(Aus der Himhistologischen Abteilung der Psychiatrisch-neurologischenUniversi. t/~tsklinik zu Budapest. -- Vorstand: Prof. Dr. Karl Scha//er.)
Uber die Anatomie und Klinik der Epidermoidcysten des Gehirns. Von T. v. Lehoczky, Assistent.
Mit 16 Textabbildungen.
(Eingegangen am 7. Auguvt 1929.) Die Benennung Epidermoid wurde zuerst yon Heschl fiir subcutane Atherome beniitzt, nach ihm iibernahm sie Franke, sp~ter Bostroem, der sie an Stelle von Gehirncholesteatom empfahl. Bostroem woUte n/~mlich auch auf diese Weise seiner Auffassung beziiglich der Genese der Cholesteatome Ausdruck verleihen, die naeh ihm ausschlieftlieh und allein epidermal sein k6nnte. Es war ebenfalls Bostroem gewesen, der die Epidermoide den Dermoiden, welche nicht bloft Epidermissehichten, sondern auch andere Hautbestandteile (Haare, Talgdriisen) enthalten, gegeniiberstellte. Angesichts der Identifikation der Cholesteatome mit den Epidermoiden werden jedoeh gewisse Bedenken laut, zumal wenn wir die Frage der Genese der Cholesteatome in Augenschein nehmen. Wenn wir n/~mlich die Literatur durchsuchen, finden wir kaum ein Gewebselement, das im Laufe der Zeiten in der Auffassung der einzelnen Forscher nicht als Ausgang der Cholesteatome figuriert h/itte. So hat z.B. Virchow gegeniiber den Verkiindern des epidermalen Ursprunges (Miiller, Ribbert, Ziegler, Bostroem, Remak) auf eine Metaplasie yon Bindegewebszellen gedacht, Beneke (1895) und Glaeser (1890) einell endothelialen Ursprung angenommen, w/~hrend Birch-Hirsch[elcl (1894) die Perithelzellen der Gef~fte, Chiari (1883) und Benda (1897) die Ependymzellen der Hirnh6hlen als Ausgang betrachteten. Sogar hinsichtlieh ein und desselben ]iterarisehen Falles haben die Forscher verschiedene Standpunkte eingenommen, so z. B. ist Beneke (1897), unter dem Einflusse der Bostroemschen Mitteilung seinen Fall yon neuem untersuchend, auf die Folgerung gekommen, daft der Ausgangspunkt nicht yon endothelialen, sondern epithelialen Elementen gebildet wird; den
T. v. Lehoczky: Anatomie und Klinik der Epidermoidcysten des Gehirns.
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:Fall y o n Glaeser h a t hinwieder Scholz (1906) untersucht und die durch Glaeser w a h r g e n o m m e n e endotheliale Wucherung ffir eine reaktive Erscheinung, die Geschwulst yon Glaeser abweichend epidermalen Ursprunges qualifiziert. Auch Borst hat frfiher (1902) ffir den endothelialcn Ursprung Stellung genommen, w/~hrend er neuerlich den epithelialen U r s p r u n g akzeptiert h a t und den endothelialen Ursprung fiir zweifelhaft hi~lt. Demgegenfiber stellt Kakeshita (1925) in seinen 2 FMlen endothelialen Ursprung lest und damit, wie er es sagt, ,,die urspriingliche Meinung y o n Borst, wenigstens fiir einen Teil der F/~tle, zu R e c h t besteht". Aus diesem kurzen literarischen lSberblick geht es hervor, dab wir -- die ~lteren Theorien nicht gerechnet -- bei den Cholesteatomen wenigstens zwei MSglichkeiten, namentlich den Ausgang v o m Epithel und v o m E n d o t h e l ffir wahrscheinlich halten miissen. D a jedoch unter Epidermoid -- was iibrigens schon aus der Benennung hervorgeht -Gebilde yon ausschlie$lich epithelialem Ursprung zu verstehen sind, stellt sich die Frage, in welchem Verhi~ltnis Epidermoide und Cholesteatome zueinander stehen bzw. ob die Aufrechterhaltung der Ben e n n u n g Epidermoid wohl begriindet ist und welche Gebilde darunter zu verstehen sind. Bevor ich reich aber mit diesen Fragen meritorisch besch/~ftigen werde, teile ich in nachfolgendem die klinischen und anatomischen A n g a b e n eines meiner diesbeziiglichen F/~lle mit.
Fall 1. 32j/~hriger Mann. Nach den anamnestischen Aufzeichmmgen hat die Krankheit damit begonnen, dab das Benehmen des Kranken sich ver/~ndert hat: er hat seine Hochschulstudien abgebrochen, sein Gedankengang wurde schwerf/illig, seine Sprache schleppend, und es traten Schmerzen in der Nackengegend auf. Nach einem halben Jahr ausdriickliche Schlafsucht: er verschlief den ganzen Vormittag und war immer schl~frig. Nach Verlauf weiterer 3 Monate h/~ufiger spontaner Urinabgang, schwerf~lliger Gang, beim Vorniiberbeugen starker Schwindel, infolgedessen er auch einmal gefallen ist. Auf die Klinik wurde er 8 Monate nach Beginn der Krankheit aufgenommen. Be]und: Sch/~del auf Beklopfen nieht empfindlich; Gesicht past6s, Gesichtshaut glanzlos, abschilfernd, was dem Kranken ein kachektisches Aussehen verleiht; lebhafter Lid-, Zungen- und Handtremor. Augenbewegungen in allen Richtungen frei. Die linke Pupille etwas welter als die rechte, auf Licht reagieren beide Pupillen tr/~g, mit geringer Verengung; Akkomodationsreaktion erhalten; beide Pupillen zeigen Hippus. Visus tadellos. Bei Untersuchung des Augenhintergrundes erseheinen die Grenzen der rechten Papille etwas verwaschen, das Gesiehtsfeld zeigt eine geringgradige konzentrische Einengung. Der rechte Facialis etwas leichter ermtidbar. Rachenreflex fehlt, Bauchdeckenreflexe sind nicht auszul6sen. Knie- und Achillessehnenreflexe an beiden Seiten gesteigert, Knie- oder FuBklonus, pathologische Reflexe nicht vorhanden. Muskeln yon normalem Volum und Tonus, in den Muskeln beider unteren Extremit/iten m/tBige Tonussteigerung, welehe jedoeh fiir willkiirlich imponiert. Tiefensensibilit/it tadellos, der Gang ist breitspurig, unsicher, taumelnd. Beim Gehen mit geschlossenen Augen weieht er ein wenig nach links ab. Kleinhirnsymptome sind beim Zeigeversueh nieht wahrnehmbar, Babinskisehe cerebellare Asynergie
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nut angedeutet. Appetit gut, hat Verstopfung; kann seinen Urin, wenn er veto Bette oder vom Sitzen aufsteht, nicht zuriickhalten, der Harn entleert sieh dann in breitem Strahl spontan. Harntr/iufeln nicht vorhanden. Seit seiner Krankheit fehlt der Geschlechtstrieb, ,,ich kiimmere mich nicht um die Frauen"; Speichelsekretion nicht gesteigert; im Liquor sind keine zelligen Elemente zu linden, die kolloidale Benzoereaktion gibt eine meningitisehe Kurve. Subjektive Beschwerden: Kopfschmerz, Benommenheit. In seiner Sprache finden sich keine formale Abnormit/iten, inhaltlich sind seine Gedanken zerflM3end, seine Antworten inad~tquat, unlogisch; sein Verst/tndnis hat abgenommen. Sein Benehmen teilnahmlos, gleichgfiltig, inzwischen kommen unbegriindete Witzelsucht, Laehen vor, wodurch das Betragen des Patienten 6fters einen moriaartigen Eindruck macht. Auffassungsverm6gen geschw~eht, Aufmerksamkeit sehr stark abgenommen, Assoziation armselig, gehemmt, UrteilsvermSgen mangelhaft, Kritik fehlt. ])as BewuBtsein ist klar; Wahnvorstellungen, Halluzinationen nicht vorhanden. Der Krankheitsverlauf ist durch grebe Schlafsueht gekennzeichnet. Patient ]iegt tagsiiber mit geschlossenen Augen, wenn man ihn anspricht, 5ffnet er die Augen, antwortet jedoeh nieht oder murmelt unverst/~ndliches Zeug. Wegen der zunehmenden Schlafsucht ist auch die Nahrungsaufnahme erschwert, demzufolge wird er yon Tag zu Tag schw~cher. Die zwei therapeutischen RSntgenbestrahlungen wurden schlecht vertragen. Er beklagt sich oft tiber Kopfschmerzen. Seine Sprache wird n/iselnd. Zweimal kam es zu pl6tzlichem Erbrechen. Bei der mehrfach wiederholten Untersuchung des Augenhintergrundes sind die Grenzen der rechten Papille verwaschen, endlich 2 Wochen vor dem Tode ist eine kleine nasale Prominenz zu konstatieren. Die Schlafsucht nimmt st~ndig zu, der Kranke wird sopor6s; er l~tgt den Urin spontan unter sich. 3 Tage vor dem Tode tritt Genickstarre auf, welche bis zum Tode zunimmt. Dann Decubitus, Verfall, schlieglich Exitus unter Symptomen von Atmungsli~hmung. SektionsbeJund: Myoearditis ehroniea fibresa levis. Adhaesiones filamentosae pleurarum lateris utriusque. Hypostasis loborum inferiorum pulmonum. Degeneratio parenehymatosa rnyocardii, renum et hepatis. Ren polyeystieus lat. dextri. Hyperaemia leptomenigum. Die weichen Hirnhiiute sind ein wenig verdickt, die W i n d u n g e n abgeflacht, die Furchen verstrichen. Die GefS,ge der Hirnh~ute sind stark blutgefiillt, so dab auch die kleinsten Zweige deutlich ausgezeichnet sind. GefSA~e der Gehirnbasis sind diinn, normal. A n der Gehirnbasis, zwischen dem oberen R a n d des Pens und dem Chiasma, also in der Gegend des Tuber cinereum und der Fossa interpeduncularis sitzt eine nu2groBe, sich vorw61bende Cyste mit durchscheinender W a n d (Abb. 1), in der W a n d sind einige weigliche Gewebsstreifen und feine Gef~ge zu sehen. Die Cyste verdriingt das Chiasma optieum nach oben und ist yon beiden Seiten zwisehen die medialen Wi~nde der beiden Sehl/~fenlappen eingekeilt, der unteren Fliiehe liegen beide Nn. oeulomotorii an. Nach frontaler Durchsehneidung des Gehirns in der grSBten Ausdehnung der Cyste h a t es sieh herausgestellt, dag die eystisehe Gesehwulst der Gehirnbasis sieh in den 3. Ventrikel erstreekt (Abb. 2), diesen vollkommen ausfiillt und seine mediale W a n d u n g , die Thalami seitlieh auseinanderdr/~ngt. I n diesem Sehnittniveau ist die Gesehwulst
Uher die Anatomie und Klinik der Epidermoidcysten des Gehirns.
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Abb. I.
Abb. 2.
hiihnereigroB und liegt nach oben den Dachgebilden des 3. Ventrikels (Fornix, Tela chorioidea ventriculi tertii) an, nach unten zu wSlbt sie den Boden des 3. Ventrike]s zwischen den beiden Gyri hyppocampi stark vor. Auf dieser Schnittfl~che f~llt noch die m~chtige, asymme-
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trische Erweiterung der Seitenvcntrikel auf, womit im Zusammenhange die Fornix stark nach rechts verdrangt ist. Die starker erweiterte Ventrikelhalfte ist jene der linken Hemisphare, yon diesem Niveau wurde namlich die caudale Schnittflache des Gehirnes photographiert. Infolge der machtigen Erweiterung beider unteren HSrner, besonders aber des linksseitigen, ist die Vorw61bung der Hippoeampusformation in den Ventrikel sehr deutlich zu sehen. Von den um die Geschwulst gelegenen Gehirnteilcn ist die mediale Flache des rcchten Thalamus abgeflacht, der linke stark ausgehShlt; ebenso ist der linke Nucleus caudatus im Vergleich zum rechten abgeflacht, was offenbar mit der
kbb. 8.
starkeren Erweiterung der linken Ventrikelhalfte zusammenhangt. Zahlreiche Blutpunkte auf der Schnittflache des Gehirns sprechen fiir die gesteigerte Blutfiille. Die Hauptmasse der Geschwulst wird yon einer eigentiimlichen, diinnen, gallertartigen Substanz gebildet, welche in frischem Zustande fast ganz durchsichtig war, nach mehrt~igiger Formolfixierung jedoeh konsistenter geworden ist. Abb. 2 demoustriert den Zustand nach 6tagigem Verweilcn in Formol, hier ist sie eine auf der Sehnittflache etwas vorquellende, dichtere gallertartige Masse von im ganzen opakem Aussehen. Die gallertige Masse liegt zwar eng den Thalami an, es fallt aber schon bei bloftem Auge auf, daft zwischcn ihr und der Nervensubstanz eine diinne Membran liegt, die die Gallerte ganz umzuhiillen scheint. Die Zerlegung des Gehirns in frontale Scheiben nach vorn zu fortsetzend, ist die folgcnde Schnittflache auf Abb. 3 zu sehen. Auf
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dieser wird die untere Grenze der gallertigen Geschwulst dutch das Chiasma nervi optici gebildet, w~thrend sie yon beiden Seiten yon den beiden vorderen Commissuren und dem darunter liegenden Teile des Tuber umgeben wird. Die gallertige Masse erffillt und erweitert also den 3. Ventrikel such in diesem Niveau und such hier wird sie yon der Nervensubstanz durch eine feine, membranartige Wand getrennt. Nach oben zu wSlbt sich die Geschwulst durch die m~chtig erweiterten Foramina intverentricularia such in die Seitenventrikel (haupts~chlich in den linken) vor, ihre Oberflgehe ist jedoeh yon der am Rande der Schnittflgche sichtbaren Membran umhfillt, so daf3 die gallertige Masse
Abb. 4.
selbst eigentlich nicht in die Seitenventrikel gelangt. Diese VorwSlbung ist besonders im linken Seitenventrikel suffallend, dessen HShle bedcutend weiter ist als jene der rechten Seite. Die Asymmetrie der Ventrikel wird dutch die stsrke Rechtsneigung der Fornix bzw. des Septum pellucidum noch gesteigert, und so kommt die enorme mit Recessus versehene Erweiterung des linken Ventrikels zustande, wodurch wieder die hochgradige Abflachung des linken Nucleus caudatus verstis wird. Abb. 4 wurde von der unmittelbar sich anschliei~enden Schnittfli~ehe verfertigt, und das ist die Ursache dessen, dal~ die starker erweiterte (linke) Ventrikelhiilfte, verglichen mit Abb. 3, auf der entgegengesetzten Seite zusehen ist. Man sieht unmittelbar fiber das Chiasma den m~chtig erweiterten Recessus opticus, dessen Wandung von den anhaftenden gallertigen Teilen schimmert. Darfiber fMlt der schmale weii~e Streifen
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Abb. 5.
Abb. 6.
der vorderen Commissur und dariiber der zwar normal weite, aber nach rechts dislozierte Recessus triangularis zwischen den beiden Columnae fornicis ins Auge. Abb. 5 zeigt den frontalsten Teil der Schnittserie. Es fallt hier die m~chtige, hShlenartige Ausweitung der VorderhSrner auf, welche infolge der Verdrangung des Septum pellucidum nach rechts asymmetrisch ist.
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Von der auf Abb. 2 sichtbaren Schnittflgche nach hinten zu gehend sieht man auf Abb. 6 den hinteren, caudalen Teil der gallertigen Geschwulst vor sich. Hier sieht man ngmlich zwischen den beiden Thalami eigentlich nicht die Schnittfl//che des gallertigen Tumors, sondem den sich nach hinten vorwSlbenden, mit einer zarten vascularisierten Hiille iiberzogenen Teil desselben. Ventral yon der Geschwulst f/~llt die sich zwischen den beiden Pedunculi erSffnende Fossa interpeduncularis und darunter ein kleiner Teil des Pons ins Auge, w/~hrend dorsal vom Tumor die Fornix und das Corpus callosum Platz nehmen. Die I Seitenventrikel sind auch hier stark erweitert, und die Erweiterung erstreckt sich auch auf die HinterhSrner.
k b b . 7.
Auf der letzten Schnittfl/~che (Abb. 7) f/~llt der seharfe Gegensatz, welcher zwischen der mgchtigen Erweiterung der HinterhSrner und dem normal weiten Aquaeductus Sylvii besteht, auf, und der dafiir spricht, dal3 die Liquorstauung auf das Ventrikelsystem des Grol3hirns beschrgnkt ist, also dab vom 3. Ventrikel abwgrts normale Verh/~ltnisse herrschen. In diesem Niveau ist keine Spur der Geschwulst vorhanden. Den makroskopischen Be/und zusammen/assend, k6nnen wir sagen, dal3 es in unserem Falle sich um ein in der Gegend des Tuber cinereum und der Fossa interpeduncularis sitzendes, den 3. Ventrikel vollkommen ausfiillendes, ungefghr hiihnereigrol3es Gebilde handelt, welches die Nervensubstanz um den 3. Ventrikel (insbesondere die Thalami) komprimiert, yon dieser jedoch anscheinend allseitig durch eine feine Membran getrennt ist. Die Membran scheint also die gallertige Masse hiillenartig zu umgeben. Das gallertige Gebilde iiberschreitet weder nach vorn noch nach hinten die Grenzen des III. Ventrikels, obgleich sie sich Z. f. d. ges. Neur. u. Psych. 12'-). 49
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vorn durch die erweiterten Monroeschen 0ffnungen in beide Seitenventrikel etwas hineinwSlbt. Beide Seitenventrikel, besonders ihre VorderhSrner, sind mi~chtig erweitert, die Ausweitung betrifft auch die seitlichen und HinterhSrner, dagegen sind der Aquaeductus Sylvii und der 4. Ventrikel normaler Weite. Bei der histologischen Untersuchung ergibt sich die die Hauptmasse der Geschwulst bildende, gallertige Substanz als eine homogene Masse ohne jegliche Struktureigentfimlichkeit, in welche einzelne, hier und
Abb. 8. Fall 1. B ~ m a t o x y l i n - v a n Gieson-F~irbung. M i k r o p h o t o g r a m m . G = gallertige, h o m o g e n e Masse; I - infiltrierte Cystcnwand. Zwischen beiden sind eigenartige scharfrandige KSrnchenzellen zu sehen.
da gruppenweise angeordnete, nach der Weigertschen Fibrinfgrbung fgrbbare, fein gewellte F~den eingebettet sind. Die gallertige Substanz fgrbt sich mit Eosin blaSrosa, nach van Gieson blal~gelb, mit Toluidinblau blaSblau, mit Thionin und Mucicarmin gibt sie keine metachromatische Fgrbung. Es sind darin stellenweise unregelm~f3ige, zickzackige Risse sichtbar, welche mit der Einbettung in Zusammenhang zu bringen sind. Auf Cholesterinkrystalle weisende rhombische Liicken sind nicht zu sehen. In der gallertigen Substanz sind eigenttimliche, rundliche Zellen mit scharfen Zellgrenzen, fein wabigem oder vakuoligem Protoplasma in wechselnder Anzahl, einzeln oder gruppenweise eingebettet, ihre dunklen Kerne sind zumeist zur Seite gedr~ngt. Diese Zellen sind
t?ber die Anatomie und Klinik der Epidermoidcysten des Gehirns. 765 in den zentralen Teilen der Geschwulst nur vereinzelt, in den peripheren Teilen, in der NiChe der Kapsel bisweilen in groi3en Mengen zu sehen. An einzelnen Stellen bilden sie breite Streifen und sind gleichsam in der Form einer breiten Ubergangszone zwischen der Kapsel und der gallertigen Masse zu finden (Abb. 8). An diesen Stellen sind die Zellen dieht aneinander gepreSt und oft mit infiltrativen Elementen: Plasmazellen, Lymphocyten und vereinzelten Leukecyten untermischt. Die schaumigen Zellen sind dort in grSSter Anzahl zu sehen, we der Tumor im ganzen kleiner ist oder we er sackartige, kleine Ausbuchtungen bildet. Hier bilden sie entweder eine zusammenhiingende, breite Schicht zwisehen der gallertigen Substanz und der Kapsel oder fiillen das Lumen der Kapsel fast vollst/indig aus, so dal3 zwischen ihnen nur geringe Mengen der gallertigen Substanz zu finden sind. An diesen Stellen sind die Zellen hi~ufig vakuolig, die Kernfiirbung ist mangelhaft eder fehlt ganz, die Zellgrenzen sind undeutlich, das feine, wabige Protoplasma einzelner Zellen scheint sogar mit der umgebenden gallertigen Masse zu verschmelzen. Die die gallertige Substanz umgebende, diinne Membran besteht histologisch aus fibrilliirem Bindegewebe, welches im gr6gten Umfang der Geschwulst eine diinne, kernarme, stellenweise hyalin entartete Schichte bildet, was besonders am oberen, die Fornix beriihrenden Tell der Geschwulst auffallend ist, wi~hrend die seitlichen Wandungen etwas dicker sind und zahlreiche litngtiche, sehmale, dunkle Fibroblastkerne enthalten. Besonders dick ist die bindegewebige Kapsel in den weniger umfangreichen Teilen des Tumors und in seinen unregelmiii3igen Ausbuchtungen; an diesen Stellen ist die Wand kernreich, die Kerne sind eif6rmig und enthalten wenig Chromatin. Zwischen den Fasern der bindegewebigen Kapsel, besonders in der i~uBeren, lockeren Schicht sind infiltrative Elemente (Plasmazellen, Lymphecyten) in wechselnder Anzahl zu finden. Stellenweise sind diese stark vermehrt, daselbst sind auch mehrere Gefg$e zu sehen, die yon groflen Anhiiufungen von Plasmazellen und Lymphocyten umgeben sind; mehr nach aul3en kommen sogar mit braungelbem Pigment (das sich durch die Eisenreakticn als Eisenpigment erwiesen hat) beladene Wanderzellen vor. Daselbst durchsetzen infiltrative Zellen die bindegewebige Wand und wandern zwischen die oben beschriebenen schaumigen Zellen ein. Die Blutversorgung der bindegewebigen Kapsel ist im allgemeinen schlecht, es sind zumeist in den ituBeren, lockeren Partien einige kleine GefiiBchen zu sehen, w~hrend die dickw/indigen Teile mehr Gefiii3e enthalfen. Die bindegewebige Kapsel liegt am oberen Teil der Gesehwulst dicht der Tela chorioidea ventriculi tertii an, diese kann jedoeh yon ihr sowohl seitlich wie auch in der Mittellinie gut getrennt werden (hier sind an der unteren Oberfl/iehe der Tela die in den 3. Ventrikel hineinragenden 49*
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Plexuspartien gut zu sehen). Denn selbst an Stelle der engsten Berfihrung stechen die grob gewobenen, hyalinen Fasern der Kapsel yon den feinen und dtinnen Fibrillen der Tela auffallend ab. Am ventralen Tell der Geschwulst dagegen l~gt sich die diinne bindegewebige Kapsel yon der Pia der Gehirnbasis nicht trennen, sie bilden gemeinsam eine einzige Schicht. Die bindegewebige Kapsel umschliegt die gallertige Substanz in der grSgten Ausdehnung der Geschwulst yon allen Seiten und zeigt nirgends einen Defekt oder Rig. Laut des Vorhergesagten liegt sie oben der Tela an, unten ist sie mit der basalen Pia verschmolzen. Wir erhalten jedoch ein anderes Bild, wenn wir uns an Serienschnitten orientieren. Nach hinten zu gehend, unterbricht sich n~mlich die bindegewebige Kapsel in der Gegend zwischen den Hirnschenke]n am unteren Abschnitt des Tumors, die zerrissenen Wandteile sind einander gegeniiber gut zu erkennen, sie sind ein wenig zuriiekgebogen, und die gallertige Masse, durch die ()ffnung hervorquellend, ergieBt sich auf den Boden des 3. Ventrikels. An diesen Stellen stellt die Kapsel also einen nach unten zu offenen Sack dar, dessen Inhalt herausgeflossen ist. Ob diese Ruptur in vivo oder post mortem entstanden ist, kann nicht absolut sicher entschieden werden. Neben der einen zerrissenen Wandpartie ist zwar eine geringe Blutung zu sehen, dies hat jedoch nicht viel zu bedeuten, denn sie hat aueh dureh einen kiinstliehen Rig gelegentlieh der Herausnahme des Gehirns, entstehen kSnnen. Die entstr6mte galtertige Masse liegt eng dem den Boden des 3. Ventrikels iiberziehenden Ependym an, dessen einzelne, abgel6ste Zellen aueh in die gallertige Substanz hineingeraten sind; an einer Stelle ist sogar die Nervensubstanz unter dem Ependym aufgeloekert und in die Gallerte hineingequollen. Der Umstand, dag an der Berfihrungsstelle zwisehen der gallertigen Masse und der Nervensubstanz keine Gewebsreaktion (z. B. Riesenzellen) zu sehen ist, dis mehr /i~r das poatmortale Ent-
stehen sprechen. Die bindegewebige Kapsel ist in der grd[3ten Ausdehnung der Geschwulst mit einer einschichtigen, zusammenhdngenden Zellreihe aus~ekleidet. ]:)as Protoplasma der Zellen ist l~nglich, ihre Kerne sind oval oder l~nglich und sie unterscheiden sich durch ihre Plasmaf~rbung yon den unter ihnen liegenden Bindegewebszellen gut. Diese Zellreihe wird n~mlich durch die van Giesonsche F~rbung gelbbraun, dutch H~matoxylineosin bli~ulich gef~rbt. Die auskleidende Zellreihe ist besonders an jenen Stellen auBerordentlieh sehmal, fast linienartig, wo aueh die bindegewebige Kapsel stark verdiinnt ist, also dort, wo der Druek des gesehwulstigen Inhaltes besonders stark zur Geltung kam. An anderen Stellen sind die Zellen grog, bisweilen aueh polygonal, mit hellen, ovalen Kernen. Es kommt aueh vor, dag das Plasma der auskleidenden Zellen stark gequolten, yon vakuoliger Struktur ist, die Kerne zur Seite ge-
lJber die Anatomie und Klinik der Epidermoidcysten des Gehirns. 767 dr~ngt sind; diese Zellen gleichen im ganzen auffallend den friiher beschriebenen KSrnchenzellen. Die kubischen, hellen Zelltypen sind an solchen Stellen sichtbar, wo die Kapsel kleine Ausbuchtung hat; aueh dies ist mit unserer frfiheren Feststellung beziiglich der Druckwirkung der Geschwulst in Zusammenhang zu bringen: an diesen letzteren Stellen kam die Druckwirkung weniger zur Geltung. An manchen Stellen der Seitenw~inde ist die auskleidende Zellschicht mehrschichtig. Hier sind Zellen yon verschiedener Form zu
Abb. 9. Fall 1. tthmatoxylin-van Gieson-F~irbung. ~bersichtsbild. In der Mitte die durch Einbettung stark geschrumpfte homogene Masse; H = Epithelhiigel; B = bindegewebige Kapsel. Letztere schmiegt sich eng den beiden Thalami (Th) an, oben beriihrt sie die Tela chorioidea ventriculi tertii.
sehen: es gibt Zellen mit l~nglichem Zelleib und langlichem Kern und auch rundliehe bzw. polygonale Zellen mit ovalem Kern. ])as Zellplasma ist aueh hier ausdriicklich gelbbraun gefiirbt und sticht scharf yon dem darunter liegenden, lebhaft roten, zumeist hyalinen Bindegewebe ab. In den starker verkleinerten Teilen und Ausbuchtungen der Geschwulst begegnen wir ebenfalls einem mehrschichtigen Besatz. Hier sind die Kerne der tiefer liegenden Zellen chromatinreich, klein, die der oberfl~chlicher liegenden hell, li~nglich oder rundlich, und dieser Unterschied gelangt auch im Plasma der Zellen zum Ausdruek. Die oberfl~chlichen Zellen sind haufig vakuolig.
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All diese Besatzzellen imponieren auf Grund ihrer Form und Fi~rbung fiir Epithelzellen (besonders die polygonalen Zellen der mehrschichtigen Teile), den endgfiltigen Beweis liefcrte jedoch unser an Abb. 9 vorgeffihrter Schnitt, wo auf dem Boden der bindegewebigen Kapsel ein etwa linsengrofler, aus Epithelzellen bestehender Hi,gel gefunden wurde. Die in der Mitte der Abbildung sichtbare, rissige Masse ist die geschrumpfte gallertige Substanz ; sehr gut zu sehen ist aul~erdem die Kapsel der Cyste, welche die Lichtung der Cyste yon den umgeben-
Abb. ]0. Fall 1. ] ~ m a t o x y l i n - v a n Gieson-F~rbung. ~Iikrophotogramm. Es ist ein Teil des :Epithelhiigels zu sehen. I n der :Mitre groBe, helle, kubische :Epithelzellen, die peripher yon mehrschichtigen, l~nglichen, dunkelgefi~rbten Zellen umgeben sind.
den Gehirnpartien trennt. Der Epithelhiigel liegt mit seiner Basis der bindegewebigen Kapsel an und besteht in seiner Hauptmasse aus polygonalen, hell gefi~rbten Zellen, deren Kerne zumeist rundlich, chromatinarm, bl~schenfSrmig sind; das Plasma fitrbt sich nach van Gieson gelb, ist bisweilen rein schaumig oder wabig; die Zellgrenzen sind unscharf, linienartig. All diese aufgezghlten Eigenschaften sind an den zentralen Teilen der Abb. 10 gut sichtbar. Die Zellen liegen einander entweder eng an, oder es sind zwischen ihnen feine Spalten sichtbar, durch welche bisweilen Intercellularbriicken ziehen. Die Zellen miissen schon auf Grund dieser Eigenschaften als Epithelzellen betrachtet werden, die weiteren histologischen Angaben weisen noch mehr darauf hin.
~ber die Anatomie und Klinik der Epidermoidcysten des Gehirns. 769 Das hiigelartige Gebilde enthalt namlich in ziemlich gro[ter Anzahl bindegewebige Inseln (Abb. 11), die nicht von kubischen, sondern vielmehr yon zylindrischen oder ziegelfSrmigen Zellen umgeben sind, deren Kerne l~nglich, chromatinreich sind; die Zellen ordnen sich um die bindegewebigen Inseln senkrecht, palisadenartig an. Diese Zellen bedeuten also die sogenannte basale Zellschicht und so entspricht die von beiden versehiedenen Epithelzellentypen gebildete Schieht dem Stratum germinativum der Epidermis.
Abb. 11. Fall 1. H~matoxylin-Eosin-F~rbung. Mikrophotogramm. B - bindegewebigc Inseln, wclche yon Epithelschichten umgeben sind.
Bei der weiteren Untersuchung hat es sich herausgestellt, dab nicht das ganze hiigelartige Gebilde aus hellen, kubischen Zellen besteht, diese werden vielmehr nach der Lichtung der Cyste zu yon einer mehrschichtigen, aus lamellenartig abgeplatteten Zellen bestehende Zellreihe begrenzt (s. den peripheren Abschnitt yon Abb. 10), deren Zellleibe sich viel dunkler als die der vorigen f~rben, die Kerne sind l~nglieh, dunkel, die Zellaehse liegt parallel zur Oberfl~tche, aul~erdem ist zwisehen den Zellen ein zartes Liickensystem sichtbar, dal~ yon sehr typischen Intercellularbriicken durchsetzt wird. Diese Zellen lassen sieh mit dem Unnaschen Keratohyalinverfahren dunkelblau f~rben, so da[t die Randzellreihe sich sehr scharf yon dem
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darunter gelegenen Haufen vollkommen farbloser, kubischer Zellen abhebt. Die Zellen erseheinen selbst bei st~rkerer VergrSl~erung diffus blau, es ist in denselben keine distinkte KSrnung zu erkennen. Dasselbe fanden wir auch bei der van Giesonschen und Hiimateinf~rbung, mit dem Untersehiede, dab das Unnasche Verfahren die Farbendifferenzen besser hervorbringt. Mit der Gramschen Fiirbungsmethode ist die Zellreihe sehr scharf gezeichnet, wie es auf Abb. 12 zu sehen ist. Die Ursache dessen ist, dal~ die einzelnen Zellen, bei schwacher VergrSi]erung unter-
Abb. 12. Fall 1. Gram-F~rbung. :Mikrophotogramm. Schwache VergrSi]erung. Epithelzellenhfigel (H), dessen l~and dutch die dunkle F;,irbung der randst~indigen Zellen in pragnanter Weise hcrvortritt.
sucht, diffus dunkel gef~rbt erscheinen, bei st~rkerer Vergr61~erung mit rein zerstreuten dunkelblauen KSrnchen vollgepfropft sind, welche mehr oder iweniger den ganzen Zelleib samt Ausl~ufer ausfiillen. Mit Immersion sind auch in den zentralen, kubischen Zellen hier und da einzehle feine, blaue K6rnehen zu linden, nach der Peripherie zu nimmt die Menge der KSrnchen in der Randschicht stark zu, in einigen randsthndigen Zellen k6nnen die einzelnen K6rnchen selbst mit Immersion nicht voneinander getrennt werden, sie liegen so dicht nebeneinander. Die grampositiven KSrnchen lassen die Zellkerne aus, dies ist auf Abb. 13 sehr sehSn zu sehen (dieses Bild wurde von unserem Fall 2 verfertigt, der in den feineren histologisehen Einzelheiten mit Fall 1 analog ist). Da also die
Uber die Anatomie und Klinik der Epidermoidcysten des Gehirns. 771 Randzellen aul~er ihrer morphologischen Erscheinung auch die charakteristischen F~rbungsreaktionen des Stratum granulosum der Haut gegeben haben, muff die Randschicht als eine dem Stratum granulosum clef Haut entsprechende Zellreihe betrachtet werden. Der Umstand, dab weder mit dem Unnaschen Verfahren, noch mit den verschiedenen H~matoxylinfarbungen distinkte KSrnchen zu linden gelungen ist, blol~ eine diffuse, dunkle F~rbung, bedeutet keinen prinzipiellen Unterschied, denn da
Abb. 13. Fall 2. Gram-~iirbung. Immersionsaufnahme. Die l~inglichen randstiindigen Epithelzellen ffihren feine KSrnchen, dutch welchc die einzelnen Zelleiber gut hervortreten.
k5nnen die noch nicht vollst~ndig eruierten Unterschiede der unfertigen keratinartigen Substanzen in Rede kommen. Nach der histologischen Untersuchung ist also der in unserem Falle ge]undene Epithelhiigel ein Sti~ckchen Epidermis, das zwei Schiehten der Haut enthi~lt: das Str. germinativum und Str. granulosum. Die fibrigen Schichten der Haut, namentlich das Str. lucidum und Str. corneum fehlen; fiber der besehriebenen KeratohyalinkSrnchenschieht war an keiner Stelle des Tumors eine verhornte Schicht nachzuweisen. Nach innen folgt dem Stratum granulosum unmittelbar dis gallertige Substanz oder die Schicht der KSrnehenzellen. Die besproehene Epithelinsel ist demnach ein unvollkommenes Stfick Epidermis, das die obersten Schichten der Haut nicht enth~lt. Ffir die Ern~hrung des Epidermis-
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stfickes sorgen die auf Abb. 11 zu sehenden bindegewebigen Inseln bzw. die darin verlaufenden zahlreichen kleinen Gefal~e. Die Inseln haben zumeist seharfe Umrisse, sind rundlich, oval oder von unregelm~lliger Form, bestehen haupts~tehlich aus loekerem Bindegewebe und enthalten bisweilen infiltrative Elemente. Auf Grund ihrer morphologischen Erscheinung maehen sie den Eindruck yon quer geschnittenen bindegewebigen Papillen der besehriebenen Epidermisstfickehen. In den Serienschnitten linden wir auch einen zweiten Epithelhfigel, welcher unabh~tngig vom ersten nicht am Boden der Cyste, sondern etwas seitw~rts davon Platz nimmt. Diese Epithelinsel wOlbt sieh genau so in die HShlung der Cyste vor wie die erste, sie ist etwa erbsengroll und etwas papill~tr, in manchen Schnitten imponiert sie ftir ein pilzartiges Gebilde. Bezfiglich Struktur und F~rbung entspricht sie der frfiher erw~ihnten vollkommen und ist somit auch als ein unvonkommenes Stfiekehen Epidermis zu betrachten. In den gandpartien beider Epidermishiigel gehen die bedeckenden, schuppenartigen, dunkel gef~irbten Zellen (Zellen des Stratum granulosum) unmittelbar in die die H6hlung der Cyste auskleidende Zellreihe fiber. Auger dem unmittelbaren tJbergang beweisen auch die Form- und F~irbungsverh~ltnisse dieser Zellen ihre Identitat mit den Zellen des Stratum granulosum. Die Zellen enthalten n~mlich im unteren Teil der Cyste, wo die Auskleidung h~ufig mehrreihig ist, genau solche grampositive KSrnchen, wie sie auf Abb. 13 zu sehen sind. Ferner f~rben sich diese Zellen aueh n~ch Unna und van Gieson dunkel und sind ab und zu durch intercellulare Brficken verbunden. Zusammenfassend k6nnen wir sagen, dab wir in unserem Falle mit einem mit Epithel ausgekleideten bindegewebigen Sack zu tun haben, dessen Epithel stellenweise einschichtig, stellenweise mehrschichtig ist und mit den im Sack vorgefundenen mlvollkommenen Epidermisinseln kontinuierlich zusammenh~ngt. Der Umstand, dal~ wir die vorher besprochenen Eigenschaften in der oberen 1)artie der Cyste, wo der Epithelbesatz einschichtig und stark abgeplattet ist (negative Gramsche und Unnasche Fgrbung), nicht vorgefunden haben, spricht nicht gegen unsere Behauptung, einesteils weil diese platten Zellen mit den legitimen Epidermiszellen unmittelbar zusammenh~ngen, andernteils weil sie sich mit der van Giesonschen Fhrbung scharf von den darunter befindlichen Bindegewebszellen unterscheiden. Auf die Verdinderungen der Nervensubstanz u m den T u m o r fibergehend ist die Ependymauskleidung des 3. Ventrikels im oberen Tell des Ventrikels unversehrt erhalten und kann vom bindegewebigen Tell der Geschwulst gut getrennt werden. Im mittleren Tell des Ventrikels schmiegt sie sich eng an die Kapsel und scheint stellenweise auf kfirzere Strecken mit ihrem Gewebe zu verkleben, um endlich in der unteren
0bet die Anatomie und Klinik der Epidermoidcysten des Gehirns. 773 Hi~lfte des Ventrikels vollsti~ndig zu fehlen. An dieser Stelle kommt die Nervensubstanz der Thalami mit der Gesehwulst in unmittelbare Beriihrung. In der N~he der Beriihrung ist das Nervengewebe etwas gelockert und zeigt eine Proliferation der faserigen Glia, welche sozusagen eine Schutzschichte gegeniiber der Geschwulst bildet. In einem der Schnittebenen bildet der Ependymbesatz eine kleine Tasche, mit anderen Worten, das Ependym tiberzieht auch ein k]eines, zurtickgeschlagenes Stiickchen der Nervensubstanz, was darauf zu weisen scheint, daI~ die yon unten nach oben zu wachsende Geschwulst nicht nur den Ventrikel erweitert, sondern auch das umgebende Nervengewebe naeh oben gedriickt hat. In den Ependymzellen l~[3t sich durch die Sudanfarbung kein Fett nachweisen. Die subependymalen Geialte zeigen bisweilen sehr ausdriickliche lymphocyt~re und plasmazellige Infiltration (reaktive Entztindung). Das Nervengewebe erscheint bei der van Giesonschen F~rbung an einigen Stellen stark aufgelockert, und darin sind starke Gliavermehrung und Gruppen yon groften, polygonalen Monstregliazellen mit opakem Zelleibe zu sehen. An anderen Stellen begegnen wir ausgesproehen spongiSser Substanz, und an diesen Stellen sind die Fortsi~tze der Gliazellen im Nisslbilde so detailliert gezeiehnet, wie man es nur in den spezifischen Gliapr~paraten zu sehen pflegt. In der Gliawucherung nehmen nach dem Charakter der Fortsi~tze und Keme Makro- und Mikrogliazellen gleichm~l~ig Tell. Die starren Forts~tze einzelner Gliazellen weisen auf faserige Umwandlung hin. An anderen Stellen ist die Kapsel der Gesehwulst yon einer eigentiimlichen, hell gef~rbten (van Gieson, Nissl), feinkSrnigen oder fibrilli~ren Substanz umgeben, von welcher lediglieh auf Grund der darin enthaltenen faserbildenden gliSsen Riesenzellen und ihrem unmittelbaren Ubergang in die umgebende Nervensubstanz entschieden werden kann, dart es sieh hier eigentlieh um durch den Druck der Geschwulst pathologisch ver~ndertes Nervengewebe handelt. An manchen Stellen sind in der Nervensubstanz zahlreiehe, mit braungelben KSrnehen und Schollen beladene Wanderzellen sichtbar (naeh der Turnbullsehen Reaktion Eisenpigment). In der dem Tumor benachbarten Nervensubstanz (also haupts~chlich in den medialen Kernen der Thalami) sind die Ganglienzellen in den Nisslbildern blaft, ihr Zelleib ist rein retikuli~r oder wabig und enthi~lt sehr oft metachromatische, griinliche Granula; manchmal sind die Zellgrenzen verwasehen, auch ist kein Kern zu sehen, so dal~ der Zellsehatten nur durch die griinlichen KSrnehen angedeutet wird; die Kerne der Ganglienzellen sind im allgemeinen hell, es gibt jedoch aueh dunkel gef~rbte, geschrumpfte Keme. Es kommen auch im ganzen dunkel gefi~rbte Ganglienzellen vor, mit feinwabigem Zelleib. Die Gliakerne um die Ganglienzellen sind manehmal vermehrt, hier und da ist auch
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Neuronophagie zu beobachten. Die Gliakerne sind chromatinreich, progressiv, bisweilen ist auch der Zelleib sichtbar. In den Sudanschnitten zeigen die Ganglienzellen eine geringgradige Verfettung, in den nach Bielschowsky gef~rbten Pr~paraten eine feine, argentophilk6rnige Degeneration. In den nach Spielmeyer gef~rbten Schnitten sind die subependymalen Markscheiden oft stark gequollen, vakuolig, auch ist ein Zerfall in einzelnen Markballen zu sehen. Die Ganglienzellen der Substantia innominata Reichertii sind teils intakt, tells zeigen sie ebenfalls die wabige Struktur, die pyknotischen Kerne, die verwaschenen Zellschatten. Die Ganglienzellen des Tuber cinereum (Nucl. periventricularis juxtatrigonalis) zeigen auch versehiedene pathologische Ver~nderungen; zum Teil sind sie dunkel, mit pyknotischem Kern, zum Teil wabig bis schattenartig verschwommen. Im ventralen Tuberkern begegnen wir auch akuteren Veranderungen der Ganglienzellen: Auftreibung, feingek6rnter Zelleib, ausgefranste Zellgrenzen, an den l ~ n dern des Zelleibes dunkel imprggnierter Detritus, haufige Zellschatten. An einer mehr ventralen Stelle des Tuber sind zahlreiehe opake Gliaelemente zu sehen.
Zusammen/assung des histologischen Be/undes. Die die Hauptmenge der Geschwulst bildende gallertartige Substanz ist eine strukturlose Masse, in welcher auger wenigen Fibrinf~den und einigen KSrnchenzellen keine anderen morphologisehen Elemente zu finden waren. Die gallertige Substanz wird yon einer zweischichtigen Kapsel umgeben, deren ~ul~ere Sehicht von Bindegewebe, die innere yon epithelialen Elementen gebildet ist. Die bindegewebige Wand ist fibrill~r, zum Teil hyalin entartet, in der ~.ul]eren Schicht enth~lt sie infiltrative Elemente; an der obersten Stelle der Geschwulst beriihrt sie die Tela chorioidea ventriculi 3, an der untersten Stelle derselben ist sie mit der basalen Pia verschmolzen. Die Epithelschicht ist ein- bzw. mehrreihig und iibergeht in, im unteren Abschnitt der Geschwulst sichtbare, linsen- bzw. erbsengro6e Epithelinseln und ist mit deren ~ul~eren, bedeekenden Zellschicht sowohl morphologiseh, wie nach der F~rbung identisch. Die Epithelinseln bestehen zentral aus hellen, kubisehen, peripher aus l~ngliehen, dunkleren, durch Intercellularbrficken verbundenen Zellen; da es gelungen ist, in den letzteren grampositive K5rnung nachzuweisen, entspricht die von ihnen gebildete Schicht dem Stratum granulosum der Haut, wahrend die ersteren das Stratum germinativum vertreten. Die Epithelinseln haben sieh demnach als unvollstandig gebildete (das Str. lucidum und Str. corneum entbehrende) Stfickchen Epidermis erwiesen. Zwisehen der Kapsel und der gallertigen Substanz sind eigentfimliche, gro~e, rundliche, helle Zellen mit wabigem Plasma und zur Seite gedr~ingtem Kern
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sichtbar, hier und da in einer breiten Zone, an anderen Stellen nur vereinzelt, in besonders groBer Anzahl in den verkleinerten Teilen der Gesehwulst oder in ihren Ausbuchtungen. Um zu entseheiden, wohin unsere Gesehwulst eigentlich zu reihen ist, miissen wir vor allem die Genese ihrer Bestandteile kl~ren. Wenn wir nach dem Ursprung der gallertigen Masse forschen, miissen wir unsere Aufmerksamkeit auf das zwischen K~psel und gallertiger Masse gelegene Gebiet kSrniger Zellen lenken. Da diese Zellen in grSBerer Anzahl immer nur in der NiChe der Epithelauskleidung zu linden sind und sich lest an die Epithelzellen schmiegen, ferner, da ~ueh unter den Zellen des Epithelbesatzes schaumige, vakuolige Exemplare mit randst~ndigem Kern vorhanden sind, welche gleichsam einen 1Jbergang zwisehen den Epithel- und KSrnchenzellen bilden, miissen wir die KSrnchenzellen ~uf Abb. 8 als abgelSste und degenerierende Epithelzellen betrachten, fiir deren Nachwuchs die Epithelschicht sorgt. Der Umstand, dab die Zone der KSrnchenzellen yon wechselnder Breite ist, st6llenweise sogar vollstandig fehlt, kann damit erkl~rt werden, dab die Epithelauskleidung unter verschieden starkem Druck gestanden ist und dadurch der Ersatz der abgelSsten Epithelzellen nicht fiberali mit der gleichen Intensit~t vor sich gegangen ist. Hinsichtlich des Verhi~ltnisses der KSrnchenzellen zur gallertigen Substanz ist zu bemerken, dab in letzterer sehr oft nur aus einigen Zellen bestehende Gruppen sichtbar sind (insbesondere in den zentralen Teilen der Geschwulst), anderswo hingegen - - wie z. B. in den Randpartien und kleinen Winkeln der Geschwulst - - linden wir groBe Mengen der KSrnchenzellen. An diesen letzteren Stellen ist es eine recht hi~ufige Erscheinung, dab die Grenzen der in die gallertige Substanz eingebetteten Zellen verwaschen, manchmal ganz versehwunden sind, dab die Kemf~rbung mangelhaft ist oder vollst~ndig fehlt, so dab endlich nur ein rundliches, feinvakuoliges Gebilde die Stelle der in die Gallerte eingesehmolzenen Zelle sehattenartig andeutet. Diese Verh~ltnisse kSnnen auf Abb. 8 beobachtet werden. Auf Grund unserer histologischen Untersuchung haben wir die Auffassung gewonnen, dab der gallertige Inhalt von den abgetrennten und degenerierenden Zellen durch ihre Verfliissigung gebildet wurde.
Demnach ist die gallertige Masse, welche die Hauptmasse der Geschwulst bildet, ein Produlct der epithelialen Auslcleidung der bindegewebigen Kapsel: sie ist dutch die AblSsung und Degeneration der Epithelzellen zustande gekommen. Die Frage beziiglich des Ursprunges der Epithelzellen und Epithelinseln stellt uns einer viel schwierigeren Frage gegeniiber. Da die Epidermisinseln am Boden der Geschwulst, unmittelbar an der basalen Pia sitzen, und ihre randsti~ndige Zellreihe unmittelbar in die die Lich-
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tung der Cyste auskleidende Epithelschicht iibergeht, hat die Auffassung, dab der Epithelbesatz des ganzen Gebildes aus dieser basalen Epidermisinselhervorgegangenist, eine gewisseWahrscheinlichkeit. Dies wird noch durch die folgenden histologischen Daten bewiesen : An den Randpartien der Geschwulst sind nach oben gedrgngte Teile der Nervensubstanz (mit zurtickgeschlagenem Ependymiiberzug) sichtbar, ferner ist der obere Abschnitt der Kapsel stark verdfinnt, welche Tatsachen ebenfalls fiir das Wachsen der Geschwulst von unten nach oben zu sprechen. Nach a]ledem stellt sich aber die Frage, welchen Ursprunges wit die
als Ausgangspunkt des ganzen Vorganges bezeichneten Epidermisinseln betrachten sollen. Hier tauchen zwei MSglichkeiten auf: die eine, dab die Inseln sich aus den yon Erdheim beschriebenen infundibulgren Plattenepithelieninseln, die andere, dab sie sich aus verlagerten embryonalen Keimen entwickelt haben. Von den beiden MSglichkeiten war die Untersuchung des infundibularen Ursprunges dadurch erschwert, dab die Herausnahme des Gehirns nicht in Zusammenhang mit der Hypophyse vor sich gegangen ist. Die separat entfernte Hypophyse war in der Querrichtung etwas ~bgeplattet und gab ein normales histologisches Bild. Bei der makroskopischen Untersuchung des in der infundibul~ren Gegend sitzenden Tumors haben wir auBer streifenartigen Verdickungen und Unebenheiten der hautigen H/file (Abb. l) keine sonstige Ver~nderungen gefunden, bzw. war in der sich vorwSlbenden Tumorwand kein solches Gebride zu sehen, das als das Infundibulum betrachtet werden hatte kSnnen. Unter den Serienschnitten des Tumors haben wir zwar in einigen Schnitten am basslen Teil einen aus der HShlung der Cyste hervorgehenden, kleinen Recessus gefunden, dal~ aber dieser von infundibulgrer Natur w~re, dagegen k6nnen folgende Argumente angeffihrt werden: 1. In der Cyste kommen auch an anderen Stellen unregelmgBige Ausbuchtungen vor, 2. die Wand des Recessus besteht aus infiltriertem Bindegewebe und inwendig aus cystisch entartetem Epithel, was schon allein gegen das gliSse Infundibulum spricht, 3. die den Ausgang der Erdheimschen Geschwtilste bildenden Epithelinseln sitzen am oberen Teil der Adenohypophyse und in deren dem Stiel anliegendem Fortsatze, w~hrend die fiir den Ausgangspunkt in unserem Fal]e angenommene Epidermisinsel unabh~ngig vom besprochenen ReceB, zicmlich weit davon, seitlich Platz nimmt. Demgegenfiber k6nnte such angenommen werden, dab der Druck der Geschwulst die ursprtingliehe Topographie deformiert hat, aber selbst diese MSglichkeit angenommen, linden wir keine Tatsache vor, welche die Identitgt des beschriebenen Recesses mit dem Recessus infundibuli bewcisen vermochte. Demnach mtissen wir sagen, dab in unserem Falle weder die makroskopische, noch die sorgf~ltige mikroskopische Untersuchung solche
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Angaben geliefert haben, welche fiir den Ursprung aus den Erdheim schen infundibul~ren Epithelinseln sprechen kSnnten. Unsere Geschwulst hat jedoch auch solche Eigentiimlichkeiten, welche ausdriicklich gegen den infundibul~ren Ursprung zu verwerten sind. Diese sind die in der Randzellenreihe der Epidermisinseln gefundene grampositive KSrnchen, sowie die diffuse dunklere F/~rbung der Randzellenreihe bei den verschiedenen H~matoxylinfi~rbungen und beim Unnaschen Verfahren. Diese Fi~rbungen sprechen n~mlich fiir das Vorhandensein gewisser homartiger Produkte, so z. B. f~rben sich nach Ernst die Vorstadien der Hornsubstanz bei der Gramschen Fiirbung; in einem Falle von Atherom haben sich die KeratohyalinkSrnchen damit gefi~rbt. Es gibt zwar Autoren, die behaupten, dal~ das Keratohyalin bei der Verhornung nur eine indirekte Rolle spielt, nach anderen ist es ein Vorstadium des Keratins (Reinke, Blaschko). Vom Gesichtspunkte unseres Problems miissen wir es jedoch als gleichgiiltig betrachten, ob die grampositiven K6rnchen Keratohyalink6rner, irgendein prokeratinartiger Stoff oder Keratink6rnehen sind. Da~ Wesentliche ist,
daft wit in unserem Falle Epithelzellen ge/unden haben, die die charakteristischen Fdirbungsreaktionen der verhornenden Epithelzellen gaben. Die Feststellung yon Ernst, da[~ die Gramsche Fi~rbung auch von schleimartigen Substanzen gegeben wird, kommt in unserem Falle nicht in Betracht : die Fi~rbung mit Mucicarmin hat negatives Resultat ergeben. Die Bedeutung all dieser Umst~nde wird deutlich, wenn ich darauf aufmerksam mache, dag laut den Feststellungen Erdheims die aus den Epithelienresten der Hypophyse und des Hypophysenganges hervorgegangenen Geschwiilste Keratohyalin und Verhornung entbehren und Erdheim gerade diese Eigenschaften zur Unterscheidung yon den Cholesteatomen und Epidermoiden beniitzt. Da wir jedoch in den Epithelzellen histologische Zeichen der Verhornung wahrgenommen haben, kann unsere Geschwulst auch auf dieser Grundlage von den Erdheimschen Tumoren ausgeschlossen werden. In unserem Falle befolgen wit auf diese Weise ein ganz entgegengesetztes Verfahren wie Bartels, der, da seine Gesehwulst vom Infundibulum ausgegangen ist und ihre Zellen keratohyalinhaltig waren, im allgemeinen den angenommenen Ausgang der infundibulgren Geschwtilste aus den Erdheimsehen Plattenepithelinseln beanstandete. Wir namlich, ohne in der strittigen Frage zwischen Erdheim und Barrels Stellung zu nehmen, mSchten feststellen, daft wir in unserem Falle derartige histologisehe Erscheinungen wahrgenommen haben, welche ab ovo gegen den Ausgang von den Erdheimschen Epithelinseln sprechen. Demnach spricht also der histologische Befund unseres Falles nicht fiir den infundibularen Ursprung, zum Teil liefert er sogar ausdrtickliche Beweise dagegen, und so kSnnen wir uns mit vollem Recht der
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anderen MSglichkeit, der des Ursprunges aus aberrierten Epidermiskeimen zuwenden. Diese M6glichkeit ist mit den histologischen Angaben sehr gut in Einklang zu bringen. Mit der Lage der Geschwulst in der Mittellinie begonnen, welche die Anwesenheit von in die sich schlieBende MedullarrShre verirrten Keimen verst/indlich macht, bis zu ihrem feineren histologischen Bau (mit Epithel ausgekleidete Cyste, welche von einer, durch Degeneration fortw/~hrend anwachsender und sieh ablSsender Zellen entstandenen gallertigen Substanz ausgefiillt ist) sprieht alles daffir, dab wir bier mit einer in friihem fetalem Alter vor sich gegangenen Keimverlagerung zu tun haben. Diese Annahme wird durch das Vorhandensein der erbsen- bzw. linsengrol3en Epidermisinselehen in der Cyste nur noeh befestigt; dieselben weisen nicht nur auf eine ektodermale, sondern zugleich auf eine epidermale Keimaberration. Auf die Frage, weshalb diese Inseln blog zwei Schicbten der Haut enthalten, k6nnen wir ebensowenig eine sichere Antwort geben, wie darauf, weshalb es nicht zur Bildung einCr Hornschicht gekommen ist, wo doch die Randzellen der Inselchen dicht mit Keratohyalink6rnern beladen sind. Hierauf k6nnte man wohl auch die Antwort geben, dag die Abl6sung und Degeneration der Epithelzellen friiher eingetreten ist, bevor sich noch eine typische Hornschicht h/itte bilden kSnnen; in diesem Falle bleiben jedoch die vorzeitige Abl5sung und Degeneration ohne Erkl/irung. Datum mfissen wir das Fehlen der beiden oberen Sehichten der Haut als eine genau so wenig erkl/irbare Eigentiimliehkeit betrachten, wie den Umstand, dab die sieh lostrennenden Epithelien degenerieren, sieh verfliissigen und hiermit den eigenartigen, gallertig-fliissigen Inhalt der Cyste zustande bringen. Eine weitere Frage : Wie k6nnen wir in unserem Falle das Vorhandensein der bindegewebigen Kapsel erklaren ? Miissen wir da eine gleiehzeitige bindegewebige Aberration annehmen oder ist die Kapsel als ein sekundares Gebilde zu betraehten ? Diesbeziiglieh kSnnen wir folgende Angaben der histologisehen Untersuehung verwerten: Die bindegewebige Kapsel der Cyste ist mit der basalen Pia so eng versehmolzen, dal3 die beiden weder dureh die Dieke der Fasern, ihr Gefiige, noeh dureh den Kernreiehtum der Wandungen zu unterscheiden sind. Im obersten Absehnitt der Cyste kommt die bindegwebige Kapsel mit der Tela ehorioidea in Beriihrung, hiervon ist sie jedoeh gut zu unterseheiden, einesteils dureh die versehiedene Dieke der Bindegewebsfibrillen (die Fasern der Cyste sind gr6ber), andernteils dureh die hyaline Entartung der Cystenwand. Diese Feststellungen seheinen dafiir zu sprechen, dag die Verschmelzung an der Cystenbasis eigentlich eine prim~re Einschichtigkeit ist, bzw. dag hier nicht deshalb eine einzige Bindegewebsschichte vorzufinden ist, weil die Cystenwand und die
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Pia der Gehirnbasis sekund~ir verschmolzen sind (infolge des Druckes der Geschwulst), sondern weil die ganze bindegewebige Kapsel sich eigentlich aus der Pia der Gehirnbasis entwickelt hat. Hierauf weist auch der Umstand, dab auch die Epidermisinseln an dieser Bodenschicht Platz genommen haben, so dab es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, da~ die Pia der Gehirnbasis zur Bildung der bindegewebigen Kapsel verwendet worden ist. Hierfiir ist es auch zu verwerten, dab auf Grund des histologischen Bildes der Tumor von unten naeh oben zu wachsen mu~te. Die sekund~re Bildung der bindegewebigen Kapsel kann nur auf die Weise vorgestellt werden, dab der in der N~he der Pia, bzw. in der Pia selbst implantierte, versprengte Keim w~hrend seines Waehstums einen Reiz auf die bindegewebigen Elemente der Pia ausgefibt hat (hierauf weisen die Infiltrationserscheinungen in der Cystenwand), wodurch dieselben in Wueherung geraten sind. Da der Epidermiskeim sehr langsam wuchs, konnte die Proliferation des Bindegewebes mit ihm Schritt halten. Unserer Auffassung nach hat die bindegewebige Kapsel in der Bildung der Geschwulst keine wesentliche Rolle, denn das ausschlaggebende Moment ist einzig und aUein die epidermale Keimaberration: alle iibrigen Einzelheiten der Histogenese sind saint und sonders ihre Folgen. Nach alledem ist es noch fraglich, wohin dieses dutch epidermale Keimverirrung entstandene Gebilde zu reihen ist. Da wir einen epidermoidalen Ursprung supponieren, w~re es natiirlich am n~chsten liegend, das Gebilde als eine Epidermoidcyste zu bezeichnen. Da jedoch ,,Epidermoid" eine in der Literatur schon bekannte Bezeiehnung ist, stellt sich die Frage, ob sie im in der Literatur iiblichen Sinne fiir unseren Fall angewendet werden k6nne, bzw. da die Benennung Epidermoid auch als Synonym yon Cholesteatom vorkommt, k6nnte in unserem Falle nicht von Cholesteatom die Rede sein ? Und hiermit sind wir beim in der Einleitung bereits erwahnten Problem angelangt, namlich welches Verhiiltnis zwischen Epidermoid und Cholesteatom besteht, bzw. ob es Kriterien gibt, au/ Grund welcher die beiden Gebilde voneinander di//erenziert werden kSnnen. Zur Kl~trung der Frage betrachten wir vorallererst die Kennzeichen der in der Literatur vorkommenden Falle von Cholesteatom. Hier mfissen wir vor allem die Tatsache festsetzen, dab bei den ~lteren Forschern gerade in den prinzipiellen Fragen eine gro~e Uneinigkeit vorherrschend war. So z. B. hielt Virchow das Cholesterin nieht fiir einen wesentlichen und st~indigen Bestandteil der Cholesteatome, nach Bostroem hingegen gibt es ohne dem kein Cholesteatom: ,,meiner (~berzeugung nach . . . das Cholesterin einen integrierenden Bestandteil aller solcher Geschwfilste bildet". Bostroem betont auch das Vorhandensein yon geschichteten Epithelmassen, w~thrend Eberth einen Fall beZ. f. d. g. Neur. u. Psych. 122.
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schreibt, wo weder geschichtete Epithelmassen noch Cholesterin vorhanden waren. Dieser Eberthsche Fall war jedoch nach Bostroem kein Cholesteatom, sondern ein Endotheliom, wodurch das abweichende Bild auch verst~ndlich wird. Bei der Ubersicht der Mitteilungen, welehe naeh Bostroem erschienen sind (Beneke, Bonorden, Frank, Scholz, Meyer, Ford, Frick, Erdheim, Binder-Schwalbe, Schulgin), sehen wir, da$ die Bostroemschen Kriterien in die Literatur fibergegangen sind, bzw. finden wir auch in der jfingeren Literatur hinsiehtlieh der morphologischen Erscheinung keine wesentlichen Abweichungen. Im Laufe der Zeiten haben sich also die Kennzeichen der Cholesteatome pr~zisiert und dies kommt auch in den Definitionen von Borst und Kau/mann zum Ausdruck. Nach Borst: ,,stellt (das Cholesteatom) ein kugeliges Gebilde, yon weil~em, seidenartigem, perlmutterKhnlichem Glanz, yon trockener, br6ckeliger Beschaffenheit und geschichtetem, feinblKttrigem Bau dar". Nach Kau/mann: ,,wachsweil~e, weiche, rundlich-h6ckerige Knoten von Perlmutterglanz", ,,epitheliale Neubildungen, die Cholesterinkrystalle enthalten". Auf Grund der literarischen (Jbersicht wfirden wit die Kennzeichen der Gehirncholesteatome in folgendem zusammenfassen: es sind Gebilde yon h6ckeriger oder perliger Oberfl~che, yon perlmutterseidenartig gl~nzendem, trockenem, br6ckeligem Inhalte, welche zwiebelschalenartig oder konzentrisch geschichtet, cholesterinhaltig sind und eine mit Epithel ausgekleidete, bindegewebige Kapsel besitzen. Dies sind die wesentlichsten Kennzeichen, welche in der Mehrzahl der F~lle s~mtlich vorhanden sind, obwohl es auch vorkommt, dal~ eines oder das andere yon den Forschern nicht erw~hnt wird. Bezeichnend daffir, wie genau abgegrenzt das morphologische Bild des Cholesteatoms ist, kann der Fall Teutschldnders geffihrt werden, welcher yon dem Autor deshalb yon den Cholesteatomen unterschieden wird, weil darin wenig Cholesterin enthalten und die Perlenbildung nicht genug ausgepri~gt ist. Wenn wir nun die Kennzeichen der Epidermoide zusammenstellen wollen, so mfissen wir die literarische Ubersicht mit JBostroem beginnen, der die Bezeichnungen Cholesteatom und Epidermoid fiir identisch hielt. Trachtenberg (1898), obgleich er sich fiir einen Anh~nger Bostroems bekennt, weicht bei Besprechung seines Falles yon der Bostroemschen Konzeption ab. In seinen multiplen spinalen und cerebralen Geschwiilsten waren n~mlich keine epidermoidalen Elcmente vorhanden, dagcgcn aber Talgdriisen, glatte Muskel und Fettgewebe. Nur in einem einzigen kleinen Tumor land er Epithelbesatz, in den Cysten erw~hnt er kein Cholesterin, der Inhalt ist fettig, breiartig, kSrnig. Auf Grund dieses histologischen Bildes ist es uns unverst~ndlich, worauf Trachtenberg die Diagnose des Epidermoids basiert. Unserer Auffassung nach kann es sich hier nur um Dermoide handeln, was fibrigens auch Trachten-
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berg neben der Benennung Epidermoid an zweiter Stelle erw~hnt. Blasius (1901) hat mit Bostroem fibereirlstimmend die Bezeichnung Epidermoid als ein Synonym yon Cholesteatom f fir seine in der Gegend des Corpus callosum sitzende Geschwulst beniitzt; dies hat er um so mehr tun kSnnen, da seine Geschwulst in allem den hieroben zusammengestellten Kriterien des Cholesteatoms entsprach. Meyer (1913) spricht v o n d e r Bostroemschen Bezeichnung abweichend von epidermoidalen Cholesteatomen, somit unterscheidet er eine epidermoidale und eine dermoidale Abart des Cholesteatoms. Sein Tumor ist sowohl makroskopisch als auch histologiseh ein Cholesteatom. Lauterburg (1922) beschreibt ein zwisehen der spinalen Dura und Arachnoidea seheinbar frei liegendes Gebilde als ein Epidermoid. Auf Grund des anatomischen Bildes stehen wir auch hier einem typischen Cholesteatom gegenfiber (Perlmutterglanz, zwiebelschalenartige Schichtung, Cholesterinkrystalle). Longhitano (1924) besehreibt unter der Benennung Epidermoidcyste eine cholesterinhaltige, mit Epithel ausgekleidete, bindegewebige Cyste und gebraucht die Bezeichnungen Epidermoid und Cholesteatom auf die Art von Synonymen. v. Ho]meister (1926) besehrieb unter dem Namen ,,piales Epidermoid" einen ungewohnten groBen, operierten Tumor, dessen bindegewebige Wand inwendig mit verhornendem Epithel ausgekleidet war. Sein Fall weicht insofern vom typischen Cholesteatom ab, dal3 der Inhalt der Cyste keine solide, zwiebelschalenartig zusammenge[iigte Masse ist, sondern eine helle, br~iunliche Fliissigkeit, in welcher Cholesterinbl~ttchen und Schatten roter BlutkSrperchen sichtbar sind. Ho/meister betraehtet jedoch diese Abweichung nicht als ein Unterscheidungsmerkmal, sondern wendet, sich Bostroem anlehnend, die Bezeichnung Epidermoid an Stelle yon Cholesteatom an. Smirnow (1926) fibernahm in seinem Falle die Meyersche Bezeichnung, endlich hat ~r. Hesse (1927) eine Cyste der Dura mater mitgeteilt, die sie ein typisches Epidermoid nennt, in deren Inhalt sie jedoch Haare und Talgdrfisen beschreibt. Borst (Ascho][, Pathol. Anatomie 1928) erw~ihnt das Epidermold in der Gruppe der Cholesteatome, er macht aber fiber seine n~heren Kriterien keine Erw~hnung. Demnach wurde also die Benennung Epidermoid in der Literatur nach Bostroem durch die Forscher in 2 Fiillen ffir solehe Gebilde gebraucht, die nicht blol3 Epidermiszellen, sondern auch akzessorische Epidermisbestandteile (Hesse) und andere Elemente (Trachtenberg) enthielten und welche gerade deshalb schon ab ovo von der Gruppe der Epidermoide ausgesehlossen werden mfissen. Dies sind n~mlich Dermoide. Eine andere Gruppe der Forscher beschrieb typische Cholesteatome unter der Benennung Epidermoid (Blasius, Meyer, Lauterburg, Longhitano), diese haben also die Bostroemsche Benennung akzeptiert. Ho/meister steht ebenfalls am Bostroemschen Standpunkt, obgleich das 50*
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yon ihm beschriebene Gebilde gewisse Abweichungen vom typischen Bride des Cholesteatoms atifweist, indem weder yon Perlmutterglanz oder Perlenbildung, noch yon geschichtetem Inhalt Erw~hnung getan ist, sondern der Inhalt der Cyste dfinnfliissig und die Epithelproduktion sehr gering ist. Ho/meister beruft sich zwar auf Bostroem, da~ auch bei ibm 2 F~lle yon Cholesteatom erw~hnt sind, wo der Inhalt dfinnflfissig war; wir linden jedoch in der Bostroemschen Literatur yon keiner, dem Ho/meisterschen Falle ~hnlicher Cyste mit dfinnflfissigem Inhalt eine Erw~hnung. Von denjenigen, die fiber ausdrficklich hartem oder z~hem Inhalt Erw~hnung taten, gar nicht gesprochen: Cruveilhier spricht von einem schweinshirnartig weichen Inhalt, Chomel yon einer speckweichen Substanz, Virchow, Hirtz, Tochd, Bi~ssemaker berichten iiber ein breiiges, weiches, kSrniges Material, abet yon keiner Flfissigkeit. Bostroem selbst schreibt yon seinem eigenen Falle folgendes: ,,sehr derbe, ~iul]erst trockene und b r f i c h i g e . . . Masse". In der Bostroemschen Literatur linden wir nur in einem Falle, und zwar im Falle yon Osler Erw~hnung fiber diinnflfissigen Inhalt, doch wurde dieser Fall durch Bostroem yon den reinen Cholesteatomen herausgenommen. Den Hofmeisterschen Fall mit dem Falle Oslers vergleichend finden wir nicht nur in bezug auf den fliissigen Inhalt, sondern auch auf Grund anderer Eigenschaften eine gewisse (~bereinstimmung (in beiden Fhllen faserige Kapsel mit Epithelauskleidung). Der Umstand, daI~ im Gegensatz zu Osler bei Ho]meister auch Cholesterinkrystalle beschrieben sind, bedeutet keinen prinzipiellen Unterschied, denn wo Epithel zerfiillt, ist die MSglichkeit zur Cholesterinbildung immer gegeben und somit ist das Vorhandensein von Cholesterin allein noch kein Beweis ffir Cholesteatom. Nach alledem mfissen wir, wenn wir uns an die Kriterien von Boslroem halten, den Fall Ho/meister genau so yon den reinen Cholesteatomen absondern, wie es Bostroem im Falle Oslers getan hat. Die literarische Ubersicht der Cholesteatome und Epidermoide zusammenfassend, ist der Begriff des Cholesteatoms scharf pr~zisiert, gut umschrieben und enth~lt im Laufe der Zeiten genau festgestellte Kennzeichen, w&hrend die Benennung Epidermoid eine ziemlieh vage Bezeichnung ist, denn darunter versteht ein Tell der Forscher, Bostroem /olgend, Cholesteatom, ein anderer Teil Dermoid, und in der ganzen Literatur beniitzte lediglich v. Ho/meister die Benennung Epidermoid /iir ein Gebilde, das dem Cholesteatom zwar nahe steht, au/ Grund gewisser Kennzeichen jedoch von ihm unterschieden werden kann. Nun ist unsere Antwort auf die oben aufgeworfene Frage, ob unser Fall nicht als Cholesteatom zu betrachten ist, die folgende: die Oberfl~che des Tumors mit membranSser Wand und opakem Aussehen zeigt weder Perlenbildung, noch Perlmutterglanz; letzteres kann mit der Tatsache erklSrt werden, da6 die Hauptmasse, der Inhalt des Tumors
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keinc gcschichtete Substanz ist, deren Interferenz dem Cholesteatom seinen per]muttergl/~nzenden Reflex verleiht (Miiller); sondern in unfixiertem Zustand eine sehr diinne, nach Fixierung etwas festere, gallertige Masse ist. Da wir Ierner weder im gallertigen Inhalt noch in der Kapsel Cholesterinkrystalle gefunden haben,/cann/iir diesen Fall die Benennung
Cholesteatom au] Grund des anatomischen Bildes unter keinen Umstiinden angewendet werden. Nach alledem stellt sich die Frage: wofiir sollen wir denn unseren Fall halten ~. Die eine MSglichkeit wars, da,[] wir ihn nach Bostreom mit der Benennung Epidermoid fiir eine Unterart des Cholesteatoms betrachten. Demgegeniiber taught das Bedenken auf, dab wiihrend bei Epidermoiden ausschliel?lich und allein yon epidermoidalen Ursprung die Rede sein kann, scheint die Frage der Geness der Cholesteatome -- wie schon in der Einleitung darauf hingewiesen wurde -- noch immer nicht sntschieden zu sein. Hier mug ich mich abermals auf die beiden Fiille yon Kakeshita (1925) berufen, auf Grund welcher er zu der Folgerung gekommen ist, dab GS Cholesteatoms gibt, ,,dig aus Endotheliomen hervorgehen". Ein anderes Bedenken, welches unserer Ansicht naeh die Trennung dieses Falles yon den Cholesteatomen noch mehr begrfindet, ist die morphologische Erseheinung. Es ist zwar wahr, dal3 im Endergebnis das reine Cholesteatom und unser Fall nach denselben Prinzipien aufgebaut sind, da der geschwulstige Inhalt bei beiden aus den yon der epithelialen Cystenwand abgelSsten Epithelien abge]eitet werden mug. Der Unterschied kann jedoch nicht vernachl/issigt werden, wenn wir sehen, dab in einem der F/ille die Epithelzellen verhornen, lamellenartig zusammenbacken und eine perlmutterartig gl~nzende, trockene, mehr oder weniger harts Masse bilden, im anderen Falle dagegen entarten, verfliissigen, um endlich eine diinnfliissige oder gallertige Masse zustandezubringen. Da miissen wir sagen, dab trotz der Ahnlichkeit im prinzipiellen Bau, die Unterseheidung unserer Geschwulst yon den Cholesteatomen hauptsgchlieh auf Grund der Abweichungen des morphologischen Bildes notwendig erscheint. In der obigen literarischen Ubersicht haben wir vom Ho/meisterschen Falle erwghnt, dab dieser auf Grund gewisser Kennzeichen ebenfalls von den Cholesteatomen zu unterseheiden ist. Dal] Ho/meister seinen Fall Epidermoid nannte, beeinflul3t unsere Stellungsnahme nach keiner Richtung hin, da wir wissen, dal] Ho/meister dies in Einverst/~ndnis mit Bostroem als eine mit Cho]esteatom gleichwertige Benennung betraehtets. Diesen Fall mit dem unseren vergleichend haben wir grol]e )~hnlichksit gefunden. So ist z. B. die bindegewebige Kapsel der beiden mit Plattenepithel ausgekleidet und die Cyste enthi~lt trotzdem keine abgestoBenen Epithelmassen, sondern eine mehr oder weniger diinnftiissige Substanz. Weder Oberfl/~ehe noch Sehnittfl~tchs zeigen Pert-
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mutterglanz oder Perlenbildung und die Epithelproduktion ist in beiden Fallen auffallend gering. Da wit im Ho/meistersehen Fall auf Grund der Besehreibung ebenfalls einen epidermalen Ursprung annehmen mfissen, sind die beiden F~lle auch hinsichtlich der Genese miteinander fibereinstimmend. Auf diese Weise verfiigen wir fiber zwei Falle, welche dem Cholesteatom verwandte Gebilde sind, infolge gewisser Kennzeichen jedoch yon diesem unterschieden werden kSnnen. Da aber in der Literatur in bezug auf die Benennung Epidermoid eine gewisse Unsicherheit zu beobachten ist, was immer die Undeutlichkeit der begriffliehen Pr~zision bedeutet, ist unser Vorschlag, dab die Bezeichnung ,,Epidermoid" in der Zukun/t nicht an Stelle yon ,,Cholesteatom" als ein synonymer Begri[[ gebraucht werde, sondern unabMingig davon als eine selbstdndige Bezeichnung. Als Paradigma dieser neu umgrenzten Gruppe der Epidermoide diene der Ho/meistersche und unser eigener Fall und auch bei der Zusammenstellung der Kriterien des Epidermoids mSgen die histologischen Angaben dieser beiden F~tlle die Grundlage bilden. Demnaeh sind unter Gehirnepidermoide solche aus Aberration yon Epidermiskeimen entstandene Cysten zu verstehen, bei welchen die bindegewebige Wand eine mehrschichtige und die Schichten der Epidermis zeigende Epithelauskleidung ffihrt, das Epithel jedoch nicht verhornt, sondern degeneriert (verwandelt sieh in KSrnchenzellen); das Degenerationsprodukt dieser Zellen ist der Inhalt der Cyste, weleher natfirlich durch den Nachwuchs des Epithels sich immerfort vermehrt. Die Oberflgche des Epidermoids zeigt weder Perlmutterglanz noch Perlenbildung, und in seinem Inhalt sind die Cholesterinkrystalle keine integrierenden Bestandteile, kSnnen aber vorhanden sein. A u / Grund der Vorge/iihrten bilden die Gehirnepidermoide eine den Cholesteatomen nahe stehende, son denselben jedoch trotzdem unabhiingige Gruppe, die genau so ihre eigenen Kennzeichen wie die der Cholesteatome besitzt und demzu/olge yon anderen Gebilden, also auch von den Cholesteatomen gut zu unterscheiden sind. Zweeks eventueller Erg~nzung und zur Demonstration der Brauchbarkeit unserer Feststellungen beriehte ich fiber einen zweiten Fall, den ich der Liebenswfirdigkeit der Herren Professoren A. v. Sarb5 und J. Bal6 verdanke. Diesen Fall hat v. Sarb6 vom klinischen Gesichtspunkte aus in der Nummer vom 6. VIII. 1922 der Wiener Klinischen Wochensehrift mitgeteilt. Die uns interessierenden Teile seiner Mitteilung sind die folgenden: ,,Die 26jghrige Patientin erkrankte im November 1921 an Kopfschmerzen, Schwindel und Erbrechen. Sie wurde Prof. Winternitz mit dem folgenden Befunde zur Vornahme der dekompressiven Trepanation zugeschickt: Nystagmus rotatorius. Am rechten Auge Einengung des Gesichtsfeldes. Beiderseitige Sehnervenatrophie. Versehiedenes Ver-
~dber die Anatomie und Klinik der Epidermoidcysten des Gehirns. 785 halten der Patellarreflexe. Somnolenz. Nicht lokalisierbarer Tumor. Ich konnte sie noch vor der Operation untersuchen und stellte folgendes lest: Psyche triibe. Sehr deutliche Hypokinesis. Patientin taumelt naeh rfickw~rts und etwas nach rechts. Grauweil~e Papillen. Links Sehen ganz aufgehoben. Rcchtsseitige Hemianopsie. Wir lokalisieren . . . die Gehirngeschwulst in die mittlere Seh~delgrube. Der yon dieser ausgefibte Druck auf das Chiasma verursacht die rechtsseitige temporale Hemianopsie (die linksseitige ist wegen Erblindung des linken Auges nicht zu konstatieren). Zur Rettung des Augenlichtes und zur Erleiehterung des Zustandes empfehlen auch wir die dekompressive Trepanation am rechten Schl~fenbein. Dieselbe wurde von Winternitz ausgeffihrt. In der Folge wird die Patientin unruhig, somnolent. Es entwickelt sich eine Ptose, namentlieh links. Jaktation. Zwei Wochen nach der Trepanation Exitus . . . Bei der Sektion findet sich ein griinlich gef~irbter Tumor v o n d e r Grdf~e eines Taubeneies an der Gehirnbasis, vor der Brficke, eingeengt zwischen den Pedunculi, an den Seiten yon den Lobi temporales begrenzt, naeh vorn his zum Chiasma reichcnd, dasselbe nach links stark komprimierend. Am stgrksten komprimiert erscheint die Gegend des Hypothalamus. Der 3. Ventrikel durch Kompression zum Verschwinden gebracht. Der hintere Teil der Geschwulst sitzt in der Mittellinie fiber die Nuclei rubri! Dieselben sind auch schon makroskopisch siehtbar zusammengedrfickt! Die Geschwulst machte den Eindruck einer Cyste, bei mikroskopischer Untersuchung (Prof. Bald) entpuppt sie sich als eine Cysta epidermoidalis baseos." Wir sehen also, dab in diesem Falle an der Gehirnbasis, mit genau derselben Lokalisation wie in unserem ersten Falle, ein grfinlich gef~rbter Tumor von ungefi~hr derselben Gr61~e saB. Auf den durch v. Sarb6 uns iiberlassenen Gehirnscheiben schen wir, dab der Tumor nicht nut an der Basis, sondern auch in den Querschnitten von genau derselben Lokalisation ist wie der Tumor unseres schon besehriebenen Falles. Dies wird durch Abb. 14 fiberzeugender als durch jede Beschreibung bewiesen. Unterschiede: Unserem ersten Falle gegeniiber ist hier nur eine mg~l~igeErweiterung der Seitenventrikel vorhanden. Die Hauptmasse des Tumors ist keine gallertige Masse, sondern eine kompakte dunkel gefitrbte Substanz. In der gr61]ten Ausdehnung ist der Tumor v o n d e r GrdBe eines kleinen Apfels, er ffillt den 3. Ventrikel vollst~ndig aus und bringt die Gebilde um den 3. Ventrikel -- namentlich die Thalami -- durch seinen Druck zu starker Atrophie (die mediale Oberfl/~che des linken Thalamus ist st/~rker ausgehdhlt), nach oben zu erreicht er die h/~utige Decke des 3. Ventrikels und die Fornix, nach unten zu wdlbt er sich zwischen Chiasma und Pons gegen die Gehirnbasis stark vor. Die Oberfl/iche des in Zenkers Ldsung fixierten Tumors
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ist etwas holperig, yon elastisehem, radiergummiartigem Anffihlen; auf der Schnittfl~ehe besteht der Tumor aus einer feinen, hgutigen Hfille und innerhalb derselben aus einer eigentfimlichen, grfinlichen Masse, die ebenfalls elastisch ist, sich zerbr6ckeln l~l]t und verrieben einen fettigen Eindruck macht. Die basale Pia lg~t sieh yon der h~utigen Wand der Geschwulst nicht trennen. Der Inhalt des Tumors ist aus der Kapsel im ganzen als eine zusammenh~ngende Masse leicht herauszuheben, sodann stehen wir dem glatten, spiegelnden Inneren der Cystenh6hle gegenfiber. Der Tumor erweitert stark den vorderen
Abb. 14.
Teil des III. Ventrikels, er erstreckt sich aber nach vorn ebensowenig fiber die Grenzen des 3. Ventrikels wie der Tumor in unserem ersten Falle. Demnaeh haben wir mit einem, unserem ersten Falle makroskopiseh und in bezug auf Lokalisation sehr nahe stehenden Falle zu tun, dessen wesentliehste Abweiehung yon unserem Falle darin besteht, dag die yon der Kapsel umsehlossene Masse keine dfinnflfissige Gallerte, sondern eine kompakte Substanz v o n d e r Konsistenz von weiehem Gummi ist.
Bei der histologischen Untersuchung besteht die h~iutige Hi~lle auch hier aus /ibrilldrem Bindegewebe, welches G e f ~ e enthi~lt und stellenweise von infiltrativen Elementen durchsetzt wird. Das Bindegewebe ist im allgemeinen kernarm und hyalin entartet. Die bindegewebige Kapsel kann v o n d e r Pia der Gehirnbasis auch histologisch nicht getrennt werden; sie umgibt rundherum den makroskopiseb beschriebenen Inhalt, sie zeigt nirgends einen Rig oder Defekt. Die bindegewebige
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Kapsel ist inwendig mit einer zusammenhdngenden Epithelauskleidung versehen. Das Epithel ist 2--3reihig, seltener nur 1--2reihig und ist nirgends so abgeplattet wie in unserem 1. Falle. Die Zellen sind im allgemeinen kubisch, ihr Kern ist rund, hell. Am, dem Innern der H5hlung zugekehrten Rande ist eine 1--2reihige, dunkel gef~rbte Zellschicht mit l~inglichen, dunk]en Kernen und schuppenfSrmigem Zelleib, zwischen den Zellen ist ein feines Spaltensystem zu sehen, das yon stacheligen Intercellularfortsi~tzen iiberbriickt ist. Am oberen
Abb. 15. Fall 2. M i k r o p h o t o g r a m m . Ein Tell dcr :Epithelhiigel. B - bindegewebige Insel; E = Epithelzellschichten. Randst~tndig ist auch ,hier einc dunklc Schicht: S t r a t u m g r a n u l o s u m (S) zu schcn.
Teil der Cystenh6hlung sind 3 mohnkorn- bis hirsekorngrol~e Wiilste zu sehen, welche histologisch sich als genau solche Epidcrmisinseln erweisen, wie wir sie in unserem ersten Falle gesehen haben. Im Innern dieser Inseln finden wir auch hier ein lockeres, bindegewebiges, gef~i~reiches Stroma vor und um diese eine zylindrische Basalzellenschicht mit li~nglichen Kernen. Die Inseln bestehen auch bier aus kubischen oder polygonalen Elementen und gegen den Rand sind sie auch hier yon dunklen, schmalen Zellen ums~umt. Die randst~ndige Zellreihe fibergeht unmittelbar in die Epithelauskleidung der Cyste, die Epidermisinseln sitzen auch in diesem Falle unmittelbar der bindegewebigen Kapsel auf. Hicrfiber gibt Abb. ]5 eine gute Orientierung und beweist
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zu gleicher Zeit die histologische Ubereinstimmung mit unserem 1. Falle. Weitere Analogie ist, dal~ wir in diesen Iandstandigen, dunklen Zellen keine durch H~matoxylin sich schw~rzende Granula linden, demgegeniiber sind die Zellen auch hier mit nach Gram f~rbbaren, feinen KSrnchen vollgepfropft. Dieselben haben sich auch durch das Unnasche Verfahren dunkel gefi~rbt, so dal~ wir die Identit~t fiir unzweifelhaft halten mfissen. Eine Abweichung bedeutet hingegen die st~rkere hyaline Entartung des Bindegewebes der Inseln, ferner, dal~
Abb. 16. Fall2. H~matoxylin-Eosin-F~trbung. Epithelhiigel. In der Mi~te der kubischen und grol3en, hellen Zellen ist eine umschriebene Auflockerung zu beobachten, in welcher vakuolige Epithelzellen liegen.
die dunklen und schmalen Randzellen nach der Lichtung zu hier und da durch eine grol3e, gequollene Zelle begrenzt werden. Eine andere Abweichung ist, dal~ in der kubischen Schicht stellenweise kleine, umschriebene Aufloekerungen zu sehen sind (Abb. 16), welche vakuolig entartete Epithelzellen mit verdr~ngtem Kern enthalten. Diese cystische Umwandlung ist offenbar durch nekrobiotische Vorg~nge (Ern~hrungsstSrungen) im Innern der soliden Epithelinseln entstanden, und wir sehen ihre Bedeutung darin, dab sie sozusagen vor unseren Augen die Art und Weise der H6hlenbildung innerhalb der soliden Epithelinseln demonstriert. Mit diesem histologischen Bride kSnnen wir n~mlich eine vollkommene Erkl~trung daffir geben, auf welche Weise aus einem
l~ber die Anatomie und Klinik der Epidermoidcysten des Gehirns. 789 in der embryonalen Zeit verirrten Keim im Laufe der weiteren Entwicklung eine cystische Geschwulst entsteht: In der soliden Epithelinsel bildet sich eine kleine H6hle und diese vergrSBert sich durch die AbstoBung der fortwiihrend nachriickenden Elemente. Die Umwandlung des aberrierten Epidermiskeimes in eine zystische Geschwulst geht also auf die Weise vor sich, dab in der soliden Epithelinsel sich eine Kolliquationsh6hle bildet und diese sich fortwghrend vergr6Bert. Weitere Abweichungen yon unserem Falle bilden, dab die Epithelauskleidung hier viel massenhafter ist, ferner dab auch die Epidermisinseln zahlreicher sind, als im 1. Falle und ira verengten Teil der Cyste im ganzen Umfang beinahe iiberall gefunden werden kSnnen. Der Inhalt der Cyste gibt dieselben F~rbungsreaktionen, wie der im ersten Falle. In den mit Hi~matoxylineosin und nach van Gieson gefiirbten Schnitten finden wir jedoch wieder Abweichungen. In der homogenen Grundsubstanz sind n~mlich zahlreiche ls ovoide oder rundliche Lficken zu sehen, bisweilen in eigentiimlicher paralleler oder bfindelartiger Anordnung und die Lficken sind von einer rein gekSrnten, verschwommenen Masse ausgeffillt. In anderen Teilen des Inhaltes finden wir, stellenweise in groBen Mengen, kleine, runde, kugelige Gebilde, welche infolge ihrer starken Fi~rbung durch Hs und Schwiirzung beim Verfahren von Kdssa als kleine Kalkscheiben zu betrachten sind. An einer Stelle ist eine schon bei freiem Auge auffallende kleine Vcrkalkung vonder Gr6Be eines Hirsekorns sichtbar. Ein weiterer Unterschied ist, dab in den Gefrierschnitten hier und da typische Cholesterintafeln nachzuweisen sind, ferner dab an einigen Stellen die Schultzesche Cholesterinreaktion gebende feine, kleine KSrnchenhaufen vorkommen. Mit Sudanfi~rbung sind kleine Anhiiufungen von Fettk6rnchen, vereinzelt auch aus grSberen Schollen aufgebaute Gruppen sichtbar. Diesen Abweichungen gegeniiber ist eine sehr wichtige iJbereinstimmung zu verzeichnen, dab in der Mitte des Inhaltes kleinere, an den R/tndern grSBere, stellenweise massenhafte Mengen von g/inzlich unserem 1. Falle entsprechende K6rnchenzellen zu finden sind. Die eng aneinandergepreBten K6rnchenzellen bilden grSbere Vakuo]en, verlieren ihre Kernfiirbung; nachher tritt an Stelle der Vakuolen eine feine KSrnung auf und die Zellgrenzen werden verwaschen. Demnach ist der Inhalt im Falle 2 eben/alls ein Produ]ct der ausldeidenden Epithelien: das Zustandekommen des ganzen Gebildes entspricht au/ Grund des histologischen Bildes in allen Beziehungen der Entstehungsart des 1. Falles. Jene Abweichungen, die wir aufgezi~hlt haben, berfihren nicht das Wesentliche, denn die kompakte Beschaffenheir des Inhaltes im 2. Falle wird sehr gut versti~ndlich dadurch, dab hier die Epithelauskleidung massenhafter war und demzufolge natfirlich auch die AbstoBung der Epithelzellen in grSBeren Mengen
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vor sich ging, worauf auch die groBe Anzahl der K6rnehenzellen folgern last. Dureh das Zugrundegehen yon massenhaften Epithelien werden auch die Verkalkungen verst/indlich. Der Umstand, dab in diesem Falle auch Cholesterin gefunden wurde, bedeutet keine prinzipielle Differenz, denn 1. Cholesterin war nur in ganz geringer Menge vorhanden, 2. das Vorhandensein yon Cholesterin allein kann nicht verwertet werden. Dem Oberw~ihnten gemiifl zeigt also der 2. Fall -- von geringen, das volle Wesen der Sache nicht beriihrenden Abweichungen abgesehen -- eine Ubereinstimmung mit unse~em 1. Falle Wenn wir noch hinzufiigen, dab wit im makroskopischen Bride auch in diesem Falle weder Perlmutterglanz, noch Perlenbildung gesehen haben, ferner, dab der Tumor auf der Schnittfl~che keine lamell5se Schichtung gezeigt hat, und dab auch histologisch keine zwiebelschalenartige Zusammenballung yon verhornenden Epithelzellen zu konstatieren war, miissen wir erkl~ren, dab auch dieser Fall nicht zu den reinen Cholesteatomen gereiht werden kann. Ferner, in Anbetracht dessen, dab auch dieser Tumor epidermoidalen Ursprunges ist, dab er nur zwei Schichten der Epidermis enth~lt und akzessorische Epidermisbestandteile ebenso fehlen, wie im 1. Falle, miissen wir auch diesen Fall /iir ein Epidermoid halten, und bei der Aufstellung der Diagnose kSnnen wir nur dadurch gestSrt werden, dab wir in diesem Falle nicht in der Lage waren, die MSglichkeit eines Erdheimschen Tumors schon auf Grund des makroskopischen Brides mit vSlliger Sicherheit auszuschliel~en. Die histologischen Angaben scheinen jedoch auch bier gegen den Ursprung aus den Erdheimschen Plattenepithelinseln zu sprechen. Auch dieser 2. Fall kann also in die yon uns hieroben genau charakterisierten Gruppe der Epidermoide eingereiht werden, wodurch uns die Notwendigkeit der Scha]/ung einer selbst~indigen Epidermoidgruppe noch mehr /i~r gerecht/ertigt erscheint. Ein weiterer sehr wichtiger Grund der Differenzierung ist, daB in beiden Epidermoidf~llen die die Hauptmasse der cystischen Geschwfilste bildende Masse (trotz des Unterschiedes in der Konsistenz) darin miteinander vollkommen fibereinstimmte, dab in keiner derselben verhornte Epithellamellen zu finden waren. In der Literatur des Cholesteatoms wird n~mlich die zentrale Masse von einem Tell der Forscher ( Virchow, Haegi, Chiari, Bonorden, Lauterburg) als eine zwiebelschalenartige oder konzentrische Schichtung yon platten, polygonalen~ durchsichtigen Zellen beschrieben, andere sprechen ausdrficklieh yon abgestoBenen, verhornenden Epidermiszellen (Bostroem, Frick, BinderSchwalbe, Scholz, Beneke). Mit einem Worte ist die Hauptcharakteristik des Inhaltes der Cholesteatome, dab er aus einer Schichtung verhornter Zellen besteht. Demgegeniiber finden wir zwar in unseren F~llen in den zentralen Massen mit der Gramschen F~rbung feine KSrnchen,
~ber die Anatomie und Klinik der Epidermoidcysten des Gehirns. 791 diese sind jedoch diffus zerstreut und k6nnen mit den vakuoligen Gebilden des 2. Falles in keinen Zusammenhang gebracht werden. Wir halten das Fehlen der Verhornung in unseren F/~llen deshalb fiir wichtig, weft es als Unterscheidungsmerkmal den Cholesteatomen gegenfiber dienen kann. Seine Wiehtigkeit wird noch mehr offenbar, wenn wir hinzuffigen, dab daraus sich s/imtliche bereits aufgez/~hlten morphologischen Unterschiede zwischen Cholesteatom und Epidermoid einfaeh erkl/iren lassen. Da n/~mlich beim Epidermoid keine Verhornung stattfindet, sind auch keine Hornlamellen vorhanden, und so ist der fehlende Perlmutterglanz (wir haben erw/~hnt, dab die Ursaehe desselben die Interferenz der Hornlamellen ist), die fehlende konzentrische Schichtung, das Fehlen der Zerlegbarkeit in Lamellen und der Perlenbildung, welche angeblich auch eine mit der Hornproduktion zusalnmenh/~ngende Erscheinung ist, insgesamt leicht zu verstehen. Die Frage ist nun, womit w/~re das Fehlen der Verhornung bei den Epidermoiden zu erkl/~ren ? Auf Grund des anatomischen Bildes kann man nur sagen, dal~ es sich hier um unvollkommene Epidermisstfickchen handelt, welche von den Schichten der Haut nur das Stratum germinativum und granulosum enthalten und das Stratum lucidum und corneum entbehren. Dies allein jedoch ffihrt uns dem uns interessierenden Problem noch nicht n/~her. Eine andere, auch die patho-biologischen Funktionen der Zellen in Betracht ziehende Erkl/~rung w~re die, dab die Epithelien der Degeneration anheimfallen, bevor sie noeh verhornen h/itten kSnnen. Dieser Auffassung jedoch widerspricht jener histologische Befund, dal~ die Randzellen an vielen Stellen mit der gallertigen Masse in unmittelbare Berfihrung kommen; zwischen ihnen befindet sich keine Zone von KSrnchenzellen, es ist also keine Spur von Degeneration vorhanden, und an diesen Stellen hat sieh trotzdem keine Hornschieht gebildet. Demnach mfissen wir annehmen, dal~ bei den Epidermoiden deshalb keine Hornbildung zu beobachten ist, weil die Zellen dazu schon ab ovo un]dihig sind, und nicht deshalb, well sie darin yon der Degeneration verhindert werden. Demgegenfiber kSnnte man auch fragen: wie ist es mSglich, dab in den Zellen sieh Keratohyalingranula gebildet haben und eine Verhornung doch nicht zustande gekommen ist ? Hierauf aber kSnnen wir antworten, dal~ das Keratohyalin nur nach Auffassung einer Gruppe der Forscher ein Vorstadium des Keratins ist, die andere Gruppe hingegen ist der Meinung, dab es bei der Verhornung nur eine indirekte Rolle hat (Apolant, Ca]al, Kglliker u.a.). Wenn wir noch hinzuffigen, da$ die Verhornung naeh der gegenw/s Auffassung (Hoepke) kein einfacher Degenerationsvorgang ist, sondern das Resultat einer aktiven Zellt/itigkeit (,,eine Zelleistung von aui~erordentlich komplizierter Natur"), so werden wir den Unterschied zwischen der morphologischen Erscheinung der Cholesteatome und der Epidermoide noch
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mehr verstehen. Demnach ist der Inhalt des Cholesteatoms das Produkt einer aktiven Zelltdtigkeit, ~ener des Epidermoids das Resultat eines De. generationsvorganges; beim ersteren linden wir einen Haufen yon Hornlamellen, beim letzteren eine verflfissigte Masse. Mit anderen Worten: Die Zellen des Cholesteatoms besitzen die l~/~higkeit zu jener komplizierten T~tigkeit, deren Endergebnis die Verhornung ist, die des Epidermoids nicht. Was die Ursache dieses Unterschiedes ist, kSnnen wir nieht wissen; um sie zu ermitteln, mfissen wir in die Zeit der embryonalen Keimaberration zurfickgreifen und sagen, dab es bei den Epidermoiden, den Cholesteatomen gegenfiber, sich um eine solche Keimaberration handelt, welche aus irgendeinem Grunde zur regelm~f3igen Hornbildung nicht f~hig ist, oder daI3 die verirrten Keime w~hrend ihrer sp~teren Existenz die F~higkeit zur Hornbildung eingebiii3t haben, vielleicht infolge yon Ern~hrungsstSrungen oder anderen exogenen Einflfissen. Abgesehen yon diesen MSglichkeiten kSnnen wir im allgemeinen feststellen: die Epidermoide besitzen keine MSglichkeit zur Hornbildung, und das ist die Hauptursache dessen, daI3 sie in ihrer ganzen morphologischen Er. scheinung so stark yon den Cholesteatomen abweichen. Da aul3erdem zwischen den beiden Tumorarten auch hinsichtlich der Histogenese wesentliche Unterschiede bestehen (beim Cholesteatom wird aui~er dem epidermalen Ursprung auch eine endotheliale Abstammung supponiert), k~innen wir mit Recht behaupten, dab die Trennung der Epidermoide yon den Cholesteatomen au] tie/grei/enden morphologischen und genetischen Unterschieden beruht. Auf die Iclinischen Krankheitsbilder unserer Fi~lle fibergehend waren in unserem 1. Falle yon den allgemeinen Tumorsymptomen die Kopfschmerzen sehr ausdrficklich und bestanden mit wechselnder Intensitar w~hrend der ganzen Dauer der Krankheit; zweimal trat auch plStzliches Erbrechen auf, w~hrend eine Stauungspapille trotz wiederholter Untersuchungen nicht nachzuweisen war; bei der Untersuchung des Augenhintergrundes erschienen die Grenzen der rechten Papille etwas verwaschen und nur 2 Wochen vor dem Tode war yon der Nasenseite eine kleine Prominenz zu konstatieren. Von den lokalen Symptomen war jene Eigentiimlichkeit im Benehmen des Patienten auffallend, dab sein teih~ahmloses, gleichgiiltiges Betragen bisweilen einer unbegriindeten, durch die Umst~nde nicht motivierten Neigung zur Heiterkeit und Witzelei Platz machte. Dieses Symptom bringen wir mit der auf Abb. 5 sichtbaren enormen Erweiterung des Vorderhornes in Zusammenhang, welche den Frontallappen auf die Art eines Tumors komprimierte. Das auffallendste Symptom des ganzen Krankheitsbildes war jedoch die hochgradige Somnolenz, wetehe l~ut Angaben der Krankheitsvorgesehichte die haupts~eh-
~ber die Anatomie und Klinik der Epidermoidcysten des Gehirns. 793 lichste Klage des Patienten bildete und welehe wahrend den 9 Monaten des Krankheitsverlaufes nicht nur bestand, sondern fortwahrend zunahm. So war der Kranke nach den anamnestischen Aufzeichnungen immer schl~frig und durchschlief den ganzen Vormittag; auf der Klinik hat er yon Beginn an viel geschlafen und hat sich wegen der Schl~ifrigkeit h~ufig geweigert sich der Untersuchung zu unterziehen. Sp~ter schlummerte er tagsfiber, 6ffnete aber die Augen, wenn man ihn anrief, wurde dann vollst~ndig soporSs, wodurch auch seine Ern~hrung unzureichend war. Die Somnolenz wurde also mit dem Fortschreiten der Krankheit immer intensiver und hat das klinische Krankheitsbild bis zuletzt beherrscht. Die Schlafsueht finder sicherlich in jenem anatomischen Befunde ihre Erkl~rung, dal~ der Tumor schon bei freiem Auge sichtbar stark die dem 3. Ventrikel benachbarten Gebilde, namentlich die Thalami optici komprimierte. Gerade infolge dieser Lokalisation hat sich B. Hechst aus dem hiesigen Neurohistologischen Institut mit diesem Falle beseh~ftigt (Kliniseh-anatomische Beitr~ge zur zentralen Regulation des Schlaf-Wachseins, Arch. f. Psychol. 87 []929]) und hat in seiner Arbeit festgestellt, dab der Fall in Ermangelung einer serienm ~ i g e n Aufarbeitung nur insofern zu verwerten sei, ,,dab die Schl~frigkeit als Lokalsymptom der ventrikul~iren Gegend anzusehen ist". Auf Grund der seitdem vorgenommenen histologischen Untersuchung k6nnen wir behaupten, dal~ der den 3. Ventrikel vollst~ndig ausfiillende Tumor den medialen Teil der Thalami in der ganzen Ausdehnung derselben zu einer starken Atrophie brachte und als Ausdruck dessen wir verschiedenen Degenerationserseheinungen des periventrikul~iren Nervengewebes (spongi6ser Bau, Gliawucherung, Monstregliazellen) und pathologischen Veranderungen der Ganglienzellen der Thalami (Verfettung, Zellsehatten, Neuronophagie) begegneten. So kann der Fall mit Recht zur Demonstration des Zusammenhanges zwischen Schlafrigkeit und Thalamusl~sion angeffihrt werden, zur genaueren Lokalisation ist er jedoch wegen der grol~en Ausdehnung der Ver~nderungen nicht geeignet. Auch ein anderes Symptom unseres Falles kann mit der Sch~digung der Thalami in Zusammenhang gebracht werden und das ist die St6rung der Urinentleerung. Sie bestand darin, dal~ der Patient aufstehend oder aufsitzend den Urin nicht zurtickhalten konnte und dieser in dickem Strahl spontan abging, im terminalen Abschnitt der Krankheit kam spontane Urinentleerung sogar im Liegen vor. Die St6rung der Urinentleerung, wie es aus den Versuchen yon Karplus, Kreidl und Lichtenstern hervorgeht, weist auf eine Li~sion des Zwischenhirns. Hechst folgert in seiner obenerw~hnten Arbeit darauf, dal~ eine Sch~digung des hinteren Thalamusabschnittes die willkiirliche Beeinflul~barkeit des Entleerungsmechanismus aufheben kann. In unserem Falle
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k6nnen wir wegen der groi~en Ausdehnung der Geschwulst nur so viel bemerken, dab die Miktionsst6rung offensichtlich mit der Lasion der thalamischen und hypothalamischen Gegend zusammenhangt. Dasselbe steht auch beziiglich des Fehlens des Gesehlechtstriebes. Der Einflu$ der Gegend des 3. Vent~ikels auf die genitale Innervation ist seit langem bekannt; ob wir aber in unserem Falle dem Zwischenhim oder den Corpora mamillaria (Miiller) die Hervorrufung dieses Symptoms zur Schuld legen miissen, k6nnen wir deshalb nicht entscheiden, weil durch den Druck der Geschwulst beide gelitten haben. Es gelang in unserem Falle nicht einmal, die Corp. mamillaria zu finden, da ihr Platz durch die v o n d e r interpedunkularen Gegend sich vorwSlbende Cyste eingenommen war. Durch die Verletzung der Wand des 3. Ventrikels und des Bodens des Zwischenhirns wird auch die trophische StSrung der Haut (kachektische, abschuppende Gesichtshaut) verstandlich. Demnach kSnnen wir die am meisten ins Auge springenden Symptome des klinisehen Krankheitsbildes unseres Falles: hochgradige Schlafsucht, StSrung der Urinentleerung und des Geschlechtstriebes, ferner die trophische Veranderung der Gesichtshaut, alle mit der Lokalisation des Tumors in Zusammenhang bringen, wie dies Prof. Scha//er bereits am Krankenbett tat ; namentlich waren die so sinnfalligen StSrungen des Schlaf-Wachseins und der Miktion, welche unzweideutig auf die Alteration des Hypothalamus hinwiesen. Schon die erste Annahme war ein Tumor, in welcher allein der Mangel einer Stauungspapille stSrte. Der Mangel eines hemianopischen Gesichtsfelddefektes schloB die Erkrankung des Chiasma aus. Im 2. Falle war die Lokalisation der Geschwulst dieselbe wie im ersten Falle und im klinischen Krankheitsbild finder sich auch hier die Somnolenz. Der Fall zeigte auBerdem noch ein anderes interessantes Symptom: die Hyptokinese yon Sarb6, dessen Wesen darin besteht, dab der Kranke im Stehen nach riickwarts taumelt; dieses Symptom bringt v. Sarb6 mit der auch makroskopisch wahrzunehmenden Kompression der Nuclei rubri in Zusammenhang. Wir konnten die feinere histologische Untersuchung der Nuclei rubri an den uns zur Verfiigung stehenden Gehirnscheiben leider nicht vornehmen. Wenn wir in der Literatur naeh den klinischen Symptomen yon Epidermoiden ahnlicher Lokalisation, wie in unseren beiden Fallen, suchen, linden wir sehr sparliche Angaben. In dem von uns in diese Gruppe gereihten Ho/meisterschen Fall saB namlich der Tumor in der frontalen Region und seine Symptome bestanden in Kopfschmerzen, Erbrechen, Anosmie und Hemianopsie. In Oslers Fall hingegen saB der Tumor zwar im 3. Ventrikel, seine Zugeh6rigkeit zu den Epidermoiden kann jedoch nur mit Vorbehalt angenommen werden.
~ber die Anatomie und Klinik der Epidermoidcysten des Gehirns. 795 Mit Riicksicht jedoch darauf, dal~ das Cholesteatom eine ebenso ]angsam wachsende Geschwulst wie das Epidermoid ist und dab die beiden Gebilde vom Gesichtspunkte des prinzipiellen Baues einige ~hnliche Zfige aufweisen, wird es nicht uninteressant sein, aus der Literatur jene Cholesteatomf~lle zusammenzustellen, in welchen der Tumor ebenfalls im 3. Ventrikel sa~. Hier kann ich je einen Fall yon Cruveilhier, Glaeser, Bene]ce, Scholz, Gutkin, Benda und Bartels erw~hnen. Unter diesen berichten Cruveilhier und Scholz fiber eine st~rkere Abplattung der Sehhiigel, von den beiden lag jedoch nur in dem Falle von Scholz ein soporSser Zustand vor, w~hrend Cruveilhier nur von psychischen StSrungen spricht. Demgegeniiber finden wir bei Bartels einen Hinweis auf Somnolenz, und sein Tumor war zwischen die Thalami eingekeilt, aber von einer L~sion derselben ist keine Erwahnung getan. MiktionsstSrungen erw~hnen in ihren F~llen Scholz und Gutkin, und zwar spricht Scholz von spontanem Urinabgang, Gutlcin yon erschwerter Urinentleerung. Bei den anderen Forschern linden sich iiberhaupt keine klinischen Aufzeichnungen (Glaeser), oder kSnnen die Symptome nicht mit den Symptomen unserer F~lle verglichen werden und sind nicht mit einer L~sion der Thalamusregion in Zusammenhang zu bringen. So z.B. im Fall yon Benelce: ,,Einige Tage vor dem Tode eine Art apoplektischer Anfall, seitdem Aphasie, motorische Lahmung der Zunge und des Schlundes, Parese der oberen Extremit~ten." Gut]tin erw~hnt aul~er den MiktionsstSrungen periodischen Kopfschmerz, Erbrechen, Abnahme des SehvermSgens und Reflexsteigerung. Von den im 3. Ventrikel sitzenden Cholesteatomen lag also in 2 ~'gllen Somnolenz vor, in einem der beiden Milctionsst6rungen, w~ihrend in einem dritten Falle ]ceine Somnolenz, wohl abet Mi]ctionsst6rungen au]gezeichnet sind. Zu diesen Cholesteatomf~llen unsere beiden Epidermoidf~lle hinzugerechnet, kSnnen wir behaupten, dal3 die im 3. Ventrikel sitzenden Cholesteatome und Epidermoide h~ufig Symptome yon L~sion der hypothalamischen Region hervorrufen. Unsere Feststetlungen weichen hiermit etwas von denjenigen Scholz's ab, der wegen den schwankenden und ver~nderlichen Symptomen der Meinung ist, da~ ,,mehr wie einen allgemeinen SchluB auf die Lage des Hirntumors keine der Krankengeschichten z u l ~ t " . Wir aber machen auf Grund der Vorhergegangenen darauf aufmerksam, da~ in allen ]enen Tumor/allen, wo Somnolenz, MiktionsstSrungen usw. sich zeigen, wo also eine Ldsion der Gebilde um den 3. Ventri]cel anzunehmen ist, auch au] Cholesteatome und Epidermoide zu den]ten sei. Dies ist iibrigens auch durch j ene Feststellung Bostroems und Erdheims gerechtfertigt, dal] ~/3 der in Rede stehenden Gebilde auf der Gehirnbasis sitzen und hiermit natfirlich auch mit dem 3. Ventrikel in Beziehung kommen. Wir halten die Erw~gung dieser MSglichkeit deshalb fiir besonders wichtig, weil sie auch eine pralctische Bedeutung hat. Strenggenommen Z. f. d. g. N e u t . u. Psych.
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sind namlich das Cholesteatom wie auch das Epidermoid cystische Gesehwfilste, von welchen wir annehmen kSnnen, dal~ die Entfernung des Inhaltes (bei den Epidermoiden Punktion, bei den Cholesteatomen AuslSffelung) eine Besserung herbeiffihren miisse. In diesen Fallen kann also auch ohne vollstandige Exstirpation der Geschwulst einem giinstigen operativen Eingriff Gelegenheit geboten werden, welche MSglichkeit wegen der auBerordentlich ungiinstigen Lage dieser Geschwiilste von hervorragender Wichtigkeit ist. Die Richtigkeit unserer Annahme wird durch den v. Ho/meisterschen Fall in vollem Mal~e bewiesen, wo nach Entleerung des 120 ccm betragenden Inhaltes der machtigen HShlen in der frontalen Region nebst partieller Entfernung des Tumors eine bedeutende Besserung samtlicher Symptome eintrat und der Kranke sieh 31/2 Jahre nach der Operation wohlbefunden hat. Die operativen Aussichten sind natfirlich wesentlich schlechter bei den Cholesteatomen, deren Inhalt lest ist und sich durch eine Punktion nicht entfemen l~l~t. Dementsprechend finden wir auch in der Literatur keinen einzigen Eingriff mit giinstigem Resultat in F~llen yon Cholesteatom im 3. Ventrikel. So hat z. B. Ford ein in der Gegend des Splenium corp. callosi sitzendes und in den 3. Ventrikel hineindringendes Cholesteatom, Meyer ein solches in der Hypophysenregion operiert, und in beiden Fallen effolgte einige Tage nach der Operation der Tod. Die giinstigen Operationsresultate in der Literatur des Cholesteatoms beziehen sich auf solche Falle, wo infolge der Lokalisation des Tumors dieser ffir einen operativen Eingriff leichter zug~nglich war. So z. B. figuriert in Falle yon Cushing ein mannsfaustgrol~es epidermales Cholesteatom der temporoparietalen Region. Der Exstirpation folgte vollkommene Heilung. Horrax berichtet fiber 3 ,,epidermoidale und dermoidale" Cholesteatome, yon den 3 sal~en 2 in den Schlafenlappen, 1 an der unteren Oberflache des Kleinhirns. Eine andere Frage ist, ob bei den behandelten Geschwiilsten die Entleerung durch Punktion bzw. Ausl5ffelung des Inhaltes rein palliative Eingriffe sind oder dadurch auch eine endgiiltige Heilung der Geschwfilste zu hoffen ware. Der Umstand, dalt bei solchen Eingriffen die Kapsel zuriickbleibt, last das Rezidiv theoretisch als wahrscheinlich erscheinen, gerade infolge der speziellen Struktureigentiimlichkeiten dieser Geschwfilste. Denn sowohl beim Epidermoid wie auch beim Cholesteatom ist es die Kapsel, die den fliissigen oder festen Inhalt der Geschwulst produziert. Die theoretische Vorstellung bewahrheitet sich durch den Fall von Meyer, wo den wiederholten Operationen wiederholte Rezidive folgten. Demgegeniiber scheinen andere F~ille in der Literatur dieser Auffassung zu widersprechen. So z.B. hat sich der Kranke im Falle yon Anschi~tz (Cholesteatom des Kleinhirnbrfickenwinkels) noch 1/2 Jahr nach der AuslSffelung trotz dem Zurfickbleiben der
~ber die Anatomie und Klinik der Epidermoidcysten des Gehirns. 797 Kapsel vollkommen wohlgefiihlt. Auch der Ho/meistersche Epidermoidfall l~Bt auf dasselbe schlieBen, in welchem der Kranke nach der Entleerung des flfissigen Inhaltes 31/2 Jahre lang sich wohlbefunden hat, trotzdem, dab ein guter Tell der epithelialen Cystenwand zuriickgeblieben ist. Demgegenfiber kann natfirlich vorgebracht werden, dab beim langsamen Wachsen dieser Geschwfilste selbst diese verh~ltnism~Big lange Beobachtungsfrist keine vollkommene Sicherheit gibt. Im Endergebnis kSnnen wir sagen: die operative Verkleinerung dieser Geschwiilste ist mit der Heilung theoretisch nicht gleichbedeutend, es gibt jedoch F~lle, welche nach einem solchen Eingriff li~ngere Zeit hindurch das klinische Bild einer dauernden Besserung zeigten. Die im 3. Ventrikel sitzenden Epidermoide und Cholesteatome bedeuten also insofern einen Vortefl anderen Geschwiilsten gegenfiber, dab sie fiir palliative Eingriffe gerade infolge der Eigentfimlichkeit ihres Baues leichter zuganglich sind. Diese Feststellungen wfirden natiirlich dann eine besondere Bedeutung gewinnen, wenn wir in der Lage w~ren, die besprochenen Geschwiilste yon anderen soliden Geschwiilsten in vivo zu differenzieren. Dies kSnnte man sich theoretisch auf jener Grundlage vorstellen, dab laut Feststellungen yon Bostroem und FranIce die Atherome der Kopfhaut mit den Cholesteatomen in jeder Beziehung gleichwertige Gebilde sind, so dal~ in einem gegebenen Tumorfall, wo ein Cholesteatom oder ein Epidermoid fiberhaupt in Rede kommen kSnnte, die gleichzeitige Anwesenheit yon Atheromen zur Unterstfitzung oder FSrderung der Diagnose eventuell verwendet werden kSnnte. Die Vorbedingung hierzu ware natfirlich, dab in der Literatur solche Cholesteatomf~lle, wo gleichzeitige Atherome vorhanden waren, beschrieben sein miiBten. Solche FMle wurden jedoch - - soweit es mir mSglich war, die Literatur durchzusehen - - nicht beobachtet. Somit wird die Differentialdiagnose der Cholesteatome und Epidermoide einstweilen ein frommer Wunsch bleiben, obgleich mit der Vermehrung der kasuistischen Angaben in der erw~hnten Richtung auch den diagnostischen MSglichkeiten weitere Aussichten geboten werden kSnnen. Die Frage der Aufstellung der Diagnose wird noch verwickelter dadurch, dab die besprochenen Geschwiilste verh~ltnism~Big lange keine Symptome verursachen und sich dann sehr hi~ufig plStzlich eine schwerste, das Leben des Kranken gef~hrdende Symptomengruppe einstellt. So kann selbst die pathologische Feststellung, dab es sich bier um absolut langsam wachsende, gutartige Geschwiilste handelt, differentialdiagnostisch nicht verwertet werden. Die paradoxe Erscheinung, dab die seit langem bestehende und langsam wachsende Geschwulst w~hrend verh~ltnism~Big kurzer Zeit Symptome verursacht, kann damit erkl~rt werden, dab gerade das langsame Wachstum dem umgebenden Nervengewebe eine gewisse An51*
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passungsmSglichkeit gestattet, weshalb die Symptome erst nach Obertretung der extremsten Grenzen dieser Akkommodation eintreten. In unserem ersten Falle betrug die Krankheitsdauer 9 Monate, im zweiten blol~ einige Wochen, weil hier der Kranke nach der notwendig gewordenen dekompressiven Trepanation nach 2 Wochen starb. Das plStzliche Auftreten der Symptome und die Kiirze der Krankheitsdauer ist auch Scholz aufgefallen, und er trachtet dieselben damit zu erklaren, dab im allgemeinen nicht der Tumor selbst die Lebensfunktionen stSr~, sondern der mit den Cholesteatomen meistens einhergehende Hydrocephalus internus. Die Entstehung des letzteren erkl~irt Scholz mit der Druckwirkung des Tumors auf die Vena magna Galeni bzw. auf den Aquaeductus Sylvii. In unserem ersten Falle haben wir ebenfalls eine enorme Ventrikelerweiterung vorgefunden, wir erkli~rten sogar das moriaartige Benehmen des Patienten damit. Die Ursache des Hydrocephalus war in diesem Falle die vollkommene Ausffillung des 3. Ventrikels und der erschwerte AbfluB des Liquors nach dem Aquaeductus zu. In unserem zweiten Falle war der Hydrocephalus m~l~iger und konnte sicherlich nicht als Todesursache figurieren. Hier mul~ten also andere Momente mitgespielt haben. Wir machen auf noch einen Faktor aufmerksam, welcher bei den behandelten cystischen Geschwiilsten gerade zufolge ihres eigentiimlichen Baues plStzlich eintretende Symptome hervorzurufen imstande ist, und das ist die spontane Ruptur der Geschwiilste. Eine solche Ruptur wird yon Blasius in seinem Cholesteatomfall beschrieben, und er bringt die apoplektiformen Anfalle sowohl in seinem Falle als auch in den Fallen der Literatur damit in Zusammenhang. _~hnliche Rupturen hat Beneke beschrieben, und auch bei ihm linden wir yon einem apoplektischen Insult einige Tage vor dem Tode Erwahnung. In diesen beiden Fallen beweisen das intravitale Zustandekommen der Rupturen die um dieselben vorgefundenen Riesenzellen. In unserem ersten Falle fanden wit im unteren Teil der Cystenwand ebenfalls eine Unterbrechung der Kontinuit~t, so dab sich der Inhalt der Cyste in die HShlung des Ventrikels ergossen hat, hier haben wir jcdoch wegen der fehlenden Gewebsreaktion eincn postmortalen Ursprung supponiert, fibrigens batten wir auch im klinischen Krankheitsbilde keine Angaben zur Annahme eines apoplektischen Insultes. Intravitale Rupturen der cystischen Wand von Cholesteatomen und Epidermoiden kSnnen also die Verursacher plStzlich auftretender Symptome sein, im Falle des Fehlens yon Symptomen ist jedoch in der Deutung des histologischen Bildes eine besondere Vorsicht geboten, denn es kann sich auch um postmortal entstandene Rupturen handeln. Natiirlich k6nnen spontane Rupturen der Cystenwand auch unmittelbar den Tod herbeiftihren.
U b e r die A n a t o m i e u n d Klinik der E p i d e r m o i d c y s t e n des Gehirns.
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