RUTENBURG. Die Ver~tnderung des GehSrapparats bei CO-Vergiftung.
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S. 155) betont C a e s a r H i r s c h , der die 5rtliche Bet~iubung in unserem Fach wohl am grtindlichsten bearbeitet hat, dab die Lokalan/isthesie nicht ganz gefahrl0s ist, eine Anzahl Todesf/tlle bei der Tonsillektomie in Lokalanfisthesie bekannt geworden seien. C. F. S n a p p hat vor kurzem einen Fall mitgeteilt: ,,Ein 26j~hriger Assistenzarzt soll tonsillektomiert werden. Er wurde mit acht mal 2,5 ccm einer ~ o i g e n NovokainlSsung, der 6 Tropfen l~ Suprarenin zugesetzt war, injiziert. Unmittelbar nach der Einspritzung bekam der Patient Kr~impfe, 1Jbelkeit, Erbrechen, Zyanose und Exitus. Auch ich selbst habe vor 3 Jahren bei einer 24 j~ihrigen Patientin, die wegen Endokarditis tonsillektomiert werden sollte, einen fatalen Ausgang unter ~ihnlichen Erscheinungen gesehen." Ich erfuhr yon einem Todesfall nach Psicain. Ich nehme wie C: H i r s c h an, dab eine viel grSBerer Anzahl yon Todesf~illen sicherlich nicht verSffentlicht worden ist. Wir stehen einem furchtbaren R/itsel gegeniiber, das mit dem Worte Idiosynkrasie nicht gelSst wird. Nur durch Zusammentragen und Bearbeiten aller solcher Un, glticksf~ille kann m. E. der L6sung n~iher gekommen werden. Ich bitte deshalb, mir vorgekommene Ffille mit mSglichst genauer Angabe der Art und St~irke der L6sung, der Anwendungsweise, der Erscheinungen und des etwaigen Leichenbefundes mitzuteilen, damit ich versuchen kann, die Ursache und Verhiitung solcher erschtitternder Unglficksf/ille dutch eine Aussprache - - ohne Namens, nennung - - zu kl/iren.
Aus der Hals-Nasen-Ohrenklinik des Staats-Institut fiir Fortbildung der fl~rzte in Leningrad U.S.S.R. (Vorstand Prof. L. T. L e w i n . )
Die Ver~inderung des statischen und des Geh~rapparats bei C O - V e r g i f t u n g . Von Privatdozent Dr. D. M. R u t e n b u r g . Mit 2 Abbildungen. Als Prof. A l t 1915 ira ,,Archiv Iiir Ohren-, Nasen- und Kehlkopfheilkunde" zwei F~ille yon Neuritis des Ohrnerven nach KohlenoxydVergiftung verSffentlichte, konnte er behaupten, dab sow0hl in unserer speziellen Literatur, wie auch in der allgemein-medizinischen 1"
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Presse, fiber keinerlei Erkrankungen des N. octavus im Zusammenhang mit Kohlenoxydvergiftungen,berichtet worden ist. Neben diesen zwei F~illen fiihrt er, 1919, in der Festschrift fiir Prof. U r b a n t s c h i t s c h , einen yon ihm im Mai 1919 beobachteten dritten Fall an, welchen er ebenfalls als bilaterale Neuritis des N. octavus nach schwerer Kohlenoxydvergiftungqualifiziert. In den oben angefiihrten F~illen beobachtete Prof. A l t die Erscheinungen seitens des R. cochlearis, welche in einer erheblichen Geh6rherabsetzung fiir Fliister- und Umgangssprache, einer Verkiirzung der Knochenleitbarkeit, und in der subiektiven Empfindung des Ger~iusches zum Ausdruck kommen; seitens des R. vestibularis: positiver Romberg, spontaner Nystagmus, stark ausgepr~gter Schwindel. Auf peripherische Reize antwortete der Vestibularapparat beiderseitig richtig. Alle diese Funktionsst/Srungen seitens des N. octavus verschwanden schnell, nur in einem schweren CO-Vergiftungsfalle trat eine dauernde unheilbare Cochlearisfunktionssch~tdigung ein. Ill A l t s F~llen wurden keine genaueren Vestibularuntersuchungen durchgefiihrt. Seine Diagnose: Neuritis nervi octavi basiert Alt auf der Analogie mit dem Bild der multiplen Neuritis, welche nach der Intoxikation mit Leuchtgas wiederholt beschrieben worden ist. 1918 fiihrt E r i c h R u t t i n in der Zeitschrift fiir Ohrenheilkunde Bd. 77 eine eingehende klinische Untersuchung yon drei yon ibm beobachteten CO-Vergiftungsfiillen an; dabei weist er mit Recht darauf hin, dab unsere Kenntnisse iiber Sch~idigungen des GehSrorgans durch Kohlenoxyd ~ul3erst mangelhaft sind, da solche Kranke in der Regel keinen Otologen aufsuchen, und wenn sie es in Ausnahmef~llen auch tun, so sind dabei keine Veranlassungen fiir eine genauere Untersuchung, insbesondere des Vestibularapparates vorhanden. Es scheint doch etwas befremdend, dab das Augenmerk der Otologen bis jetzt auf die betreffende Frage nicht geniigend gerichtet wurde, da seit dem 16. Jahrhundert bekannt ist, dal3 die Vergiftung dutch Kohlengas eine Reihe Erscheinungen, sowohl seitens des Cochlear-, als auch des Vestibularapparates hervorruft. Die Geh6rherabsetzung, Ohrenbrausen, stark ausgepr~igter Schwindel, Gleichgewichtsst~Srungen, Erbrechen, werden als Kardinalsymptomenkomplex bei der CO-Vergiftung angefiihrt. R u t t i n untersuchte seine drei F~lle in einem ziemlich langen Zeitraum nach der Vergiftung. Er konnte nur unbedeutende Ver-
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~tnderungen konstatieren, dabei vorfibergehenden Charakters, seitens des R. cochlearis (anamnestisch) und stabilere Ver~inderungen seitens des R. vestibularis, welche in der Dysproportion zwischen der kalorischen- und Rotationsreaktion, zwischen den letzteren Reaktionen und der Abweichungsreaktion, und insbesondere der Fallreaktion zum Ausdruck kamen. Er kommt zum SchluB, dab endolabyrinth~ire Sch~digungen in keirlem der F~ille vorhanden waren. Im ersten Falle schwand der starke Schwindel am zweiten Tag nach der Vergiftung, am fiinften Tag fehlte zum Augenblick der Untersuchung der Nystagmus g~tnzlich. Die kalorische Reaktion fehlte rechts, die rotatorische war gesteigert. Alles dies spricht gegen eine Sch~digung des Labyrinthes oder des Nervenstammes. Im zweiten Falle bestand eine schwach positive kalorische Reaktion bei totalem Fehlen der Rotationsreaktion. Eine solche Dysproportionalit~tt schliel3t gleichfalls eine Sch~digung des peripheren Apparates aus und spricht eher fiir eine Zentralsch~idigung. Im dritten Falle lieB sich ein totaler Ausfall der Kochlear-und Vestibularfunktion an beiden Seiten beobachten. Ein so pl6tzliches Erl6schen der Labyrinthfunktion an beiden Seiten ohne Eiterung k6nnte allerdings durch eine bilaterale schwere endolabyrinth~ire Blutung bedingt sein, was der Autor aber auch nicht zul~il3t. Darum sucht er auch in diesem Falle die Ursache retrolabyrinth~ir, und l~il3t den Gedanken zu, dab h6chstwahrscheinlich die zerst6rende Wirkung der CO-Vergiftung sich im Ganglion des N. vestibularis seu Cochlearis lokalisiert hat. Eine Best~itigung dessen sucht R u t t i n ebenfalls in der Analogie mit jenen Sch~idigungen des Kochlear- und Vestibularapparats, die wir bei der Wirkung einer Reihe yon anorganischen Giften konstatieren: yon Salizyl, Chinin ( W i t t m a a c k ) , Arsazetin ( R 6 t t i g , Vo13), Blei ( R u t t i n ) , Salvarsan (Beck), Wurstgift (Zeidler), wie auch bei der Wirkung yon infekti6s-toxischen Prinzipien (Lues, Polyneuritis cerebralis, Typhus, Pneumonia, Scarlatina, Tuberculosis), wo wir die tIauptver~nderungen in den Ganglien der geschiidigten Hirnnerven linden 1926 ver6ffentlichte der Assistent der therapeutischen Klinik in Prag, L 6 w y , zwei F~lle yon chronischer CO-Vergiftung, wo der Schwindel eines der charakteristischen Symptome der Erkrankung bildete. Eine otiatrische (Klinik von Prof. Piffl) Untersuchung konnte in einem Falle eine labyrinth~ire Reizung peripherischer[
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Charakters, in dem anderen Falle eine labyrinth~ire Reizung zentralen Ursprungs feststellen. Dies ist das ganze Literaturmaterial, welches die uns interessierende Frage betrifft. Dieses Thema ist nicht nur yon theoretischem, abstraktem Interesse, sondern hat auch eine sehr wichtige praktische Bedeutung. Wenn wir bedenken, dab CO unter alien Giften das am meisten verbreitete ist, und dab alle 1Kenschen, speziell die Arbeiter in einer Reihe yon Betrieben, durch CO bedeutend h~iufiger als man es iiberhaupt annimmt, vergiftet werden (die CO-Vergiftung ruft einen h6chst mannigfaltigen Symptomenkomplex hervor, der 6fters zu Fehldiagnosen fiihrt), so ist die hervorragende Bedeutung einer Erforschung der betreffenden Frage im ganzen und im dinzelnen das Studium d e r durch CO-Vergiftung erzeugten Sch~idigungen des .Geh/Sr- und statischen Apparats leicht einzusehen. L e o L e win sagt in seiner Monographie, fiber ,,Die Kohlenoxydvergiftung" 1.920: ,,Wir bediirfen dringend einer vollen Kenntnis dieses Sch~idigers der menschlichen Gesundheit, in allen seinen ~ul3erungsformen, da trotz der bestehenden Kenntnisse und trotz der bewuBten Bestrebungen entsprechende hygienische Schltisse zu ziehen, der CO-Vergiftung j~ihrlich eine IKasse Opfer anheimfallen, die wohl unermeBlich mehr ist, als es bis vor kurzem der Fall war. Die Kohlenoxydbildungsquellen sind heute viel reichlicher als friiher, da der Mensch zur Zeit kohlenstoffhaltige Leucht-, Brenn-, Sprengu. a. Stoffe in Mengen, die mehrfach seine pers6nlichen Bediirfnisse iibertreffen, verbraucht. Allein schon die Weltindustrie produziert t~tglich viele 3ffillionen Kubikmeter kohlenoxydhaltige Gase und Tausende von Arbeitern in diesen Betrieben unterliegen einem pl6tzlichen einmaligen oder wiederholten EinfluB derselben". Der vergiftenden Wirkung des Kohlenoxyds sind die Arbeiter der Gasfabriken, der Eisen- und Walzeisenhiitten, der Koks- und tIoch6fen, gewisse Fabrikarbeiterkategorien, wie die Ofenheizer, die Kaschineneinheizer, die Pl~itterinnen in den Waschh~usern, die Arbeiter in der mechanischen Reparaturwerkst~itten, in den Schmieden, den Kupferschmieden, ferner die Kohlengrubenarbeiter (insbesondere bei Explosionen), die Feuerwehr, die Eisenbahnmaschinisten, die Zelluloidfabrikarbeiter, die Chauffeure, und viele andere ausgesetzt. Aber wir begegnen der vergiftenden Wirkung yon CO nicht nur bei Fachleuten und in Unfiillen bei der Beleuchtung und beim Ein-
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heizen, sondern auch im allt~glichen Leben : z. B. in den S c h l a f s t u b e n in Arbeitsbezirken, wohin y o n auBen der F a b r i k r a u c h eindringen kann, in sehr engen bev61kerten Gassen, beim E i n a t m e n des A u t o mobilgases usw. I n allen diesen F~illen miissen wir diesen Seh~idiger der menschlichen Gesundheit in B e t r a c h t nehmen. I n Riieksicht auf die wichtige praktische B e d e u t u n g der COVergiftung v o m professionellen u n d p r a k t i s c h e n S t a n d p u n k t aus, b e a u f t r a g t e mich Prof. L. T. L e w i n , sich m i t der A u s a r b e i t u n g dieser F r a g e zu befassen, n~imlich in dem unsere Disziplin betreffenden Tell, der W i r k u n g y o n CO auf den Vestibular- u n d K o c h l e a r apparat. E n t s p r e c h e n d der mir praktisch gestellten A u f g a b e k o n z e n t r i e r t e ich mein A u g e n m e r k in der H a u p t s a c h e auf den klinischen Tell der Frage, in d e m ich das E x p e r i m e n t vorl~iufig als Hilfsfaktor n u r zur Priifung unserer klinischen D a t e n u n d Folgerungen b e n u t z t e . I m W i n t e r 1925/26 u n d 1926/27 k o n n t e ich 15 K r a n k e , die im schweren Z u s t a n d n a c h einer CO-Vergiftung ins K r a n k e n h a u s zur A u f n a h m e kamen, v o m ersten Augenblick ihrer A n k u n f t g e n a u b e o b a c h t e n , wobei fast bei allen die erste klinische U n t e r s u c h u n g n i c h t sp~iter als 2 4 - - 4 8 S t u n d e n n a c h der Vergiftung s t a t t f a n d . Hier fiihre ich die K r a n k h e i t s g e s c h i c h t e n m i t A n g a b e n fiber den B e f u n d bei der klinischen U n t e r s u c h u n g des V e s t i b u l o - c o c h l e a r a p p a r a t s k u r z an. 1. 1432. K a r p o w . J. K., 53 Jahre alt, Hausknecht. Leidet an Gelenkrheumatisrnus, sonst stets gesund. Am 22. XI. 1925 heizte er den Ofen und legte sich schlafen. Am 23. XI. wurde er bewugtlos ins Krankenhaus eingeliefert. Er kam zum Bewufitsein den 23. am Abend. Allgemeinzustand sehr schwer, starke Kopfschmerzen, Schwindel (kann den Kopf yore Kissen nicht heben). Wiederholt Erbrechen. Zyanose,Tachykardie, Puls 136 prol', schwacher Fiillung, Atmung sehr frequent, oberflXchlich, Allgemeinerregung. 24. XI. Untersuchung des Kochlear- und Vestibularapparates. Otoskopisch: Erscheinungen chronischen Katarrhs links. Eine geringe Steigerung der unteren Kammertongrenze ffir das linke Ohr. Weber links, Rinne verkiirzt positiv, Schwabach + 5. R e c h t e s Ohr: Norm. Romberg +, beim Heben des Fuges mit offenen Augen f~tllt er; spontaner Nystagmus fehlt. Beiderseitiger Drehnystagmus lebhaft, gleichmttBig 30". Kalorische Probe + ; bei 1.50,0 ccm, an beiden Seiten lebhafter rotatorischer Nystagmus. Zeigereaktion Bitrs normal. Die Fallreaktion (mit aufrechtem Haupt, mit vorw~rts gebeugtem, mit zur Schulter gebeugtem Kopf) ergibt normale Befunde. In den folgenden Tagen bessern sich allmahlich die Allgemeinerscheinungen und das subjektive YVohlbefinden; die Zyanose schwindet, der Puls wird besser, der Schwindel vergeht, ist am zweiten Tag nicht mehr vorhanden; klagt fiber Kopfschmerzen. 28. XI. als genesen entlassen. 2. 1490. S c h e m j a k i n a , M.N., 32 Jahrealt, Hausfrau. Ohrenwaren stets gesund. Am 2t. XI. 1925 spfirt sie um 5 Uhr abends Dunst vom zu frfih
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festgemachten Ofen. Schwindel. Geht auf die Treppe hinaus und verliert dort das BewuBtsein. K o m m t zn sich im Empfangszirnmer des Krankenhauses. I m Empfangszimmer Erbrechen, klagt fiber Schwindel, Kopfsehmerzen und Allgemeinschw~che. 25. X I . Untersuchung des Vestibulo-Kochlearapparats. Kein Schwindel mehr vorhanden, die Kranke kann fiber den Charakter des frfiher vorhandenen Schwindels keinerlei genauere Angaben machen, Kopfschmerzen halten an. Seitens der Ohren keine subjektiven Empfindungen, keine Beschwerden. Otoskopisch nichts Pathologisches. GehSr: --Flfistersprache an beiden O h r e n > 6 M e t e r . Weber - - im Kopf, Rinne 4 , Schwabach unbedeutend verkfirzt. Spontaner Nystagmus fehlt. Kein Vorbeizeigen. t~alorische Probe: 120,0 ccm bei 20 o rufen an beiden Seiten einen gleichm~Bigen rotatorischen Nystagmus hervor. Drehung nach rechts und links - - gleicher Dauer - - horizontaler Nystagmus. Zeigereaktion und Reaktion des Fallens normal. Am 27. XI. als gesund entlassen. 3. 1575. D e r m j a t s c h i n a , M. K., 21 Jahre alt. IKam nach CO-Vergiftung am 27. XI. 1925 zur Aufnahme. Bisher stets gesund. In der Nacht auf den 27. x i . durch Dunst aus russischen Ofen erkrankt. Am Morgen heftige Kopfschmerzen, Schwindel, Wanken, Erbrechen. 28. XI. 1925. DieUntersuchungen des iKochlear- und Vestibularapparats ergaben keine Abweichungen yon der Norm. Zeige- und Fallreaktion normal. Schwindel vergangen. Schwach ausgepr~gter Romberg. Kopfschmerzen halten an, aber bedeutend leichter. 30. XI. 1925 als gesund entlassen. ~. 1807. S a c h a r o w a , M. A., 19 ]ahre alt, arbeitslos. Bisher stets gesund 5. X I I . 25. I4am im Krankenhaus m it Zeichen einer akuten CO-Vergiftung an. Zweeks Selbstmord wollte sie sich dem Dunst aussetzen, ins Krankenhaus im bewuglosen Zustand eingeliefert. Schwerer Allgemeinzustand, Zyanose, Puls schwach, frequent. Seh~digung des Atmungszentrums : die Atmungsexkursionen fallen zuweilen aus, dabei wird der Charakter der Atmungsbewegungen nicht ver~ndert, iKnie- und Patellarreflexe fehlen. Allgemeine Somnolenz. Mattigkeit, beantwortet die Fragen mit Verz6gerung, als ob sie bei Konzentrierung der Gedanken eine schwere Arbeit ausiibt. Klagt fiber Schwindel, Ohrenbrausen; I~opfschmerzen. Angesichts des schweren Allgemeinzustandes und der Unm6glichkei.t eindeutige Antworten zu erhalten, wird die Untersuchung des Kochlear- und Vestibularapparats auf den n~chsten Tag fibertragen. 6. X I I . Allgemeinzustand erheblich besser. Kopfschmerzen und Schwindel halten an, jedoch in geringerem Grade. Beantwortet die Fragen prompt, ist vollkommen orientiert, untersuchung des Kochlear- und Vestibularapparats: Otoskopisch normal. Flfistersprache an beiden Seiten > 6 Meter. Die Kammertonskala wird normal wahrgenommen. Weber - - nach beiden Seiten. Rinne + . Schwabach an beiden Seiten verkfirzt. Spontaner Nystagmus feblt. 1Romberg _u. Zeigeprobe Bfi.r'gnys in vertikaler, horizontaler und frontaler Fl~che negativ. Kalorische Probe: rechts ('fiber 300,0 ccm bei 20 ~ = 0, links q- (140,0 ccm bei 20~ Drehung rechts Ny. S. - ~ 25", ~belkeit, Vorbeizeigen rechts. Drehung links Ny. d. ~ 35", Ubelkeit. Vorbeizeigen links. Rechtsdrehung mit geneigtem Kopf: Ny. S. ~ 20", fXllt nach rechts; Ubelkeit, Schwindel. Linksdrehung mit geneigtem Kopf: Ny. d. ~ 25", f~llt nach links; l)belkeit, Schwindel. Rechtsdrehung m it geneigtem Kopf zur rechten Schulter: Ny. ~ 15", f~tllt riickw~rts, sehr starke Vestibularerscheinungen. Rechtsdrehung mit geneigtem iKopf zur linken Schulter: Ny. + 10", ffillt vorw~rts, sehr starke Vestibularerscheinungen.
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5. 2966. A l e x a n d r o w a , N.A., 15 Jahre alt. Hatte als Kind Masem fiberstanden, nach welchen sich als Komplikation eine Otitis media purulenta sin. einstellte. 14. I. 26. Ins Krankenhaus mit CO-Vergiftungserscheinungeneingeliefert. Klagt fiber Allgemeinschw~che, Schwindel, hat zu Hause erbrochen. 15. I. Untersuchung des Kochlear- und Vestibularapparats. Otoskopisch: links genuine eitrige Mesotitis. Rechts normal. GehSr links: Flfistersprache 2 Meter, rechts ~ 6 Meter. Kammert6ne rechts normal, links C stark verkiirzt, C~, C2 re&Big verkfirzt, C3 sehr schwach verktirzt, C4 normal. W e b e r - ~ links, Schwabach rechts verkiirzt, links • 1Rinne rechts + , links --, spontaner Nystagmus fehlt. R o m b e r g - - . Kalorische Reaktion positiv. Zeigereaktion Bs negativ. Rechtsdrehung Ny. S. --~ 30", kein Vorbeizeigen, f~illt nach links, Linksdrehung Ny. d. <-- 30", kein Vorbeizeigen. Subjektive Vestibularerscheinungen sehr schwach ausgesprochen. Rechtsdrehung mit geneigtem Kopf Ny. S. ~ 20", f&llt nach links. Linksdrehung mit geneigtem Kopf Ny. d. ~ 20" f&tlt gleichfalls naeh links. Rechtsdrehung mit Neigung des Kopfes zur rechten Schulter: Ny. ~ 10", fiillt rfiekw~irts. Rechtsdrehung mit Neigung des Kopfes zur linken Schulter: Ny. ~ 10", f~llt vorw~rts. Subjektive Vestibularerseheinungen starker ausgesprochen. 16. I. Als gesund entlassen. 6. 3677. S o l o w j e w a , M.A., 32 Jahre alt, Krankenw~rterin. Am 9. II. 26 aus ihrer Wohnung bewuf3tlos eingeliefert. Am folgenden Tag Allgemeinzustand gut. Puls 84, guter Ffillung. Schwindel und Ubelkeit g~nzlich verschwunden. Ffihlt sich arbeitsf&hig. H a t t e hie an Ohrenkrankheiten gelitten. Eine genaue Untersuchung des Kochlear- und Vestibularapparats erwies keine Abweiehungen v o n d e r Norm. Wurde am selben Tage entlassen. 7. 3916. C h o d i e w a , S., 21 Jahre alt, arbeitslos. W a r stets gesund. Am 17. II. 26 erkrankte sie abends wegen D u n s t und wurde in schwerem Zustand ins Krankenhaus gebraeht. Klagt fiber Kopfschmerzen, Sehwindel, Allgemeinschw~tche. 18. II. Untersuehung des Kochlear- und Vestibularapparats. Der Kochlearapparat an beiden Seiten ohne pathologischen ]3efund. Vestibularapparat: kein Schwindelgeftihl, spontaner Nystagmus fehlt. Romberg - - , etwas unsicherer Gang. Zeigeprobe B~rhnys : negativ. Kalorische Probe: positiv an beiden Seiten. Drehung nach rechts: Ny. S.--~ 35", kein Vorbeizeigen, f~illt naeh l i n k s : Drehung nach links: Ny. d. <-.. 35", kein Vorbeizeigen, f&llt nach r e c h t s . Rechtsdrehung mit geneigtem Kopf: Ny. S. / / ~ ' x 4 25", f~illt nach rechts. Linksdrehung mit geneigtem Kopf: Ny. d. V / ~ ' X 25", f/illt nach links. Rechtsdrehung init geneigtem Kopf zur rechten Schulter: Ny. + 15", f~llt nicht rfickw&rts, sondern nach rechts. Rechtsdrehung mit geneigtem Kopf zur linken Schulter: Ny + 15", f~olltv o r w & r t s und n a c h r e c h t s . Nur die Drehung mit gegen die Sehulter geneigtem Kopfe ergibt ein geringes Schwindelgeffihl; sowohl w~ihrend der Drehung, als auch naeh derselben. Die sonstigen Rotations-, wie auch die kalorische Probe, rufen keinerlei subjektive Empfindungen hervor, Allgemeinzustand gut, ffihlt sich arbeitsf~ihig. 18. II. 26 entlassen. 26. II. 26. Regelm&/3ige Reaktionen der Abweichung und des Fallens. Das ~'ehlen yon Dreh- und Nachdrehungsempfindungen dauert fort. 8. 531. Andreewa, A., 54 Jahre alt, Hausfrau. Hatte frfiher keine Ohrenleiden gehabt. 17. X. 26. Erkrankte dutch I)unst yon einem eisernell Ofen. In bewuI3tlosem Zustand eingeliefert. Puls 84, genfigender Ffillung, Atmung 24, Cot.: T6ne rein, Grenzen in N. 18. X. Ohne BewuI3tsein. 19. X. V~rieder zum 13ewufJtsein gekomlnen, Allgemeinschw~iche, Mattigkeit, Zer-
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schlagenheit, orientiert sich nicht, beantwortet die Fragen mit Mfihe, halbbewuBt, kann den Kopf v o m Kissen nicht heben, klagt fiber Schwindel, Iqopfschrnerzen, Geh6rherabsetzung, Ohrenbrausen und LIbelkeit. Spontaner Nystagmus fehlt. O t o s k o p i s c b : Einziehung und unwesentliche Trfibung der Trommelh~ute. Angesichts des schweren Allgemeinzustandes konnte die Kochlear- und Vestibularuntersuchung nicht durchgefiihrt werden. In solchem Zustand verbleibt die Iqranke alle nacbfolgenden Tage. 22. X. Es werden Schwindel, SchwXche, allgemeine Stuporosit~t verzeichnet. Amnesie. Beantwortet die Fragen verz6gert, sehr ungern. Orientiert sich nicht geniigend. Es wird keine spontane Abweichung und kein spontaner Nystagmus beobachtet. Bei der kalorischen Reaktion nach K o b r a c k konstatiert, man an beiden Seiten eine Latenzperiode >10!', stark ausgepr~gter horizontaler Nystagmus (beim Liegen) dritten Grades, Dauer bis auf 150". Subjektive Empfindungen haben nicht zugenommen. Erhebliche Herabsetzung der Geh6rfunktion, aber deren Grad l~f3t sich wegen der AllgemeinschwXche, der psychischen Depression, und der verwirrten Antworten nicht bestimmen. 2. X. Allgemeinzustand ohne Anderung. Amnesie, keine vollkommene Orientierung, allgemeine Mattigkeit, Beschwerden fiber Ekel vor Speisen, fiber Schwindel. Nachts Incontinentio urinae. Kein spontaner Nystagmus und keine Abweichung. Bei kalorischer Probe (der iiblichen) in Bettlage ~uBerst heftige Reaktion: bei 20,0 ccm und 15,0 ccm W'asser, T o 22 ~ wird an beiden Seiten ein horizontaler, grober Dystagmus dritten Grades, 2,5 und 3 Minuten dauernd, wie auch akute Vestibularerscheinungen, Erbrechen und Schwindel hervorgerufen. 25. X. Untersuchung des Kochlearapparats: Fltistersprache 3 Meter yon der Muschel ab. Die Kammertonskala ist sehr gering und gleichm~kl3ig herabgesetzt. Die Knochenperzeption ist an beiden Seiten sichtbar herabgesetzt. W~eber-- im Iqopf, Rinne + . Kalorische Probe + 50,0 cm bei 220 T. lbst eine heftige Reaktion aus, meistens einen horizontalen, konsequent rotatorischen, alsdann einen horizontalen und wieder rotatorischen (in Bettlage) groben Nystagmus dritten Grades. Brechreiz. Allgemeinbefinden etwas besser. TrXgheit der Sehnenreflexe; keine pathologischen Erseheinungen seitens des Nervensystems. In den nachfolgenden Tagen bessert sich der Allgemeinznstand erheblich. 30. X. Untersuchung des Kochlear- und Vestibularapparats. Geh6r: Fltistersprache auf 5 Meter, an beiden Seiten. Die ganze Kammertonskala wird mit einer sehr geringen Verkfirzung gegenfiber der Norm wahrgenomnlen. Weber - - nicht lateralisiert. Schwabach - - 1 7 - - 1 5 " . Rinne + . Kein Brausengeftihl. Bei Drehversuchen sehr akute Vestibularerscheinungen; starker Schwindel, Fallen, Erbrechen, so dab es miglingt, die Drehprobe durchzuffihren. Die kalorische Probe, sitzend, ruft auch sofort starke Vestibularerscheinungen (Schwindel, Fallen, Erbrechen) hervor; in der Bettlage so, wie am 25. X. 6. XI. Allgemeinbefinden ziemlich gut; es werden grundlose Euphorie, VergeBlichkeit, mangelhafte Orientierung verzeichnet. Untersuchung des Iqochlear- und Vestibularapparats: Fltistersprache > 6 Meter an beiden Ohren. C, c geringe Verkfirzung fiirs linke Ohr. C 2, Ca sehr geringe Verkfirzung ffir beide Ohren. Die sonstigen Kammert6ne werden ohne Verkfirzung wahrgenommen. Weber - - , nicbt lateralisiert. Rinne + , Sehwabach - - negativ. Spontaner Nystagmus, Romberg, Flankengang, Zeigeprobe negativ. Kalorische Probe nach K o b r a k : 21 ~ negativ an beiden Seiten. Die fibliche bei T o 200 16st rechts eine scharfe Reaktion aus; bei 1.00 ccm Erbrechen, dauernder rotarischer Nystagmus dritten Grades, links bei 150 ccm weniger
Die Veranderung des Geh6rapparats bei CO-Vergiftung.
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dauernder zweiten Grades, horizontal rotatorischer Nystagmus. Drehreaktion: Drehung nach rechts, Ny. S. ~ 70", III. Grad. Vorbeizeigen nach rechts, Wanken, ohne Abweichen zu der oder jener Seite. Drehung nach links. Ny. d. 4 - 4~0", II. Grad. Vorbeizeigen nach links, Fatten nach links. Rechtsdrehung mit geneigten Haupt, Ny. s. ~ 30". F a l l e n nach rechts. Linksdrehung mit geneigtem Haupt, Ny. d. ~ 30"% Fallen nach links, Erbrechen. Rechtsdrehung mit geneigtem Kopf zur rechten Schulter, Ny. ~ 30", Fallen rtickwarts, {}belkeit. Rechtsdrehung mit geneigtem ~ o p f zur linken Schulter, Ny. ~ 25", Fallen vorwarts, {~belkeit. 16. XI. 26. I~2eine Abweichungen psychischen Charakters. Vollkommene Orientierung. Geh6r innerhalb normaler Grenzen. Schwabach, wie vorher, negativ. Spontane Abweichung des rechten Arms nach aul3en, Bei DrehUng nach links Vorbeizeigen der linken Hand nach auBen, der rechten wird ausgeglichen. Drehung nach rechts, Vorbeizeigen nach rechts. Fa!lreaktion wie am 6. XI. 26. 9. 894. P h e n i p h a t , R.E., 39 Jahre alt, Fabrikschlosser. Hatte keine Ohrenleiden gehabt. 27. X. 26 erkrankte durch Dunst von einem zu frtih festgemachten hollandischen Ofen. 28. X. in schwerem Allgemeinzustand mit BewuBtseinstriibnng eiugeliefert; t ~ Zyanose der angeren Decken. IKopfschmerzen, Schwindei nicht verzeichnet. 29. X. Allgemeinbefinden erheblich besser. T Ound Puls normal, eine ziemlich geringe Zyanose halt an, der Kranke geht ohne fremde Hilfe. Romberg negativ, kein Schwindel verzeichnet. Keine Beschwerden geaul3ert. Untersuchung des Kochlearnnd Vestibularapparats. Otoskopisch: Cerumen in beiden Ohren, nach der Spfilung ergibt die otoskopische Untersuchung einen normalen 13efund. Geh6r: Fliistersprache rechts 3,5 Meter, links 3 Meter. Die Kammert6ne rechts in N., links eine geringe Verktirzung ftir die ganze Skala. W e b e r - - ~ links. Rinne + an beiden Seiten. Schwabach r e c h t s j=, links 7". Kein spontaner Nystagmus. Kalorische Reaktion + ; rechts 175,0 ccm; bei 20'% links 150,0 ccm, bei 20". Zeigereaktion B/trgnys negativ. Bei Labyrinthreizung ist die Zeigeprobe normal. Romberg --, sonst keine Zeichen der Gleichgewichtsst6rung. Reaktion K o b r a k s b e i 20" undeutlich. Drehung nach rechts Ny. S. + 20% Vorbeizeigen nach rechts, Abweichung nach rechts. Drehung nach links, Ny. d. + - 15", Vorbeizeigen nach links. Fallen = 0, beiderseites leichtes Wanken. Rechtsdrehung mit geneigtem Kopf, Ny. S. ~ 10% Abweichung nach § Linksdrehung mit geneigtem Kopf, Ny. d. ~ 15". Fallen = 0 (Wanken). Rechtsdrehung mit geneigtem Kopf auf die rechte Schulter, Ny. ,~ 10", Fallen rfickw-arts. Rechtsdrehung init geneigtem Kop{ auf die linke Schulter, Ny. ~ 10% Fallen vorwarts. Wie bei der kal0rischen, so auch bei allen Rotationsproben fehlen j egliche suJojektive Erscheinungen, sowohlwahrend der Rotation, als auch nach derselben. Nur bei der FMlreaktion, nach Drehung mit auf die Schulter geneigtem I~opf, entsteht, im Augenblick des Aufstehens ein geringes Schwindelgeftihl. 1. XI. GehSr ftir Fliistersprache > 6 Meter an beiden Seiten. Schwabach ~ rechts, links - - 5". Die Kammert6ne werden normal wahrgenommem Die Vestibu!arerscheinungen, wie am 29. x . Subjektive3 Befinden gut. Zmn Arbeiten entlassen. 10. 1396. K o w s c h o w a , 18 Jahre alt, ohne Beschaftigung. Stets gesund. 13. XI. Abends in der Badestube wegen K0hlendunst erkrankt. Sie stieg in den Tramwagen, empfand heftige Kopfschmerzen; als sie aus dem Wagen stieg, fiel sie bewul3tlos und wurde ins Krankenhaus gebracht. Noch im Wagen kam sie zur Besinnung. Orientierte sich vollkommen. I m Emp-
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fangszimnler: Erbrechen, Kopfschmerzen, kein Schwindelgeffihl. 14. X I . Beinl Versuch aufzustehen, Wanken. Gegen Abend stand sie auf und ftihlte sich ziemlich gut, am Tage 5 real •rbrechen. 15. XI. Ffihlt sich ganz normal, keine Kopfschmerzen, Beschwerden fiber Appetitlosigkeit. Untersuchung des Kochlear- und Vestibularapparats. Otoskopisch: an beiden Seiten normal. Fltistersprache > 6 Meter. Kammert6ne durch Luft und Knochen normal wahrgenommen. W e b e r nicht lateralisiert. Rinne -t-. Sehwabach + . Spontaner Nystagmus fehlt. Romberg - - . Gang normal: spontane Abweichungen des rechten Armes nach auBen. Kalorische Reaktion. Probe K o b r a c k s bei 200 links Latenzperiode 60", mehrere tr~ge rotatorische Schl~ge. Rechts Latenzperiode 20", rotatorischer Nystagmus 11/2Min. l~bliche Kalorisation bei 20~ linkes Ohr 150 ccm, lebhafter rotatorischer Nystagmus, sich rasch ersch6pfend, subjektiv geringer Schwindel; rechtes Ohr 75 ccm, trgger rotatorischer Nystagmus, Dauer 1 8 9 scharfe subjektive Erscheinungen (Schwindel, lJbelkeit). Drehung nach rechts, Ny. S. - + 10". Vorbeizeigen mit der linken H a n d nach innen, die rechte mehr nach augen, Fallen ~ 0 (wankt etwas). Drehung nach links, Ny. d. <-- 10". Vorbeizeigen mit der linken H a n d nach auBen, die rechte wird ausgeglichen, Fallen = 0 (leichtes Wanken).RechtsdrehungmitgeneigtemKopf,Ny.S. ~
10'~'.Fallennach
rechts und vorw~trts. Linksdrehung mit geneigtem Kopf, Ny. d. ~ 10". Fallen nach links und vorwgrts. Totales Fehlen yon Schwindel u. a. s u b j e k t i v e r Erscheinungen, sowohl w~hrend der Drehung, als auch nachher. Reehtsdrehung mit geneigtem Kopf auf die rechte Schulter, Ny. ~ 10", Fallen rfickwgrts (Ubelkeit). Rechtsdrehung mit geneigtem Kopf auf die linke Schulter, Ny. + 10", Fallen vorwgrts (~lbelkeit). Auch bei der letzteren Drehung besteht kein Schwindelgeffihl. 16. XI. Ffihlt sich wohl, wird entlassen. 11. 2307. B o ' f z o w a , E. N., 29 Jahrealt, Krankenw~rterin. Stets gesund. 11. X I I . 26. Nachdem sie am Abend um 10 U h r dell Ofen geheizt nnd Iestgemacht hatte, legte sie sich vor der Nachtwache ein biBchen zur Ruhe, als sie aufstand, war ihr schwindelig, als sie auf die Stral3e ging, um ihre Nachtwache anzutreten, wurde ihr noch mehr schwindelig, sie erbrach und verlor das Bewul3tsein. Als sie ins Krankenhaus eingeliefert wurde, kam sie im Empfangszimmer zu sich. In der Nacht sehlief sie. Morgens Schwindei und nnsicherer Gang. K l a g t fiber Schwindel und geringes Ohrenbrausen. Kein ]~rbrechen. 12. X I I . Untersuchung des Kochlear- und Vestibularapparats. Otoskopisch: keine Abweichungen von der Norm. Flfistersprache: rechtes Ohr > 6 Meter, linkes Ohr -- 4 Meter. V~%ber nach beiden Seiten, Schwabach • an beiden Seiten, Rinne + . Kammert6ne: C, c sebr geringe Herabsetzung ftir das linke Ohr, ftir das rechte Ohr normal, die sonstigen Kammert6ne werden an beiden Seiten normal wahrgenommen. Kein spontaner Nystagmus. Romberg - - , geht mit geschlossenen Angen etwas unsicher, mit offenen Augen gut; Flankengang normal. Zeigereaktion negativ. Subjektiv Schwindel. Reaktion K o b r a k s: bei 20~ Latenzperiode 30", Dauer des rotatorischen Nystagmus - - 40", an beiden Seiten. Drehung nach rechts Ny. S. --~ 12", Vorloeizeigen = 0. F a l l e n v o r w ~ r t s . Drehung nach links, Ny. d. <-- 12", Vorbeizeigen =- 0, F a l l e n v o r w ~ t r t s . Rechtsdrehung mit geneigtem Kopf, Ny.S.
/~--~10".
Fallen nicht ausgesprochen,
mehr nach vorn.
Linksdrehung mit geneigtem Kopf, Ny. d. ~ 10". F a l l e n n i c h t a u s g e s p r o c h e n, m e h r n a c h v o r n. Rechtsdrehung mit geneigtem KopI auf die rechte Schulter, Ny. ~ 10", F a l l e n r f i c k w ~ r t s . Rechtsdrehung mit geneig-
Die Ver~nderung des G e h f r a p p a r a t s bei CO-Vergiftung.
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tern Kopf auf die linke Schulter, Ny. + 10", F / i l l t v o r w ~ i r t s . 13. X l I . Allgemeinbefinden ganz gut. Ffihlt sich arbeitsf~ihig. Klagt fiber leichte ]~opfschmerzen. Untersuchung des Vestibularapparats : ]3efunde wie am Tag vorher, Wird entlassen. 12. 2489. F r i e d l a n d , F. S., 29 Jahre alt, Hausfrau. 16. X l I . 26 ins IZrankenhaus nach Kohlengasvergiftung au{genommen. Bisher stets gesund. I~21agt fiber Schwindel, Kopfschmerzen und Erbrechen. 17. X I I . Untersuchung des Kochlear- und Vestibularapparats. Otoskopisch: keine Abweichungen. Flfistersprache an beiden Seiten 3 Meter. Weber nicht lateralisiert. Rinne + . Sehwabach etwas verkiirzt. An der ganzen K a m m e r t o n s k a l a eine geringe Verkfirzung an beiden Seiten. Geringer spontaner Nystagmus nach beiden Seiten. Romberg negativ, Gang regelmiiBig. Flankengang normal, nach beiden Seiten. Zeigereaktion Bs163 negativ. Kalorische Reaktion 30 ccm bei 200 16st einen stark ausgepr~igten rotatorisehen Nystagnlus aus, nach beiden Seiten, dabei heftige vestibulare Erscheinungen (Fallen, ]Erbrechen). Die Drehprobe ruff ziemlich heftige Vestibularerscheinungen hervor (dauerndes :Erbrechen), so dab die Untersuchung aufgehoben werden mug. 18. X I I . Sehwindel und Erbrechen verschwunden. Leichte Kopfsehmerzen halten noch an. Geh6r bedeutend besser. Flfistersprache > 5 Meter. Spontaner Nystagmus bei extremer Abduktion. Drehung nach rechts, Ny. S . - - ~ 55", I I I . Grades. Vorbeizeigen und Fallen nach rechts. Drehung nach links, Ny. d. <--- 55", I I I . Grades. Vorbeizeigen und Fallen nach links. Scharfe Yestibularerscheinungen Ubelkeit, Schwindel. Rechtsdrehung mit geneigtem Kopf, Ny. S. / r - " ' 4 45", f~illt nach rechts. Linksdrehung mit geneigtem I4opf, Ny. d. ~ 45", f~llt naeh links. Starker Schwindel, Erbrechen. tlechtsdrehung mit geneigtem Kopf auf die reehte Schulter, Ny. ~ 30", f~illt rfickw~irts. Rechtsdrehung mit geneigtem IKopt auf die linke Schulter, Ny. 30", fttllt vorwiirts. Heftige Vestibularerscheinungen (Erbrechen, kalter Schweig, schwacher Puls, akute B1/isse der Hautdecken). 20. X I I . Alle Erscheinungen sind verschwunden, kein Nystagmus, ffihlt sich gesund. 13. 2487. M o l o t k i n a , M. S., 16 Jahre alt, Dienstm~dchen. Zusammen mit der obigen Kranken mit Kohlengas vergiftet, und zusammen ins Krankenhaus eingeliefert. Bisher stets gesund gewesen. Klagt fiber Schwindel, Kopfschmerzen und Erbrechen. 17. X I I . Untersuchung des Koehlear- und Vestibularapparats. Otoskopisch : keine Abweichungen. Flfistersprache an beiden Seiten > 6 Meter. Weber nicht lateralisiert. Rinne + . Schwabach + . Die ganze K a m m e r t o n s k a l a normal wahrgenommen. Kein spontaner Nystagmus. Romberg negativ. Gang regelm~iBig, etwas unsicher mit geschlossenen Augen. Flankengang normal, nach beiden Seiten. Keine spontane Abweichung. lKalorischeProbe + (150 cem ffirs rechteOhr und 120,0 ccm ffirs linkeOhr, bei T O22~ K o b r a k sche Probe bei 200 Latenzperiode 25", Dauer des rotatorischen Nystagmus 55", an beiden Seiten. Drehung nach rechts, Ny. S. - ~ 15". Vorbeizeigen nach rechts. Fallen ~ 0 (leichtes XVanken). Drehung nach links, Ny. d. <--- 15". Vorbeizeigen naeh links. Fallen = 0 (Wanken). Reehtsdrehung mit geneigtem Kopf, Ny. S. ~ 10", f~llt nach reehts. Linksdrehung mit geneigteln Kopf, Ny. d. ~ 10", f~illt nach links. Rechtsdrehung init geneigtem Kopf zur rechten Schulter, Ny. 4 , f~llt rfickw~irts. Rechtsdrehung mit geneigtem Kopf zur linken Sehulter, Ny. ~ , f~illt vorw~irts. M~iBige Vestibularerscheinungen. 19. X I I . Sehwindel, Kopfschmerzen verschwunden. Ffihlt sieh arbeitsfiihig.
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14. 2936. M a r t i n o w s k y , N. A., 26 Jahre alt, Invalid. 30. XII. 26. CO-Vergiftung durch hollgndischen Ofen. Angesichts seiner starken Imbeci!itas, von Kindheit an, ist eine genauere Untersuchung h6chst erschwert. Es werden keine groben St6rungen seitens des Kochlear-Ves~tibularapparats konstatiert. 15. 2927. M a r t i n o w s k a j a , K. A., 17 Jahre alt, Fabrikarbeiterin. I n der Anamnese keine Angaben fiber Ohrenleiden. Erkrankte durch Kohlendunst in den gleichen Verhgltnissen, wie der obige Kranke (ihr Bruder), Klag~c fiber Kopfschmerzen, Schwindel nnd Erbrechen. 31. XII. Untersuchung des Kochlear- und Vestibularapparats. Otoskopisch : keine Abweichungen yon der Norm. Flfisterspraehe 6 Meter. Weber - - nach beiden Seiten.
Abb. 1. Schwabach ~-. Rinne 4 - Die ganze Kammertonskala wird normal wahrgenommen. Kein spontaner Nystagmus. Romberg - - . Gang regelm~Big. Keine spontane Abweichung. Kalorische Probe normal (150,0 ccm Wasser bei 220 ruff einen rotatorischen Nystagmus mittleren Grades an beiden Seiten hervor). Drehung nach rechts, Ny. S. - + 25". Vorbeizeigen = 0, f~illt v o r w f i r t s . Drehung nach links, Ny. d. <-- 25". Vorbeizeigen = 0, f~tlltnach r e c h t s . ' Rechtsdrehung mit geneigtem Kopf nach vorn, Ny. S. ~ 15", f~llt nach rechts. Linksdrehung mit geneigtem Kopf nach vorn, Ny. d. 15", fitllt nach vorn. Rechtsdrehung mit geneigtem Kopf zur rechten Schulter, Ny. ~r 10", f~llt rilckwSrts. Rechtsdrehung mit geneigtem Kopf zur linken Schulter, Ny. "~ 10", f~llt nach vorn. Nach Aufh6ren der Drehung besteht kein Schwindelgeftihl. Bei d e r A n a l y s e u n s e r e r F ~ l l e e r g i b t sich f o l g e n d e s : E i n e R e i h e y o n F~illen, n f m l i c h : 1, 2, 3, 6, 14 z e i g t e n , t r o t z d e r bei i h n e n v o r -
Die Vertinderung des Geh6rapparats bei CO-Vergiftung.
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kommenden schweren Vergiftungen mit schweren Allgemeiner, scheinungen in den ersten 24--t8 Stunden nach der Vergiftung keine Abweichungen seitens des Geh6r- und statischen Apparats, abgesehen yon einer geringen Verkiirzung der Knochenleitbarkeit in einem Falle, bei sonstigen intakten Funktionsproben. Eine solche Verkiirzung der Knochenleitbarkeit fibersteigt jedoch nicht die Grenzen der physiologischen Schwankungen. An anderem Orte habe ich Massenuntersuchungen des Flugbestandes der Roten Armee
Abb. 2. durchgefiihrt und konnte mich an einer Reihe yon Versuchspersonen davon fiberzeugen. Es ist charakteristisch, dab alle fiinf CO-Ver, giftungsffille ohne Ver~tnderungen seitens des Vestibulo-Kochlearapparats, bei der Einlieferung, ausnahmslos neben Kopfschmerzen auch fiber Schwindel, b'belkeit, 6fteres Erbrechen und mehr oder weniger ausgesprochene Gleichgewichtsst/Srungen klagen Diese subjektiven Erscheinungen schwinden sehr bald, und zum Moment der Untersuch ung konstatieren wir blog geringen Schwindel (w~ihrend iln Augenblick der Ankunft diese Erscheinungen stark ausgesprochen sind, es ist unm6glich den Kopf vom Kissen zu heben [Fall 1]) und bestenfalles besteht positiver oder schwach positiver Romberg. Viel
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l~inger halten Kopfschmerzen an (1, 3), Betreffs des Charakters des Schwindels; ob sich die Gegenst~inde in einer gewissen Richtung bewegen oder die Untersuchungsperson beziiglich der Gegenst~inde, konnte keiner yon den 15 Untersuchten genau angeben. ,,Alles dreht sieh im chaotischen Zustand herum, und ich selbst drehe mich in diesem Chaos mit", dies ist die Angabe einiger yon ihnen. In keinem yon den oben erwghnten 5 F~illen wurde yon uns spontaner Nystagmus beobachtet, auch in den ersten Augenblicken nach der Ankunft, bei starkem Sehwindel nicht. Prof. Alt schreibt in seinen oben angefiihrten FMlen den subjektiven Symptomen eine grol3e Bedeutung zu, indem er sie einwandfrei auf eine Sch~idigung des N. vestibularis bezieht. Allerdings hielten neben den unbedeutenden und schnell voriibergehenden (in 2 unter seinen 3 Fgllen) Erscheinungen seitens des Kochlearis, die subjektiven Erscheinungen seitens des Vestibularis samt dem spontanen Nystagmus etwas l~inger als in unseren F~illen an. Dennoch halten wir die Schlugfolgerung Prof. A l t s , dab die betreffenden Symptome auf Kosten der gr6Beren oder geringeren entziindlichen Ver~inderungen des H6rnervenstammes selbst zu beziehen sind, und dab wir hier analog den beobachteten Neuritiden auf anderen Gebieten unseres Organismus bei CO-Vergiftung mit einer Neuritis N. oetavi zu tun haben, ftir h6chst unwahrscheinlich, ja in unseren F~illen wohl fiir unm6glieh. Der Umstand, dab wir in den obigen F~illen yon Anfang an keine objektiven und subjektiven (sogar kein Ohrenbrausen) Befunde seitens des Kochlearapparats erhoben hatten spricht gegen die Beteiligung des Labyrinthes oder des Nervenstammes. Bei toxischer Sch~idigung und bei entziindlichen Vefiinderungen ant N. octavus, wiirde gewil3 sein Kochlearteil, als einen mehr differenzierten peripherischen Apparat enthaltend, durch Ver~inderungen der Geh6rfunktionen reagieren. Das vollkommene Fehlen yon Nystagmus, sogar im Augenbliek des st~irksten Schwindels, der unbestimmte Charakter des letzteren und auch der Umstand, dab der Schwindel und die Gleichgewichtsst6rung in der Regel nicht l~nger als 48 Stunden dauerten, sprechen ebenfalls gegen eine Beteiligung des Labyrinthes und des N. octavus. Diese subjek.tiven Erscheinungen lassen sich iiberhaupt nicht auf das Labyrinth beziehen und desto weniger kann man auf denselben die Diagnose einer Neuritis N. acustici basieren. Unsere iibrigen 10 F~ille klagten ebenfalls insgesamt bei der Einlieferung fiber Kopfschmerzen, und auBer einem Fall (10) fiber
Die VerAnderung des Geh6rapparats bei CO-Vergiftung.
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mehr oder weniger starken Schwindel mit t3belkeit, Erbrechen und objektiv konstatierbarer Gleichgewichtsst~rung einhergehend; bei allen zehn konnten wit bei genauer Untersuchung des VestibuloKochlearapparats latente St6rungen der Vestibularfunktionen nachweisen und nut bei 5 (F~ille 5, 8, 9, 11, 12) neben einer Schadigung der Vestibularfunktion auch Schadigungen der Geh6rfunktion feststellen. Letztere auBerten sich in einer mehr oder weniger bedeutenden Herabsetzung der Geh6rwahrnehmung fiir Fliistersprache meistens gleichm~Big an beiden Seiten (unilatera!e Geh6rherabsetzung ftir Fliistersprache, Fall 11, 9), in einer gleichm~tl3igen unbedeutenden Herabsetzung der Geht~rwahrnehmung ftir die ganze Kammertonskala uncl auch in einer Herabsetzung der Knochenleitbarkeit. Schwabach war in samtlichen Fallen au$er dem einen an beiden Ohren gleichma$ig herabgesetzt, nur im Falle 9 haben wir rechts Schwabach + , l i n k s - 5. Im Fall 5 ist der unregelm~$ige Schwabach auf Kosten der rechtsseitigen eitrigen Mesotitis zu beziehen. Im Fall 11 finden wir, bei Herabsetzung der Wahrnehmung der Fliistersprache fiirs linke Ohr, die Knochenleitbarkeit an beiden Seiten n o r m a l Bemerkenswert ist, dal3 die Geh6rherabsetzung fiir Fltistersprache und Kammert6ne sehr ba!d schwand, die maximale Dauer war ira Fall 8--12 Tage. Als Regel blieb abet der negative Schwabach auch nach der Wiederherstellung des Geh6rs bestehen. Ein subjektives Ohrenbrausengefiihl verzeichneten wir nur in den Fallen 8 und 11. Dort abet, wo keine Ver~inderungen seitens der Kochlearfunktion beobachtet wurden, konnten wit auch keine Veriinderungen der Knochenperzeption konstatieren. Es ist schwer zu erkl~iren, weshalb bei der Wiederherstellung des funktionellen Status seitens des Cochlearis in unseren COVergiftungsfallen der negative Schwabach noch ziemlich lange bleibt. Auch bei Vergiftungen des Kochlearapparats dutch das luetische Virus bei aquirierter Lues wird ein analoges Phanomen beobachtet, wobei hinsichttich der Erkl~irungsm6glichkeiten die Meinungen noch geteilt sind. H e e r m a n n fii_hrt diese Erscheinungen auf eine Labyrinthhyper~imie zuriick. B e c k halt es fiir m~glich, sie mit der Zunahme des intrakranialen Druckes in Zusammenhang zu stellen und meint, dab dieses Phanomen mit dem Ohr als solchem in keinerlei Zusammenhang steht. Der Umstand, dab da, wo wit keine St6rung der Kochlearfunktion konstatierten, wit auch niemals eine HerabArchiv f. Ohren-, N~sen- u. Kehlkopi'heilkunde,
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setzung der Knochenperzeption feststellen konnten, scheint gegen die Meinung yon B e c k in bezug auf unsere F~lle zu sprechen. Auch andereAutoren: C u n d , K r a s s n i g , Wodackbest~tigen B e c k s Meinung nicht. W o d a c k h~lt die Verkikzung der Knochenleitbarkeit samt der Verkiirzung der oberen Grenze fiir Kammert5ne in Fii!len luetischer Intoxikation fiir den Anfang einer Erkrankung des N. acusticus spezifischen Charakters. Fails aber keine Verkiirzung der oberen Grenze bestimmbar ist, dann 1Al~t sich seines Erachtens die Verkiirzung der Knochenleitbarkeit durch funktioneUe, psychische Beeinflussungen, welche mit der Intoxikation nichts zu tun haben, und auch bei normalen Menschen 5fters angetroffen werden, erklAren; auch R e h s e glaubt, dab die Verkfirzung der Knochenleitbarkeit mit dem intrakranialen Druck nicht zusammenhiingt, und bezieht dieses Symptom auf degenerative VerAnderungen in den retrolabyrinthAren Kochlearisbahnen, indem er, wie auch D avis, die Ursache der Verkiirzung der Knochenleitbarkeit bei der Syphilis der Wirkung von Toxinen und Endotoxinen, durch SpirochAten produziert, auf die Marksubstanz und die Hirnnerven zuschreibt. In unseren FAllen tABt sich dieses PhAnomen am wahrscheinlichsten ebenfalls durch die toxische CO-Wirkung auf die retrolabyrinthAren Bahnen erldAren, wobei die giftige Kohlenoxydwirkung sich nicht direkt, sondern auf demWege einer StoffwechselstSrung in den Geweben des Organismuskundgibt. Diese StoffwechselstSrung entsteht bei akuten Vergiftungen zufolge einer zeitweiligen, partiellen HAmoglobinausschaltung mit StSrung der Gewebsatmung und der Energie der Oxydationsprozesse. Infolge einer Anderung des Gewebschemismus bilden sich in den F~llen, wo keine prompte Regulation eintritt, giftige Produkte einer unregelmAl3igen Spaltung des tierischen EiweiBes oder anderer Organprodukte. Diese unregelmABigen giftigen Spaltprodukte sind ihrer toxischen Wirkung nach den organischen Vira mit ihren Toxinen und Endotoxinen gleichwertig. Wenn ill unseren FAllen die Herabsetzung der Knochenleitbarkeit mit der StSrung der GehSrperzeption des peripherischen Nervenapparats in Zusammenhang stfinde, miiBten wit mit der Wiederherstellung tier GehSrfunktion auch die Wiederherstellung der Knochenleitbarkeit erhalten. Am meisten interessant sind in unseren Fi~llen die latenten Anderungen seitens des Vestibularis. In 10 unter unseren 15 Fiiilen koanten wit solche Veriinderungen in mehr oder weniger hohem
Die VerAnderungdes Geh6rapparats bei CO-Vergiftung.
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Grade mit GewiBheit nachweisen. Der Umstand, dab das fast immer (in 14 unter 15 Fiillen), neben den Kopfschmerzen beobachtete Schwindelgeftihl, wie auch die GleichgewichtsstSrung, sich nicht auf eine periphere Labyrinthsch~idigung beziehen 1Al3t, ist schon bei der kritischen Analyse der ersten Gruppe der FAlle, wo diese Erscheinungen ohne irgendwelche StSrungen seitens des KochleoVestibularapparats stattfanden, geniigend geklArt. Auch die kurze Dauer dieser Erscheinungen in allen unseren FAllen, die nut einmal mehr als 2~ Stunden betrug (Fall 8), und auch der Umstand, daft in s~imtlichen FAllen, aul3er einem, der spontane Nystagmus fehlte, sprechen gegen eine Sch~digung des Labyrinthes oder des Nervenstammes. An unseren 10 FAllen mit Beteiliguug des R. vestibularis (wobei in 5 FAllen VerAnderungen sowie des R. vestibularis als auch des Cochlearis und in 5 FAllen nur Sch~digungen seitens des N. vestibularis beobachtet wurden), konnten wit die mannigfaltigsten StSrungen der statischen Funktionen konstatieren. Wir konnten Anomalien in der StArke der labyrinthiiren Reaktion im Sinne einer Steigerung (FAlle 8 und 12) oder einer DAmpfung der physiologischen Reizbarkeit (FAlle 2 und 9) und Anomalien in der St~rke der begleitenden Erscheinungen konstatieren: sehr leichtes oder gar nicht eintretendes Schwindelgeftihl, wAhrend der Drehung und nach dersetben (FAIle 5, 9, 10, 15), bei fast normal reagierendemVestibularis, St5rungen in der Zeigeprobe B/~r~nys, nAmlich sowohl spontane Abweichung als auch StSrungen in der Zeigeprobe bei Drehung und Kalorisation; am hAufigsten werden abet Anomalien bei der Reaktion des Fallens beobachtet. Obige Erscheinungen kombinieren sich auf mannigfaltigste Arten und es gelingt nicht, irgendeine Gesetzmiil3igkeit nachzuweisen. In einer Reihe der F~ille fAllt ebenfaUs eine gewisse Disharmonie in der Erregbarkeit des Vestibularapparats bei der Anwendung verschiedener Reize (Drehung, iibliche und K obraksche Kalorisation) auf, wobei auch bier keine GesetzmAl3igkeit sich nachweisen 1Ai3t. (Den Satz Dr. T s c h a d r i n s , dal3 die Oberreizung ftir eine Reaktion (Drehung) parallel der Herabsetzung fiir eine andere (Kalorisation) geht, konnten wir nicht bestiitigen.) Es ist bemerkenswert, dab eine solche Diskrepanz zwischen der Dreh- und kalorischen Reaktion yon der Mehrzahl als eines der ersten und konstanten Symptome einer syphilitischen Erkrankung :des statischen Apparats, angegeben wird Dieses Moment ist in unseren F~llen ausgeschaltet. Es scheint sehr verlockend a u s den 2*
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Funktionsst~rungen des Kochlear- und haupts~ichlich desVestibularapparats, welche wir bei akuten CO-Vergiftungen beobachten konnten, irgendwelche Schliisse betreffs des Cl~arakters und des Ortes des sich abspielenden Vorganges und seines pathologischen Wesens zu ziehen; jedoch muB beachtet werden, dab die topische Diagnostik der HSrnervenerkrankung auf Grund der funktionellen Untersuchung iiberhaupt noch auf ~iuBerst unsicherern Boden fuBt. Zur Zeit l~Bt sich nur behaupten, dab die Mannigfaltigkeit der Funktionsst~rungen des N. octavus die Verschiedenheiten in der Sch~digung seiner beiden ~ste, die isolierte Sch~idigung seitens des Vestibular- bzw. des Kochlearapparats, die St~rung derAbweichungsreaktion bei der Drehung, die StSrung der Reaktion des Fallens und vieles andere, nach der Mehrzahl der Autorit~iten ffir eine retrolabyrinth~re Lokalisation, eine retrolabyrinttt~ire Einwirkung des toxischen Prinzips spricht. Fiir die retrolabyrinth~re Sch~digungslokalisation spricht nach Giittich, das Vorhandenseinyon St~rungen in der Zeigeprobe nach Drehung. Die St6rung der Abweichungsreaktion nach Drehung muB und die StSrung der Abweichungsreaktion nach Kalorisation k a n n durch retrolabyrinth~ires Entstehen bedingt sein. Die Befunde unserer klinischen Beobachtungen bei akuter COVergiftung zusammenfassend, gelangen wir also zu den folgenden Schliissen. 1. Die Gleichgewichtsst~rung spezieU, welche viel gerneinsarnes mit der Gleichgewichtsst6rung bei der Alkohol-Vergiftung hat, ist ein die konstatierbare Muskelschw~ichebegleitendes Moment. Die gleichzeitig vorhandene ~belkeit und Erbrechen sind nicht als Irradiation der den Schwindel auslSsenden Reize aufzufassen, schon darurn nicht, dab die nicht selten auch selbst~indig ohne Schwindel angetroffen werden 2. Kochlearische Erscheinungen wurden yon uns in einem Drittel s~mtlicher FMle beobachtet. Sie ~iuBernsich in einer geringen schneU schwindenden Herabsetzung des Geh~rs fiir Fliistersprache und Kammert~ne und in einer mehr oder weniger erheblichen Herab~ setzung der Knochenperzeption Diese Erscheinungen werden uns besser verst~indlich, wenn wit die Ursachen ihrer Entstehung in der extralabyrinthRren Lokalisation der Sch~digung suchen. Und wenn wir die Erscheinungen seitens des Kochlearis als Anfang der degenerativen Ver~inderungen des Neuroepithels be-
Die Verlinderung des Geh6rapparats bei CO-Vergiftung.
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trachten, so muB man durchaus die Auffassung W i t t m a a c k s berficksichtigen, dab die, durch die Blutalkaleszenzherabsetzung erzeugte LiquorsekretionsstSrung in solchen F~llen das urs~ichliche Moment darstellt. Bedenkt man, dab die CO-Vergiftung an erster Stelle eine Atonie der Gef~Be bewirkt, so wird das Auftreten tiefgehender biochemischer Veriinderungen im Labyrinth hSchst wahrscheinlich. Diese Dilatation tuft eine Verlangsamung des Blutstromes und ein Anh~iufen des Blutes in den peripherischen Teilen des Blutsystems im allgemeinen und im einzelnen im Labyrinth hervor. 3. Vestibularerscheinungen, sowohl selbstiindige als auch zusammen mit den kochlearischen, werden viel hliufiger, n~imlich in 2/8 aller F~ille beobachtet Die Latenz und Mannigfaltigkeit deren .X.uBerung: Hyper- und Hyporeize, die Dysproportionen zwischen der kalorischen und rotatorischen Probe, zwischen der letzteren und der Reaktion der Abweichung und des Fallens usw., sprechen unzweifelhaft fiir eine extralabyrinthiire Lokalisation dieser Anderungen. Eine topische Diagnostik ist auf Grund unserer jetzigen Kenntnisse auf dem Gebiete der Otoneurologie unmSglich. Wenn wir den yon uns bei akuten C0-Vergiftungen beobachteten Symptomenkomplex im ganzen nehmen, so wird er am besten durch die Annahme einer zentralen, nicht aber peripheren Schlidigung des Vestibulo-Kochlearapparats verstAndlich gemacht. Ganz unbegriindet scheint uns die Erkl~irung Prof. A l t s beziiglich der anatomischen Veriinderungen am Stamm des N. octavus (Neuritis Nervi octavi), welche er analog den Neuritiden auf anderen Gebieten unseres KSrpers annimmt. (N. ischiadicus.) Letztere Neuritiden werden ~iuBerst selten konstatiert und wurden am N. octavus durch Sektionsbefunde bisher noch nicht best~itigt, wiihrend die Beteiligung des Kochleo-Vestibularapparats als in 67% beobachtet wird. Ferner scheint uns auch die Meinung von R u t t i n , dab bei COVergiftung die Lokalisation des Krankheitsvorgangs im Ganglion vestibul, et Ganglion cochlear, zu suchen ist, wenig begrtindet. Wie schon erw~ihnt, geht er yon der Analogie aus, dab eine Reihe yon Giften, wie Salizyl, Chinin, Arsazetin, Blei, Salvarsan usw., ebenso wie auch die infekti~s-toxischen Noxen (Lues, Scharlach, T BC, Pneumonie und zerebrale Polyneuritis eine Erkrankung des Vestibular- und Kochlearapparats mit einer Lokalisation der Erkrankung in den Ganglien hervorrufen. Vor allem ist der oben erw~hnte Satz nur fiir die angefiihrten anorganischen Gifte giiltig, flit die Infektions-
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intoxikationen aber sind die morphologischen Veriinderungen an den Ganglien bei weitem nicht fiir alle bewiesen, im Gegenteil wurde in bezug auf die acquirierte Syphilis das Entgegengesetzte erwiesen, und zwar, dab das G. vestibul, et cochlear, k e in Objekt einer morphologischen Einwirkung weder der Spirochtten noch deren Toxine sind. Es ist interessant,hervorzuheben, dab sowohl beider luetischen als auch bei CO-Vergiftungen an erster Stelle eine StSrung des Lippoidstoffwechsels eintritt. Daher treten bei diesen Erkrankungen Ver~inderungen des Zentralnervensystems in den Vordergrund. AuBerdem ist ]a das Kohlenoxyd kein Gift in dem Sinne wie z. B. das Blei, Arsazetin usw. Die schtdigende Wirkung des CO beruht gewissermaBen auf einer Hemmung der Gewebsatmung. Die Verbindung des Hiimoglobin mit dem Kohlenoxyd zirkuliert im Blut ohne auf irgendwelche Weise den Organismus zu sch~idigen, gleichzeitig ist jedoch der Sauerstoffgehalt des Blutes stark verringert oder es fehlt der Sauerstoff sogar voUkommen und dieser Umstand ist fiir die Gewebe ~uBerst gefiihrlich Nach H a l d e n bewirkt ein Sauerstoffmangel (Anoxiimie) jeder Art nicht nut ,,einen Stillstand der 1Viaschine, sondern eine Sch~idigung der ganzen Apparatur". Dieses Gesetz kann auch auf den Zustand des Nervengewebe des Gehirns bei Kohlenoxydvergiftung im vollen MaBe Anwendung finden ( H e u b n e r ) . Das, was wir klinisch bei der CO-Vergiftung Iinden, pa~t durchaus nicht in den Rahmen der Sch~digung der Nervenknoten der Rami vestibularis et cochlearis. Die Mannigfaltigkeit der FunktionsstSrungen seitens des N. octavus: die Disproportionalitiit der StSrungen seiner beiden Teile, die Disproportionalit~t zwischen den einzelnen Reizen, die Disharmonie der Reaktionsmanifestationen der Abweichung, des Fallens usw., schliel31ich die isolierte Schiidigung dieses oder jenes Astes des N. octavus, welche wir bei Kohlengasvergiftungen konstatieren, sprechen mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit fiir eineZentrallokalisation der Sch~idigungen. G i i t t i c h betont, dab solche StSrungen dem Charakter nach in der Mehrzahl der Fiille die Lokalisation des Vorganges an einem einzigen Punkt innerhalb des Sch~dels nicht zulassen, und dab wit deshalb eine isolierte Neuritis oder eine isolierte Gangliensch~digung als Ursache ausschlieBen miissen und eher an eine diffuse Erkrankung denken sollten. Auch R u t t i n selbst muBte in zwei yon seinen drei Fiillen, im zweitea Fall veine Zentralschiidigung" und im dritten, neben der
Die VerAnderung des GehSrapparats bei CO-Vergiftung.
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toxischen Ausschaltung des gangliSsen Apparats, auch eine SchAdigung auf dem Gebiet der Kerne des N. vestibularis (Fehlen der galvanischen Probe und des spontanen Nystagmus) annehmen. Da es zur Zeit noch unm6glich ist, sogar auf Grund genauester Funktionsuntersuchungen eine topische Diagnostik der Erkrankung des N. octavus aufzustellen, so haben wir zur ErSrterung der Frage fiber die Lokalisation der Sch~digungen bei akuten CO-Vergiftungen, das Experiment herangezogen. Wir vergifteten akut weiBe M~use, Meerschweinchen und Katzen mit CO und studierten mittels Treppenserien die morphologischen Ver~nderungen am peripheren Nervenapparat des Labyrinthes anGanglien und am Stamm des N. acusticus. Unsere Methodik war die folgende. Wir gewannen chemisch reines CO durch Einwirkung der Schwefels~ure auf OxalsAure, wobei wir dutch Wasserabspaltung CO2 und CO erhielten, das letztere wurde in einem Gasometer fiber Wasser aufgefangen, indem wit es zuerst dutch eine Reihe GefABemit Natrium causticum durchgeleitet hatten, COOH wobei COs abgefangen wurde COOH ----HzO + COs + CO. Vor Anwendung wurde es getrocknet, indem man es dutch konzentrierte Schwefels~ure durchstr6men lieB. Zur Vergiftung der M~use gebrauchten wir ein Glasgef~B mit 23 000 ccm Kapazit~t, mit angeriebenem Deckel, in dessen Mitte ein Gummipfropf mit zwei gli~sernen gebogenen R~hrchen eingesetzt ist. Durch das eine, mit dem Gasometer vereinigte, lieBen wit die nStige Quantitiit des Kohlengases ein, durch das andere sich gleichzeitig 6ffnende entschlfipfte eine entsprechende Luftmasse. Im I. Versuch nahmen wit vier weiBe M~use, setzten sie ins Gef~B und vergifteten dieselben, indem wit 10% CO einlieBen: alle M~use gingen sehr bald zugrunde, noch lange bevor die beabsichtigten 10% des Gases ins Gef~B eindrangen. Alle Miiuse, sowie auch eine Kontrollmaus, wurden sofort dekapitiert. II. Versuch. Unter denselben Verhi~ltnissen wurden vier MAuse durch Zusatz yon x/2% CO vergiftet. Nach 24 Stunden: bei s~mtlichen vier MAusen eine Liihmung der hinteren Extremit~ten, sehr frequente und oberflAchliche Atmung, keine Reaktion auf Aul3ere Reize. Dekapitation aller vier und der ffinften Kontrollmaus. III. Versuch. Auf dieselbe Weise wurden mit ~ % CO zwei Meerschweinchen vergiftet, diese und ein drittes Kontrollmeero schweinchen wurden nachfolgend dekapitiert, und schlieBlich
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IV. Versuch: ~ % ige CO-Vergiftung zweier KAtzchen. Nach der Dekapitation wurden die KSpfe aller Tiere in O r t h sche Fliissigkeit gesetzt und dann nach der Methode yon Z a n g e bearbeitet. Nach Einbetten in ZeUoidinblScke und entsprechender Bearbeitung wurden Serien-Schnitte (sog. Treppenserie) verfertigt. Jeder sechste Schnitt wurde mit H~motoxilin-Eosin oder nach W e i g e r t gefiirbt. Unter dem Mikroskop konnten wit nut bei einigen MAusen und Meerschweinchen des 2. und 3. Versuches eine Blutung in der Skala tympani (Abb. 2), am inneren Rande der Lamina basilaris membranacea, sowie eine geringe Blutung in der Skala vestibuli (Abb.1), als auch im Vorhof konstatieren. Wit konnten keine anderen VerAnderungen, weder im Cochlear- noch im Vestibularapparat feststellen. VerAnderungen am Cortischen Organ, welche wir an wenigen Pr~paraten beobachteten, wurden auch an den KontrollprAparaten beobachtet, so dab dieselben auf Kosten der postmortalen Erscheinungen oder technischer Fehler zu beziehen sind, SpezieU an Ganglienzellen des Vestibularis seu Cochlearis konnten wir keinerlei grSbere Veriinderungen konstatieren. Auch der Nerv erwies sich auf dem ganzen Verlauf der Schnecke in allen FAllen ohne jegliche Abweichung yon der Norm. Die morphologischen Untersuchungen best~tigten also unsere klinischen Befunde, dab die akuten CO-Vergiftungen die Lokalisation der krankhaften Prozesse zentraler als die Nervenknoten des N. acusticus und als der Nervenstamm selbst liegt. HSchstens finden wit kleine Blutungen im Kochlear- und Vestibularapparat, die die klinischen Erscheinungen zu erkli~ren nicht imstande sind. Derartig sind die klinischen und morphologischen Untersuchungen betreffs der akuten COoVergiftungen. Die Bewertung der chronischen Kohlenoxydvergiftung ist bedeutend schwieriger als die der akuten und ihrer Folgen. Es ist sicher festgestellt, dab die mehrmalige oder sogar stAndige Einatmung gewisser geringer Mengen dieses Gases k e i n e r l e i SchAdig u n g e n der Gesundheit nach sich zieht. Wie N a s m i t h und Grah a m dutch Tierexperimente zeigen konnten, bewirkt eine solche chronische Vergiftung vermittels kleiner Kohlenoxydmengen eine VergrSBerung der Anzahl der roten BlutkSrperchen, fiihrt also zu einer erhShten Lebenst~tigkeit der blutbildenden Organe. Das gleiche ergaben auch die Beobachtungen der Arbeiter der StahlguB- und Kohlenindustrie in Nord-Amerika (Forbes) sowie auch der Arbeiter der Generatorindustrie Deutschlands. Jedoch a priori (theoretisch)
Die Ver~tnderung des Geh6rapparats bei CO-Vergiftung.
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ist man wohl zur Annahme berechtigt, dab es auch solche Grade der Vergiftung geben muB, die nur leichte, streng lokalisierte Ver~nderungen hervorrufen, welche jedoch nicht spurlos nach dem Aufh6ren der Einwirkung des Kohlenoxyds verschwinden, wobei es sich um Kreislaufs- oder Stoffwechselst6rungen handeln kann. Diese Vergiftungen an und ffir sich sind nicht imstande, besonders nachteilig das AUgemeinbefinden zu beeinflussen, falls solche Einfliisse jedoch 6fters auf den Organismus einwirken, kann infolge einer Kumulation sich eine Erkrankung einstellen. Solche chronische Erkrankungen sind ~uBerst schwer diagnostizierbar und die Ver6ffentlichung derartiger F~lle muB immer sehr kritisch aufgefaBt werden. Die Vergiftung durch geringe Kohlenoxydmengen wirkt auf den Organismus ebenso wie auch ein geringer Sauerstoffmangel anderen Ursprungs, z. B. die Luftverdiinnung auf den Bergh~hen, ein. Es resultiert dabei eine st~rkere Bet~tigung der blutbildenden Organe, was in keinem Widerspruch mit dem Umstand steht, dab ein st~rkerer Sauerstoffmangel umgekehrt ~uBerst sch~digend auf den Organismus einwirkt. Man ist daher wohl kaum berechtigt anzunehmen, dab diejenigen Symptome der ~berreizung des Labyrinths zentralen Ursprungs, die L ~ w y bei Leuten, die der chronischen Einwirkung yon CO ausgesetzt sind, beobachtet haben will, in Wirklichkeit durch den toxischen EinfluB des Kohlenoxyd bewirkt sein soUen. H e u b n e r behauptet, dab es unbegriindet sei yon einer chronischen CO-Vergiftung im gleichen Sinne wie yon einer chronischen Bleivergiftung zu sprechen. Beim Blei ist die chronische Einwirkung geringer Mengen vollkommen ausreichend urn Krankheitssymptome auszul~sen, bei CO-Vergiftungen ist es dagegen sicher nicht der Fall. Die systematische Untersuchung der Arbeiter der metallurgischen und Kohlenindustrie ergibt bloB die Anwesenheit leichter, schnell schwindender subjektiver Symptome (Kopfschmerzen, Schwindel) trotz der spektroskopisch nachgewiesenen Anwesenheit einer Kohlenoxyd-H~hmoglobinverbindung im Blut. Man ist also nicht zur Annahme berechtigt, dab wiederholte Einatmung yon Kohlenoxyd ohne jegliche Symptome einer akuten Vergiftung direkt zu chronischen Krankheitserscheinungen Veranlassung geben kSnnte. Dementsprechend werden auch keinerlei Ver~nderungen von seiten des Geh6rorgans bei chronischen CO-Vergiftungen beobachtet. Eine genaue yon mir angestellte Untersuchung yon 22 Arbeitern der Feuerwehr die im Verlalde ihrer mehrj~hrigen Arbeit oftmals dem
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EinfluB geringer CO-Mengen sich unterzogen, ergaben keinerlei Ver~nderungen des Vestibulo-Kochlearapparats. Es ist mir eine angenehme Pflicht auch an dieser Stelle meinem hochverehrten Chef, Herrn Prof. Dr. reed. L e o L e w i n , sowohI fiir das 13berlassen des Themas, als auch ftir die freundlichste Unterstiitzung bei der Bearbeitung des Materials, meinen innigsten Dank auszusprechen. Literatur. Prof. A f t , Arch. f. Ohren-, Blasen- u. Kehlkopfheilk. (1915). - - Festschrift ffir Prof. V i c t o r U r b a n t s c h i t c h , Prof. R u t t i n , Zeitschr. f. Hals-, Nasen- u. Ohrenheilk. Bd. 72 (1918). Prof. L e w i n , L e o , Die Kohlenoxydvergiftung (Springer 1920). L S w y , Zeitschr. f. Hals-, N a s e n - u. Ohrenheilk. Bd. 17 (1926). Prof. H e u b n e r , Beiheft zum Zentralbl. f. Gewerbehygiene Bd. 1 (1926).
Aus den StAdtischen Krankenanstalten in Essen und aus dem Knappschafts-Nervenkrankenhaus ,,Lfihrmann-Stiftung" daselbst. Gehirnsch~digungsdiagnostik an Onfallverletzten durch d e n A d r e n a l i n - S o n d e n v e r s u c h 1). Von Dr. 0. Muck. Mit 1 Abbildung.
Wenn eine Verletzung des Gehirns stattgefunden hat, so l~iBt sich dieses im Adrenalin-Sondenversuch dutch das nasale vasomotorische PhAnomen der weiBen Strichzeichnung nachweisen. Dieses Dauerzeichen als Hirnverletzungssymptom, yon dem an verschiedenen Stellen schon 5fter die Rede war, findet sich stets a u f d e r h i r n b e s c h ~ d i g t e n S e i t e , d.h., liegt z.B. eine Verletzung der linken GehirnhemisphAre vor, so findet sich im Adrenalin-Sondenversuch die weiBe Strichzeichnung auf der l i n k e n Nasenmuschel. In einer der letzten Mitteilungen wurde an Hand der von 142 Sch~idel-Hirnverletzten von mir ausfiihrlich darauf hingewiesen (1). Neuerdings werden meine Feststellungen von WeiB und L u n e d e i best~tigt (2) (3). Wir haben in dem Adrenalin-Sondenversuch ein objektives Priifungsmittel fiir eine Piaverletzung. 1) Diese Arbeit sollte ursprfinglich an einer andern Stelle erscheinen. Ich bringe sie jedoch an dieser Stelle als eine Entgegnung auf die Arbeit yon F. C o e s t e r in Bd, 120, H. 2]3 dieser Zeitschrift.