Originalien Ophthalmologe 2013 DOI 10.1007/s00347-013-2823-0 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
C. Milojcic1 · C.R. Clemens2 · R. Fimmers3 · G. Quade3 · F. Alten2 · P. Sarbach4 · N. Eter2 1 Augenklinik, Universitätsklinikum Bonn 2 Augenklinik, Universitätsklinikum Münster 3 Institut für Medizinische Biometrie, Informatik und Epidemiologie (IMBIE), Universitätsklinikum Bonn 4 Q_PERIOR AG, Unternehmensberatung im Business und IT-Bereich, München
BOON (Bonn Ophthalmology Online Network) Konzept einer integrativen Datenbank zum Monitoring von Patienten unter intravitrealer Therapie
Die intravitreale Anti-VEGF-Therapie bei Netzhauterkrankungen wie der neovaskulären altersabhängigen Makuladegeneration und Makulaödem bei retinalen Venenverschlüssen und Diabetes ist in Europa als Pro-re-nata (PRN)-Schema zugelassen. Nach initialer monatlicher Behandlung bis zum Erreichen des maximalen Visus und eines stabilen Netzhautbefundes sind monatliche Kontrollen notwendig, um bei einer Verschlechterung der Sehkraft oder neuen morphologischen Aktivitätszeichen zügig weitere Injektionen durchzuführen. Erste Anwendungsbeobachtungen außerhalb prospektiver Studien zeigen, dass dieses PRNSchema im klinischen Alltag nicht eingehalten wird [1]. Es erfolgen keine monatlichen Kontrollen der Patienten, sodass Re-Injektionen zu spät gegeben werden. Die guten Ergebnisse der monatlichen Injektionen der MARINA- und ANCHORStudie können somit nicht erreicht werden [2, 3]. Gründe für die Nichteinhaltung eines monatlichen Kontrollschemas liegen sowohl beim Patienten als auch beim betreuenden Augenarzt. Monatliche Kontrollen stellen für Patienten eine große zeitliche und organisatorische Herausforderung dar. Fundusuntersuchungen in Mydriasis sowie das höhere Lebensalter der Patienten erfordern meist eine Begleitperson. Weitere fachfremde Erkrankungen füh-
ren zu konkurrierenden Arztbesuchen oder Krankenhausaufenthalten. Auf der anderen Seite sind die langen Wartezeiten auf Untersuchungstermine in Praxen und Kliniken die Realität und die Regelleistungsvolumina im Augenarztbereich so gering, dass auch seitens des Augenarztes monatliche Kontrollen nicht gewährleistet werden können. Hinzu kommt ein unkontrollierbarer Informationsverlust bezüglich der Überwachung der Kontrollen durch Zu- und Rücküberweisung des Patienten zwischen betreuendem Augenarzt und behandelndem Zentrum. Ziel der gemeinsam genutzten Online-Datenbank ist es daher, eine bessere Transparenz durch den Zugriff auf eine gemeinsame kontinuierliche Patientenakte zu schaffen. Durch eine chronologische Eintragung beider betreuenden Ärzte (behandelnder Augenarzt und primärer Augenarzt) liegt eine gemeinsame Krankenakte vor, in der alle Daten jederzeit einsehbar sind. Automatisierte Kontrollmechanismen zur Vermeidung versäumter Termine sowie eine Plattform zur schnellen Kommunikation bei Befundänderung sind hilfreiche Werkzeuge im Rahmen einer solchen Online-Plattform.
Methoden Konzept BOON (Bonn Ophthalmology Online Network) stellt eine interaktive Datenbank zwischen niedergelassenen Bonner Augenärzten und der UniversitätsAugenklinik Bonn dar. Der Planungsbeginn dieses Pilotprojektes war im September 2008; die Inbetriebnahme erfolgte am 11.09.2009. Der Aufbau des technischen Konzepts dieses interaktiven Online-Patientenmanagementsystems und die notwendige IT-Entwicklung wurden gemeinsam mit der Unternehmensberatung Q_PERIOR AG (ehemals ESPRiT Consulting; DE/CH) entworfen und in einem 1-jährigen Prozess entwickelt. Mehrfache Workshops mit verschiedenen Interessenvertretern und Endanwendern sowie weitere Updates der Software nach erfolgter Testphase haben zur Entwicklung der Plattform geführt, wie sie zum heutigen Zeitpunkt vorliegt.
Dieses Manuskript basiert auf Vorträgen, gehalten auf dem WOC- und dem DOG-Kongress 2010. Der Ophthalmologe 2013
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Datenschutz
Abb. 1 9 Startseite der BOON-Datenbank; Benutzername- und Passwort-geschützt
Bidirektionale Nutzung Die Erstellung dieser interaktiven Datenbank ermöglicht rund um die Uhr eine schnelle Informationsweiterleitung an alle Behandlungsbeteiligten sowie eine Verbesserung der Kommunikation zwischen Zuweisern und der Klinik und damit einhergehend eine schnellere Handlungsmöglichkeit aller Beteiligten. Jeder Befund eines Patienten, ob beim niedergelassenen Augenarzt oder in der Klinik, ob bei Kontrollen oder Behandlungen, wird erhoben, chronologisch und in standardisierter Form dokumentiert, hochgeladen und für den mitbehandelnden Kollegen automatisch sichtbar gemacht. Somit erfolgen ein direkter Befund- und Informationsaustausch ohne Verzögerung durch eine postalische Befundzustellung.
Alert-E-Mails Die monatliche Kontrolle der Patienten und die zügige Wiederaufnahme der Behandlung bei Befundverschlechterung sind für den Erhalt der Sehkraft von essenziellem Wert. Deshalb wurde ein Sicherheitssystem entwickelt, das eine automatisierte Alarmierung der behandelnden Augenärzte (Zuweiser und Klinik) per E-Mail (sog. Alert-E-Mails) vornimmt, falls länger als 5 Wochen kein erneuter Befundeintrag erfolgte oder sich in einer Kontrolluntersuchung eine Visusminderung um 5 Buchstaben bzw. eine Zunahme der Makuladicke um mehr als 50 µm zeigt. Der erhobene logMar-Visuswert wird anhand eines Drop-downMenüs, die Makuladicke nach Erhebung mittels SD-OCT (hochauflösende optische Kohärenztomographie) manuell in ein dafür vorgesehenes Fenster eingegeben. Beide werden zusätzlich in Form von
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Grafiken im individuellen Verlaufsbogen eines jeden Patienten dargestellt (s. Ergebnisteil). Dieser automatisierte Alert-E-MailVersand soll verhindern, dass Termine nicht eingehalten oder zu spät vergeben werden oder Befundverschlechterungen keine zeitnahe Wiederbehandlung nach sich ziehen.
Technische Voraussetzungen Aufgrund der Vorgaben des Rechenzentrums der Universitäts-Augenklinik Bonn wurde die Applikation BOON auf NETTechnologie umgesetzt. Bei der Datenbank handelt es sich um eine MS SQLDatenbank. In BOON können alle bekannten Office-Dateiformate wie Word, Excel, Powerpoint, PDF als auch Bildformate, wie z. B. Jpeg, Bitmap, Tiff, hochgeladen und aufgerufen werden. Die Applikation selbst wird in einem Browser ausgeführt. Die Mindestvorgaben an den Browser sind Internet Explorer 7 bzw. Mozilla Firefox 3.0. Die Applikation ist mehrsprachig konzipiert worden. Weitere Sprachen können über ein XML-Dokument eingelesen und dadurch einfach und effizient implementiert werden. Das System läuft als virtuelles Windows-Server-Gastsystem auf einem Linux-Server (openSuse 12.2) mit einem Raid-6-Plattensystem. Alle für BOON genutzten Volumes werden mittels DRBD (Distributed Replicated Block Device) in Echtzeit auf einem zweiten Server gespiegelt. Die Virtualisierung erfolgt mittels XEN 4.1. Diese Konfiguration erlaubt es, das System im Fall eines Hardware-Problems binnen Sekunden auf dem zweiten Server zu starten.
Die Applikation wird durch spezifische Software vor Befall durch bösartige Programme wie Viren, Trojaner etc. geschützt. Mittels Firewall wird das System vor unautorisierten Online-Zugriffen gesichert. Es ist in einer geschützten Zone gehostet, die ausschließlich https-Zugriffe gestattet. Der Zugriff erfolgt ausschließlich über diese https-Verbindung, die nur starke Verschlüsselung akzeptiert (. Abb. 1). Das Passwort muss die derzeit üblichen Sicherheitsstandards erfüllen. Es erfordert neben einer Mindestlänge numerische und alphanumerische Zeichen sowie Sonderzeichen. Trivialpasswörter wie BenutzerID, Name, Vorname, Geburtsdatum usw. werden von der Applikation nicht akzeptiert. BOON entspricht allen geforderten gesetzlichen Richtlinien, die es bei der Verwendung besonders schützenswerter Personendaten einzuhalten gilt. Die Applikation verfügt über ein ausgeklügeltes Berechtigungskonzept, das den Datenzugriff klar definiert. Über die unterschiedlichen Berechtigungsrollen und Benutzerprofile wird sichergestellt, dass F der auf die Patientendaten zugreifende Personenkreis definiert und eingegrenzt ist (zuweisender Arzt und behandelnde Ärzte der Uniklinik) und der Zugriff nur durch eine registrierte E-Mail-Adresse und ein geschütztes Passwort vom jeweiligen Nutzer möglich ist (. Abb. 1), F jeder Zuweiser nur Zugriff auf seine Patienten (Schreib- und Leseberechtigungen) hat. So wird gewährleistet, dass die Systemnutzer ausschließlich auf die ihrer Zugriffsberechtigung unterliegenden Daten zugreifen können und dass personenbezogene Daten bei der Verarbeitung, Nutzung und nach der Speicherung nicht unbefugt gelesen, kopiert, verändert oder entfernt werden können. Die Datenhoheit bleibt bei der Augenklinik der Universität Bonn, F der Datenabgleich je nach Szenario vordefiniert ist und entsprechende Update-Regeln berücksichtigt werden, F jede Bearbeitung der Patientendaten in einem Änderungsprotokoll nachvollziehbar ist.
Zusammenfassung · Abstract Die Datenbank wird täglich gesichert. Die Applikation stellt sicher, dass nachträglich überprüft und festgestellt werden kann, ob und von wem personenbezogene Daten in Datenverarbeitungssysteme eingegeben, verändert oder entfernt worden sind. Weitere organisatorische Systemsicherheitsmaßnahmen stellen sicher und gewährleisten, dass F Unbefugten der Zutritt zu Datenverarbeitungsanlagen, mit denen personenbezogene Daten verarbeitet oder genutzt werden, verwehrt werden, F verhindert wird, dass Datenverarbeitungssysteme von Unbefugten genutzt werden können, F personenbezogene Daten bei der elektronischen Übertragung oder während ihres Transports oder ihrer Speicherung auf Datenträger nicht unbefugt gelesen, kopiert, verändert oder entfernt werden können und dass überprüft und festgestellt wird, an welche Stellen eine Übermittlung personenbezogener Daten durch Einrichtungen zur Datenübertragung verarbeitet werden können, F personenbezogene Daten, die im Auftrag verarbeitet werden, nur entsprechend den Weisungen des Auftraggebers verarbeitet werden können. Die Testphase dieser Pilotstudie wurde mit der Universitäts-Augenklinik Bonn als Behandlungszentrum sowie 10 weiteren niedergelassenen Augenarztpraxen im Raum Bonn-Rhein-Sieg durchgeführt. Das Datenschutzkonzept wurde durch den Datenschutzbeauftragten der Universitätsklinik Bonn überwacht. Der Server der Datenbank befindet sich auf dem Gelände des Universitätsklinikums.
Ergebnisse User-Plattform Bonn Ophthalmology Online Network (BOON) stellt ein Pilotprojekt einer interaktiven Datenbank zwischen 10 niedergelassenen Augenarztpraxen und der Universitäts-Augenklinik Bonn dar. Jede der 10 niedergelassenen Augenarztpraxen konnte zwischen September 2009 und September 2010 konsekutiv alle
Ophthalmologe 2013 · [jvn]:[afp]–[alp] DOI 10.1007/s00347-013-2823-0 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 C. Milojcic · C.R. Clemens · R. Fimmers · G. Quade · F. Alten · P. Sarbach · N. Eter
BOON (Bonn Ophthalmology Online Network). Konzept einer integrativen Datenbank zum Monitoring von Patienten unter intravitrealer Therapie Zusammenfassung Hintergrund. Eine Vielzahl vorausgegangener Studien konnte zeigen, dass die erfolgreiche und dauerhafte Therapie der neovaskulären altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) und anderer Netzhauterkrankungen von einem engmaschigen, genau strukturierten Therapieschema mit monatlichen Visus- und Befundkontrollen abhängt. Zur Optimierung des Kontrollschemas und für einen permanenten Austausch zwischen Klinik und niedergelassenen Augenärzten wurde die interaktive Datenbank BOON entwickelt. Material und Methoden. Das im Jahr 2009 gestartete Projekt ermöglicht einen interaktiven, jederzeit abrufbaren Online-Austausch der Patientenbefunde einschließlich Bilder und Termine zwischen der Universitäts-Augenklinik Bonn und 10 niedergelassenen Augenärzten. In einer Datenbank wurden elektronische Karteikarten angelegt, in denen neben üblichen Patientenstammdaten auch
detaillierte Diagnoseeingaben durch Auswählen von Check-Boxen vorgenommen wurden. Automatisch generierte „Alert-EMails“ informieren Zuweiser und Klinik über die Nichteinhaltung von Kontrollterminen oder Befundverschlechterung. Ergebnisse und Schlussfolgerung. Die BOON-Datenbank fördert die notwendige schnelle und ausführliche Kommunikation zwischen Klinik und Zuweisern bei der Behandlung von Patienten mit AMD und anderen Netzhauterkrankungen. Sie erleichtert die Verfolgung der Befundentwicklung und die Einhaltung des geplanten Therapieschemas. Schlüsselwörter Altersbedingte Makuladegeneration · Netzhauterkrankungen · Kontrollschema · Patientenbefunde · Elektronische Karteikarten
BOON (Bonn ophthalmology online network). Concept of an integrative databank for monitoring patients under intravitreal therapy Abstract Background. Previous studies have proven that long-lasting success in the therapy of neovascular age-related macular degeneration (AMD) and other neovascular retinal diseases depends on monthly follow-up examinations to assess visual acuity and retinal morphology. Materials and methods. The interactive database Bonn ophthalmology online network (BOON) offers a platform for patient monitoring, increasing control reliability and providing a tool for permanent communication between treating centers and referring ophthalmologists. The BOON data-based project started in 2009 at the department of ophthalmology at Bonn University and ten referring ophthalmology practices. It was programmed to communicate diagnostic findings, images and patient appointments online. In order to react promptly the system gave immediate notice if patients had missed a follow-up appointment or the condition had worsened. Patients were recruited in 2009 and 2010 and were followed for 1 year. Each patient had an electronic master file
with several registers in which, besides personal data, precise diagnostic findings, imaging and reports were quickly and easily entered by means of detailed check box and drop-down menus. Each follow-up was registered and an alert email was sent to the referring physician in cases of missed appointments or disease progression. Results and conclusions. The BOON database supports the requirements for a fast and detailed communication between treating and referring physicians in the treatment of patients with AMD as well as other retinal diseases. It was programmed to support data exchange and monthly control visits and thus a better patient management. Results will show whether this helps to enhance long-term treatment success in neovascular diseases Keywords Age-related macular degeneration · Retinal diseases · Control scheme · Patient findings · Electronic data
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Originalien
Abb. 2 8 Elektronische Patientenakte unterteilt in 5 Übersichtsrubriken (Praxen, Patienten, Verlaufsbogen, Kalendersicht, Auswertung)
Abb. 3 8 Diagnosenauswahl rechtes Auge
Abb. 4 8 Angaben zur Vorbehandlung rechtes Auge
Patienten mit intravitrealer Injektionstherapie in die Datenbank aufnehmen. Die Entwicklung der Patientenbefunde wurde jeweils über den Zeitraum eines Jahres verfolgt. Die stattgefundenen Untersuchungen wurden je nach Untersuchungsort von dem behandelnden Augenarzt oder der Augenklinik in den individuellen Patientenverlaufsbogen eingetragen.
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Die Datenbank ermöglicht für jeden Patienten die Erstellung einer individuellen „e-Akte“ (elektronische Akte), die sich durch 5 Übersichtsrubriken unterteilen lässt (. Abb. 2; Praxen, Patienten, Verlaufsbogen, Kalendersicht, Auswertung). Unter der 1. Rubrik (Praxen) sind alle 10 in die Pilotstudie involvierten Augen-
arztpraxen aufrufbar sowie deren Kontaktdaten festgehalten. Unter der 2. Rubrik (Patienten) können die Stammdaten des jeweiligen Patienten (Name, Geburtsdatum, Adresse, Geschlecht) sowie Angaben zu einer weiteren Kontaktperson eingegeben und verwaltet werden. Zur getrennten Erfassung beider Augen sind alle Daten des rechten Auges blau (. Abb. 3) und alle Daten des linken Auges rot hinterlegt. Dies ermöglicht eine getrennte Betrachtung beider Augen. Die zutreffende Diagnose [feuchte- vs. trockene altersabhängige Makuladegeneration (AMD) mit den jeweiligen Unterformen, retinale Venenverschlüsse, diabetische Retinopathie und sonstige seltene Augenerkrankungen (Pseudoxanthoma elasticum [PXE], pathologische Myopie, idiopathische choroidale Neovaskularisation [CNV], Mac Tel, Chorioretinitis, sonstige Erkrankungen)] kann im Rahmen eines bereits vorgefertigten Check-box-Verfahrens angeklickt werden (. Abb. 4). Dadurch wird die Eingabe für den Behandler sehr vereinfacht und beschleunigt. Die Diagnose bzw. Diagnosen können sowohl mit Datum des Symptombeginns als auch Datum der Erstdiagnose eingegeben werden. Dies liefert eine schnelle und übersichtliche Auflistung auch komplexer Krankengeschichten. Eventuell bereits erfolgte Vorbehandlungen der Augen und ophthalmologische Eingriffe des Patienten können ebenfalls im Rahmen dieser Stammdaten festgehalten werden (. Abb. 4). Über die 3. Rubrik (Verlaufsbogen) wird der individuelle Verlaufsbogen eines Patienten (. Abb. 5a) aufgerufen. Dort sind alle Kontroll-/Injektions-/Post-Injektionstermine mit Datum, Befund und ggf. durchgeführter Injektion aufgelistet. Der standardisierte Verlaufsbogen enthält ebenfalls multiple, einzeln anklickbare Auswahlboxen in Form eines Dropdown-Menüs, um den Untersuchungsbefund so detailliert wie möglich, aber auch so schnell wie möglich erfassen zu können (. Abb. 5b). Nach kompletter Eingabe des Untersuchungsbefundes und Abspeicherung erscheinen nur die zuvor markierten Felder in der Übersicht. Alle nicht zutreffenden Untersuchungsbefunde werden in der Übersicht ausgeblendet.
Abb. 5 9 Patientenverlaufsbogen. a Übersicht, b Injektions-/Kontrolltermine und Visusverlaufstabelle (vergrößerte Darstellung; roter Rahmen in a), c Bereich zum Hochladen und Abrufen von Bild- und Textbefunden (vergrößerte Darstellung; grünerRahmen in a)
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Originalien enten werden zwar nicht gelöscht, jedoch generieren sie im inaktiven Zustand keine Alert-E-Mails und werden bei der Auflistung der zu kontrollierenden Patienten nicht aufgeführt.
Diskussion
Abb. 6 8 Automatisch generierte „Alert-E-Mails“ informieren Zuweiser und Klinik über die Nichteinhaltung von Kontrollterminen oder Befundverschlechterung
Es besteht die Möglichkeit, aktuelle SD-OCT-Bilder, Aufnahmen der Fluoreszenzangiographie sowie sonstige Bildund/oder Textbefunde in den Verlaufsbogen hochzuladen und diese somit für den mitbehandelnden niedergelassenen Augenarzt sichtbar zu machen (. Abb. 5c). Jede bereits abgeschlossene und abgespeicherte Untersuchung kann mittels eines Bearbeitungs-Buttons erneut geöffnet und verändert werden. Nachträgliche Veränderungen werden mittels aufgezeichneter Historie dokumentiert. Auch gibt es die Möglichkeit, versehentlich nicht am Untersuchungstag eingegebene Untersuchungen zu einem späteren Zeitpunkt nachzutragen, um eine lückenlose Rekonstruktion des Patientenverlaufs zu ermöglichen. Am unteren Ende der Verlaufsbogeneingabe gibt es abschließend die Möglichkeit, den Termin und Arzt der nächsten Kontrolluntersuchung bzw. Injektion zu notieren. So können Klinik und Zuweiser gleichermaßen sehen, wann und wo der Patient den nächsten Termin wahrnehmen wird. Die 4. Rubrik (Kalendersicht) der Datenbank bietet einen Online-Kalender, in dem von der Klinik freigegebene Termine zur Injektion direkt von den zuweisenden Praxen eingetragen werden können. Somit entfällt der Telefonanruf zur Terminvereinbarung sowie bei der Terminvergabe die Suche nach freien Terminen. Die direkte Eintragung in den Online-Kalender ermöglicht somit ebenfalls eine schnelle Re-Injektion bei Befundverschlechterung.
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In der 5. Rubrik (Auswertung) befindet sich eine Minuten-aktuelle Auswertung grober Parameter, wie z. B. die Anzahl der eingetragenen Patienten pro Praxis, die durchschnittliche Anzahl der Alert-E-Mails pro Patient pro Praxis, die durchschnittliche Anzahl der Kontrollen pro Patient, die Kontrollregelmäßigkeit in Wochen pro Patient, die Anzahl der Injektionen pro Praxis sowie die Anzahl der Injektionen pro Patient (ohne „load-up“).
Automatischer Patienten-Recall Sollte ein Patient zu einem Kontroll-/Injektionstermin nicht erschienen sein und somit im Verlaufsbogen zu dem vorgemerkten Termin keine Eintragung stattgefunden haben, wird der Patient automatisch in der Rubrik „Versäumte Termine“ vermerkt und eine Alert-E-Mail an den jeweiligen Zuweiser sowie die Augenklinik generiert. Diese Alert-E-Mail wird auch versandt, wenn sich bei einem Patienten in einer Verlaufskontrolle ein Visusabfall oder eine Makulaödemzunahme im SD-OCT zeigt. Bei Letzterem würde dieser Patient automatisch in der Rubrik „Patienten mit Krankheitsprogression“ vermerkt werden (. Abb. 6).
Beenden des Follow-up Sollten bei einem Patienten keine weiteren Kontrolluntersuchungen mehr notwendig sein (z. B. Therapieabbruch), besteht die Möglichkeit, diesen Patienten als „inaktiv“ zu markieren. Die Daten dieses Pati-
Die hier vorliegende interaktive Datenbank bietet erstmals eine Kommunikationsplattform höchster Transparenz zwischen zuweisenden Praxen und dem Behandlungszentrum. Dies stellt einen wichtigen Schritt zur Umsetzung eines gut funktionierenden PRN-Schemas gemäß europäischem Label dar. Eine chronologische Datenerfassung seitens der zuweisenden Praxen sowie des behandelnden Zentrums ermöglicht beiden einen kompletten Überblick über die Krankengeschichte und die durchgeführten und geplanten Kontrolltermine des jeweiligen Patienten. Zu lange Kontrollintervalle und fehlende Re-Injektionen bei Befundverschlechterungen können somit vermieden werden. Zusätzliche automatisierte Sicherheitsmechanismen (Alert-E-Mails) zur Anzeige von verpassten Kontrollterminen oder einer Befundverschlechterung komplettieren den Nutzen der Datenbank. In diesem Pilotprojekt werden individuelle Patientenverläufe über 1 Jahr erfasst und dokumentiert. Eine Auswertung am Ende der Beobachtungsphase wird zeigen, ob mithilfe einer solchen integrativen Datenbank ein Pro-re-nata-Behandlungsschema leichter umzusetzen ist als bisher.
Korrespondenzadresse C. Milojcic Augenklinik, Universitätsklinikum Bonn Ernst-Abbe-Str. 2, 53127 Bonn
[email protected] Danksagung. Wir danken der Firma Novartis Pharma für die finanzielle Unterstützung des Projektes. Interessenkonflikt. Die korrespondierende Autorin weist für sich und ihre Koautoren auf folgende Beziehungen hin: C. Milojcic: kein Interessenkonflikt; C.R. Clemens, Heidelberg Engineering, Novartis, Bayer; R. Fimmers: kein Interessenkonflikt; G. Quade: kein Interessenkonflikt; F. Alten, Heidelberg Engineering, Novartis, Bayer; P. Sarbach: kein Interessenkonflikt; N. Eter, Heidelberg Engineering, Novarits, Bayer, Pfizer.
Literatur 1. Pauleikhoff D, Kirchhoff B, Bertram B et al (2011) New aspects in the treatment of neovascular agerelated macular degeneration: the criteria of retreatment with the anti-VEGF therapy. Ophthalmologe 108:85–90 2. Brown DM, Kaiser PK, Michels M et al (2006) Ranibizumab versus verteporfin for neovascular age-related macular degeneration. N Engl J Med 355:1432–1444 3. Rosenfeld PJ, Brown DM, Heier JS et al (2006) Ranibizumab for neovascular age-related macular degeneration. N Engl J Med 355:1419–1431
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