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Sechszylinder-Ottomotor von BMW
Der neue
SechszylinderOttomotor von BMW Teil I: Konzept und konstruktiver Aufbau Mit dem neuen Reihensechszylinder-Ottomotor präsentiert BMW einen Motor, der neue Maßstäbe bei Literleistung, Gewicht und Verbrauch setzt. Die Neukonstruktion basiert auf neuen Technologien wie einem Magnesium-Aluminium-Verbundkurbelgehäuse, elektrischer Kühlmittelpumpe sowie einer Weiterentwicklung der BMW-Valvetronic und bietet mit einer spezifischen Leistung von 63 kW/dm3 und einer Verbrauchsreduzierung von 12 % bei einem Gewicht von nur 161 kg überragende Werte.
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Die Autoren 1 Einleitung
Vor über 70 Jahren brachte BMW das erste Fahrzeug mit einem Sechszylindermotor auf den Markt – einem Reihensechszylinder-Ottomotor. Und weil die Gesetze der Physik diesem Prinzip beste motorische Eigenschaften mit in die Wiege gelegt haben, wurde an dieser kompromisslosen Bauform mit dem legendären seidenweichen Lauf in den folgenden Jahren festgehalten. Von neuen Fahrzeugen der automobilen Oberklasse werden mehr denn je Maßstäbe in herausragender Fahrleistung, Fahrkomfort und niedrigem Verbrauch erwartet. Um diesen Ansprüchen bestmöglich gerecht zu werden, war es notwendig, den aktuellen Reihensechszylinder-Ottomotor nach zirka 15 Jahren Produktionszeit durch einen grundlegend neuen Motor abzulösen. Zur Erreichung der gesteckten Ziele wurde eine Neuentwicklung mit einer Vielzahl richtungweisender Innovationen gestartet, beibehalten wurde nur das Bauprinzip als Reihensechszylinder. Als Technologie zur Verbrauchsabsenkung wurde die bereits seit mehreren Jahren bewährte BMW-Valvetronic weiterentwickelt. Grundlegend
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neue Technologien wie das MagnesiumAluminium-Verbundkurbelgehäuse und die elektrische Kühlmittelpumpe stehen für die zu erreichenden Attribute geringes Gewicht und Effizienz. Die Produktion des neuen R6 wird wie bisher in zwei Motorenwerken erfolgen. Der Neubau eines Motorenwerks sowie die vollständig neue Konzeption sämtlicher Einrichtungen zur mechanischen Bearbeitung und der Montagelinien waren ein wesentlicher Freiheitsgrad bei der Erarbeitung des Motorkonzeptes. Die Rohteile für das Magnesium-Aluminium-Verbundkurbelgehäuse und den Zylinderkopf stammen aus der BMWLeichtmetallgießerei, die auch die Prozessentwicklung für diese Bauteile durchgeführt hat. Das gewählte Motorkonzept bildet die Basis für eine Motorfamilie, die eine modulare Darstellung unterschiedlicher Hubraum- und Leistungsstufen sowie Emissionsvarianten erlaubt. Die Markteinführung erfolgte als 3,0-l-Valvetronic-Motor im September 2004 und im BMW 630Ci. In weiterer Folge wird der neue Reihensechszylinder-Ottomotor in fast allen BMW Fahrzeugen eingesetzt werden.
Dr.-Ing. Manfred Klüting ist Leiter Vorentwicklung Antrieb bei der BMW Group, München. Dr.-Ing. Christian Landerl ist Leiter der Reihen-OttomotorenProjekte bei der BMW Group, München.
2 Entwicklungsziele und Konzeptdefinition
Ein neuer Motor muss alles besser können als sein Vorgänger. So sind die wesentlichsten Produktanforderungen wie folgt definiert: ■ deutliche Steigerung der Leistung, Erhöhung des Drehmomentes im unteren Drehzahlbereich, deutliche Ausweitung des nutzbaren Drehzahlbereichs
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■ signifikante Reduzierung des Kraftstoff-
verbrauchs in allen Märkten, entkoppelt von ihren spezifischen Kraftstoffqualitäten und Gesetzesvorschriften ■ spürbare Gewichtsabsenkung – trotz der höheren Leistungsanforderung und des Technologiemehraufwandes zur Verbrauchsreduzierung. Kurzum – stärker, sparsamer, leichter – das war die Formel für das Lastenheft des neuen Reihensechszylinder-Ottomotors, Bild 1. Die Sicherung der Robustheit des Basiskonzepts gegenüber zukünftigen strategischen Anforderungen wie Dynamikführerschaft und weiterer Verschärfung der Verbrauchs- und Emissionszielwerte bildeten schließlich die Rahmenbedingungen für eine grundsätzliche Neukonstruktion mit einer Vielzahl von Innovationen zur Lösung der ehrgeizigen Ziele. Effiziente Dynamik, also die Steigerung der Leistung bei gleichzeitiger Reduzierung von Gewicht und Verbrauch, schließt den Weg der Hubraumerhöhung und damit Motorvergrößerung aus. Um eine solide Basis für hohe spezifische Leistungen und hohe Drehzahlen zu schaffen und gleichzeitig die typische Eigenschaft der hohen Laufkultur weiter zu optimieren, ist eine Grundmotorkonstruktion in Bedplate-Ausführung gewählt worden. Den größten Anteil an der Verbrauchsreduktion hat die BMW-Valvetronic, die für die spezifischen Anforderungen des Projekts weiterentwickelt wurde. Die Neuauslegung der Motorkühlung ermöglicht die Verwendung einer elektrischen Kühlmittelpumpe, die spürbare Beiträge zur Verbrauchssenkung und Leistungssteigerung liefert. Konsequenter Leichtbau fängt beim Kurbelgehäuse, der schwersten Einzelkomponente, an. Mit dem weltweit ersten Mg/Al-Verbundkurbelgehäuse ist eine grundlegend neue Technologie entwickelt worden, die die Grundlage für eine signifikante Gewichtsreduzierung bildet. Eine Reihe weiterer konsequenter Leichtbaumaßnahmen ergänzen das ehrgeizige Ziel einer Gewichtsreduzierung von 10 kg zum Vorgängermotor bei einer deutlichen Funktionsmehrung. Das stimmige Gesamtkonzept und der konsequente Einsatz fortschrittlicher Simulationsmethoden ermöglichte die Serienentwicklung in 36 Monaten und zwei Baugruppen. Die Datendurchgängigkeit des verwendeten parametrischen CADSystems erlaubte deren flächendeckende Nutzung sowohl im Simulations- als auch im Produktionsumfeld bis hin zur Betriebs- und Prüfmittelkonstruktion. Die
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2 Entwicklungsziele und Konzeptdefinition
Bild 1: Effiziente Dynamik Figure 1: Efficient dynamics
3 Konstruktive Gestaltung Tabelle: Technische Daten Table: Technical data
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enge Zusammenarbeit aller Fachstellen aus Entwicklung, Produktion, Service und Controlling, die frühe Einbeziehung der Lieferanten in den Entwicklungsprozess sowie ein stringentes Projektmanagement waren die wesentlichen Faktoren zur Zielerreichung.
3.1 Zylinderkurbelgehäuse Bild 2: OberteilZylinderkurbelgehäuse Figure 2: Crankcase – upper part
3 Konstruktive Gestaltung
Der Reihensechszylinder-Ottomotor ist der Kernmotor der BMW-Antriebe. Um nicht die Vielzahl der Antriebe durch ein Package- und Gewichtswachstum zu belasten, wurde der vom Vorgänger bekannte Zylinderabstand von 91 mm beibehalten, und durch einen Einriementrieb für die Nebenaggregate konnte das Package sogar noch optimiert werden. Die Basis der neuen Reihensechszylinder-Motorfamilie bildet der Grundmotor mit 2996 cm3 Hubraum, Tabelle. 3.1 Zylinderkurbelgehäuse
Mit dem weltweit ersten Mg/Al-Verbundkurbelgehäuse, Bild 2, ist eine grundlegend neue Technologie entwickelt worden, die die Grundlage für eine signifikante Gewichtsreduzierung bildet. Sie beträgt 24 %
zu einem vergleichbaren Aluminium-Kurbelgehäuse. Eine reine Werkstoffsubstitution kommt aufgrund der Werkstoffeigenschaften von Magnesium nicht in Betracht. Mit einer um ungefähr 30 % geringeren Dichte geht auch ein um etwa den gleich großen Prozentsatz geringerer E-Modul einher. Darüber hinaus eignet sich Magnesium weder als Laufflächenwerkstoff, noch als kühlmittelführen-
des Bauteil. Eine weitere Einschränkung in der Gestaltungsfreiheit besteht durch die geringe Kriechfestigkeit von Magnesium, insbesondere bei Temperaturen über 120 °C, die jedoch beim Zylinderkurbelgehäuse nicht vermieden werden können. Die aufgezeigten Konflikte lassen sich aber durch einen intelligenten Materialmix in einer Verbundkonstruktion lösen. Zur Erzielung hoher globaler Steifigkeiten zeigte
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3.1 Zylinderkurbelgehäuse Bild 3: Insert Figure 3: Insert
Bild 4: Schnitt Kurbelgehäuseoberteil mit Bedplate Figure 4: Section crankcase and bedplate
Bild 5: Bedplate Figure 5: Bedplate
3.2 Kurbeltrieb Bild 6: Kurbelwelle, Pleuel, Kolben, Drehschwingungsdämpfer Figure 6: Crankshaft, con-rod, piston, vibration damper
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sich in Prinzipuntersuchungen, dass eine Bedplate-Konstruktion das größte Potenzial bietet und damit der geringere E-Modul überkompensiert werden kann. Die Zylinderlauffläche, die Kühlwasserführung, die Kurbelwellenhauptlager mit ihren Verschraubungen und die Zylinderkopfverschraubungen werden in ein zunächst separates Bauteil – das so genannte Insert – integriert. Das Insert, Bild 3, besteht aus einer übereutektischen Aluminiumlegierung und wird in einem Druckgießvorgang mit Mg umgossen. Dabei entsteht das eigentliche Kurbelgehäuserohteil in Verbundbauweise. Um dies zu ermöglichen, ist als weiteres wesentliches Konstruktionsmerkmal eine Open-Deck-Ausführung notwendig. Das Insert übernimmt dabei einen wesentlichen Anteil der Steifigkeit und Festigkeit des Verbundkurbelgehäuses, während der Mg-Umguss den Raum einnimmt, wo es auf maximale Gewichtsreduzierung ankommt. Der Gestaltung einer Verklammerung zwischen Insert und Umguss durch formschlüssige Verbindung im Makrobereich, Bild 4, wurde besonders große Aufmerksamkeit gewidmet. Sie sichert die Übertragung aller Kräfte unter allen Betriebslasten. Darüber hinaus stellt eine partielle intermetallische Grenzschicht zwischen Mg-Umguss und Al-Insert die Abdichtfunktion sicher. Die Verschraubung der Motortragböcke, sämtlicher Anbauteile und Aggregate erfolgt in den Mg-Umguss. Als besonders vorteilhaft erweist sich die Funktionsintegration der meisten Halter für Nebenaggregate direkt in das Kurbelgehäuse. Dies führt zu einer sehr steifen und damit akustisch hervorragenden Anbindung bei gleichzeitig geringem Gesamtgewicht. Das Bedplate, Bild 5, ist ebenfalls als Verbundbauteil ausgeführt und im Druckguss hergestellt. Zur Aufnahme der Hauptlagerkräfte kommen Stahlsinter-Inserts zum Einsatz, den Rest der Struktur bildet wiederum Magnesium. Die Verbindung von Bedplate mit dem Kurbelgehäuseoberteil erfolgt kraftschlüssig durch Verschrauben. Da Standardmagnesiumlegierungen im geforderten Temperaturbereich bis 150 °C keine ausreichende Kriechfestigkeit bieten, war es notwendig, eine Legierung zu entwickeln, die einen Kompromiss zwischen den Anforderungen an die mechanischen Eigenschaften, insbesondere der Kriechfestigkeit, der Schwingfestigkeit und der Vergießbarkeit darstellt. Die im Zuge der Legierungs- und Prozessentwicklung ausgewählte Legierung AJ62 des kanadischen Herstellers Noranda [2] ist in der Lage, diese Anforderungen zu erfüllen. Sie
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basiert auf dem Ternär-System Magnesium, Aluminium und Strontium, welches auf Basis der AJ52-Systeme hinsichtlich einer besseren Vergießbarkeit weiterentwickelt wurde. Zur Sicherstellung von betriebsfesten Verschraubungen in Magnesium ist es notwendig, diese mit Aluminiumschrauben auszuführen. Damit wird der thermisch bedingte Setzverlust minimiert sowie Kontaktkorrosion vermieden. Zusätzlich entsteht im Vergleich zu Stahlschrauben ein Gewichtsvorteil. 3.2 Kurbeltrieb
Durch die steife Bedplate-Konstruktion ist es möglich, auch beim 3,0-l-Motor eine Gusskurbelwelle aus GGG70, Bild 6, einsetzen zu können, ohne akustische Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Dazu wurde auch die Kurbelwelle in ihren Abmessungen optimiert, was zu einem Hauptlagerdurchmesser von 56 mm und einem Hublagerdurchmesser von 50 mm führt. Das letzte getriebeseitige Hauptlager wird mit 65 mm ausgeführt, dies erhöht die Steifigkeit des hinteren Kurbelwellenendes und verhindert das Schwungradtaumeln. Die Gestaltoptimierung ergibt eine Kurbelwelle mit hoher Torsionssteifigkeit, zusätzlich konnte der Auswuchtgrad der Einzelkröpfungen deutlich reduziert werden. Damit ergibt sich auch in Verbindung mit dem Herstellverfahren eine sehr leichte, steife Kurbelwelle, die zusätzlich einen Vorteil im Reibmoment gegenüber dem Vorgänger aufweist, der durch die Reduktion des Hauptlagerdurchmessers entsteht. Das Pleuel ist als Trapezpleuel zur Reduktion der oszillierenden Massen ausgebildet. Das große Auge ist gecrackt, und durch eine entsprechende Geometrieausbildung konnte trotz der hohen Abregeldrehzahl eine M8-Verschraubung umgesetzt werden. Der gewichtsoptimierte, gegossene Kolben mit einem Bolzendurchmesser von 20 mm ist aufgrund der AlSi17-Zylinderlauffläche mit einer Eisenbeschichtung versehen. 3.3 Zylinderkopf mit Valvetronic-Ventiltrieb 3.3.1 Zylinderkopf
Um bestehende Strukturen optimal nutzen zu können, wurde der Zylinderkopf optional in zwei Herstellverfahren entwickelt. Zum Einsatz kommen das Niederdruck-Kokillengießverfahren, Bild 7, und der LostFoam-Guss. Die Teilungsebene des Zylinderkopfes zur Zylinderkopfhaube liegt unterhalb der Nockenwellenlagerung, der Räderkastendeckel ist mit angegossen. Damit werden Halbmonde bei der Abdichtung der Zylin-
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derkopfhaube vermieden, eventuelle „Dreiländerecken“ entfallen vollständig. Sämtliche Lagerungen, die für die Valvetronic notwendig sind, sind im Gussteil integriert. Dies führt zwar zu einem anspruchsvollen Herstellprozess, garantiert aber höchste Genauigkeit nach der Bearbeitung. Aufgrund der Querstromkühlung konnte trotz der geringen Höhe des Zylinderkopfes durch die durchgehenden Querwände eine sehr große Steifigkeit der Struktur dargestellt werden. Die Lagerung der Auslassnockenwelle
erfolgt in einer Lagerleiste, die auf den plan bearbeiteten Zylinderkopf aufgeschraubt wird. Um geringste Streuungen der Brennraumvolumen zu erreichen, werden die Brennräume voll bearbeitet. Die beiden Einlassventile sind mit einem Ventilwinkel von 14° (zur Motormittenebene) angeordnet, die Auslassventile mit 18°. Der Einlassventildurchmesser beträgt beim 3,0-l-Motor 34,2 mm, der Auslassventildurchmesser 29 mm.
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3.3.1 Zylinderkopf
3.3.2 Valvetronic
Bild 7: Zylinderkopf Figure 7: Cylinder head
3.3.2 Valvetronic Bild 8: Schnittbild Valvetronic Figure 8: Cross section of Valvetronic
Bild 9: Ventilhubverläufe Figure 9: Valve lift curves
Nach der erfolgreichen Einführung der Valvetronic bei den Vier-, Acht- und Zwölfzylindermotoren erfolgt der Einsatz dieser BMW-Technologie zur drosselfreien Laststeuerung jetzt auch im Reihensechszylinder-Ottomotor, Bild 8. Zur Erreichung der gesteckten Funktionsziele war eine Weiterentwicklung notwendig. Zum einen wurde dabei die Drehzahlgrenze auf 7000/min sowie die max. Ventilbeschleunigung auf bis zu 80 mm/rad2 gesteigert, zum anderen wurden durch eine geänderte Kinematik schleichende Ventilrampen, Bild 9, vermieden. Durch kürzere Steuerzeiten bei Teilhub konnte die Ladungswechselarbeit nochmals deutlich reduziert werden. Zur Massereduktion sind die Ventile als 5-mm-Schaftventile ausgeführt, zusätzlich ist das Einlassventil mit einer tiefen Kalotte weiter gewichtsreduziert. Der Blechrollenschlepphebel neuester Generation und auch der Zwischenhebel, Bild 10, wurden auf max. Steifigkeit bei geringsten bewegten Massen optimiert. Die Bewegung und Kraftübertragung im Valvetronic-System erfolgt ausschließlich über nadelgelagerte Rollen. Der Zwischenhebel, der im MIMVerfahren hergestellt wird, stützt sich über zwei Rollen in einer Kreisbahn in der Kulisse ab, die ihren Mittelpunkt in der Mitte der Rolle des Schlepphebels hat. Geöffnet wird das Ventil durch das Abrollen der Arbeitskurve des Zwischenhebels auf der Rolle des Schlepphebels. Die Verstellung des Hubes erfolgt über eine Exzenterwelle, deren Exzenter auf die dritte und mittlere Rolle des Zwischenhebels wirkt. Eine Rückstellfeder sorgt dafür, dass der Zwischenhebel stets an die Nockenwelle gedrückt wird, auch hier erfolgt die Kraftübertragung durch eine Rolle. Die Exzenter, die auf einer geschmiedeten Welle aufgebracht sind, werden durch einen Elektromotor über eine Schneckenverzahnung betätigt. Die Befestigung der Nockenwellen, der Exzenterwelle und der Kulisse erfolgt direkt im Zylinderkopf ohne Zwischenträger und kann in einer Aufspannung bearbeitet werden. Dies gewährleistet in Verbindung mit einer Klassierung von Zwischenhebel und Rollenschlepphebel ein Höchstmaß an Genauigkeit, was auch bei Leerlaufhüben von etwa 0,2 mm eine hervorragende Füllungsgleichverteilung zur Folge hat. 3.4 Kettentrieb, Nockenwellen und Leichtbau-Vanos
Der Antrieb der Nockenwellen, der Ölpumpe und der Vakuumpumpe erfolgt über wartungsfreie Kettentriebe, Bild 11. Diese sind in zwei Kettenmodulen vormontiert
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und werden von oben und unten in den angegossenen Kettenschacht eingeschoben. Der hydraulische Kettenspanner des Steuertriebes ist vollkommen aus Aluminium gefertigt und setzt auch hier die konsequente Leichtbauweise fort. Der Einsatz von Leichtbaunockenwellen, Bild 12, führt zu einer erheblichen Gewichtseinsparung von 1,2 kg im Ventiltrieb. Dabei werden Nockenringe in einem Hydroumformverfahren auf ein Stahlrohr aufgebracht. Es entsteht sowohl ein Formwie auch ein Kraftschluss zwischen Nocke und Rohr. Durch die Genauigkeit der Einzelteile entsteht nach dem Aufschweißen des Vanos-Kopfes nur noch ein geringer Schleifaufwand. Ein weiterer wesentlicher Anteil zur Gewichtsreduktion stammt aus den Nockenwellenphasenstellern, Bild 13. Die beiden Vanos-Einheiten inklusive der integrierten Kettenräder sind aus Al-Sinterlegierungen hergestellt. Damit wird im Vergleich zu konventionellen Stahlstellern eine Einsparung von 800 g erreicht. Sie werden durch das Drucköl aus dem Schmierkreislauf über zwei Magnetventile betätigt und sind voll regelbar. Die Lagerückmeldung erfolgt über Geberräder und Sensoren. Der Stellbereich beträgt 70° KW auf der Einlass- und 55° KW auf der Auslassnockenwelle.
3.3.2 Valvetronic Bild 10: Zwischenhebel Figure 10: Intermediate lever
3.4 Kettentrieb, Nockenwellen und Leichtbau-Vanos Bild 11: Kettentrieb Figure 11: Valve train
3.5 Ölpumpe und Ölkreislauf
Da die korrekte Funktion der Nockenwellenphasensteller ein unabdingbarer Bestandteil der drosselfreien Laststeuerung ist, müssen die Vanos-Einheiten auch im Leerlauf bei allen Temperaturen funktionsfähig sein. Um dies zu gewährleisten, ist ein höheres Ölfördervolumen der Ölpumpe im Vergleich zum Vorgängermotor notwendig. Ein wie bisher übliches Absteuern der geförderten, aber in den meisten Betriebsbereichen nicht benötigten Ölmenge würde zu großen Pumpenantriebsleistungen sowie Ölerwärmung und Ölverschäumung führen. Die neu entwickelte, volumenstromvariable Pendelschieberölpumpe, Bild 14, variiert abhängig vom Motoröldruck die Exzentrizität des Schiebers und damit die tatsächlich angesaugte Ölmenge durch das über den Schieber einstellbare Förderkammervolumen. Durch diese individuelle Bedarfsregelung wird die mechanische Antriebsleistung im Vergleich zu einer konventionellen Ölpumpe um bis zu 2 kW verringert. 3.6 Interne Motorkühlung und elektrische Kühlmittelpumpe
Die Neuauslegung des motorinternen Kühlsystems ermöglichte einen Technologiesprung zu einer bedarfsorientierten Re-
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gelung des Kühlmittelstromes durch eine elektrische Wasserpumpe, Bild 15. Der motorinterne Kühlkreislauf wurde dazu weitgehend entdrosselt. Damit ist es möglich, hohe Kühlmittelvolumenströme mit gegenüber bisherigen Auslegungen für mechanische Pumpen deutlich gerin-
geren Druckdifferenzen zu erreichen. Der wesentlichste Beitrag zur Reduktion der Strömungsverluste wird durch die Querstromkühlung des Zylinderkopfes erreicht. Das Kühlmittel wird, von der Pumpe kommend, abgasseitig in den Wassermantel des Kurbelgehäuses geleitet und dort über
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die Motorlänge verteilt. Die Hauptmenge des Kühlmittels strömt von dort durch die Auslassventilstege in den Zylinderkopf, wird an das Brennraumdach geleitet und danach in den saugseitigen Wassermantel des Kurbelgehäuses geführt. Im Kurbelgehäuse wird der Kühlmittelstrom gesammelt und durch einen Kanal im vorderen Bereich des Zylinderkopfes und im Ölmodul dem Fahrzeugkühler zugeleitet. Die Auslegung des elektrischen Doppeltellerthermostaten erfolgte mit großen Strömungsquerschnitten, um möglichst geringe Druckverluste zu erreichen. Parallel zum Zylinderkopf wird eine Teilmenge des Kühlmittels durch den Öl/Wasserwärmetauscher geführt. Die Ansteuerung der elektrischen Kühlmittelpumpe und des Kennfeldthermostaten erfolgt durch das Motorsteuergerät, in dessen Software ein eigenes Modul zur Regelung der Kühlung und Heizung integriert wurde. In diesem Wärmemanagementkoordinator fließen motor-, getriebeund fahrzeugseitige Anforderungen an das Wärmemanagement zusammen und lösen abgestimmte Stelleingriffe für elektrische Kühlmittelpumpe, Kennfeldthermostat,
3.4 Kettentrieb, Nockenwellen und Leichtbau-Vanos Bild 12: Leichtbaunocke nwelle Figure 12: Light weight camshaft
Elektrolüfter und Luftklappensteuerung aus. Die bedarfsgerechte Regelung, zum Teil bis zum Stillstand der Kühlmittelpumpe, führt zu einer deutlich schnelleren Erwärmung der Motorbauteile und des Motoröls und somit zu einer kraftstoffverbrauchsrelevanten Reibungsreduktion. Differenzierte Vorgaben für Teil- und Voll-
last nutzen Reibungspotenziale durch hohe Kühlmittel- und Öltemperaturen sowie Füllungs- und Verbrennungsvorteile durch kennfeldabhängige Absenkung der Kühlmitteltemperaturen. Durch die Entkopplung der Fördermenge von der Motordrehzahl kann bedarfsgerecht bei hohen Lasten und niedrigen Drehzahlen bereits eine
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3.4 Kettentrieb, Nockenwellen und Leichtbau-Vanos Bild 13: Vollaluminium-VanosSteller Figure 13: Aluminium Vanos unit
3.5 Ölpumpe und Ölkreislauf Bild 14: Volumenstromvariable Ölpumpe Figure 14: continuously variable displacement oil pump
3.6 Interne Motorkühlung und elektrische Kühlmittelpumpe
sehr hohe Kühlleistung zur Verfügung gestellt werden, ohne im Nennleistungspunkt eine hohe Leistungsaufnahme der Kühlmittelpumpe in Kauf nehmen zu müssen. So reduziert sich die max. Leistungsaufnahme der Pumpe auf 200 W. 4 Funktionale Eigenschaften, Zusammenfassung
Perfekter Massenausgleich, seidenweicher turbinenartiger Lauf, hohe Drehfreudigkeit – das sind Attribute, mit denen auch der neue BMW-Reihensechszylinder-Ottomotor die über 70-jährige Tradition der BMW Sechszylinder-Ottomotoren fortsetzt. Zusätzlich verwirklicht der neue R6 das Prinzip der effizienten Dynamik auf höchstem technologischem Niveau. Der neue BMW-ReihensechszylinderOttomotor erreicht mit 3,0 l Hubvolumen eine Nennleistung von 190 kW bei 6600/min und ein max. Drehmoment von 300 Nm bei 2500 bis 4000/min. 90 % des max. Drehmomentes sind über eine Drehzahlspanne von 1500 bis 6700/min verfügbar. Damit erzielt der Motor mit 63,3 kW/l die bisher höchste spezifische Leistung in seiner Klasse. Die Auswirkungen von Technologien wie der Valvetronic, einer dreistufigen Sauganlage, dem Leichtbau-Rohrfächerkrümmer sowie dem Wärmemanagement mit elektrischer Kühlmittelpumpe werden im nächsten Heft unter dem Titel „Thermodynamik und funktionale Eigenschaften“ näher erläutert.
Literaturhinweise [1]
[2]
Landerl, C.; Jooß, R.; Fischersworring-Bunk, A.; Wolf, J.; Fent, A.; Jagodzinski, S.: Aluminium-Magnesium Verbundkonstruktion – ein innovativer Ansatz für Leichtbau im Kurbelgehäuse. 12. Aachener Kolloquium Fahrzeugund Motorentechnik 2003 Labelle, P.; Argo, D.; Pekguleryuz, M.O.: Comparative Mechanical Properties of AE42 and AJ52 High-Temperature Diecast Magnesium Alloys for Elevated Temperature Applications. SAE 2003-01-0188
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Bild 15: Elektrische Wasserpumpe Figure 15: Electrical water pump
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