PflegeKolleg
Gekonnt lagern
Auf Hilfsmittel und Haltung achten
Arbeitsplatz Pflegebett Waschen, anziehen, Verbände wechseln, umlagern, umsetzen: Viele Tätigkeiten im Pflegealltag spielen sich am Bett ab. Wer dabei moderne Pflegebetten und weitere Hilfsmittel zur Verfügung hat und sie richtig einsetzt, entlastet den eigenen Körper. K E Y WO R DS Rückengerecht arbeiten Pflegebett Körperhaltung Lendenwirbelsäule Hilfsmittel
Physikalisch gesehen ist der menschliche Körper eine Last wie jeder Gegenstand.
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er Transfer eines zu pflegenden Menschen innerhalb des Bettes sowie hinaus und wieder hinein kann sehr hohe Druckbelastungen für die eigenen Bandscheiben verursachen. Das gerät in der Pflege oft aus dem Blick. Schließlich steht dort der Mensch mit seiner Würde und seinem Bedarf an Hilfe im Mittelpunkt. Physikalisch gesehen ist der menschliche Körper jedoch ebenso eine Last wie jeder Gegenstand. Dabei spielen nicht nur das Gewicht und dessen Verteilung eine Rolle. Wie stark die Last des menschlichen Körpers bei Transfers ausfällt, hängt beispielsweise auch davon ab, inwieweit die betreffende Person selbst dabei mithelfen kann: Wenn sie sich bei der Bewegung passiv verhält oder ihr gar entgegenwirkt, erschwert das den Transfer bereits bei relativ geringem Körpergewicht. Ebenfalls ungünstig für den Muskel-Skelett-Apparat sind bestimmte Körperhaltungen. Studien der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) und des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf (UKE) zeigen, dass unter der Vielzahl belastender Haltungen im Pflegealltag das vorgeneigte Arbeiten besonders häufig vorkommt. Am Pflegebett ergeben sich solche Oberkörperneigungen insbesondere, wenn die Arbeitshöhe nicht stimmt. Zum Hintergrund: Bei Oberkörpervorneigungen zwischen 0 und 20° ist der Druck auf die Bandscheiben noch relativ gering. Mit zunehmendem Winkel steigt die Belastung. Neigungen von über 60° sollten wegen der Höhe des Drucks auf die Bandscheiben nur selten ausgeführt werden.
Das Pflegebett als Hilfsmittel Moderne Pflegebetten bieten zusammen mit ergänzenden weiteren Hilfsmitteln Lösungen für die aufgezeigten Probleme. Dabei sind manche Funktionen von Pflegebetten eher für die Altenpflege hilfreich, andere werden überwiegend im Krankenhaus benötigt. Stand der Technik sind voll elektrisch verstellbare Modelle, bei denen die Höhe, Neigung, Rückenund Beinposition per Knopfdruck einzustellen sind.
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Eine Handbedienung für die Pflegebedürftigen fördert deren Selbstständigkeit und Sicherheit – bei Bedarf können über das Bedienelement der Pflegekraft bestimmte Funktionen gesperrt werden. Wenn man das Kopfteil hochstellt, sollte der Seitenschutz mit hochfahren, um die sitzende Person zu sichern oder den Transfer an die Bettkante zu erleichtern. Beim Wegklappen des Seitenschutzes sollte dieser unter den Lattenrost fahren, so dass die Pflegekraft genügend Platz für ihre Knie hat und die sitzende Person keinen Druck am Oberschenkel verspürt. Die Betthöhe lässt sich idealerweise zwischen 35 und 80 cm verstellen. Für Rollstuhlnutzende sowie Pflegebedürftige, die allein aus dem Bett aussteigen und besonders sturzgefährdet sind, eignen sich besonders gut sogenannte Niedrigpflegebetten. Diese sind bis auf circa 22 cm Einstiegshöhe absenkbar, lassen sich aber ebenfalls bis auf 80 cm hochfahren. Unverzichtbar ist Bodenfreiheit für Lifter und andere Hilfsmittel. Abnehmbare Kopf- und Fußteile erleichtern den Personentransfer. Hilfreich sind auch Bettverlängerungen sowie Ablagefläche für Bettzeug am Fußende. Für Krankenhausbetten ist ein Akku sinnvoll, um auch während des Transportes die elektrischen Funktionen nutzen zu können. In einigen Einsatzbereichen hat das Bett zudem eine spezielle Entriegelung am Kopfteil für eine etwaige kardiopulmonale Reanimation. Zu beachten ist immer die „Sichere Arbeitslast“, die sich je nach Bettentyp und Fabrikat unterscheidet: Sie umfasst neben dem Gewicht von Bett, Matratze, Bettgitter und Zubehör auch das des Patienten. Für bariatrische oder besonders große Menschen mit über 150 kg Körpergewicht werden größere Betten benötigt.
Das Bett richtig nutzen Regelmäßige Unterweisungen sowie ausgiebiges Ausprobieren unterstützen den routinierten Umgang mit den verschiedenen Funktionen des Pflegebetts. Beispielsweise mit der Höhenverstellung: Grundsätzlich sollte man die Arbeitshöhe so wähHeilberufe / Das Pflegemagazin
2017; 69 (9)
© (3) BGW/Werner Bartsch
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Heilberufe / Das Pflegemagazin
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— Bei Transfers in ruhigem, für die Pflegebedürftigen angemessenem Tempo vorgehen – ohne „Hauruck“ und Schwung
Weitere Hilfsmittel unverzichtbar Für den Transfer der Pflegebedürftigen innerhalb des Betts sowie hinaus und wieder hinein sind zudem weitere Hilfsmittel erforderlich. Rückengerechte und an den Ressourcen der Pflegebedürftigen orientierte Arbeitsweisen allein reichen hier nicht aus, um den Muskel-Skelett-Apparat der Pflegekräfte ausreichend zu entlasten. Die Einrichtungen sind nach der Lastenhandhabungsverordnung (LasthandhabV), die auch in der Pflege gilt, verpflichtet, geeignete technische und kleine Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. Ausführliche Informationen dazu bietet die DGUV Information 202022 „Bewegen von Menschen im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege – Hilfestellung zur Gefährdungsbeurteilung nach der Lastenhandhabungsverordnung“: www.bgw-online.de (Suche: 207-022).
Die Betthöhe lässt sich idealerweise zwischen 35 und 80cm verstellen.
Das Einstellen des Bettes beansprucht kaum Zeit.
© BGW/Florian Arvanitopoulos, Fotostudio Arva
len, dass man den Oberkörper bei der jeweiligen Tätigkeit möglichst aufrecht halten und gleichzeitig die Schultern unten lassen kann. Das geeignete Arbeitsniveau kann also von Tätigkeit zu Tätigkeit wechseln und ist dementsprechend immer wieder anzupassen. Im Forschungsprojekt von BGW und UKE wurde mit einem speziellen Messsystem die Körperhaltung von Pflegenden am Pflegebett erfasst. Für Grundpflegetätigkeiten am Bett wie Betten machen oder Patienten waschen hat sich das Arbeiten bei Matratzenoberkante auf Leistenhöhe als besonders günstig für die Rückenhaltung erwiesen (Abb. 1–3). Für Transfertätigkeiten ist dagegen meist eine geringere Arbeitshöhe besser geeignet. Denn um der Transferbewegung aus den Beinen heraus folgen zu können, geht die Pflegekraft dabei meist in eine Art Schrittstellung mit gebeugten Knien und abgesenktem Oberkörper. Das Einstellen des Bettes beansprucht übrigens kaum Zeit. Im Forschungsprojekt von BGW und UKE kamen beispielsweise bei Grundpflegetätigkeiten im Krankenhaus oder Pflegeheim im Laufe eines Frühdienstes durchschnittlich nur insgesamt drei bis fünf Minuten für das Hoch- und Herunterfahren des Bettes zusammen. Wenn das Pflegebett über eine längere Strecke bewegt werden muss, erleichtert eine arretierbare Lenkrolle das Schieben. Und am besten zu zweit arbeiten: Eine Person schiebt, die andere lenkt. Wichtig ist darüber hinaus sowohl für das belastungsarme Bewegen von Pflegebetten als auch für das ergonomische Arbeiten am Bett selbst ausreichend Platz drum herum. Zur rückengerechten Arbeitsweise am Pflegebett gehören unter anderem folgende Punkte: — Vorhandene Bewegungsressourcen der Pflegebedürftigen nutzen – den Bewegungsablauf erklären und die Betroffenen mithelfen lassen — Körpernah arbeiten, um die Hebelwirkung gering zu halten — Die eigene Ausgangsstellung an der geplanten Bewegungsrichtung ausrichten, um den Oberkörper nicht zu verdrehen — Bewegungen über eine Gewichtsverlagerung aus den Beinen begleiten
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Abb. 4: Lifter helfen am Bett, zum Beispiel beim sicheren Umlagern und Umsetzen.
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Abb. 5–9: Kleine Hilfsmittel erleichtern das Bewegen pflegebedürftiger Menschen im Bett oder hinaus und wieder hinein – unter anderem:
Zu den technischen Hilfsmitteln zählen neben dem Pflegebett selbst unter anderem Lifter (Abb. 4) zum sicheren Umlagern, Umsetzen oder Vom-BodenAufheben. Als mobile Varianten sind diese auch in der ambulanten Pflege einsetzbar.
Nicht zu unterschätzen: Kleine Hilfsmittel
Antirutschmatten
Eine Studie der BGW und des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) hat wissenschaftlich bestätigt, dass die sogenannten kleinen Hilfsmittel (Abb. 5–9) die Rückenbelastung beim Transfer pflegebedürftiger Menschen deutlich senken. Dazu zählen unter anderem folgende: Antirutschmatte: Sie gibt den Füßen Halt, wenn sich die pflegebedürftige Person mit den Fersen auf der Matratze abdrückt, um in Richtung Kopfende zu rutschen.
Gleitmatten
Gleitmatten: Sie erleichtern das Bewegen von Personen im Bett, da sie den Reibungswiderstand reduzieren. Gleitmatten in verschiedenen Ausführungen und Größen eignen sich für diverse Positionswechsel und Transfers. Bettzügel: Am Fußende befestigt hilft er dem pflegebedürftigen Menschen beim selbstständigen Aufrichten des Oberkörpers bis zum Sitzen im Bett. Die Länge lässt sich variieren.
Von den kleinen Hilfsmitteln sollte eine größere Anzahl vor Ort sein. Bettzügel
Haltegürtel: Seine Griffschlaufen ermöglichen die Unterstützung von physiologischen Bewegungsmustern (z.B. beim Aufstehen, Hinsetzen, Umsetzen). Rutschbrett: Es unterstützt einen Positionswechsel, auch wenn kleinere Höhenunterschiede oder Distanzen zu überwinden sind. Rollbrett: Dieses hilft beim Umlagern, zum Beispiel von Bett zu Bett oder zur Transporthilfe. Mit diesem Hilfsmittel muss aus Sicherheitsgründen immer zu zweit gearbeitet werden.
Haltegürtel
Von den kleinen Hilfsmitteln sollte möglichst eine größere Anzahl vor Ort vorhanden sein, so dass sie personenbezogen genutzt und arbeitsplatznah gelagert werden können. Die hygienische Aufbereitung sollte vor der Anschaffung von der Hygienefachkraft festgelegt werden. Wie bei allen Hilfsmitteln kommt es darauf an, dass man sie richtig einsetzt. Wie beim Umgang mit dem Pflegebett selbst helfen dabei Unterweisungen, Ausprobieren und Üben.
Gut beschuht am Bett Rutschbretter
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Unverzichtbar ist darüber hinaus geeignetes Schuhwerk, das beim Arbeiten am Pflegebett und auch Heilberufe / Das Pflegemagazin
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sonst im Pflegealltag den nötigen Halt gibt. Entsprechende Schuhe — sind vorn geschlossen und haben eine geschlossene, feste Fersenkappe, — haben eine gut profilierte, großflächige Auftrittssohle, — lassen sich in der Spannweite regulieren, — haben eine leichte Dämpfung im Fersenbereich, ein bequemes Fußbett und einen flachen Absatz und — bestehen aus wasserabweisendem, strapazierfähigem und pflegeleichtem Material. Mehr zu den Aspekten des rückengesunden Arbeitens in der Pflege erfahren Interessierte in der BGWBroschüre „Starker Rücken“, zu finden unter www. bgw-online.de (Suche: 07-00-000). Ilka Graupner Physiotherapeutin und Diplom-Medizinpädagogin Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) Spichernstr. 2–3, 10777 Berlin
[email protected]
Fazit für die Pflege — Elektrische Pflegebetten erleichtern rückengerechtes Arbeiten für die Pflegekräfte und das optimale Nutzen der Ressourcen der Patienten. — Der Einsatz der technischen und kleinen Hilfsmittel muss vorab ausreichend geübt werden und dann regelmäßig erfolgen. — Die richtige Arbeitshöhe am Bett hängt von der Tätigkeit ab, die dort ausgeführt wird.
Literatur bei den Autorinnen
Dr. Sonja Freitag Wissenschaftliche Mitarbeiterin Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) Pappelallee 33/35/37 22089 Hamburg
[email protected]