Aussatz
und
~yphilis.
Nach den Qaellen des B e r n a r d n s
Gordonius,
Von Dr. J. :Edmund Giintz in Dresden.
Unter dem Namen Aussatz werden offenbar verschiedene zusammengehOrige und auch wieder nicht zusammengehOrende Krankheitserscheinungen beschrieben. Aus der kritischen Zusammenstellung und sch~ttzenswerthen Arbeit yon H e n s l e r +) geht hervor, dass eine grosse Anzahl "con Schriftstellern fiber den Aussatz geschrieben haben, dass aber durch verschieden ge= wi~hlte Namen, mit welchen mau die vielen Symptome einer oder mehrerer Krankheiten belegte, das Versti~ndniss erschwert wurde. Darin stimmen aber alle Schriftsteller fiberein, dass bei der gewShnlichen Lepra, dem Aussatz, krankhafte Veriinderungen auf der ~usseren Hautdecke mit oder ohne andere StSrungen vorkamen. Bei der Betrachtung der massenhaften Symptome entstand schon frfihzeitig das Bestreben, im Einklang mit den Systemen der Zeit eine Ordnung in die Krankheitserscheinungen zu bringen. Hebt man die Hauptschriftsteller fiber Lepra hervor, so war Cons t a n t i n yon C a r t h a g o , t 1087, der erste, weleher die bekannten vier hrten der Lepta, die Alopecia, Tyria, Leonina und Elephantia aufstellte. R o g e r i u s zu Anfang des 13. Jahrhundertes bentitzte Quecksilbersalben gegen Aussatz. S. H e n s l e r , pag. 10. G. de S a l i c e t o , YIitte des 13. Jahrhundertes nach der Junt. Venet. 1546, benutzt bei Gutta rubea, wie sie auch bei Aussatz vorkommt, Leniora cathaeretica cum argeato vivo ae sulphure, Die schwere Form der Lepra beschreibt er nicht. B e r n a r d u s G o r d o n i u s , Anfang des 14. Jahrhundertes, *) Vom abendl~indischen Aussatz, Hamburg 1794.
60 1305, gilt fiber den Aussatz als der klassische Schriftsteller. Er hat am ausftihrlichsten und unbefangensten darfiber geschrieben. Gilbertus, dessert Schriften ebenfalls sehr geschiitzt werden, soll unabh~ngig yon G o r d o n i u s geschrieben haben; er beschreibt die aufgestellten vier Arten des hussatzes ebenfalls ausftibrlich, wendet sogar Quecksilber degegen an, aber er schildert Vieles in anderer Anordnung und in anderem Zusammenhang als G o r d o n i u s , z.B. ftihrt er die Raucedo der Sprache und das Einfallen der b~ase nicht bei der Alopecie mit an, sagt auch nicht, wie G o r d o n ius, dass die Alopecie eine mildere Form sei. Es haben nach H e n s l e r hiernach in den verschiedenen L~ndern Europa's so ziemlich zu einer Zeit G i l b e r t u s in England, T h e o d o r i c u s in Spanien, S a l i c e t o in Italien, G o r do niu s in Frankreich, die Lepra, als sie am sti~rksten herrschte, geschildert. Alle, ausser S a l i c e t o , beschrieben die schwere Form der Lepra; in Bezug auf die ktinstliche Eintheilung der Lepra in 4 Arten stimmen sie tiberein, weichen aber in der Schilderung dieser vierArten in Manchem yon einander ab. Es liegt, glaube ich, daher tier Gedanke sehr nahe, dass auch yon der Lepra unabh~ngige Erkrankungen mit beschrieben worden sind. Namentlich gilt dies attch yon spi~teren SchriftsteIIern nach der Entdeckung Amerika's. Es wurden u . A . offenbar, wie bekannt, viele Hauterscheinungen erw~hnt, welche bei der Lepra und bei tier Syphilis vorkommen. Zu einer Zeit nach dem J a h r e 1492, zu welcher fiber die Existenz tier Syphilis kein Zweifel mehr obwaltet, wird man dann solche Erscheinungen ungezwungener auf Syphilis beziehen. In einer Zeit vor der Entdeckung Amerika's, aus welcher die wichtigsten Schilderungen der Lepra stammen, wird man, wean die Schildertmgen an Syphilis erinnera, solche entsprechende Schilderungen mit gleichem Recht auch ~uf Syphilis beziehen darfen, nur mit dem Unterschied, class die Existenz tier Syphilis hiednrch erst bewiesen werden soll. Jeder solcher Beweis yon der Existenz der Syphilis vor dem Jahre 1492 wird aber nur ein Wahrscheinlichkeitsbeweis werden k5nnen. Die yon mir wieder gegebene, fibrigens schon bekannte Beschreibung der Lepra nach G or don i us, welche aber, mit H e n s 1e r's Text verglichen, vollsti~ndiger ausgefallen ist, schien
61 mir gerade auchhier einige Stellen zu enthalten, welche mir nach einzelnen Gesichtspunkten die Deutung einer gleichzeitig beschriebenen Syphilis gestattete. Wenn ich ausser H e n s l e r keinen der Sehriftsteller der Neuzeit, welche t~ber Lepra und Syphilis geschrieben haben, ausdrficklich namhaft gemacht habe, so mSge man dies damit entschuldigen, dass sich meine Betraehtuagen zunSehst nur an die Quellen des G o r d o n i u s anknfipften, anderentheils dadurch gerechtfertigt finden, dass t t e n s 1 e r ffir alle sp~teren mehr oder weniger das haupts~chlichste Material fiber Lepra getiefert hatte. Um die Existenz der Syphilis vor der Entdeekung Amerika's zu beweisen, hatte man auch die Ansicht voa dem lepr6sen Versteck der Syphilis aufgestellt. Man war frt~her n~mlich der Meihung, dass die vie]fach beschriebene Lepra die Symptome der Syphilis in den Schilderungen der SchriftsLeller verdeckt habe und sagte, die Syphilis sei vorhanden gewesen, aber ihre Existenz vor dem Jahre 1492 lasse sich aus den fiberlieferten Beschreibungen der Lepra nicht beweisen. Well aber tier genaue Beweis nicht geft~hrt werden konnte, verlies man auch diese Meinung wieder und war gezwungen, sich bei dem Mangel eines anatomischen Beweises auf die Erkl~rung anderer Stellen, welche mit der Lepra in keinem Zusammenhange standen, zu besehr~nken. Der lebhafte, langjahrige Streit, welcher sich um die Altersfrage der Syphilis entsponnen, war inzwischen soweit zum Abschluss gekommen, dass die Existenz der Syphilis vor dem Entdeckungsjahre Amerika's, wenn auch nicht bewiesen werden konnte, so doch in hohem Grade wahrscheinlich schien. Ich war daher bemiiht, *) neue Argumente ffir das Vorhandensein der Syphilis vor dem Jahre 1492 beizubringen, eines. theils dadurch, dass ich mit Ausschluss der rein 6rtlich ttbertragbaren Genitalaffectionen solehe Stellen tier alten Schriftsteller, welehe nach den Quellen als zweifellos dastehen uud welche m6glicherweise ganz besonders auf die Periode des Erseheinens der syphilitischen Allgemeinsymptome bezogen werden konnten, *) Siehe meine Schrift: Beitr~ge zur Geschichte der Medicin. Ueber Alter und Ursprung der Syphilis. Leipzig~ Flei~chcr 1868.
62 benutzte, anderentheils, indem ich den Arabisten A v i c en n a , also einen viel sp~tter lebenden Schriftsteller, in einer sehr seltenen lateinischen Version aus der Zeit vor dem Entdeekungsjahre Amerikas verglich. Der Schwerpunkt meiner Arbeit lag hier in einer ausifihrlich geschilderten, wichtigen Stelte, welche besonders dadurch yon Bedeutung war, dass hier you Mund- und ttalsaffectionen mit gleiehzeitigen Hauterscheinungen der Siiuglinge die Rede war. Bis jetzt kannte man aber bei den Schriftstellern aus der Zeit vor der Entdeckung hmerika's noch keine weiteren Stellen, welche von Aphthen und Halserscheinungen und einem gleichzeitig fiber den ganzen KSrper verbreiteten Exanthem handeln. Die Hauterscheiaungen, welehe hier mit dem arabischen Worte bothor *) bezeiehnet werden, gingen entweder in Gesehwi~re i~ber, ein chara~teristisehes Symptom der Syphilis: und die da'r befallenen Neugeborenen starben, oder sie gingen nicht in Geschwfire fiber, und die Kinder kamen leichter davon Bei meinen weiteren spi~teren Studien des B e r n a r du s G o r d o n i u s land ieh die Lepra ausfiihrlich und deutlieh geschildert und zwar eine Stelle, welche ich abet ausser auf Lepra auch noch auf Syphilis beziehen zu miissen glaubte. Ich hoffte hiedurch noeh einen neuen Anhalt ffir die Existenz der Syphilis vor dem Entdeckungsjahre Amerikds zu geben. Von B e r n ar d u s Go r d o n i u s, weleher zu Monpellier gelebt, lag mir sein berfihmtes, im Jahre 1305 yen ihm begonnene, erst sparer vollel~dete Lilium medicinae **) vor. Die sehr seltene Ausgabe yon der kSniglichen Bibliothek zu Dresden war zu Ferrara im Jahre 1486, also mehrere Jahre vor der Entdeckung Amerika's gedruckt worden. Ein besonderes Gewieht muss aber auf das ffahr gelegt werden, in welchem das Buch gedruckt wurde, einestheils desshalb~ well die in der bedeutend abgekfirzten, aber *) Bothor~ buthur wird nach Georgii Wilhelmi FreitagiiLexicon ArabicoLatinum, ttalis Saxonum 1830 I p~g. 83 col. 2 in folgender Weise interpretir~ : Pustnla parva~ tuberculum et quic quid illis simile e corpore animalis erumpit. **) Der Titel dieser Ausgabe ist folgender: Expleta est p r a c t i c a . . . Bernardi de Gordonio dicta Lilium medicinae . . . . Impressa Ferratine per providum virum magistrum Andream Gallum anno domini
63 doch mittelst Schli;tssels lesbaren, Incunabel eathaltenen Angaben sicher aus einer Zeit vor der Entdeckung Amerika's .stammen und weil somit desshalb die yon mir angezogenen Stellen, welche einen Beweis yon der Existenz tier Syphilis ~or der Entdeckung Amerika's geben sollen, wenn man der yon mir gegebenen Erkl~trung derselben beipflichtet, eine um so grSssere Bedeutung eflangen. Gleichzeitig benutzte ich aueh zum u eine auf der kiinigl. Bibliothek zu Dresden vorhandene und katalogisirte, werthvolle wiehtige Handschrift des Lilium G o r d o n i i , welche abet noch nicht welter bekannt ist, da sie selbst in den neuesten u der Handschriften und Druckausgaben tier Werke des G o r d o n i u s nicht mit angegeben ist. Anfang und Titel der Handschrift ist folgender: Practica medicinae quae lilium intitulatus edita in Monte Pessulano a Magistro B e r n a r d o de G o r d o n i o divisa in partes septem. Der Prolog beginnt: Interrogatus a quodam Socrates quomodo posset optime dieere respondit . . . . und schliesst: Inchoatus est antem liber iste cum auxilio Dei in praeclaro Montis pessuIani studio post annum XX lecturae nostrae Ao. 1303. Das in 7 Theile zerfal!ende Werk beginnt: Febris est cator in natura mutatus in igneum etc. und schliest: et |ibellus de gradatione. Sit nomen Domini benedictum in saecula saeculorum. Amen. Diese Pergamenthandschrift mit zwei Colonnen in 12. (Dresdner Bibliothek Bd. 227) riihrt aus der ersten Hiilfte des 15. Jahrhunderts her. Sie weicht bier und da zun~tehst bei der Lepra, wo ich sic verglieh, yon der Druckausgabe yon 1486 etwas ab. Der yon mir wieder gegebene Text stammt aus der Ausgabe yon 1486. 1486 die 18, m a r l . . . Amen. Siehe den Titel ausf/ihrlich aueh in: Rep. bibliographicum. Opera Ludovici Hain. VolumI. Pars II. Sumpt. Cottae Stuttg. et 3ul. Ren. Lut. Paris. 1827. pag. 484. --Allgem. bibliogr. Lexikon Ebert, Leipzig, Brockhaus 1827 bezeiehnet diese 1. Ausgabe als sehr selten. Yon Gordonius Lilium medieinae ist noch eine frahere Attsgabe yore Jahre 1480 Neap. 1)u de Tuppo 20. 5Iai erschienen~ doch war mir dieselbe nicht zuggnglieh.
64 G o r d o n i u s ist derjenige medicinische Schriftsteller aus der Zeit vor der Entdeckung Amerikas~ welcher zuerst die Andeutung fiber einen Zusammenhang zwischen contagiSsen Genitalerkrankungen und einem Allgemeinleiden des KSrpers gibt. Schou A u s p it z *) macht darauf aufmerksam, wie die mittelalterlichen Schriftste]ler in Betreff der Aetiologie der contagiSsen Genitalaffectionen zwischen dem venerischen und ht~moral-pathologischen Ursprung schwankten und er ffihrt zu diesem Zweck aus dem Lilium medicinae folgende Stelle an, welche nach der mir vorliegenden husgabe w0rtlich lautet: Passiones virgae sunt multae, sicut sunt apostemata, ulcerationes, cancri, infiatio, dolor, pruritus. Causae enim sunt exteriores aut interiores. Exteriores sicut casus et percussio et jacere cure muliere, cujus matrix est immunda, plena sanie aut virulentia aut ventositate et similibus corruptis. Si a u t e m causa fuerit intrinseca, tune sunt sieur humores corrupti et mali descendentcs ad virgam et ad partes iaferiores inducen~es praedictas passiones. Ebenso finde ich eine bezeichnende Stelle bei der Erkrankung der weiblichen Sexualorgane. G o r d o n i u s Cap. De ragadiis vulvae. Vulnera, ragadiae, pruritus, dolor aliquando ac= cidit in matrice. Causa vulneris ant est exterior aut interior. Si exterior sicut casus, obviatio, partus inuaturalis, grossitudo virgae virilis, impositio medicaminis acuti sieur est nigella et similia, expressio uimia, Si autem est interior tunc est propter rupturam apud atrium(?) nut propter humores corrosivos ant propter saniem et similia. G or do ni us unterscheidet iiberhaupt consequent bei der Beschreibung der einzelnen Organerkrankungen ~ussere und inhere Ursachen. Unter den innerlichen Ursachen spielen die Humores eine Hauptrolle; hiedurch wird G o r d on i u s den humoral-pathologischen Anschauungen seiner Zeit gerecht. Da, wo er abet in Betreff des humoral-pathologischen Ursprungs der krankhaften Vorgiinge schwankt, wo er nach seiner Meinung nicht genau erkliiren kann, hiilt e r sich mehr objectiv und verweilt bei den iiusseren Ursachen und beschreibt die ausseren *) A u s p i t z , die Lehren vom syphilitischen Contagium. mfiller 1866. pag. 26.
Wien, Brau-
65 krankhafteu Erscheinungen um so sch~rfer. Ich gehe nun zu der Beschreibung der Lepra nach dem Lilium des G o r d o n i u S fiber und bringe das ziemlich umfangreiehe Kapitel wSrtlich und vollst~ndig, lasse jedoch die ausffihrlicheu therapeutischen V o r schriften weg, ebenso abergehe ich jene Stellen, in welchen mit UmstRndlichkeit frahere Schriftsteller, G a l e n u s und A v i c e n n a und ihre Anschauungen ber~icksichtigt wurclen; denn iiberall, wo sich G o r d 0 n i u s der Phantasie einer humoral-pathologischen Speculation hingibt, gewinnen wir keine Klarheit fiir den Zweck. Am meisten verwerthen kOnnen wir immer nur die Objective Krankheitsbeschreibung. Lepra est morbus corrumpens figuram et formam et compositionem membrorum et finaliter solvens continuum, proveniens de materia sparsa melancholica ad totum corpus. Intellectum est quod materia melancholica aut spargitur ad totum corpus aut 9ad partem. Si ad totum aut putrefit aut non; si putrefiat tune generatur febris melancholica. Si non putrefiat tunc aut mittitur ad earnem aut ad cutem; si ad carnem generat lepram, si ad eutem morpheam. G o r d o n i u s unterscheidet bier zwei Krankheiten, die Lepta und die Morphea. Wird nun auch die Morphea als besondere Krankheit beschrieben und wiederholt erw~hnt~ so geht, wie haufig, aus den Beschreibungen nicht klar hervor, welcher Krankheit die beschriebenen Symptome angeh~rten, weil immerhin mSglich und anzunehmen ist, dass einzeln% selbst wichtige Symptome weggelassen worden sind. Die Morphea wird an einer ganz anderen Stelle des Lilium noch far sich geschildert. ~) Im Text der Leprabeschreibung wird nun fortge*) l~orphea est cutis de foedatio maeulosa. Intelligendum est quod omnia illa quae sunt causae leprae sunt causae morpheae unde quid est lepta in carne est morphea in cute. Advertendum igitur quod morphea habet convenientiam cure lepra~ quoniam sieur i n lepta errat virtus assimilativa ita in morphea in cute: Morphea etiam habet convenientiara cure yteritia quoniam utrobique est cutis maculata. Sed differunt~ quoniam morphea est iufcctio in cute maculosa partim sic ~ et partita non . . . . Non ponunt nisi duas species morpheaei ~scilicet ~lbam et nigram, de quo summae mirorum quod postquam morphea et lepra non differunt nisi quia haec in came et haec in cute, et species leprae sunt quatuor ira et morpheae. Et forte non posuerunt auetores, quia Archly ffir Dermatolog~e uncl Syphilis, 1870. 1, 5
66 fahren: Si autem suptus carnem magis et non aduratur~ tune generat selerosim, aut materia est grosse~ aut subtilis; si grossa sic generat eancrum, si subtilis sic generat herpestiomenum, et ira herpestiomenus potest generari ex melancholia adusta et ex adustione humorum colidorum ut supra dictum est. Ex his patet, quod lepra per se est morbus consimilis sou accidens, morbi consimilis; qua utrumque potest dici suo modo loquendi sieur manibus infirmus, et ira in lepra est triplex morbus consimilis, officialis et communis. Consimilis est propter malam complexionem frigidam et siccam, quae est causa immediata et per se quare errat virtus assimilatio et protanto dicebat G a l e n u s VI . . . . . . . Gal e n u s wird bier eitirt . . . . . Pater igitur quod lepra est morbus consimilis propter corruptionem figurae qnum tanta est malicia complexionis quod etiam figuram corrumpit; imo corruptio fortune et figurae et sua differentia constitutiva. E s t etiam morbus communis quod finaliter solvitur continuum nisi praeveniat mors; bone igitur proponebatur in notificatione quod lepra est m o r b u s consimilis corrumpens formam et figuram et compositionem membrorum et finaliter solvens continuum pro veniens de materia melancholica sparsa ad totum corpus. Lepra igitnr et error nimius virtutis assimilativae in carne. - - L e p r a enim aut intra ducitur ab utero nut post; si ab utero, hoc est, non fuerunt famosae: et raro aecidunt, quoniam si sit de sanguine et sit in facie appel]abitur gutta rosaeea; si sint in residuo corporis appellabuntur rubores et si infectiones sint de corde appellabitur impetigo et serpigo, et ita istae duae species absorptae sunt~ sod scientia medicinae forum est scientia et non v o c u u m . . . Si color fuerit rubens fuscus maculosus tune est de sanguine, et si fuerit citrinus et fuscus maculosus, tune est de cholera et si fuerit albus maculosus~ tune est de fiegmate et ista species est famosa et si color faerit niger maculosus tune est do melancholia et ista species est famosa. Prognostiea. Si morphea fuerit novella curabilis est~ si autiqua incurabilis est vel cam magna difficultate. Si morphea occupaverit modicum spacium curabilis est~ si magnum difficile est. Si locus morpheatus pungatur cam acu in superficie cutis ita quod non profundetnr ultra cutem, si sanguis exierit curabilis est, si cutem aquositas incurabilis est nut cure magna difficultate valde. Supponamus ubonam dietam et bo~um regimen sieur in lepra~ et digestionem et evacuationem juxta eonvenientiam humoris peccantis sieur dictum est in lel)ra. Tanc veniam ad loealia remedia . . . .
67 quia generatus est in tempore menstruorum, nut quod est fllius leprosi nut quia leprosus concubuit cum muliere praegnante et ita baceallarius erit leprosus et ex his eorruptionibus magis ad, venientibus conceptui generatur lepta . . . . . Es werden nun noch verschiedene andere ~tiologische Momente angeftihrt, welche aber entschieden you keiner Bedeutung sind und welche wir, da sie in offenbar willkfihrlichen hnnahmen beruhen, iibergehen kSnnen. Et in quibusdam regionibus omnia talia feralia commeduntur. Et pervenit (n~mlich die Lepra) etiam ex nimia confabulatione cure leprosis et ex coitu cure leprosa et quod jaeet cum muliere cure qua jacuit leprosus semine adhuc in matrice existente, quem ex coitu cure leproso mulier non inficit, nisi nimis continuaret propter densitatem matrieis; et si sanus jacet cum muliere cure qua jacuit leprosus semine ad huc in matrice existente, necessario erlt leprosus; quod pori sunt rari in masculo et infeetio statim transit ad totum corpus. Quare mirabilissime est cavendum. Et si aliqua opportunitas aut malitia cogeret, ingenietur quod semen exeat matricem saltando, sternutaudo, balueando et matricem cum aquis mundificatrivis abstergendo, et quod etiam praer longum tempus quantum erit possibile . . . . Nach dem, was bis jetzt fiber die Lepra gesagt wird, geht zun~tchst hervor, dass man unter Lepra e i n e Krankheit versteht, bei welcher der gauze KOrper iu Mitleiden, schaft gezogen wird und welche formam et figuram entstellt~ Symptome, wie wit sie auch nach den Beschreibungen anderer Schriftsteller tier Lepra zuerkeanen mtissen. Die Kraukheitser, scheinungen werden aber auch mit der Morphea verglichen, ja wohl auch in eineu gewissen Zusammenhang mit letzterer gebracht. Die Morphea ~tussert sich aber nach den Angaben des Gordon i u s in einem Hautausschlag yon versehiedener anatomischer Form: rothen Flecken, Rhagaden, Abschuppung u. s. w., welche fiber den gauzen KSrper verbreitet sin& Eiue weitere Eigenthtimlichkeit der Lepra ist die~ dass sich diese Krankheit namentlich auf dem Wege der Contagiosit~t durch den Coitus fortpfianzt und, yon der Uebertragungsstelle ausgehend, sich fiber den ganzen KSrper verbreitet: E s bleibt immerhin merkwtirdig, dass der Coitus gerade besonders hervorgehoben wird und dass G o r d o n i u s vor demselben besonders warnt, weil man doch 5r
68 annehmen mtisste, dass eine besonders ansteckende Krankheit wie die Lepra, sich ebetlso leicht anf a ndere Weise iibertragen wird. Nach der bisherigen Beschreibung hat man noch nicht das Recht, sich ein bestimmtes Bild yon tier Krankheit, welehe G o r d o n i u s meint, zu entwerfen. Deutlicher aber treten schon einzelne bestimmte Krankheitsformen hervor, wenn man die noch fortgesetzte Beschreibung betrachtet. Tamen considerando causas antecedentes sunt quatuor quoniam aliquando aduritur colera et transit in melancholiam et generatur lepra quae appellatur leonina, quae citissime venit ad augmentum, et quando aduritur sanguis, generatur alopeeia et est salvior inter omnes; et post eam colerica a prineipio citius Curatur, et aduritur melancholia et causat elephantiam et tardius venit ad augmentum et tardius curatur et aduritur flegma et causat tyriam et habet se medio modo inter ista. *) Signa infallibilia sunt ista, depilatio superciliorum st grossicies eorum, rotunditas oculorum, dilatatio narium exterius et coartatio interius cum difficultate anhelius et quasi cum naribus loqueretur et color faciei lucidus vergens ad fuscedinem, mortificatam et terribilis ad spectus faciei cum fixo intuitu et cum gracilitate contractione pulparum aurium. Et per unum signum non debemus judicare q u o d frequenter sunt equivoea, sed duo vel tria: ista tamem sunt certiora; et sunt multa alia sicut sunt pustulae et excrescentiae et consumptio musculorum et potissime illius qui est inter policem et indicem, et insensibilitas extremitatum et scissurae et infectiones cutis; et sanguis cure est ablutus, sicut decet, habet contenta nigra terrea aspera arenosa, et multa alia quae valde ponunt autores**); mihi tamen *) Die gerade mir sehr wichtig erscheinende Stelle yon Tamen considerando bis habet se medio modo inter ista, hat Hensl er fibergangen und nicht ausfiihrlich geschildert. **) Yon grosser Bedeutung fiir reich scheint die folgende Stelle: mihi tam -- u. s.w. Gordonius spricht yon den Erscheinungen einer verborgenen Lepra, die er hier in einer Weise auf einander folgen lasst, wie sie ganz gut au~ Syphilis bezogen werden kSnnen. Diese verborgene Form ,der Lepra", welche er deshalb verborgen nennt~ well hier nicht die handgreiflichen Veri~nderungen an Hi~nden und Ffissen vorhanden sind, fiihrt immer wieder auf eine yon der eigentlichen Lepra versehiedene Krankheit, ~ach meiner s auf die Syphilis zuriick~
69 sufficiunt illa quae in facie inventa suat sicut r in clarificatione dictorum. Ista autem sunt signi~ detecta maaifesta, quibus apparentibus patieas est a populo sequestrandus. Signa occulta, quae signant lepram cure est in principio sunt ista: color faciei rubeus vergens ad nigredinem et iacipit anhelitus immutari et vox aliquo modo rancescit et capilli incipiunt graciliari et pervificari st est sudor ejus et anhelitus declivus act foetorem et apparent mores melancholici st mall st dolorosi st multiplicaatur in somno somnia melancholica terribilia, et sentit in somno gravedinem maximum supra corpus suum et in quibusdam apparet scabies e t pustula st morphea per totum corpus et incipit fieri foetida corporis dispositio st dum tureen non corrumpatur forma et figura, non dum est judicandus ad separationem, sed est fortissime cominandus. Signa autem, quae signant naufragium et aproximationem ad terminum suat ista, corrosio cartilaginis quae est inter foramina narium et casus ejusdem, scissurae manuum et pedum et casus eorundem, grossicies labiorium et dispositio corporis glandulosa disrua et difiicultas anhelitus et vox rauciloqua cutulina et terribilis adspectus faciei st coloris nigri et pulsus occultus parsus. Ebenfalls nicht deutlicher, wie in der hier wieder gegebenen Stelle, finden ~ir die Syphilis bei ~ielen spateren Schriftstellern nach der Entdeckung hmerikas beschrieben und zwar unterscheidet hier G o r d o n i u s die friiheren Symptome uud bringt sp~tere Erscheinungen, wie corrosio et casus cartilagiais quae est inter foramiua narium und die scissurae manuum e t pedum et dispositio corporis glandulosa et vox rauciioqua ganz riehtig in eine Epoche. Einzelne Symptome passefi allerdings nicht genau und miissen auf Lepta bezogen werden, wie z. B. die consamptio musculorum et potissime illius, qui est inter policem et iadicem*) et insensibilitas extremitatum, ebenso wie die hngabe yon dem casus, *) G a d e s t e n sagt nach H e n s l e r pag. 174: in Tyria et Alopecia non consumitur musculus. Jenes charakteristisehe Symptom des Aussatzes, das Schwinden tier Muskeln zwischen Daumen und Zeigefinger fehlt also bei Tyria und Alopecia. G o r d o n i u s erwi~hnt dieses Symptom bei Tyria and Alopecia aueh nicht, Dagegen sagte G o r d o n i u s : hlopecia est salvior inte~ ista. (Die Syphilis verli~uft milder wie die Lepta.)
70 Abfallen der H~tnde und Ft'lsse. Doch ist wieder bezeichnend und mit dem Symptomenbild der Syphilis libereinstimmend, dass Gor doni u s die Bemerkung macht : et dum tamen non corrumpatur forma at figura, n~tmlich, dass bei der hier besehriebenen Form der Lepra, welche unter anderen Umst~tnden gewOhnlich tormam et figuram corrumpit, diese Eigenschaft fehlt. G o r d o ni u s unterschied also vier verschiedene Formen der Lepra : 1. Die Leonina, d. i. die LSwenklaue*), also jene Form, in weleher die bekandten klauenfSrmigen Auswachse der Finger und Zehen verkommen, so dass hierunter die eigentliche LePta zu verstehen ist, welehe sehr raseh verl~uft und bSsartig wird. 2. Die Alopecia, welche leichter heilbar ist. G o r d o n i a s fiihrt hier die Alopecia, ein Symptom eider, wie er ausdrticklich sagt, leichter heilbaren Kranheitsform, als besondere Krankheit und zwar als besondere Form und Art**) der Lepra an, wahrend die KahlkSpfigkeit viel ungezwungener zu dem ganzen geschilderten Symptomencomplex~ den ich als Syphilis dente, passt; bei der yon mir gedeuteten Syphilisschilderung wird, wie man sich erinnert, das Ausfallen der Haare ausdriicklich erw~thnt. 3. Elephantia, welche langsam heilt und langsamer sich entwickelt, wie dies bekanntlich bei der Elephantiasis der Fall ist. 4. G or d o n i u s unterscheidet endlich noch die Tyria, unter welcher man gewShlich Schlangenaussatz oder HautschNung versteht. u ist diese als besondere Art der Lepra beschriebene Form deshalb aueh Tyria genannt, well bei derselben unter andered Hauterscheinungen rothe Flecken vorkamen~ welche eine Farbe wie der tyrische Purpur hatten. Yon dieser 4. Art, Welche mitten innen steht, udd nach G o r d o n i u s wader mit der einen noch mit der anderen der beschriebenen *) W~hrend ich bier bei Leoninm den Namen yon den klauenf0rmigen Entartungen der H~nde, wie sie derLepra eigen sind, eine Deutung, die meines Wissens nicht neu ist, ableite, bezieht H e n s l e r pag/ 28 den Namen Leonina auf den Aspectus leoninus der Alton! Die K~anken sollen dureh das Schwe]len der Augen]ider and dutch die Difformit~tten der Nierenweichtheile einen 15wenartigen Blick bekommen haben. **) Es mussten nun einmal, dea damaligen Ansehauungen gemass, so objectiv sich' G o r d o ni u s fibrigens halt, bei der Besehreibung vier Arten de~: Lepra herauskommen.
71 Formen fibereinstimmt, fiihlt man deutlich heraus, class G o r d o n i u s nicht genau weiss, wohin er sie rechnen soll; so viel steht aber lest, class die klauenartigen Excrescenzen der Finger, welche sich gewShnlich rapid vergrSssern und welche die eigentliche Lepra charakterisiren, bier nicht vorkommen. Diese vierte Species der Lepra unterscheidet sich somit deutlich yon der eigentlichen Lepra. Es erhellt auch, dass da, wo vereiuzelte Symptome der Lepra, wie casus manuum et pedum bei dem Yon mir als Symptomencomplex derSyphilis gedeuteten Krankheitsbild nach G o rd o n i u s gleichzeitig erw~ihnt werden, man viel ungezwungener an die MSglichkeit einer Complication von Lepta und Syphilis denken darf, als wean man alle jene Syml~tome ohne Untersehied als Lepra auffasst und die Syphilis li~ugnet. I~och bezcichnender sind die folgenden Worte : Sigua autem humoris peccautis sunt si fuerit lepra ex sanguine, color faciei vergit ad rubedinem obscuram, faciem habet subtumidam cure ruboribus*) multis ulcerosis et cfim virulentia. Es haben sich also rothe Fleckeu im Gesicht gebildet, welche in contagiSse Gesehwiire iibergehen. Hier finden wir also zum ersten Mal und zwar bei einem Schriftsteller vor tier Entdeckung hmerikas die Beobachtung ausgesprochea, dass in Folge einer hllgemeinerkrankung, welche durch den Coitus entstand, contagiSse Ge' schwtire im Gesicht sich entwickeln. Die Contagissitdt der secundaren Sym2tome tier Syphilis war also, wenn wir meine Deutung als Syphilis zugeben, schon dem G o r d o n i u s bekannt, wiihrend diese Eigenschaft erst in uuserem Jahrhundert wieder entdeckt wurde. G o r d o n i u s beschrieb diese ganzen Ercheinungen allerdings alle unter dem Collectivnamen Lepra. Wir lesen nun weiter: Oculi sunt rubei et palpebrae iaversantur et ex qualibet lenissima causa exit sanies a naribus; odor gravis et foetidus in toto corpore, urina vergit ad ruborem et spissitudinem. Si autem fuerit ex cholera color vergit ad citriuitatem nigram punetura et mordicatio est in facie et pal*) Hier steht in dem Citat yon H e n s l e r anstatt ruboribus: humoribu~. H e n s l e r hat die Ausgabe~ nach welcher er sich gerichtet hat, gar nicht angegeben, sondern einfaeh den Text citirt. Auch in der yon mir angeffihrten Dre~dner Handschrift hie~ e~ ,ruboribus."
72 pebris inascitur velociter, et est tiranus morbus; urina vergit a d citrinitatem; aliquando est ibi impetigo et serpigo et cer: tissime venit ad augmentum. Si autem fuerit ex flegmate, color est albus vergens ad nigredinem~ faciem habet subtumidam et extremitates cure resolutionibus purpureis et squammis albis; urina est alba vergens ad spissitudinem cure quadam glaucositate sanisoa. Si autem fuerit de melancholia, facies vergit ad nigredinem turbatam, ita quod si a~r fuerit nimis calidus aut moveatur aut irascatur, color erit rubeus turbatus vergens ad nigredinem et si aer infrigidetur aut timet, color erit lividus turbatus vergens ad nigredinem; nodositates multae in toto corpore, mores sunt melancholici, stupor et insensibilitas, urina tennis et remissa. *) Si igitur fuerit de sanguine, vocatur alopecia, si de cholera, leonina et si de flegmate tyria et si de melancholi~i elephantia. Prognosticate pro certo possumus, quod in sempiternum lepra, postquam venit ad manifestam corruptionem formae et figurae non curabitur. Seal vitam prolongare possumus et impedire cam medicaminibus quoniam materia venenosa melancholica incinerata non radar at cor et membra principalia; quare intelligendum est, quod lepra incipit primo ab interioribus et postea manifestabitur in facie et extremitatibus et iterato revertitur ad interiora et tune est mors, quod membra nobilia ruinam sustinere non possuni turn propter horribilitatem materiae, tuna propter malam complexionem frigidam et siccam, oppositam vitae principiis. Et propter hoc innUebat Avicenna, quomodo curabitur lepra quae est cancer particularis. Alopecia enim est minus periculosa et facilioris curationis a principio, leonina autem facilius venit ad augmentum ut dictum est, et tardius curatur. Tyria medio modo se habet. Es folgt nun die Therapie . . . . Aus der soeben angeftihrten Stelle lasst sich zu Gunsten der Syphilis nicht u verwerthen. HSchstens nodositates multae in toto corpore, d. i. Auftreibungen, Knoten am ganzen Kiirper, welche man auf Gummata syphilitica, wenn man die friiheren Stellen mit heranzieht, beziehen kSnnte; jedoch einen genauen Beweis fiber die Natur dieser knotigen Auftreibungen wird man schuldig bleiben, da G o r d o n i u s *) Die Steile yon ,Si igitur faerit" his ,elephantia" ist bei H e n s l e r weggela~sen.
73 eine genauere Beschreibung ebenfalls unterli~sst, huffiillig und nicht zu unterschiitzen ist der Umstand, dass die hlopecie eine giinstige Form tier Lepra sein soil und dass gerade hierauf immcr ~4eder aufmerksum gemacht wird. Ausserdem fanden wir an einer fri~her wiedergegebeaea Stelle die Atopseia auch noch im Verein mit jener, schon vorhin hervorgehobenen Symptomengruppe, welche ganz an Syphilis erinnert. Clarificatio. Ista materia est ira sordida quod magna clarificatione indiget et ideo si aliqualiter prolongemus nullus debet habere pro malo. Inprimis occurrit mihi dubium prspter ea quas vidi in quodam ~iro, utrum esset possibile quod aliquis esset perfeete leprosus, hullo signo lepras in facie apparente et videtur quod sic, quart possibile est quod membra faciei sint fortiora et extrema debilia et cure venit materia ad faciem quod mitatur (sic) ad extrema et ita apparebunt signa in extremis et in facie nihil et imo videmus in signis mortiferis quod apparebunt in extremis e t in facie nihil et videmus unam pattern spasmari et aliam non et "~idemus digestivam corrumpi in una parts et aliam non. Possibile igitur est quod extrema sint leprosa et totum corpus et tureen in facis nihil apparsbit. Et eccs quod accidit; fuit quidam, qui omnes digitos psdum et manuum habuit ita corruptos in forma et figura et solutione continuitatis, quod de tribus non apparebat nisi una, nec srant ibi ungues et erat ibi ultimum enormitatis et foeditatis et tamen cure tanta enormitate nihil in faeie penitus apparebat. Videtur igitur ex hoe exemplo quod aliciuis sit leprosus eonfirmutus postquam cadunt et deiormantur pedes et marius omnino hullo signo leprae in facie penitus apparente.Wiihrend G o r d o niu s frtiher vier verschiedene Formen der Lepra auffflhrte und besonders die Leonina hervorhob, schildert er hier zuletzt die einzelnen Symptome, welche er der Leonina zuschrieb und welche mit den Beschreibungen der Lepra aus spateren Zeiten ebenfalls fibereinstimmen. Er kntipft hieran die Bemerkung, dass Jemand an Lepta mit den charakteristischen Difformiti~ten der Hande und Fiisse ausgesprochen leiden kSnne, ohne doch auch im Gesieht diejenigen frtiher geschildertea- Erscheinungen bemerken zu lassen, welche ich als Syphilis deute, und welche el~ als eine besondere milder verlaufende Art der
74 Lepra aufftihrte.*) Es liegt der Gedanke sehr nahe, dass, wo man eine Complication yon Lepra und Syphilis nicht zugeben will, man in einem Fall die eine Erkrankung, im anderen die andere als vorhanden annehmen muss. Wenn G o r d o n / u s anftihrt, (lass die Lepra ohne jene charakteristischen Entartungen der H~nde und Ftisse vorkommen kSnne und er sich bemtiht, dies durch eine etwas breite Erklarung in seiner Art zu erl~tutern, so schildert er da, wo nach seiner Aussage die Difformitaten der Extremitaten fehlen, Symptome, welche zum mindesten alle bei Syphilis auch vorkommen und mit der Lepra nichts welter gr mein hubert als den 1%men. G o r d o n i u s fi~hrt darauf welter fort: Oppositum videtur sentire Galenus et Avicenna . . . . Dico igitur quod non est possibile aliquem esse perfectum leprosum nisi signa leprae notabiliter et manifeste appareant in facie, forts bene est possibile quod in facie comparando signa leprae sunt debilia et in aliis crunt multum manifesta, seal quod penitus nullum signum apparent in facie non videtur possibile et ratio dictorum est .... Es wird nun hierauf eine Erklarung nach humoral-pathologischer Anschauung, unter welchen Umsti~nden die Augen und das Gesicht ergriffen werden, gegeben. Zu diesem Zweck stellt G o r d o n i u s eine humoral-pathologische Hypothese auf, um zu erkl~ren, wie es komme, dass die Haare ausfallen, dass die Stimme rauh wird, dass die /%se krankhafte Ver~inderungen erleidet, endlich wie es komme, dass auch die Glieder abfallen. Darauf schliessen sich folgende Worte an: Signa ergo leprae et plurimum in plus apparent in facie propter dispositionem loci quae in aliis partibus non inveniuntur, sicut sunt concavitates et receptacula multa raritas subtilitas et teneritas. Non videtur igitur possibile quod lepra sit confirmata et quod nihil penitus in facie appareat; immo ibi ut plus et ut in pluribus. Intelligendum etiam juxta hoc sieur dictum est quod in lepra est triplex morbus~ consimilis officialis et communis . . . . Gord o n i u s sucht aus verschiedenen Grtinden zu beweisen, dass *) Trotzdem ist immer auch festzuhalten, class auch bei der eigentlicheu Lepra gewisse Er$cheiaungen im Gesicht vorkamen.
75 die Lepra nicht eine locale Krankheit, Morbus partis, sondern ein Allgemeinleiden, Totius eorporis, sei. Endlich spricht G o r d o n i u s noch fiber die Erblichkeit der Krankheit. Decimo notandum quod materia leprae lieet non sit in membris principalibus causata, tamen est tantae pernecabilitatis quod in matrice corrigi non potest et imo est morbus hereditarius at podagra similiter. Et tamen si habens hepar aalefactum generet, non dimittet hereditatem generate, licet sic in membro principal! et alio non, quoniam materia est magis corrigibilis. Igitur materia incorrigibilis et irrectifieal;ilis generat morbum hereditarium et interfieit se at vicinttm suum, sieur ista febris acuta, ptisis, pediculosa, scabies, saeer ignis, antrax, lupus, lepra nobis eontagia praestant. Undecimo oecurrit nobis mirabile quomode est hoc possibile quod leprosus generet et si generet quomodo masculum Gum sperma sit eorruptum et distemperatum in substantia et complexione et talia impadiant generationem at potissime filiorum; dice quod licet ista impediant plus tamen impeditur generatio propter peccatum complexionis quam substantiae spermatis et imo licet sperma leprosi sit corruptum in substantia corruptione irrevocabili cerruptio seu alteratio complexionis aliquo mode altarabilis est; quoniam possibile est quod leprosus sit boni regiminis et tempus temperature et igitur eorrigitur lapsus complexionis et quid invenitur in matrice etiam rectificat et ira poterit generare at filios et ut videmus negare non possumus, quia igitur lapsus complexionis aliquo mode corrigibilis est et file plus facit ideo et cetera. Yel possem dieare quod quicuuque leprosus non genarat sed ille ubi nondum vehamens corruptio facta est, et iste habet mambra interiora sana licet exteriora slat infeeta; et quod sperma deciditur a membris principalibus ideo potest generara et masculum sed sanum simplieiter non, quia semen infectum est licet non corruptum et imo generat sibi simile sicut podagricus; date enim quod materia non decideretur nec a pede nec a carne. Duodecimo et ultimo notandum hoc, quod nulla via nullo mode compedit*) coitus in lepra nisi in materia sanguinea ante *) Man lese competit.
76 ejus confirmationem, quoniam i~frigidat sicut flebotomia et imo non compedit*) ~iebotomia incofirmata quod nimis infrigidaretur et ipse magis indiget calefacientibus et humectantibus temperate quantum est de natura rei, et si dicatur etiam compedit coitus in mania, dico quod in mania non est causata corruptio nec incineratio sicat in lepta et ideo in mania potest competere; in lepra autem materia non est solum corrupta seal etiam venenosa et imo cure movetur materia venenosa interficit partes vicinas; quia igitur commovet hamores et materiam venenosam permiscet cure humoribus et infrigidat et dessicat et omnes leprosi sunt frigidi et sicci quantum est de natura aegritudinis ideo in lepra coitus non compedit licet vulgaris opinio et erronea quod non solum confert sed carat. Die Erblichkeit der Lepra vermittelst des krauken Sperma beweist ffir die Entscheidung der Frage yon der Existenz der SyphiIis zur Zeit des G o r d o n i u s an und far sich nichts, jedoch ist es immerhin interessant, die Idee yon der Erblichkeit einer Krankheit, die hier nat als Lepra beschrieben wird, auf diese Weise deut]ich ausgesprochen zu sehen. Fassen wit alle Symptome zusammen, welche wir ausser auf Lepta auch auf Syphilis beziehen k6nnen, so gewinnea die Erblichkeitsverh/iltnisse immerbin auch zu Gunsten der Syphilis einige Bedeutung. Die Symptome, welche yon G o r d o ni u s tier Lepta zugeschrieben werden and welche ich auch auf Syphilis beziehe, sind also schliesslich folgende: 1. Die Krankheit theilt sich mittelst Uebertragung, besonders durch den Coitus mit. 2. Es entsteht ein Allgemeinleiden des KSrpers, welches in einer Hauterkrankung besteht. Die Hauterkrankung ist polymorpher Natur und tiber den ganzen KSrper verbreitet'. Rothe Fleeken, Pusteln, in Geschwiire iibergehende, cont~giSse Stellen bildea sich aus; hbschuppung u. s. w. ist b e m e r k l i c h . - Fieber im Beginn und spater ist nicht selten. 3. Drfisenanschwellungen sind vorhanden. *) Man lese compctit.
77 4. Darauf zeigt sich Ozaena, Einfallen der Nase in Folge yon Usur der Nasenknorpel und gleichzeitig Schrunden an Hhnden und Ffissen. 5. Heiserkeit und tuberculSae Auswfichse am ganzen KSrper. 6. Ausfallen der Haare. 7. Die Krankheit ist durchaus nicht absolut tSdtlich, sondern kann heilen. 8. Contagiosit~t der in Folge einer Allgemeinerkrankung entstandenen Geschwiire. 9. Die yon dieser Krankheit Befallenen fibertragen ihr Leiden durch die Zeugung auf die Nachkommenschaft. Naeh Allem, was hier erwahnt worden ist, bin ich daher der Meinung, dass G o r d o n i u s in dem Capitel fiber die Lepra zugleich die Lepra und die Syphilis beSchrieben hat.