ÖZS 36 (2011) 2:12–34 DOI: 10.1007/s11614-011-0031-1 HAUPTBEITRÄGE Ulrich Brand · Markus Wissen Die Regulation der ökologischen Krise
Die Regulation der ökologischen Krise Theorie und Empirie der Transformation gesellschaftlicher Naturverhältnisse Ulrich Brand · Markus Wissen1
Zusammenfassung: Die Diskrepanz zwischen dem Wissen über die ökologische Krise und der Effektivität ihrer politischen Bearbeitung wächst. Institutionen internationaler Umweltpolitik stecken gerade in Zeiten der Verschärfung ökologischer Probleme in einer Legitimations- und Funktionskrise. Dies steht im Gegensatz zum breit anerkannten anthropogenen Charakter des Klimawandels und einer entsprechenden Politisierung dieses Krisenphänomens. Der Beitrag skizziert zunächst einen theoretischen Rahmen, um die Diskrepanz zwischen Krisenbewusstsein und Krisenbearbeitung zu erklären. Dazu wird das Konzept der gesellschaftlichen Naturverhältnisse mit Erkenntnissen aus der kritischen Geographie sowie der Regulations- und der kritischen Staatstheorie verbunden. Die empirische Analyse identifiziert sodann die fossilistischen Produktionsund Konsummuster als Ursache der genannten Diskrepanz. Deren tiefe Verankerung und globale Ausbreitung überlagert das ökologische Krisenbewusstsein ebenso wie die Verhandlungen auf den existierenden umweltpolitischen Terrains. Gleichzeitig akzentuiert sie die Widersprüchlichkeit der vorherrschenden gesellschaftlichen Naturverhältnisse, deren (mögliche) herrschaftsförmige Bearbeitung und demokratisch motivierte Politisierung abschließend analysiert werden. Schlüsselwörter: Gesellschaftliche Naturverhältnisse · Regulationstheorie · Kritische Staatstheorie · Biodiversitäts- und Klimapolitik · Imperiale Lebensweise
The Regulation of the Ecological Crisis. A Theoretical Approach to, and Empirical Findings on, the Transformation of Societal Relationships with Nature Abstract: There is a growing discrepancy between the knowledge about the ecological crisis and the effectiveness to deal with this crisis politically. Just in a time of increasing environmental problems the institutions of international environmental politics are in a crisis of legitimation and functioning. This contrasts with the broadly acknowledged anthropogenic character of climate change and the respective politicisation of this crisis phenomenon. The article firstly develops a theoretical framework which aims to contribute to explaining the growing discrepancy between
Prof. Dr. Ulrich Brand (*) Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien Universitätsstraße 7/2 1010 Wien, ÖSTERREICH E-Mail:
[email protected] http://www.univie.ac.at/intpol
PD Dr. Markus Wissen (*) Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien Universitätsstraße 7/2 1010 Wien, ÖSTERREICH E-Mail:
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crisis consciousness and crisis politics. For this purpose, the concept of societal relationships with nature is linked to insights of critical geography, regulation theory and critical state theory. Thereafter, the empirical analysis identifies the fossilist production and consumption patterns as principal cause for the mentioned discrepancy. Its deeply rootedness and global outreach supersede the ecological crisis consciousness and the negotiations on the existing terrains of environmental politics. At the same time, they contribute to intensifying the contradictions in societal relationships with nature. The (possible) processing of these contradictions and their democratically motivated politicisation will be analysed in the last section of the paper. Keywords: Societal Relationships with Nature · Regulation Theory · Critical State Theory · Biodiversity and Climate Politics · Imperial Forms of Living
1 Einleitung Die Art, wie die ökologische Krise thematisiert wird, hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Zum einen lässt sich eine gewisse Repolitisierung beobachten. Dazu haben neben populären, meist katastrophischen Darstellungen (vgl. den Film von Al Gore The Inconvenient Truth aus dem Jahr 2006) die Veröffentlichung des Stern Report (Stern 2006) und des vierten Sachstandsberichts des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC 2007) sowie die sich – auch infolge der hohen Ölpreise in 2008 – verbreitende Einsicht beigetragen, dass die fossilistische energetische Grundlage moderner Gesellschaften aufgrund der absehbaren Verknappung von Erdöl und Erdgas umgebaut werden muss. Zum anderen wird immer deutlicher, dass die ökologische Krise sich im Zusammenspiel unterschiedlicher Phänomene konstituiert, wie der Degradation natürlicher Lebensgrundlagen, Armut und Hunger sowie Energiepreissteigerungen und Energieverknappung, aber auch scheinbar nicht-ökologischer Phänomene wie der aktuellen Banken- und Finanzkrise (Altvater 2009; Brand 2009). Des Weiteren weisen immer mehr Studien darauf hin, dass es zwar ein zunehmendes Wissen über die vielfältigen lokalen, regionalen und globalen Dimensionen der ökologischen Krise in den unterschiedlichsten Feldern wie Klimawandel, Erosion der biologischen Vielfalt oder Wasserknappheit gibt. Gleichwohl führen diese Einsichten kaum zu weit reichenden Politiken und schon gar nicht zu deren Implementierung (MA 2005; Wissen 2010). Im Folgenden möchten wir einen theoretischen Rahmen entwickeln, der es erlaubt, diesen paradoxen Sachverhalt – die relativ große Aufmerksamkeit für die ökologische Krise und die Anerkennung des Zusammenhangs zwischen unterschiedlichen Krisenerscheinungen einerseits und die unzureichenden gesellschaftlichen Veränderungen andererseits – genauer zu verstehen. Wir greifen dafür auf das Konzept der gesellschaftlichen Naturverhältnisse zurück und verknüpfen es mit Blick auf die materialistische Staatstheorie, kritisch-geographische Ansätze und die politisch-ökonomisch ausgerichtete Regulationstheorie mit Einsichten über die widersprüchliche – nämlich strukturell krisenhafte und sich dennoch tendenziell immer wieder stabilisierende – Dynamik der kapitalistischen Produktionsweise. Unsere These lautet: Der bürgerlich-kapitalistische Staat und das internationale System – allgemeiner: die vielfältigen Formen von multiskalarer Governance – sind nicht
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nur relativ erfolglos bei der Bearbeitung der ökologischen Krise, sondern sie sind für die Krise und ihre Verschärfung mitverantwortlich. Im politisch-institutionellen System verdichten sich zuvorderst jene Interessen und Wissensformen, Lebensweisen bzw. Orientierungen (etwa an Wirtschaftswachstum, Wettbewerbsfähigkeit oder industriellfossilistischem Wohlstand), welche zur Krise entscheidend beitragen. Aus dieser Perspektive kann ein Verständnis für das Paradoxon der Gleichzeitigkeit einer verbreiteten Wahrnehmung der ökologischen Krise und ihrer unzureichenden gesellschaftlichen und staatlich-politischen Bearbeitung gewonnen werden. Wir verorten uns im breiten Paradigma der politischen Ökologie (siehe zur Einführung Robbins 2004; Peet und Watts 2004), die – bei vielen Gemeinsamkeiten – sich unseres Erachtens von der sozialen Ökologie dadurch unterscheidet, dass die sozialen Auseinandersetzungen sowie die politische Ökonomie der Verursachung der sozialökologischen Krise und ihrer Bearbeitung stärker in den Blick genommen werden. Zudem intendieren wir, die Forschung über internationale Umweltpolitik, die von regimetheoretischen Ansätzen dominiert wird, zu erweitern. Die Regimetheorie hat unser Wissen über die Etablierung und das Funktionieren internationaler Umweltpolitik erweitert (Young et al. 2008; Breitmeier et al. 2006; Oberthür und Gehring 2006). Mit ihr wurden Begriffe wie regime interplays und regime complexes sowie die Rolle anderer politischer Institutionen und Steuerungsprozesse der Global Environmental Governance konzeptualisiert und untersucht (Le Prestre 2002; Raustiala und Victor 2004). In den letzten Jahren hat sich eine regimetheoretische Diskussion um die Ineffektivität internationaler oder multiskalarer Politik in vielen Politikfeldern entwickelt. Gleichwohl bleibt der Ansatz in der Erklärung der Regimeentstehung funktionalistisch und, aufgrund seines Steuerungs- bzw. Governancefokus, weitgehend auf die Formen der expliziten Umweltpolitik begrenzt.2 Soziale Auseinandersetzungen um Deutungen und (Nicht-)Politiken, entsprechende Macht- und Herrschaftsfragen sowie eine politische Ökonomie der Probleme und ihrer kulturellen Verankerung spielen keine oder eine untergeordnete Rolle. Der Staat und das intergouvernementale System werden dementsprechend als mehr oder weniger effektive – eventuell auch legitime – Steuerungsinstanzen verstanden. Unser Beitrag ist wie folgt gegliedert: Im zweiten, theoretischen Teil stellen wir das in der Tradition der älteren Kritischen Theorie stehende Konzept der gesellschaftlichen Naturverhältnisse vor, ergänzen es aus einer regulations- und hegemonietheoretischen Perspektive und fragen nach der Rolle des Staates bei der Regulation der Naturverhältnisse und der ökologischen Krise. Im dritten, empirisch-zeitdiagnostischen Teil beschäftigen wir uns mit aktuellen Ausprägungen der ökologischen Krise sowie ihrer Politisierung und staatlich-politischen Bearbeitung. Mit Hilfe der im ersten Teil eingeführten Begriffe versuchen wir dabei, die Diskrepanz zwischen Krisenbewusstsein und Krisenbearbeitung zu erklären. Im vierten Teil skizzieren wir aufbauend auf einer kurzen Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse mögliche künftige Forschungslinien.
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2 Krise und Regulation der gesellschaftlichen Naturverhältnisse 2.1 Das Konzept „gesellschaftliche Naturverhältnisse“ In den sozial-ökologischen Ansätzen, die sich auf den Begriff der gesellschaftlichen Naturverhältnisse beziehen, wird von einem nicht-äußerlichen Verhältnis zwischen Gesellschaft und Natur ausgegangen. Natur existiert zwar als materiell-stoffliche Umwelt, sie ist aber immer gesellschaftlich geprägt und wird in raum-zeitlich unterschiedlichen Formen bearbeitet und symbolisiert: „die Natur, abstrakt genommen, für sich, in der Trennung vom Menschen fixiert, ist für den Menschen nichts“ (Marx 1990 [1844], S. 587, Herv. i. O.; vgl. Schmidt 1971 [1962]). Gesellschaft und Natur werden als „unterschiedliche, unterscheidbare und in sich differenzierte Pole eines dynamischen, prozessierenden Vermittlungszusammenhangs“ begriffen (Jahn und Wehling 1998, S. 82; vgl. Becker und Jahn 2006). Das Konzept der gesellschaftlichen Naturverhältnisse hat drei zentrale theoretische Momente: „die Vorstellung eines unaufhebbaren Zusammenhangs von Natur und Gesellschaft, die Behauptung einer Differenz zwischen ihnen sowie die These der historischen Konstitution dieser Differenz“ (Jahn und Wehling 1998, S. 82). Zentral ist des Weiteren, dass die Gestaltung der gesellschaftlichen Naturverhältnisse konstitutiv für soziale und politische Herrschaft ist (siehe Görg 2003a; Brand und Görg 2008; Brand et al. 2008; sowie einführend Köhler und Wissen 2010). Die Konzeptualisierung von Natur und Gesellschaft als gleichzeitig verschieden und miteinander vermittelt hat zur Konsequenz, dass Natur nicht als „externer Maßstab“ oder „Vorbild“ für gesellschaftliches Handeln begriffen werden kann.3 Natur stellt vielmehr „eine Voraussetzung dar, damit vermittelnde gesellschaftliche Aktivitäten möglich sind, und sie umfasst ein Feld von Wirkungspotenzialen und -zusammenhängen, die gesellschaftlich gestaltbar sind, sich aber vollständiger und umfassender Gestaltung und Kontrolle entziehen. Darüber konstituiert sich die Erfahrung der Unabhängigkeit und Eigenständigkeit von Natur. Entscheidend ist, dass diese Eigenständigkeit gerade nicht getrennt von gesellschaftlicher Wahrnehmung und Bearbeitung existiert, sondern dadurch überhaupt erst zugänglich wird“ (Jahn und Wehling 1998, S. 83; vgl. Littig 2001, Kap. 2). Die Überlegung, dass sowohl Gesellschaft als auch Natur in sich differenziert sind, verweist auf den Umstand, dass nicht „die“ Gesellschaft mit „der“ Natur im Sinne homogener Entitäten vermittelt ist, sondern dass Vermittlung prozesshaft auf ganz verschiedenen Ebenen und in sehr unterschiedlichen Bereichen stattfindet. Gesellschaftliche Naturverhältnisse sind also ein durch die gesellschaftlichen Produktions- und Konsumtionsprozesse (Bearbeitung oder „Stoffwechsel“) strukturierter und durch soziale Wahrnehmungen und Deutungen hegemonial definierter, aber nicht beliebig konstruierbarer materiell-stofflicher Zusammenhang. Ferner entwickeln sie sich dynamisch, entscheidend ist deshalb ein Fokus auf sozial-ökologische Transformationen, die im Unterschied zu entwicklungs-, evolutions- und modernisierungstheoretischen Konzepten nicht als lineare und kontinuierliche Prozesse konzeptualisiert werden, sondern als „krisenhafte Entwicklungen, Brüche und Diskontinuitäten, die mit Formveränderungen einhergehen“ (Kluge und Hummel 2006, S. 266). Schließlich sind Naturverhältnisse Teil aller anderen sozialen Verhältnisse. Vor diesem Hintergrund wird das Verhältnis von Individuum, Gesellschaft und Natur als eine durchaus kontingente, durch so-
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ziale Auseinandersetzungen hegemonial konstituierte Beziehung von materiellen und kulturellen (kognitiven, normativen und symbolischen) Aspekten begreifbar. Es geht also nicht nur um die materiell-stoffliche, sondern immer und gleichzeitig auch um die kulturell-symbolische Dimension natürlicher Gegebenheiten und gesellschaftlich hergestellter materiell-technischer Artefakte. Das Automobil, um ein häufig verwendetes Beispiel zu nennen, ist eben nicht nur eine Fahrgastzelle auf vier Rädern mit Verbrennungsmotor, sondern eine gesellschaftliche Ware, deren Entwicklung, Produktion und Nutzung von Konkurrenz- und Kooperationsverhältnissen, unternehmerischen und gewerkschaftlichen Interessen, der Organisation von Produktion und Vertrieb, Technologie und Infrastruktur sowie entsprechenden Forschungen und staatlichen Politiken abhängt. Außerdem symbolisiert es bestimmte Status- und Fortschrittsvorstellungen, die ihrerseits klassen- bzw. milieu- und geschlechtsspezifisch geprägt sind und an denen enorme Werbe- sowie Medieninteressen und damit ökonomische Macht hängen. Das Konzept der gesellschaftlichen Naturverhältnisse steht in der Tradition der älteren Kritischen Theorie. Dies kommt vor allem bei Christoph Görg (2003a; 2003b) zum Ausdruck, wenn er die Eigenständigkeit von Natur und die Grenzen gesellschaftlicher Naturbeherrschung im Anschluss an Theodor W. Adorno mit dem Begriff der „Nichtidentität“ fasst. Gleichzeitig ist das Konzept der gesellschaftlichen Naturverhältnisse anschlussfähig an neuere geographische Debatten (vgl. Wissen 2011). Hier wird – in Auseinandersetzung mit der production of nature-These von Neil Smith (1984), aber auch unter Rückgriff auf die actor network theory (Latour 2002 [1995]) – sowohl die gesellschaftliche Produktion als auch die Materialität von Natur hervorgehoben: „Created ecosystems, while intentionally and unintentionally produced by capitalism, possess causal powers of their own and take on agency in relation to the capitalist processes of which they are a medium and outcome. To phrase all this in Smith’s language, nature may indeed be ,produced‘ but produced nature, in turn, cannot be exploited indefinitely: it has a materiality which cannot be ignored“ (Castree 2000, S. 29). Seit seinen Anfängen in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren hat sich das Konzept der gesellschaftlichen Naturverhältnisse ausdifferenziert. Eine im Kontext dieses Aufsatzes wichtige Differenz hat sich dabei im Hinblick auf den Regulationsbegriff herausgebildet. Von Seiten des Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE) in Frankfurt am Main wird Regulation in kybernetischen Begriffen gedacht (Hummel und Kluge 2006). Die gesellschaftlichen Naturverhältnisse stellen sich als komplexes Beziehungsgeflecht dar, in dem Ursachen und Wirkungen durch Rückkopplungsschleifen miteinander verbunden sind. Das Konzept der „sozial-ökologischen Regulation“ soll dieses Beziehungsgeflecht besser greifbar machen und gleichzeitig „eine konzeptionelle Grundlage für die Entwicklung und Umsetzung angepasster Handlungen und Maßnahmen“ (ibd., S. 257 f.) bilden. Letztlich geht es darum, durch Transparentmachen und bewusste Gestaltung von Rückkopplungsschleifen, Lernprozesse zu ermöglichen und ehemalige „Steuerungsobjekte“ zu „Subjekten im Regulationsprozess“ (Kluge und Schramm 2006, S. 61) zu machen. Trotz der Anerkennung von systemischen Komplexitäten und Eigendynamiken beinhaltet dieses Regulationsverständnis somit ein starkes intentionales Moment. In anderen Arbeiten (Brand et al. 2008; Görg 2003a) wird dagegen stärker zwischen Regulation, in der die nicht-intendierten Folgen intentionaler Handlungen eine zentrale Rolle spielen (vgl. Painter 1997), und
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diesen Handlungen selbst bzw. intentionaler Steuerung („Regulierung“) unterschieden. Regulation wird als Prozess ohne steuerndes Zentrum begriffen, dessen Wesenskern darin besteht, grundlegende gesellschaftliche Widersprüche zu bearbeiten, wie sie in kybernetischen Ansätzen so nicht thematisiert werden. Die Chancen einer bewussten sozial-ökologischen Steuerung werden unter den gegebenen gesellschaftlichen Strukturen und Kräfteverhältnissen eher skeptisch eingeschätzt. Dieser Regulationsbegriff ist von der ursprünglich aus Frankreich stammenden Regulationstheorie inspiriert, die im Folgenden in ihrem Grundanliegen und in ihren Kernaussagen dargestellt wird und einer Erweiterung des Konzepts der gesellschaftlichen Naturverhältnisse dienen soll.
2.2 Regulationstheoretische Erweiterungen Zur kapitalistischen Expansionsdynamik steht die Reproduktion der materiell-stofflichen, das heißt „natürlichen“ Lebensgrundlagen in einem widersprüchlichen Verhältnis. Im Kapitalismus wird Natur in einem Ausmaß und mit einem Entwicklungsgrad der Produktivkräfte transformiert, wie in keiner anderen Produktionsweise vor ihm. Die kapitalistische Produktionsweise ist mithin unter stofflichen Gesichtspunkten hochgradig abhängig von Natur und macht sich deren besondere Qualitäten zunutze, um immer neue Bedürfnisse zu kreieren sowie Produkte und Technologien ihrer Befriedigung zu entwickeln. Gleichzeitig, und insofern sie dem Wertgesetz folgt, abstrahiert sie von diesen Abhängigkeiten, ist also gleichgültig gegenüber den raum-zeitlichen Besonderheiten von Natur. Anders ausgedrückt, ist kapitalistische Produktion als Arbeitsprozess auf genau jene sozial-ökologischen Voraussetzungen angewiesen, die sie als Verwertungsprozess beständig unterminiert (vgl. Altvater 2005). Die immanenten Schranken der kapitalistischen Produktionsweise liegen nicht in den Reproduktionsnotwendigkeiten der menschlichen und außermenschlichen Natur, sondern allein in den Krisen des Verwertungsprozesses.4 Das begründet gleichzeitig ihre schöpferische und ihre destruktive Kraft gegenüber Mensch und Natur. „Die kapitalistische Produktion“, so Marx in einer berühmten Textstelle (1988 [1867], S. 529 f.), „entwickelt [. . .] nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter“. Natur kann also nicht beliebig produziert werden, sondern hat eine gewisse Eigenständigkeit – die freilich gesellschaftlich, insbesondere mit den Naturwissenschaften, beschrieben wird –, und kann in ihrer Reproduktionsfähigkeit lokal wie überlokal unterminiert werden (so schon Schmidt 1971 [1962] in seiner wegweisenden Studie). Diese grundlegende Widersprüchlichkeit ist jedoch institutionell und durch spezifische gesellschaftliche Normalisierungsprozesse bearbeitbar. Wie dies geschieht, und das ist unser spezifischer Beitrag zur kapitalismus- und hegemonietheoretischen Fundierung des Konzepts gesellschaftlicher Naturverhältnisse, lässt sich mit Hilfe der Regulationstheorie begreifen, die sich zwar zunächst vor allem auf das Lohnverhältnis konzentrierte (Aglietta 1979), deren Einsichten sich aber auch auf die gesellschaftlichen Naturverhältnisse übertragen lassen (Görg 2003a; Lipietz 1993; Raza 2003; Brand et al. 2008). Die Regulation gesellschaftlicher Naturverhältnisse, also die herrschafts-
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förmige Bearbeitung der der kapitalistischen Produktionsweise inhärenten ökologischen Destruktivität, muss in enger Verbindung mit den makroökonomischen, institutionellen und in den Subjekten verankerten sozialen Reproduktionsmustern verstanden werden. Sie findet also über Institutionen, Normen, Wertvorstellungen, Subjektivierungsprozesse und normalisierte Praxen statt, die die strukturellen Widersprüche über einen bestimmten Zeitraum hinweg prozessierbar machen. Dabei werden die Wahrnehmung von und der Umgang mit Natur hegemonial hergestellt und damit notwendigerweise selektiv. Wenn die Regulation gesellschaftlicher Naturverhältnisse stattfindet, so lautet der zentrale, wissenschaftlich und politisch folgenreiche Gedanke, dann wird der destruktive Charakter des gesellschaftlichen Umgangs mit Natur nicht unbedingt zum politisch relevanten Problem. Er bleibt latent, gilt als beherrschbar und deshalb akzeptabel und/ oder bleibt auf marginalisierte gesellschaftliche Gruppen beschränkt. Vor allem werden seine Kosten zeitlich und räumlich externalisiert. Wenn mit dem regulationstheoretischen Begriff der Entwicklungsweise ein über einen bestimmten Zeitraum stabiles (nicht starres, sondern mitunter höchst dynamisches) institutionelles Set samt spezifischer Normen und Werte identifiziert werden kann, dann ist also danach zu fragen, welche gesellschaftlichen Naturverhältnisse sich darin als Teil vorgefundener Bedingungen und im Rahmen sozialer Auseinandersetzungen institutionalisieren – und in welchem Zusammenhang sie mit den grundlegenden dynamischen Faktoren der kapitalistischen Gesellschaft stehen. Die Krisenhaftigkeit gesellschaftlicher Naturverhältnisse ist eng verbunden mit umfassenderen gesellschaftlichen Krisenprozessen. Die Naturverhältnisse müssen also im engen Zusammenhang mit sozialen Machtverhältnissen, den in den gesellschaftlichen Strukturen verankerten Kräfteverhältnissen und Selbstverständlichkeiten sowie der grundlegenden Krisenhaftigkeit kapitalistischer Gesellschaften verstanden werden, ohne sie darauf zu reduzieren. „Ökologische Probleme“ bzw. ihre Wahrnehmung wie auch sozial-ökologische Forderungen und Strategien sind somit Teil sozialer Auseinandersetzungen; Umweltprobleme und die „ökologische Krise“ sind, ungeachtet ihres materiellen Kerns, sozial konstruiert und umkämpft. Gerade in Zeiten umfassender Hegemoniekrisen erfolgt eine Politisierung der gesellschaftlichen Naturverhältnisse. So nahmen die Krise des Fordismus und die ökologische Krise beide nicht zufällig ihren Ausgangspunkt in den 1970er Jahren. Übergreifende Wahrnehmungs- und Aneignungsformen der Natur – vor allem der Glaube an die Möglichkeit einer immer weiter zunehmenden Fähigkeit zur Naturbeherrschung als Folge des wissenschaftlich-technischen und als Voraussetzung des gesellschaftlichen Fortschritts – wurden durch die neuen sozialen Bewegungen und ihre Forderungen gegen fordistische Risikotechnologien, wie die Atomkraft, in Frage gestellt und von Intellektuellen und Medien in eine breitere Öffentlichkeit getragen. Die derzeitige Repolitisierung der ökologischen Krise ist im Kontext der Legitimations- und Funktionskrise neoliberaler Politik und den unterschiedlichen Versuchen, post-neoliberale Strategien und Projekte zu entwickeln, zu verstehen (Brand 2009).
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2.3 Zur Rolle des Staates Im Kontext der Analyse gesellschaftlicher Naturverhältnisse, ihrer temporären Stabilisierung und der immer wieder aufbrechenden Krisen auf lokaler, regionaler und globaler Ebene weist die Regulationstheorie drei Schwächen auf. Erstens beleuchtet sie die eigenständige Rolle von Wissen und dessen Bedeutung für gesellschaftliche Machtverhältnisse eher am Rande. Wissen – in seinen wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Formen – ist aber für die Aneignung von Natur wie auch für die Deutungen und Umgangsformen mit den krisenhaften Naturverhältnissen ganz entscheidend (Kütting und Lipschutz 2009). Zweitens und eng damit verbunden werden Subjektivierungsprozesse und Subjektformen in der institutionalistischen Perspektive der Regulationstheorie vernachlässigt. Das ist insofern ein Versäumnis, als die ökologische Krise auch eine Krise von Natur zerstörenden Konsummustern (hohem Fleischkonsum, Billigflügen oder motorisiertem Individualverkehr als vorherrschendem Mobilitätsmuster) ist.5 Hier kann an die Arbeiten von Timothy Luke zur green governmentality angeknüpft werden (1999; 2009), der mit Foucault die Subjektivierung und damit eine wichtige Dimension des hegemonialen Charakters zerstörerischer Naturverhältnisse untersucht. Auch feministische Perspektiven verweisen darauf, dass neben institutionellen Verfestigungen analysiert werden muss, wie sich Naturverhältnisse über Subjektivierungsprozesse herstellen und welche geschlechtsspezifischen Implikationen die dominanten oder gar hegemonialen Formen der Naturaneignung haben (Littig 2001; Vinz 2005; Salleh 2009). In der Soziologie und der ökologischen Ökonomie gibt es, in Anlehnung an die Gesellschaftstheorien von Anthony Giddens und Pierre Bourdieu, eine elaborierte Diskussion über nicht-nachhaltige Konsumpraktiken als Teil der Tatsache, dass Individuen TrägerInnen von tief verankerten und wenig bewussten routinisierten Praktiken sind, die wiederum mit Kompetenzen, Bedeutung und materiellen Artefakten verbunden sind (Reckwitz 2002; Shove et al. 2007; Überblick von Røpke 2009). Drittens, und dieser Aspekt wird genauer ausgeführt werden, hat die eher polit-ökonomische Regulationstheorie in ihrer ursprünglichen Variante ein unterkomplexes Verständnis des modernen Staates und des intergouvernementalen Systems. In der deutschsprachigen Debatte wurde seit Mitte der 1990er Jahre versucht, die Regulationstheorie materialistisch-staatstheoretisch zu fundieren bzw. zu erweitern (Esser et al. 1994; Hirsch 1995). Später wurde diese Erweiterung auch auf die Umweltpolitik und die ökologische Krise bezogen (Görg 2003a; Brand 2000). In der Tradition der historisch-materialistischen Staatstheorie wird der Staat nicht als neutrale Instanz und Problemlöser (etwa von ökologischen Problemen) bzw. Verwalter von gesellschaftlichen Allgemeininteressen (z. B. an einer intakten Umwelt) verstanden, sondern als grundlegender Bestandteil gesellschaftlicher Macht- und Herrschaftsverhältnisse, die er zuvorderst zu stabilisieren und zu legitimieren versucht. Der Staat kann in seiner materiellen Apparatur und diskursiven Rolle, seinen Funktionen und vielfältigen policies nicht verstanden werden, wenn er nicht auf sozio-ökonomische, kulturelle, aber auch sozial-ökologische Verhältnisse bezogen wird: auf Produktions- und Konsumnormen, gesellschaftliche Interessen, hegemoniale und marginale Wertorientierungen sowie Kräfteverhältnisse. Mit Antonio Gramsci ließe sich sagen, dass der Staat als Erzieher wirkt, der
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– dies ist im Hinblick auf die im dritten Abschnitt zu untersuchende imperiale Lebensweise wichtig – bestrebt ist, „bestimmte Gewohnheiten und Verhaltensweisen zum Verschwinden zu bringen und andere zu verbreiten“ (Gramsci 1996 [1932–1934], S. 1548; vgl. die neuere deutschsprachige staatstheoretische Debatte in Buckel und Fischer-Lescano 2007; Hirsch et al. 2008; Ludwig et al. 2009; Demirovic et al. 2010). Gleichzeitig gilt, dass über den Staat die vielfältigen gesellschaftlichen Naturverhältnisse institutionell abgesichert werden. So wird die kapitalistische Inwertsetzung genetischer Ressourcen zwar wesentlich durch die modernen Biotechnologien ermöglicht – deren Entwicklung führt sogar erst dazu, dass das Erbgut von Menschen, Pflanzen und Tieren überhaupt als „Ressource“ konstituiert wird. Die für die Unternehmen der Life Science-Industrie des Globalen Nordens unabdingbare Rechtssicherheit beim Zugriff auf die biologische Vielfalt des Globalen Südens muss jedoch staatlich durchgesetzt werden. Dies geschieht nicht zuletzt über internationale staatliche Institutionen, da sich vor dem Hintergrund globaler Unternehmensstrategien sowie der ökologischen Krise mit ihren nationalstaatliche Grenzen überschreitenden Konsequenzen auch die Konflikte um die Problembearbeitung und die institutionelle Absicherung gesellschaftlicher Interessen internationalisieren. Umweltpolitik findet dabei nicht nur auf den dafür geschaffenen institutionellen Terrains (z. B. den internationalen umweltpolitischen Regimen) statt („explizite Umweltpolitik“ in den Worten von Ken Conca 1993, S. 309). Wichtiger sind oft umweltpolitisch relevante andere Politikfelder wie die Handelspolitik („implizite Umweltpolitik“, ebd.), in deren Schatten explizite Umweltpolitik gestaltet und mit deren Restriktionen sie konfrontiert wird. Ob ein gesellschaftliches Naturverhältnis dominant oder gar hegemonial – also gesellschaftlich kaum hinterfragt – wird, hängt auch davon ab, ob staatliche Institutionen als Felder für die Austragung von Konflikten und die Aushandlung von Kompromissen in Bezug auf den Zugang zu natürlichen Ressourcen akzeptiert werden oder nicht. Dies ist gerade bei internationalen Institutionen keineswegs ausgemacht. Viel stärker als nationalstaatliche Institutionen, die – das gilt zumindest für die meisten Staaten des Globalen Nordens – auch von den Kämpfen der ArbeiterInnenbewegung und der neuen sozialen Bewegungen geprägt sind, sind viele internationale Institutionen ein Ergebnis der Machtpolitik dominanter Nationalstaaten und Kapitalfraktionen. Ihre Entstehungsgeschichte bedingt eine hohe strukturelle Selektivität und eine geringe relative Autonomie gegenüber dominanten Interessen. Als Konsequenz sind ihre Kapazitäten zur Aushandlung von Kompromissen und zur hegemonialen Verallgemeinerung von Partikularinteressen oft eher schwach (Wissel 2007; Wissen 2009). Anders ausgedrückt: Die internationalen Institutionen der neoliberal-imperialen Globalisierung sind sowohl ein Ergebnis stark asymmetrischer Kräfteverhältnisse als auch ein Medium, durch das diese Asymmetrie ihre Machtwirkungen entfaltet. Entsprechend geht es bei der Analyse des Staates und des internationalen politischen Systems nicht nur um die Formen und Inhalte effektiver und legitimer Steuerung, sondern um ihren Anteil bei der ungleich komplexeren Reproduktion sozialer Verhältnisse und damit auch der gesellschaftlichen Naturverhältnisse. Der (internationalisierte) Staat ist eher eine Bewegungs- als eine Lösungsform der ökologischen Krise (vgl. Brand et al. 2011). Als solcher ist er, wie im dritten Abschnitt gezeigt werden soll, jedoch selbst in eine Legitimations- und Funktionskrise geraten.6
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2.4 Zwischenresümee Es lässt sich festhalten, dass die regulations-, hegemonie- und staatstheoretische Fundierung des Konzepts gesellschaftlicher Naturverhältnisse es ermöglicht, die ökologische Krise, ihre Politisierung und ihre Bearbeitung in einem umfassenden Sinn zu begreifen. Den sogenannten Umweltproblemen liegen im lokalen und globalen Maßstab in erster Linie soziale Ausbeutungsprozesse, bestimmte Eigentumsverhältnisse, Macht- und Klassenstrukturen sowie Subjektivierungsprozesse zugrunde. Sie bestimmen zu einem großen Teil die vorherrschende Wahrnehmung und Deutung materiell-stofflicher Transformationen und ihrer Implikationen für die innere und äußere Natur des Menschen. Ökologische Probleme und Krisen werden damit als Bestandteil sozialer Interessen und Auseinandersetzungen begreifbar. Über die dauerhafte Thematisierung als Krise durch soziale AkteurInnen wird eine solche überhaupt erst manifest. Die ökologische Krise hat also neben „materialen“ Gehalten immer auch eine symbolische Seite (etwa dergestalt, dass sie heute als Gattungs- und Überlebenskrise symbolisiert wird und nicht als eine Krise weltweit ungleicher Naturaneignung). Schließlich beinhalten gesellschaftliche Restrukturierungsprozesse auch eine Transformation gesellschaftlicher Naturverhältnisse, was allerdings nicht mit der „Überwindung“ oder gar Lösung von Umweltproblemen oder der ökologischen Krise gleichzusetzen ist. Die komplexen sozialen Auseinandersetzungen um die Transformation gesellschaftlicher Naturverhältnisse müssen im Kontext der Veränderungen anderer institutioneller Formen erfasst werden. Sie sind nicht notwendigerweise umweltpolitisch motiviert, sondern können z. B. auch aus der konkurrenz- und verwertungsbedingten Restrukturierung weltweiter Produktions-, Distributions- und Konsumsysteme resultieren. Dazu kommt, dass sich verschiedene AkteurInnen mit ihren Interessen sehr unterschiedlich auf die „ökologische Krise“ beziehen, sie verschieden interpretieren und dementsprechend differente Vorschläge zu ihrer Bearbeitung machen, die sie staatlich-politisch zu verankern versuchen. Die Restrukturierung gesellschaftlicher Naturverhältnisse, sowohl ihrer materiellen wie auch ihrer symbolischen Dimension, kann also nur unter Berücksichtigung allgemeiner struktureller Veränderungen, verschiedener Bezüge und Interessen sozialer AkteurInnen und spezifischer staatlicher Institutionalisierungen angemessen begriffen werden.
3 Die Krise der Regulation gesellschaftlicher Naturverhältnisse 3.1 Die Krise des „Rio-Modells“ internationaler Umweltpolitik Im Zuge der Krise des Fordismus und im Anschluss an die UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED) 1992 in Rio de Janeiro hatte sich ein Modell der Regulation der gesellschaftlichen Naturverhältnisse herausgebildet, das die Folgewirkungen fordistischer Naturbeherrschung vor allem mit marktförmigen Instrumenten und mit einer ökologischen Modernisierung in den Griff zu bekommen versuchte.7 Der Klimawandel – so sieht es das 1997 abgeschlossene Kyoto-Protokoll der fünf Jahre zuvor bei der UNCED unterzeichneten und im Februar 1994 in Kraft getretenen Klimarahmenkon-
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vention (UNFCCC) vor – sollte unter anderem durch die Vergabe handelbarer Verschmutzungsrechte aufgehalten werden, die aufgrund ihrer Begrenztheit eine „Effizienzrevolution“ beim Einsatz natürlicher Ressourcen induzieren würden (Brunnengräber et al. 2008; Brunnengräber 2009). Die Konvention über die biologische Vielfalt (CBD) – ebenfalls ein Ergebnis der UNCED und ab Dezember 1993 bestehendes Völkerrecht – erhob die kommerzielle Nutzung pflanzen- und tiergenetischer Ressourcen zum wichtigsten Instrument ihres Schutzes. Zu regeln waren (und sind) die Bedingungen des Zugangs sowie der Ausgleich der Vorteile, die sich aus der Kommerzialisierung der biologischen Vielfalt ergeben. Von Beginn an war das „Rio-Modell“ heftiger Kritik ausgesetzt. Die USA – lange Zeit (und gemessen an den Pro-Kopf-Emissionen noch immer) der größte Emittent von CO2 – haben weder das Kyoto-Protokoll noch die CBD ratifiziert. Vor allem die im Kyoto-Protokoll für die Staaten des globalen Nordens vorgesehene fünfprozentige Reduktion von Treibhausgasen in der Periode 2008–2012 (verglichen mit 1990) wurde von ihnen als Nachteil im Wettbewerb mit den aufstrebenden Schwellenländern betrachtet. Demgegenüber erscheint die Europäische Union als wichtige Stütze des RioModells: Sie hat sowohl das Kyoto-Protokoll als auch die CBD ratifiziert, darüber hinaus hat sie sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 die Energieeffizienz um 20 Prozent zu steigern, die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 20 Prozent zu reduzieren und den Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieeinsatz auf 20 Prozent zu steigern (so genannte 20-20-20-Strategie) (Pollak et al. 2010, S. 129 ff.; Pye 2009, S. 442 ff.). Aus einer sozial-ökologischen Perspektive entscheidend ist jedoch, inwieweit diese Politik tatsächlich dazu beiträgt, den Ressourcenaufwand der EU zu reduzieren.8 Genau hieran sind aber Zweifel angebracht. So hat das Wuppertal Institut für Umwelt, Klima, Energie errechnet, dass der Ressourcenaufwand der EU seit Mitte der 1980er Jahre auf hohem Niveau, nämlich bei 50 Tonnen pro Kopf und Jahr, stagniert. Aufgrund des wirtschaftlichen Strukturwandels seien die Ressourcenentnahmen in Europa selbst zwar zurückgegangen, allerdings habe sich der Importanteil des Ressourcenaufwands von 15 auf 20 Tonnen erhöht, wobei ein Großteil der Importe aus Entwicklungsländern stammt. Außerdem sei der ökologische Rucksack der Importe gewachsen.9 Er betrage heute im Durchschnitt das fünffache Gewicht des importierten Gutes. Diese Zahlen besagen nichts anderes, als dass die EU ihre Umweltbelastungen in Form von Ressourcenextraktion und CO2-Emissionen zu einem großen Teil in den globalen Süden externalisiert (Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie 2006, S. 69). Hier zeigt sich ein Problem von Umweltpolitik im Kontext des Rio-Modells: In den Rio-Institutionen ist die Gefahr einer Verschärfung von Verteilungsproblemen angelegt, weil marktförmige Instrumente solche AkteurInnen begünstigen, die über ökonomische Ressourcen und Kaufkraft verfügen. Die Projekte, die im Rahmen des Clean Development Mechanism des Kyoto-Protokolls durchgeführt werden10, zeitigen häufig negative soziale und ökologische Konsequenzen, die ihren – höchst ungewissen – Beitrag zur Reduktion oder Vermeidung von Treibhausgasemissionen überlagern (Lohmann 2006; Dietz und Brunnengräber 2008; Witt und Moritz 2008). Dadurch entstehen Akzeptanzprobleme; die Kapazitäten des Rio-Modells, die ökologische Krise gleichzeitig hegemonial und materiell wirksam zu bearbeiten, werden untergraben.
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Die bisherigen Ergebnisse des Rio-Modells der Regulation der ökologischen Krise sind ernüchternd. Die Erosion der biologischen Vielfalt schreitet auch 17 Jahre nach Inkrafttreten der CBD voran (auch wenn eine erhebliche wissenschaftliche Unsicherheit nicht nur über das genaue Ausmaß des Biodiversitätsverlusts, sondern auch über die Zahl der auf der Erde vorhandenen Tierarten und Pflanzensorten besteht; Görg 2007). Und die Dramatik des Klimawandels wurde in jüngerer Zeit durch den vierten Sachstandsbericht des IPCC (2007) ebenso wie durch den Stern-Report (Stern 2006) unterstrichen. Was seine Problemlösungsfähigkeit anbelangt, scheint das Rio-Modell also in einer Krise zu stecken. Dazu kommt eine institutionelle Krise,11 die sich etwa an der Schwierigkeit zeigt, ein Nachfolgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll zu schließen. Das Scheitern der 15. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention im Dezember 2009 in Kopenhagen ist der bislang deutlichste Beleg hierfür. Im Gegensatz zur ersten Phase nach Rio 1992 werden seit einigen Jahren die Implementierungsprobleme effektiver Umweltpolitik nun auch offiziell eingestanden (vgl. MA 2005). Dazu kommt, dass angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise sozial-ökologische Dimensionen auf der politischen und öffentlichen Agenda wieder an hintere Plätze zu rutschen drohen. Doch die Ursachen der Krise des „Rio-Modells“ – Park et al. (2008) sprechen gar vom „death of Rio environmentalism“ – liegen jenseits aktueller Konjunkturen. Warum die umweltpolitischen Regelwerke trotz der wissenschaftlichen Befunde zum anthropogenen Charakter der ökologischen Krise, des sich ausbreitenden Krisenbewusstseins und der zunehmenden diskursiven und institutionellen Repräsentation ökologischer Fragen in der staatlichen Politik offensichtlich nicht oder nicht im nötigen Umfang greifen, soll im Folgenden mit den im zweiten Abschnitt eingeführten Ansätzen untersucht werden.
3.2 Imperiale Lebensweise und strukturelle Überforderung internationaler Umweltpolitik Wie bereits dargestellt ist die kapitalistische Produktionsweise expansiv und auf die Steigerung von Mehrwert, Produktion und Konsum angelegt. Dies geht einher mit der tendenziellen Ausbreitung des kapitalistischen (Welt-)Marktes und der weltweiten Durchkapitalisierung aller Lebensbereiche. Wissenschaft und Technik spielen dabei eine wichtige Rolle, und die Erhöhung der Produktivität konstituiert eine zentrale Dynamik. In der Regulationstheorie wird zwischen intensiver und extensiver Akkumulation unterschieden (Aglietta 1979; Becker 2002). Die intensive Akkumulation, die in der historischen Phase des Fordismus prägend war, implizierte eine Organisierung bzw. Intensivierung des Arbeitsprozesses, die hohe Produktivitätssteigerungen ermöglichte. Der „zu verteilende Kuchen“ wuchs, und die Beteiligung der Lohnabhängigen am steigenden Wohlstand wurde insbesondere in Westeuropa und Nordamerika über institutionalisierte Klassenkompromisse und sozialstaatliche Politiken abgesichert. Aus einer hegemonietheoretischen Perspektive ist es wichtig zu betonen, dass die intensive Akkumulation und der mit ihr verbundene Umbau der Lebensweise der Lohnabhängigen – basierend auf preiswerten standardisierten Massenkonsumgütern (Lebensmitteln aus Supermärkten, Autos oder Haushaltsgeräten) – einen hohen gesellschaftlichen Konsens schu-
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fen. Dies war und ist die Grundlage der globalen Attraktivität des „westlichen Lebensstils“, dessen Kehrseite die Verfestigung patriarchaler Geschlechterverhältnisse und ausbeuterischer, auf einem hohen Verbrauch von (fossilen) Ressourcen beruhender Naturverhältnisse war. In jüngerer Zeit – beginnend mit der Krise des Fordismus in den 1970er Jahren und beschleunigt durch die Globalisierungsprozesse, wie sie sich vor allem nach 1989/90 entfalteten – lässt sich eine Entwicklung hin zu einem extensiveren Akkumulationsregime beobachten (vgl. Sablowski 2009, 120 ff.), das im Unterschied zur intensiven Akkumulation weniger auf Produktivitätssteigerungen als auf dem Vordringen der Lohnarbeit in neue gesellschaftliche und geographische Räume (aktuell insbesondere in den Schwellenländern) sowie auf der Verlängerung der Arbeitszeit beruht. Die Extensivierung der Akkumulation hat allerdings nicht zu einem Bruch mit der fossilistisch-fordistischen Produktions- und Lebensweise geführt. Im Gegenteil breitet sich diese in Teilen des globalen Südens gerade aus. In den sich industrialisierenden Schwellenländern übernehmen die größer werdenden Mittel- und Oberklassen den ressourcenintensiven Lebensstil der entsprechenden Klassen des globalen Nordens. Zusammen mit diesen bilden sie eine „transnationale Verbraucherklasse“, die dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie (2006, S. 82 ff.) zufolge bereits im Jahr 2000 1,7 Milliarden Menschen, mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung, umfasste. Etwas mehr als die Hälfte dieser „Klasse“ ist im globalen Norden beheimatet, aber allein auf China und Indien entfällt ein Anteil von 20 Prozent, der seit 2000 noch gestiegen sein dürfte. Auch wenn die Schwellenländer von krassen sozialen Ungleichheiten geprägt sind und auch wenn sich die Konsumgewohnheiten, etwa der chinesischen und der US-amerikanischen Mittelklasse, noch immer erheblich voneinander unterscheiden, ist diese Entwicklung aus einer ökologischen Perspektive hoch problematisch. Die Lebensweise des globalen Nordens beinhaltet einen prinzipiell unbegrenzten Zugriff auf Ressourcen, Raum, Arbeitsvermögen und Senken. Sie setzt deshalb voraus, dass nicht alle Menschen in gleichem Maß hierauf zugreifen. Anderenfalls wären viele Ressourcen in kurzer Zeit verbraucht, und zwar auf eine Weise, die die Kapazität der Ökosysteme zur Absorption von Emissionen übersteigen würde. Ein exklusiver, durch Verträge oder offene Gewalt abgesicherter Zugang zu Ressourcen sowie eine Externalisierung der sozial-ökologischen Kosten, die bei ihrer Nutzung anfallen, ist die conditio sine qua non der Lebensweise des globalen Nordens. Wir haben diese an anderer Stelle deshalb als „imperial“ bezeichnet (Brand und Wissen 2011). Dass Teile des globalen Südens sich die Lebensweise des globalen Nordens nun selbst zu eigen machen, bedeutet folglich nichts anderes, als dass sich Produktions- und Konsummuster verallgemeinern, die aus sozial-ökologischen Gründen nicht verallgemeinerbar sind. Aus einer umweltpolitischen Perspektive zeitigt diese Entwicklung eine paradoxe Wirkung: Einerseits werden internationale umweltpolitische Regelwerke wie die Klimarahmenkonvention aufgewertet, denn in den Verhandlungen über Emissionsreduktionen – und damit über „Verschmutzungsrechte“ – geht es auch um die Frage, wer unter welchen Bedingungen auf einem ressourcenintensiven Entwicklungspfad fortschreiten darf bzw. diesen verlassen muss. Auf umweltpolitischem Terrain stehen also zentrale Probleme sozioökonomischer Entwicklung zur Debatte. Sie werden unter ökologischen Vorzeichen und im Kontext eines an Wirkungsmacht gewinnenden Klimadiskurses ver-
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handelt. Andererseits liegt hierin auch der Grund für die Krise des Rio-Modells. Denn die fossilistischen Produktions- und Konsummuster, die in der internationalen Umweltpolitik zumindest implizit zur Disposition stehen, sind tief in den gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen, im Alltagsverstand und in den Alltagspraktiken der Menschen des globalen Nordens und zunehmend auch des globalen Südens sowie in der übergreifenden Orientierung an Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit verankert. Sie sind eingelassen in die staatlichen Apparate und prägen die Wahrnehmungs- und Handlungsmuster von Staatspersonal und PolitikerInnen. Indem Letztere um die Höhe von Emissionsreduktionen feilschen und stolz nach Hause kommen, wenn sie für „ihr“ Land möglichst geringe Reduktionsverpflichtungen ausgehandelt haben,12 indem sie mit Abwrackprämien die Nachfrage nach Autos anzukurbeln versuchen, indem sie die industrielle Landwirtschaft subventionieren oder Kohlekraftwerke und Gaspipelines bauen, verteidigen sie die der imperialen Lebensweise zugrunde liegenden Produktions- und Konsummuster. Die Krise der Regulation der gesellschaftlichen Naturverhältnisse ist also eine Krise der Lebensweise des globalen Nordens, die trotz ihrer Nichtverallgemeinerbarkeit im Begriff ist, sich global auszubreiten. Umweltpolitik wird dadurch gleichzeitig aufgewertet und strukturell überfordert.
3.3 Entwicklungstendenzen Die Krise der ökologischen Problembearbeitung lässt die Widersprüche kapitalistischer Naturverhältnisse offenkundiger werden. Dies zeigt sich zum einen an der zunehmenden Konkurrenz um natürliche Ressourcen, vor allem um die zur Neige gehenden globalen Ölreserven (Altvater 2005), aber auch um landwirtschaftlich – das heißt vor allem für die Produktion von Lebensmitteln und Agrartreibstoffen – nutzbare Flächen (GRAIN 2008; Hoering 2009). Zum anderen nimmt die Konkurrenz um die CO2-Senken zu: Je dynamischer sich die Schwellenländer entwickeln, desto stärker pochen sie darauf, ihre „Verschmutzungsrechte“ in Anspruch zu nehmen und desto weniger sind sie bereit, auf eine proportionale Nutzung der globalen Senken zu verzichten (Wissen 2010). Unseres Erachtens zeichnen sich in der Krise des Rio-Modells drei neue, miteinander konkurrierende Formen der Regulation der ökologischen Krise ab. Die erste Form lässt sich als new enclosures bezeichnen. Sie beinhaltet den Versuch, die Dominanz des globalen Nordens gegenüber den aufstrebenden Ökonomien des Globalen Südens abzusichern. In dem Maße, wie umweltpolitische Terrains durch Geopolitik und -ökonomie blockiert oder zumindest beeinträchtigt werden, wird Umweltpolitik eben auf geopolitischem und -ökonomischem Terrain betrieben. Es findet mithin eine partielle Bedeutungsverschiebung von der expliziten zur impliziten Umweltpolitik statt. Zwei Konfliktkonstellationen treten hier auf. Die eine betrifft die Inwertsetzung der biologischen Vielfalt als eines zentralen Rohstoffs des „postfordistischen Kapitalismus“. Hier wurde mit dem TRIPs-Abkommen ein rigides Regime geistiger Eigentumsrechte geschaffen, das den Zugang zu den genetischen Ressourcen des Globalen Südens im Interesse der Life Science- und Agrobusiness-Unternehmen des Globalen Nordens zu gestalten versucht (Brand et al. 2008; Madsen et al. 2010; Kumar und Muradian 2009; May und Sell 2006). Die zweite Konfliktkonstellation sind die Kriege, die seit einigen Jahren in Vorder- und
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Mittelasien geführt werden (Afghanistan, Irak, Georgien). Sie lassen sich – nicht nur, aber auch – als Konflikte darum interpretieren, wer künftig die Bedingungen der Verteilung strategischer fossiler Rohstoffe (Öl, Gas) kontrollieren wird (vgl. Altvater 2005). Angesichts des Spannungsverhältnisses zwischen einem global zunehmenden Bedarf an diesen Rohstoffen und ihrer absehbaren Erschöpfung wird die Kontrolle der Verteilungsbedingungen zum entscheidenden Mittel, nicht-verallgemeinerbare Produktionsund Konsummuster exklusiv auf Dauer zu stellen. Allerdings funktioniert die Strategie der new enclosures nur sehr bedingt: Die Kriegsregionen lassen sich kaum befrieden; und Institutionen wie das TRIPS-Abkommen oder die WTO generell sind hoch umkämpft. Sie werden gerade von aufstrebenden Schwellenländern wie Indien und Brasilien seit einigen Jahren erfolgreich politisiert und in ihrer Umsetzung teilweise blockiert (Brand et al. 2008, Kap. 4). Vor diesem Hintergrund gewinnt die zweite Form der Krisenbearbeitung an Bedeutung. Diese besteht darin, dass entlang der Themen Klima und Energie die Kräfteverhältnisse zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden neu justiert werden. Eine zentrale Dimension dieser Entwicklung ist das „Agrofuels-Projekt“ (McMichael 2008), also das in jüngerer Zeit forcierte Bemühen, fossile Brennstoffe durch Agrartreibstoffe teilweise zu ersetzen und dadurch die Dauer ihrer Verfügbarkeit zu verlängern. Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 zehn Prozent des Treibstoffbedarfs aus Agrartreibstoffen zu decken. Dies ist nur möglich, wenn die Importe aus dem globalen Süden drastisch erhöht werden. Auch der Bedarf der USA übersteigt die heimischen Produktionskapazitäten deutlich. Aufgrund des Technologievorsprungs, den Länder wie Brasilien auf diesem Feld besitzen, und aufgrund der Tatsache, dass südliche Unternehmen keineswegs nur die Rohstoffe liefern, sondern zum Teil die komplette Wertschöpfungskette kontrollieren (GRAIN 2007), handelt es sich beim Agrofuels-Projekt keineswegs um eine Neuauflage klassischer Formen der Arbeitsteilung zwischen Nord und Süd. Vielmehr deutet sich ein Neuarrangement der Kräfteverhältnisse zwischen dem Globalen Norden und Teilen des Globalen Südens an, das wesentlich über die Krise der gesellschaftlichen Naturverhältnisse und der bislang vorherrschenden Formen der Regulation letzterer vermittelt ist. Sozial und ökologisch ist das Agrofuels-Projekt gleichwohl hoch problematisch. Es trägt zum Anstieg der Nahrungsmittelpreise bei, führt zu gewaltsamen Landvertreibungen und beschleunigt den Biodiversitätsverlust (McMichael 2008; Pye 2009).13 Die beiden bislang skizzierten Formen der Krisenbearbeitung sind hochgradig selektiv. Denn sie lassen den Problemkern – die ressourcenintensiven Produktions- und Konsummuster des Globalen Nordens und der aufstrebenden Ökonomien des Globalen Südens – unangetastet. In der ersten Strategie sollen diese Muster exklusiv, d. h. unter Festigung der Dominanz des Globalen Nordens, in der zweiten Strategie eher inklusiv, unter Einbindung neuer ökonomischer und geopolitischer AkteurInnen, auf Dauer gestellt werden. Beide Strategien zeitigen zudem sozial und ökologisch desaströse Folgen. An dieser Stelle gewinnt eine Entwicklung an Bedeutung, die die Widersprüche des Rio-Modells ebenso politisiert, wie sie sich gegen die dominanten neuen Strategien der Problembearbeitung richtet. Wir bezeichnen sie als Demokratisierung der gesellschaftlichen Naturverhältnisse. Dies ist ein Sammelbegriff für eine Reihe von Entwicklungen seit den späten 1990er Jahren. Beispielhaft dafür sind die Kämpfe für die Stärkung klein-
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bäuerlicher und indigener Rechte sowohl im Globalen Süden als auch im Globalen Norden, der Widerstand gegen die Privatisierung der Wasserversorgung, die Kritik an der Patentierung von lebender Materie oder der Einsatz für nachhaltige und kollektive Formen von Mobilität. Die Gemeinsamkeit dieser vielfältigen Initiativen besteht darin, dass die ökologische Krise in ihren vorherrschenden abstrakten Wahrnehmungsformen (etwa Klimawandel und Biodiversitätsverlust als „Menschheitsfragen“) nicht den Ausgangspunkt bzw. die Antriebsfeder darstellt. Thematisiert werden vielmehr der konkrete soziale Gehalt der ökologischen Krise, die Herrschaftsverhältnisse, die sich in diese Krise und die dominanten Formen ihrer Bearbeitung einschreiben. Ökologie wird mithin als soziale Frage politisiert. Die „Lösung“ der ökologischen Krise wird damit zu einer Frage der demokratischen Kontrolle über Energie, genetische Ressourcen, Saatgut oder Wasser, mit anderen Worten: der Demokratisierung der gesellschaftlichen Naturverhältnisse. Sichtbarster Ausdruck dieser vielfältigen Strategien ist das Weltsozialforum und die sich dort treffenden sozialen Bewegungen und NGOs; wichtige Begriffe sind neben dem der Demokratie und der solidarischen Ökonomie jene der globalen wie lokalen „Gemeinschaftsgüter“ (commons) und der „Wiederaneignung“ der natürlichen Lebensgrundlagen wie Land, Wasser, biologische Vielfalt oder des Wissens im Umgang mit Natur (Helfrich und Heinrich-Böll-Stiftung 2009; Altvater und Sekler 2007; Abramsky 2010). Die Dynamik, die diese Ansätze und Initiativen in den späten 1990er Jahren und dann vor allem zu Beginn des 21. Jahrhunderts entwickelt haben, ist in den vergangenen Jahren zweifelsohne abgeflaut. Andererseits haben sich mit dem Verständnis von Klimawandel als Verteilungsfrage, das die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und Betroffenheiten in den Blick nimmt und seinen organisatorischen Ausdruck in globalen Initiativen für Klimagerechtigkeit findet, sowie mit progressiven Regierungen im globalen Süden wie jener von Evo Morales in Bolivien neue demokratiepolitische Ansätze herausgebildet. Nicht zuletzt an sozial-ökologischen Fragen können sich also durchaus wichtige emanzipatorische Kämpfe entzünden. Der Verfassungsprozess in Bolivien verweist dabei auf einen Aspekt, den die globalen sozialen Bewegungen in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts in ihrer bewussten Distanz zu staatlicher Politik vernachlässigt haben: die Frage der Institutionalisierung und Verrechtlichung, deren Beantwortung für eine dauerhafte Demokratisierung der gesellschaftlichen Naturverhältnisse zentral sein wird. Mit Alex Demirovic gesprochen geht es darum, „wann und wie im Prozess der Demokratisierung Punkte der Unumkehrbarkeit geschaffen werden, wie wir sie heute bereits für die Grundrechte kennen: Demokratische Beteiligung und schonende Reformen müssen sich einem Punkt nähern, von dem aus eine Transformation der Verhältnisse freigesetzt wird, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann“ (Demirovic 2005, S. 10).
4 Fazit und Ausblick Ziel dieses Beitrags war es, einen theoretischen Ansatz zu skizzieren, der es ermöglicht, Transformationen in den gesellschaftlichen Naturverhältnissen zu beschreiben und zu erfassen sowie die Diskrepanz zwischen dem Wissen über die ökologische Krise und den unzureichenden Maßnahmen ihrer politischen Bearbeitung zu erklären. Wir haben
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uns vor allem auf das Konzept der gesellschaftlichen Naturverhältnisse und eine staatstheoretisch erweiterte Regulationstheorie gestützt. Dabei haben wir gezeigt, dass zwischen sozialer Herrschaft und der Gestaltung der gesellschaftlichen Naturverhältnisse ein enger Zusammenhang besteht. Ferner haben wir argumentiert, dass die bürgerlichkapitalistischen Naturverhältnisse von einer immanenten Widersprüchlichkeit geprägt sind, die zwar zeitlich und räumlich begrenzt stabilisiert werden kann (als fordistische oder postfordistische Naturverhältnisse), sich jedoch immer wieder in Krisen Bahn bricht. Die aktuelle Krise der Regulation gesellschaftlicher Naturverhältnisse ist zuvorderst eine Krise der Verallgemeinerung der aus einer sozial-ökologischen Perspektive nichtverallgemeinerbaren Produktions- und Konsummuster des globalen Nordens. Sie manifestiert sich in einer Funktions- und Legitimationskrise postfordistischer Formen der Problembearbeitung, wie sie sich vor allem im Zuge der Rio-Konferenz über Umwelt und Entwicklung herausgebildet haben. Einerseits leistet sie der Herausbildung von neuen, teilweise hoch exklusiven und selektiven Formen der Problembearbeitung Vorschub. Andererseits eröffnet sie aber auch neue Möglichkeiten einer demokratischeren Gestaltung der gesellschaftlichen Naturverhältnisse. Dies konnte hier nur kurz und auf einer noch schwachen empirischen Basis dargestellt werden. Eine wichtige Herausforderung besteht deshalb darin, die latenten und manifesten Konflikte um die kapitalistische Regulation bzw. die demokratische Gestaltung der gesellschaftlichen Naturverhältnisse genauer zu erforschen. Vor allem kommt es u. E. darauf an, die Analyse tief sedimentierter und normalisierter Konsum- und Produktionsmuster mit einer Untersuchung der Interessen, Strategien und Formen von (internationaler) Politik zu verbinden.
Anmerkungen 1 Wir danken den beiden anonymen GutachterInnen der ÖZS sowie den TeilnehmerInnen eines interdisziplinären Workshops zu sozial-ökologischen Fragen im Februar 2011 am Institut für Soziale Ökologie, Wien, für ihre wertvollen Hinweise und Kommentare. 2 Wir gehen in Abschnitt 2.3. näher auf die Unterscheidung zwischen expliziter und impliziter Umweltpolitik ein. 3 Der Ansatz der gesellschaftlichen Naturverhältnisse impliziert, naturwissenschaftliche Beschreibungen zwar nicht zurückzuweisen, wohl aber ihren exklusiven Interpretationsanspruch zu hinterfragen. Wissenschaftlich bedeutet das, die Ökologie nicht zur Leitwissenschaft der sozial-ökologischen Krise und ihrer Bearbeitung zu machen und die Welt daher nicht nur mit Begriffen wie Stoffkreisläufe, Energie und Entropie zu beschreiben. 4 Wie diese Verwertungskrisen entstehen, ist historisch kontingent. Es können Überakkumulationskrisen sein, wenn das Kapital keine ausreichenden produktiven Verwertungsmöglichkeiten findet und als fiktives oder zinstragendes Kapital (etwa in Form von Aktien oder Immobilienkrediten und daraus abgeleiteten Finanzgeschäften) Finanzblasen entwickelt, die dann platzen, wenn der Glaube an die Einlösung der Rückzahlungsansprüche verloren geht. Es kann sich aber auch z. B. um eine „Unterproduktion von Natur“ (O’Connor 1988) handeln. Das ist dann der Fall, wenn die Kosten für die Bereitstellung oder Reparatur der natürlichen Grundlagen des kapitalistischen Produktions- und Konsumprozesses so ansteigen, dass sie die Rentabilität der Kapitalverwertung beeinträchtigen.
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5 Die Stärke der Regulationstheorie ist zweifellos, dass sie im Unterschied zu anderen historisch-materialistischen Ansätzen überhaupt einen Begriff von Konsumnormen entwickelt. Doch das wird nur in wenigen Arbeiten systematisch mit sozial-ökologischen Dimensionen verbunden. 6 Es ist u. E. wichtig, hier zwischen inter- und supranationalen Formen von Staatlichkeit zu unterscheiden. Beide haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen, da wesentliche Staatsfunktionen auf sie übertragen wurden. Der Unterschied zwischen ihnen besteht jedoch darin, dass internationale Formen von Staatlichkeit in erster Linie durch höchst asymmetrische intergouvernementale Beziehungen geprägt sind, die ihre im Vergleich zum Nationalstaat stärker ausgeprägte strukturelle Selektivität ebenso begründen wie ihre institutionelle Instabilität. Im Fall supranationaler Staatlichkeit wie der Europäischen Union werden die intergouvernementalen Elemente ergänzt bzw. überlagert durch supranationale Elemente, die eine höhere Autonomie gegenüber Verschiebungen in den zwischenstaatlichen und gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen aufweisen. Zudem haben supranationale Staatsapparate im Unterschied zu internationalen einen eindeutigen territorialen Bezug, weshalb verschiedene supranationale Einheiten zueinander in Konkurrenz stehen. Das verbindet sie mit Nationalstaaten und erlaubt es, sie als reskalierte Form territorialer Staatlichkeit zu begreifen, was bei internationalen Staatsapparaten nicht möglich ist (ausführlich hierzu Wissen 2011, Kap. 4). 7 Mit dem Verweis auf die Rio-Konferenz behaupten wir nicht, dass Umweltpolitik ausschließlich international und „von oben“ betrieben wird. Der Rio-Prozess ist eine Art institutionelles und diskursives Dispositiv vielfältiger Umweltpolitiken, die sich auf allen räumlichen Ebenen herausbilden. 8 Als Ressourcenaufwand werden „die primären Stoffentnahmen aus der Natur (ohne Wasser und Luft)“ bezeichnet, „die von einer Volkswirtschaft innerhalb eines Jahres beansprucht werden“ (Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie 2006, S. 69). 9 Als ökologischer Rucksack wird der Gesamtumfang der Ressourcen bezeichnet (und in Gewichtsgrößen gemessen), der in ein Produkt eingegangen ist. Der ökologische Rucksack wird größer, wenn die Gewinnung des für die Herstellung eines Produkts nötigen Ressourcen aufwändiger wird, weil z. B. mehr Bergbauabfälle anfallen oder mehr Energie eingesetzt werden muss (Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie 2006, S. 68 f.) 10 Der Clean Development Mechanism ermöglicht es Unternehmen aus dem Globalen Norden, die zur Reduktion ihrer CO2-Emissionen verpflichtet sind, dieser Verpflichtung teilweise durch die Finanzierung nachhaltiger Entwicklungsprojekte in Ländern des Globalen Südens nachzukommen. 11 Zur Unterscheidung zwischen institutioneller und Problemlösungseffektivität internationaler umweltpolitischer Regelwerke siehe Kütting (2000). 12 Siehe hierzu etwa das Interview mit dem ehemaligen österreichischen Umweltminister Martin Bartenstein im „Standard“ vom 25. 11. 2009. Darin sagt dieser: „Nun, die EU als ganzes hat sich im Rahmen der Kioto-Verhandlungen auf ein achtprozentiges Reduktionsziel verpflichtet. Als es damals darum ging, diese Verpflichtung im Rahmen des EU-Burden-Sharing aufzuteilen, bin ich nach Brüssel gefahren. Im Marschgepäck hatte ich noch ambitioniertere Verpflichtungen, auf die sich Parlament und Regierung festgelegt hatten, nämlich 20 bis 25 Prozent! Das hat man in Brüssel natürlich gewusst, und ich hatte alle Hände voll zu tun, dass wir mit nur minus 13 Prozent aussteigen.“ 13 Ein guter Überblick über die Agrartreibstoffthematik und den einschlägigen Stand der Forschung in den Sozialwissenschaften findet sich im Journal of Peasant Studies 37: 4 aus dem Jahr 2010.
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Ulrich Brand · Markus Wissen
Dr. Ulrich Brand lehrt und forscht im Bereich Internationale Politik am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien. Schwerpunkte Globalisierung und ihre politische Steuerung, Transformation des Staates, internationale Umwelt- und Ressourcenpolitik, die Rolle von Nichtregierungsorganisationen und sozialen Bewegungen im Globalisierungsprozess. Ab Jänner 2011 (sachverständiges) Mitglied der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zu „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“. Neuere Publikationen: Sustainable development and ecological modernization – the limits to a hegemonic policy knowledge. In: Innovation. The European Journal of Social Science Research 23(2010); Mitherausgeber der Special Issue von Antipode. A Radical Journal of Geography zum Thema „Internationalisation of the State“ 43(1) (2011); Post-Neoliberalismus? Aktuelle Konflikte, gegen-hegemoniale Strategien (VSA, Hamburg 2011). Dr. Markus Wissen lehrt und forscht im Bereich Internationale Politik am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien. Arbeitsschwerpunkte: Internationale Politische Ökologie, Raumund Staatstheorie. Neuere Publikationen: Gesellschaftliche Naturverhältnisse in der Internationalisierung des Staates. Konflikte um die Räumlichkeit staatlicher Politik und die Kontrolle natürlicher Ressourcen (Westfälisches Dampfboot, Münster 2011); Contested Terrains. Politics of scale, the national state and struggles for the control over nature. In: Review of International Political Economy 16(5) (2009); Mitherausgeber der Special Issue von Antipode. A Radical Journal of Geography zum Thema „Internationalisation of the State“ 43(1) (2011).