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Holger Himmel, Andreas Krostewitz
Bewertung immaterieller Ressourcen als Teil der Unternehmenssteuerung: Herausforderungen für das Controlling Die Relevanz immaterieller Ressourcen für die Unternehmung Die zentralen Ressourcen erfolgreicher Unternehmen sind heute – insbesondere in hoch entwickelten Märkten – in zunehmendem Maße immaterieller Natur (vgl. Kaplan/Norton 2004, Lev 2001). Mit dem Wandel von einer sachkapital- zu einer humankapitalintensiven Wissens- und Technologiegesellschaft haben immaterielle Ressourcen wie Forschungs- und Entwicklungsprojekte, Wissen einer Organisation, Markennamen, Kunden- und Lieferanten-
Autoren
Dr. Holger Himmel PricewaterhouseCoopers AG WPG, Frankfurt am Main, Senior Manager im Bereich Transactions – Financial Reporting Valuation, Friedrich-Ebert-An lage 35-37, 60327 Frankfurt am Main, Tel.: +49 (0)69 9585 5871, E-Mail: holger.
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Dr. Andreas Krostewitz PricewaterhouseCoopers AG WPG, Frankfurt am Main, Senior Consultant im Bereich Transactions – Financial Reporting Valuation, Friedrich-Ebert-An lage 35-37, 60327 Frankfurt am Main, Tel.: +49 (0)69 9585 2942, E-Mail: andreas.
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beziehungen, patentierte und unpatentierte Technologien massiv an Bedeutung gewonnen (vgl. u. a. Gerybadze 2010, Krostewitz/Scholich 2010). Unter immateriellen Ressourcen werden somit alle nicht materiellen und nicht finanziellen Ressourcen einer Unternehmung verstanden. Der Begriff umfasst dabei neben rechtlich un geschützten immateriellen Ressourcen auch rechtlich geschütztes „Intellectual Property“ und „immaterielle Vermögenswerte“ (nach internationalem Recht aktivierungsfähige immaterielle Ressourcen) (vgl. Günther 2009, S. 334). Immaterielle Vermögenswerte (als Teilmenge der immateriellen Ressourcen) eines Unternehmens werden jedoch nur dann in Bilanzen „sichtbar“, wenn im Rahmen eines Unternehmenserwerbs und der damit nach den Regeln der internationalen Rechnungslegung im Konzernabschluss geforderten Kaufpreisallokation (Purchase Price Allocation, PPA) alle im erworbenen Unternehmen vorhandenen, auch selbst erstellten immateriellen Vermögenswerte zu identifizieren und mit dem Fair Value zu bewerten sind.1 Hier wird deutlich, dass gerade immaterielle Vermögenswerte in der Regel den Großteil des Unterschiedsbetrags zwischen Kaufpreis und Buchwert des Eigenkapitals erklären (vgl. Glaum/ Wyrwa 2011, S. 48, Glaum/Vogel 2009, Glaum/Street/Vogel 2007, Mouritsen/ Bukh/Marr 2004). Darüber hinaus zeigen Erfahrungen, dass die Erkenntnisse aus einer Kaufpreisallokation nicht lediglich von einmaligem Interesse für die Unternehmensleitung sind, sondern tiefe Einblicke in die Ressourcenausstattung des erworbenen Unternehmens gewähren und als Startpunkt für weitere Analysen der Ressourcenausstattung eines Unternehmens dienen können. Vor dem Hintergrund einer am Shareholder Value ausgerichteten Unternehmensstrategie sollten insbesondere Investitionen in immaterielle Ressourcen zu
e iner Wertsteigerung führen und somit separat betrachtet einen positiven Kapitalwert aufweisen. Umso wichtiger ist es daher für das Management, die immateriellen Ressourcen im eigenen Unternehmen zu kennen und diese aktiv zu steuern. Steuern im Sinne von aktiv beeinflussen lässt sich jedoch nur, was gemessen und bewertet werden kann. Dabei erweisen sich jedoch die spezifischen Eigenschaften immaterieller Ressourcen als wenig förderlich für diese Bestrebungen. Immaterielle Ressourcen unterscheiden sich von materiellen zum einen durch ihre fehlende physische Substanz, zum anderen sind immaterielle Ressourcen in der Regel nur schwer und somit selten handelbar – so dass es für diese Unternehmensressourcen
■■ Immaterielle Ressourcen tragen in unserer heutigen wissens- und technologiegeprägten Gesellschaft zunehmend zum Unternehmenserfolg bei. ■■ Das Controlling kann bei der Steu erung immaterieller Ressourcen eine proaktive Rolle einnehmen und seine Rolle als Business Partner für die Unternehmensleitung stärken. ■■ In Anlehnung an eine Kaufpreisallokation für Bilanzierungszwecke schlagen wir für den Steuerungsprozess immaterieller Vermögenswerte einen dreiphasigen Prozess vor, der bei der Identifizierung beginnt, eine Wesentlichkeitsanalyse anschließt und mit dem Monitoring die eigentliche Steuerung ermöglicht. ■■ Die Bewertung immaterieller Ressourcen und das Herunterbrechen auf steuerbare Größen und Indikatoren stellen eine besondere Herausforderung für das Controlling dar. ■■ Für die Steuerung immaterieller Ressourcen sind operative Prozesse und Strukturen zu implementieren, die eine regelmäßige Bewertung der immateriellen Ressourcen und Abweichungsanalysen ermöglichen.
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in der Regel keine Marktpreise auf organisierten Märkten gibt – und entfalten ihr volles Potenzial in der Regel nur in Wechselwirkung mit anderen Ressourcen (vgl. Lev 2001, S. 21 ff.). Während materielle Ressourcen regelmäßig aufgrund ihrer phy sischen Abnutzung durch einen gleichmäßigen Werteverzehr gekennzeichnet sind, ist dies bei immateriellen Ressourcen nicht zwingend der Fall. Neben möglichen Wertsteigerungen (bspw. durch eine bessere Positionierung der Unternehmensmarke) ist ebenso ein plötzlicher Wertverlust denkbar (bspw. ein durch Reputationsverlust sinkender Markenwert). Diese „Flüchtigkeit“ immaterieller Ressourcen geht mit der Tatsache einher, dass der Einfluss immaterieller Ressourcen auf den finanziellen Erfolg einer Unternehmung nur schwer eindeutig bestimmbar ist. Gleichzeitig ist der erwartete Nutzen aus immateriellen Ressourcen mit einer höheren Unsicherheit behaftet und daher in der Regel volatiler als der Nutzenzufluss aus materiellen oder finanziellen Ressourcen. Selbst bei bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Schutzrechten ist eine vollständige Absicherung vor dem Zugriff Dritter nur schwer möglich (vgl. Kasperzak/ Nestler 2010, S. 30). Trotz dieser operativen Schwierigkeiten erachten wir es als sinnvoll, die Steuerung der immateriellen Ressourcen aufgrund deren hoher Relevanz für den Unternehmenswert deutlich stärker in den Fokus der Unternehmensleitung zu rücken. Die mit der Umsetzung verbundenen Herausforde rungen betreffen die unterschiedlichsten Fachbereiche im Unternehmen, wobei das Controlling hierbei eine Schlüsselrolle einnehmen sollte. Das Controlling ist dabei mehr als nur Informationslieferant; als Spezialist für die Analyse betriebswirtschaftlicher Prozesse und der Identifikation von Erfolgsfaktoren für die Unternehmenssteuerung kann sich das Controlling als Business Partner für die Unternehmensleitung positionieren (vgl. Weißenberger 2011, S. 23). Der folgende Beitrag widmet sich daher der Rolle des Controlling im Rahmen der Steuerung immaterieller Ressourcen und den Herausforderungen, denen es dabei ausgesetzt ist. Dabei liegt der Fokus auf der Verknüpfung der Messung von monetären Werten für immaterielle Ressourcen und der Identifizierung steuerbarer Einflussgrößen auf diesen Wert. Dies wird sodann anhand eines illustrativen Beispiels für eine Markenbewertung veranschaulicht. ZfCM | Controlling & Management
Die Rolle des Controlling bei der Steuerung immaterieller Ressourcen Die Aufgaben und Funktionen des Con trolling als Business Partner für die Un ternehmensleitung sind vielfältig. Als wesentliche Controllingfunktionen lassen sich zunächst informationsbezogene, erfolgszielbezogene und koordinationsbe zogene Funktionen unterscheiden. Ergänzt und vervollständigt werden diese Funkti onen durch die Rationalitätssicherungsfunktion des Controlling (vgl. Weber/ Schäffer 2011, S. 19 ff.). Unter der informationsbezogenen Funktion wird die Beschaffung, Aufbereitung und Koordination von Informationen zur Steuerung der Unternehmung durch die Unternehmensleitung verstanden. Diese auf das Rechnungswesen abzielende Perspektive (vgl. auch Weißenberger 2011) wird ergänzt durch eine erfolgszielbezogene Funktion, welche sich für eine konsequente Zielausrichtung der Unternehmung verantwortlich zeichnet. Dieser Perspektive liegt eine regelkreisorientierte Zielerreichungsanalyse zugrunde. Daneben wird dem Controlling eine Koordinationsfunktion zugeschrieben. Das Controlling übernimmt dabei eine koor dinierende Funktion im Führungssystem der Unternehmung und soll der Koordi nation von Ziel-, Informations-, Planungs-, Kontroll-, Personalführungs- und Informationssystemen dienen (vgl. Küpper 1987, S. 99). Vervollständigt wird das Aufgabenspektrum des Controlling durch die sog. Rationalitätssicherungsfunktion, die sich mit der Erkennung und Beseitigung von Rationalitätsdefiziten der Unternehmensleitung beschäftigt (vgl. Schäffer/ Weber 2004). Rationalitätsdefizite spiegeln sich bspw. bei der Wahrnehmung von Problemen, bei der Prognose künftiger Entwicklungen und der Bewertung von Entscheidungsalternativen wider und sind regelmäßig das Ergebnis der kognitiven Begrenztheit von Menschen und ihres opportunistischen Handelns. Mit Blick auf die oben beschriebenen Schwierigkeiten im Umgang mit immateriellen Ressourcen (Informationsdefizite und Flüchtigkeit bzw. Volatilität immaterieller Ressourcen) sollte das Controlling aktiv die Möglichkeit wahrnehmen, bei der Steuerung immaterieller Ressourcen zu unterstützen und hierbei eine zentrale Rolle einnehmen. Als mögliche Handlungsfelder für das Controlling in Bezug auf die Steuerung immaterieller Ressourcen kommen die
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Unterstützung bei der Strategieentwicklung und -implementierung, Planung und Kontrolle, Kommunikation und die Bewertung in Betracht (vgl. Möller/Gamerschlag 2009, S. 12 ff.). Im Rahmen der strategischen Positionierung des Unternehmens ist neben materiellen und finanziellen Ressourcen auch der Einsatz immaterieller Ressourcen zu berücksichtigen. Im Zuge der Strategieimplementierung ist der Einsatz immaterieller Ressourcen durch geeignete Indikatoren (d. h. Kennzahlen bzw. Messgrößen für die Controlling-Objekte) sicherzustellen. Dabei sind immaterielle Ressourcen entsprechend ihrer Wirkungsweise zu berücksichtigen, indem für sie entsprechende Indikatoren definiert und bei der strategischen Positionierung berücksichtigt werden (z. B. Berücksichtigung des Markenimages und der Markenbekanntheit im Rahmen der Umsatzplanung). Die aus der entwickelten Strategie resultierenden Vorgaben in Bezug auf den Einsatz immaterieller Ressourcen müssen schließlich ihren Niederschlag in der operativen Planung finden. Um eine aktive, wertsteigernde Steuerung immaterieller Ressourcen durchführen zu können, sind diese zu bewerten, um Abweichungen vom Zielerreichungsgrad ermitteln und entsprechende Maßnahmen einleiten zu können. In Ergänzung zur internen Ressourcensteuerung kann eine entsprechende Kommunikation nach außen hilfreich sein, die den Stakeholdern des Unternehmens ein Bild über die immateriellen Ressourcen sowie deren Entwicklung im Zeitablauf im Unternehmen verschafft. In Anlehnung an die Vorgehensweise bei der Durchführung einer PPA für Rechnungslegungszwecke in der Praxis bietet sich ein dreiphasiger Prozess zur Steuerung immaterieller Ressourcen an: 1. Identifizierung; 2. Wesentlichkeitsanalyse; 3. Monitoring. Während die ersten beiden Stufen mit der Vorgehensweise bei einer PPA vergleichbar sind, wird die in der Regel einmalig durchgeführte Bewertung im Rahmen einer PPA durch eine regelmäßige Bewertung im Rahmen des Monitoring-Prozesses ersetzt. Darüber hinaus sollte im Sinne eines Regelkreises in gewissen zeitlichen Abständen ein Update der ersten beiden Stufen erfolgen. Zielsetzung der Identifizierung ist es, sich ein umfassendes Bild über die vorhandenen immateriellen Ressourcen im Unternehmen zu verschaffen – mit anderen Worten ist eine „Inventur“ aller erworbenen 31
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und selbst erstellten immateriellen Ressourcen durchzuführen. Dabei sollten zunächst alle immateriellen Ressourcen berücksichtigt werden, unabhängig davon, welchen Beitrag sie zum Unternehmens erfolg leisten und unbeachtlich, ob für sie eine Aktivierungsfähigkeit bzw. -pflicht (sei es nach internationalen Rechnungslegungsstandards oder nach HGB) besteht. Ein guter Ansatzpunkt könnte hier eine bereits zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführte PPA sein, die zumindest in Bezug auf aktivierbare, immaterielle Vermögenswerte eines erworbenen Unternehmens erste Anhaltspunkte liefert. Die Dokumentation sollte idealerweise unter Hinzuziehung einer möglichst vollständigen Ka tegorisierung systematisch durchgeführt werden. Als mögliche Orientierung kann z. B. die Strukturierung aus dem vom Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) e. V. herausgegebenen IDW-Standard: Grundsätze zur Bewertung immaterieller Vermögenswerte (IDW S 5)2 (orientiert an der Kategorienstruktur der internationalen R echungslegungsstandardsetters IASB und FASB) herangezogen werden.3 Hier werden immaterielle Vermögenswerte in die folgenden Bereiche unterteilt: ■■Marketingbezogene immaterielle Ver mögenswerte (z. B. Markennamen, Internet-Domänen); ■■Kundenorientierte immaterielle Ver mögenswerte (z. B. Kundenliste, Auftragsbestände, Kundenverträge und die damit verbundenen Kundenbeziehungen); ■■Technologiebasierte immaterielle Vermögenswerte (z. B. patentierte oder unpatentierte Technologien, Software); ■■Kunstbezogene immaterielle Vermö genswerte (z. B. Musikstücke, Fernsehprogramme); ■■auf sonstigen vorteilhaften Verträgen oder Rechten basierende immaterielle Vermögenswerte (z. B. Lizenzen, Management-, Service- oder Versorgungsverträge, Leasingvereinbarungen, Wettbewerbsverbote). Teil der Identifizierung ist insbesondere, sich ein Bild über die rechtlichen Verhältnisse und die besonderen Risiken, die sich mit dieser immateriellen Ressource ergeben, zu verschaffen. Neben der reinen Identifizierung einzelner immaterieller Ressourcen wären zusätzlich Interdependenzen zwischen den einzelnen immateriellen und materiellen Ressourcen zu erheben, da die meisten immateriellen Ressourcen ihre Wirkung erst vollständig im Verbund mit anderen Ressourcen entfalten. Auch wenn 32
eine vollumfängliche Analyse aller Interdependenzen der identifizierten immateriel len und materiellen Ressourcen in der Praxis ausgeschlossen erscheint, ist es jedoch sinnvoll, die wesentlichen Beziehungen zwischen den jeweiligen Ressourcen tiefergehend zu analysieren. Diese Analyse erlaubt es, die Priorisierung der immateriellen Ressourcen vor dem Hintergrund der Wesentlichkeitsanalyse inhaltlich-argumentativ vorzubereiten. Idealerweise sollten alle immateriellen Ressourcen und ihre Interdependenzen identifiziert werden und im Rahmen der Steuerung Berücksichtigung finden. Aus Wirtschaftlichkeitsgründen, aber auch aus Gründen unvollständiger Informationen bezüglich des gesamten Portfolios imma terieller Ressourcen, ist dies in der Regel nicht möglich. Das Ergebnis der Wesentlichkeitsanalyse muss es daher sein, die immateriellen Ressourcen nach ihrer Bedeutung für den Unternehmenserfolg, ihrer Steuerbarkeit und Steuerungsrelevanz zu priorisieren (ähnlich Günther 2009, S. 342). Die Konzentration auf die wesentlichen immateriellen Ressourcen erfolgt dabei auch mit dem Ziel der Komplexitätsreduktion. Durch die Reduzierung der Anzahl der zu betrachtenden immateriellen Ressourcen reduziert sich überproportional die Anzahl der zu betrachtenden Interdependenzen. Dies ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass vor dem Hintergrund der praktischen Umsetzung eine Steuerung der immateriellen Ressourcen überhaupt durchgeführt werden kann. Damit wird gleichzeitig die Frage nach der Steuerungsrelevanz beantwortet. Steuerbarkeit meint die Fähigkeit der Unternehmensleitung, die Ressource zielgerichtet einzusetzen und den Zielerreichungsgrad messen zu können, um bei Abweichungen geeignete Maßnahmen einleiten zu können. Diesbezüglich können wieder Anleihen aus der externen Rechnungslegung gezogen werden. Die Vermögenswertkriterien des IFRS Framework geben hier erste Anhaltspunkte.4 So kann ein immateriellerVermögenswert zwar Teil des gesamten Portfolios immaterieller Vermögenswerte im Unternehmen sein, ohne Kontrolle („Control“) entzieht dieser sich jedoch der aktiven Steuerung durch die Unternehmensleitung. Gleichzeitig muss ein zukünftiger Nutzenzufluss wahrscheinlich, aber auch verlässlich messbar sein („Future Economic Benefit“; „Reliably Measurable“). Die Wesentlichkeitsanalyse kann aber auch zu dem Ergebnis führen, dass bestimmte immaterielle Res-
sourcen keinen positiven Nutzenzufluss, sondern einen Nettonutzenabfluss für das Unternehmen bedeuten und daher zu überlegen ist, sich von diesen Ressourcen zu trennen. Man denke bspw. an Patente oder auch Marken, die nicht mehr im Unternehmen genutzt werden, aber noch direkte und indirekte Verwaltungskosten verursachen. Zur Wesentlichkeit immaterieller Vermögenswerte im Zusammenhang mit der Durchführung von PPAs kann in der Praxis beobachtet werden, dass das so genannte Leading Intangible Asset5 – auf das die Steuerung primär gerichtet sein sollte – in der Regel einer der drei folgenden imma teriellen Vermögenswerte ist: Marke (für primär markenorientierte Konsumgüterhersteller), Technologien (für Technologieunternehmen) oder Kundenbeziehungen (für Unternehmen mit lang laufenden Kundenbeziehungen mit hoher Vertragsver längerungswahrscheinlichkeit aufgrund gegebener Lock-in-Effekte). Diese Schwerpunktsetzung auf ausgewählte immate rielle Vermögenswerte findet sich auch im IDW S 5 wieder, indem bis zum heutigen Zeitpunkt neben den Besonderheiten bei der Bewertung von Marken (Abschnitt 5), auch die kundenorientierter immaterieller Werte (Abschnitt 6) sowie die Besonderheiten bei der Bewertung von Technolo gien (Abschnitt 7) ergänzt wurden. Die eigentliche Steuerung der imma teriellen Ressourcen erfolgt im dritten Schritt, dem Monitoring. Mit Blick auf die Funktionen des Controlling meint Monitoring im Ergebnis die Verhaltenssteu erung, d. h., die jeweils verantwortlichen Personen (bspw. die Unternehmensleitung oder die Verantwortlichen der Funktionsbereiche Forschung und Entwicklung, Marketing oder Vertrieb) im Unternehmen zu bestimmten Maßnahmen und Verhaltensweisen zu veranlassen. Dazu ist in einem ersten Schritt der Beitrag der immateriellen Ressourcen zum Unternehmenserfolg zu messen, um diesen dann nachfolgend im Zuge eines Soll-Ist-Vergleichs mit den bestehenden Plänen abzugleichen und – sofern erforderlich bzw. geboten – bei Abweichungen geeignete Gegensteuerungsmaßnahmen einzuleiten. Der zu beurteilende Beitrag der immateriellen Ressourcen zum Unternehmenserfolg kann dabei in Form von absoluten monetären Größen oder nicht-monetären Indikatoren (z. B. Kundenloyalität, Markenstärke, Zitation von Patenten) bzgl. der Wirksamkeit von Maßnahmen im Ver-
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gleich zu Wettbewerbern oder im Zeitvergleich dargestellt werden. Letztendlich muss sich jedoch der Erfolgsbeitrag der immateriellen Ressourcen zur Steigerung des Shareholder Values messen lassen. Die Ermittlung des Beitrags immaterieller Ressourcen zur Steigerung des Shareholder Value setzt voraus, dass die immateriellen Ressourcen zuverlässig bewertet werden können. Notwendig hierfür ist der Aufbau von geeigneten Strukturen, Prozessen und Modellen, die eine regelmäßige, wiederkehrende Bewertung erst ermöglichen. Das Monitoring erfolgt dann jedoch nicht allein auf der Ebene des monetären Werts der immateriellen Ressource, sondern sollte sich idealerweise auch auf die wertbeinflussenden, steuerbaren Bewertungsinputparameter und Indikatoren beziehen. So können z. B. die Marketingaufwendungen zur Erhöhung der Markenbekanntheit gemessen und im Rahmen der Markenbewertung in einer Veränderung des monetären Markenwerts aufgezeigt werden. Aufgrund der Bedeutung der Bewertung immaterieller Ressourcen als wesentlicher Bestandteil des Monitoring werden wir uns im folgenden Abschnitt vertiefend mit möglichen Bewertungsmethoden und den mit der Anwendung verbundenen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Steuerung auseinandersetzen.
Bewertung immaterieller Ressourcen Grundsätzlich ist jede Bewertung immaterieller Ressourcen, d. h. die Quantifizierung entsprechend einem Bewertungsschema, anlassbezogen und geprägt von der jeweiligen Zielsetzung durchzuführen. So erfolgen Bewertungen im Rahmen von Bilanzierungsfragen in der Regel unter Berücksichtigung des Wertkonzepts des Fair Value, während für das interne Rechnungswesen und das Controlling zum Zwecke der Steuerung subjektiv geprägte Entscheidungswerte zu ermitteln sind (vgl. IDW S 5, Tz. 53). Zur aktiven, wertmaximierenden Steu erung immaterieller Ressourcen ist eine kontinuierliche Bewertung dieser im Zeit ablauf notwendig, auch wenn dies in der Praxis eine herausfordernde Aufgabe darstellt. Nur wenn sich die Werte für immaterielle Ressourcen hinreichend genau, zeitnah und kosteneffizient ermitteln lassen, ist eine kontinuierliche, systematische Verfolgung der Zielerreichung und somit des ZfCM | Controlling & Management
monetären Einflusses auf den Unternehmenswert erst möglich. Sofern die Gründe für einen Misserfolg der durchgeführten ressourcenspezifischen Steuerungsmaßnahmen auf den monetären Wert dieser immateriellen Ressource auf die dahinter liegenden Einflussgrößen bezogen werden können, wird es auf Basis dieser Erkenntnisse möglich, zeitnah erfolgversprechende Gegenmaßnahmen zu initiieren. Im Rahmen dieser Analyse der Wirkung von Maßnahmen auf den Wert der immateriellen Ressource sollte auch eine Beurteilung des ressourcenspezifischen Risikos und dessen Einflusses auf den Marktwert des Eigenkapitals stattfinden. Gleichzeitig dient die Bewertung immaterieller Ressourcen im Kontext des Shareholder-Value- Konzepts der Erklärung eines Unterschiedsbetrags zwischen Marktwert des Eigenkapitals und dessen Buchwert und unterstützt somit die Kapitalmarktkommunikation. Auch wenn nicht für alle immateriellen und materiellen Ressourcen und deren Zusammenspiel – ausgedrückt durch den originären Goodwill – in der Realität regelmäßig monetäre Werte er mittelt werden können, so ist eine an der Wesentlichkeit ausgerichtete monetäre B ewertung der besonders wertrelevanten immateriellen Ressourcen eines Un ternehmens in diesem Zusammenhang anzuraten. Dies betrifft auch die für Un ternehmen immer relevanter werdende immaterielleRessource der „Nachhaltig-
keitsorientierung“, deren monetäre Bewertung aktuell noch eine große Herausfor derung darstellt.
Verfahren zur Bewertung immaterieller Ressourcen Bewertungsverfahren lassen sich grundsätzlich danach unterscheiden, ob sie den Wert einer immateriellen Ressource in einer einzigen aggregierten Größe darstellen (sog. Monoindikatormethoden) oder durch verschiedene qualitative Indikatoren zum Ausdruck bringen (sog. Multiindikatormethoden) (vgl. Günther 2009, S. 339). Die Monoindikatormethoden können wiederum in marktpreisorientierte, kapital wert- bzw. zukunftserfolgsorientierte und kostenorientierte Verfahren unterteilt werden (vgl. hierzu IDW S 5, Tz. 18-50, Mackenstedt/Fladung/Himmel 2006, S. 1041, Jäger/Himmel 2003) (siehe Abb. 1). Sofern für die immateriellen Ressourcen aktive Märkte und damit eine kontinuierliche Preisbildung vorliegen, können marktpreisorientierte Verfahren verwendet werden. Hierzu zählen neben der unmittelbaren Berücksichtigung von Markt- und Börsenpreisen auch die aus vergleichbaren Markttransaktionen abgeleiteten Analogieschlüsse, sog. Multiplikatormethoden. Ihr Einsatz ist aufgrund des Erfordernisses aktiver Märkte sowie der in der Regel nicht gegebenen Vergleichbarkeit sehr individueller
Abb. 1 | Verfahren und Methoden zur Bewertung immaterieller Vermögenswerte
Marktpreisorientiertes Verfahren
Kapitalwertorientiertes Verfahren
Kostenorientiertes Verfahren
Marktpreise auf aktivem Markt
Methode der unmittelbaren Cash-Flow-Prognose
Reproduktionskostenmethode
Analogiemethoden
Methode der Lizenzpreisanalogie
Wiederbeschaffungskostenmethode
Residualwertmethode
Mehrgewinnmethode
Quelle: IDW S 5
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immaterieller Ressourcen (z. B. einer Marke) zu anderen immateriellen Ressourcen in den meisten Fällen nicht geeignet. Den kapitalwert- bzw. zukunftserfolgswertorientierten Verfahren liegt die Annahme zugrunde, dass die zukünftig erzielbaren finanziellen Überschüsse aus der Nutzung der immateriellen Ressource über die ökonomische Nutzungsdauer den monetären Wert determinieren. Der Wert ergibt sich somit als Summe der mit dem ressourcenspezifischen Kapitalisierungszinssatz diskontierten erwarteten ressourcenspezifischen Cash-Flow-Beiträge zum Bewertungsstichtag unter Verwendung eines Discounted-Cash-Flow-(DCF)-Modells. Die Herausforderung dieser Verfahren besteht zum einen darin, die Cash Flows zu extrahieren, die alleinig auf die immaterielle Ressource entfallen bzw. aus deren Verwendung im Leistungserstellungsprozess resultieren und zum anderen in der Bestimmung des ressourcenspezifischen Kapitalisierungszinssatzes. Die Ableitung der ressourcenspezifischen Cash Flows bzw. die Extraktion dieser Cash Flows aus dem Business Plan für die Gesamtunternehmung kann grundsätzlich mit drei unterschiedlichen Methoden erfolgen. Es werden die Methode der Lizenzpreisanalogie (Relief-from-Royalty Method), die Mehrgewinnmethode (Incremental Cash Flow Method) und die Residualwertmethode (Multi-Period Excess-Earnings Method) un terschieden. Der Methode der Lizenzpreisanalogie liegt die Annahme zugrunde, dass sich der Wert einer immateriellen Ressource aus den eingesparten Lizenzzahlungen ergibt, die zu zahlen wären, wenn das Unternehmen nicht Eigentümer dieser Ressource wäre, sondern diese gegen Entgelt von einem Dritten zur Verfügung gestellt bekäme. Bei der Mehrgewinnmethode wird konzeptionell der Wert der Unternehmung inklusive der betrachteten immateriellen Ressource mit dem Wert einer fiktiven Unternehmung verglichen, die diese immaterielle Ressource nicht besitzt. Die sog. Preispremium-Methode im Zusammenhang mit der Bewertung von Marken kann dieser Gruppe von Bewertungsmethoden zugerechnet werden. Bei der Residualwertmethode werden in einem ersten Schritt die Cash Flows berücksichtigt, die von der die immaterielle Ressource nutzenden Unternehmung insgesamt, also unter Nutzung aller materiellen, finanziellen und immateriellen Ressourcen, erzielt werden. In einem zweiten Schritt werden die Wertbeiträge aller unterstützenden Res34
sourcen, also alle Wertbeiträge, die nicht durch die immaterielle Ressource generiert werden, eliminiert, indem diese als sog. Contributory Asset Charges in Abzug gebracht werden. Bei sachgerechter Anwendung dieser Methode repräsentiert der verbleibende, retrograd ermittelte Cash Flow den Cash Flow, der der betrachteten immateriellen Ressource zugerechnet werden kann. Bei allen Methoden sind die abgeleiteten ressourcenspezifischen Cash Flows mit einem Kapitalisierungszinssatz, der das Risiko der zugrunde gelegten Cash Flows am besten approximiert, auf den Bewertungsstichtag zu diskontieren. Sollte der Einsatz marktpreisorientierter und kapitalwertorientierter Verfahren aufgrund fehlender bzw. nicht hinreichend geeig neter Informationen nicht möglich sein, können als letzte Möglichkeit kostenorientierte Verfahren zum Einsatz kommen. Methodisch kommen grundsätzlich die Reproduktionskosten- und die Wieder beschaffungskostenmethode in Frage. Da kostenorientierte Verfahren bei immateriellen Ressourcen in der Regel deren Leistungsfähigkeit nur unzureichend bzw. gar nicht erfassen, findet dieses Verfahren in der Bewertungspraxis in diesem Bewertungskontext so gut wie keine Anwendung. Während die Monoindikatormethoden den Wert der immateriellen Ressourcen in einer Größe monetär erfassen, erklären die Multiindikatormethoden den Wert immaterieller Ressourcen qualitativ durch Ausprägungen von Indikatoren. Diese Vorgehensweise erlaubt zwar, verschiedene Aspekte einer immateriellen Ressource durch eine Vielzahl von Indikatoren zu erklären, durch die fehlende Aggregation zu einem monetären Wert ist jedoch die Integration in das interne und externe Rechnungswesen nahezu unmöglich. Somit lässt sich mit Multiindikatormethoden nicht die Frage klären, ob Investitionen in eine immaterielle Ressource aus finanzieller Sicht vorteiloder nachteilhaft waren bzw. wären. Für die Steuerung immaterieller Ressourcen sind die zu einer Größe aggregierten monetären Werte für sich genommen wenig geeignet, da sie zunächst keine Auskunft darüber geben, welche Gründe zu einer möglichen gemessenen Wertänderung geführt haben. Um diesen Erkenntnisgewinn zu generieren, ist es notwendig, den monetären Wert einer immateriellen Ressource auf steuerbare, den Wert beeinflussende Determinanten zu beziehen. Die möglichen Einflussgrößen sind in ihrer Auswirkung auf die Höhe des monetären
Werts sowie auf die Stabilität ihrer Ursache-Wirkungs-Beziehung zu analysieren. Die mit dem größten Einfluss auf den monetären Wert sind regelmäßig zu messen bzw. zu überwachen. Schwierigkeiten bei dieser Vorgehensweise können sich aufgrund unzureichend verfügbarer Daten ergeben. Insbesondere kann es sich als schwierig erweisen, separate Cash Flows für immaterielle Ressourcen zu prognostizieren. Diese brauchen in der Regel einen Träger (z. B. ein Produkt oder eine Dienstleistung) oder sind mit materiellen und finanziellen Ressourcen verwoben (Stichwort: Interdependenz der Ressourcen), so dass die Ermittlung bzw. Prognose künftiger Cash Flows ohne entsprechende Strukturen nur schwer möglich ist. Gleichzeitig ist mit Blick auf die Validität der Daten zu fragen, ob tatsächlich das bewertet wird, was auch bewertet werden soll. Die Frage nach der Verlässlichkeit der Bewertung zielt auf die Willkürfreiheit der Bewertungsparameter im Zusammenhang mit der Bewertung im Rahmen von Steu erungsprozessen ab. Schließlich ist die Durchführung der Bewertung auf ihre Effizienz hin zu beurteilen und zu fragen, ob der Aufwand in einem sinnvollen KostenNutzen-Verhältnis steht.6 Aufgabe des Controlling ist es an dieser Stelle auch, für die wesentlichen immateriellen Ressourcen, die regelmäßig bewertet werden sollen, unter Berücksichtigung der Daten verfügbarkeit geeignete Bewertungsmethoden auszuwählen. Neben dem Einsatz im Rahmen der Steuerung immaterieller Ressourcen lassen sich die Bewertungsergebnisse auch für Zwecke der Kapitalmarktkommunikation verwenden. Durch eine Erweiterung des externen Berichtswesens (im Rahmen einer freiwilligen Berichterstattung) um Inhalte in Bezug auf immaterielle Ressourcen eines Unternehmens, die über eine rein qualitative Erläuterung hinausgehen, kann die Transparenz für externe Interessengruppen deutlich erhöht werden und das Ressourcenpotenzial des Unternehmens von aktuellen und potenziellen Kapitalgebern besser eingeschätzt werden (vgl. Möller/Gamerschlag 2009, S. 11). Am Beispiel der Bewertung einer Marke soll im folgenden Abschnitt demonstriert werden, wie – basierend auf einem monetären Bewertungsansatz – die Bewertung auf einzelne Parameter und Indikatoren herunter gebrochen werden kann, um so eine in die Unternehmensstrategie eingebettete, wertorientierte Markensteuerung zu ermöglichen.7
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Bewertungsbeispiel: Markenbewertung Der Konsumgüterhersteller ABC AG nutzt als wesentliche immaterielle Ressource seine selbst geschaffene Unternehmensmarke. Im Vergleich zur Unternehmensmarke spielen die Produktmarken der ABC AG keine bzw. eine lediglich untergeordnete Rolle, da die Produktmarken im Schriftbild bzw. Logo nur eine Erweiterung der Unternehmensmarke darstellen; diese fungiert somit als Dachmarke. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Wert der Unternehmensmarke (im Folgenden Marke) wesentlich für den Erfolg und somit letztendlich für die Marktkapitalisierung der ABC AG verantwortlich ist. Neben der Produktion und dem Vertrieb markierter Produkte werden auch unmarkierte Produkte für den Handel produziert. Zur Steuerung des Markenwerts soll ein monetärer Markenwert unter Verwendung einer modifizierten Lizenzpreisanalogiemethode (Relief-from-Royalty-Methode) ermittelt werden, wie sie teilweise auch bei Fair-Value-Ermittlungen im Rahmen von PPAs Anwendung findet.8 Um neben der reinen Bewertungsaufgabe auch Aspekte der Markensteuerung in einem Ansatz zu ermöglichen, wird im Folgenden ausgehend vom Grundkonzept der Lizenzpreisanalogiemethode der für die Bewertung wesentliche Parameter, die Lizenzrate (Royalty Rate), weitergehend auf steuer bare, das Konsumentenverhalten beeinflussende Einflussgrößen untergliedert. Zur Ermittlung des Markenwerts mittels Lizenzpreisanalogiemethode müssen daher die folgenden Bewertungsparameter zur Verfügung gestellt werden: ■■Erwartete Umsatzerlöse der markierten Produkte (sofern Umsatzerlöse als Bezugsbasis für die Lizenzrate herangezogen werden); ■■Ökonomische Nutzungsdauer der Marke, abhängig vom Zweck der Bewertung bzw. Bewertungsanlass; ■■Lizenzrate (bezogen auf die zugrunde gelegte Bezugsbasis, hier Umsatzerlöse) – bei der Bestimmung der Lizenzrate ist sicherzustellen, dass die verwendete Lizenzrate ausschließlich das Nutzungsentgelt für die Nutzung des Markenrechts, repräsentiert durch ein Bündel von Markenattributen (z. B. Markenname, Logo) und nicht auch einen Anteil für die Markenpflege enthält. Würde eine Lizenzrate – z. B. aus Franchise-Verträgen – verwendet, die auch eine Abgeltung für die Markenpflege umZfCM | Controlling & Management
fasst, wären im Bewertungsmodell die mit der Markenpflege verbundenen Marketingkosten zu eliminieren, da sonst eine Doppelerfassung vorläge; ■■Steuersatz; ■■Kapitalisierungszinssatz bezogen auf die Risikostruktur der markenspezifischen Cash Flows. Zur Ableitung der durch das Eigentum an der Marke eingesparten Lizenzzahlungen nach Steuern ist zunächst die Bezugsbasis, die erwarteten markierten Umsatzerlöse, mit der Lizenzrate zu multiplizieren und anschließend sind die fiktiven Steuerzahlungen auf diese Ergebniskomponente der gesamten Unternehmensergebnisse in Abzug zu bringen. Somit sind in einem ersten Schritt, ausgehend vom Businessplan der ABC AG, die erwarteten markierten, d. h. unter Verwendung der Marke erwarteten Umsätze zu extrahieren (siehe Abb. 2), was ggf. in der Praxis aufgrund einer nicht differenzierten Erfassung bzw. Planung markierter und nicht markierter Umsätze Prob leme aufwerfen kann. Darüber hinaus ist eine belastbare Annahme für die ökonomische Nutzungs dauer abhängig vom Zweck der Bewertung bzw. Bewertungsanlass der Marke zu treffen. Im Beispielfall kann angenommen werden, dass für eine solche Unternehmensmarke im Sinne der Going-ConcernPrämisse einer Unternehmensfortführung als unendlich angenommen werden kann. Eine solche Analyse ist jedoch immer einzelfallbezogen durchzuführen, da grundsätzlich unterstellt werden muss, dass einzelne Ressourcen – und das gilt auch für immaterielle Ressourcen – eine endliche ökonomische Nutzungsdauer haben. So könnte im Falle einer Produktmarke in den seltensten Fällen von einer unendlichen Nutzungsdauer ausgegangen werden (zu Faktoren zur Ermittlung ökonomischer Nutzungsdauern bei immateriellen Vermögenswerten vgl. Kasperzak/ Nestler 2010, S. 75 ff.). Sofern die als plausibel erachtete ökonomische Nutzungsdauer zeitlich über die Detailplanungsphase hinausreicht, ist eine Annahme zur Fortschreibung der markierten Umsätze not-
wendig. Im Beispielsfall wird eine jährliche nachhaltige Wachstumsrate von 1,0 % unterstellt, um den Wertbeitrag für die Marke aus der sog. ewigen Rente („Terminal Value“) zu quantifizieren. Neben den geplanten Umsatzerlösen stellt die Lizenzrate in der Regel den wichtigsten Inputfaktor im Rahmen der Markenbewertung dar. Im Kontext einer PPA, bei der in erster Linie der Fair Value der immateriellen Vermögenswerte zum Erwerbszeitpunkt einmalig, stichtagsbezogen zu ermittelt ist, wird regelmäßig versucht, eine sachgerechte Lizenzrate aus vergleichbaren Transaktionen und vereinbarten Lizenzabkommen, die von Datenprovidern (z. B. RoyaltySource.com oder RoyaltyStat. com) zur Verfügung gestellt werden, abzuleiten. Ein solcher Ansatz ist jedoch zur unternehmensinternen Steuerung der Marke nur bedingt geeignet. Neben der grundsätzlichen Problematik, eine passgenaue und zeitnah vereinbarte Vergleichslizenzrate für die zu bewertende Marke zu finden, stellt insbesondere die notwendige Transparenz zur Steuerung bzw. Beeinflussbarkeit des Markenwerts im Rahmen der Unternehmenssteuerung ein nahezu unlösbares Problem in der Praxis dar. Aus diesem Grund sollte für die Unternehmenssteuerung die Lizenzpreisanalogiemethode um eine explizite Ableitung der Lizenzrate erweitert werden, bei der diese durch qualitative, verhaltensbezogene Aspekte auf Ebene der Konsumenten approximiert werden kann. Diese Aspekte sollten steuerbar sein und die ökonomischen Effekte aus den durchgeführten bzw. geplanten Maßnahmen bezogen auf diese Aspekte regelmäßig überprüft werden. Somit ist zunächst die Frage zu stellen, aus welchen Gründen Konsumenten Markenprodukte kaufen und ob sie für diese eine Preisprämie zu zahlen bereit sind. Die Funktionen einer Marke umfassen (1) die Signalfunktion, bei der aufgrund des kommunizierten Markenversprechens Risiken auf Seiten der Konsumenten reduziert werden, (2) die Reduktion von Informationskosten bei der Suche geeigneter Produkte und (3) den – im Vergleich zu den beiden
Abb. 2 | Geplante Umsatzerlöse der ABC AG in GE
2012
2013
2014
2015
2016
Umsatzerlöse – makiert
100,0
110,0
120,0
130,0
140,0
Umsatzerlöse – unmakiert
20,0
20,0
30,0
30,0
30,0
Umsatzerlöse – gesamt
120,0
130,0
150,0
160,0
170,0
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vorhergenannten indirekten Funktionen – direkten Nutzen für den Konsumenten, bei dem durch die Markierung entweder ein symbolischer Wert, ein Prestigewert oder ein emotionaler Wert aus Sicht des Konsumenten einen höheren Preis rechtfertigt (vgl. Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2011, Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2009, Perrey/Meyer 2011, S. 34-37 und S. 121-122). Basierend auf dem von McKinsey im Jahre 2004 entwickelten Brand Equity Meter® Approach (vgl. Riesenbeck/Perrey 2004, S. 311-371, Fischer 2004) ist es möglich, den Brand Equity Share unter Berücksichtigung steuerbarer konsumentenorientierter Indikatoren in eine hypothetische Lizenzrate zu überführen. Da sich diese Lizenzrate konstruktionsbedingt auf eine Ergebnisgröße (z. B. EBIT) bezieht und im Rahmen der Lizenzpreisanalogiemethode üblicherweise eine umsatzabhängige Lizenzrate benötigt wird, ist diese in einem weiteren Schritt entsprechend umzurechnen. Wie in Abb. 3 dargestellt, ergibt sich die hypothetische Lizenzrate durch Multiplikation der drei konsumentenverhaltensorientierten Komponenten Markenrelevanz, Markenbekanntheit und Markenimagestärke sowie schließlich dem Umrechnungsfaktor für die Umsatzbezugsebene. Die Markenrelevanz misst, wie das Markenimage im Vergleich zu anderen Produktattributen die Kaufentscheidung der Konsumenten prägt (vgl. Bauer/Donnevert/Hammerschmidt 2007, Hammerschmidt/Donnevert/Bauer 2008). So kann grundsätzlich davon ausgegangen werden,
dass sich Unternehmen in B2C-Geschäftsfeldern einer deutlich höheren Markenrelevanz ausgesetzt sehen als Unternehmen in B2B-Geschäftsfeldern, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass Preis und Qualität aus Sicht der Kunden einen deutlich höheren Stellenwert haben. Darüber hinaus kann sich auch die Markenrelevanz in Abhängigkeit von Produktkategorien und Kundengruppen unterscheiden. Bei der Ableitung dieses Einflussfaktors kann zum einen auf öffentlich verfügbare Informationen für ausgewählte Industrien zurückgegriffen werden (z. B. McKinsey). Bei Unternehmen mit einer starken Marken orientierung werden regelmäßig Einschätzungen zur Markenrelevanz für die Märkte erhoben, in denen diese unternehmerisch agieren, so dass in der Regel diese Informationen mehrfach genutzt werden können und somit keine wesentlichen darüber hinausgehenden Kosten der Informationsbeschaffung zu erwarten sind. Auch wenn es sich bei der Markenrelevanz um eine konsumentenorientierte Kenngröße handelt, so kann diese von Seiten des Unternehmens nicht direkt beeinflusst und somit gesteuert werden.9 Für unternehmensinterne Steuerungszwecke stellt dies somit – zumindest kurzfristig – eine nicht steuerbare Einflussgröße dar. Mit der Markenbekanntheit wird gemessen, ob und wie weit die zu bewertende Marke bei aktuellen und potenziellen Kunden bekannt ist. Die Messung erfolgt entweder als gestützte Markenbekanntheit, bei der die Befragten die Marke aus einer Auswahl wiedererkennen müssen oder als
ungestützte Markenbekanntheit, bei der ohne Nennung einer Auswahl von möglichen Marken in einem Produktsegment die Markenerinnerung untersucht wird. Mit dieser Messgröße wird regelmäßig die Effektivität der Markenkommunikation beurteilt. Im Sinne der Beeinflussbarkeit ist zu fragen, ob alle Potenziale der Markenkommunikation identifiziert wurden und welche konkreten Maßnahmen zur Erhöhung der Bekanntheit umgesetzt werden sollten. Im Rahmen der Markenbewertung wird in der Praxis in der Regel auf die gestützte Markenbekanntheit abgestellt. Hinsichtlich der Markenimagestärke gibt es in der Literatur keine generell akzeptierte Definition für Markenimage. In der Fachliteratur haben sich jedoch vier Imagedimensionen herauskristallisiert, die systematisch in der Forschung und Praxis Anwendung finden (vgl. Fischer 2004, S. 21). Hierbei handelt es sich um die emotionale Verbindung der Marke zum Konsumenten (Brand Affect), die Markenqualität (Brand Quality), die wahrgenommene Einzigartigkeit der Marke (Brand Uniqueness) sowie das Vertrauen in die Versprechungen der Marke (Brand Trust). Zur Messung der Markenimagestärke ist es notwendig, für die vier Dimensionen Einschätzungen im Vergleich zum Marktdurchschnitt bzw. zu den Wettbewerbern (normiert auf den Wert 1) zu generieren und unter Verwendung einer Gewichtung in einer Größe zu aggregieren (vgl. Fischer 2004, S. 22). Ein Wert von größer 1 beschreibt eine Marke, die eine überdurch-
Abb. 3 | Explizite Bestimmung der Lizenzrate auf Basis konsumentenverhaltensorientierter Faktoren Umrechnungsfaktor für Umsatzbezugsebene
Hypothetische Lizenzrate in % zum EBIT
Markenrelevanz
36
X
Markenbekanntheit
X
Markenimagestärke
X
EBIT-Marge
0 % – 100 %
0 % – 100 %
(Wert um 1)2
0 % – 100 %
Relevanz der Marke im Kaufentscheidungsprozess im Vergleich zu anderen Faktoren, wie z. B. Preis oder Qualität
Anteil der Zielkonsumenten, die die Marke spontan nennen können, wenn nach einer Produktkategorie gefragt wird; Messgröße für die Effektivität der Markenkommunikation
Relative Stärke des betrachteten Markenimage im Vergleich zur durchschnittlichen Markenstärke der Produktkategorie
EBIT-Marge, die als nachhaltig erzielbar angesehen werden kann (z. B. geschätzt als Durchschnitt der Marktteilnehmer über die letzten 3 Jahre)
=
Hypothetische Lizenzrate in % zum Umsatz
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?%
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schnittliche Imagestärke, ein Wert von kleiner 1, eine Marke, die eine unterdurchschnittliche Imagestärke aufweist. Die hierfür benötigten Einschätzungen können mittels Befragung aktueller und potenzieller Konsumenten, z. B. unter Verwendung einer Likert-Skala (von -3 (stimme überhaupt nicht zu), 0 (keine Unterscheidung zu anderen Marken) bis zu +3 (stimme voll zu)) ermittelt werden. Aufgrund der empirischen Beobachtung, dass bei gemessenen Markenimagestärken unterhalb des Durchschnitts das Konsumentenverhalten überproportional negativ ist und bei Markenimagestärken über dem Durchschnitt überproportional positiv ist, wird zur Beschreibung dieses Wirkungszusammenhangs anstelle einer linearen Beziehung eine quadratische Funktion der Marken imagestärke zur Ableitung der Lizenzrate verwendet. Der Markenimagestärken faktor, der die relative Performance der betrachteten Marke im Vergleich zu den Wettbewerbsmarken misst, kann direkt von Seiten des Unternehmens durch geeignete Maßnahmen oder Maßnahmenbündel kurz- sowie langfristig beeinflusst und somit gesteuert werden. Der Umrechnungsfaktor, der eine ergebnisgrößenbasierte Lizenzrate in eine umsatzgrößenbasierte Lizenzrate überführt, wird, repräsentiert durch eine sog. langfristig erwartete EBIT-Marge des mit der Marke durchgeführten Geschäfts, mit der ergebnisbasierten Lizenzrate multipliziert. Bei der Ableitung dieser „EBIT-Marge“ sollte eine zukunftsgerichtete Perspektive – ähnlich der nachhaltig erzielbaren Marge im Zuge der Bestimmung der ewigen Rente bei einer Unternehmensbewertung – eingenommen werden und nicht nur auf die aktuelle Ergebnissituation des Unternehmens geschaut werden. Darüber hinaus ist darauf zu achten, dass bei der verwendeten EBIT-Marge Aufwendungen für die Markenpflege bereits in Abzug gebracht wur-
den. Sofern bei der Bestimmung der nachhaltigen EBIT-Marge die Aufwendungen für die Markenpflege berücksichtigt wurden, was c. p. zu einer niedrigeren EBITMarge führt, kann unterstellt werden, dass die resultierende umsatzbezogene Lizenzrate kein Entgelt für die Markenpflege enthält und somit keine explizite Reduzierung der markenspezifischen Cash Flows um die geplanten Markenpflegeaufwendungen im Bewertungsmodell vorzunehmen ist. Im vorliegenden Beispielfall wurden folgende Einflussgrößen zur Ermittlung der hypothetischen umsatzbezogenen Lizenzrate von 2,0 % ermittelt (siehe Abb. 4). Zur Prüfung der hier ermittelten Bewertungsergebnisse sollte zumindest bei der erstmaligen Implementierung ein Vergleich der hypothetischen Lizenzraten mit auf aktuellen Informationen basierenden, vergleichbaren Lizenzraten durchgeführt werden – ein regelmäßiges Benchmarking im Zeitablauf ist bei Verfügbarkeit entsprechender Daten zu empfehlen. Bei der Ermittlung der hypothetischen Lizenzrate für globale Marken, die in verschiedenen Ländern unterschiedlich etabliert sind und somit unterschiedliche Charakteristika aufweisen, wären in einem ersten Schritt die länderspezifischen Lizenzraten nach dem oben beschriebenen Ansatz zu ermitteln und in einem zweiten Schritt basierend darauf die einheitliche globale Lizenzrate als (Umsatz-)gewichteter Durchschnitt (sog. Weighted Average Royalty Rate, WARR) abzuleiten. Zur Bestimmung der zu diskontierenden markenspezifischen Cash Flows sind noch Steuern in Abzug zubringen. Dies begründet sich daraus, dass die erwarteten Vorteile aus dem Einsatz der Marke, z. B. in Form von Preisprämien (Preiseffekt) und/oder Mehrverkäufen (Mengeneffekt) auf Unternehmensebene zu positiven Ergebnisbeiträgen führen, die im Rahmen der Veranlagung implizit mit zu versteuern sind. Im
Beispielfall wird der Steuersatz der ABC AG von 30,0 % in Abzug gebracht.10 Schließlich sind die markenspezifischen Cash Flows mit einem Kapitalisierungszinssatz, der das Risikoprofil der immateriellen Ressource am besten widerspiegelt, zu diskontieren.11 In der Praxis stellt die sachgerechte, kapitalmarktbasierte Ermittlung dieses ressourcenspezifischen Kapitalisierungszinssatzes ein großes Problem dar. Als pragmatische Vorgehensweise wäre ein zweistufiger Ansatz denkbar, bei dem zuerst auf Basis von belastbaren Kapitalmarktdaten für das Unternehmen ein gewogener durchschnittlicher Kapitalkostensatz (Weighted Average Cost of Capital, WACC), z. B. unter Verwendung einer Gruppe von Vergleichsunternehmen, ermittelt wird. In einem zweiten Schritt wird analysiert, ob und wenn ja in welcher Höhe das Risiko der Ressource vom Unternehmens-WACC abweicht. Sofern die immaterielle Ressource die wichtigste oder eine der wesentlichen Ressourcen repräsentiert, ist eine Orientierung am WACC des Unternehmens zu empfehlen. Im Beispielfall kann angenommen werden, dass bei der ABC AG, deren Unternehmenswert sehr stark vom Erfolg der Marke abhängig ist, der Unternehmens-WACC von 8,0 % ein hinreichend guter Schätzer für den markenspezifischen Kapitalisierungszinssatz darstellt. Wie in Abb. 5 dargestellt, ergibt sich unter Verwendung des vorgestellten Bewertungsansatzes ein monetärer Markenwert in Höhe von 27,1 GE. Um die Controlling-Zielsetzung der Verhaltenssteuerung von Mitarbeitern unter Verwendung eines monetären Bewertungsansatzes – wie oben beispielhaft beschrieben – umsetzen zu können, ist abschließend zu fragen, welche Bewertungsparameter überhaupt von Seiten der Mitarbeiter beeinflusst werden können. So muss ausgeschlossen werden, dass aufgrund eines allgemeinen Zinsanstiegs, der
Abb. 4 | Ermittlung der hypothetischen Lizenzrate Hypothetische Lizenzrate: 28,5 % zum EBIT
Markenrelevanz
X
Markenbekanntheit
20,0 %
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X
90,0 %
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Markenimagestärke 1,58
X
EBIT-Marge 7,0 %
=
Hypothetische Lizenzrate in % zum Umsatz 2,0 %
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in einen höheren Kapitalisierungszinssatz mündet und schließlich zu einem niedrigeren Markenwert führt, dieser technisch verringerte Markenwert in die Leistungsbeurteilung der Marketingmitarbeiter einfließt. Auch muss sichergestellt werden, dass ein Mindestmarketingaufwand im Sinne der Markenpflege notwendig ist, um den Wert der Marke auf einem definierten Niveau zu halten. Wie bereits erwähnt, sind insbesondere Markenbekanntheit und Marken imagestärke die Lizenzraten-Faktoren, die direkt beeinflussbar sind. Diese sollten bei der Markensteuerung im Fokus stehen, während die Bereiche Markenrelevanz, nachhaltige EBIT-Marge, Steuern und die vom Markenrisiko unabhängigen Kapitalkostenkomponenten ausschließlich für Steuerungszwecke konstant gehalten werden sollten. Effekte aus den Maßnahmen zu Erhöhung der Markenbekanntheit oder der Markenimagestärke sind mit Hilfe des Bewertungsansatzes zu quantifizieren. Die im Zuge dieser Maßnahmen entstandenen Aufwendungen sind anschließend auf deren Wertbeitrag im Sinne der ShareholderValue-Maximierung zu würdigen. So können negative Werteffekte aufgrund nega tiver Entwicklungen nicht steuerbarer Bewertungsparameter (z. B. risikofreier Zins) zumindest kompensiert werden. Zur Ermittlung eines monetären Markenwerts, der z. B. für Zwecke der Kapitalmarktkommunikation zu bestimmen ist, wären im Gegensatz zur Mitarbeitersteuerung auch die Veränderungen der nicht beeinfluss baren Bewertungsfaktoren im Rahmen der Wertermittlung zu berücksichtigen.
Herausforderungen für das Controlling Um eine wertorientierte Steuerung immaterieller Vermögenswerte in einem Unter-
nehmen nachhaltig zu implementieren, werden neben den Kompetenzen der Fachbereiche insbesondere auch die des Controlling benötigt. Als Spezialist für die Analyse betriebswirtschaftlicher Prozesse und die Identifikation von Erfolgsfaktoren im Rahmen der Unternehmenssteu erung kommt dem Controlling als zentrale Stabsabteilung mit Nähe zur Unternehmensleitung für diese komplexe und herausfordernde Fragestellung die zentrale Rolle zu. Es steht dabei vor der besonderen Herausforderung, Strukturen und Prozesse – soweit noch nicht vorhanden – zu schaffen, die zur wertorientierten Steuerung der für das Unternehmen wesentlichen immateriellen Ressourcen notwendig sind und die die im Folgenden beschriebenen Anforderungen erfüllen. Bezüglich der Datengenerierung müssen die operativen Voraussetzungen geschaffen werden, um die Identifizierung, die Wesentlichkeitsanalyse und das Monitoring durchführen zu können. Das Controlling muss hierzu die Spezifikation der notwendigen Daten vornehmen, die Rohdaten beschaffen und in Abstimmung mit den Fachabteilungen (z. B. der Rechtsabteilung, Marketingabteilung, Produktentwicklung) analysieren und Wirkungszusammenhänge zwischen verschiedenen immateriellen und materiellen Ressourcen aufzeigen. Die mit der Steuerung immaterieller Ressourcen einhergehenden Zielsysteme sind aufzusetzen, an bestehende Zielsysteme anzukoppeln und mit bestehenden Anreizsystemen im Unternehmen zu verknüpfen. Schließlich ist es die Aufgabe des Controlling, die Ziel erreichung zu überwachen. In diesem Zusammenhang sind Abweichungsanalysen bezüglich der festgelegten Indikatoren durchzuführen. Die eigentliche Steuerung, z. B. im Sinne der Ergreifung von Gegenmaßnahmen bei Zielabweichungen, ob-
Abb. 5 | Monetärer Markenwert der ABC AG Markenbewertung in GE
2012
2013
2014
2015
2016
TV
Umsatzerlöse – markiert
100,0
110,0
120,0
130,0
140,0
141,4
Lizenzzahlungen (vor Steuern)
2,0 %
2,0
2,2
2,4
2,6
2,8
2,8
Steuern
30,0 %
– 0,6
– 0,7
– 0,7
– 0,8
– 0,8
– 0,8
1,4
1,5
1,7
1,8
2,0
2,0
0,962
0,891
0,825
0,764
0,707
10,104
1,3
1,3
1,4
1,1
1,4
20,2
Lizenzzahlungen (nach Steuern) Diskontierungsfaktoren
8,0 %
Barwerte Monetärer Markenwert
38
27,1
liegt schließlich der Unternehmensleitung. Das Controlling sollte hier alle notwendigen Analysen zur Verfügung stellen und im kontinuierlichen Austausch mit der Unternehmensleitung (z. B. durch regelmäßige Workshops) stehen. Mit Blick auf die Bedeutung immaterieller Ressourcen für den Unternehmenserfolg und der Komplexität der Bewertungsund Steuerungsaufgabe sollten in einem ersten Schritt zunächst Bewertungs- und Steuerungsprozesse für die wichtigsten immateriellen Ressourcen im Unternehmen etabliert werden. Schon mit dieser Fokussierung kann es gelingen, den Erfolgsbeitrag immaterieller Ressourcen mit Blick auf die Steigerung des Shareholder Value zu erhöhen. Neben fundierteren Investitionsentscheidungen in Bezug auf immaterielle Ressourcen ist eine verbesserte Kapitalmarktkommunikation möglich, die den Kapitalgebern einen transparenteren Einblick in die Ressourcenausstattung des Unternehmens ermöglicht, was zu besseren Finanzierungskonditionen führen kann. Auch wenn die Schaffung zusätzlicher Prozesse und Strukturen im Unternehmen mit Mehraufwand verbunden ist, so kann die Steuerung der immateriellen Ressourcen dazu beitragen, den Unternehmenserfolg nachhaltig zu sichern. Endnoten 1. Regelungen zur Durchführung von PPAs finden sich im Zusammenhang mit den International Financial Reporting Standards (IFRS) im IFRS 3 „Business Combination“ in Verbindung mit IAS 38 „Intangible Assets“. Vergleichbare Regelungen im US-GAAP-Kontext finden sich in ACS 805. Für deutsche Konzernabschlüsse ist § 301 HGB im Zusammenhang mit den Regelungen des BilMoG einschlägig. Darüber hinaus finden sich noch weiterführende Ausführungen in der IDW Stellungnahme zur Rechungslegung: Bewertung bei der Abbildung von Unternehmenserwerben und bei Werthaltigkeitsprüfungen nach IFRS (IDW RS HFA 16), in dem neben Ausführungen zur Kaufpreisallokation nach IFRS auch die Durchführung des Impairment Test nach IAS 36 Gegenstand sind. Im IFRS 13 „Fair Value Meas urement“ wird das Wertkonzept Fair Value (beizulegender Zeitwert) definiert, welches bei der Bewertung immaterieller Vermögenswerte im Zusammenhang mit rechnungslegungsbezogenen Anlässen zu berücksichtigen ist. Die für den Fair Value geltende Orientierung am hypothetischen Verkaufspreis (Exit-Price-No tion) unter Annahme eines hypothetischen Erwerbers ist für Zwecke der internen Steuerung immaterieller Ressourcen jedoch nicht zielführend, da ein Verkauf der zu bewertenden und zu steuernden immateriellen Ressource in der Regel ausgeschlossen werden kann. Für die
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DOI: 10.1365/s12176-012-0143-x
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Steuerung immaterieller Ressourcen ist vielmehr eine unternehmensinterne Sicht einzunehmen mit Blick auf das Zusammenspiel immaterieller Ressourcen mit anderen Ressourcen im Unternehmen. 2. Interpretationen zur Umsetzung des IDW S 5 in der Bewertungspraxis finden sich u. a. in Beyer/ Mackenstedt 2008 und Menninger 2009. 3. Eine weitere, differenziertere Struktur zur Einordnung immaterieller Vermögenswerte wurde vom Arbeitskreis „Immaterielle Werte im Rechnungswesen“ (2001) vorgenommen. Diese umfassen immaterielle Werte im Bereich Produkt-, Dienstleistungs- und Verfahrensinnovationen, Personalbereich, Absatzbereich, Beschaffungsbereich, Finanzbereich, Organisationsbereich sowie standortbezogene immaterielle Werte. 4. Es sei darauf hingewiesen, dass die Vermögenswertkriterien des IFRS lediglich Anhaltspunkte darstellen. Für die Steuerungsaufgabe sind jedoch nicht nur die immateriellen Vermögenswerte relevant, die die Aktivierungskriterien des IFRS Frameworks erfüllen. 5. Als Leading Intangible Asset wird die immaterielle Ressource in einem Unternehmen bezeichnet, die den wesentlichen Werttreiber des Unternehmens darstellt. 6. Gleichzeitig können Erkenntnisse aus der Bewertung immaterieller Vermögenswerte als Ausgangspunkt für Bewertungen im Rahmen von Impairment Tests herangezogen werden (vgl. hierzu auch Gollnow/Himmel 2011). 7. An dieser Stelle sei explizit erwähnt, dass die in diesem Beitrag beispielhafte Markenbewertungsfallstudie in erster Linie als Orientierung bzw. Strukturierungshilfe dienen soll. Im Ein zelfall ist eine Anpassung des Ansatzes auf die spezifischen Gegebenheiten, insbesondere der Datenverfügbarkeit und Wesentlichkeit der immateriellen Ressource, vorzunehmen. 8. Eine ausführliche Darstellung zu Anforderungen an Markenbewertungsmethoden im Rahmen des Markencontrolling findet sich in Kriegbaum 2001, S. 83-89. 9. Durch eine gezielte langfristige Bearbeitung von Märkten bzw. Produktsegmenten kann die Markenrelevanz durch Marketingmaßnahmen indirekt beeinflusst werden. Da eine Veränderung der Markenrelevanz in einem Markt eher graduell erfolgt, kann unterstellt werden, dass diese Größe zumindest nicht kurzfristig steuerbar ist. Zur Ermittlung des monetären Markenwerts ist jedoch eine möglichst aktuelle Einschätzung der Markenrelevanz einzubeziehen. 10. Ein im Kontext der Fair-Value-Ermittlung in der Regel zu berücksichtigender abschreibungsbedingter Steuervorteil bzw. Tax Amortisation Benefit (kurz TAB), der auf Seiten des hypothetischen Käufers zum Tragen kommt und den hypothetischen Verkaufspreis erhöht, wäre im Kontext der Ermittlung eines monetären Markenwerts für interne Unternehmenssteuerungszwecke nicht sachgerecht (vgl. IDW S 5, Tz. 51-54, bei dem die konkrete steuerliche Situation des Veräußerers bzw. Erwerbers unter Berücksichtigung des Bewertungsanlasses – hier die geplante un-
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endliche Nutzung der Marke im Unternehmen – im Kontext eines Entscheidungswerts zu berücksichtigen sind). 11. Im vorliegenden Beispielfall wird – wie bei bilanzierungsbezogenen Bewertungen immaterieller Vermögenswerte üblich – eine Diskontierung unter der Mid-Year-Discounting-Konvention durchgeführt, in dem die Diskontierung um ein halbes Jahr nach vorne gezogen wird. Hierbei wird unterstellt, dass die markenspezifischen Cash Flows dem Unternehmen im Zeitablauf regelmäßig über das Jahr verteilt zufließen, im Gegensatz zum End-Year-Discounting, bei dem die Cash Flows jeweils zum Jahresende gesammelt anfallen.
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