BDU-Journal Berufspolitik Urologe 2013 · 52:1479–1491 DOI 10.1007s00120-013-3334-y © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
Inhalt 1479
Editorial: Klare Wünsche an die Regierung in Sachen Gesundheitspolitik
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Patienten mit Urologen besonders zufrieden. 250.000 Arztbewertungen des Internetportals „Weisse Liste“ analysiert
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Personalisierung der Medizin – wissensgetriebener Trend in der modernen Patientenversorgung
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Persönliche Leistungserbringung des Arztes bei der Extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie (ESWL) nach EBM-Ziffer 26330
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Arzteinkommen: Die Lücken der Bundesstatistiker
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Leistungsdruck führt Ärzte in die Sucht
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Ärzte entdecken das Internet
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Umfrage: Fast jedes zweite Allgemeinkrankenhaus 2012 in roten Zahlen
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Bürgerversicherung: Ohne Kompensation drohen Honorarverluste
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Eine schwarz-gelbe Bilanz
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Beitrittserklärung BUND e.G.
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Jubilare
Editorial
Klare Wünsche an die Regierung in Sachen Gesundheitspolitik
8 Dr. Axel Schroeder Die neue Bundesregierung steht vor wichtigen Herausforderungen im Gesundheitswesen: Einiges ist in den vergangenen vier Jahren erreicht worden, einiges aber auch liegen geblieben, unter anderem die Sicherung der ärztlichen ambulanten Versorgung. Künftig muss das Geld auch dort ankommen, wo die Morbidität hoch ist.
Es gibt aber auch Handlungsbedarf bei der Reform der Vergütungssysteme, in der Finanzierung der GKV und in der Arzneimittelversorgung.. Welches sind die zentralen gesundheitspolitischen Handlungsfelder in der kommenden Legislaturperiode? Hohe Priorität hat für den Berufsverband der Deutschen Urologen der Erhalt der privaten Krankenversicherung und als eigenständige Gebührenordnung die Weiterentwicklung der GOÄ. Der BDU sieht einen klaren Handlungsauftrag in puncto Reform der GOÄ und Neubewertung der Leistungen für die Gesundheitspolitik der neuen Bundesregierung. Eine Generalüberholung der privaten Gebührenordnung ist längst überfällig. Das Geld muss der Morbidität folgen. Will die künftige Bundes-
Redaktion W. Bühmann, Wenningstedt/Sylt
regierung die ambulante Versor- darf nicht länger die Finanzierung gung stärken, muss sie einen Sys- überlagern. tembruch bei der Vergütung korriDer BDU hat in Zusammengieren. Sonst hält er Ärzte davon ab, arbeit mit den fachärztlichen Besich niederzulassen. Die Förderung rufsverbänden im Spitzenverband der fachärztlichen Grundversor- der Fachärzte (SpiFa) klare Wüngung und die Teilnahme von Ver- sche an die neue Regierung. tragsärzten an der ambulanten speDazu gehört eine Legaldefizialfachärztlichen Versorgung sind nition des Facharztes im SozialSchritte in die richtige Richtung. gesetzbuch V. Damit könnte die Die Demographie und die Femini- „Schaltfunktion“ von Fachärzten sierung machen auch vor uns Uro- zwischen Klinik und Hausarzt geloginnen und Urologen nicht halt, setzlich festgeschrieben werden. und die Weiterbildung in unserem Denn ambulant tätige Fachärzte Fach muss den Versorgungsbedarf sind Leistungserbringer und Verkünftig besser abbilden. Die Reak- tragspartner. Den Einfluss von Kation auf den sich abzeichnenden pitalgesellschaften und Konzernen Ärztemangel beginnt bei der Aus- auf die wohnortnahe fachärztliund Weiterbildung. Dazu gehört es, che Versorgung gilt es zu begrendie Weiterbildungsstrukturen und zen. Gleichzeitig fordern wir den Rahmenbedingen zu reformieren, Gesetzgeber auf, die Zusammenwenn man an einer qualifizierten, arbeit von Ärzten in Netzen zu förwohnortnahen Versorgung festhält. dern und flexiblere FinanzierunOb und wie viel Medizin ge- gen zu ermöglichen. macht wird, liegt nicht zuletzt an Der BDU fordert eine nachder Vergütungssystematik. Zu vie- haltige Reform der Krankenhausle Mengenanreize, wenig Berück- finanzierung. Diese darf aber den sichtigung von Qualität und Wett- Wettbewerb zwischen Klinik und bewerbsverzerrungen aufgrund Facharztpraxen nicht weiter verunterschiedlicher Entgeldsysteme zerren bzw. einschränken. Die duagilt es zu kritisieren. le Finanzierung der KrankenhäuEine Herausforderung bleibt ser mit der Investitionsförderung die Vergütung - EBM, GOÄ, DRG: durch die Bundesländer ist konseWas ist der richtige Preis? quent auf eine monistische FinanDRG`s belohnen Spezialisie- zierung allein durch die Krankenrung und setzen Mengenanreize, kassen auszurichten. Facharztprasie haben keinen Bezug zur Qua- xen schließlich tragen nach wie vor lität. Die GOÄ ist überaltert, der ihre Investitionen selber. Der BeLeistungskatalog bildet nicht mehr rufsverband sieht in diesem neudie aktuelle Versorgung ab. Der en Finanzierungsmodus auch eine EBM ist eine Dauerbaustelle, in Hilfe, die Sektorengrenzen zwider es Leistungslücken gibt, und schen der ambulanten und statioer ist als Grundlage für ambulan- nären Versorgung zu überwinden. te Leistungen unterbewertet. Der Der BDU e.V. ist in der BunBDU wünscht, die Vergütungssys- deshauptstadt mittlerweile gut vertematik auf eine ambulant-statio- netzt, ist als Gesprächspartner für när verzahnte Versorgung auszu- die urologische Versorgung in Prarichten. xis und Klinik anerkannt und wird Für einen Finanzausgleich im sich auch in der kommenden LeGesundheitswesen ist genügend gislaturperiode den zentralen geSpielraum, mit 28 Milliarden Euro sundheitspolitischen Aufgaben Finanzreserven im Rücken konn- stellen. te noch kein neuer Gesundheitsminister starten. Der ordnungs- Dr. Axel Schroeder politische Konflikt zwischen SPD Präsident und Union - Bürgerversicherung versus Erhalt des dualen Systems Der Urologe 10 · 2013
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Patienten mit Urologen besonders zufrieden 250.000 Arztbewertungen des Internetportals „Weisse Liste“ analysiert Wenn es um die Zufriedenheit von Deutschlands Patienten mit ihren Ärzten geht, stehen die Urologen ganz weit vorn: Das hat eine aktuelle Analyse von rund 250.000 Bewertungen zu Ärzten auf dem Internetportal „Weisse Liste“ und den verwandten Portalen von AOK, BARMER GEK und Techniker Krankenkasse (TK) ergeben. Danach würden insgesamt 85 Prozent der Patienten ihren Arzt weiterempfehlen, wobei Hausärzte mit durchschnittlich 89 Prozent häufiger empfohlen werden als Fachärzte (76 Prozent). Urologen liegen mit einer Weiterempfehlungsrate von 87 Prozent ihrer Patienten deutlich über dem Durchschnitt der Fachärzte und zugleich an der Spitze der operativen Fächer. Hautärzte und Orthopäden bilden mit 62 und 64 Prozent die Schlusslichter der Bewertungsliste. Für die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) und den Berufsverband der Deutschen Urologen e.V. hat diese positive Bewertung einen hohen Stellenwert. „Zum einen betreffen urologische Erkrankungen meist sehr sensible und intime Bereiche. Zum anderen behandeln Urologinnen und Urologen besonders viele Krebspatienten. Deshalb ist es außerordentlich wichtig, dass sich Patienten gut betreut fühlen“, sagt DGUPressesprecherin Prof. Dr. Sabine Kliesch. Den größten Einfluss auf die Bereitschaft, einen Arzt weiterzuempfehlen, hat laut Analyse die Kommunikation des Arztes – vor allem die Tatsache, dass er auf Fragen, Ängste und Sorgen des Patienten einfühlsam eingeht. Ebenso wichtig ist den Patienten, dass sie das Gefühl haben, der Arzt höre ihnen gut zu. In all die-
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sen Punkten werden den Urologen von ihren Patienten positive Bewertungen in einer Häufigkeit von 90 und mehr Prozent gegeben – und damit mehr als über den jeweiligen Durchschnitten. Auch hier erhalten nur die Hausärzte – damit sind in der Analyse alle Ärzte ausschließlich mit den Fachgebietsbezeichnungen Allgemeinmedizin, Praktischer Arzt/Praktische Ärztin, Arzt/ Ärztin und Innere Medizin definiert – etwas bessere Werte. Am unteren Ende der Skala rangieren die Fachgebiete Dermatologie und Orthopädie mit durchweg unter 80 Prozent. Neben den kommunikativen Aspekten besteht für die Weiterempfehlungsbereitschaft ebenfalls ein starker Zusammenhang zwischen der Zeit, die sich der Arzt für die Behandlung des Patienten nimmt, sowie der wahrgenommenen Gründlichkeit der Untersuchung. In beiden Punkten sind insgesamt 91 Prozent der Patienten mit ihren Ärzten zufrieden. Weniger entscheidend scheinen laut Auswertung dagegen organisatorische und strukturelle Merkmale der Praxis. Auch das sensible Thema der individuellen Gesundheitsleistungen wird in den Arztbewertungen nicht ausgespart: 17 Prozent der Patienten fühlen sich manchmal bedrängt, solche Leistungen in Anspruch zu nehmen und selbst zu zahlen. Aus Patientensicht geschieht dies bei Kinderärzten mit acht Prozent am seltensten, bei Augenärzten am häufigsten (37 Prozent). Hier liegen die Urologen mit 22 Prozent knapp über dem Gesamtdurchschnitt. Die „Weisse Liste“ ist ein Internetportal der Bertelsmann Stiftung gemeinsam mit Dachverbänden der größten Patien-
ten- und Verbraucherorganisa- BARMER GEK und TK dort ihre tionen. Das Projekt versteht sich Ärzte bewerten können. Alle anals eine Art unabhängiger Weg- deren können nur die Arztsuche weiser im Gesundheitsbereich des Portals nutzen und die Beund bietet Unterstützung bei der wertungen lesen. Suche nach Ärzten, Krankenhäusern und Pflegeheimen sowie Weitere Infos unter bei der Planung von ambulan- www.weisse-liste.de ter Pflege. Die aktuelle Untersuchung der Patientenbewertungen Sabine Glimm ist nicht repräsentativ, da bislang Bettina-Cathrin Wahlers nur die rund 40 Millionen Versi- BDU/DGU-Pressestelle, Hamburg cherten der Krankenkassen AOK,
Personalisierung der Medizin – wissensgetriebener Trend in der modernen Patientenversorgung Medizinische Behandlungen be- Biotechnologie-Firmen, die Meruhen seit jeher auf einer akri- dizintechnik-Branche, Krankenbischen Untersuchung, tiefge- häuser und Arztpraxen können henden Gesprächen mit Pati- mit dem vielfältigen Angebot imenten und einer ausführlichen mer mehr Patienten mit innovaDiagnoseerstellung. Der Arzt tiven Behandlungsmöglichkeiten geht auf die individuellen Spe- versorgen. Es handelt sich hierzifika des Patienten ein und er- bei weniger um einen sogenannstellt darauf basierend einen ent- ten Paradigmenwechsel, sondern sprechend personalisierten The- eher um einen Trend, der durch rapieplan. Diese Form der Medi- den stetigen Zuwachs an Wissen zin steht im Gegensatz zur soge- über die molekularen Vorgänge nannten „industrialisierten Me- im Körper – sei er gesund oder dizin“, die heute von vielen Pa- krank – gefördert und verstärtienten in der ambulanten und kt wird. stationären Versorgung beklagt Der medizinische Fortschritt wird. macht es zunehmend möglich, In jüngster Zeit wird der Be- Patienten entsprechend ihrer auf griff der „Personalisierten Medi- molekularbiologischem Niveau zin“ in einem neuen Kontext ver- charakterisierten individuellen wendet. Diese Form der Persona- Krankheitssituation gezielt zu belisierung innerhalb der Medizin handeln. Wir erleben damit eine wird durch die immer schneller langsame Abkehr von der Krankwachsenden medizinischen Er- heitsverwaltung hin zur zielgekenntnisse dank moderner Me- naueren Bekämpfung und Austhoden der Molekularbiologie, schaltung, ja sogar einer Heilung der Pharmakogenomik, der Zell- von Leiden mit personalisierten und Gentherapien und der Dia- Arzneimitteltherapien. gnostik getrieben und geprägt. Die „neue“ Personalisier- Status quo te Medizin entwickelt sich mehr und mehr zu einem zukunfts- Bereits heute wird diese pharmaträchtigen und innovativen Ge- kologisch, molekular- und zellbiet in der Patientenversorgung. biologisch getriebene Form der Pharmazeutische Unternehmen, Personalisierten Medizin in der
präventiven und der prädiktiven Diagnostik erfolgreich eingesetzt. Bei der Krankheitsprävention kann heute schon bei Gesunden die Prädisposition für bestimmte Leiden bestimmt werden. Gängige, kommerzielle und zum Teil bereits über die Praxen angebotene Tests bieten Aussagen über die Veranlagung für Osteoporose1, einige Krebsarten (Brust- und Gebärmutter), Herz-Kreislauf-Beschwerden, bestimmte Allergien, Diabetes Typ II und ein langes Et cetera.2 Es gibt eine Reihe von diagnostischen Tests, die unter anderem Wirksamkeitsvorhersagen erlauben, damit Patienten effizienter behandelt werden können. Bei 75 % der Krebspatienten beispielsweise wirken die verwendeten Medikamente nicht (sogenannte „Non-Responder“).3 Das heißt, ihre Krankheit wird nicht nur nicht bekämpft, der Patient wird auch noch zusätzlich von den zuweilen schwerwiegenden Nebenwirkungen geschwächt. Durch den Einsatz diagnostischer Tests kann jedoch vorhergesagt werden, ob – und je nach Medikament auch wie - ein zu behandelnder Patient auf die Behandlung mit einem bestimmten Wirkstoff reagieren wird. Die Prädiktion erstreckt sich nicht nur auf die Unterteilung (Stratifizierung) in „Responder-„ und „Non-Responder“-Gruppen, sondern auch auf die Nebenwirkungs- und die Dosierungsempfindlichkeit (langsame oder schnelle Metabolisierer) der Patienten. Derzeit gibt es rund 30 Wirkstoffe am Markt, deren Wirkweise durch einen vorgeschalteten Test vorhergesagt werden kann. Bei 22 dieser Arzneimittel ist diese Diagnose sogar vorgeschrieben, bei weiteren neun wird sie empfohlen. http://www.humatrix.de/dna-diagnostik/osteoporose.htm 2 http://www.stratipharm.de/kunden/das-ist-stratipharm , https:// www.23andme.com/ 3 Spear et al., Clinical Trends in Molecular Medicine 7 (2001), 201-204 1
Dem Bereich der Personalisierten Medizin mit dem höchsten Grad der Individualisierung gehören die sogenannten Neuartigen Therapien, auch „Advanced Therapy Medicinal Products“ (ATMP) genannt, an. Es handelt sich dabei um Gen- und somatische Zelltherapeutika sowie um biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte („Tissue Engineering Products - TEPs“). Letztere werden bereits vielfach in der regenerativen Medizin angewandt, beispielsweise in der autologen Knorpelregeneration, der Harnröhren-Rekonstruktion, der Herstellung von autologem Hautgewebe in der ambulante Behandlung von Wundpatienten, dem Einsatz von Zelltherapien zur Behandlung von Harn- und Stuhlinkontinenz oder der Bindegewebsregeneration durch autologe Adipose-Derived Regenerative Cells (ADRCs). Die Personalisierte Medizin entwickelt sich jedoch rasant weiter dank des zunehmenden Erkenntnisgewinns aus den sogenannten „Omik“-Technologien (Genom, Proteom, Transkriptom, Metabolom). Jüngstes Beispiel ist das im Juli gestartete und mit Hilfe von EU-Mitteln geförderte Forschungskonsortium GAPVAC (Glioma Actively Personalized Vaccine Consortium), das sich zum Ziel gesetzt hat, eine völlig neue Klasse therapeutischer personalisierter Impfstoffe gegen Hirntumore zu entwickeln. Jeder Patient erhält einen für seine Bedürfnisse maßgeschneiderten, eigens hergestellten Impfstoff. Die Entwicklung der aktiv personalisierten Vakzine geht dafür von der jeweils individuellen Ausprägung des Tumors und des Immunsystems des Patienten aus.4
Beispiele in die Urologie Die Personalisierte Medizin hat nicht vor der Urologie Halt gemacht und bietet jetzt schon wertvolle Werkzeuge für eine http://gapvac.eu/
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erfolgreiche Patientenbehandlung. Besonders die beschriebene Form therapeutischer Impfstoffe hält derzeit Einzug in die Urologie. In den USA wurde ein erstes therapeutisches Vakzin gegen Prostatakrebs zugelassen. Es handelt sich um Sipuleucel-T, auch APC8015 genannt und besteht aus körpereigenen (autologen) dendritischen Zellen, die ex vivo mit einem Fusionsprotein inkubiert wurden.5 Gegen Nierenkrebs befindet sich bereits in Phase III der klinischen Erprobung ein anderer therapeutischer Impfstoff.6 Wissenschaftler der Universität Tübingen und einer dort ausgegründeten Biotech-Firma haben im Sommer 2012 die Ergebnisse zweier klinischer Studien mit dem Nierenkrebsimpfstoff IMA901 veröffentlicht. IMA901 wird therapeutisch verabreicht, wenn der Patient bereits an Krebs erkrankt ist. Der Impfstoff besteht aus zehn synthetischen so genannten tumor-assoziierten Peptiden (TUMAPs), die körpereigene Killer-T-Zellen gegen den Tumor aktivieren. Im Gegensatz zu Chemotherapien werden hier die körpereigenen Abwehrkräfte gezielt gegen den Tumor mobilisiert. Nach Angaben der Universität zeigen die Ergebnisse der Studien, dass die aktive Immunisierung gegen Krebs erfolgreich sein und das Leben deutlich mehr verlängern kann als die neuesten Chemotherapien und das bei einem niedrigeren Nebenwirkungsspektrum. Das Vorhaben schließt den prädiktiven Aspekt der Personalisierten Medizin ein: Biomarker sollen zudem identifiziert werden, die eine Voraussage hinsichtlich der Überlebenszeit bestimmter PaA. L. Harzstark und E. J. Small: Immunotherapy for prostate cancer using antigen-loaded antigen-presenting cells: APC8015 (Provenge). In: Expert Opin Biol Ther 7, 2007, S. 1275–1280. PMID 17696825 6 Nature Medicine 18, 1254–1261 (2012) doi:10.1038/nm.2883 (http:// www.nature.com/nm/journal/v18/n8/ full/nm.2883.html) 5
tientengruppen nach der Impfung mit IMA901 treffen können. Das dritte Beispiel der Personalisierten Medizin auf dem Gebiet der Urologie liefert der Sektor des „Tissue Engineering“. Es handelt sich dabei um die Urethroplastie. Bei der HarnröhrenRekonstruktion mit einem autologen patienteneigenen Zelltransplantat existiert seit kurzem eine Alternative zur herkömmlichen Transplantation mit nativer Mundschleimhaut.7 Zur Gewinnung des Transplantats wird den Patienten unter lokaler Anästhesie ein kleines Stück der Mundschleimhaut entnommen und unter sterilen Bedingungen kultiviert. Für die Patienten hat der Einsatz des autologen Transplantates den Vorteil einer weitgehend schmerz- und komplikationsfrei Gewebebiopsie im Gegensatz zur herkömmlichen großflächige Entnahme nativer Mundschleimhaut. Der aus patienteneigenen Zellen gezüchtete Gewebeersatz integriert sich nach Herstellerangaben innerhalb kurzer Zeit in das umgebende Gewebe und entwickelt sich zu neuem, voll funktionsfähigem Harnröhrengewebe. Zuletzt sollen noch zwei Forschungsprojekte als Beispiele für künftige Therapiemöglichkeiten der Personalisierten Medizin in der Urologie erwähnt werden: Im vergangenen Jahr wurde eine vielversprechende klinische Phase III-Studie abgebrochen, weil der Medikamentenkandidat Girentuximab, ein chimärer monoklonaler Antikörper gegen nicht metastasierten Nierenzellkrebs, die primären Studienendpunkte nicht erreichte (Verbesserung des medianen krankheitsfreien Überlebens).8 Der Hersteller hat jedoch in einer Subgruppenanalyse einen therapeutischen Effekt des Präparates in der Patientensubgruppe mit einem hohen Wert eines http://www.urotiss.com/de/produkt/ problemstellung/option-3-urethroplastie-mit-mukocell 8 http://www.transkript.de/testseitesamuel.html 7
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BDU-Journal Berufspolitik auf Nierenkrebszellen exprimier- Ausblick ten Enzyms (Carbonische Anhydrase IX - CAIX) zeigen können.9 Was bringen die beschriebenen Die Datenauswertung habe ge- Formen der Personalisierten zeigt, dass mit steigenden CAIX- Medizin für die GesundheitsverWerten im Tumorgewebe auch sorgung im Allgemeinen und für der Therapieeffekt von Girent- den Patienten im Speziellen? Ein uximab zunimmt. Das krank- vielfach gehörtes Argument ist heitsfreie Überleben wurde in das der Kostenreduktion durch der mit dem Präparat behandel- gezieltere Arzneimittel-Behandten Patientengruppe mit einem lungen. Es ist jedoch realistischer hohen CAIX-Wert gegenüber von einer Steigerung der Kostender Placebogruppe und Patienten effizienz zu sprechen. Denn der mit einem niedrigen CAIX-Wert Einsatz von molekular- und zellklinisch und statistisch signifi- biologisch fundierten Methoden kant verbessert – und der CAIX- der Personalisierten Medizin erWert kann dank eines Diagnosti- laubt eine allmähliche Abkehr kums festgestellt werden, womit einer krankheitsverwaltenden eine Stratifizierung der Patien- Medizin hin zu einer gerichteten tengruppen, bei denen das Me- und präziseren Therapie. dikament wirkte, erfolgen könnte. Der Einsatz kann sich positiv Ein weiteres Beispiel zu- für uns alle entwickeln, da dank kunftsträchtiger Projekte der einer frühen Diagnose rechtzeiPersonalisierten Medizin in der tig mit Präventionsmaßnahmen Urologie ist ein Forschungspro- begonnen werden kann (Sport, jekt zur Entwicklung eines Tu- Ernährungsumstellung etc.). Zumormarker-Diagnostikums für dem erlaubt die Stratifizierung die personalisierte Therapie des von Patientengruppen mit Hilfe Prostata- und Harnblasenkar- molekularer Marker eine dosiszinoms. Es handelt sich um die genaue und bei weniger Nebenklinische Validierung einer be- wirkungen zielgerichtete Thereits existierenden Methode, mit rapie von Patientinnen und Pader die RNA aus Tumorzellen tienten. mittels quantitativer PCR analyFür das Gesundheitssystem siert werden kann. Das individu- wird sich dieser Einsatz auch elle Genexpressions-Muster rele- vorteilhaft auswirken, da durch vanter Tumormarker ließe Rück- moderne pharmakogenomische schlüsse auf die Biologie und das Diagnosemethoden eine verVerhalten des Primärtumors zu. besserte Krankheitsprävention Eine Veränderung der Marker- und in deren Folge kleinere Papopulation kann darauf hinwei- tientenzahlen, niedrige Kranksen, dass Teile des Tumors in Re- heitsfehltagen und eine geringemission gehen und andere stär- re Morbidität im Alter erreicht ker proliferieren, noch bevor der werden können – was in Zeiten mangelnde Behandlungserfolg einer immer älter werden Bevölin der Bildgebung offenbar wird. kerung, die aktiv am ArbeitsleIm erwähnten Projekt soll die- ben teilnehmen soll, hohe volksse Methode in Zusammenarbeit wirtschaftliche Bedeutung hamit der Urologischen Klinik und ben dürfte. Zudem führten eine Poliklinik der Ludwig-Maximi- verbesserte Therapiesicherheit lians-Universität München in und höhere Behandlungserfolge einen klinisch validierten diag- zu einem erheblichen Effizienznostischen Test überführt wer- potential im Gesundheitssystem. den.10
http://www.wilex.de/portfolio/rencarex/phase-iii-ariser/ 10 http://www.m4.de/personalisiertemedizin/m4-forschungsprojekte/details/PM28.html 9
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Dr. Pablo Serrano Geschäftsfeldleiter Innovation & Forschung / Biotechnologie Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. Friedrichstraße 148 10117 Berlin
Persönliche Leistungserbringung des Arztes bei der Extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie (ESWL) nach EBM-Ziffer 26330 Sachverhalt
dass die Berechnung der Gebührenordnungsposition eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung nach der Vereinbarung zur Stoßwellenlithotripsie sowie zur Strahlendiagnostik und -therapie gemäß § 135 Abs. 2 SGB V voraussetzt.
In Bezug auf die ESWL existieren keine einheitlichen Stellungnahmen dazu, in welchem Umfang die Abrechnung der EBMZiffer 26330 die (höchst-)persönliche Leistung des Arztes verlangt und in welchem Umfang der Arzt Leistungsbestandtei- 2. Persönliche Leistungsle der ESWL nach EBM-Ziffer erbringung im Vertragsarzt26330 an nichtärztliches Perso- recht nal delegieren darf. Die nachfol- Wie für jede andere EBM-Ziffer genden Ausführungen sollen zur aus den arztgruppenspezifischen Klarstellung beitragen: Leistungen gelten für die Abrechnungsfähigkeit der EBM-Ziffer 1. Inhalt der EBM-Ziffer 26330 26330 die allgemeinen BestimDie Zusatzpauschale Extrakor- mungen des EBM. Im Hinblick porale Stoßwellenlithotripsie auf die hier zu erörternde Frage(ESWL) hat folgenden obliga- stellung ist maßgeblich die allgeten Leistungsinhalt: meine Bestimmung EBM-Ziffer F Extrakorporale Stoßwellenli- 2.2 „Persönliche Leistungserbrinthotripsie (ESWL) von Harn- gung“ mit folgendem Wortlaut: steinen „Eine GebührenordnungspoF Patientenaufklärung in an- sition ist nur berechnungsfähig, gemessenem Zeitabstand vor wenn der an der vertragsärztdem Eingriff lichen Versorgung teilnehmende F Information zum Ablauf der Arzt die für die Abrechnung relevorbereitenden Maßnahmen vanten Inhalte gemäß §§ 14a, 15 vor dem Eingriff und zu einer und § 25 BMV-Ä bzw. §§ 14, 20a möglichen Sedierung und/ und § 28 EKV persönlich erbringt.“ oder Prämedikation § 14a BMV-Ä betrifft die perF Nachbeobachtung und -be- sönliche Leitung der Vertragstreuung arztpraxis bei angestellten ÄrzF Steinortung. ten und schreibt vor, dass bei einem Vertragsarzt, der einen Der fakultative Leistungsinhalt angestellten Arzt oder angestelllautet: te Ärzte beschäftigt, sicherzustelF Infusion(en) (EBM 02100) len ist, dass der Vertragsarzt die F Einlegen einer Ureterverweil- Arztpraxis persönlich leitet. schiene (EBM 26322) § 15 BMV-Ä definiert insbeF Wechseln Nierenfistelkatheter sondere in Abs. 1 dasjenige, was (EBM 26325) die allgemeine Bestimmung F Ultraschalldiagnostik (Kap. 33 EBM-Ziffer 2.2 unter persönliEBM 33043) cher Leistungserbringung verF Radiologische Diagnostik steht. § 15 Abs. 1 BMV-Ä lautet (Kap. 34 z. B. EBM 34245) wörtlich: F Prämedikation/Sedierung „Jeder an der vertragsärztlichen F in mehreren Sitzungen. Versorgung teilnehmende Arzt ist verpflichtet, die vertragsärztliche Die Abrechnungsbestimmungen Tätigkeit persönlich auszuüben. zur EBM-Ziffer 26330 legen fest, Persönliche Leistungen sind auch
ärztliche Leistungen durch genehmigte Assistenten und angestellte Ärzte gemäß § 32b Ärzte-ZV, soweit sie dem Praxisinhaber als Eigenleistung zugerechnet werden können. Dem Praxisinhaber werden die ärztlichen selbständigen Leistungen des angestellten Arztes zugerechnet, auch wenn sie in der Betriebsstätte oder Nebenbe-triebsstätte der Praxis in Abwesenheit des Vertragsarztes erbracht werden. Dasselbe gilt für fachärztliche Leistungen eines angestellten Arztes eines anderen Fachgebietes (§ 14a Abs. 2), auch wenn der Praxisinhaber sie nicht selbst mit erbracht oder beaufsichtigt hat. Persönliche Leistungen sind ferner Hilfeleistungen nichtärztlicher Mitarbeiter, die der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt, der genehmigte Assistent oder ein angestellter Arzt anordnet und fachlich überwacht, wenn der nichtärztliche Mitarbeiter zur Erbringung der jeweiligen Hilfeleistung qualifiziert ist. Das Nähere zur Erbringung von ärztlich angeordneten Hilfeleistungen durch nichtärztliche Mitarbeiter in der Häuslichkeit der Patienten, in Alten- oder Pflegeheimen oder in anderen beschützenden Einrichtungen regeln die Vertragspartner in einer Anlage zu diesem Vertrag.“ § 25 BMV-Ä, der ebenfalls in der allgemeinen Bestimmung EBM-Ziffer 2.2 genannt wird, betrifft die Erbringung und Abrechnung von Laborleistungen. Die sozialgesetzliche Grundlage für die zitierte Vorschrift des § 15 Abs. 1 BMV-Ä ist im Leistungsrecht des SGB V verankert. § 15 Abs. 1 SGB V bestimmt in Abs. 1 nach der Überschrift „Ärztliche Behandlung, Krankenversichertenkarte“ wörtlich Folgendes: „Ärztliche oder zahnärztliche Behandlung wird von Ärzten oder Zahnärzten erbracht, soweit nicht in Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3c etwas anderes bestimmt ist. Sind Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie nur
erbracht werden, wenn sie vom Arzt (Zahnarzt) angeordnet und von ihm verantwortet werden.“ § 28 Abs. 1 SGB V definiert unter der Überschrift „Ärztliche und zahnärztliche Behandlung“ zur ärztlichen Behandlung wörtlich Folgendes: „Die ärztliche Behandlung umfasst die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung anderer Personen, die von dem Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten ist. Die Partner der Bundesmantelverträge legen bis zum 30.06.2012 für die ambulante Versorgung beispielhaft fest, bei welchen Tätigkeiten Personen nach Satz 2 ärztliche Leistungen erbringen können und welche Anforderungen an die Erbringung zu stellen sind. Der Bundesärztekammer ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.“ Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 28 Abs. 1 SGB V in der Fassung des GKV-VStG soll mit dieser Bestimmung die Möglichkeit der Delegation ärztlicher Leistungen noch weitergehend als bisher genutzt werden. In der Gesetzesbegründung heißt es u. a.: „Grundsätzlich gilt bei ärztlicher Behandlung in der gesetzlichen Krankenversicherung die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Arzt alle Leistungen in vollem Umfang höchstpersönlich erbringen muss. Vielmehr kann er die Erbringung von Leistungen an nichtärztliches Personal delegieren. Die Letztverantwortung des Arztes bleibt dabei erhalten. Er muss jedoch die Hilfspersonen je nach den Erfordernissen überwachen und anleiten. Allerdings werden die bereits jetzt bestehenden Möglichkeiten zur Delegation noch nicht in dem erforderlichen Umfang genutzt.
Dies liegt in erster Linie an feh- 3. Persönliche Leistungslender Klarheit über Grenzen und erbringung nach BundesAnforderungen an die Delegation. ärztekammer/KBV Die Partner der Bundesmantelverträge erhalten daher die Aufgabe, a) Die gemeinsame Stellungklarzustellen, in welchen Fällen nahme von BÄK und KBV baDelegation möglich ist und wel- siert auf den o. g. Rechtsgrundche Anforderungen an die Beauf- lagen sowie zusätzlich auf besichtigungspflicht des Arztes und rufsrechtlichen Bestimmungen an die Qualifikation der Hilfsper- der ärztlichen Muster-Berufssonen zu stellen sind. Die zu erstel- ordnung und des in § 613 Satz 1 lende Beschreibung delegationsfä- BGB verankerten Grundsatzes, higer Leistungen ist nicht abschlie- dass Dienstleistungen und daßend, sondern hat den Charakter mit auch ärztliche Leistungen einer beispielhaften Aufzählung, im Zweifel durch die Person des die der Orientierung der Handeln- Dienstleistungsverpflichteten inden dient.“ nerhalb eines DienstvertragsverSoweit erkennbar, hat der hältnisses persönlich zu erbrinRichtliniengeber (Gemeinsamer gen sind. Bundesausschuss) bislang leDie gemeinsame Stellungdiglich die Richtlinie zur Über- nahme lässt jedoch keinen Zweitragung auf Berufsangehörige fel daran, dass persönliche Leisder Alten- und Krankenpflege tungserbringung nicht bedeutet, zur selbständigen Ausübung von dass der Arzt sämtliche LeistunHeilkunde im Rahmen von Mo- gen in vollem Umfang höchstperdellvorhaben nach § 63 Abs. 3c sönlich erbringt. SGB V am 22.03.2012 in Kraft geDie gemeinsame Stellungsetzt. Diese Richtlinie betrifft al- nahme verweist insoweit auf § 4 lerdings weniger die Delegation Abs. 2 der Gebührenordnung für ärztlicher Leistungen, sondern Ärzte, wonach ausdrücklich als mehr die Substitution in Form delegierbare Leistungen durch der Übertragung auf Berufsan- nichtärztliche oder ärztliche Mitgehörige der Alten- und Kran- arbeiter unter den dort genannkenpflege zur selbständigen Aus- ten Voraussetzungen als abreübung von Heilkunde. chenbar bezeichnet werden, soWeitergehende Festlegungen wie auf die schon genannten Bezur Delegation ärztlicher Tätig- stimmungen der §§ 15, 28 SGB V keiten auf der Grundlage von § 28 und § 15 Abs. 1 Satz 5 BMV-Ä. Abs. 1 SGB V sind nicht erkennbar. Als Zwischenergebnis kann Aus diesem Grunde kann davon damit in Bezug auf die grundausgegangen werden, dass unver- sätzliche Auffassung von BÄK ändert die gemeinsame Stellung- und KBV festgehalten werden, nahme von Bundesärztekammer dass vom Arzt angeordnete und und Kassenärztlicher Bundesver- verantwortete Hilfeleistungen einigung zur persönlichen Leis- anderer (nichtärztlicher) Persotungserbringung Möglichkei- nen zur ärztlichen Behandlung ten und Grenzen der Delegation gehören und dem Arzt als eigeärztlicher Leistungen Geltung ne persönlich erbrachte Leistung hat (Stand 29.08.2008 mit letzter zugerechnet werden. Dies gilt für Änderung am 23.01.2013). Die- alle im EBM beschriebenen arztse Stellungnahme ist zur inhalt- gruppenspezifischen Leistungen lichen Bestimmung der persön- und damit auch für die Leistunlichen Leistungserbringung und gen nach EBM-Ziffer 26330. der Möglichkeiten der Delegation ärztlicher Leistungen auch b) Die gemeinsame Stellungnahim Rahmen der vertragsärztli- me BÄK/KBV differenziert bei chen Versorgung unverändert der Inhaltsbestimmung der permaßgebend. sönlichen Leistungen des Arztes in Abschnitt III zusätzlich in sog. höchstpersönliche Leistungen, die der Arzt ganz oder teilweiDer Urologe 10 · 2013
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BDU-Journal Berufspolitik se in Person, also höchstpersönlich erbringen muss und die nicht delegierbar sind. Als höchstpersönliche Leistungen bezeichnet die gemeinsame Stellungnahme BÄK/KBV „solche Leistungen oder Teilleistungen, die der Arzt wegen ihrer Schwierigkeit, ihrer Gefährlichkeit für den Patienten oder wegen der Unvorhersehbarkeit etwaiger Reaktionen unter Einsatz seiner spezifischen Fachkenntnis und Erfahrung höchstpersönlich erbringen muss.“ Eine Gefährlichkeit für den Patienten ist nach der gemeinsamen Stellungnahme BÄK/ KBV dann gegeben, wenn die nicht fachgerechte Durchführung einer Leistung durch einen nichtärztlichen Mitarbeiter den Patienten (z. B. bei einem operativen Eingriff) unmittelbar schädigen oder ihm (z. B. durch Nichterkennen krankhafter Befunde bei diagnostischen Maßnahmen) erst zu einem späteren Zeitpunkt erkennbar werdende Schäden verursachen kann. Die gemeinsame Stellungnahme BÄK/KBV bezeichnet deshalb als höchstpersönliche Leistungen des Arztes, die an nichtärztliches Personal nicht delegierbar sind, F Anamnese F Indikationsstellung F Untersuchung des Patienten einschließlich invasiver diagnostischer Leistungen F Stellen der Diagnose F Aufklärung und Beratung des Patienten F Entscheidung über die Therapie und F Durchführung invasiver Therapien einschließlich der Kernleistungen operativer Eingriffe. c) Außerhalb dieser persönlichen Leistungen erklärt Abschnitt V der gemeinsamen Stellungnahme BÄK/KBV die Delegation von ärztlichen Leistungen an nichtärztliche Mitarbeiter für zulässig, wenn F der Mitarbeiter ausreichend qualifiziert ist und der Arzt sich hiervon überzeugt hat
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und fortlaufend stichproben- lungnahme BÄK/KBV delegierartig überzeugt und bar sein. F der Arzt bei Erbringung der delegierten Leistung durch b) Fraglich ist, ob die Durchfühden nichtärztlichen Mitar- rung der Extrakorporalen Stoßbeiter sich grundsätzlich in wellenlithotripsie von Harnsteiunmittelbarer Nähe (Rufwei- nen ganz oder teilweise delegierte) aufhält. bar ist. Dies wäre schon dann nach der gemeinsamen StellungAußer Betracht bleibt die Dar- nahme BÄK/KBV nicht der Fall, stellung, welche Maßnahmen wenn es sich um die Durchfühder Arzt ergreifen muss, wenn er rung einer invasiven Therapie einen nicht hinreichend qualifi- handeln würde. Dies ist nicht der zierten Mitarbeiter für die Durch- Fall. Invasiv ist eine Methode zur führung delegierter Leistungen Diagnosefindung oder eine Theeinsetzen will. rapie, die ein Eindringen in den Körper erfordert, wie z. B. eine 4. Anwendung der Herzkatheteruntersuchung oder Delegationsgrundsätze die Entnahme einer Gewe-bezu 3. auf die ESWL probe (Biopsie). Als nichtinvasiv Vorab ist darauf hinzuweisen, bezeichnet man Behandlungen dass der oben unter Ziff. 1 dar- ohne Verletzung der Körperogestellte obligate Leistungsinhalt berfläche. von EBM-Ziffer 26330 nicht den Dass auch die gemeinsame Umfang der höchstpersönlichen Stellungnahme BÄK/KBV auf ärztlichen Leistungen im Sinne der Grundlage einer solchen der gemeinsamen Stellungnah- Definition invasive Therapien me BÄK/KBV beschreibt. Ob- der höchstpersönlichen Leiligater Leistungsinhalt bedeutet stungserbringung zuordnet, alnicht gleich höchstpersönlicher so ein Eindringen in den KörLeistungsinhalt, sondern be- per voraussetzt, ergibt sich aus schreibt, welche Leistungen er- der sachlichen Verknüpfung inbracht worden sein müssen, da- vasiver Therapien mit den Kernmit die EBM-Ziffer 26330 abrech- leistungen operativer Eingriffe, nungsfähig ist. Die Abgrenzung die ebenfalls eine Verletzung der der (höchst-)persönlichen ärzt- Körperoberfläche erforderlich lichen Leistung zur delegierten machen bzw. zur Folge haben. Leistung an nichtärztliche MitMittels der ESWL findet kein arbeiter vollzieht sich nach den Eindringen in die Körperoberflärechtlichen Grundlagen, die in che statt. Die Stoßwellen bei der Ziff. 2 und 3 beschrieben sind, so- ESWL werden elektromagnetisch wie insbesondere nach der Aus- oder piezoelektrisch (EPL, schoformung durch die gemeinsame nenderes Verfahren) erzeugt. Stellungnahme BÄK/KBV. Dies Die therapeutischen Stoßwellen bedeutet: bei der ESWL setzen in tiefergelegenen Körperregionen Enera) Die Patientenaufklärung in gie frei, ohne die darüber liegenangemessenem Zeitabstand vor de Haut oder Fettgewebe oder dem Eingriff, die Information Muskeln zu beschädigen. Dieser zum Ablauf der vorbereiteten Zusammenhang bestätigt, dass Maßnahmen vor dem Eingriff es sich bei der ESWL um eine und zu einer möglichen Sedie- nichtinvasive Therapie handelt. rung und/oder Prämedikation Die ESWL steht vielmehr - in der sowie insbesondere die Steinor- Diktion der gemeinsamen Steltung als Teil der Diagnose und lungnahme BÄK/KBV - in undie Indikationsstellung für die mittelbarer Nähe zu anderen diESWL sind höchstpersönliche agnostischen oder TherapieverLeistungen. Nachbeobachtung fahren, die unter Abschnitt VII und Betreuung nach vollzogener der gemeinsamen StellungnahESWL dürfte unter den Voraus- me BÄK/KBV als an nichtärztsetzungen der gemeinsamen Stel- liche Mitarbeiter delegierbar be-
zeichnet werden. Die gemeinsame Stellungnahme BÄK/KBV legt in Bezug auf das Röntgen, MRT und auch Verfahren der Nuklearmedizin/Strahlentherapie unter VII fest, dass bei diagnostischen oder Therapieverfahren, die von außen mittels Röntgenstrahlen oder mittels radioaktiven Stoffen oder ionisierender Strahlung oder physikalisch (MRT) auf den Körper einwirken, die Durchführung der technischen Leistung grundsätzlich an nichtärztliche Mitarbeiter delegierbar ist. Dies allerdings nur unter den grundsätzlich für die Delegation geltenden Voraussetzungen. Nichts anderes gilt auch für die ESWL, die, wie ausgeführt, keine invasive Therapie im Sinne des Abschnitts III (höchstpersönliche Leistungen des Arztes) der gemeinsamen Stellungnahme BÄK/KBV darstellt, sondern eine nichtinvasive Therapie. c) Die einzelnen Teilschritte der technischen Leistung der ESWL gliedern sich wie folgt auf: F Lagerung des Patienten F Steinfokussierung F Auslösen der Stoßwelle F Bedienung des Lithotripters (einschließlich des integrierten Röntgen C-Bogens und der Sonographieeinheit) F ggf. radiologische oder sonographische Anpassung der Fokussierung. Da der Teilschritt der Steinfokussierung für den Erfolg der Therapie nach der durch den Arzt höchstpersönlich ermittelten Steinortung von besonderer Bedeutung ist und sichergestellt sein muss, dass die Fokussierung deckungsgleich mit der Steinortung ist, ist davon auszugehen, dass der Teilschritt der Steinfokussierung zwar durch einen nichtärztlichen Mitarbeiter vorbereitet werden kann, aber vor Beginn des Teils der technischen Leistung, mit welcher auf den Stein eingewirkt wird, durch den Arzt höchstpersönlich kontrolliert werden muss.
Unter Erfüllung dieser Prä- (Nuklearmedizin/Strahlenthe- telte Destatis durchschnittliche misse kann in Anbetracht der rapie) auszuführen, dass bei der Einnahmen von 399.000 Euro je nichtinvasiven Wirkung der Durchführung der ESWL durch Praxis, das Zi von 300.000 Euro. ESWL kein vernünftiger Zwei- nichtärztliches Personal zwar Woher kommen solche Unterfel daran bestehen, dass bei Er- nicht die Anwesenheit des Arz- schiede in den Daten – vor allem füllung der grundsätzlichen Vo- tes in dem Raum erforderlich ist, auch in den Wachstumsraten der raussetzungen für eine Delega- in welchem die technische Leis- Einnahmen? tion (siehe oben Ziff. 3 c)) die tung erbracht wird, jedoch der Schließlich schlägt das auch Durchführung der technischen Aufenthalt des Arztes in unmit- auf den Jahresüberschuss durch: Leistung ESWL an nichtärzt- telbarer Nähe während der Er- Den bezifferte das Zi 2007 mit liches Personal delegierbar ist. bringung der technischen Leis- 120.976 Euro je Praxisinhaber, Dies wird medizinisch bestätigt tung zur Klärung von Rückfragen 2009 mit 140.451 Euro. Die Bundurch eine Stellungnahme von und zur Beherrschung von mög- desstatistiker wiesen für 2007 je Prof. Dr. Thomas Knoll (Chef- licherweise auftretenden Risiken. Praxisinhaber einen Reinertrag arzt der Urologischen Klinik SinZusammenfassend ist da- von 142.000 Euro und für 2011 delfingen-Böblingen), in welcher nach festzustellen, dass die Ab- sogar von 166.000 Euro aus. Prof. Knoll nach Auseinanderset- rechenbarkeit der EBM-Ziffer „Die Unterschiede lassen sich zung mit den Risiken der ESWL 26330 nicht die höchstpersön- unseres Erachtens nur durch eine zu dem Ergebnis kommt, dass liche Durchführung der tech- andere Zusammensetzung der die ständige Anwesenheit eines nischen Leistung ESWL verlangt, Praxisstichprobe erklären“, sagt Arztes nach seiner Einschätzung sondern dass diese Leistung Zi-Geschäftsführer Dr. Dominicht erforderlich und außerhalb an entsprechend qualifiziertes nik Graf von Stillfried. Doch was Deutschlands auch nicht üblich nichtärztliches Personal delegiert so harmlos klingt, könnte dann ist und keine Bedenken bestehen, werden darf. Dabei muss sich der problematisch für Ärzte werden, die technische Durchführung der die Delegation anordnende Arzt wenn die Destatis-Daten standarESWL an nichtärztliches Perso- oder ein Arzt, der das mit der disiert und bei Honorarverhandnal zu delegieren. Durchführung der technischen lungen als Richtschnur genomIn Bezug auf die in der Stel- Leistung etwa verbundene Risiko men werden. lungnahme von Prof. Knoll be- beherrscht, für das nichtärztliche Für den GKV-Spitzenverband zeichnete nicht ständige Anwe- Personal in Rufweite aufhalten. sind die Daten der Bundesstatissenheit eines Arztes ist auf der tiker eine mehr als willkommene Grundlage der gemeinsamen Frank Schramm Argumentationshilfe, wie sich beStellungnahme BÄK/KBV prä- Rechtsanwalt reits zeigte. „Die jetzt veröffentzisierend in Analogie zu den Fachanwalt für Medizinrecht lichten Zahlen bestätigen, dass dortigen Ausführungen zu VII und Justitiar des Berufsverbandes aus den Portemonnaies der Bei3. (technische Untersuchun- der Deutschen Urologen e. V. tragszahler ein sehr anständiges gen), 4. (Röntgen), 5. (MRT), 6. Honorar zu den niedergelassenen Ärzten fließt“, kommentierte der Spitzenverband sogleich den Destatis-Bericht.
Arzteinkommen: Die Lücken der Bundesstatistiker Ein Plus von 21 Prozent bei den Praxiseinnahmen in vier Jahren – die Daten der aktuellen Kostenstrukturanalyse des Statistischen Bundesamtes sorgen derzeit für heiße Diskussionen. Und weisen erhebliche Abweichungen von den Einkommensdaten des Zi-Praxispanels auf. Könnte es sein, dass die Bundesstatistiker die Situation in den Praxen überschätzen? ZiGeschäftsführer Dr. Dominik Graf von Stillfried bezieht Stellung.
Die Differenz ist mehr als auffällig: Während das Statistische Bundesamt (Destatis) in seiner aktuellen Kostenstrukturanalyse bei Arztpraxen in 2011 Einnahmen bei den Praxen von 483.000 Euro ermittelte, kam das Zentralinstitut der kassenärztlichen Versorgung (Zi) mit seinem Praxispanel für 2009 gerade einmal auf rund 329.000 Euro. Noch interessanter ist der Vergleich der Jahre 2007: Hier ermit-
Bundesstatistiker weichen deutlich vom Bundesarztregister ab Das Problem liegt laut Stillfried an zwei Stellen. Zum einen ist es die Abweichung von den Daten des Bundesarztregisters (BAR). Das Zi-Praxispanel – kurz ZiPP genannt – schichte seine Stichprobe nicht nur nach dem BAR, sondern auch nach Regionstypen. „Bei der Kostenstrukturanalyse wird die Stichprobenzusammensetzung nicht dargelegt. Sie verbirgt sich hinter einer Hochrechnung der Arztzahlen“, so Stillfried. Dabei wäre die Hochrechnung seiner Ansicht nach
für die Kostenstrukturanalyse inhaltlich gar nicht notwendig. Problematisch ist laut Stillfried etwa die Zusammenfassung von haus- und fachärztlichen Internisten bei der Kostenstrukturanalyse. Aber auch die Tatsache, dass Augenärzte, Chirurgen und Psychotherapeuten unterrepräsentiert sind. Für den Bereich Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie weisen die Bundesstatistiker nur 6885 Praxisinhaber auf, das Bundesarztregister zählt aber über 10.000. Bei den Chirurgen taucht noch eine weitere Schwierigkeit auf, wie Stillfried erklärt: Es seien in der Kostenstrukturanalyse extrem viele plastische Chirurgen enthalten, „von denen einige rein privatärztlich tätig sein dürften“. Stichprobeneffekte nennt Stillfried solche Abweichungen von der tatsächlichen Versorgungsrealität.
Gemeinschaftspraxen verzerren das Bild Noch so eine Abweichung, die sich auf die Ergebnisse der Analyse auswirke, finde sich bei der Zahl von Einzel- und Gemeinschaftspraxen, die in die Stichprobe eingegangen sind. „Destatis hat in der Kostenstrukturanalyse einen höheren Anteil von Gemeinschaftspraxen als das Bundesarztregister“, so der ZiGeschäftsführer. Das BAR ermittelte für 2011 einen Anteil der Gemeinschaftspraxen an der Versorgung von 22,8 Prozent, in die Kostenstrukturanalyse sind die Gemeinschaftspraxen aber mit 26,1 Prozent vertreten.
Kassenhonorar um sieben Prozent zu hoch geschätzt? Doch die Abweichung vom Bundesarztregister ist nur ein Problem. Es findet auch eine deutliche Abweichung vom KBV-Honorarbericht 2011 statt, wie Stillfried aufzeigt. Die Kostenstrukturanalyse überschätze das Kassenhonorar um fast sieben Prozent – MVZ mit eingerechnet sogar um 13 Prozent. Zur ErinneDer Urologe 10 · 2013
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BDU-Journal Berufspolitik rung: Nach den Bundesstatisti- Prozent der Praxen neu hinzugekern lag das Kassenhonorar 2011 kommen. Das Zi weise diese Verje Praxis im Schnitt bei 215.920 änderungen jedoch aus und beEuro, die KBV kommt in ihrem richte deshalb immer über insgeHonorarbericht 2011 aber nur auf samt drei Jahre. 202.338 Euro je Praxis. Der Leistungsdruck in der PraÄrzte keine leichten Auch hier arbeitet das Zi an- Auch nach Destatis-Daten xis kann eine unerwünschte Patienten ders. Wie Stillfried erläutert kor- bleibt nur ein NettoNebenwirkung auslösen – Sucht. rigiert das ZiPP Über- und Unter- stundensatz von 39 Euro Ärzte seien gegenüber anderen repräsentierung hoher oder niedSuchterkrankungen gelten als Berufsgruppen sogar suchtgeriger Umsätze durch die Gewich- Doch wie üppig ist denn der unterschätztes Problem der Ärz- fährdeter, heißt es bei der Lantung mit der Umsatzgrößenklas- Stundensatz eines Arztes tat- teschaft. Das geht aus dem AOK- desärztekammer Baden-Würtsenstatistik der KBV. Die Kos- sächlich, wenn man die Daten Fehlzeitenreport hervor. temberg. tenstrukturanalyse tue das nicht. von Destatis als RechengrundlaSo hätten die auf die BehandGründe seien die starke Be„Die Verzerrungen in der Beset- ge nimmt. Schließlich weisen die lung von Ärzten spezialisierten lastung und die hohe Verantworzung schlagen daher in der Kos- Statistiker nur den Brutto-Rein- Oberbergkliniken bereits 5000 tung, die der Beruf mit sich brintenstrukturanalyse voll auf das ertrag aus. Stillfried rechnet es für abhängige Mediziner behandelt. ge. Schon früh hat sich die ÄrzErgebnis durch.“ So sei in der die „Ärzte Zeitung“ durch: Nach Als schwerstes Suchtmittel bei teschaft bei der Therapie suchtKostenstrukturanalyse die Grup- Abzug der ärztlichen Altersvor- Ärzten gilt Alkohol. Vier bis fünf kranker Ärzte auf das Prinzip pe großer, umsatzstarker Praxen sorge (20.849 Euro für ein voll Prozent der Ärzte sollen davon „Therapie statt Strafe“ verständigt. besonders stark besetzt. Desta- zahlendes Mitglied, ÄV Nord- abhängig sein. Das entspricht in Mehrere Landesärztekamtis weist für die Gemeinschafts- rhein), der Kranken- und Pfle- etwa der Quote der gesamten Be- mern halten strukturierte Bepraxen (GP) Einnahmen von geversicherung (7734 Euro bei völkerung. handlungs- und Betreuungs923.000 Euro je Praxis in 2011 freiwillig gesetzlich Versicher18 bis 20 Prozent der Ärzte programme vor, um Ärzten den aus. Damit läge die Kostenstruk- ten) und der Einkommensteuer rauchen (gesamt 38 Prozent). Ausstieg aus der Sucht zu ermögturanalyse viel höher als das ZiPP, (46.872 Euro, Steuerklasse 1) verDer AOK-Report geht davon lichen. Dazu gehört auch die Verdas für 2009 rund 377.000 Euro bleiben von den 166.000 Euro aus, dass die Medikamentenab- mittlung von Praxisvertretungen. an Einnahmen je GP (ohne Psy- Reinertrag 90.545 Euro. hängigkeit von Ärzten höher liegt Ärzte seien keine leichten Pachotherapeuten) ermittelt hat. Auf eine 40-Stunden-Woche als die der Allgemeinheit. Zwölf tienten, heißt es in dem AOKSpibu selbst weist nur An- heruntergerechnet, läge das Net- Prozent der Ärzte missbrauchten Fehlzeitenreport. Umgekehrt stieg der GKV-Einnahmen um toeinkommen bei 71.016 – denn Benzodiazepine. sind Ärzte oft die ersten, die bei 15,5 Prozent aus wie das ZiPP ermittelt hat, arbeiSubstanzen, die unter das Be- ihren Patienten auf Anzeichen Fraglich sei, ob die Einnah- ten niedergelassene Ärzte im täubungsmittelgesetz fallen, spie- von Alkohol-, Medikamenten men- und Ertragsentwicklung Schnitt 51 Stunden die Woche. len in der deutschen Ärzteschaft und Drogenmissbrauch stoßen. aufgrund der genannten Proble- Damit bleibt ein Nettostunden- kaum eine Rolle. Höchstens ein Dafür sollten die Präventionsanme in der Kostenstrukturanaly- lohn von 39 Euro. Prozent der Ärzte wird damit in gebote ausgebaut werden, lautet se nicht überzeichnet sei, so StillVerbindung gebracht. In den USA eine Forderung. fried. Ausweislich der Veröffent- Rebekka Höhl dagegen seien es fast vier Prozent. „Der politische Rückenwind lichung des Spitzenverbands sei Ärzte Zeitung online „Der Leistungsdruck in den für eine praxisnahe Präventionsdie Gesamtvergütung von 2007 Praxen ist enorm hoch,“ bestä- und Versorgungsforschung fehlt auf 2012 um 15,5 Prozent gestietigte KBV-Pressesprecher Dr. bisher“, sagte der geschäftsfühgen. „Ein Anstieg der GKV-EinRoland Stahl die Ausnahmesitu- rende Vorstand des AOK-Bunnahmen in Praxen von 18 Proation der niedergelassenen Ärzte. desverbands, Uwe Deh, bei der zent erscheint somit unwahrEine Erhebung der Kassen- Vorstellung des Reports in Berlin. scheinlich.“ ärztlichen Bundesvereinigung im Größeren Schwerpunkt auf Generell hält Stillfried einen vergangenen Jahr habe ergeben, Primärversorgung legen Vergleich der Destatis-Daten aus dass Ärzte im Schnitt mehr als Der Deutsche Hausärztever2007 und 2011 für problematisch, 50 Stunden in der Woche arbei- band hieb in einer ersten Reakweil es sich um zwei komplett teten. Burn out sei unter Medizi- tion in die gleiche Kerbe. Er forunterschiedliche Stichproben nern weit verbreitet. dert, dass die Früherkennung handele. Hier wähle das ZiPP in Bei dem von der Gesellschaft in der Hausarztpraxis zukünftig seiner Panelstruktur einen andevorgegebenen Leistungsethos fal- stärker gefördert werden müsse. ren Weg. Und selbst hier gebe es le es schwer, Schwächen zu zei„Patienten und ihre Angenoch eine hohe Fluktuation bei gen. Nicht jeder könne dann dem hörigen werden oft allein gelasden Teilnehmern. Von der ersGriff zur Flasche oder zu den ver- sen“, sagte Ulrich Weigeldt, Bunten auf die zweite Erhebung hagleichsweise leicht zu erlangen- desvorsitzender des Deutschen be beim ZiPP die Aussteigerden Medikamenten widerstehen. Hausärzteverbandes. „Deshalb quote noch 50 Prozent betragen. sollte in dem Zusammenhang Mittlerweile zeige sich jedoch ein ein größerer Schwerpunkt auf Trend zur längerfristigen Teildie Primärversorgung gelegt wernahme, 2010 seien nur um die 40 den.“
Leistungsdruck führt Ärzte in die Sucht
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Leistungserbringer sollten durch gezielte Schulungen in die Lage versetzt werden, zur Früherkennung auf Grundlage der bestehenden Hausarzt-Patienten-
Bindung beizutragen, so Weigeldt weiter. Anno Fricke, Sunna Gieseke Ärzte Zeitung
Ärzte entdecken das Internet Die Leseranalyse Medizinischer Fachkreise (LA-MED) wird alle zwei Jahre über eine repräsentative Umfrage unter Allgemeinärzten, Praktikern und Internisten (API) von einem Meinungsforschungsinstitut im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft LAMED durchgeführt. Die niedergelassenen Ärzte entDer Arbeitsgemeinschaft gedecken das Internet als Spielwie- hören Fachverlage, Unternehse unternehmerischer Aktivitä- men aus der Pharmabranche ten in Richtung Patienten. Das und Agenturen an. Für die LAist eine der überraschenderen MED 2013 hat TNS Infratest insErkenntnisse aus der LA-MED gesamt 1002 repräsentativ ausge2013, deren Ergebnisse Ende Au- wählte Ärzte in zwei Wellen von gust veröffentlicht worden sind. September 2012 bis Juni 2013 zu Dabei zeigte die LA-MED Lesegewohnheiten und zur beschon in den vergangenen Jah- ruflichen Nutzung des Internets ren, zuletzt 2011, dass die Ärzte - befragt. genauer gesagt: Allgemeinmediziner, Praktiker und Internisten Auch Ärzte über 60 - das Internet und SocialMedia- sind online Plattformen auch zu beruflichen Zwecken nutzten. Doch ging es Die Nutzung des World Wide dabei überwiegend um die Nut- Web ist für Ärzte nach diesen Erzung als Anwender, zum Beispiel gebnissen fast so selbstverständdie Recherche medizinischer In- lich wie die des Telefons: Nur halte oder Online-Fortbildung. noch 4,5 Prozent der Allgemeinärzte, Praktiker und Internisten Mehr zum Thema sagen von sich, dass sie nie ins Internet gehen. IT in der Arztpraxis wird immer Und selbst bei den über wichtig - und kann bei der Or- 60-Jährigen sind mittlerweiganisation der Praxis helfen. Die le rund 90 Prozent online.Auch LA-MED 2013 belegt zwar, dass die Zeit, die Ärzte im Internet diese Anwendungen nach wie verbringen, wächst langsam, aber vor zu den Favoriten der Ärz- stetig: 4,4 Stunden in der Woche te bei der beruflichen Internet- sind laut LA-MED die AllgeNutzung gehören: 92 Prozent der meinärzte, Praktiker und InterÄrzte, die ins Internet gehen, re- nisten durchschnittlich im Netz cherchieren dort auch nach me- unterwegs. Zwei Jahre zuvor wadizinischen Inhalten, 88 Prozent ren es noch 4,2 Stunden. nutzen E-Mail, 68 Prozent nehNachdem seine Nutzung men an Online-Fortbildungen selbstverständlich geworden ist, teil. Es gibt jedoch zunehmend wird das Internet nun zunehweitere Aktivitäten im Netz. mend auch zu einer Plattform Der Umgang mit dem Internet ist mittlerweile fast so selbstverständlich wie die Nutzung des Telefons. Das gilt auch für Ärzte - und nicht nur für die jungen. Denn übers Netz lassen sich zunehmend Patienten besser erreichen.
für Marketing-Aktivitäten in Richtung Patienten: Der Anteil der API, deren Praxis im Internet mit einer eigenen Website vertreten ist, stieg binnen zwei Jahren um rund ein Drittel, von 30 auf nahezu 40 Prozent. Dabei stieg der Anteil der Allgemeinärzte und Praktiker mit eigener Praxiswebsite von einem niedrigeren Niveau - von 26,7 auf 35,9 Prozent -, aber durchaus in derselben Geschwindigkeit wie bei den Internisten. Bei ihnen ging der Anteil von 37,1 auf nun 47,7 Prozent nach oben. Der Anteil der Praxen mit eigener Website ist in größeren Praxen (über 1000 Scheine) erwartungsgemäß etwas höher als in kleineren Praxen (unter 1000 Scheine im Quartal) - 42,5 Prozent versus 34,1 Prozent. Noch deutlicher ist der Unterschied zwischen Praxen in den westlichen Bundesländern (42,2 Prozent) und denen in den östlichen Bundesländern (27,5 Prozent). Kräftig gewachsen ist der Anteil der Praxen, die das Internet für die Patientenkommunikation nutzen, etwa für OnlineTerminvereinbarungen - von 28 Prozent 2011 auf nun 34 Prozent. In den Jahren zuvor hatte dieser Wert lange relativ stabil weit unter 30 Prozent verharrt.
Jeder zehnte Arzt mit Tablet Die LA-MED 2013 zeigt auch, dass die Mobilität der InternetNutzung bereits relativ hoch ist und zwar so ähnlich wie in der Gesamtbevölkerung: Zwar geben rund 84 Prozent der API an, dass sie klassisch mit Desktop-PC ins Internet gehen. Doch Notebooks (56,6 Prozent) und Smartphones (18,6 Prozent) werden auch bereits von vielen Ärzten für das Surfen im Web verwendet. Netbooks (5,8 Prozent) und Tablet-PC wie das iPad (10,4 Prozent) dagegen liegen in der beruflichen Nutzung noch vergleichsweise abgeschlagen zurück. Für die LA-MED 2011 waren diese Werte noch nicht erhoben worden.
Ganz klar im Trend liegt eine zunehmende berufliche Nutzung des Internets: 37,6 Prozent der API gehen nach den Ergebnissen der Umfrage überwiegend (mehr als 50 Prozent) aus beruflichen Gründen ins Netz; zwei Jahre zuvor waren es noch 33,8 Prozent gewesen. Auch die Nutzungsintensität ist gestiegen: Fast 36 Prozent der API gehen mehrmals täglich ins Netz, acht Prozentpunkte mehr als noch zwei Jahre zuvor. Damit einher geht eine Verlagerung der Internet-Nutzung weg von zu Hause hin zur Praxis: Vor zwei Jahren sagten 46 Prozent der API, dass sie überwiegend von den eigenen vier Wänden aus ins Internet gehen, in der aktuellen Umfrage waren es nur noch knapp 40 Prozent. Diese Entwicklung ist möglicherweise auch auf die zunehmende Verbreitung moderner Hard- und Software-Lösungen für die Internet-Nutzung aus der Praxis heraus zurückzuführen. Diese Lösungen ermöglichen es Ärzten, ins Netz zu gehen und doch die Daten der Praxis-EDV vom Netz getrennt zu halten, wie es von Kammern und KVen vorgeschrieben wird. Spannend ist auch die Entwicklung bei Social-Media-Plattformen wie Xing oder Facebook. Das eher im Publikum weit verbreitete Facebook hat bei den API laut LA-MED deutlich an Popularität eingebüßt: Nur noch zwölf Prozent von ihnen geben an, Facebook zu nutzen, vor zwei Jahren waren es noch 16 Prozent gewesen. Auch bei Twitter und bei Xing ist ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Dagegen liegt Google+ jetzt mit 22 Prozent der API als einzelner Dienst klar vorne. Gestiegen ist auch die Nutzung spezieller Communities oder Foren für Ärzte, etwa von Ärztenetzen, KVen, Kammern oder auch von Medien - von 32 auf 36 Prozent. Die Nutzer dieser Foren verteilen sich allerdings auf viele Anbieter. Hauke Gerlof ÄrzteZeitung Der Urologe 10 · 2013
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BDU-Journal Berufspolitik
Umfrage: Fast jedes zweite Allgemeinkrankenhaus 2012 in roten Zahlen
Bürgerversicherung: Ohne Kompensation drohen Honorarverluste
Die von den privaten VersiRund 46 Prozent der Allge- dürfte sich eher 2014 bemerkbar Alle Bürgerversicherungsmodelle führen zu Honorarverluscherern bezahlten höheren Homeinkrankenhäuser haben machen“, sagte er. norare für Ärzte werden aus gedas Jahr 2012 mit einem DefiNach Auffassung des VKD- ten bei den Ärzten. Soviel steht sundheitswissenschaftlicher zit abgeschlossen. Das ergab ei- Präsidenten verschafften die Fi- fest. Wissenschaftler rechnen Sicht aktuell negativ bewertet. ne aktuelle Umfrage des Ver- nanzhilfen ohnehin nur für kur- aber auch vor, dass die höheEs gebe eine hohe Korrelation bandes der Krankenhausdirek- ze Zeit etwas Luft. Ab 2015 erwar- ren Privathonorare sich negazwischen kleinräumiger Angetoren Deutschlands (VKD) un- tet er eine deutliche Verschlech- tiv auf die Verteilung der Ärzte botsdichte und dem Anteil von ter seinen Mitgliedern. Vor allem terung der finanziellen Situation und die Versorgung auswirken. Privatversicherten, sagte der Gekleinere Allgemeinkrankenhäu- in den deutschen Krankenhäuser mit weniger als 250 Betten sern, da ab 2015 der überwiegen- Die höchsten Honorareinbußen sundheitswissenschaftler Profesbefinden sich demnach in einer de Teil der Hilfen wieder entfal- müssten niedergelassene Ärzte sor Jürgen Wasem in Berlin. Zubei dem von der Linken präfe- dem würden Privatversicherte bei besonders schwierigen finanzi- len würde. ellen Lage: Hier ist der Anteil der Um die Finanzlage der Kran- rierten Modell einer Bürgerver- der Terminvergabe bevorzugt, erhielten mehr neue Medikamente Häuser mit einem negativen Jah- kenhäuser zu stabilisieren und sicherung hinnehmen. Um zwischen 4,3 und sechs und landeten schneller auf dem resabschluss mit 53 Prozent am zu verbessern, forderte der VKD höchsten. die Politik sowohl auf Bundes- Milliarden Euro im Jahr wür- OP-Tisch als gesetzlich VersicherDie Ursache hierfür sieht als auch auf Landesebene auf, den bis 2030 die Honorare sin- te, sagte Wasem bei der Eurofoder VKD in einer strukturellen das DRG-System zügig zu korri- ken, wenn alle Privatversicher- rum-Konferenz „PKV aktuell“. Wasem, der auch Schlichter Unterfinanzierung aufgrund des gieren. „Ein bedarfsnotwendiges ten zu einem Stichtag in der BürDRG-Systems. Dieses benachtei- Krankenhaus muss seine medi- gerversicherung aufgenommen im erweiterten Bewertungsauslige kleine Krankenhäuser mas- zinischen Leistungen für die Be- würden, prognostizieren Wis- schuss von Ärzten und gesetzlisiv und gefährde sie mehrheit- völkerung über die regelhaften senschaftler von der Universität chen Krankenkassen ist, betonte, lich in ihrem Bestand, so der Preisanpassungen refinanzieren Duisburg-Essen. Dies entsprä- es sei nicht bekannt, ob Privatverche 17,2 Prozent des gegenwärti- sicherte gesünder seien als MitVerband. „Die Situation ist alar- können“, sagte Düllings. glieder gesetzlicher Krankenkasmierend. Denn gerade diese kleiNach Ansicht des VKD könn- gen Honorarvolumens. Käme es lediglich zu einem sen. „Wir wissen nicht wirklich nen Krankenhäuser übernehmen te dies beispielsweise über einen einen großen Teil der medizini- Sicherstellungszuschlag erfol- Aufnahmestopp in die PKV, wie viel,“ sagte Wasem, der einräumschen Versorgung in der Fläche“, gen. Wer diesen Zuschlag erhalte, Grünen dies vorschlagen, beliefe te, dass seine Arbeit zu den Auserklärte VKD-Präsident, Josef soll ein Kriterienkatalog bestim- sich der Honorarverlust für den wirkungen eines einheitlichen Düllings, bei der Vorstellung der men, der noch zu entwickeln sei betrachteten Zeitraum auf Null Vergütungssystems für Ärzte und Versicherte von der TechniUmfrage heute in Berlin. und der unter anderem den Ent- bis 1,5 Milliarden Euro im Jahr. Das SPD-Modell für eine Bür- ker Krankenkasse gefördert worFür das Jahr 2013 zeichne- fernungsradius zum nächsten te Düllings ein ähnlich düsteres Krankenhaus und die Struktur gerversicherung mit einmaligem den sei. Dass die Beiträge zur PKV im Bild. Der Umfrage zufolge erwar- der Fachabteilungen berücksich- Wahlrecht binnen eines Jahres ten wieder rund 46 Prozent der tigen soll. Darüber hinaus schlug würde nach diesen Berechnun- Alter für viele Privatversicherte Krankenhausmanager, dass ihr der Verband vor, Krankenkassen gen den Ärzten Honorarverluste zum Armutsrisiko würden, verKrankenhaus rote Zahlen schrei- an den Investitionskosten der bis 2030 von bis zu drei Milliar- wies Debeka-Vorstand Roland den Euro im Jahr bescheren. Weber ins Reich der Fabel. Die ben wird. Allerdings sind laut Krankenhäuser zu beteiligen. Nicht in diese Szenarien ein- allermeisten Privatversicherten Düllings die Auswirkungen der Für seine Umfrage schrieb vor wenigen Monaten beschlos- der Verband im April bundes- gerechnet haben die Gesund- zahlten auch im Alter Beiträge, senen Krankenhaushilfen noch weit über 1.800 Klinikmanager heitssystemforscher Leistungen die weit unter den Höchstbetränicht berücksichtigt. an, von denen sich 305 an der oberhalb des GKV-Niveaus. Ent- gen in der GKV lägen. Der Höchstbeitrag zur GKV Dennoch glaubt der VKD- Befragung beteiligten. Damit lag halten sind aber Faktoren wie Präsident nicht an eine grund- die Rücklaufquote bei etwa 17 „entgangene künftige Versicher- liegt 2013 bei 610 Euro ohne Pflete“ und „künftige Ärzte“. geversicherung. Die Beiträge stielegende Veränderung der Situa- Prozent. Entschiede sich der Gesetzge- gen in weit geringerem Maße, als tion in 2013. „Bei dem gesetzlich ber beim Übergang zu einem ein- dies in der Öffentlichkeit suggevorgeschriebenen Versorgungs- © ank/aerzteblatt.de heitlichen Vergütungssystem zur riert werde, sagte Weber. Das Kazuschlag von einem Prozent je Kompensation der den Ärzten pitaldeckungsverfahren sorge daabgerechneter Fallpauschale ab wegbrechenden Privathonora- für, dass die Tarife der PKV unabAugust 2013 für die letzten fünf re, müsse er regeln, ob er den in- hängig von Neuzugängen seien. Monate kann nur eine geringfüdividuellen Honorarverlust ausgige Verbesserung der Finanzlagleichen wolle oder das Geld dem Anno Fricke ge erzielt werden. Die Entlastung Versorgungsbedarf folgen lasse. Ärzte Zeitung online
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Der Urologe 10 · 2013
Eine schwarz-gelbe Bilanz Finanzlöcher, Chefarzt-Boni, steigende Op-Zahlen, Skandale bei der Hygiene und Transplantation: Deutschlands Kliniken stehen unter Druck. Manches hat Schwarz-Gelb angepackt. Wir ziehen Bilanz.
plantationsbeauftragte benennen. Diese sollen die Entnahme organisieren, überwachen und die Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) koordinieren. Außerdem sind Manipulationen an der Warteliste nun strafbar. Zudem müssen die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Organspende künftig vom Bundesgesundheitsministerium genehmigt werden.
Denk ich an Deutschlands Kliniken in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht. Dieser Spruch klingt übertrieben. Denkt man aber daran, dass jede dritte Klinik rote Zahlen schreibt, Säuglinge wegen Hygienemängeln Boni und Op-Zahlen gestorben sind, Op-Zahlen so rasant steigen, dass selbst Chirur- Unter Druck gerieten die Klinigen sie nicht mehr rein medizi- ken zudem wegen leistungsoriennisch erklären können sowie an tierter Chefarztverträge. So verManipulationen an den Wartelis- diente unter anderem auch der ten für Organtransplantationen, nun vor Gericht stehende Götkommt man doch ins Grübeln. tinger Transplantationschirurg Reagiert hat Schwarz-Gelb deutlich mehr, wenn die Transauf diese Schlagzeilen durchaus. plantationszahlen stiegen. Ende Juli 2011 hat der Bundestag In den Medien wurde ein Zuzum Beispiel eine Verschärfung sammenhang zwischen steigendes Infektionsschutzgesetzes ver- den Op-Zahlen und Boni-Klauabschiedet. Unter anderem müs- seln in den Verträgen hergesen Kliniken mit mehr als 400 stellt. Auch hier wurden gesetzBetten spätestens zum 31. Dezem- liche Neuregelungen geschaffen. ber 2016 einen Krankenhaushygi- So muss eine Klinik künftig aneniker einstellen, bei mehr als 300 geben, ob sie in Verträgen mit leiBetten muss mindestens eine Hy- tenden Ärzten die Empfehlungen gienefachkraft im Haus sein. der Deutschen KrankenhausgeZudem wurde im Sommer sellschaft (DKG) zu fallzahloriendieses Jahres ein Klinik-Hilfs- tierten Bonuszahlungen einhält. paket in Höhe von 1,1 Milliarden Ist dies nicht der Fall, muss die Euro verabschiedet. Davon flie- Klinik im Qualitätsbericht darüßen 160 Millionen Euro in ein ber Auskunft geben, wofür leisFörderprogramm zur Verbesse- tungsbezogene Zielvereinbarunrung der Klinikhygiene. gen getroffen wurden. Weitere 80 Millionen sind Die gemeinsamen Empfehzum Ausgleich der Belastungen lungen sehen allerdings mittleraus dem Tariflohnanstieg ge- weile vor, „dass finanzielle Anreidacht, der Rest verteilt sich auf ze für einzelne Operationen/EinFinanzhilfen für 2013 und 2014 griffe oder Leistungen nicht verund eine frei verfügbare Summe, einbart werden dürfen, um die die als Versorgungszuschlag auf Unabhängigkeit der medizinialle Krankenhäuser verteilt wer- schen Entscheidung zu sichern“. den kann. Diese gesetzgeberischen Auf den Skandal um manipu- Maßnahmen wurden oft durch lierte Wartelisten für Transplan- den Druck aktueller Ereignisse tationen reagierte die Regierung auf den Weg gebracht. mit Verschärfungen des TransAbgesehen von der Ambulanplantationsgesetzes. So müssen ten Spezialfachärztlichen VersorKliniken, in denen Organe ent- gung (ASV), die eine neue Form nommen werden, nun Trans- der sektorübergreifenden Ko-
operation bieten soll. Nicht ver- Mehr Geld für bessere ändert wurden dagegen in die- Leistung ser Legislaturperiode einige weitere Strukturen, die Fehlanreize Alle diese Aufgaben würden im und finanzielle Schieflagen ha- DRG-System nicht ausreichend ben entstehen lassen. abgebildet. Der VUD, aber auch die Deutsche KrankenhausgesellBestrafung statt schaft, fordert deshalb im DRGBezahlung? System Öffnungsklauseln für Extremkostenfälle und nicht absehDazu zählt, dass viele Länder bare, neuartige Ereignisse wie die ihrer Pflicht nicht in ausreichen- EHEC-Krise oder Naturkatastrodem Maße nachkommen, die In- phen. vestitionskosten der Kliniken zu Einig sind sich alle Parteien, tragen. So steigen die Ausgaben dass die Zukunft der stationäder gesetzlichen und privaten ren Versorgung eines der großen Kassen für stationäre Behandlun- gesundheitspolitischen Themen gen seit Jahren stetig, während der kommenden Legislaturpedie Zahlungen der Länder stag- riode werden wird. An Verändenieren oder sogar rückläufig sind. rungsvorschlägen herrscht kein Die Kassen sehen in dieser Mangel. „schleichenden Monistik“ eine Die CDU denkt über eine Bezusätzliche Belastung, sagt zum teiligung des Bundes an den InBeispiel AOK-Vize Uwe Deh. vestitionskosten nach, fordert daKlinikverwaltungen könnten für aber ein Mitspracherecht bei versucht sein, die fehlenden Län- der Bedarfsplanung. In unterderzuschüsse durch Mengenstei- versorgten Gebieten kann sich gerungen zu kompensieren. die Union eine Öffnung der KliGeklärt werden muss von der niken für ambulante Behandlunnächsten Regierung auch, wie es gen vorstellen. Die SPD setzt zum mit dem DRG-System weitergeht. Verdruss der DKG auf SelektivSo hat unter anderem die EHEC- verträge sowie Korrekturen am Krise 2011 gezeigt, dass Kliniken, Fallpauschalensystem. die in der Lage waren, die schwer Das Geld soll der Leistung folerkrankten Patienten am besten gen. Damit liegt sie nahe bei den zu versorgen, später für ihren Grünen. Die wollen lieber QuaEinsatz bestraft wurden. lität statt Menge finanziell belohDie Medizinische Hochschu- nen und Kliniken in strukturle Hannover hat die Versorgung schwachen Gebieten für die amihrer 67 EHEC-Patienten im bulante Versorgung öffnen. Der Durchschnitt 40.000 Euro gekos- FDP ist vor allem wichtig, dass tet. Nach DRG wurden sie aber Patienten die Klinik auch weiter nur mit 7800 Euro bewertet. Zu- frei wählen können. dem hatte der MDK noch für 30 Sicher ist, die KliniklandProzent der Behandlungen eine schaft wird sich in den nächsPrüfung beantragt. ten vier Jahren stark verändern. Vor allem die Unikliniken for- Durch weitere Schließungen, dern deshalb immer wieder eine den Abbau von Betten, ZentrenSonderfinanzierung von Extrem- bildung oder einer weiteren Öffkostenfällen. Nach Angaben des nung der Kliniken für die ambuVerbands der Universitätsklini- lante Versorgung. ka (VUD) schreibt die Hälfte der 33 Unikliniken rote Zahlen. Die Christiane Badenberg Ursache liege in der Versorgung ÄrzteZeitung von Patienten mit seltenen Erkrankungen, der Notfallmedizin, aber auch der Aus- und Weiterbildung von Ärzten.
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BDU-Journal Berufspolitik
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Jubilare Der Berufsverband gratuliert seinen Mitgliedern 80 Jahre alt wird 13.11.1933 Dr. med. Siegfried Wagner 75 Jahre alt werden 11.11.1938 Dr. med. Lothar Woischwill 12.11.1938 Dr. med. Hermann Zantl 17.11.1938 Dr. med. Dieter Czaja 27.11.1938 UlrichAnsorge
70 Jahre alt werden 17.11.1943 Dr. med. Harry Haucke 24.11.1943 Dr. med. Christian Beltz 65 Jahre alt werden 04.11.1948 Dr. med. Herbert Sistig 07.11.1948 Dr. med. Jürgen Blömer 09.11.1948 Willibert Eisenbach 12.11.1948 Dr. med. Heinz-J. Grosse-Vollmer 29.11.1948 Dr. med. Manfred Müller
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