Technischen Röntgenassistenten (MTRAs) mit einzubeziehen. Für unser Projekt erwies sich dieser Spezialist als Schlüsselperson, um die postmortale Angiographie als Routineuntersuchung in den rechtsmedizinischen Alltag einzuführen, da es ihm nach einer kurzen Ausbildung gelang, völlig selbstständig diese komplexe radiologische Untersuchung durchzuführen. Seine Arbeit besteht aus Aufgaben, die bisher von verschiedenen Berufen ausgeführt wurden (Präparator, Radiologe, Kardiotechniker, Rechtsmediziner). Dazu gehören: a.) Probenahme für toxikologische Analysen (bildgesteuerte Flüssigkeitspunktion) b.) Probenahme für weitere Analysen, wie etwa Histologie oder Bakterio logie (bildgesteuerte Biopsie) c.) Vorbereitung des Leichnams (Einsetzen der Gefä����������������� β���������������� kanülen) und Bedienen der Perfusionsmaschine d.) Korrelation zwischen CT-Aufnahmen und Leichenperfusion e.) Post-processing der radiologischen Daten. Unsere Erfahrungen zeigen, dass die forensischen MTRAs problemlos selbstständig eine postmortale Angiographie durchführen können und ihre Präsenz im rechtsmedizinischen Team gut akzeptiert wird. Ihre Arbeit entlastet den Rechtsmediziner und erlaubt die Einsparung von mehreren professionellen Vertretern zur Durchführung der postmortalen Angiographie, nach dem Motto: Ein Spezialist anstelle Mehrerer.
P56 Farbcodierte Präsentation der Befunde postmortaler Bildgebungsuntersuchungen G. Ampanozi, T.D. Ruder, M.J. Thali Institut für Rechtsmedizin, Zentrum Forensische Bildgebung, Virtopsy, Bern, Schweiz Die klare und verständliche Präsentation der relevanten Befunde einer forensischen Untersuchung ist eine wichtige und häufig nicht ganz einfache Aufgabe für einen rechtsmedizinischen Gutachter. Sowohl für die Untersuchungsbehörden als auch im Rahmen von Gerichtsverhandlungen müssen die Ergebnisse der Obduktion meistens medizinischen Laien verständlich gemacht werden. Die mündlichen oder schriftlichen Aussagen der Gutachter werden dabei häufig durch Fotos oder Skizzen ergänzt. Die Präsentation von radiologischen Bilddaten aus postmortalen Computertomographien (CT) und Magnetresonanztomographien (MR) stellt den Radiologen oder Rechtsmediziner vor eine ähnliche Herausforderung. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass es für medizinische Laien oft nicht einfach ist, sich in den axialen CT- oder MR-Schnittbildern zurechtzufinden. Um die Befunde der CT- oder MR-Bilder verständlicher darzustellen, haben wir im Lauf der Jahre ein System zur Erstellung von radiologischen Bildmappen ausgearbeitet. Dazu hat sich neben 3dimensionalen Rekonstruktionsbildern vor allem die vergleichende Befunddarstellung mittels farbcodierter Referenzbilder und gewöhnlichen Schnittbildern bewährt. Diese Präsentation zeigt exemplarisch, wie solche radiologischen Bildmappen aufgebaut werden und wie einzelne Befunde mittels farbcodierter Referenzbilder einfach und klar medizinischen Laien begreiflich gemacht werden können. P57 Fusion Imaging: Improving Access to and Comprehension of Post Mortem Magnetic Resonace Imaging G. Hatch, T. Ruder, G. Ampanozi, S. Ross, P. Flach, M.J. Thali Insitute of Forensic Medicine, Center of Forensic Imaging and Virtopsy, Bern, Schweiz Axial T1 and T2 images are the workhorses of both clinical and post mortem magnetic resonance (PMMR) imaging. However, they are not as easily interpreted or understood by non-radiologists. We present a pictorial review illustrating the power and ease of fusion imaging in PMMR, which may help to better convey forensic radiologic findings. Case files from the Institute of Forensic Medicine, University Bern, CH are presented to demonstrate the technique of fusion. PMMR imaging is performed on a 1.5 Tesla scanner with full body coils. Images are viewed in Osirix, a state of the art, open source system available free online. Images are fused using a function that is native to the Osirix software. When possible coronal imaging is used, as it is more closely matches the orientation seen at autopsy. Color encoding immediately draws the eye to location of T2 hyperintensity, which corresponds most commonly to areas of fluid and edema (and therefore the relevant pathology). Using the T1 images as a backdrop provides anatomical information that is more recognizable than on other sequences. Over a wide range of pathology and demographics, fusion imaging provides a synthesis of data that is more rapidly and easily understood by non-radiologists. Presentation of data to laypersons (for example in the courtroom) should also be enhanced. Fusion imaging of this type is instantaneous and simple to perform, and freely available to all who choose to use it.
Rechtsmedizin 4 · 2010
| 351
Abstracts P58 Vorteile der Ganzkörpermagnetresonanztomographie gegen über der Computertomographie in der postmortalen Bildgebung bei der Unterscheidung von Flüssigkeitskollektionen in der Thoraxhöhle T. Ruder, G. Ampanozi, M.J. Thali, G.M. Hatch Institut für Rechtsmedizin, Universität Bern, Zentrum für forensische Bildgebung und Virtopsy, Bern, Schweiz Flüssigkeitskollektionen in der Thoraxhöhle sind ein häufiger Befund, sowohl in der klinischen als auch in der postmortalen Bildgebung. Die Computertomographie (CT) erlaubt die Unterscheidung von Flüssigkeiten nur durch die Messung ihrer Dichte. Daran kann abgeschätzt werden, ob es sich um eine proteinarme (seröse) Flüssigkeiten oder proteinreiche (z.B. blutige oder eiterige) Flüssigkeit handelt. Einzelne proteinreiche Flüssigkeitskollektionen können damit jedoch nicht von einander abgegrenzt werden. Im Unterschied zur klinischen Bildgebung übt die Schwerkraft in der postmortalen Bildgebung (nach Erliegen des Blutkreislaufs) eine dominante Rolle aus: Flüssigkeiten sinken in tiefliegende Körperregionen ab und korpuskulare Elemente neigen dazu, am Grund von Flüssigkeitskollektionen zu sedimentieren. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass aufgrund der Sedimentation von zellulären Blutbestandteilen blutige Flüssigkeitskollektionen von nichtblutigen Flüssigkeitskollektionen in der Magnetresonanztomographie (MR) visuell sehr einfach und sicher von einander unterschieden werden können. Diese Beobachtung erlaubt uns, schon vor einer allfälligen Autopsie genauere Schlüsse aus den Bildgebungsbefunden zu ziehen. P59 Vorteile des Synthetic Magnetic Resonance Tomography Imaging (SyMRI) gegenüber der herkömmlichen Magnetresonanztomographie (MR) T.D. Ruder1, G.M. Hatch1, S. Mathier1, P.M. Flach1,2, S. Ross1,3, M.J. Thali1 1Institut für Rechtsmedizin, Universität Bern, Zentrum für forensische Bildgebung und Virtopsy, Bern, Schweiz 2Universitätspital Insel, Departement für diagnostische und interventionelle Neuroradiologie, Bern, Schweiz 3Universitätspital Insel, Departement für diagnostische und interventionelle Radiologie, Bern, Schweiz Der Einsatz der Magnetresonanztomographie (MR) in der postmortalen Bildgebung erlaubt Einblicke ins Körperinnere, die mittels Computertomographie (CT) nicht möglich sind. Aufgrund der besseren Differenzierbarkeit von Weichteilstrukturen können mit der MR auf nicht-invasive Art präzisere Diagnosen von pathologischen Veränderungen der parenchymatösen Organe, der Weichteile und der Gefäße gestellt werden. Eine der größten Herausforderungen im Bezug auf den Einsatz der MR in der rechtsmedizinischen Praxis sind die im Vergleich zur CT deutlich längeren Scanzeiten. Aufgrund der jeweiligen Fallumstände kann es sein, dass aus Zeitgründen auf einen kompletten MR-Scan einer Leiche verzichtet werden muss. Wir haben eine neue MR-Sequenz (Synthetic Magnetic Resonance Tomography Imaging, SyMRI) getestet. Diese MR-Sequenz ermöglicht nicht nur eine signifikante Reduktion der Scanzeiten, sondern erlaubt ausserdem noch eine bisher nicht machbare Nachbearbeitung der Bilddaten. Diese Software überwindet viele der bisher bestehenden technischen Limitationen der MR-Bildgebung. In dieser Präsentation werden exemplarisch einzelne Vorteile des SyMRI im Vergleich zur konventionellen MR dargestellt. Die Möglichkeiten, die sich aus dem Einsatz dieser Software für die Zukunft ergeben sind aus radiologischer und forensischer Sicht äußerst vielversprechend.
352 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
P60 Aufbau und Ablauf einer Magnetresonanztomographie (MRT) Korrelationsstudie am Leichenhirn N. Krebs1,2, C. Langkammer1,3, S. Ropele3, M. Scarpatetti4, F. Fazekas3, K. Yen1,2, E. Scheurer1,2 1Ludwig Boltzmann Institut, Klinisch-Forensische Bildgebung, Graz, Österreich 2Medizinische Universität Graz, Institut für Gerichtliche Medizin, Graz, Österreich 3Medizinische Universität Graz, Universitätsklinik für Neurologie, Graz, Österreich 4Medizinische Universität Graz, Institut für Pathologie, Graz, Österreich Um in Zukunft bildgebende Methoden effizient und auf abgesicherter wissenschaftlicher Basis in der Rechtsmedizin einsetzen zu können, sind systematische und prospektive Korrelations- und Validierungsstudien unbedingte Voraussetzung. Die Durchführung solcher vergleichenden Studien ist jedoch sehr aufwändig und erfordert eine sorgfältige Vorbereitung. Der Einbezug bisheriger Erfahrungen in zukünftige Forschungsarbeiten soll dazu dienen, eine hohe wissenschaftliche Qualität vergleichender forensisch-radiologischer Studien sicherzustellen. Am Beispiel einer MRT-Korrelationsstudie an Leichenhirnen sollen deshalb praktikable Vorgehensweisen aufgezeigt werden, die sich im Rahmen laufender Studien bewährt haben. Dazu werden 6 Themenbereiche (Studiendesign, Rekrutierung der Studienteilnehmer, Logistik, radiologische Untersuchung, makro- und mikroskopische Untersuchung, Evaluierung und Korrelation von Befunden) vorgestellt und jeweils damit verbundene infrastrukturelle Anforderungen, praktische, rechtliche, hygienische und ethische Voraussetzungen sowie mögliche Probleme diskutiert. Durch genaue Planung und Berücksichtigung der wesentlichen Anforderungen und möglichen Fehlerquellen bei den einzelnen Studienabschnitten lassen sich spätere Probleme weitgehend vermeiden. P61 Calculation of Post Mortem Lung Volume: Consequences for Post Mortem CT Imaging G.M. Hatch, T. Germerott, G. Ampanozi, L. Ebert, M.J. Thali, T. Ruder Insitute of Forensic Medicine, Center of Forensic Imaging and Virtopsy, Bern, Schweiz Objective: In post mortem CT (PMCT), the average lung volume of the deceased and the effect this may have on image quality has not been systematically evaluated. Our goal was to establish an average value for post mortem lung volume (PMLV), related to spirometric volumes, and determine the effect this will have on imaging by comparison with published dynamic CT lung data. Method: 10 male patients who underwent PMCT were retrospectively and consecutively selected from our database. Exclusion criteria included: < 18 years old, female, morbid obesity, and extensive chest trauma, lung pathology, or airway fluid. PMLV was determined using Amira software. A reference standard for lung volumes in the living was used to determine theoretical lung volumes and all results were compared with published data on dynamic lung CT in the living. Result: The mean PMLV was 2.15 L (range 1.66 to 2.78 L). The mean theoretical residual volume (RV) was 2.16 L (range1.72 to 2.66 L). In dynamic CT imaging at maximum expiration (correlate of RV), there is a mean increase in lung density of 200 Hounsfield Units (HU). Conclusion: Average PMLV in this preliminary study corresponds closely to theoretical RV. This results in greater lung density in the images. Knowledge of PMLV helps to establish what degree of change to expect and quantitatively establish what is “normal” in the PM state, serving as a background against which other lung changes (lividity, hyperinflation, etc.) can be more accurately and confidently judged.
P62 Postmortale Bildgebung einer thorakalen Pfählungsverletzung T. Germerott, P. Flach, M. Furter, T. Ruder, G. Ampanozi, M. Thali Universität , Institut für Rechtsmedizin, Bern, Schweiz Fragestellung: Pfählungsverletzungen, insbesondere als Folgen von Unfällen und Stürzen, sind im forensischen Untersuchungsgut immer wieder zu beurteilen. Es wird der Fall eines jungen Autofahrers dargestellt, der bei einem Überholmanöver die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und mit einem Metallgeländer kollidierte. Die obere Geländerquerstange penetrierte den Motorblock und verursachte eine letale thorakale Pfählung des Mannes. Methode: Am Institut für Rechtsmedizin Bern wurde postmortem eine Computertomographie (CT) vor und nach Entfernung des Geländerstückes, eine CT-Angiographie (CTA) und eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Verstorbenen durchgeführt. Eine Obduktion wurde von Seiten der Staatsanwaltschaft abgelehnt. Ergebnisse: Als wesentlichste Befunde fanden sich ein beidseitiger Pneumothorax, eine Zerstörung des linken Ventrikels, Frakturen des Gesichtsschädels und Gas in den Hirngefässen und supraaortalen Gefäßen. Mittels postmortaler Angiographie konnten Verletzungen u.a. der A. thoracica interna und des Ramus interventricularis anterior detektiert werden. Anhand des MRT konnten Weichteilverletzungen und insbesondere der Pfählungskanal beurteilt werden. Schlussfolgerungen: Im vorliegenden Fall konnten der Pfählungskanal mit und ohne Fremdkörper sowie die resultierenden Verletzungen, insbesondere auch kleinerer und bei der Obduktion schwer zugänglicher Strukturen suffizient dargestellt werden. P63 Assessment of cardiac pathology using postmortem CT and autopsy data T. Sakurai1,2, T. Michiue1,2, T. Ishikawa1,2, T. Nishiguchi3, S. Oritani1, H. Maeda1,2 1Osaka City University Medical School, Department of Legal Medicine, Osaka, Japan 2Medico-legal Consultation and Postmortem Investigation Support Center (MLCPI-SC), Osaka, Japan 3Osaka City University Medical School, Department of Radiology, Osaka, Japan Postmortem CT (PM-CT) aids in demonstrating the internal anatomy in situ before dissection. The present study investigated combined PMCT and autopsy data of the heart to analyze cardiac dysfunction in death process, using fatalities (n = 30) due to acute ischemic heart disease (IHD, n = 6), congestive heart disease (CHD, n = 9), mechanical asphyxia (n = 9) and drowning (n = 6). The whole heart volume estimated using CT data and measured weight were larger for IHD, and showed a correlation in each cause of death group (R = 0.83 - 0.90, p < 0.05); however, the heart volume/weight ratio was higher for cardiac deaths (IHD and CHD: mean, 2.22; p < 0.01) than for other groups (mean, 1.79) in adults. Total amounts of cardiac blood moderately correlated to the heart weight and volume (R = 0.61, p < 0.01 and R = 0.68, p < 0.01, respectively), independent of the postmortem interval or cause of death when cases of cardiac hypertrophy (> 500 g) were excluded; the relationship was insignificant for the hypertrophic heart. However, automated CT attenuation (Hounsfield unit, HU) measurement showed that the low (-150 - -50 HU) attenuation portion of the heart, suggesting myocardial pathology involving fat infiltration, was independent of the cause of death. These findings suggest that a high heart volume/weight ratio (cut-off value, 2.0) can indicate pathological dilatation related to cardiac dysfunction. Cardiac blood amount measured at autopsy might not indicate terminal central congestion in cardiac deaths involving cardiac hypertrophy.
P64 Das „ Doppel Ring Sign“ in der postmortalen Herzbeuteltamponade-Bildgebung L. Filograna1, T. Ruder1, S. Bolliger2, K. Aschenbroich2, T. Germerott1, L. Ebert1, M.J. Thali1 1Institut für Rechtsmedizin, ZFB, Forensische Bildgebung, Bern, Schweiz 2Institut für Rechtsmedizin, Bern, Schweiz Fragestellung: Das Ziel dieser Studie war herauszufinden, ob die Befunde der postmortalen Computertomographie (PMCT) und Magnet Resonanz Tomographie (PMMR) für die Diagnosestellung einer fatalen Herzbeuteltamponade (HBT) hilfreich sind. Methoden: Dazu wurden die Bilder von 15 Fällen, welche gemäss Autopsie ein HP von mehr als 80 ml aufwiesen retrospektiv analysiert (12 mit PMCT, 3 mit PMCT und PMMR). Ergebnisse: In 10/15 Fällen zeigte sich in der Bildgebung ein konzentrischer Doppelring (DR) mit unterschiedlicher Dichte (bzw. Signalintensität) um das Myokard. In den übrigen 5/15 Fälle zeigte sich eine Sedimentation mit Flüssigkeitsspiegel im Perikard. Gemäß Autopsie zeigte sich in allen 10 Fällen mit DR ein Koagel im Perikard. Bei 7 dieser 10 Fälle war autoptisch die Diagnose einer fatalen HBT gestellt worden, bei 3 dieser 10 Fälle war die Todesursache eine andere. Von den 5/5 Fällen ohne DR war in 2 Fällen die Diagnose einer fatalen HBT gestellt worden und in den übrigen 3 Fällen war ebenfalls eine andere Todesursache gefunden worden. Schlussfolgerungen: Wir glauben, dass die Entstehung des DR durch eine Kombination von Druckerhöhung im Perikard und persistierenden Herzschlägen begünstigt wird. Auf Grund der Korrelation zwischen dem perikardialen DR in der PMCT oder PMMR und der autoptisch bestätigten fatalen HBT postulieren wir, dass der perikardiale DR in der postmortalen Bildgebung ein forensisch wichtiger Hinweis auf eine fatale HBT ist. P65 Ungewöhnlicher Todesfall durch Pfortader-venöses Gas S. Miyaishi1, M. Miura1, K. Yoshitome1, K. Eguchi1, K. Püschel2 1Institut für Rechtsmedizin, Universität Okayama, Okayama, Japan 2Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Falldarstellung: Ein 17 jähriger Mann (mit Quadriplegie wegen Zerebralparese) wurde zwei Monate a.e. am Magen operiert (Gastrostomie und Kardiaplastik). Danach kam es verstärkt zu Gasansammlungen im Magen. Am Todestag hatte der Jugendliche dadurch massive Beschwerden. Er wurde im Krankenhaus behandelt. 2,5 Stunden danach kollabierte er plötzlich, nachdem man ihn wieder nach Hause gebracht hatte. Sektionsbefunde: Das innerhalb von 3 Stunden postmortal durchgeführte CT zeigte massenhaft Gasansammlungen in den mesenterialen Venen, in der Leber und in den rechtsseitigen Herzhöhlen. Bei der später durchgeführten Sektion bestand eine geringfügige Leichenfäulnis (ohne Subkutanemphysem). Die mesenterialen Venen, die Vena cava inferior und die Lebervenen zeigten sich prall mit Gasblasen gefüllt. Aus dem rechten Ventrikel war reichlich Gas zu aspirieren. Kleine Gasblasen zeigten sich unter der Magenschleimhaut. Diskussion: Im dargestellten Fall wurde als Todesursache unter Berücksichtigung der Sektionsbefunde und des klinischen Verlaufs eine Gasembolie durch pfortader-venöses Gas festgestellt (HPVG= hepatic portal venous gas). Die spezielle Pathophysiologie dieses Syndroms in Abgrenzung zu Fäulnisveränderungen wird dargestellt. P66 Postmortale Computertomographie: Abschätzung des Blutvolumens im Abdomen G. Ampanozi, L.C. Ebert, T.D. Ruder, G.M. Hatch, M.J. Thali Institut für Rechtsmedizin, Zentrum Forensische Bildgebung, Virtopsy, Bern, Schweiz Fragestellung: Das Volumen des im Abdomen freiliegenden Blutes ist für Rechtsmediziner von grosser Bedeutung, vor allem wenn das VerRechtsmedizin 4 · 2010
| 353
Abstracts bluten todesursächlich ist. Das Ziel dieser retrospektiven Studie ist es, die Zuverlässigkeit der durch Segmentierung gemessenen Blutmenge zu beurteilen und diese mit dem Goldstandard, der Messung während der Obduktion, zu vergleichen. Methoden: Bei Todesfällen, bei welchen mittels Computertomographie (CT) freies Blut im Bauchraum nachgewiesen werden konnte, wurde mit Hilfe eines Segmentierungsprogramms (Amira, Visage Imaging, Germany) das Volumen abgeschätzt und mit den Messungen während der Autopsie verglichen. Zehn (10) Fälle aus der Fallsammlung des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bern mit Blutpräsenz in der Bauchhöhle, postmortaler CT- Untersuchung und anschließender Autopsie wurden ausgewählt. Ergebnisse: Die hier beschriebene, nicht invasive Methode erlaubt eine zuverlässige und realistische Abschätzung des freien intraabdominellen Blutvolumens. Die Hauptlimitation dieser Methode ist der hohe Zeitaufwand für die Segmentierung. Schlussfolgerungen: Die errechneten Blutvolumen haben eine gute Übereinstimmung mit den autoptisch gemessenen Blutvolumen aufgezeigt. P67 Totgeborene Zwillinge – Befunde im post mortem CT H. Nushida, H. Vogel, A. Heinemann Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Rechtsmedizin, Hamburg, Deutschland Hintergrund: Im Institut für Rechtsmedizin in Hamburg werden seit einem Jahr systematisch alle Totgeburten vor der Sektion mittels CT (MX 8000, 4-Zeiler, Philips) untersucht. Befunde, die bei Zwillingen erhoben wurden, werden im Folgenden dargestellt. Material und Methode: Erfasst wurden 12 Zwillingspaare mit der Diagnose Spontanabort, in 10 Fällen bei Transfusionsyndrom. Ergebnisse: Bei den 10 Paaren mit Transfusionssyndrom war im post mortem CT ein Größenunterschied in 8 Fällen fassbar. Das post mortem CT zeigte bei keinem Fall eine Belüftung der Lungen bzw. Gas/Luft im Magen-Darmtrakt. Eine Einblutung ins Ventrikelsystem war einmal, Unterschiede des Ventrikelsystems in 2 Fällen zu sehen. Ein Zwilling zeigte eine Abhebung des Periosts der Kalotte durch Blut und gleichzeitig eine Abhebung an anderer Stelle, in der nur Flüssigkeit erkennbar war. Eine Reifungsstörung des Gehirns wurde 5mal vermutet. Die parenchymatösen Organe waren kaum abgrenzbar. Bei hoher Auflösung und Wiedergabe in 3D mit schmalem Fenster ließen sich Herzhöhlen und Gefäße sichtbar machen. Größere Missbildungen und Knochenbrüche waren dem Nachweis zugänglich Schlussfolgerung: Das post mortem CT von totgeborenen Zwillingen liefert einen 3D Datensatz, der jederzeit wiedergegeben werden kann. Blutungen und Frakturen lassen sich nachweisen. Fehlende Luft in der Lunge und im Abdomen sind Zeichen der Totgeburt. Zumindest größere Missbildungen kommen zur Darstellung. P68 Kinder in der postmortalen Computertomographie (pmCT) - Das Münchener Kollektiv 2008 - 2010 S. Lochner1, S. Kirchhoff2, M. Graw1, M. Reiser2, F.T. Fischer1 1Institut für Rechtsmedizin der Universität München, München, Deutschland 2Institut für Klinische Radiologie, Klinikum der Universität München, München, Deutschland Im Institut für Rechtsmedizin München werden in Kooperation mit der Radiologie der LMU bei verstorbenen Kindern postmortale computertomographische Untersuchungen (pmCT) zusätzlich zur herkömmlichen Sektion durchgeführt. Im Zeitraum von Mai 2008 bis Mai 2010 wurden im Zuge dessen 89 Kinder (52 m, 37 w) im Alter vom Neugeborenen bis zum 18. Lebensjahr mittels pmCT erfasst. Bei den pmCT handelt es sich ausschließlich um Ganzkörper-CT. Die pmCT werden mit folgenden Geräten angefertigt: GE Lightspeed 64, Philips Brillance 64.
354 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
1/3 der Untersuchungen war in der Altersklasse bis 1 Jahr, rund 1/10 fand sich in der Alterskasse der 1- bis 2-jährigen. In den Altersklassen von 3 bis 13 Jahre ergab sich eine gleichmäßig niedrige Verteilung über die Altersklassen hinweg; ein Anstieg zeigte sich erst in der Alterskassen 14 Jahre und älter. Todesursächlich war bei 25% aller Fälle ein Verkehrsunfallgeschehen, bei 6,7% handelte es sich um Tötungen und bei knapp 20% war die vorläufige Diagnose Plötzlicher Kindstod (SIDS). Die Fokussierung auf dieses Kollektiv erfolgte unter mehreren Fragestellungen, u.a. der kindlichen Anthropometrie, dem Vergleich zwischen Sektionsbefund und radiologischen Diagnosen, sowie unfallrekons truktive und biomechanische Fragestellungen. Anhand ausgewählter Beispiele wird auf die sich ergebenden Vorteile und Schwächen des routinemäßigen pmCT bei Kindern eingegangen. P69 Seltene Befunde beim Schütteltrauma C. Richter, S. Heide, M. Kleiber, D. Stiller Institut für Rechtmedizin, Halle/Saale, Deutschland In einem Kreiskrankenhaus wurde ein 2 Monate alter männlicher Säugling aufgrund einer plötzlich aufgetretenen Somnolenz durch den Vater in der Notaufnahme vorgestellt. Nach unauffälliger Schwangerschaft und Geburt wuchs das von der Mutter abgelehnte Kind unter Mitbetreuung durch das Jugendamt beim Vater auf. Der Verdacht auf ein schweres Schädel-Hirntrauma, die rechtsmedizinischen und augenärztlichen Untersuchungsbefunde sowie die vielgestaltigen Erklärungsversuche des Vaters sprachen für ein Schütteltrauma. Im Schädel - CT zeigten sich neben einem massiven generalisierten Hirnödem beidseitige Subduralblutungen. Auffällig waren diffus eingestreute Blutungen im Hirngewebe, welche teils bis in die Stammganglien reichten. Ähnliche Befunde z. B. im Zusammenhang mit Sinusvenenthrombosen, cerebralen Vaskulitiden oder thromb-embolischen Geschehen blieben differentialdiagnostisch zu diskutieren. Das Kind verstarb acht Wochen nach dem erlittenen Trauma. Der Sektionsbefund bestätigte das gravierende Ausmaß der cerebralen Schädigung. Der Vater ließ sich nach Konfrontation mit der rechtsmedizinischen Beurteilung ein und gab schließlich eine detaillierte Schilderung des Schüttelns ab. P70 Grundlagen für die Generierung biomechanischer Simulationsmodelle des kindlichen Körpers auf Basis radiologischer Bilddaten S. Peldschus1, N. Choisel1, I. Symeonidis1, S. Schick2, W. Hell2, F. Fischer1, S. Lochner1, M. Graw1 1Inst.f.Rechtsmedizin, Biomechanik, München, Deutschland 2Inst.f.Rechtsmedizin, Unfallforschung, München, Deutschland Mit Hilfe biomechanischer Modelle können Vorgänge, die zu Verletzungen führen, und die damit in Verbindung stehenden Verletzungsmechanismen simuliert und rekonstruiert werden. Problematisch sind dabei die bis dato fehlenden anthropometrischen Grundlagen für die Modellierung des kindlichen Körpers.Es wurde deshalb der Ansatz verfolgt, diese Grundlagen aus radiologischen Bilddaten zu gewinnen. Das Münchner Kollektiv 2008-2010 (vgl. Lochner et al.) wurde als Ausgangspunkt verwendet. Es wurde ein geeigneter Fall ausgewählt, dieser diente als Grundlage für die Erstellung einer virtuellen, anatomisch korrekten, dreidimensionalen Geometrie des kindlichen Körpers. Dabei eingeschlossen wurden die großen inneren Organe, die knöchernen Strukturen sowie die äußere Oberfläche. Die Bilddaten aus der postmortalen computertomographischen Untersuchung wurden in einem semi-automatischen Verfahren segmentiert. Die Geometrien wurden in einem für computergestützte Konstruktionssoftware üblichen Format exportiert, so dass damit virtuelle biomechanische Modelle, z.B. auf Grundlage der Methode der Finiten Elemente, aufgebaut werden
können. Das Verfahren ist beliebig erweiterbar und wird in Zukunft auf weitere Fälle aus dem vorliegenden Datenpool angewendet. P71 Röntgenvergleichsanalyse mittels eines 3D-rekonstruierten Flat-Panel-CT-Datensatzes C.G. Birngruber1, M. Obert2, F. Ramsthaler3, K. Kreutz4, M.A. Verhoff1 1Universität Gießen, Institut für Rechtsmedizin, Gießen, Deutschland 2Justus-Liebig-Universität, Neuroradiologie, Gießen, Deutschland 3Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Institut für Rechtsmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland 4Institut für Forensische Anthropologie, Wettenberg, Deutschland
für G2 und G3 sowie 20/22 (~90%) fuer G1. Die algorithmischen Details der vorbereitenden Variablenauswahl zur LDA spielen also offenbar eine Rolle. Methode und erste Ergebnisse werden wir auf dem Poster vorstellen und diskutieren. P73 Leichenidentifikation mit Vergleich von prä- und postmortalen Schädel-Computertomographien T.D. Ruder1, M. Krähenbühl2, W. Gotsmy1, M.J. Thali1, G.M. Hatch1 1Institut für Rechtsmedizin, Universität Bern, Zentrum für forensische Bildgebung und Virtopsy, Bern, Schweiz 2Logistikbasis der Armee, Militärärztlicher Dienst, Ittigen, Schweiz
Ein aufgefundener Schädel ohne Unterkiefer sollte auf die Frage hin untersucht werden, ob er einer bestimmten, seit fünf Jahren vermissten männnlichen Person zuzuordnen ist. Zum Vergleich standen ein undatiertes, antemortal erstelltes Zahnschema sowie zwei, ca. vier Jahre vor der Vermisstenmeldung angefertigte Röntgenzielaufnahmen des Gebisses aus dem 1. und 2. Quadranten zur Verfügung. Zur Identifizierung sollte eine Röntgenvergleichsanalyse herangezogen werden. Trotz mehrfacher Versuche gelang es nicht, Röntgenaufnahmen in exakt identischem Strahlengang wie bei den antemortalen Zielaufnahmen anzufertigen. Der Schädel wurde mittels eines Multislice-Computertomographen (MSCT) gescannt, um aus diesen Daten mittels der Maximum Intensity Projection-Technik (MIP) virtuell Röntgenbilder mit beliebigem Strahlengang generieren zu können. Die so entstandenen Aufnahmen waren aufgrund mangelnder Auflösung und Artefaktbildung durch metallhaltige Zahnfüllungen jedoch nicht für eine Superimposition geeignet. Aus diesem Grunde wurde die Oberkieferregion mit dem Flat-Panel-CT gescannt. Mit diesen Daten gelang es, in einer modifizierten MIP-Technik geeignete Röntgenbilder zu generieren. Aufgrund der Übereinstimmungen mit den antemortalen Aufnahmen in der Superimposition konnte die Identität mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Im vorliegenden Fall wurde erstmals ein Flat-Panel-CT für eine Identifizierung mittels Röntgenvergleichsanalyse eingesetzt.
Fragestellung: Die Studie überprüft, ob der Vergleich von Stirn-, Keilbein- und Kieferhöhlen auf prä- und postmortalen Schädel-Computertomographie (CT)-Bildern zur Identifikation einer Vielzahl von Leichen geeignet ist. Methode: Ein fiktives Katastrophenszenario sah vor, dass nach einem Flugzeugabsturz mit 120 vermissten Passagieren die ersten 100 tot geborgen und mit einem CT gescannt worden waren. Vier Ärzte versuchten unabhängig voneinander möglichst viele der 100 unbekannten Leichen zu identifizieren, indem sie die digitalen postmortalen Schädel-CTs einzeln mit je drei ausgewählten axialen Schnittbildern (auf Höhe der Stirn-, Keilbein- und Kieferhöhlen) von 25 prämortalen Schädel-CTs ver glichen. Den Ärzten war unbekannt, von wie vielen dieser 25 prämortalen CTs tatsächlich ein postmortales CT in der Datenbank vorlag. Ergebnisse: Die Auswertung der Ergebnisse hat gezeigt, dass die zwei Ärzte mit radiologischer Erfahrung eine höhere Anzahl von Leichen identifiziert haben als die zwei Ärzte ohne radiologische Erfahrung. Trotz des unterschiedlichen Ausbildungsstandes der Ärzte ist es in keinem einzigen Fall zu einer falsch-positiven Identifikation einer Leiche gekommen. Schlussfolgerungen: Die Studie zeigt, dass der Vergleich von prä- und postmortalen Schädel-CTs eine sichere Methode zur Identifikation von Leichen ist, wobei die Sensitivität der Methode mit der radiologischen Erfahrung des Gutachters zusammenhängt.
P72 Bildgebende Verfahren in der Rechtsmedizin: automatische Altersschätzung anhand der CT-Morphologie der Humeruskopfspongiosa W. Schweitzer, C. Jackowski, W. Bär, E. Röhrich Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich, Zürich, Schweiz
P74 Geschlechtsbestimmung am Os sacrum im post mortem CT W.-D. Zech, L. Siegenthaler, G. Hatch, M. Thali Institut für Rechtsmedizin, Forensische Medizin / Virtopsy, Bern, Schweiz
Zunehmend stehen neben der Obduktion auch postmortale CT-Scans (PMCT) zur Verfügung. Es bietet sich an, diese rechnerisch auszuwerten. Bei der besonders bei Erwachsenen schwierigen und untersucherabhängigen Skelett-Altersschätzung kommt dazu, dass beispielsweise die dafür interessanten Spongiosastrukturen des Humeruskopfs (SHK) aufgrund des partiellen Volumeneffekts gerade bei begrenzt aufgelösten Ganzkörper-PMCT nur teilweise auch visuell erkennbar abgebildet werden. Das Problem ist somit technisch interessant. Wir haben uns daher zunächst gefragt, wie gut bei Männern ab 25 das Überschreiten des 50. Lebensjahres anhand der SHK automatisiert geschätzt wird. Methode, Material: Zunächst wurden bei PMCTs von 6 (Altersgruppe A1: unter 50) und 5 (A2: 50 und darüber) Männern aus der SHK insgesamt 22 VOIs (20mm^3) anhand der CT-Dichte (1.3-1.5mm Schichtdicke, Schichtauflösung 0.97mm, regulärer H30s-Kernel) zwischen -200 bis +250 HU jeweils in 10 Subsets zerlegt, aus denen v.a. geometrisch-statis tische Charakteristika abgeleitet werden, die einen initialen Vektor von 606 Elementen liefern, woraus die bezüglich SNR (signal-to-noise ratio, berechnet mit unterschiedlichen Gewichtungen G1, G2 und G3) 100 bes ten Elemente weiterverwendet werden. Ergebnis, Diskussion: Die LDA (lineare Diskriminanzanalyse) erzielt auch ohne Anpassung der Subset-Dichtegrenzen an die geringfügig variable Auflösung für die Gruppenzugehörigkeit A1 bzw. A2 ein am Testkollektiv perfektes Ergebnis (AUC für ROC 1.0). Ein Take-1-Out / Jackknife-Test ergibt eine CRR (korrekte Erkennungsrate) von 15/22 (~70%)
Fragestellung: Die Geschlechtsbestimmung von beispielsweise stark fäulnisveränderten oder verbrannten Leichen kann problematisch sein. In der Regel erfolgt die Geschlechtsbestimmung an Knochen (z.B. Schädel- und Beckenknochen), welche bei Mann und Frau charakteristische Unterschiede aufweisen. Die Darstellung von Knochen im CT ist in der Regel weniger aufwendig als bei einer herkömmlichen Obduktion. Während die Beurteilung von Schädel- und Beckenknochen ein gewisses Mass an anthropologischer Erfahrung voraussetzt und subjektiv ist, stellt das Vermessen der Basis des Os sacrum ein objektiveres Verfahren dar. Da bisher in der postmortalen Bildgebung keine objektive Methode zur Geschlechtsbestimmung beschrieben ist, soll untersucht werden, ob die Vermessung des Os sacrum im post mortem CT ein geeignetes Verfahren zur Geschlechtsbestimmung darstellt. Methoden: Bis dato wurden die post mortem CT-Daten von insgesamt je 50 Männern und Frauen zentral-europäischer Abstammung ausgewertet. Es wurden die Fläche, der Umfang sowie der Quer- und Hochdurchmesser der Basis des Os sacrum vermessen. Mittels Diskriminierungsanalyse nach Fischer erfolgte die Unterscheidung zwischen Männern und Frauen. Ergebnisse: Die Genauigkeit mit der das Geschlecht bestimmt werden konnte betrug ca. 75 %. Schlussfolgerung: Die Vermessung der Basis des Os sacrum kann die Geschlechtsbestimmung unterstützen, stellt jedoch alleinig keine sichere Methode dar.
Rechtsmedizin 4 · 2010
| 355
Abstracts P75 Der MTRA - ein neues Teammitglied in der Rechtsmedizin A. Bass1, A. Dominguez1, P. Mangin2, S. Grabherr2, C. Bruguier3 1Haute Ecole Cantonale Vaudoise de la Santé, Filière TRM (Technique en Radiologie Médicale), Lausanne, Schweiz 2Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV), Centre Universitaire Romand de Médecine Légale , Lausanne, Schweiz 3Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV), Service de Radiodiagnostic et de Radiologie Interventionnelle, Lausanne, Schweiz Forensische Bildgebung und vor allem MDCT (Multidetector Computed Tomography) spielt eine immer größer werdende Rolle in der Rechtsmedizin. Im Centre Universitaire Romand de Médecine Légale (CURML) in Lausanne werden seit 2008 alle im Institut untersuchten Leichen mittels MDCT gescannt. Mit der Gründung der Forschungsgruppe für postmortale Angiographie im Jahr 2009, wurde der Einsatz von qualifizierten Medizinisch Technischen Röntgen Assistenten (MTRA) für die forensische Bildgebung an unserem Institut beschlossen. Der Vortrag soll die Eingliederung der MTRA in das rechtsmedizinische Team diskutieren. In der Tat erwiesen sich seine Fachkompetenzen als unentbehrlich um einen hohen Qualitätsstandart zu erlangen. Dieser ist wichtig, um die radiologischen Daten richtig interpretieren zu können und um die rekonstruierten Bilder auch im Gerichtssaal präsentieren zu können. Sein Wissen ist auch von größter Wichtigkeit, um Protokolle für die verschiedenen Forschungsprojekte wie z.B. die „virtuelle Anthropologie entwickeln zu können. Die selbstständige Arbeit der MTRA macht es möglich, auch komplexe radiologische Untersuchungen, wie die postmortale CT-Angiographie, in die tägliche Routine zu integrieren. Diese interdisziplinäre Kollaboration bringt nicht nur dem Rechtsmediziner Vorteile sondern auch dem MTRA, der in der Forensischen Bildgebung ein neues und interessantes Arbeitsfeld entdeckt hat, welches seine Kompetenzen erweitert. P76 Braucht ein Institut für Rechtsmedizin eine Fachperson für medizinisch-technische Radiologie (MTRA)? S. Mathier, S. Ross, M. Thali Institut für Rechtsmedizin, Forensische Bildgebung/Virtopsy, Bern, Schweiz Bis vor wenigen Jahren war die postmortale Radiologie fast ausschließlich auf die Anfertigung konventioneller Röntgenaufnahmen beschränkt. Diese Untersuchungen werden meist von Personal ohne Fachausbildung in Röntgentechnik ausgeführt und sind in ihrer Qualität meist sehr variabel. Schnittbildgebende Verfahren wurden erst in der letzten Dekade mehr und mehr als nützliche Modalitäten zur Untersuchung von Verstorbenen eingesetzt. Trotz hoher Investitionskosten bemühen sich im deutschsprachigen Raum immer mehr Institute für Rechtsmedizin um einen eigenen CT-Scanner beziehungsweise haben diesen schon in ihren Räumlichkeiten installiert. Meist wird ein im entsprechenden Institut beschäftigter Arzt, normalerweise ein Rechtsmediziner ohne wesentliche radiologische Vorbildung, mit der Durchführung dieser Untersuchungen betraut. Mit der steigenden Komplexität der radiologischen Untersuchungstechnik steigen in gleichem Masse die Anforderungen an den Untersucher. Es stellt sich somit die Frage, ob der Einsatz einer/ eines MTRA sinnvoll oder gar unabdingbar ist. Mit dem Einsatz einer Fachperson verringert sich der zeitliche und logistische Aufwand für das ärztliche Personal erheblich und die Untersuchungsabläufe können optimiert werden. Die Datenarchivierung, Strahlenschutz, die Organisation der Gerätewartungen und die Materialbeschaffung werden durch den Einsatz eines/einer MTRA ebenfalls übernommen und entlasten so das ärztliche Personal. Als Schlussfolgerung kann gesagt werden, dass bei der geplanten Anschaffung eines CT-Scanners bzw. eines MRIScanners in einem Institut für Rechtsmedizin auch die Schaffung einer MTRA-Stelle überdacht werden und in die Budgetplanung einbezogen werden sollte.
356 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
P77 Reverse Engineering - Rapid Prototyping in der forensischen Traumanalyse M. Kettner1, P. Schmidt1, S. Potente1, F. Ramsthaler1, M. Schrodt2 1Institut für Rechtsmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland 2Gratz Engineering, Gratz Simulation, Wächtersbach, Deutschland Reverse Engineering umfasst eine Vielzahl von Methoden aus technischen und naturwissenschaftlichen Disziplinen, denen der Rückgriff auf Konstruktionselemente eines fertigen Produkts mit dem Zweck der Ableitung eines Modells gemeinsam ist. Hierbei wird in den technischen Disziplinen häufig das sogenannte Rapid Prototyping genutzt, welches durch unterschiedliche automatisierte Fertigungstechniken wie z.B. selektives Lasersintering (SLS), Stereolithographie und 3D-Printing virtuelle 3D-Datensätze als Vorlage zur Herstellung solider Formen verwendet. Im medizinischen Bereich wurden diese Techniken bislang ganz vereinzelt verwendet (Operationsplanung, Darstellung von Anomalien, anthropologische Modelle). Trotz Verbesserungen der forensischen Traumaanalyse durch die erweiterten Möglichkeiten der radiologischen Diagnostik und Rekonstruktion werden für die haptische/plastische Präsentation eines Befunds im Strafverfahren Schädelmazerationen durch die Staatsanwaltschaft beauftragt. Da die Erstellung von CT-Scans in (fraglichen) Tötungsdelikten mittlerweile weit verbreitet ist, sind in diesen Fällen zumeist 3D-Datensätze zugänglich. Im vorliegenden Fall (stumpfkantige Gewalteinwirkung gegen den Kopf durch Hammerschläge) wurde die Schädelmazeration nach Fertigung eines CT-Scans beauftragt. Im Anschluss wurde aus den 3D-Datensätzen mittels SLS ein Modell des knöchernen Schädels erstellt. Es zeigte sich, dass durch SLS ein gutes dreidimensionales Abbild anatomischer Strukturen und Verletzungen derselben geschaffen werden kann, welches insbesondere für die haptische/plastische Präsentation des Befundes bei Gericht einen guten Eindruck der Gewalteinwirkung vermitteln kann. P78 Die channel-mixer Funktion in Bildbearbeitungsprogrammen ein nützliches Tool für die Befunddokumentation und -präsentation S. Potente, M. Kettner, F. Ramsthaler Universität Frankfurt am Main, Institut für Rechtsmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland Die fotografische Befunddokumentation im Rahmen körperlicher Untersuchungen auf Verletzungsspuren, an Tat- und Fundorten sowie bei Obduktionen ist durch die Digitalfotografie erheblich vereinfacht worden. Trotz dieser Verbesserungen verbleiben jedoch sowohl bei der Erfassung als auch bei der Einbindung von Bildbefunden in ein schriftliches Gutachten insbesondere dann Probleme, wenn diese z.B. nur sehr spärlich ausgebildet oder durch Hintergründe maskiert sind. Die in zahlreichen Grafikanwendungen angebotene Funktion des „channel mixers“ ermöglicht eine farbgewichtete Überführung digitaler Farblichtbilder in Schwarzweiß-Bilder. Hierdurch können relevante Befunde akzentuiert und somit für den Auftraggeber, insbesondere im Rahmen schriftlicher Gutachten, besser nachvollziehbar dargestellt werden. Weiterhin kann die Befunderhebung selbst, insbesondere auch im Falle von Blutspurenverteilungsmusteranalysen, durch die channel-mixer Funktion vereinfacht werden, in dem relevante Befunde von durch Umgebungsfaktoren bedingten Artefakten und Störmustern abgehoben werden. Selbstverständlich müssen Originaldateien asserviert, die Anwendung des Verfahrens transparent dokumentiert und ggf. erhobene Befunde kritisch hinterfragt werden.
P79 Die Brauchbarkeit der 3-D-Scanning-Techniken für die Erstellung der Dokumentation und die Analyse des Ablaufs der Straftaten K. Maksymowicz1, J. Kosciuk2, T. Jurek3, A. Thannhaeuser-Wojcik1 1Medizinische Akademie Wroclaw, Institut für Rechtsmedizin, Wroclaw, Polen 2Technische Hochschule Wroclaw, 3D-Scanning-Labor, Wroclaw, Polen 3Medizinische Akademie Wroclaw, Medizinrecht, Lehrstuhl für Rechts medzin, Wroclaw, Polen Das Ziel der Arbeit ist es, die Brauchbarkeit der 3-D-Scanning-Techniken für die Erstellung der Dokumentation sowie für die Analyse der Rekonstruktion von Straftaten, zwecks der gerichtlich-medizinischen Begutachtung, nachzuweisen. Vorgestellt werden praktische Möglichkeiten zur Bildung der Raummodelle von Tatorten, welche nicht nur die Geometrie des Umfelds, sondern auch Raummodelle der an dem Geschehen Beteiligten dokumentieren. Dabei können auch unter Einbeziehung der Kinematik äußere und innere Körperverletzungen rekonstruiert bzw. erklärt werden. Zu diesem Zweck werden die gesamten zur Verfügung stehenden Informationen verwertet, die mittels Anwendung unterschiedlicher Mess- und Untersuchungstechnologien - der 3D-Scanning-Techniken in der Makro- und Mikroskala, der Registrierung des Bildes im sichtbaren und unsichtbaren Strahlungsspektrum gewonnen werden, sowie die Ergebnisse der gerichtsmedizinischen Untersuchungen. Diese Integration von Daten macht es möglich, das vollständige virtuelle Raummodell des Ablaufs des zu analysierenden Ereignisses auszuarbeiten. Die bisherigen Ergebnisse der Teamarbeit weisen nach, dass derart virtuelle Modelle des Ablaufs der Ereignisse das beträchtlich brauchbare Beweismaterial im gerichtsmedizinischen Begutachtungsprozess bilden können. P80 Bildgebende Verfahren in der Rechtsmedizin: PassgenauigkeitsBestimmungen mit farbkodierten Oberflächen (Distanz, Krümmung) bei der forensischen 3D Juxtapositionierung E. Röhrich, C. Jackowski, W. Bär, W. Schweitzer Universität Zürich, Institut für Rechtsmedizin, Zürich, Schweiz Fragestellung: Die farbliche Darstellung des minimalen Abstandes zwischen zwei Flächen erlaubt in der forensischen 3D-Juxtapositionierung bei der Suche nach Tatwerkzeugen eine erste Abschätzung der Passgenauigkeit von Werkzeug auf Hautverletzung. Für statische Gewalteinwirkungen liefert die Berechnung des minimalen Abstandes gute Hinweise hierzu. Da dynamische Verformungen häufig vorkommen, ergänzen wir die Untersuchung der Einpassungsfrage um die Auswertung der Krümmung an mutmasslich homologen Punkten auf den Oberflächen. Methode, Material: Wir verwenden ein idealisiertes Modell (Werkzeuge, Plastilinklötze) und stellen Verletzungen im Übergangsbereich zwischen statischer und dynamischer Verformung dar. Die modellierten Formen werden mittels 3D-Scanner digitalisiert. Für verschiedene Kombinationen von Hautverletzung und Werkzeug werden auf der modellierten Läsionsfläche auf unterschiedlichen Farbskalen folgende Rechenergebnisse zusammen dargestellt: (1) die minimale Distanz zum juxtapositionierten Werkzeug in jedem Flächenpunkt, (2) der Krümmungsfehler für homologe Flächenpunkte. Ergebnisse und Diskussion: Die so ermittelten Ergebnisse für die Oberflächenläsionen sind bezüglich Aussagekraft zum Tatwerkzeug gerade bei nicht nur statischen Abdrücken besser als die alleinige Verwendung minimaler Distanzwerte. Dennoch werden bei stärkeren dynamischen Verformungen auch hier Schwierigkeiten erkennbar. Erste Rechenergebnisse und ihre Bedeutung sowie Anwendungsbeispiele werden auf dem Poster dargestellt und diskutiert.
P81 Alcoholic ketoacidosis of chronic alcoholics S. Šramek Zatler, M. Zorec Karlovšek General Hospital Celje, Department of Pathology, Celje, Slovenien Introduction: An uncertain cause of sudden deaths of chronic alcoholics is commenly investigated in forensic pathology. Alcoholic ketoacidosis is an important differential diagnosis in setting of metabolic acidosis with an increased anion gap. It usually occurs in patients with a history of longstanding abuse who have been vomiting and not eaten any food for 2 - 3 days. Case Report: The main cause of death in 2 chronic alcoholics brothers was ketoacidosis. Forensic autopsy, histological, alcoholometric and toxicological analyses were performed. At autopsy severe cahexy was observed and liver cirrhosis was found in both cases. Alcohol was not detectable. Toxicological analyses showed pathologically increased levels of beta-hydroxybutyric acid in blood (2,822 mmol/l and 1,834 mmol/l). Conclusions: The cause of death in chronic alcoholics could be alcoholic ketoacidosis due to coincidence of alcoholic abuse and starvation. P82 Beschleunigte Alkoholelimination durch chinesische Phyto therapeutika? C. Dinges1, S. Kunz1, B. Martin2, G. Thomas1, M. Graw1 1Institut für Rechtsmedizin München, Klinische Rechtsmedizin, München, Deutschland 2Praxis für TCM, München, Deutschland Immer wieder werden Präparate angeboten, die die BAK senken und die Alkoholeliminationsrate steigern sollen, ohne dass eindeutige Wirkungen belegbar wären. In foro wurde die Behauptung aufgestellt, dass eine Alkoholrückrechnung zum Tatzeitpunkt aufgrund veränderter Alkoholabbauraten durch die Einnahme von Phytotherapeutika nicht zulässig sei, gestützt auf eine Publikation von Xiao-Yu Liu et al. Hier wurde eine Beschleunigung der Alkoholdehydrogenase beschrieben. Humanuntersuchungen hierzu sind bisher nicht bekannt, weshalb die Hypothese eines schnelleren Alkoholabbaus anhand einer Pilotstudie untersucht werden sollte. Methode: Freiwillige Probanden erhielten nach dreistündiger Nahrungskarenz in zwei Trinkversuchen Wein jeweils in gleicher Menge (etwa 0,8 g Ethanol/kg KG), einmal in Kombination mit einer speziellen chinesischen Phytotherapeutikamischung in Teeform, einmal mit Schwarztee. Ergebnisse: Die jeweiligen individuellen, stündlichen peripheren Eliminationswerte (� β60) wurden aus der linearen Regression nach sicher abgeschlossener Absorption ermittelt. Die ermittelten β �60-Werte lagen zwischen 0,132 und 0,191. Der Mittelwert ohne Phytotherapeutika lag bei 0,163 Promille gegenüber 0,160 Promille mit Phytotherapeutikakonsum, ohne statistisch signifikanten Unterschied (p>0,05). Zusammenfassend ergab der Pilotversuch keine Hinweise auf einheitliche Tendenzen oder signifikante Unterschiede zwischen beiden Versuchsreihen. P83 Blood alcohol concentration in cases of natural death - an autopsy study S. Nikolić1, V. Živković1, D. Matejić2 1School of Medicine, University of Belgrade, Institute of Forensic Medicine, Belgrad, Serbien 2State Institute of Legal Medicine Berlin, Berlin, Deutschland The aim of this study was to determine the frequency of alcohol intoxication and blood alcohol concentration (BAC) in cases of natural death. The retrospective autopsy study for 4-year-period was performed. We singled out all the cases of natural deaths of persons who died suddenly, in which BAC was determined postmortally. The obtained data were statistically analyzed. The sample included 1316 deceased: 959 men and 357 women, average age 61.7±15.2 yrs (ranged 16-98 yrs), with significantly Rechtsmedizin 4 · 2010
| 357
Abstracts higher number of men (χ2=275.38; p=0.00). Our analysis showed that men died significantly younger (59.8±14.6 yrs) than women (66.9±15.9 yrs) (t=7.659; df=1313; p=0.00). Men were significantly more often under influence of alcohol (101 out of 959) than women (9 out of 357) (χ2=21.80; p=0.00), with no significant differences in BAC - 1.76±1.15‰, compared to 1.67±0.73‰ (U=439.5; p=0.87). Heart disease was the most often cause of death both in the whole sample (991 out 1316, and χ2=6295.11; df=9; p=0.00), as well as in group of intoxicated persons (88 out of 110, and χ2=390.44; df=6; p=0.00), with similar ratios in persons who died from respiratory, central nervous system and gastrointestinal diseases. On the other hand, ethanol intoxication was rare among persons who died from other natural causes. Alcohol intoxication could be important risk factor especially in cases of sudden death due to ischemic heart disease. P84 Blood alcohol concentration among fatally injured in traffic accidents - an autopsy study S. Nikolić1, V. Živković1, D. Matejić2 1School of Medicine, University of Belgrade, Institute of Forensic Medicine, Belgrad, Serbien 2State Institute of Legal Medicine Berlin, Berlin, Deutschland The aim of this study was to determine the differences in blood alcohol concentration (BAC) among fatally injured in traffic accidents. The retrospective autopsy study for 4-year-period was performed. We singled out all the cases of fatally injured in traffic accidents, who died instantaneously on the scene, in which BAC was determined postmortally. The obtained data were statistically analyzed. The sample included 397 deceased: 177 men and 93 women, average age 46.7±20.4 years (range from 7-95 years), with significantly higher number of men (χ2=95.80, p=0.00). The sample consisted of three subgroups: 161 pedestrians, 183 car-occupants and 53 bicycle/ motorcycle riders. Men were significantly more often under influence of alcohol (119 out of 296) than women (8 out of 101) (χ2=36.07; p=0.00). Car-occupants were significantly more often under influence of alcohol (75 out of 183) than pedestrians (37 out of 161) (U=12079; p=0.00). However, among intoxicated traffic participants, BAC was significantly higher in pedestrians (2.21±1.24‰) than in car-occupants (1.63±0.77‰) (t=3.03; df=110; p=0.00). There were no significant differences either in frequency of ethanol intoxication or BAC, among bicycle/motorcycle riders (15 out of 38, BAC 1.64±1.18‰) compared to pedestrians (U=4039; p=0.44, and t=1.52, df=50; p=0.14, respectively) or car occupants (U=4234; p=0.10; and t=0.040; df=88, p=0.97, respectively). P85 Alkoholisierte Frauen im Straßenverkehr - vor 15 Jahren und heute K. Blümke, D. Stiller Institut für Rechtsmedizin, Halle (Saale), Deutschland Fragestellung: Die Aussage eines Anwaltes in Bezug auf die Höhe des Alkoholwertes seiner Mandantin: „einen solchen Alkoholwert kann eine Frau gar nicht erreichen“, brachte uns auf die Idee die vorhandenen Daten der letzten 15 Jahre zu sichten und auszuwerten. Besagte Mandantin hatte eine Blutalkoholkonzentration von 1,3 Promille. Wir haben die Daten der Jahre 1994, 1999 und 2009 miteinander ver glichen. Tranken Frauen vor 15 Jahren häufiger Alkohol, bzw. nahmen sie häufiger alkoholisiert am Straßenverkehr teil als Frauen von heute? Ergebnisse/Schlussfolgerung: Es zeigte sich, dass im Jahr 2009 der Anteil an Frauen unter den eingesandten Blutproben der Polizei 6,0 % betrug. Im Vergleich dazu waren es 1994 nur 3,1 %. Jedoch sank die Rate, der dabei an Unfällen beteiligten Frauen von 44,4 % (1999) auf 20 % (2009). Die Anzahl in den Einstufungen von äußerlich nicht merkbar bis sinnlos betrunken veränderte sich nicht.
P86 Ein Beitrag zum Strohhalmtrinken - Messbare Effekte nur bei Spirituosen M.A. Verhoff, R. Krüll, F. Erdmann, H. Schütz, H. Wollersen, C.G. Birngruber Universität Gießen, Institut für Rechtsmedizin, Gießen, Deutschland 11 Probanden (6 wbl., 5 ml.) im jungen Erwachsenenalter haben im Abstand von einer Woche - einmal konventionell das andere Mal mit Strohhalm - dieselbe, selbst gewählte Getränkeart und -menge konsumiert. Die Trinkzeit war auf 30 min begrenzt. Mit dem Trinkende erfolgte die erste Blutentnahme (BE), die weiteren 15 min, 30 min und 120 min nach Trinkende. Die Getränke waren 2mal Bier, 1mal Schaumwein (7,5 Vol.%), 1mal Rotwein (13 Vol.-%), 2mal Rum (37,5 Vol.-%), 2mal Tequila (38 Vol.-%), 1mal Rum (40 Vol.-%) und 2mal Whisky (45 Vol.-%). Zwei Probandinnen (Tequila und Schaumwein) gelang es nicht, mit dem Strohhalm die avisierte Menge zu trinken. Alle übrigen 6 Probanden, die Spirituosen getrunken hatten, wiesen bei Trinkende sowie 15 und 30 Minuten danach mit Strohhalm deutlich höhere Blutalkoholkonzentrationen (BAK) auf; bei 3 war mit Strohhalm auch die BAK 120 min nach Trinkende höher und bei den anderen ergab sich etwa der gleiche Wert. Der Konsum von Bier und Rotwein zeigte dagegen keine nennenswerten Unterschiede in den beiden BAK-Kurven. Die vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Konsum von hochprozentigen alkoholischen Getränken in definierter Menge und Zeitraum mittels eines Strohhalms zu einer schnelleren Anflutung führt als konventionelles Trinken. Möglicherweise wird durch das Strohhalmtrinken das Resorptionsdefizit zusätzlich etwas verringert. Bei Bier und Wein scheint das Trinken durch einen Strohhalm dagegen keinen Einfluss zu haben. P87 Diagnostischer Nutzen des Nachweises von Begleitstoffen bei der Beurteilung von Opiat/Opioid bedingten Todesfällen H. Jungen, H. Andresen, A. Müller, S. Iwersen-Bergmann Institut für Rechtsmedizin, Toxikologie, Hamburg, Deutschland Die Zahl der Drogentodesfälle stagniert bundesweit seit Jahren. Auch wenn die Zahlen der Erstkonsumenten von „harten“ Drogen seit Jahren sinken, stehen Heroin und Methadon als führende Todesursache weiterhin deutlich im Vordergrund. Das Bild wird jedoch durch neu in der Szene auftauchende Opioide (z.B. Fentanyl aus Pflastern) oder neuere Heroinsubstitutionsmittel, wie Buprenorphin, erweitert. Bei der Beurteilung der toxikologischen Opiat- bzw. Opioid- Befunde bei Todesfällen steht die Einschätzung des Toleranzgrades des Verstorbenen gegenüber Opiaten neben den Obduktionsbefunden im Vordergrund. Vielfach wären Informationen über besonders riskante Konsumformen z.B. i.v. Konsum von Methadon, Buprenorphin, aufgelöste Fentanylpflaster bei der Bewertung der Befunde im Hinblick auf die Todesursächlichkeit sehr hilfreich. Im Focus der hier vorgestellten Studie steht daher der Nachweis von Begleitsubstanzen wie Lactose und Saccharose im Blut der Konsumenten, der Aufschluss über die vorangegangene Konsumform liefern soll. Methode: Blut wird mit Ethanol 96% enteiweißt, nach Eindampfen Benzoylierung, Aufreinigung der benzoylierten Zucker über C18-Säulen, Auftrennung und Detektion mittels LCMS (Finnigan LCQ Duo). Die Ergebnisse verschiedener Fälle werden vorgestellt. P88 Drugs of abuse detection in the Central lab in Bucharest, National Institute of Legal Medicine Mina Minovici 2008-2009 G. Gorun1, D. Radu1, F. Aciu1, D. Dermengiu1, C. Curca1, H. Käferstein2, O. Buda1 1National Institute of Legal Medicine „Mina MInovici“, Institut für Rechtsmedizin, Bukarest, Rumänien 2Universität Köln, Institut für Rechtsmedizin, Köln, Deutschland Ro Phare 2004/016-772.03.1/B1 Strenghtening the institutional capacity of the Romanian agencies in the field of drug demand and the Twinning Light Phare RO 2004/016-772.03.01 B3 General assessment of forensic
358 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
services and setting up the National Legal Medicine network of drug of abuse and metabolites analyse laboratories has succeed to create under German expertise (German project leader prof. Herbert Käferstein, Köln and his colleagues from Düsseldorf, Frankfurt, Berlin, Hamburg and Essen) a valid network of forensic toxicology laboratories some major cities of Romania such as Iassi, Timisoara and a Central lab in Bucharest. A second follow-up Phare project (contracts RO 2006/018-147.05.01, RO2006/IB/OT-04TL) was aimed to further develop good laboratory practice and methods in the Romanian network under the same German supervision. In the last two years 2008-2009 the Central Lab in the National Institute of Legal Medicine Mina Minovici Bucharest continued working to provide lab analyses for drugs and drugs of abuse in Bucharest and suroundings regions (over 2.0 milion people). Positive toxicological assays were found in 2008/2009 in 54/52 cases (over 1700/1500 autopsies): carbamazepine (15/1), meconine (3/5), benzodiazepines (43/37), morphine and derivates (13/28), methadone (1/14), barbiturates (11/14), codeine (14/25), levomepromazine (5/6), (1/ , lidocaine (1/1), heroin (1/2), paracetamol (1/0), sertralin (2/1), metamizolul (4/2), zopiclon (2/5), ketamine (0/2), THC (0/2). Associations of more than 3 drugs in 20/23. P89 Drogentodesfälle unter Emigranten aus den Staaten der ehemaligen UdSSR in Berlin (1998-2007) S. Tischkov1, E. Ehrlich2, B. Rießelmann2, M. Tsokos2 1Staatliche medizinische Universität Ogarev, Saransk, Russland 2Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin, Berlin, Deutschland Die Zahlen der Drogentodesfälle in Berlin sind seit vielen Jahren leicht rückläufig. Untersucht man jedoch nur die Fälle von Betroffenen unter den Ausgewanderten aus der ehemaligen Sowjetunion, so ist ein besonderer Trend zu verzeichnen. Die Analyse der polizeilichen Ermittlungsakten aus beiden rechtsmedizinischen Instituten in Berlin zwischen 1998 und 2007 zeigt, dass 1998 und 1999 jeweils nur 4 solche Fälle im Jahr zu verzeichnen waren. Im Jahr 2003 wurden bereits 16 und 2007 14 solcher Fälle gezählt. Auffällig ist, dass die Migranten aus der ehemaligen UdSSR deutlich jünger waren als das vergleichbare Untersuchungskollektiv der Deutschen. Auch das Spektrum der nachgewiesenen Substanzen ist unterschiedlich. Bei den in Deutschland Geborenen werden seit Jahren immer seltener „harte“ Drogen, aber immer öfter Cannabinoide und Amphetamine nachgewiesen. Bei den Migranten aus der ehemaligen UdSSR wurde anfangs überwiegend Morphin festgestellt. In den letzten Jahren kamen Methadon und Kokain dazu. Regelmäßig werden auch „weiche“Drogen nachgewiesen, wobei Amphetamine kaum eine Rolle spielten. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass die Migranten aus der ehemaligen UdSSR mittlerweile die gleichen Drogen wie auch die Deutschen konsumieren. Die „Drogenkarrieren“ sind jedoch deutlich kürzer. P90 Erste größere Sicherstellungen und Begutachtung von Kath im Raum Leipzig H. Trauer1, J. Dreßler2 1Inst. f. Rechtsmedizin, Toxikologie, Leipzig, Deutschland 2Institut f. Rechtsmedizin, Leipzig, Deutschland Der Kathstrauch (Catha edulis) wird hauptsächlich im Jemen, in Somalia, Kenia und Äthiopien angebaut. Die Zweigspitzen und jungen Blätter werden als Alltagsdroge unter der Bezeichnung Kath, Kat, Khat, Qad, Gat usw. in den Herkunftsländern konsumiert. Die Wirkung wird als anregend und dem Coffein ähnlich beschrieben. Strukturell stehen die Hauptinhaltsstoffe Cathinon und Cathin den Amphetaminen nahe. Die stimulierende Wirkung ist jedoch im Vergleich abgeschwächt. Die Besonderheit der Droge liegt in ihrer begrenzten Haltbarkeit. Beim Trocknen wird der für die psychotrope Wirkung maßgebliche Wirkstoff Cathinon schnell abgebaut. Daher wird Kath nur als frisches Pflanzenmaterial nachgefragt.
Hochwertige, leicht verderbliche Frischwaren wie Schnittblumen, bestimmte Obst- und Gemüsesorten werden schon lange per Luftfracht versendet. Diesen Weg nimmt auch Kath, vermutlich weltweit, wobei die Konsumenten wohl überwiegend aus den traditionellen Verbreitungsgebieten stammen. Mit dem Ausbau des Flughafens Halle/Leipzig zum Luftfrachtzentrum ist daher vermehrt auch mit dem Aufkommen illegaler Drogen zu rechnen. Ende 2009 wurden ca. 100 kg von unbekanntem Pflanzenmaterial in Leipzig festgestellt, das im Verdacht stand, Betäubungsmittel zu enthalten. Es handelte sich um frische Triebe, die zur Verhinderung des Austrocknens aufwändig verpackt waren. Die Analysen führten zum Nachweis von Cathinon und Cathin. Es wurde eine Methode zur Extraktion, flüssigchromatographischen Trennung und Quantifizierung von Cathinon entwickelt. Die Stabilität des Wirkstoffes im pflanzlichen Material und in Lösung wurde untersucht. P91 Bestimmung von Citalopram und Desmethylcitalopram in Finger- und Zehennägeln als Spätmarker nach Absetzen einer Citalopram-Therapie E. Pufal1, M. Sykutera1, T. Nowacka1, K. Śliwka1, G. Rochholz2, C. Franzelius2 1UMK Collegium Medicum, Rechtsmedizn, Bydgoszcz, Polen 2Universität Kiel, Deutschland Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Nachweis des Antidepressivums Citalopram und dessen Metabolit Desmethylcitalopram in den Finger- und Zehennägeln von 10 Patienten, die über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten Citalopram in therapeutischer Dosierung erhalten hatten. Die Citalopram- und Desmethylcitalopram-Konzentrationen wurden 4 Monate, 6 Monate, 9 Monate, 12 Monate und 15 Monate nach Ablauf der Therapie in den abgeschnittenen Spitzen der Fingerund Zehennägel bestimmt. Das Probenmaterial wurde mit destilliertem Wasser und Dichlormethan gewaschen, fein zerschnitten und nach Hydrolyse mit 1 molarer Natronlauge (10 Minuten bei 95°C) mit 7 mL Chloroform 30 Minuten im Ultraschallbad extrahiert. Die so erhaltenen Extrakte wurden getrocknet, in 100 µL Methanol gelöst und mittels LCESI-MS untersucht. Die Quantifizierung erfolgte mit Diazepam als internem Standard. Citalopram und Desmethylcitalopram ließen sich in allen Proben nachweisen, wobei die Konzentrationen erwartungsgemäß über den untersuchten Zeitraum abnahmen. So fanden sich in den Fingernägeln Citalopram-Konzentrationen zwischen 6,80 ng/mg (4 Monate nach Absetzen der Therapie) und 0,40 ng/mg (15 Monate nach Absetzen der Therapie); in den Zehennägeln lagen die entsprechenden Citalopram-Konzentrationen bei 10,49 ng/mg und 0,91 ng/mg. Für Desmethylcitalopram wurden in den Fingernägeln Konzentrationen zwischen 2,67 ng/mg und 0,47 ng/ mg sowie entsprechend in den Zehennägeln zwischen 1,71 ng/mg und 0,32 ng/mg bestimmt. Somit konnte gezeigt werden, dass der Nachweis von Citalopram und Desmethylcitalopram in abgeschnittenen Fingerbzw. Zehennägeln als Spätmarker einer bis zu über einem Jahr zurückliegenden Citalopram-Therapie geeignet ist. P92 Analysis of benzodiazepines from urine and whole blood by novel disposable pipette extraction (DPX) coupled to LC/MS/MS O. Lerch1, J. Garbe-Immel2, F.D. Foster3, E.A. Pfannkoch3, W.E. Brewer4 1GERSTEL GmbH & Co. ���������������������������������������������� KG, Analytical Services, Mülheim an der Ruhr, Deutschland 2GERSTEL GmbH & Co. KG, Vertrieb, Mülheim an der Ruhr, Deutschland 3Gerstel Inc. , Linthicum, Vereinigte Staaten von Amerika 4University of South Carolina, Department of Chemistry and Biochemistry, Columbia, Vereinigte Staaten von Amerika Aim: Disposable Pipette Extraction (DPX) is a novel dispersive solidphase extraction technique that uses sorbent material loosely contained in a pipette tip. The main advantages of DPX technology are: rapid exRechtsmedizin 4 · 2010
| 359
Abstracts tractions, high recoveries, negligible solvent waste, and the extractions can be fully automated and coupled to chromatographic injections. The aim of this study was to develop a fast and automated analysis method for 16 benzodiazepines from hydrolyzed urine and whole blood. Therefore novel DPX in combination with LC/MS/MS was applied. Methods: The DPX extraction for both sample types was automated on a Multi Purpose Sampler (MPS). Urine samples were hydrolyzed by ß-glucuronidase followed by an automated extraction with DPX-CX (mixed mode cation exchange) pipette tips. Proteins from whole blood samples were precipitated and samples were extracted automatically with DPX-CX pipette tips. After extraction the sorbent was washed with 10% acetonitrile followed by pure acetonitrile to elute polar and nonpolar interferences. After elution of the analytes the solution was evaporated and reconstituted in an LC compatible solvent. Results and Conclusions: 16 benzodiazepines could be successfully extracted from hydrolyzed urine and whole blood samples using an automated DPX procedure coupled to LC/MS/MS analysis. For the urine samples some validation data have been collected. The recoveries were mostly larger than 90%. Limits of quantification were 0.5ng/mL for the compounds. The method is accurate and precise with accuracy averaging 102% (range 84.9-136%) and precision averaging 5.5% (range 1-26.4%). Matrix effects were evaluated by comparing pure standards with matrix matched standards. Most compounds in both matrices were affected only marginally by ion suppression. P93 Iatrogene Methotrexat-Überdosierungen L. Ormandy1, M. Klintschar1,2, W. Grellner1 1Universitätsmedizin Göttingen, Abteilung Rechtsmedizin, Göttingen, Deutschland 2Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland Die Hauptindikation des Folsäure-Antagonisten Methotrexat (MTX) stellt neben den onkologischen Anwendungen die immunsuppressive Langzeit-Therapie chronisch-entzündlicher Erkrankungen des rheumatoiden und dermatologischen Formenkreises dar. Standard ist dabei die einmal wöchentlich applizierte Dosis von maximal 30 mg. Im Folgenden sollen 3 Fälle aus unserem Sektionsgut mit relativer bzw. absoluter Überdosierung vorgestellt werden. Die Patienten höheren Lebensalters (ab 73 Jahre) wurden primär teils korrekt, aber auch teils ohne Indikation mit MTX behandelt. Im Rahmen von Arztwechseln traten iatrogene Überdosierungen durch tägliche Applikation der Wochendosis (bzw. fehlende Dosisanpassung bei Begleiterkrankungen) mit nachfolgender Aplasie des Knochenmarks und konsekutiver Sepsis sowie einem Multiorganversagen auf. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der MTX-Therapie und dem Tod der Patienten konnte nach Auswertung der Krankenunterlagen hergestellt werden. Trotz Gefahrenhinweisen in den Fachinformationen kommt es beim Umgang mit Risikomedikamenten wie MTX durch Dosierungsfehler und mangelnde Indikationsprüfungen wiederholt zu tödlichen Zwischenfällen. Der Beitrag macht deutlich, dass eine sorgfältigere Handhabung und Dokumentation erforderlich sind. Der rechtsmedizinischen Fallaufklärung kommt insoweit neben den forensischen Aspekten auch eine wichtige prophylaktische Funktion zu.
360 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
P94 Anonymer Hinweis: Metoprolol-Intoxikation als Suizid oder als aktive Sterbehilfe? H. Wollersen, F. Erdmann, R. Dettmeyer Institut für Rechtsmedizin, Toxikologie und Blutalkohol, Giessen, Deutschland Vorgeschichte: Durch einen anonymen Hinweis aufmerksam geworden, befragte die Polizei den Ehemann einer verstorbenen 48 J. alt gewordenen Frau. Nach einer ersten Aussage habe dieser seine depressive Ehefrau morgens leblos gefunden und den Notarzt verständigt. Im Zimmer sei ein Abschiedsbrief aufgefunden worden. Später änderte der Mann seine Aussage: er habe verschiedene Medikamente sowie eine Nasensonde bei seiner leblosen Frau gefunden, diese aber vor Eintreffen des Notarztes entfernt und die Verpackungen entsorgt. In einer weiteren Aussage gab der Mann an, die Frau habe sich die Nasensonde „aus Angst vor Übelkeit“ in suizidaler Absicht selbst gelegt, und er habe auf ihr Bitten hin verschiedene Medikamente per Spritze über die Sonde verabreicht. Obduktion: Keine todesursächlich relevanten Befunde, insbesondere keine krankhaften Veränderungen am Herzen. Chem.-toxikologische Untersuchung: Postmortal wurden im Femoralvenenblut eine letal-toxische Metoprolol-Konzentration mit 29,8 mg/L (toxischer Bereich: > 12 mg/L) und Nordazepam samt Metabolit Oxazepam oberhalb des therapeutischen Bereiches detektiert. Metoprolol und Nordazepam wurden ebenfalls in der Haarprobe sowie in hoher Konzentration im Mageninhalt nachgewiesen. Diskussion: Bei Intoxikationen mit Metoprolol (ß-Rezeptorenblocker) werden eine kardiodepressive Wirkung mit Hemmung der Schlagfrequenz (Bradykardie), der Kontraktionskraft des Herzens (Blutdruckabfall) bis hin zum Herzversagen und kardiogenem Schock beobachtet. Eine dauerhafte Aufnahme (ca. 20 Wochen) konnte mittels Haaranalyse nachgewiesen werden und erfolgte laut Aussage des Ehemannes aufgrund von Herzproblemen der Frau. Vor dem Hintergrund der Aussagen des Ehemannes und den chemisch-toxikologischen Untersuchungen verbleiben offene Fragen: Suizid oder Tötungsdelikt - als aktive Sterbehilfe? P95 Assistierter Suizid mit Fentanyl-Pflaster ? K. Friedrich1, K. Bender2, M. Jübner2, M.A. Rothschild2 1Rechtsmedizin Köln, Forensische Morphologie, Köln, Deutschland 2Rechtsmedizin Köln, Köln, Deutschland Der Ehemann einer 46 Jahre alt gewordenen Frau verständigt den Notarzt, da er in den Morgenstunden seine Frau leblos im Bett aufgefunden habe. Diese habe seit mehreren Jahren an einer Brustkrebserkrankung mit ausgedehnter Metastasierung gelitten. Sie sei durch ihn zu Hause gepflegt worden. Im Rahmen der notärztlichen Leichenschau fanden sich auf den Körper der Ehefrau insgesamt 34 Transdermalpflaster, welche den Wirkstoff Fentanyl in Konzentrationen von 25 bis 100 µg/h enthalten, aufgeklebt. Sämtliche Pflaster befanden sich an für die Ehefrau selbst gut erreichbaren Körperregionen. Im Rahmen der gerichtlichen Sektion zeigten sich ein Zustand nach Amputation der rechten Brust sowie multiple Metastasen innerhalb des Weichteilgewebes der rechten Achselhöhle, der Lungen, des Epikards und des Zwerchfells. Eine toxikologische Untersuchung wies im Serum eine Fentanylkonzentration von 87,8 ng/ml nach. Als Todesursache wurde eine zentrale Atemlähmung durch akute Opioidintoxikation festgestellt. Im Zuge der weiteren Vernehmungen gab der Ehemann an, seiner Frau am Vorabend mehrere Packungen gesammelter Transdermalpflaster bereitgestellt zu haben. Er habe seine Ehefrau in den frühen Morgenstunden mit noch geringen Lebenszeichen aufgefunden und erst nach ihrem Versterben den Notarzt verständigt. Das Ermittlungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
P96 Kombinierte Suizide nach Laugenaufnahme B. Rießelmann, D. Matejic, S. Roscher, M. Tsokos Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin Berlin, Rechtsmedizin, Berlin, Deutschland Die Häufigkeit von suizidalen oder akzidentellen Vergiftungen durch Säuren oder Laugen hat in den letzten Jahrzehnten beträchtlich abgenommen, so dass im rechtsmedizinischen Untersuchungsgut nur sehr selten Todesfälle mit Verätzungen von Schleimhäuten gesehen werden. Auch in der Literatur ist die Einnahme von Säuren oder Basen bei primär als auch sekundär kombinierten Suiziden, nur in seltenen Einzelfällen beschrieben. Wir werden 2 Todesfälle vorstellen, bei denen während der Sektion unerwarteterweise massive Verätzungen im Oesophagus und an der Magenwand gesehen wurden. Aufgrund der jeweiligen Verletzungen haben beide Verstorbenen eine flüssige oder eine pastöse Laugenzubereitung aufgenommen. Morphologische, histologische und toxikologische Befunde werden vorgestellt und mögliche Abläufe der kombinierten Suizide diskutiert. P97 Simultane Bestimmung von 14 oralen Antidiabetika in humanem Plasma mittels ESI-LC-MS/MS C. Hess, F. Musshoff, B. Madea Institut für Rechtsmedizin der Universität Bonn, Toxikologie, Bonn, Deutschland Im Falle einer Hypoglykämie unklarer Ursache muss auch immer die Möglichkeit einer Überdosierung mit oralen Antidiabetika in Betracht gezogen werden, um diese Ursache von anderen Formen der Hyperinsulinämie (z.B. Insulinom, Insulin-Überdosierung) abzugrenzen. Vorgestellt wird eine ESI-LC-MS/MS- Methode zur simultanen Bestimmung von 14 oralen Antidiabetika vom Sulfonylharnstoff- (Glimepirid, ������������������ Glibenclamid, Gliquidon, Glibornurid, Glisoxepid, Glipizid und Gliclazid), Glinid- (Nateglinid und Repaglinid), Thiazolidindion- (Rosiglitazon und Pioglitazon) und Gliptin-Typ (Vildagliptin, Sitagliptin und Saxagliptin) in humanem Plasma. Nach Flüssig-Flüssig Extraktion mit tert.-Butylmethylether werden die Analyten mittels einer C8-Säule getrennt und mittels spezifischer Ionenübergänge im MRM identifiziert. Die Quantifizierung erfolgt über deuterierte orale Antidiabetika als interne �������������������������� Standards (Hydroxytolbutamid-d9, Repaglinid-ethyl-d5, Pioglitazon-d4 und �������������������������� Vildagliptin-d3). Die Methode wurde nach den Richtlinien der GTFCh validiert. Linearität wurde für alle Analyten von subtherapeutischen bis zu ÜberdosisKonzentrationen gezeigt. Die Bestimmungsgrenzen mit einem SignalRausch-Verhältnis >3 waren <1ng/ml für alle Analyten. Die Wiederfindung bewegte sich zwischen 78 und 105%, für Vildagliptin und Saxagliptin war sie aufgrund des hydrophilen Charakters geringer (45%). Die Präzisionsdaten waren für alle Analyten bei drei Konzentrationen <15%. P98 Screening mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie in Serum - Methodenentwicklung A. Gottzein1, F. Musshoff1, B. Madea2 1Institut für Rechtsmedizin der Universität Bonn, Toxikologie, Bonn, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin der Universität Bonn, Forensische Medizin, Bonn, Deutschland Fragestellung: Die Gaschromatographie mit massenspektrometrischer Detektion (GC-MS) gilt nach wie vor als Methode der Wahl bei Screening-Verfahren. Bestehende Extraktionsmethoden haben ihre Eignung bewiesen, zeigen allerdings Nachteile hinsichtlich Aufwand oder Verwendung toxischer Lösungsmittel. Es wird eine Extraktionsmethode mittels Festphasenextraktion zur qualitativen Bestimmung von Arznei-
mitteln und missbräuchlich verwendeten Substanzen in Serum vorgestellt. Methoden: Anhand 8 Substanzen unter Berücksichtigung verschiedener chemischer Eigenschaften (z.B. Pentobarbital, Methadon, Diazepam) erfolgte die Methodenerstellung. Voneinander unabhängige Parameter, z.B. Probenvorbereitung, wurden in Vorversuchen optimiert, voraussichtlich signifikante Parameter, z.B. Zusammensetzung der Extraktionsmittel, wurden mit Hilfe des Statistikprogramms DesignExpert® optimiert. Ergebnisse: Für die Festphasenextraktion wird eine Chromabond DrugSäule verwendet. Die Probe wird mit 2 ml Phosphat-Puffer pH 7 verdünnt. Nach der Konditionierung mittels Methanol und Puffer wird die Probe auf die Säule gebracht. Waschschritte: 3 ml Puffer/ Methanol (95:5), 3 ml n-Hexan und 3 ml Essigsäure 0,25 M. Elution 1: Dichlormethan/ Aceton (60:40), Elution 2: Dichlormethan/ Isopropylalkohol/ 25%-Ammoniak (60:40+6). Die Eluate werden vereinigt, zur Trockne eingedampft, in 100 µl Ethylacetat aufgenommen und der GC-MS-Analyse zugeführt. Zusammenfassung: Es wurde eine Screening-Methode mittels Festphasen-Extraktion und GC-MS entwickelt, die schnell und einfach durchführbar ist. Sowohl saure als auch basische Substanzen können unterhalb der toxischen Bereiche in einem Aufarbeitungsschritt erfasst werden. P99 Basisvalidierung eines immunchemischen Vortestverfahrens auf Grundlage von Ergebnissen aus Bestätigungsanalysen in Serum und Urin F. Musshoff, K.M. Kirschbaum, C. Robben, B. Madea Universität Bonn, Institut für Rechtsmedizin, Bonn, Deutschland Forensisch-toxikologische Richtlinien fordern eine mindestens gleiche Empfindlichkeit zwischen immunchemischen Vortesten und Bestätigungsanalysen. Insbesondere falsch-negative Vortestergebnisse sind zu vermeiden. Für die niedrigen Entscheidungsgrenzen bei forensischen Fragestellungen und insbesondere zur Abstinenzkontrolle sind die Cutoff Werte der Hersteller aber oft zu hoch angesetzt. Es sind daher die Cut-off Werte in jedem Labor in einer Basisvalidierung zu überprüfen. 940 Serum- und 573 Urinmessungen wurden mit einem Olympus AU 400 Autoanalyzer mit CEDIA und DRI Drugs of abuse immunoassay Tests für Amphetamin, synthetische Amphetaminderivate, Cannabinoide, Opiate, Cocain, Methadon und Benzodiazepine untersucht. Die Ergebnisse wurden mit Werten aus chromatographischen Bestätigungsanalysen verglichen. Die Auswertung erfolgte mittels Kreuztabellen und Berechnung von Sensitivität, Spezifität, positivem und negativem prädiktivem Wert und der Falschklassifikationsrate. Bei allen Tests konnten Cut-off Werte festgelegt werden, bei denen bei der Auswertung mit Entscheidungsgrenzen nach §24a StVG (Serum) und der Fahreignungsbegutachtung (Urin) eine Sensitivität >90% und, mit Ausnahme von Amphetamin im Serum (85%) und Cannabinoiden im Urin (72%), auch Werte für die Spezifität von >90% erreicht wurden. Bei einer Auswertung mit laborinternen Bestimmungsgrenzen lagen die Werte für die meisten Substanzgruppen ebenfalls noch >90%. Das verwendete Vortestsystem ist somit geeignet die vorgeschriebenen Richtlinien zu erfüllen. P100 Überraschende toxikologische Befunde nach einem tödlichen Flugunfall B. Mayr, H.A. Krause Flugmedizinisches Institut der Luftwaffe, Rechtsmedizin und Flugunfallmedizin, Fürstenfeldbruck, Deutschland Nach tödlichen Flugunfällen werden umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Diese dienen dem Ziel, die Unfallursache zu klären und ähnlich geartete Unfälle zu vermeiden. Neben den allgemein üblichen Untersuchungen auf Alkohol, Arzneimittel und Drogen muss dabei generell auch auf flüchtige Substanzen wie Flugbetriebsstoffe, Schwel-, Brand- und Abgase untersucht werden. Die Beurteilung der Befunde kann dabei durch verschiedene Störfaktoren Rechtsmedizin 4 · 2010
| 361
Abstracts erschwert sein. Wir stellen hier einen Fall mit zunächst überraschenden Ergebnissen vor. Beim Tiefflugtraining mit einem Strahlflugzeug kam es nach Bodenberührung zu einem tödlichen Flugunfall. Bei den toxikologischen Untersuchungen wurden im Brust- und Bauchhöhlenmischblut eines Besatzungsmitglieds verschiedene Terpene festgestellt. Derartige Stoffe sind u. a. in pflanzlichen Expektorantien enthalten. Ihr Nachweis könnte somit auf eine vorhanden gewesene Erkältung mit Einschränkungen der Flugtüchtigkeit deuten. Autoptisch, histologisch und anamnestisch ergaben sich jedoch keine Hinweise auf das Vorliegen einer derartigen Erkrankung bzw. auf die Einnahme entsprechender Medikamente. Im weiteren Verlauf zeigte sich, dass beim Flugunfall in den Brust- und Bauchraum eingedrungene Holzsplitter das darin befindliche Blut kontaminiert hatten. Der Fall zeigt, dass bei der Interpretation toxikologischer Untersuchungsergebnisse nach tödlichen Flugunfällen die enge Zusammenarbeit zwischen Rechtsmediziner und Toxikologen hilfreich sein kann. P101 Zur Differentialdiagnose des blauverfärbten Magens H. Nadjem, M. Große Perdekamp, A. Thierauf, W. Weinmann, V. Auwärter Institut für Rechtsmedizin, Forensische Pathologie/Toxikologie, Freiburg, Deutschland Bericht über einen aktuellen Fall aus dem Freiburger Obduktionsgut, bei dem ein 42-jähriger Mann an den Folgen einer Intoxikation verstarb. Nach polizeilicher Ermittlung wurde eine suizidale Intoxikation durch orale Aufnahme einer größeren Menge eines ethylenglykolhaltigen Frostschutzmittels angenommen. Der 42-Jährige soll Alkoholprobleme gehabt haben und deswegen neben Trinkalkohol auch andere alkoholische Flüssigkeiten zu sich genommen haben. Bei der Obduktion fanden sich in der Speiseröhre, im Magen und in den Nierenbecken eine aromatisch riechende, bläuliche Flüssigkeit. Die toxikologischen Analysen erbrachten nicht - wie erwartet - den Nachweis von Ethylenglykol, sondern eine potentiell tödliche Blutalkoholkonzentration (BAK 4,01 g ‰, UAK 4,70 g‰). Die blaue Farbe stammte aus einer Flüssigkeit, die im Winter zum Befüllen von Scheibenwaschanlagen dient, aber anstelle von Ethylenglykol Ethylalkohol enthält. Die Ergebnisse der toxikologischen Analysen und die Differentialdiagnose des blauverfärbten Magens werden diskutiert. P102 Ricinvergiftung bei Hunden R. Krüll1, K. Köhler2, L. Brachthäuser2, S. Worbs3, B.G. Dorner3, D.M. Bassan1, H. Wollersen1, F. Erdmann1, R. Dettmeyer1 1Institut für Rechtsmedizin, Gießen, Deutschland 2Institut für Veterinär-Pathologie, Gießen, Deutschland 3Robert Koch-Institut Berlin, Zentrum für Biologische Sicherheit (ZBS3), Berlin, Deutschland Einleitung: Bereits 1980 und 2000 traten in Deutschland Vergiftungsfälle bei Hunden auf, die einen biologischen Dünger auf Rizinus-Schrot-Basis gefressen hatten, der erhöhte Mengen an Rizin enthielt. Rizin ist ein Bestandteil des Samens des Wunderbaums (Ricinus communis) und zählt zu den stärksten natürlich vorkommenden Giften. Speziesübergreifend besteht eine sehr hohe Empfindlichkeit. Rizin wurde sogar zeitweise als biologischer Kampfstoff vom Militär gelagert und gilt heutzutage potentiell als Waffe für „Bioterroristen“. Fallbericht: Berichtet wird von einem aktuellen Fall mit Rizin-Intoxikationen bei Hunden. Dabei wird die ähnlich wie beim Menschen auftretende Symptomatik geschildert. Die makroskopischen und histologischen Obduktionsbefunde werden präsentiert. Es erfolgt ein Verweis auf die Vorgaben der Düngemittel-Verordnung. Toxikologie: Aufgrund der Schwierigkeit des Nachweises des Proteins Rizin gilt das zusammen mit Rizin auftretende und einfacher nachweisbare Alkaloid Ricinin als dessen Biomarker. Ricinin wurde nach Extraktion mittels einer validierten LC-MS/MS-Methode sowohl in den entnommenen Asservaten der Hunde als auch in großen Mengen
362 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
in dem von den Hunden aufgenommenen Düngemittel nachgewiesen. Die Nachweisgrenze (LOD) mit 1,49 µg/l und die Bestimmungsgrenze (LOQ) mit 6,01 µg/l waren exzellent. Fazit: Rizin-Intoxikationen, obwohl sehr selten beim Menschen vorkommend, sind für Veterinärmediziner in Deutschland gerade bei Hunden eine wichtige Differentialdiagnose, wenn eine entsprechende Symptomatik vorhanden ist. Die analytischen Methoden sind selbstverständlich auch bei humanen Proben anwendbar. P103 (Rechts-)Medizinische Dienstleistungen für die Polizei eines Ballungsraums - 20 Jahre Ärztlicher Beweissicherungsdienst Nürnberg M. Rogler1, H. Guth2, T. Dumser3 1Ärztlicher Beweissicherungsdienst , Sprecher, Nürnberg, Deutschland 2Polizeipräsidium Mittelfranken, Abschnitt Mitte, Nürnberg, Deutschland 3Ärztlicher Beweissicherungsdienst, Nürnberg, Deutschland Fragestellung: Die zeitnahe und sachgerechte Erbringung ärztlicher Leistungen (Blutentnahmen, Leichenschauen etc.) für die Polizei ist seit je her ein wichtiger und mitunter problembehafteter Aspekt in derer Aufgabenerfüllung. Methoden: 1990 wurde in Zusammenarbeit des Polizeipräsidiums Mittelfranken mit Rechtsmedizinern und interessierten Notärzten eine 24hRufbereitschaft für Blutentnahmen, Leichenschauen und Gewahrsamsfähigkeitsprüfungen zunächst für die Polizeidienststellen in Nürnberg, später auch in Fürth und Feucht b. Nbg., unter dem Namen Ärztlicher Beweissicherungsdienst Nürnberg („ÄBD“) eingerichtet. Ergebnisse: Die Organisation der Rufbereitschaft und die Einsatzstruktur werden vorgestellt. Von anfangs acht wurde die Zahl der teilnehmenden Ärzte auf zwölf erhöht, die Fluktuationsrate beträgt rechnerisch 0,7/a. Im langjährigen Mittel fallen etwa 10 Einsätze/24h an, wobei Schwankungen nach oben und unten mit Änderungen bei den rechtlichen Grundlagen (Grenzwerte, „beweissicherer“ Alkomat) korrelieren. Regelmäßig sowie einzelfallbezogen finden Besprechungen mit den Ansprechpartnern der Polizei statt. Schlussfolgerungen: In der gewählten Organisationsstruktur hat sich der ÄBD bewährt und in den 20 Jahren seines Bestehens ein hohes Ansehen bei der Polizei erworben. Wesentlich hierfür dürfte die geringe Fluktuation und hohe Motivation seiner Mitglieder sowie die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem polizeilichen Auftraggeber sein. P104 Vernetztes Lernen in der Toxikologie A. Graefe, B. Weiler, K. Lerche, J. Grosche, S. Löffler, J. Dreßler Universität Leipzig, Rechtsmedizin, Toxikologie, Leipzig, Deutschland Um die Attraktivität für eine nebenberufliche Weiterbildung auf dem Gebiet der Toxikologie zu erhöhen, läuft seit Mitte 2009 das Projekt „Erstellung von E-Learning Modulen für die Toxikologie, gefördert durch die Europäischen Sozialfonds. Mit unserem Projekt möchten wir den zukünftigen Masterstudiengang „Toxikologie und Umweltschutz mit einem „Blended-E-Learning-Angebot (blended = integriert) ergänzen. Zu diesem Zweck werden wir multimediale Lern-Module im Internet über unsere E-Learning-Plattform zur Verfügung stellen und durch virtuelle Tutorials und Lernübungen bereichern. Ein digitales Toxikologie-Lexikon (Wiki-Tox) im Intranet wird das interaktive Lern-Angebot abrunden und den Studenten die Möglichkeit zur aktiven Mitgestaltung geben. Am Beispiel der Leber möchten wir demonstrieren, wie fächerübergreifendes Lernen umgesetzt werden kann. Außerhalb des Projektes legen wir großen Wert auf vernetzende Strukturen und Synergien mit anderen Projekten. So kommt es immer wieder zum Austausch und zur engen Zusammenarbeit mit wissenschaftlich und technisch angrenzenden Projekten. Der Fokus liegt hierbei auf der Nutzung von digitalen und inhaltlichen Infrastrukturen, in Form von Lernmanagementsystemen, Redaktionssystemen und der Erstellung
von Portalen und Kommunikationswegen. Diese Werkzeuge legen den Grundstein für die interdisziplinäre Zusammenarbeit sowohl team intern, als auch mit anderen postgradualen Studiengängen, E-learningPlattformen, Didaktik-Konzepten und anderen Interessenten an naturwissenschaftlichen Weiterbildungen. P105 Genetische Ursachen des plötzlichen Herztodes N. Kiehne1, S. Kauferstein1, M. Rothschild2, H. Bratzke3 1Institut für Rechtsmedizin, DNA Labor, Frankfurt, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin, Köln, Deutschland 3Institut für Rechtsmedizin, Frankfurt, Deutschland Mehr als 300.000 Menschen sterben jährlich in Europa den plötzlichen Herztod. Während bei älteren Menschen überwiegend koronare Herzerkrankungen gefolgt von kardialen Kardiomyopathien als Ursache auftreten, führen bei jungen Personen Kardiomyopathien, Myokarditis oder angeborene Veränderungen der Koronararterien zum plötzlichen Tod. In ca. 30 % dieser Herztodesfälle bei jungen Menschen lässt sich die Todesursache nicht durch eine Obduktion klären, wobei primäre elektrische Herzerkrankungen für ca. ein Drittel dieser autoptisch-negativen Todesfälle verantwortlich sein können. Die Ursache einer solchen kardialen Erkrankung liegt in Gendefekten spezifischer kardialer Proteine begründet. Durch diese Veränderungen kann es zu Herzrhythmusstörungen und zum plötzlichen Herztod kommen. In den beiden vorgestellten Fällen ergab die Obduktion keine morphologischen Hinweise für den plötzlichen Herztod einer 33-jährigen Frau und eines 20jährigen Mannes. Ein genetisches Screening führte in beiden Fällen zum Nachweis von Mutationen in kardialen Ionenkanälen, welche den plötzlichen Herztod erklären können. Beide Fälle geben einen Einblick in die molekulare Autopsie und zeigen, wie wichtig dieses neue Gebiet der Rechtsmedizin ist, besonders bei der Aufklärung plötzlicher Todesfälle. P106 Etablierung einer Mutationsanalyse beim Long QT-Syndrom M. Nastainczyk1, J. Edelmann1, D. Hußer-Bollmann2, R. Lessig1, J. Dreßler1 1Universität Leipzig, Institut für Rechtsmedizin, Leipzig, Deutschland 2Herzzentrum der Universität Leipzig, Klinik für Innere Medizin / Kardiologie, Leipzig, Deutschland Der plötzliche Herztod im jüngeren Erwachsenenalter ohne vorangegangene Symptome ist in der forensischen Diagnostik eine Herausforderung. Die geschätzte Inzidenz der am plötzlichen Herztod versterbenden Patienten liegt in Deutschland bei etwa 80.000 pro Jahr. Es können dafür verschiedene genetische Anomalien ursächlich sein. Dabei handelt es sich neben ischämischen, infektiös-toxischen Erkrankungen des Myokards auch um erworbene oder genetische Störungen der Erregungsbildung und -ausbreitung am Herzen, die durch Veränderungen der Ionenkanäle ausgelöst werden, z.B. Long QT-Syndrom (LQTS) oder Brugada Syndrom (BrS). Auf Grund der postmortal nicht mehr zur Verfügung stehenden funktionellen Diagnostik und autoptisch häufig „leerem Befund“ beim Verdacht todesursächlicher Störungen der Reizleitung am Herzen, wurden molekulargenetische Untersuchungen bei Verstorbenen hinsichtlich der häufigsten Mutationen beim LQTS etabliert. Bei etwa 70 % der klinisch gesicherten LQTS-Patienten sind diese Mutationen in den Genen KCNQ1, KCNH2, KCNE1, KCNE2 oder SCN5A lokalisiert. Mit Hilfe des SNaPshot® Multiplex-Minisequenzingverfahrens wurde eine schnelle und effiziente Alternative zu der zeit- und kostenintensiven Komplettsequenzierung der klinischen Labordiagnostik etabliert. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Genen KCNQ1, KCNH2, SCN5A und umfasst zunächst 37 SNPs (Singlenukleotidpolymorphismen). Weitere SNPs werden in die forensische Diagnostik des LQTS einbezogen.
P107 Zwei unterschiedliche mitochondriale Genome in mütterlich verwandten Personen S. Lutz-Bonengel1, T. Sänger1, H. Niederstätter2, G. Huber2, S. Pollak1, W. Parson2 1Institut für Rechtsmedizin, Freiburg, Deutschland 2Institut für gerichtliche Medizin, Innsbruck, Österreich Es wird allgemein akzeptiert, dass die mitochondriale (mt)DNA des Menschen rein mütterlich vererbt wird. Von paternaler Vererbung wurde bisher nur ein einziges Mal berichtet (Schwartz and Vissing, 2002). Nun konnten wir zufällig das Vorhandensein von zwei völlig unterschiedlichen mitochondrialen Haplotypen im Blut, Speichel und Haaren einer gesunden Frau beobachten. Was zuerst wie eine Kontamination aussah, stellte sich als eine reale Mischung von 2 mitochondrialen Haplogruppen (hg V und hg U4c1) heraus und konnte in zwei unabhängigen Laboren bestätigt werden. Maternal verwandte Personen wiesen die Mischung ebenfalls in unterschiedlichen Geweben auf. Bisher ist die Herkunft der zusätzlichen Haplogruppe U4c1 ungeklärt. Jedoch wird das Grab der Urgroßeltern der Probandin aufgelöst und eine Einwilligung der Familie zur Probenentnahme liegt vor. P108 Haplotype frequencies for different populations in the Chromosome X centromere region J. Edelmann1, S. Hering2, C. Augustin3, U. Schmidt4, R. Szibor5 1Institut für Rechtsmedizin , Leipzig, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin , Dresden, Deutschland 3Institut für Rechtsmedizin , Hamburg, Deutschland 4Institut für Rechtsmedizin , Freiburg, Deutschland 5Institut für Rechtsmedizin , Magdeburg, Deutschland The centromere region of the human X-chromosome (ChrX) is known as an area with low crossing-over-rates. Since we need tightly linked and non-recombining STRs for kinship testing, we established a cluster of six STRs in the region between 56 and 64 Mb distanced from the Xp telomere at Xp11.21-Xq11.1 for forensic use, and described a multiplex PCR setup for simultaneous amplification of the six markers DXS10161, DXS10159, DXS10162, DXS10163, DXS10164 and DXS10165. Typing of male DNA enables direct recognition of the ChrX marker haplotypes. Haplotypes exhibit much lower frequencies than STR alleles and therefore have been found to be highly informative. Significant differences in haplotype-frequencies between several populations are expected. We investigated population samples from Estonia, Latvia, Lithuania and Vladivostok as a supplement to previously published data for Germany, Ethiopia, Egypt and Somalia [1]. [1] FSI: Genetic Supplement Series 2 (2009) 398-399 P109 SNP AT-System zur Untersuchung Y-chromosomaler Haplo gruppen M. Kohl1, K. Thiele1, R. Lessig2, J. Dreßler2 1Institut für Rechtsmedizin Leipzig, Außenstelle Chemnitz, Serogenetik, Chemnitz, Deutschland 2Institut für Rechtsmedizin Leipzig, Deutschland Im Jahr 2002 umfasste der Y-chromosomale Haplogruppenstammbaum 18 Hauptgruppen, welche sich in 153 Untergruppen unterteilen ließen. Mit einem von Brion et al. entwickelten 29plex System konnte eine Zuordnung von männlichen Proben zu den Hauptgruppen des Stammbaums erfolgen. In Folge einer Erweiterung und Umstrukturierung der Haplogruppen wurde eine Ergänzung dieses Systems notwendig. Im Rahmen einer populationsgenetischen Studie einer Amharen- und einer Ewe-Population aus Afrika (Äthiopien bzw. Ghana) erfolgte im Institut für Rechtsmedizin Leipzig die Entwicklung eines eigens bezeichneten AT-Systems. In das AT-System wurden 11 Marker aufgenommen, welche für fehlende Haplogruppen bzw. Verzweigungspunkte im Stammbaum kodieren. Die PCR-Primer wurden dabei so gewählt, dass Rechtsmedizin 4 · 2010
| 363
Abstracts kurze Amplifikate zwischen 84 und 171 bp erzeugt werden. Die Amplifikation wurde mit dem Multiplex PCR Kit (Qiagen) durchgeführt. Die Oligonukleotide wurden in Anlehnung an das 29plex System (Brion et al.) gestaltet. Der unspezifische 5‘-Anhang wurde dabei übernommen. Für die Einzelbasenverlängerung wurde das SNaPshot Multiplex Kit (Applied Biosystems) verwendet. Die Analyse der Proben erfolgte mit dem ABI PRISMTM 310 Genetic Sequenzer. Die Peakhöhen der verschiedenen Marker wurden über Variation der Primerkonzentration auf ähnliche Niveaus eingestellt. Mit Hilfe des SNaPshot Primer Focus Kit (Applied Biosystems) wurde ein Panel zur vereinfachten Auswertung erstellt. Mit den 11 Markern des entwickelten AT-Systems und dem 29plex Sys tem (Brion et al.) ist eine Zuordnung von männlichen Proben zu nahezu allen Haplogruppen des aktuellen Stammbaums möglich. P110 Mutations in cases of paternity testing and person identification A. Sabule1, S. Rozane1, V. Volksone2 1Riga Stradins University, Latvia State Centre for Forensic Medical Investigation, Riga, Lettland 2Latvia State Centre for Forensic Medical Investigation, Riga, Lettland Introduction. Paternity testing is an important part of forensic DNA laboratory routine. The majority of cases are standard trio cases comprising the disputable father, the child and the mother. But in some investigations, including identification of unknown corpses, only samples from two persons (parent-child) are available. Materials. 165 standard paternity cases and 92 parent-child paternity or identification cases performed at DNA laboratory and results of laboratory staff profiling were analyzed. Results. Four paternal and one maternal one-step-mutations were discovered. All mutations were found in standard paternity cases. Two samples of laboratory staff comparison showed that two non-relatives from different ethnic groups possible could be mother-child or father-child. In this case just one repeat difference in one locus (D3S1358) was observed. Conclusions. Alleles differing in one repeat in a single STR could not to be the cause of paternity or maternity exclusion in trio paternity cases. However, the same one-step-difference should not lead to an inclusion in parent-child paternity or identification cases. Here it is necessary to investigate the other parent sample (if available) or to solve the question by investigating Y-chromosomal or X-chromosomal STRs. P111 DNA-Untersuchungen an fetalem Gewebe zur Vaterschaftsfeststellung J. Sanft, J. Strien Institut für Rechtsmedizin, Forensische Genetik, Jena, Deutschland Vaterschaftsfeststellungen stellen eine Routineuntersuchung in forensischen Laboren dar. Größtenteils werden hierfür Blutproben beziehungsweise Mundschleimhautabriebe untersucht. Komplikationen sind hier selten zu erwarten. Komplizierter gestaltet sich die Untersuchung von fetalem Material. Die Untersuchung fetalen Gewebes ist häufig notwendig, um die Abstammung nach Abtreibungen in Fällen von Vergewaltigungen festzustellen. Hierfür stehen entweder histologische Präparate, welche durch die Pathologie bereitgestellt werden, oder frisches beziehungsweise gefrorenes Material der Abtreibung zur Verfügung. Komplikationen können sich mitunter durch eine unvollständige Trennung von mütterlichem und fetalem Gewebe ergeben. Dies führt zu einem Mischprofil für das fetale Material, was wiederum eine Beurteilung der Abstammung erschwert. Es kann nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden, welches Merkmal durch den Erzeuger vererbt wurde. Zusammengefasst werden die Ergebnisse von acht Untersuchungen an fetalem Gewebe dargestellt. Die Ergebnisse wurden bereits bearbeiteten Spurenfällen der Rechtsmedizin Jena der Jahre 2001 - 2010 entnommen. Es konnte gezeigt werden, dass die Untersuchung von frischem beziehungsweise gefrorenem Material besser zum Nachweis der Abstammung geeignet war als Material welches aus histologischen Präparaten
364 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
gewonnen wurde. DNA-Profile aus histologischen Schnitten stellten sich überwiegend als Mischspuren dar. P112 Y-chromosomale Haplotypen einer isolierten Population in Deutschland: Den Sorben U.-D. Immel1, P. Kovacs2, A. Tönjes2, M. Stumvoll2, M. Kleiber1 1Institut für Rechtsmedizin, Halle/Saale, Deutschland 2Medizinische Klinik und Poliklinik III, Leipzig, Deutschland Y-chromosomale Populationsuntersuchungen: Populationsuntersuchungen erlauben es Beziehungen zwischen verschiedenen Bevölkerungen herauszufinden. Durch den Nachweis und Vergleich von Häufigkeiten und Variabilität genetischer Marker innerhalb und zwischen Bevölkerungen lassen sich z.B. Einblicke gewinnen, in welcher Art und Weise sich Populationen vergrößert, geographisch verteilt und ver mischt haben. Gut geeignet dafür sind Y-chromosomale STRs, die über die väterliche Linie vererbt werden (Jobling & Tyler-Smith 1995; Roewer et al. 1996). In den vergangenen Jahren wurden bereits zahlreiche Y-chromosomale STR-Systeme für populationsgenetische und forensische Untersuchungen etabliert. In der Literatur liegen derzeit zahlreiche Daten und Studien aus dem europäischen, amerikanischen und asiatischen Raum vor, jedoch kaum über Isolationspopulationen, wie den Sorben. Gerade bei diesen Populationen, ist es von großem Interesse molekulargenetische Daten zu analysieren, wie den Y-chromosomalen Daten. Material und Methoden: In der vorliegenden Studie wurde ein Set von Y-chromosomalen STR Loci (AmpFlSTR YFiler, ABI) für eine Populationsstudie der Sorben herangezogen. Es wurden Blutproben von nichtverwandten, männlichen Individuen mittels QiAmp Blood Kit (QIAGEN) extrahiert und mit den oben genannten Systemen amplifiziert. Die weitere computergestützte Analyse erfolgte mit einem ABI 310 Sequencer (Applied Biosystems / Perkin Elmer). Ergebnisse: Mit den bisher 64 analysierten Männern wurde eine Recherche in der YHRD durchgeführt. Die Ergebnisse werden hier vorgestellt. P113 Reproduktion von Einzelmerkmalen in Mischspuren K. Grommek, B. Bayer, K. Anslinger Institut für Rechtsmedizin, DNA-Abteilung, München, Deutschland Die Untersuchung bzw. statistische Bewertung von DNA-Mischungen stellt eine zurzeit viel diskutierte Problematik der molekularbiologischen Spurenuntersuchung dar. Im forensischen Untersuchungsgut findet sich eine Vielzahl solcher Mischungen. Oftmals können, bedingt durch schlechte DNA-Qualität in Kombination mit geringen DNA-Ausgangsmengen beziehungsweise ungünstigen Mischungsverhältnissen, nicht alle Merkmale der an einer Mischung beteiligten Person reproduzierbar nachgewiesen werden. Ein besseres Verständnis dieser Drop out Phänomene ist jedoch Grundlage für die nachfolgende Interpretation bzw. mögliche biostatische Beurteilungen. In dieser Studie soll die locusspezifische Häufigkeit eines solchen Ausfalls (Allelic oder Locus Drop out), in Bezug zur Gesamt-DNA-Menge der Probe, mit zwei verschiedenen Multiplex-PCR-Kits ermittelt und mit der Drop out -Häufigkeit bei Ein-Personen-Spuren verglichen werden. Dazu wurden die Elektropherogramme von 300 Mischspuren und über 100 Einzelspuren aus dem Routinespurenmaterial des Instituts für Rechtsmedizin der Ludwigs-Maximilians-Universität München ausgewertet und die Ergebnisse statistisch bewertet. Vergleichsproben der an den jeweiligen Mischungen beteiligten Personen lagen vor.
P114 Spurenabnahme: Eine vergleichende Studie zur DNA-Extraktion aus herkömmlichen und beflockten Tupfern B. Henske, C. Krüger, M.Nagy Abteilung für Forensische Genetik, Institut für Rechtsmedizin, Charité, Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland Der wesentliche Schritt in der PCR-basierenden Spuren-Analyse ist eine möglichst vollständige dabei aber hochreine DNA-Isolierung, die mit einer möglichst vollständigen Spurenaufnahme im Niedrigzellbereich beginnt. Es sollte deshalb eine effiziente Methode zur Spurenabnahme eingesetzt werden, welche eine maximale DNA-Ausbeute erzielt. Es wurden die DNA-Extraktionen aus der konventionellen Tupfer-Methode (Prionics AG) verglichen mit einer sogenannten beflockten TupferTechnik (Copan), die Nylonborsten gezielt auf den Tupferschaft applizieren. Untersucht wurde die Auftragung von definierten Zellmengen auf verschiedenen spurenrelevanten Oberflächen . Die gewonnene DNA wurde quantifiziert und ihre Qualität in STR-Multiplex-Ansätzen überprüft. Darüber hinaus wurde an ausgewählten Tatortspuren ein direkter Vergleich beider Abnahme-Set’s durchgeführt. P115 Einfluss von Waschprozessen auf den Nachweis von Ejakulat an Textilien J. Strien, J. Sanft, G. Mall Institut für Rechtsmedizin, FSU Jena, Molekulargenetik, Jena, Deutschland Der Nachweis von Sperma bzw. Ejakulatflüssigkeit auf Bekleidungsgegenständen stellt häufig einen entscheidenden Faktor bei der Ermittlung von Sexualdelikten dar. Um schnell eine Aussage über das Vorhandensein solcher Spuren treffen zu können, werden unterschiedliche Techniken angewandt. Zum einen können Sekretspuren mittels UV-Licht (z.B. Lumatec Tatortleuchte) sichtbar gemacht werden, zum anderen kann man über immunologische Schnelltests wie den „On Call™ Prostata-spezifisches Antigen (PSA)“ (Fa. Acon Laboratories, Inc.) Hinweise auf Ejakulatflüssigkeit erlangen. Sicher können Spermien nur mikroskopisch nachgewiesen werden. Anlass zur vorliegenden Untersuchung waren Anfragen der Polizei, ob man mit Sicherheit ausschließen kann, dass nach dem Waschen von Bekleidung noch Spermien auffindbar sind. Ziel unserer Untersuchung war es zu überprüfen, ob nach dem Waschen noch Sperma(-flüssigkeit) nachweisbar ist. Dazu wurden künstliche Spuren angelegt, indem Spermaflüssigkeit auf Baumwolle aufgebracht wurde. Diese wurden unterschiedlichen Waschbedingungen ausgesetzt. Der Nachweis von Sperma(-flüssigkeit) erfolgte daraufhin mittels Lumatec Tatortleuchte, PSA-Test sowie mikroskopisch. Zusätzlich wurde der DNA-Gehalt mittels Real-Time PCR ermittelt. P116 Heteroplasmiedetektion im Vergleich: Sanger- vs. Minisequenzierung J. Naue1, T. Sänger1, R. Klein2, S. Lutz-Bonengel1 1Universitätsklinikum Freiburg, Institut für Rechtsmedizin, Freiburg, Deutschland 2Universitätsklinikum Ulm, Institut für Rechtsmedizin, Ulm, Deutschland Die mitochondriale DNA (mtDNA) wird sowohl in der forensischen DNA Analyse als auch in der Diagnostik mitochondrialer Erkrankungen untersucht. Hierbei können verschiedene Verfahren wie z. B. die Sanger- und die Minisequenzierung eingesetzt werden, um Informationen zu erlangen. Das Auftreten heteroplasmatischer Positionen im mtDNA-Genom kann dabei den Informationsgewinn erhöhen, aber auch zu Interpretationsschwierigkeiten führen. Besonders das Mischungsverhältnis spielt hierbei eine Rolle und sollte möglichst exakt bestimmt und vom Hintergrund abgegrenzt werden können. In der Studie wurden deshalb die Sanger- (BigDye® Terminator v1.1) und Minisequenzierung (SNaPshot™) auf ihre Genauigkeit, Robustheit und Grenzen hinsichtlich der Darstellung heteroplasmatischer Positionen
überprüft. Zu diesem Zweck wurden exemplarisch Stellen der HVI (16093) und der HVII (146, 152) untersucht. Die heteroplasmatischen Positionen wurden hierfür artifiziell erzeugt. Dafür wurden mit Hilfe der Durchflusszytometrie Mischungen von Lymphozyten zweier Individuen in exakter Zellzahl erzeugt oder unterschiedliche mtDNA Sequenzen nach Klonierung in bestimmten Verhältnissen gemischt. Die Ergebnisse der Studie werden dargestellt. P117 The expression of Bcl2l1, Calpain-3 and Caspase-1 changes after single and repeated Chlorpromazine administration in mouse heart S. Sakai, K. Ikematsu, I. Nakasono Nagasaki University, School of Medicine, Legal Medicine, Nagasaki, Japan Many cases of sudden chlorpromazine (Chl) - related deaths have been identified in foren����������������������������������������������������� sic autopsies. Because Chl concentration detected in such cases is often low, identifying the cause of death can be difficult. Patients on Chl therapy exhibit cardiomyopathy. These suggested that the gene expression might change after the Chl administration. The first, we explored the expression related to JAK-STAT signaling pathway (JSSP), which has the many function such as apoptosis and anti-apoptosis in myocardium cell, HL-1 with semi-array. As the result, the expression of 27 genes including B cell lymphoma (Bcl) 2l1 changed in the cell. On basis of result, we observed Bcl2l1 expression after single and 1 - 4 week Chl administration in mouse heart. Bcl2l1 increased after the single and 1 week treatment, but decreased to baseline from 2 to 4 week. We speculated that Chl might induce apoptosis and the induction of Bcl2l1 could prevent cell death after single and 1 week treatment. As these results indicated that genes related to apoptosis including calpaines (Capn) and caspases (Casp) might change in mouse heart, we also examined that the expression level of the 3 kinds of Capns, 7 of Casps and 2 of Bcls. In these genes, Capn-3 decreased from 2 to 4 week, and Casp-1 decreased after all (single and 1 - 4 week) administrations. Capn-3 has the relation of not only apoptosis but also necrosis. The decreased Capn-3 might prevent cell death of cardiac cells after the long time (2 - 4 week) administration. Thus, we assumed that the mechanism of preventing cell death for Chl might change according to the period of the administration. Casp-1 also has inflammatory function and the decrease of Casp-1 is suspected to the decrease TNF production. Chl decreases the level of TNF which has strongl��������������������������������������������������������������� y relation to inflammatory. Therefore, Chl administration must decrease TNF level via the suppression of Casp-1. P118 The expression of phosphoinositide 3-kinase-related genes in mouse heart after the repeated methamphetamine administration A. Matsuo, K. Ikematsu, I. Nakasono Nagasaki University, School of Medicine, Legal Medicine, Nagasaki, Japan [Introduction] The concentration of methamphetamine (MA) in the blood is measured to determine the cause of death in case of MA-related death on forensic autopsy. As a low concentration of MA is detected in MA-related death case, it is sometimes difficult to identify to the cause of death. MA abusers often exhibit various cardiovascular diseases, such as cardiac hypertrophy, and the mechanisms have not been elucidated. Since we previously reported that the immediately early genes expression in mouse heart changed after a repeated MA administration, we assumed that the repeated MA administration might alter some gene expressions in mouse heart. JAK-STAT signaling pathway (JSSP) has concern with various functions in the cell. In this study, we examined that the level of 88 genes related to JSSP after 4 week MA administration with a semiarray method. [Materials and Methods] The animals in the experimental and matched control groups were injected once daily with MA or saline, respectively, for 4 week. Four mice in each of these groups were sacrificed at 30 min after the last MA administration. We compared the difference of the JSSP-related 88 genes between MA and saline in mouse heart. Tsc2 is Rechtsmedizin 4 · 2010
| 365
Abstracts inactivated by the genes which increased in semiarray analysis. And we also checked Tsc2 expression. [Results and Discussion] Cntfr and Pik3r1 mRNA increased in mouse heart after the repeated MA administration. These genes relate to phosphoinositide 3-kinase pathway (PI3KP). Tsc2, which was inactivated by the activation of PI3KP, decreased after the repeated MA treatment. Therefore, we assumed that the repeated MA administration might accelerate the PI3KP function. Many researchers reported that the acceleration of PI3KP induced cardiac hypertrophy. We also assumed that the development of cardiac hypertrophy in MA abusers might be associated with the PI3KP activation. P119 Vaterschaftsanalysen bei Kohlmeisen - auch Meisen haben Kuckuckskinder M. Poetsch, E. Bähnisch, F. Ludescher Universitätsklinikum Essen, Institut für Rechtsmedizin, Essen, Deutschland Singvögel - und so auch die Kohlmeise - galten über eine lange Zeit als ausgesprochen monogam, doch erste DNA-Analysen mit Hilfe von DNA-Fingerprinting konnten Ende der 90er Jahre zeigen, dass bei vielen Singvogelarten eine mehr oder weniger hohe Anzahl an Jungtieren nicht vom fütternden Männchen abstammt. Über die Gründe und die Voraussetzungen für das Fremdgehen der Kohlmeisen, das häufig auf die Initiative der Weibchen zurückgeht, gibt es verschiedene Theorien, von denen einige in der vorliegenden Studie überprüft werden sollten. In die Studie einbezogen wurden insgesamt 1109 Kohlmeisen aus 179 Familien von drei unterschiedlichen Stadtteilen in Essen, denen in den Jahren 2001 bis 2009 Blut abgenommen wurde. Die DNA aller Tiere wurde in mindestens neun verschiedenen STRs mit unterschiedlich hoher Aussagekraft analysiert. Die Ergebnisse der Vaterschaftsanalysen - in Korrelation zu der Lebensraumqualität und dem Grad der Parasitierung - werden vorgestellt. P120 Doppelstreifige Hautschürfung: Variante einer Stockschlagverletzung M. Große Perdekamp, A. Thierauf, T. Rost, S. Pollak Institut für Rechtsmedizin, Freiburg, Deutschland Vor einem Amtsgericht wurde gegen einen 25-jährigen Mann wegen gefährlicher Körperverletzung verhandelt. Der Täter wurde beschuldigt, sein Opfer (männlich, 28 Jahre) durch einen Schlag gegen den Kopf verletzt zu haben. Das Opfer gab vor Gericht an, dass der Täter einen Teleskop-Schlagstock verwendet habe. Die erlittene Kopfverletzung habe geblutet, außerdem habe das Opfer zum Zeitpunkt des Schlages eine Kopfbedeckung („Feldmütze“) getragen. Auf polizeilichen Lichtbildaufnahmen des Opfers war im Bereich der Scheitelhöhe eine doppelstreifige Hautschürfung zu erkennen. Durch experimentelle Untersuchungen mit einem Kopfmodell und einer vergleichbaren Kopfbedeckung konnte die Entstehung einer doppelstreifigen Schürfungsverletzung rekonstruiert werden. Der Täter wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 17 Monaten verurteilt. P121 Kindesmisshandlung und juristische Konsequenzen K. Trübner, S. Barz, T. Bajanowski Universitätsklinikum Essen, Institut für Rechtsmedizin, Essen, Deutschland Ziel der Arbeit war es, die im Institut für Rechtsmedizin Essen begutachteten Verdachtsfälle von Kindesmisshandlungen aus den Jahren 19972008 hinsichtlich ihrer juristischen Konsequenzen auszuwerten. In 107 Fällen waren 71 Jungen und 36 Mädchen im Alter von 0 - 16 Jahren untersucht worden, davon waren allein 30 % Säuglinge im Alter bis zu 6 Monaten. Es wurde ersichtlich, dass die meisten Misshandlungen durch Täter aus der Familie (92 der Fälle, 86 %) stattfanden.
366 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
Nach rechtsmedizinischer Untersuchung bestätigte sich der Verdacht einer Kindesmisshandlung in 93 Fällen (87 %). Ein dringender Tatverdacht war in 75 Fällen gegeben und ein möglicher Verdacht wurde in 18 Fällen ausgesprochen. Immerhin 5 Kindesmisshandlungen endeten tödlich. In 14 Fällen konnte ein Verdacht ausgeschlossen werden. Von 93 Fällen wurde in 47 Fällen (51 %) eine Anklage erhoben. In 34 Fällen (37 %) wurden die Verfahren wieder eingestellt, in 12 nach und in 22 Fällen vor Erstellung einer Anklageschrift. 30 Angeklagte (32 %) wurden zu einer Strafe verurteilt, 3 Angeklagte wurden freigesprochen. In 23 Fällen fehlen Informationen über den weiteren Ausgang des juristischen Verfahrens, bei 3 % (n=3) erfolgte gar keine Anzeige. Das Strafmaß reichte von einer Geldstrafe bis zu 7 Jahren Haft und Sicherheitsverwahrung. Schwierigkeiten bereitete nicht nur der sichere Tatnachweis sondern vor allem der Nachweis der Täterschaft, was dann gelegentlich zur konsekutiven Einstellung der Verfahren führte. P122 Klinisch forensische Untersuchungsergebnisse und Gerichts urteile bei körperlicher Kindesmisshandlung Y. Meyer, S. Bode-Jänisch, G. Schroeder, D. Günther, A.S. Debertin Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Rechtsmedizin, Hannover, Deutschland Die klinisch-forensische Untersuchung bei Verdacht auf das Vorliegen einer körperlichen Kindesmisshandlung stellt einen Tätigkeitsbereich rechtsmedizinischer Institute dar. Die in den Jahren 1999 bis 2008 im Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover erhobenen Befunde wurden retrospektiv ausgewertet und im Hinblick auf die rechtlichen Folgen analysiert. Insgesamt wurden 192 Kinder (85 Mädchen, 107 Jungen) mit einem mittleren Alter von 4,4 Jahren begutachtet. Bei 47 Kindern (24,5 %) wurden die Untersuchungsergebnisse als akzidentelle Verletzungen, Geburts traumen oder Normalbefunde gewertet. 20,0 % der misshandelten Kinder hatten Schütteltraumata erlitten. 14 Opfer (9,7 %) wiesen Würgemale oder Drosselmarken auf. Frakturen konnten bei 18,6 % der Geschädigten gefunden werden. 11,7 % der Verletzungen wurden als akut und 24,1 % als potentiell lebensbedrohlich eingestuft. Von den 145 durch die Polizei in Auftrag gegebenen Fällen war eine Einsichtnahme beziehungsweise Auskunftsmitteilung der staatsanwaltlichen Ermittlungs- und Prozessakten in 71 Fällen (49,0 %) möglich. In nur 31 Fällen (43,7 %) wurde der Angeklagte verurteilt. Verurteilungen erfolgten häufiger in Fällen, in denen die Geschädigten zwischen 7 und 11 Jahre alt waren. Zusammengefasst zeigt die Auswertung, dass Verurteilungen nur in einem Teil der körperlichen Kindesmisshandlungsfälle erfolgen. Gefängnisstrafen von zwei Jahren und länger kamen nur in Fällen vor, in denen das Kind potentiell oder akut lebensbedrohliche Verletzungen erlitten hat und in Fällen, in denen zusätzlich diagnostische anogenitale Verletzungen als Indikator für das Vorliegen eines sexuellen Kindesmissbrauchs gefunden werden konnten. P123 Kindesmisshandlung mit tödlichen Folgen in Bratislava und Trnava Landkreis (Slowakei) J. Sikuta1, J. Sidlo1, H. Sidlova2, R. Kuruc1, P. Ocko1 1Comenius Universität und Amt für die Aufsicht über die Gesundheitsfürsorge , Institut für Rechtsmedizin, Bratislava, Slovakai 2Slovakische Gesundheits-Universität und Cytopathos GmbH, Institut für Pathologie, Bratislava, Slovakai Einführung: Die Misshandlung, der Missbrauch und die Vernachlässigung von Kindern - CAN syndrom (Child Abuse and Neglect) - ist eine der größten Gefahren für das Kind, die zum Tod führen können. Das Ziel dieser Studie war eine retrospektive Analyse von solchen Todesfällen in Bratislava und Trnava durchzuführen. Methoden: Die Obduktionsberichte des Institutes für Rechtsmedizin der Medizinischen Fakultät der Comenius Universität und des Institutes für die Aufsicht über die Gesundheitsfürsorge in Bratislava wurden in einem 10-jährigen Zeitraum (1999 - 2008) hinsichtlich des Auftretens
von tödlichen Kindesmisshandlungsfällen im Alter von 0 - 14 Jahren ausgewertet. Ergebnisse: Im Studienzeitraum wurden von den 10 771 obduzierten Fällen 156 Todesfälle in dem relevanten Alter erforscht - das stellt von allen Fällen 1,45 % dar. Davon wiederum entsprechen 8 Fälle (5,13%) der allgemeinen Definition des CAN-Syndroms. Es handelte sich um 2 Fälle einer Kindestötung durch die Mutter, 2 Fälle eines erweiterten Suizids durch ein Elternteil, 3 tödliche Misshandlungsfälle und einen Todesfall durch Vernachlässigung. Schlussfolgerung: Die niedrige Anzahl der erforschten Todesfälle weist darauf hin, dass das Vorkommen des CAN Syndroms mit seinen tödlichen Folgerungen von sozialen und ökonomischen Bedingungen und von der demografischen Bevölkerungsstruktur abhängig ist. Weitere 29 Todesfälle (18,6%), bei denen Zusammenhang mit dem CAN-Syndrom diskutabel ist, wurden darüberhinaus festgestellt. P124 Domestic violence. Typical pattern of traumatic lesions in a Romanian population G.C. Curca, S. Hostiuc, O. Buda Institutul national de medicina legala, Bucuresti, vitan barzesti, Rumänien Introduction: Domestic violence, one of the most severe and difficult to manage form of violence against the women, has in every country a specific pattern regarding its incidence, pattern of traumatic lesions, traumatic and non-traumatic consequences. Materials and methods: We analyzed the pattern of traumatic lesions in four hundred ninety-three clinical medical legal reports from domestic violence victims. We analyzed the pattern of traumatic lesions according to various factors like socio-economic status, time to presentation, costs, etc. Results and conclusions: The most frequent location of traumatic lesions is the head (almost 70%). Although people with low socioeconomic status are more often affected the difference is not as high as in other countries. Sexual violence is very rare as are severe traumatic lesions. P125 Traditioneller Ritus oder Folter? Ein Beitrag zur Differentialdiagnose von Folterspuren Z. Voigt1, 2, E. Hassler1,2, N.-B. Tamegger-Jelinek2, M. Pavlic1,3, E. Scheurer1, 2, K. Yen1, 2 1Ludwig Boltzmann Institut, Klinisch-Forensische Bildgebung, Graz, Österreich 2Medizinische Universität Graz, Gerichtsmedizinisches Institut Graz, Graz, Österreich 3Institut für Gerichtliche Medizin, Innsbruck, Österreich Die Entscheidung zwischen Fremd- und Selbstverletzung gehört zu den alltäglichen Fragen, die dem Rechtsmediziner gestellt werden. Nicht immer ist die Beantwortung dieser Frage so einfach, wie es zunächst scheint. Im Rahmen der forensischen Altersschätzung gaben einige muslimische Asylwerber auffällige Narbenmuster am Rücken als eine Folge von Folter an. Nach ausführlicher Recherche konnten diese Befunde religiöser Selbstgeißelung zugeordnet werden. Die Schiiten betrauern jährlich beim Ashura Fest den Tod des Imams Hussain. Die Gläubigen schlagen sich dabei mit einem Zanjeer-Zani (einer aus 5 Ketten bestehenden Geißel, die am Ende mit Messern bestückt ist) auf den nackten Rücken, um dafür Buße zu tun, dass sie den Imam im Kampf nicht haben retten können. Das morphologische Verletzungsmuster zeigt hierbei charakteristische Merkmale der Selbstverletzung wie gleichförmige Gestaltung, jedoch an auf den ersten Blick selbst kaum erreichbaren Körperregionen. Die vorgestellten Verletzungsbefunde können dazu beitragen, bei angeblichen Folterspuren auch die differentialdiagnostische Möglichkeit einer religiös motivierten Selbstverletzung in Betracht zu ziehen und zu erkennen.
P126 Risikofaktoren für die Inzidenz des WAD (Whiplash Associated Disorder) - Unterschiede zwischen Mann und Frau? S. Schick, K. Thorsteinsdottir, S. Horion, W. Hell Institut für Rechtsmedizin, Biomechanik und Unfallforschung, München, Deutschland Für das EU-Projekt ADSEAT „Adaptive Seat to reduce neck injuries for female and male occupants“ wurde ein Literaturreview durchgeführt um Determinanten für das anscheinend für Frauen höhere Risiko für Whiplash Associated Disorders nach Verkehrsunfällen zu bestimmen. Fragestellung: Gibt es für Frauen und Männer unterschiedliche Risikofaktoren aus den Bereichen Anthropometrie, Fahrzeug, Sitz, Kollision, Sitzhaltung sowie Fahraufgabe für die Inzidenz eines WAD? Methode: Die Literaturrecherche in PubMed (http://www.ncbi.nlm. nih.gov/pubmed) führte zu 249 Artikeln. Darüber hinaus wurden Referenzen nachverfolgt und Konferenzbände (Ircobi u.a.) technische Paper (SAE) sowie eine freie Suche (Schlagworte wie „Whiplash“, „risk“ u.ä.) miteinbezogen. Ergebnisse: Folgende Faktoren sind unabhängig voneinander mit einem höheren Risiko von WAD assoziiert: Geschlecht (weiblich), Alter (von 20 bis 50 Jahren), Anamnese (chronische Nackenbeschwerden), Körpergröße (größere Personen), Fahrzeug (Kleinwagen), Sitz (ohne Anti-Whiplash System), Sitzlehne (nicht nachgebende Sitzlehne), Kopfstützeneinstellung (tief), Kopfstützenabstand (mehr als 8 cm zum Hinterkopf), Kopfhaltung (nach links oder rechts gewendet), Kollisionsrichtung (Heckaufprall), Fahrsituation (an einer Kreuzung). Das Risiko für WAD ist für Frauen für jeden Risikofaktor höher als das für Männer. Zusammenfassung: In der Literatur lässt sich kein deutlicher Unterschied im Risikoprofil für Frauen und Männer für die HWS-Distorsion finden. P127 Die operierte Schussverletzung - wohin mit den fallrelevanten Asservaten? J. Manhart, F. Zack, J. Rummel, A. Büttner Universität Rostock, Institut für Rechtsmedizin, Rostock, Deutschland Vor dem Hintergrund der Begutachtung eines Jagdunfalles aus Mecklenburg-Vorpommern vor dem zuständigen Amtsgericht, bei dem das Opfer trotz Notoperationen aufgrund der Schussverletzungen gestorben ist, stellt sich aus medizinischer Sicht die Frage, wie am sachdienlichsten mit Asservaten von operierten Schussverletzungen umzugehen ist. Im vorgestellten Fall wurden die Wundexzidate (Einschuss/ Ausschuss) von den Chirurgen ohne Fragestellung an das zuständige Institut für Pathologie gesandt, welches ohne Anfertigung von Fotoaufnahmen histologische Schnitte fertigte, durch die rechtsrelevante Fragen nicht (mehr) beantwortet werden konnten. Deshalb wurde ein Fragebogen an 29 Kliniken mit chirurgischen Einrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern verschickt. Die anonymisierte Auswertung des „IST-Standes“ aus 25 regionalen Kliniken wird vorgestellt und Empfehlungen für die Spurensicherung im klinischen Bereich werden gegeben. P128 Stalking unter Verwendung von Flusssäure T. Hollmann1, B. Rießelmann2 1HWR, Fachbereich 5 Polizei und Sicherheitsmanagement, Berlin, Deutschland 2Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin, Berlin, Deutschland Stalking bezeichnet definitionsgemäß das beabsichtigte und wiederholte Verfolgen und Belästigen eines Menschen, so dass dessen Sicherheit bedroht und seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt werden. Das Spektrum reicht von Beleidigung, Nötigung, Bedrohung, Sachbeschädigung. Körperverletzung bis hin zu Tötung. Nicht selten sind die psychischen und physischen Auswirkungen von Stalking sehr
Rechtsmedizin 4 · 2010
| 367
Abstracts weitreichend. Seit 2007 wird Stalking unter Verwendung des § 238 StGB Nachstellung verfolgt. Wir werden über einen ungewöhnlichen Fall aus Berlin berichten, bei dem eine Frau im Rahmen eines Stalker-Angriffs durch Flusssäure verletzt wurde. Es werden Besonderheiten im Zusammenhang mit der Aufklärung des Falles unter Berücksichtigung der Stoffeigenschaften der Flusssäure vorgestellt. Aufgrund der eindeutigen Beweislage wurde der Stalker rechtskräftig zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt. P129 Rechtsmedizinische Diagnosestellung bei der körperlichen Untersuchung und Befunde der Obduktion bei 2 Fällen von Botulismus in einer Familie K. Jachau1, W. Kuchheuser1, T. Beringer2 1Institut für Rechtsmedizin, Forensische Medizin, Magdeburg, Deutschland 2Salutas Pharma , Mikrobiologie, Barleben, Deutschland Botulismus bezeichnet eine Vergiftung durch Neurotoxine des Bakteriums Clostridium botulinum. In Deutschland treten jährlich etwa 14 Fälle auf. Aufgrund eines klinisch bestehenden lebensbedrohlichem Zustandes und nicht bekannter Diagnose bei einer 43-jährigen und dem Tod ihrer Tochter bei nicht bekannter Todesursache in einem anderen Krankenhaus sollte eine rechtsmedizinische Untersuchung der Mutter erfolgen. Die körperliche Untersuchung blieb bis auf eine beidseitige Mydriasis und bilaterale Ptosis unauffällig. Anamnestisch waren Doppelbilder vermerkt, eine Intubation gelang nur unter Schwierigkeiten. Erst durch die Rechtsmedizin erfolgte 4 Tage nach Klinikaufnahme die Nachfrage über Angehörige nach aufgenommenen Speisen. Sowohl die Mutter als auch die Tochter hatten eingelegten Fisch verzehrt. Basierend auf diesen Befunden wurde durch die Rechtsmedizin der Verdacht eines Botulismus geäußert und eine Therapie mit Botulinum-Antitoxin angeregt. Der Nachweis des Botulismus gelang im Tierversuch. Die verstorbene Tochter wurde 2 Tage nach Todeseintritt obduziert. Es fanden sich neben Einblutungen im Lungenüberzug eine Schwellung der Kehlkopfschleimhaut, eine weitgehende Zuschwellung des Kehlkopfeingangs und Einblutungen im Posticus. Der Botulismusnachweis in Stuhl, Mageninhalt und Serum verlief negativ. In den Resten des Fisches wurde Botulismustoxin der Gruppe E nachgewiesen. Als Todesursache wurde eine Atemlähmung infolge der Einwirkung von Botulismustoxin festgestellt. P130 Entwicklung eines anatomisch angepassten ballistischen Schädelmodells L. Hagemeier1, C. Schyma1, A. Kostyra2, M. Klein3, B. Madea1 1Universitätsklinikum Bonn, Institut für Rechtsmedizin, Bonn, Deutschland 2Kosta Rendering, Hannover, Deutschland 3CNC Speedform AG, Werther, Deutschland Das derzeit am häufigsten genutzte ballistische Schädelmodell nach Kneubuehl ist im Vergleich zum anatomischen Schädel sehr einfach aufgebaut. Es entspricht einer Kunststoffhohlkugel aus Polyurethan mit konstanter Wanddicke, die entweder aus zwei verklebten Halbkugeln besteht oder (optional) aus einem Stück gefertigt wird. Der menschliche Schädel weist demgegenüber regional unterschiedliche Knochenstärken auf. Ein weiterer deutlicher Unterschied ist die innere Architektur des Hirnschädels, bei dem sich die Schädelbasis in vordere, mittlere und hintere Schädelgrube, Türkensattel und Felsenbeine gliedert. Beim Vergleich der Beschädigungen des herkömmlichen ballistischen Schädelmodells mit autoptischen Schussverletzungen, insbesondere der Schädelbasis wird die Notwendigkeit der Anpassung des einfachen Kugelmodells an die komplexe Schädelanatomie erkennbar. Die entsprechenden Entwicklungsschritte zum anatomisch angepassten Schädelmodell werden vorgestellt.
368 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
P131 Auf die Brust gezielt - in den Rücken getroffen W.-D. Zech, S. Axmann, L. Siegenthaler, B. Kneubühl, M. Thali Institut für Rechtsmedizin, Forensische Medizin / Virtopsy, Bern, Schweiz Fragestellung: Schussverletzungen im Rücken, insbesondere im Rahmen polizeilicher Maßnahmen, können den Vorwurf des ungerechtfertigten Schusswaffengebrauches aufkommen lassen. Eine Schussverletzung im Rücken sollte jedoch nicht automatisch zur Annahme eines gezielten Rückenschusses führen. In einer früheren Studie wurde postuliert, dass der Rumpf schneller gedreht werden kann, als eine Schussabgabe möglich ist und daher ein auf die Körpervorderseite gezielter Schuss auch den Rücken treffen kann, wenn der Rumpf im Moment der Schussabgabe gedreht wird. Wir überprüften diese Feststellung auf ihre Richtigkeit, indem wir die Drehgeschwindigkeiten von Testpersonen mit einer Hochgeschwindigkeitskamera maßen und mit den Reaktionszeiten für eine Schussabgabe verglichen. Methoden: 7 Männer und 5 Frauen zwischen 24 und 55 Jahren drehten ihren Rumpf so schnell wie möglich um 180°. Mittels einer Hochgeschwindigkeitskamera und einem Rumpfgurt, welcher mit Winkelmarkierungen versehen war, wurden die Drehgeschwindigkeiten für 45°, 90°, 135° und 180° ermittelt und mit den bekannten Reaktionszeiten für eine Schussabgabe verglichen. Ergebnisse: Sowohl Männer als auch Frauen können ihren Rumpf um 180° innerhalb des Zeitintervalls drehen, welches für eine Schussabgabe notwendig ist. Schlussfolgerung: Auf die Körpervorderseite gezielte Schüsse können auch den Rücken treffen, wenn eine schnelle Rumpfdrehung während der Schussabgabe erfolgt. Diese Feststellung muss auch für andere Handfeuer- oder Wurfwaffen (z.B. Bogen oder Messer) gelten. P132 Tödliche Neugierde - Unglücksfall durch Hantieren an einem „Schießkugelschreiber“ T. Hollmann1, M. Tsokos2 1HWR, Fachbereich 5 Polizei und Sicherheitsmanagement, Berlin, Deutschland 2Zentrum für Rechtsmedizin, Berlin, Deutschland Schusstodesfälle durch Schießapparate müssen in der Rechtsmedizin eher selten bearbeiten werden. Es soll ein Fall beschrieben werden, bei dem eine Frau offenbar beim Suchen in der Nachtischschublade des Lebensgefährten an einem kugelschreiberähnlichen Gegenstand einen Schuss auslöste. Das Projektil drang durch ihr rechtes Auge oberflächlich in das Gehirn, verlief dann zwischen Gehirn und Dura und konnte dem Sinus sagittalis entnommen werden. Die Frau verstarb trotz Reanimation an den Folgen einer ausgeprägten Luftembolie. Die kriminalistischen Besonderheiten und rechtsmedizinische Befunde werden dargestellt. P133 Erweiterter Suizid mittels Schusswaffe - Fallstudie eines ungewöhnlichen Sektionsbefundes - mehrere Stunden überlebte Herzzerreißung? C. Dinges, R. Penning, O. Peschel Institut für Rechtsmedizin München, Deutschland Penetrierende Herzverletzungen können, abhängig von Art und Intensität des Traumas bzw. der Ausdehnung der Gewebszerstörung, meist nur sehr kurze Zeit überlebt werden. Hier soll über einen Fall berichtet werden, in dem trotz großer Herzverletzungen noch nach mehreren Stunden Lebenszeichen festgestellt wurden. Die 63 Jahre alte gewordene Frau E. sei in der Nacht von ihrem Ehemann röchelnd, nicht ansprechbar im Bett aufgefunden worden, neben ihr ein Abschiedsbrief mit Ankündigung eines Tablettensuizides. Der Mann habe daher beschlossen, seine Frau aus dieser Situation zu erlösen und sich selbst danach zu suizidieren. Die Polizei fand die Ehefrau noch le-
bend im Bett der Wohnung mit zwei Brustdurchschüssen (Kaliber 9 mm Parabellum). Sie sei sofort ins Krankenhaus verbracht worden und dort vier Stunden nach der Auffindung verstorben. Bei der Obduktion fand sich u.a. ein Durchschuss des linken Lungenunterlappens und eine Aufreißung des Herzbeutels flächenhaft nach links mit einer fetzigen, schlitzförmigen, 1,5 cm messenden Aufreißung der linken Herzkammerwand, im Herzbeutel lediglich ein blutiger Film, in der linken Brusthöhle ca. 500 ml hellrötliches Blut. Der Austritt des Projektils lag neben der Wirbelsäule, auf Höhe der achten/neunten Rippe. Der zweite Schuss führte zu Verletzungen des linken Leberlappens, des Magens, der Milz und des linken Nierenlagers. Die Verletzungen werden in Verbindung mit den Zeugenaussagen und den klinischen Untersuchungsergebnissen diskutiert. P134 Handlungsfähigkeit nach zweifachem Bolzenschuss in den Kopf - eine Kasuistik A. Dettling1, C. Jung2, I. Pedal1, H.-T. Haffner1 1Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin, Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 2Universität Heidelberg, Neurochirurgische Klinik, Heidelberg, Deutschland Kopfschutzverletzungen führen in der Regel zu Handlungsunfähigkeit. Vorgestellt wird der Fall eines 35 Jahre alten Mannes, der sich in suizidaler Absicht zunächst Schnittverletzungen am linken Handgelenk beugeseitig mit Durchtrennung der Arteria radialis gesetzt hatte. Anschließend hatte er sich mit einem Bolzenschussgerät zwei Kopfverletzungen zugefügt: eine in Stirnmitte (ca. 9 cm tief, bis ca. 3 cm im Durchmesser) mit Zerstörung der medialen basalen Frontallappenanteile beidseits bei jedoch unversehrtem Chiasma opticum, die zweite am Hinterkopf links mit ausgedehnter Zerstörung des linken Okzipitalpols bis etwa auf Höhe der Basalganglien, mit Eröffnung des Tentorium cerebelli links und oberflächlichen Rindendefekten der linken Kleinhirnhemisphäre. Todesursächlich war ein protrahiertes Schockgeschehen bei Kopfschüssen und erheblichem Blutverlust. Die Leiche war auf dem Bett im Schlafzimmer liegend aufgefunden worden. Der Bolzenschussapparat hatte im angrenzenden Wohnzimmer neben einer dort befindlichen Couch gelegen. An den Fußsohlen der Leiche waren beidseits Blutantragungen feststellbar gewesen. Trotz der beiden schwerwiegenden Schädel-Hirn-Verletzungen musste offensichtlich zumindest in soweit Handlungsfähigkeit gegeben gewesen sein, dass eine Fortbewegung von einem Zimmer ins andere möglich war. P135 Auswirkungen unterschiedlich langer präpupaler Phasen auf die Gesamtentwicklung der forensisch relevanten Schmeißfliege Lucilia sericata M. Mai, J. Amendt Institut für Rechtsmedizin Frankfurt, Forensische Biologie / Entomologie, Frankfurt, Deutschland Schmeißfliegenmaden verlassen in der Regel nach der Nahrungsaufnahme die Leiche, um sich zu verpuppen. Diese so genannte präpupale (post-feeding) Phase kann unterschiedlich lange dauern und hinsichtlich des damit verbundenen Aufwands variieren. Für die Dauer dieser Phase sind unter anderem Eigenschaften des Leichenfundortes von Bedeutung: Die Larve bevorzugt für die Durchführung der Metamorphose eine lichtgeschützte Umgebung und investiert gegebenenfalls Zeit, um solch einen Ort zu erreichen. Die Studie untersuchte bei 25°C die Auswirkung energieaufwändiger Abläufe während der präpupalen Phase auf die Entwicklung von Lucilia sericata, einer der häufigsten Schmeißfliegenarten Deutschlands. Einer Kontrollgruppe wurde sofort nach Abschluss der larvalen Phase ein Verpuppungssubstrat angeboten, drei weiteren Gruppen nach 12, 24 und 48 Stunden. Lediglich die sich 48 Stunden auf der Suche nach einem Verpuppungsmedium befindlichen Maden zeigten eine signifikant (xquer=17,5h) längere Gesamtentwicklung im Vergleich zur Kontrollgruppe. Eine Änderung der Mortalität wurde nicht festgestellt. Die Imagines
waren jedoch signifikant kleiner, was den steigenden Energieverbrauch widerspiegelt. Dies zeigt, dass ungünstige Verhältnisse am Leichenfundort (z.B. ein trockener Boden im Freiland oder glatte Oberflächen in Wohnungen) während der präpupalen Phase zu einer Verlängerung der Gesamtentwicklung führen können und bei der Interpretation der entomologischen Befunde berücksichtigt werden sollten. P136 Einfluss von Konkurrenz auf die Entwicklung von Lucilia sericata S. Henze, J. Amendt Institut für Rechtsmedizin, Forensische Biologie, Frankfurt, Deutschland Die forensische Entomologie nutzt die Besiedlung einer Leiche durch Insekten zur Bestimmung der minimalen Leichenliegezeit. Diese entspricht dem Alter der an der Leiche vorgefundenen Insektenstadien, welches mit Hilfe von im Labor erhobenen Referenzwerten bestimmt wird. Der Einfluss von natürlichen Schwankungen und biologischen Parametern auf diese Daten ist bisher nicht ausgiebig untersucht worden. In der vorliegenden Studie wurden die Larvenstadien der forensisch relevanten Schmeißfliege Lucilia sericata in verschiedenen Konstellationen einer Konkurrenzsituation ausgesetzt. Während der Versuche wurden Länge und Gewicht der Maden und Puppen erfasst sowie Entwicklungsdauer und Mortalität protokolliert und mit den Daten von Kontrollgruppen verglichen. In den verschiedenen Versuchen kam es zu einer Mortalität von bis zu 50 % und einem circa 24 Stunden früheren Eintreten des Schlupfzeitpunktes (verglichen mit den Kontrolldaten). Auch die larvale und pupale Längen- und Gewichtsentwicklung wich von denen der unbeeinflussten Kontrollgruppen ab. Diese Ergebnisse zeigen die Notwendigkeit, bei der Erhebung von für die spätere Alterbestimmung von Insekten herangezogenen Referenzwerten nicht nur die Temperatur- und Artabhängigkeit der Entwicklung zu berücksichtigen, sondern weitere unter natürlichen Bedingungen eventuell relevante Parameter, wie z.B. Konkurrenzsituationen, in die Laborstudien einzubauen. P137 Influence of cadaver burial on insect colonisation and development L. Geduld1,2, J. Amendt1 1Institut für Rechtsmedizin, Forensische Entomologie, Frankfurt am Main, Deutschland 2University of Amsterdam, Forensic Science, Amsterdam, Deutschland Knowledge about insects on buried cadavers is still scanty and disputed. Moreover, great discrepancies can arise when development times of insects, calculated for bodies placed on the surface in the open, are used for time of death estimations on a buried body. Therefore, the main goal of this project was to determine the influence of burial on both, colonization as on the development of insects. In the main experiment 15 rats were buried in depth of 10cm (separately) in the woods, at the same date and time, and excavated after different periods of time: two, four and six weeks. This was done to create a list of species associated with burial and therefore their possible relevance in forensic entomology for estimating minimum time since death. Two major families of flies were observed: Sarcophagidae and Muscidae, the biology of the species will be described. The sub experiments were mainly focused on the development of forensic relevant fly species: Calliphora vicina and Lucilia sericata, which might be helpful in the case of a delayed burial of a body which was colonized prior to burial. In one of the sub experiments it was observed that after hatching, L. sericata larvae would actively burrow to reach the bait; up to a depth of 9cm. For C. vicina it was shown that the development were strongly dependent on both temperature change and burial.
Rechtsmedizin 4 · 2010
| 369
Abstracts P138 Anwendung unterschiedlicher statistischer Methoden zur Auswertung von Entwicklungsdaten der forensisch relevanten Schmeißfliege Calliphora vicina M. Baqué, J. Amendt Institut für Rechtsmedizin, Forensische Biologie/Entomologie, Frankfurt am Main, Deutschland Die forensische Entomologie macht sich den nekrophagen Insektenbefall einer Leiche zur Eingrenzung des postmortalen Intervalls zu Nutze. Die wichtigste Methode ist hierbei die Altersbestimmung der juvenilen Stadien, wobei vor allem die erstbesiedelnden Schmeißfliegen eine wichtige Rolle spielen. Umgebungstemperatur und Artzugehörigkeit stellen für die Entwicklung der Individuen maßgebliche Parameter dar, die bei der Berechnung Berücksichtigung finden müssen. Bereits existierende Untersuchungen liefern zwar zahlreiche Referenzwerte für die Entwicklungsgeschwindigkeit, die Validität dieser Daten ist allerdings oft mit nur inadäquaten statistischen Methoden überprüft worden. Da das Wachstum der Schmeißfliegen nur über einen geringen Entwicklungszeitraum linear verläuft, liefern die zumeist angewandten linearen Modelle keine ausreichende Verlässlichkeit: Die Darstellung der Entwicklungsgeschwindigkeiten als eine lineare Funktion aus der Umgebungstemperatur kann somit zu einer fehlerhaften Altersbestimmung der Individuen und Berechnung der minimalen Leichenliegezeit führen. In der vorliegenden Studie wurde aus diesem Grund ein bereits bestehender Datensatz aus einer Entwicklungsstudie der forensisch relevanten Schmeißfliege Calliphora vicina verschiedenen statistischen Methoden unterzogen, um Unterschiede in den ermittelten Regressionsparametern deutlich zu machen und deren Auswirkung auf die Ermittlung von Wachstumsraten aufzuzeigen. Es zeigte sich, dass sowohl die lineare Regression als auch ein generalisiertes additives Modell aufgrund bestehender Abhängigkeiten falsche Regressionsparameter lieferten. Erst mit einem sogenannten Additive Mixed Model konnten Parameter bestimmt werden, die den Datensatz adäquat wiedergeben. Die Bedeutung dieser Studie für die forensisch-entomologische Praxis wird diskutiert. P139 Die Identifikation nicht identifizierter Leichen in der gerichtsmedizinischen Praxis - Retrospektive Analyse A. Stanojevic, V. Zivkovic, D. Alempijevic Universität Belgrad, Institut für Rechtsmedizin „Milovan Milovanovic“, Belgrad, Serbien Unser Ziel war es, in einer retrospektiven Studie festzustellen, ob die bisher angewandten Identifikationsmethoden ausreichend wirksam sind und gegebenenfalls neue zusätzliche Maßnahmen zu entwickeln. Innerhalb eines achtjährigen Zeitraumes (2001 - 2008) wurden alle Untersuchungen zu zunächst unbekannten Leichen in unserem Institut dahingehend ausgewertet, welche Methoden der Identifizierung angewendet wurden und welche Erfolgsrate diese Maßnahmen hatten. Im analysierten Zeitraum kam man zu dem Ergebnis, dass etwa ein Drittel aller nicht identifizierter Leichen durch eine detaillierte Beschreibung identifiziert wurden: Anhand des Geschlechts (37,6%), des Alters (37,1%), der Körperlänge (36,1%), der Agnostifizierung (Erkennung) (36,2%) und anhand bekannter Kleidung (32,3%). In 32 Fällen konnte die Identifizierung anhand eines DNA- Vergleichs zwischen dem DNA- Profil der Leiche mit dem DNA- Profil der Verwandten der vermissten Personen erfolgen. Schlussfolgerung: Durch unsere Forschung haben wir dargelegt, dass die simultane Anwendung mehrerer Identifikationsmethoden, statistisch gesehen, erheblich zur positiven Identifikation beiträgt. Unsere Studie hat gezeigt, dass die in unserem Institut angewandten Methoden zur Identifikation in den meisten Fällen eine Klärung der Identität ermöglichte. Die Anwendung mehrerer Methoden hat die Identifizierungsrate statistisch gesehen erheblich erhöht.
370 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
P140 Zum Splitterverhalten von Trinkgläsern M. Bohnert1, V. Sterzik1, B. Kneubuehl2 1Universitätsklinikum Freiburg, Institut für Rechtsmedizin, Freiburg, Deutschland 2Universität Bern, Institut für Rechtsmedizin, Bern, Schweiz Bei einem Schlag gegen den Kopf mit einem Trinkglas kann dieses brechen und es kann zusätzlich zu Verletzungen durch Glassplitter kommen. Um das Verletzungspotential von zerbrechenden Trinkgläsern zu untersuchen, wurden verschiedene Glastypen gegen einen Modellschädel geschlagen und das Splitterverhalten mit einer Hochgeschwindigkeitskamera dokumentiert. Es zeigte sich, dass die Gläser vor allem dann brechen, wenn sie mit dem Rand aufkommen. Die Größe der Splitter ist dabei abhängig von der Wucht des Schlages. Die Splitter können wenige Meter weit fliegen, haben dabei aber wegen ihrer geringen Energie kein Verletzungspotential. Die Gefahr perforierender Verletzungen durch weitere Schläge mit bereits zersplitterten Gläsern ist ungleich höher als durch umherfliegende Splitter bei einem singulären Schlag. P141 Zur Biomechanik des Maßkrugschlags J. Adamec, H. Muggenthaler, E. Schuller, M. Graw Institut für Rechtsmedizin, Biomechanik, München, Deutschland Fragestellung: Verletzungen nach Schlägen mit einem Maßkrug gelten allgemein eher als eine Seltenheit, in München treten sie jedoch - insbesondere in Verbindung mit dem Oktoberfest - mit einer gewissen Regelmäßigkeit auf. Die hier präsentierte Studie sollte Erkenntnisse dazu bringen, ob diese spezifische Form der körperlichen Gewalt grundsätzlich eine das Leben gefährdende Behandlung darstellt. Methoden: Eine Serie von Labormessungen wurde mit fabrikneuen Maßkrügen (Masse 1,3 kg) durchgeführt. Bei Schlägen auf einen Schädel, eine Schädelkalotte sowie auf eine Holzplatte mit Ausholbewegung über den Kopf wurde die Kontaktkraft (als Bodenreaktionskraft) sowie Geschwindigkeiten des Maßkrugs gemessen. Ergebnisse: Neue intakte Maßkrüge zerbrachen selbst bei intensiven Schlägen (Aufprallgeschwindigkeit von mehr als 8 m/s) mit einer auftretenden Kontaktkraft von über 8 kN nicht. Diese Kraftwerte übersteigen dabei die in der Literatur vorhandenen Toleranzgrenzen des menschlichen Schädels. Eine Analyse der uns bekannten Fälle mit Verletzungen, die aus realen Maßkrugschlägen resultieren, führte jedoch zu der Erkenntnis, dass bei Maßkrugschlägen häufig das Schlagwerkzeug zerbricht und eine knöcherne Schädelverletzung nicht vorliegt. Dieser Widerspruch kann dadurch erklärt werden, dass gebrauchte Gläser eine im Vergleich zu den neuen eine deutlich reduzierte Festigkeit aufweisen. Schlussfolgerungen: Ein intensiver Schlag mit einem Maßkrug kann eine das Leben gefährdende Behandlung darstellen, die Festigkeit gebrauchter Maßkrüge ist jedoch häufig geringer als die des menschlichen Schädels. P142 Finite-Elemente-Modellierung der menschlichen Tibia für die computergestützte Unfallrekonstruktion Z. Asgharpour, N. Choisel, S. Doerfel, S. Peldschus, M. Graw Inst.f.Rechtsmedizin, Biomechanik, München, Deutschland Ein Verständnis des mechanischen Verhaltens von Knochen bis zur Fraktur ist bei Verkehrsunfällen von wesentlichem Interesse. Die meisten Studien gibt es in der Literatur zum quasi-statischen Verhalten. In der vorliegenden Studie wurde ein Finite-Elemente-Modell der Tibia verwendet, um Validierungen unter verschiedenen dynamischen Dehnraten durchzuführen. Mechanische Eigenschaften von Knochen wurden über eine umfangreiche Literaturrecherche ermittelt. Die Tibia unterliegt einer Belastung durch einen zylindrischen Impaktor. Drei Modelle der Tibia wurden dabei entwickelt: Zwei dieser Modelle zur Optimierung der quasi-statischen Bedingungen für kortikalen Knochen
mit verschieden Dicken und das dritte Modell für dynamische Belastungen. Verglichen werden für die Validierung die Kontaktkräfte während quasi-statischer und dynamischer Belastung in Versuch und Simulation. Die Belastungsgeschwindigkeit wurde in einem breiten Bereich variiert. Die Ergebnisse aus der Simulation und Experiment zeigen gute Übereinstimmung für quasistatische wie auch für dynamische Belastung. Das Verfahren zur Validierung der Tibia wird im nächsten Schritt auf andere Knochen (Ulna, Radius) übertragen. Langfristig soll dies die detaillierte computergestützte Rekonstruktion von Unfällen und dafür relevanten Verletzungsmechanismen erlauben. P143 Simulation von Pkw-Motorrad-Kollisionen mit Starrkörpermodellen G. Kavadarli, I. Symeonidis, S. Peldschus, E. Schuller, M. Graw Institut für Rechtsmedizin / LMU, Biomechanik, München, Deutschland Die Simulation von Anprallvorgängen mit Hilfe von Mehrkörpermodellen, die für Kollisionen zwischen PKW standardmäßig verwendet wird, soll in diesem Beitrag auf ihre Tauglichkeit zur Untersuchung von PKW-Motorrad-Kollisionen überprüft werden. Das Münchner Institut für Rechtsmedizin arbeitet zusammen mit der Universität Florenz an Simulationen für eine bestimmte Art von Motorrad-Unfällen. Die Arbeit konzentriert sich auf die Unfallart 413 nach der ISO-Norm 13232, in der der vordere Teil des aufrechten Motorrads die Seitentür eines Autos trifft. Ein von der DEKRA durchgeführter Crash-Test ist verwendet worden, um die Simulation zu validieren. Im Test hat ein Motorrad einen stehenden PKW mit einer Geschwindigkeit von 48,5 km/h angestoßen. Das Software-Paket MADYMO wird für die Simulation verwendet. Der Fahrer wird durch ein Hybrid-III-Dummy-Modell repräsentiert. Neben der Kinematik des Zweirads und des Dummys werden die Ergebnisse des Kopfverletzungskriteriums HIC und der max. Kopf-Beschleunigung als Zielgrößen in der Validierung verwendet. Nach der Validierung wird die Simulation auf reale Unfälle des gleichen Typs angewendet. Die Simulation wird mit veränderten Geschwindigkeiten durchgeführt, um die Änderungen des HIC und der max. KopfBeschleunigungswerte zu analysieren. Die Sensitivität der Simulation ist als kritischer Faktor für ihre Anwendbarkeit zu sehen. Ein Vergleich zwischen MADYMO- und PC-Crash-Simulationen soll Grenzen der Anwendbarkeit für Motorradunfälle zeigen. P144 Der letzte Sturz eines Stuntman D.R. Schillaci Universität Mailand-Bicocca, Chirurgische Wissenschaften, Rechtsmedizin, Monza, Italien Einleitung-Fragestellung: Es gibt Jobs die traumhaft scheinen und anstatt nach Beruf mehr nach Vergnügen aussehen, aber jeder Arbeitsbereich hat seine Risikofaktoren und die Unversehrtheit der Arbeiter soll immer in Vordergrund stehen. Methoden: Es wird über einen Arbeitsunfall eines Stuntman berichtet, der am Set einer Fernsehserie schwer verletzt wurde. Der erfahrene Stuntman sollte einen Bauarbeiterunfall, mit einem 6-Meter-Sturz, von einem Hausgerüst inszenieren, aber nach dem Sturz lag er im Koma auf der Luftmatratze mit heftiger Mund- und Nasenblutung. Zwei Teams hatten Schutzelemente - Luftmatratze und Hausgerüstteile aus Plastik- und Weichmaterial - ausgelegt. Nicht beherrschbar war dann der hämorrhagische Schock und ein Hirntod wurde festgestellt. Ergebnisse: Nach der Organspende wurde durch die Obduktion ein schweres Schädel-Hirn-Trauma festgestellt: im parietalen Kopfbereich eine Platzwunde (L: 5cm) mit darunterliegender Impressionsfraktur, Diastase der Sutura sagittalis und lokaler Zerreißung der harten Hirnhaut, komplexe Basisfraktur und Hirntrauma. Schlussfolgerungen: Die retrospektive Rekonstruktion, um eine korrekte Unfallverantwortung zu erkennen, hat Dank der Obduktionsbefunde, der Dreharbeit und des Zuschauervideos, die falsch positionierte
Luftmatratze als letale Bedingung identifiziert, selbst wenn beim fehlerhaften Sturz der Kopf einen heftigen Stoß gegen ein Metallteil des Gerüstes erlitten hatte. P145 Der Untote von Bergholz-Rehbrücke - ein deutsch-deutscher Kriminalfall in mehreren Akten J.S. Stadie1, G. Hinsche2, W. Mattig2 1Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Institut für Rechtsmedizin, Lübeck, Deutschland 2Brandenburgisches Landesinstitut für Rechtsmedizin, Potsdam, Deutschland März 1985: In Bergholz-Rehbrücke, einer Ortschaft südlich von Potsdam, verschwindet der angesehene und als lebenslustig geltende Arzt Dr. Siegfried B., Leiter der Landespoliklinik, scheinbar spurlos. Schnell verbreiteten sich Gerüchte, die Staatssicherheit habe Siegfried B. als Mitwisser ihrer Folterpraktiken „beseitigen“ wollen. Aufwändige Suchmassnahmen, auch unter Einsatz von Leichenspürhunden, erbringen keinen Hinweis auf den Verbleib von Siegfried B. Mai 2007: Auf dem Dachboden eines alten, jetzt vorwiegend als Garage genutzten Pferdestalles auf dem Grundstück der Witwe B. wird der weitgehend skelettierte Leichnam eines männlichen Erwachsenen aufgefunden. Er ist mit einer grünen Wolldecke zugedeckt, der Kopf ruht auf einem kleinen Kissen. Die in der Bekleidung aufgefundenen Ausweispapiere sind ausgestellt auf den Namen Dr. Siegfried B.. Neben dem Leichnam finden sich im Stroh des ehemaligen Taubenschlages eine leere Schnapsflasche, zwei Trinkgläser und ein kleiner Metalllöffel mit weißlichen Antragungen. Der Fall wird im Hinblick auf die Umstände der Leichenauffindung, die zur Identifikation führenden Untersuchungen und die Ergebnisse der chemisch-toxikologischen Analysen, die eine Aussage zur möglichen Todesursache erlaubten, dargestellt. P146 Der genagelte menschliche Schädel von Langenfeld/Rheinland P. Pieper Rechtsmedizin am UKD, Forensische Archäologie etc., Düsseldorf, Deutschland Bei Ausschachtungsarbeiten in Langenfeld/Rheinland förderte der Bagger am 16.04.1964 einen menschlichen Schädel mit noch darin steckendem, ca. 48 cm langem Nagel zutage. Dieser wurde von dem Mainzer Anthropologen Winfried Henke ab 1979 untersucht, als hyperfeminin klassifiziert und 1981 publiziert. Seit Ende Juni 2007 nun unternahm und veranlasste der Autor neue Untersuchungen zu diesem in seiner Art bisher einzigartig gebliebenen Fund, nämlich eine Radiocarbondatierung (Universität Kiel), eine Bestimmung der DNA (Universität Göttingen), eine Untersuchung des textilen Beifundes (FHS Köln) und eine Analyse der stabilen (Sr-) Isotope (Universität München). Die bisherigen Ergebnisse sollen hier erstmalig vorgetragen werden. P147 Amoklauf eines „Wissenschaftlers“ S. Heide, M. Kleiber, D. Stiller, C. Richter Martin-Luther-Universität Halle, Institut für Rechtsmedizin, Halle, Deutschland Ein 54-jähriger Südafrikaner, der sich selbst als international agierender Wissenschaftler ausgab, hatte sich in ein ländliches Domizil in SachsenAnhalt zurückgezogen und lebte dort mit seiner Lebensgefährtin und deren Tochter. Nach Scheitern der Beziehung war die Frau mit dem Kind in das Nachbarhaus zu einem befreundeten Ehepaar gezogen. Wenige Wochen später zerschlug der ehemalige Lebensgefährte mit einer Axt die Tür dieses Einfamilienhauses und kündigte an, alle umbringen zu wollen.
Rechtsmedizin 4 · 2010
| 371
Abstracts Der Tochter gelang es sich zu verstecken. Demgegenüber erlitten ihre Mutter und das Ehepaar zahlreiche Schläge mit der Axt und einem Stuhlbein, die vom deutlich alkoholisierten Täter überwiegend gegen den Kopf geführt worden waren. Im Krankenhaus erfolgte eine rechtsmedizinische Untersuchung aller drei Opfer, die die Axthiebe ohne schwerwiegende Folgen überlebten. In der Hauptverhandlung bemühte sich der Angeklagte immer wieder die Erörterung vom eigentlichen Tatgeschehen auf andere Aspekte zu verlagern. So betonte er, dass er den drei Opfern durch seine bahnbrechenden Erfindungen auch sehr geholfen habe. Beispielsweise habe er eine Art Perpetuum mobile entwickelt und die richtigen Lottozahlen mit Hilfe der Bibel und molekulargenetischer Methoden vorausgesagt. Es wird über die rechtsmedizinische und psychiatrische Begutachtung berichtet. P148 Der Beitrag deutscher und österreichischer Ärzte zur Entwicklung der Rechtsmedizin an der Universität Kasan, Russland, im 19. Jahrhundert V. Spiridonov1, E. Ehrlich2 1Regionalbüro für Rechtsmedizin der Republik Tatarstan, Russland, Kasan, Russland 2Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin Berlin, Somatik, Berlin, Deutschland Durch Erlass des russischen Zaren Alexander I. wurde im Jahr 1804 die Universität Kasan gegründet. Wegen eines akuten Mangels an Dozenten und Professoren wurden europaweit Wissenschaftler gesucht, die die entsprechenden Lehrstühle organisieren und leiten sollten. Einer der ersten, die dem Ruf nach Kasan folgten, war Prof. Dr. I. O. Braun, Absolvent der Universität Wien. Er gründete den Lehrstuhl für Anatomie, Physiologie und gerichtsärztliche Wissenschaft und organisierte von 1807 bis 1817 in einer Prosektur die ersten Obduktionen für Studierende. 1813 wurde er zum Rektor gewählt und hatte dieses Amt bis 1819 inne. In den Jahren 1826-1828 wurde die Rechtsmedizin in Kasan durch Dr. Karl Fuchs gelehrt. Er hatte in Göttingen und Marburg studiert. Er unterrichtete auch Pathologie, Therapie und Klinik und war nicht nur Dozent an der Universität, sondern auch ein leidenschaftlicher praktizierender Arzt, der sehr schnell breite Anerkennung unter Tataren und Russen in Kasan fand. Noch heute kann man an den Ufern der Wolga sein Denkmal besichtigen, das einzige Denkmal in Russland, das zu Ehren eines Rechtsmediziners erbaut wurde. Von 1838 an unterrichtete Prof. Dr. G. I. Blosfeld, Absolvent der Berliner Humboldt-Universität, 27 Jahre lang Rechtsmedizin in Kasan. Er schrieb unter anderem auch das erste Lehrbuch der Rechtsmedizin für Juristen in Russland. Deutschsprachige Rechtsmediziner haben in Kasan die Entwicklung unseres Faches seit Anfang des 19. Jahrhunderts stark beeinflusst. P149 Todesursachenstatistik der Stadt Tula, Russland, aus den Jahren 1981-99 als Spiegel der Perestroika S. Shulgin Regionalbüro der Rechtsmedizin, Tula, Russland, Tula, Russland Die dramatische Umgestaltung der Sowjetunion, die ab Mitte der 80er Jahre von Michail Gorbatschow eingeleitet wurde, hat ihre Spuren auch in der Todesursachenstatistik hinterlassen. Analysiert wurden die Obduktionsfälle des städtischen rechtsmedizinischen Institutes Tula, einer alten Provinzstadt im europäischen Teil von Russland mit einer halben Million Einwohnern. Vergleicht man die Sterblichkeitsraten aus den Jahren 1982 bis 1999 (1982 - 12,3; 1987 - 11,6; 1992 - 15,8; 1994 - 20,5; 1999 - 20,3, pro 10.000 Einwohner), so zeigt sich hier ein starker Anstieg in den 90er Jahren. Praktisch die gleiche Veränderung zeigt die Häufigkeit der tödlichen Ethanolvergiftungen (1982 - 2,06; 1987 - 1,57; 1992 - 5,04; 1994 - 8,47; 1999 - 7,23). Die kleine Delle nach unten in der statistischen Kurve im Jahre 1987 ist durch die Einführung einer staatlichen Antialkoholkampagne zu erklä-
372 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
ren. Neben der Anzahl der tödlichen Vergiftungen durch Trinkalkohole stieg in der Mitte der 90er Jahre vor allem die Zahl der tödlichen Schussverletzungen (1982 - 0,19; 1987 - 0,09; 1992 - 0,48; 1994 - 0,80; 1999 - 0,33) und der tödlichen scharfen Gewalt deutlich an (1982 - 0,73; 1987 - 0,49; 1992 - 1,79; 1994 - 2,19; 1999 - 1,55). Mittlerweile kehren in der Todesursachenstatistik die Zahlen aus dem Bereich der nicht natürlichen Todesarten allmählich wieder auf das Niveau der Jahre vor Beginn der Perestroika zurück.
Autorenregister Aciu, F. P88 Ackermann, K. V113 Adamec, J. V4, P141 Albalooshi, Y. P1, P4 Albermann, M.E. V69 Albrecht, K. V 51, V151 Albrecht, U.-V. V117, V125 Alempijevic, D. P139 Alkamiri, F. P2 Amagliani, A. V41 Amendt, J. V136, V139, P135, P136, P137, P138 Ampanozi, G. V26, V27, V28, V40, P53, P56, P57, P58, P61, P62, P66 Anders, S. V121, V122 Andersen, M.M. V86 Andresen, H. P47, P87 Anslinger, K. P113 Apelt, U. V64 Arnold, R. P47 Aronshtam, Y. V84 Aschenbroich, K. P64 Asgharpour, Z. P142 Aspinall, L. V90 Augsburger, M. V68, V72 Augustin, C. P108 Auwärter, V. V11, V17, V46, P101 Axmann, S. V6, P131 Bähnisch, E. P119 Bahra, M. P36 Bajanowski, T. V87, V111, P121 Balitzki, B. V63 Ballantyne, K.N. V113 Banaschak, S. V79, V106 Banger, M. V69 Baqué, M. P138 Bär, W. P72, P80 Bartels, H. V55 Bartsch, C. V80, P5, P6, P13, P26 Bartschat, S. V145 Barz, S. P121 Bass, A. P75 Bassan, D.M. P102 Bauer, M. V143 Bauer-Kreutz, R. V37 Baumgartner, M.R. V16 Bayer, B. P113 Beck, N. V55, V107 Becker, K. V79 Beer, B. V13, V47 Begemann, K. V44 Belenkaia, L. V134 Bender, K. P95 Beran, M. P21 Berendes, L. V103 Beringer, T. P129 Bertau, M. V65 Biris, D. P19 Birkholz, M. P47 Birngruber, C. P47 Birngruber, C.G. V43, P39, P71, P86 Bittorf, A. P46 Bize, P. V24 Blümke, K. V50, P47, P85 Boccardelli, G. V2 Bockholdt, B. V126, P47 Bode-Jänisch, S. V76, V105, V110, V145, P122
Böhme, P. V136 Bohnert, M. V134, P22, P140 Bolliger, S. V38, V149, P64 Bollmann, M.D. V8 Borkenstein, M. V100 Bornik, A. V31 Bosker, W. V12 Bouska, I. P21 Brachthäuser, L. P102 Brandstädter, K. P47 Bratzke, H. V56, V133, P32, P38, P44, P42, P105 Breitbeck, R. V36, V37 Breitmeier, D. V51, V151, P7, P10 Breitweg, M. V128 Bremicker, K. V1, V143 Brewer, W.E. P92 Brode, V. V1 Bruguier, C. P75 Buck, U. V36, V37, V149 Buda, O. P88, P124 Budczies, J. P36 Buettner, A. V98 Bumbel, S. V98 Burger, R. V44 Büttner, A. P3, P8, P46, P47, P127 Bux, R. V78, P42, P44 Caliebe, A. V61, V94 Campana, L. V36, V37 Capatina, C. P9, P17, P48 Ceausu, M. P17 Cecchetto, G. V2, V41 Cecchi, R. V2 Choisel, N. P70, P142 Chowaniec, C. V129 Courts, C. V62 Curca, G.C. P15, P16, P17, P88, P124 Czölder, J. V14 Dawes, D. V85 Debertin, A.S. V76, V105, V106, V117, P122 Delia, M. V142 Denkert, C. P36 Dermengiu, D. P15, P16, P17, P88 Dermengiu, S. P15, P16 Dettling, A. P134 Dettmeyer, R. V95, P24, P94, P102 Di Vella, G. V152 Dietel, M. P36 Dinges, C. P3, P82, P133 Dirnhofer, R. V22 Dislere, A. P40 Dittmann, V. V3, V82 Doberentz, E. V9, V69, P1, P2, P4, P18 Doenz, F. V22 Doerfel, S. P142 Dolp, S. V143 Dominguez, A. V22, V24, P55, P75 Dorner, B.G. P102 Douzis, I. P11 Dragoteanu, C. P48 Dresen, S. V17, V46 Dreßler, J. V1, V5, V143, P12, P23, P28, P90, P104, P106, P109 Drobnik, S. P34
Druid, H. V71 Dumser, T. V77, P103 Ebert, L.C. V20, P61, P64, P66 Edelmann, J. P106, P108 Edler, C. P43 Egger, C. V24 Eguchi, K. P65 Ehrlich, E. P89, P148 Eichner, S. V128 Eidam, J. V120 Ekkernkamp, A. V126 El-Koussy, M. V28 Erb, R. V47 Erdmann, F. P86, P94, P102 Erglis, A. P20 Fais, P. V41 Fasold, M. V1 Fazekas, F. P60 Feltrin, G.P. V41 Ferrara, S.D. V41 Fiebig, M. V59 Fieguth, A. V51, V76, V110, V145 Fieseler, S. V84 Filograna, L. P53, P64 Fischer, F.T. V128, P68, P70 Flach, P. V27, V28, P50, P53, P57, P59, P62 Flaig, B. P38, P42, P44 Fliss, B. V83, P5 Flössel, U. V81 Foditsch, E.E. P49 Foster, F.D. P92 Fournier, B. V141 Fracasso, T. V74 Frank, M. V126 Franke, H. V1, V143 Franzelius, C. P91 Fremdt, H. V139 Friedemann, M. V44 Friedrich, K. V79, P95 Friedrich-Koch, A. V80 Friesen, C. V144, V146 Fritz, K. V35 Funayama, K. P52 Furter, M. P62 Furukawa, S. P54 Gahr, B. V103 Galetovic, A.Z. V119 Ganulevics, Z. P40 Garbe-Immel, J. P92 Gatev, T. P41 Gauthier, S. V80 Gazemba, M. P41 Gedon, H. V128 Geduld, L. P137 Gerlach, K. V3 Germerott, T. V27, V28, V108, P53, P61, P62, P64 Geserick, G. V99 Gherman, D. P19 Giraudo, C. V41 Gläser, N. V38, V149 Gnann, H. V66 Goeckenjan, M. V109 Rechtsmedizin 4 · 2010
| 373
Autorenregister Gorun, G. P88 Gotsmy, W. V26, P73 Gottzein, A. P98 Grabarz, M.J. V39 Grabherr, S. V22, V24, P75 Gradl, S. V52 Graefe, A. P104 Graß, H. V103 Grassl, K. V73 Grauss, G. P20, P40 Graw, A. P37 Graw, M. V4, V49, V84, V128, V150, P37, P68, P70, P82, P141, P142, P143 Greif-Higer, G. V67 Grellner, W. P93 Grommek, K. P113 Grosche, J. P104 Große Perdekamp, M. V70, P25, P101, P120 Grossenbacher, R. V63 Grupe, G. V49 Gruppe, G. V89 Gulinski, S. V140 Günther, D. V76, V105, P122 Guth, H. P103 Gygax, E. V22 Haffner, H.-T. P134 Hagemeier, L. P30, P130 Hahn, A. V44 Hahnemann, J. V133 Hammer, U. V98 Hara, K. P29 Harder, M. V58, V61, V93 Hasegawa, C. P52 Hassler, E. V35, P125 Hatch, G.M. V20, V26, V27, V28, V40, P50, P53, P57, P58, P59, P61, P66, P73, P74 Hatz, D. V147 Hausmann, R. V3, V63, V82 Häussermann, B. V125 Havermann, R. V110 Hecser, L. P19 Heese, P. V69 Heide, S. V50, P45, P69, P147 Heimbold, C. V88 Heinemann, A. V23, V29, V118, P67 Heinke, D.H. V115 Hell, W. P70, P126 Hellbernd, H. V104 Hempel, J.-M. V4 Henske, B. P114 Henze, S. P136 Herbstreit, F. V18 Hering, S. P108 Hess, C. V45, P97 Hilger, R.A. V18 Hinsche, G. P145 Ho, J. V85 Hoffmann, K. V54 Höhn, A. V90 Höller, J. V34 Hollmann, T. P128, P132 Horion, S. P126 Hormann, I. V144, V146 Hostiuc, S. P9, P15, P16, P17, P48, P124 Hubalek, M. V47 Huber, G. P107 Hubig, M. V131, V132 Hussein, K. P7 Hußer-Bollmann, D. P106
374 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
Ikematsu, K. P33, P117, P118 Immel, U.-D. P112 Ingravallo, G. V142 Ippisch, J. V52 Isahai, I. P52 Ishida, Y. V112, V148 Ishikawa, T. P25, P31, P63 Isobe, E. P52 Iwersen-Bergmann, S. P87 Jablonski, C. V129 Jachau, K. V55, P47, P129 Jackowski, C. V25, P72, P80 Jeggev, L. V63 Jopp, E. V49 Jübner, M. P95 Juhnke, C. V78 Jung, C. P134 Jung, H. P19 Jungen, H. P87 Jungmann, L. P14 Jurek, T. P79 Käferstein, H. P88 Kaiser, C. V133 Kalus, U. P43 Kammal, M. V23, P51 Kamphausen, T. V58, V87 Kamphues, C. P36 Kanngießer, J. V51 Karpisz, D. V42 Kashiwagi, M. P29 Kauert, G.F. V12 Kauferstein, S. V56, P105 Kaufmann, T. V67, V124 Kavadarli, G. P143 Kawaguchi, M. V112, V148 Kayser, M. V113 Keil, W. V15 Keller, A. V73 Keller, T. V73 Keller-Sutter, M. V114 Kellinghaus, M. V123 Kempf, J. V70 Ketterer, M. V117 Kettner, M. V7, V14, V130, P32, P77, P78 Kharbouche, H. V68 Kiechl-Kohlendorfer, U. V111 Kiefer, C. V28 Kiehne, N. V56, P105 Kießling, G. V54 Kimmritz, A.-C. P36 Kimura, A. V112, V148 Kirchhoff, S. P68 Kirschbaum, K.M. P99 Kirsten, D. V49 Kleiber, M. P45, P69, P112, P147 Klein, H.-H. V78 Klein, M. P130 Klein, R. V109, P116 Kleindorp, R. V94 Klintschar, M. V10, V88, V117, P10, P47, P93 Kneisel, S. V11, V17 Kneubuehl, B. V6, V149, P131, P140 Knieriem, U. V29 Kobek, M. V129 Kock, S. P8 Kohl, M. P109 Köhler, C. V146
Köhler, H. V48, V74 Köhler, K. P102 Köhnemann, S. V59, V64, V89 Kolencherry, T.V. P39 Kolev, Y. P41 Kondo, T. V112, V148 Könemann, J. V145 Kosciuk, J. P79 Kostyra, A. P130 Köthe, A. V54 Kovacs, P. P112 Kowalski, P. V42 Kraemer, T. V16 Krähenbühl, M. P73 Krause, H.A. P100 Krause, M. V1, V143 Krause-Kyora, B. V61, V93 Krauskopf, A. V32, V33, V100 Krebs, N. P60 Kremer, J. V10 Kreutz, K. V43, P39, P71 Kroneis, T. V92 Krückeberg, J. V125 Krüger, C. P114 Krüll, R. P86, P102 Kubo, S.-I. P29 Kuchelmeister, K. P30 Kuchheuser, W. V55, P47, P129 Kumazawa, T. P52 Kuninaka, Y. V112, V148 Kuntz, V. V147 Kunz, S. V84, V85, V128, P3, P82 Küpper, U. V18 Kuruc, R. V53, P123 Laberke, P.J. V3, V63, V82 Lachenmeier, D.W. V65 Lagoudaki, E. P11 Länger, F. P10 Langkammer, C. P60 Larsch, K.-P. P7, P10 Leinzinger, E.P. V92 Lerch, O. P92 Lerche, K. P104 Lessig, R. V90, P12, P23, P28, P106, P109 Libiseller, K. V13 Liehr, A.W. V134 Lindner, D. P12 Lochner, S. P37, P68, P70 Löffler, S. P104 Löw, J. V109 Ludescher, F. P119 Lutz-Bonengel, S. V91, P107, P116 Madea, B. V9, V18, V45, V62, V69, V75, V127, V135, V140, P1, P2, P4, P18, P27, P30, P47, P97, P98, P99, P130, Maeda, H. P25, P31, P63 Mähler, A. V144, V146 Mai, M. P135 Mai, V. V4 Maksymowicz, K. P79 Mall, G. V131, V132, V137, V138, P34, P115 Malt, S. V65 Mangin, P. V8, V22, V24, V68, P75 Manhart, J. P8, P46, P127 Manthei, A. V128 Mark, H. V104 Marmagen, S. V75, P27
Martin, B. P82 Martos, V. V114, P6 Marx, T. V107 Maselli, E. V152 Matei, D. P19 Matejic, D. P83, P84, P96 Mathier, S. P59, P76 Matsuo, A. P118 Matsusue, A. P29 Matthies, H.K. V125 Mattig, W. P145 Mattis, P. V54 Mayr, B. P100 Meraner, V. V47 Metasch, R. V65 Meuli, R. V24 Meyer, H. V44 Meyer, R. V29 Meyer, T. P43 Meyer, Y. P122 Michalodimitrakis, M. V153, P11 Michiue, T. P25, P31, P63 Miltner, E. V109, V144, V146 Miner, J.R. V85 Miura, M. P65 Miyaishi, S. P65 Miyazato, T. P25, P31 Moeller, M.R. V12 Moghaddam, N. P37 Monticelli, F.C. P49 Montisci, M. V41 Mosiman, P. V24 Moskala, A. V39 Muggenthaler, H. V131, V132, P34, P141 Müller, A. P87 Müller, M. V122 Murase, T. P33 Musshoff, F. V18, V45, V52, V69, P97, P98, P99 Mützel, E. V103, P3 Nadjem, H. P101 Nagy, M. P114 Nakasono, I. P33, P117, P118 Nastainczyk, M. P106 Nathena, D. V153, P11 Näther, S. V36, V37 Naue, J. P116 Navarro-Crummenauer, B. V147 Nebel, A. V61, V93, V94 Nelson, R.S. V85 Nensa, F. V1 Neuberger, F. V49 Neumann, T. V56 Nevidovska, K. P20 Niederegger, S. V137, V138 Niederstätter, H. P107 Niess, C. P47 Nikolić, S. P83, P84 Nishi, K. P54 Nishiguchi, T. P63 Nosaka, M. V112, V148 Nowacka, T. P91 Nushida, H. V23, P67 Oberacher, H. V47 Oberguggenberger, A. V47 Obert, M. P39, P71 Ocko, P. V53, P123
Oehme, C. V150 Oesterhelweg, L. V40 Ondruschka, B. P12, P28 Oritani, S. P63 Ormandy, L. P93 Orozco, B.S. V85 Oswald, S. V75, P27 Palmiere, C. V72 Papadomanolakis, A. V153 Parson, W. P107 Parzeller, M. V96, P38, P42, P44 Paul, L. V15 Pavlic, M. V13, P125 Pedal, I. P134 Peldschus, S. P70, P142, P143 Pennekamp, P. V59 Penning, R. V150, P133 Peschel, O. V84, V128, P133 Peters, D. V126 Peters, F.T. V54 Petersen-Ewert, C. V122 Petrovic, A. V32, V33 Pfannkoch, E.A. P92 Pfeiffer, H. V48, V59, V64, V74, V89, V101, V123, P47 Pflugradt, R. V91 Philipp, K.-P. V126 Pieper, P. P146 Pietsch, J. P47 Plattner, S. V47 Plenzig, S. V7 Poetsch, M. V58, V87, V94, P119 Pollak, S. P14, P22, P25, P47, P107, P120 Polywka, S. P43 Potente, S. V7, V130, P32, P77, P78 Preiss, U. V26, V27, V73, V108 Preuße-Prange, A. V57, V58 Pruß, A. P43 Pufal, E. P91 Pukrop, T. V122 Püschel, K. V49, V121, P65 Racina, J. P40 Radoinova, D. P41 Radu, D. P88 Raffelsbauer, G. P47 Ramaekers, J.G. V12 Ramsthaler, F. V7, V14, V43, V102, V130, P32, P39, P71, P77, P78 Ratinieks, J. P40 Raupach, T. V122 Reibe, S. V135, V140 Reiser, M. P68 Renneberg, R. V61, V64, V93, V94 Revyakina, O. V58 Richter, C. V50, P45, P69, P147 Riener-Hofer, R. V97 Rienmüller, R. V35 Riepert, T. V120, V124, V147 Rießelmann, B. P89, P96, P128 Riße, M. P24 Ritz-Timme, S. V103 Robben, C. P99 Rochholz, G. P91 Röcker, T. P24 Roewer, L. V86 Roggo, A. V38 Rogler, M. P103
Röhrich, E. P72, P80 Romanelli, M.C. V142 Römhild, W. V65 Ropele, S. P60 Roscher, M. V144, V146 Roscher, S. P96 Ross, S. V21, V27, V28, P50, P53, P57, P59, P76 Rost, T. P14, P120 Roth, N. V11 Rothschild, M.A. V79, V90, P95, P105 Rozane, S. P40, P110 Ruder, T.D. V26, V27, V28, V38, V40, P50, P53, P56, P57, P58, P59, P61, P62, P64, P66, P73 Rummel, J. P127 Rust, K.Y. V16 Rusu, M.C. P16, P17 Rygol, K. V129 Rzepecka-Wozniak, E. V39 Sabatasso, S. V72 Sabule, A. P40, P110 Sachs, H. V15 Sakai, S. P117 Sakurai, T. P63 Sanft, J. P111, P115 Sänger, A.M. P49 Sänger, T. V91, P107, P116 Sauerland, C. V74 Scarpatetti, M. P60 Schadendorf, D. V87 Schäfer, A. V123 Scheurer, E. V31, V32, V33, V34, V35, V97, V100, P60, P125 Schiborr, M. V101 Schick, P. V97 Schick, S. P70, P126 Schillaci, D.R. P144 Schlenger, R. V103 Schlenz, K. V65 Schmeling, A. V74, V99, V101, V123 Schmidt, A. V76, V145 Schmidt, P. V7, V14, V130, P77 Schmidt, S. V101 Schmidt, Ulrike V91, P14, P108 Schmidt, Uwe V81 Schmidt-Gann, G. V92 Schneider, B. V24 Schneider, K. V12 Scholman, H.-J. P36 Scholz, T. V61 Schönpflug, M. P34 Schöpfer, J. V4 Schrag, B. V8 Schramek Zatler, S. P81 Schreiber, S. V94 Schröder, A.-S. P43 Schrodt, M. P77 Schroeder, G. P122 Schrot, M. V23 Schubert, B. V47 Schuh, P. V35 Schuller, E. P141, P143 Schultis, H.-W. V52 Schulz, K. V65 Schulz, R. V101, V123 Schulz, Y. V51, P7, P10 Schumann, S. V89 Schürenkamp, J. V48 Schütz, H. P86 Rechtsmedizin 4 · 2010
| 375
Abstracts Schwagmeyer, C. V151 Schwark, T. V57, V58, V93, V94 Schweitzer, W. V25, V114, P72, P80 Schyma, C. V9, V127, P2, P18, P130 Seliger, U. V55 Shadymov, A.B. P35 Shulgin, S. P149 Sidlo, J. V53, P123 Sidlova, H. V53, P123 Siegenthaler, L. V6, V149, P74, P131 Siegmund, S. V5 Sikuta, J. V53, P123 Simeoni, E. V57 Sinicina, I. V15, V131, V132 Skopp, G. V66 Śliwka, K. P91 Solarino, B. V142, V152 Sollberger, B. V22 Sorantin, E. V100 Spanoudaki, E. V153, P11 Sperhake, J.P. V121, V122 Spieß, R. V138 Spiridonov, V. P148 Sporkert, F. V66, V68, V72 Stadie, J.S. P145 Staffa, K. V1 Stanojevic, A. P139 Staub, C. V68 Steger, B. V22 Stein, K.M. V109 Stenzinger, A. P36 Sterzik, V. V134, P140 Stiller, D. V50, V81, P45, P69, P85, P147 Stoiber, W. P49 Stollberger, R. V32, V33 Strien, J. P111, P115 Ströse, A. V59 Stumvoll, M. P112 Sugimura, T. P29 Sykutera, M. P91 Symeonidis, I. P70, P143 Szelecz, I. V141 Szibor, R. V55, P47, P108 Tamegger-Jelinek, N.-B. V100, P125 Tattoli, L. V142, V152 Terranova, C. V2 Teske, J. V10, V51 Teteris, O. P20 Thali, M. V19, V20, V21, V26, V27, V28, V36, V37, V38, V40, V73, V108, V149, P50, P53, P56, P57, P58, P59, P61, P62, P64, P66, P73, P74, P76, P131 Thannhaeuser-Wojcik, A. P79 Theunissen, E.L. V12 Thiele, K. P109 Thierauf, A. V66, V70, P22, P101, P120 Thomas, G. P82 Thorsteinsdottir, K. P126 Tie, J. P52 Tischkov, S. P89 Toennes, S.W. V12, V14, V119 Tönjes, A. P112 Tränkler, H.R. V84 Trauer, H. P90 Trübner, K. P19, P121 Tsikas, A. V153 Tsokos, M. V83, V142, P89, P96, P132 Türk, E. V116 Tüxen, K. V58
376 |
Rechtsmedizin 4 · 2010
Uchigasaki, S. P52 Ückert, S. V151 Uhr, M. V149 Urban, R. V67, V120, V124, V147 Urschler, M. V31, V34 Vamze, J. P20 Vaucher, P. V8, V24 Vennemann, M. V89, V111 Verhoff, M.A. V43, V102, P32, P39, P71, P86 Viel, G. V41 Virtopsy Team V19 Vissoultcheva, D. V124 Vogel, E.E. V85 Vogel, H. V23, V29, V30, P67 Voigt, S. V105 Voigt, Z. V35, P125 Voisard, M. V25 Vojacek, T. P21 Volksone, V. P40, P110 von Carnap-Bornheim, C. V93 von Wurmb-Schwark, N. V57, V58, V61, V64, V87, V93, V94 Vonlanthen, B. P13 Walek, K. V43 Wartenberg, N. V137, V138 Weber, M. V1, V143 Wechsler, J. V49 Wehner, F. P47 Weichert, W. P36 Weiler, B. P104 Weinmann, W. V46, V66, V70, P101 Weller, J.-P. V10 Wenzel, L. P23 Wenzel, V. P12, P23, P28 Wetter, G. V124 Wiegand, P. V109 Wilkemeyer, I. P43 Willuweit, S. V86 Winkler, M. V66 Wittig, H. V82 Wittschieber, D. P36 Witzel, C. V102 Wohlfarth, A. V46 Wollersen, H. P86, P94, P102 Wonhas, C. V77 Worbs, S. P102 Wöss, C. V13 Wozniak, K. V39 Wulff, B. V118, P43 Wunder, C. V12, V14, V119 Wurm, M. V13 Yen, K. V31, V32, V33, V34, V35, V97, V100, P60, P125 Yoshitome, K. P65 Zack, F. P127 Zech, W.-D. V26, P53, P74, P131 Zedler, B. P38, P42, P44 Zehner, R. V60, V136, V139 Ziegler, C. P47 Živković, V. P83, P84, P139 Zorec Karlovsek, M. P81 Zuber, S. V149