ENTWICKLUNG
Motormanagement
Effektive Strategien für Motorsteuerungsapplikationen Steigende Komplexität der Motoren sowie der zugehörigen Steuerungen, striktere Gesetzgebung im Hinblick auf die Abgasemissionen, kürzere Entwicklungszeiten sowie ständig steigender Kostendruck stellen an den Prozess der Motorsteuerungsabstimmung immer höhere Anforderungen bezüglich Zeiteffizienz und Präzision. Nur durch den Einsatz von Datenbanken, Tools zur Reduktion der Anzahl von Messpunkten sowie durch die Verwendung effizienzsteigernder Prüfeinrichtungen ist eine qualitätsorientierte und zeitoptimierte Applikation heute möglich. Beispiele für derartige Tools bei FEV Motorentechnik sollen in diesem Artikel beschrieben und die Einsatzmöglichkeiten erläutert werden.
Die Autoren Dipl.-Ing. Georg Lütkemeyer ist Fachkoordinator Applikationstools in der Fahrzeugapplikation bei der FEV Motorentechnik GmbH in Aachen. Dipl.-Ing. Andreas von Reth ist Projektingenieur in der Abteilung Konzeptapplikation bei der FEV Motorentechnik GmbH. Dipl.-Ing. Bert Kinoo ist Projektingenieur in der Abteilung Fahrzeugapplikation Diesel bei der FEV Motorentechnik GmbH. Dipl.-Ing. Rolf Weinowski ist Leiter des Kompetenzzentrums „Fahrzeugapplikation“ bei der FEV Motorentechnik GmbH.
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1 Einleitung
Deutlich wird der gestiegene Aufwand schon in der Anzahl der zu bedatenden Label einer Motorsteuerung. Während Anfang der neunziger Jahre etwa 300 Kennfelder, Kennlinien und Festwerte appliziert werden mussten, waren es 1997 mit Einführung von drehmomentbasierten Motorsteuerungen [1] bereits über 3000. In aktuellen Motorsteuerungen für Ottomotoren mit Benzin-Direkteinspritzung wird teilweise bereits die Zahl von 7000 Labeln überschritten. Durch die Einführung drehmomentorientierter Softwarestrukturen, der stetig steigenden Diagnoseanforderungen auf dem US-Markt sowie der Einführung der europäischen On-Board-Diagnose im Jahr 2000 hat sich der Zeitaufwand des Applikationsprozesses mit herkömmlichen Methoden von zirka 18 Monaten um zirka 50 % auf zirka 27 Monate verlängert. Grundsätzlich sind die einzelnen Applikationsschritte nach wie vor dieselben: ■ Stationärapplikation auf dem Motorprüfstand ■ Fahrbarkeitsoptimierung
■ Emissions-
und Verbrauchsabstimmung ■ Anpassung der diagnoserelevanten Funktionen ■ Verifizierung der Abstimmung in einem Flottenversuch Dies bedeutet, dass die benötigten Prüfeinrichtungen zur Motorsteuerungsapplikation nach wie vor Motorprüfstand und Fahrzeug darstellen. Da eine Verlängerung der Entwicklungszeiten unter allen Umständen zu vermeiden ist, müssen für jede Phase des Steuergeräteapplikationsprozesses geeignete Tools zur Verfügung stehen, um entweder die Anzahl der benötigten Versuche zu reduzieren oder Untersuchungen auf Prüfeinrichtungen zu verlagern, die eine höhere Anzahl von Versuchen in dergleichen Zeit erlauben. Bild 1 zeigt für ein typisches Applikationsprojekt über der Entwicklungszeit die einzelnen Applikationsschritte sowie blau hinterlegt geeignete Tools, die den Applikationsprozess unterstützen können, wobei die obere Hälfte Tools für Prüfstandsuntersuchungen auflistet, die untere Hälfte Werkzeuge zur Optimierung der Fahrzeugabstimmung.
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1 Einleitung 2 Datenbanken
Bereits bevor Prüfstandsmotoren oder Fahrzeuge verfügbar sind, ist es sinnvoll, einen ersten Datensatz für das anzupassende Steuergerät zu generieren. Bei neuen Motorkonzepten, unkonventionellen Aggregaten oder auch einer erheblichen Überarbeitung eines in Serie befindlichen Motors kann die Erstinbetriebnahme mit einem Datensatz, der nicht auf sinnvollen Erfahrungswerten beruht, zeitaufwendig sein oder sogar die Verfügbarkeit des kostenintensiven Erprobungsträgers gefährden. Deshalb ist es sinnvoll, zur Offline-Vorbedatung der wichtigsten Kennfelder eine umfangreiche funktionsorientierte Datenbank einzusetzen, mit Hilfe derer die meisten Kennfelder mit sinnvollen Werten gefüllt werden können. Diese Datenbank berücksichtigt eine Vielzahl konstruktiver Eigenheiten des Motorkonzeptes, geometrische Abmessungen spezifischer Bauteile sowie Streubereiche der Parameter, die durch diese Größen beeinflusst werden. Mit Hilfe dieser Daten wird in einem weiten Umgebungstemperaturbereich der Motorstart ermöglicht und in weiten Last-/Drehzahlbereichen ein akzeptabler und gefahrloser Motorbetrieb sichergestellt. Durch Normieren der einzelnen Größen auf die physikalischen Effekte ist die Datenbank unabhängig von der jeweiligen Struktur der Motorsteuerung. Das komplette Spektrum der λ = 1 Motoren ist in der Datenbank vorhanden, außerdem bereits einige DI-Ottomotoren. Beispielhaft ist im Bild 2 der zusätzliche Anfettungsbedarf für den Motorstart bei verschiedenen Temperaturen und für Motorkonzepte mit unterschiedlicher Ventilanzahl dargestellt. Während bei warmem Motor die Unterschiede für die verschiedenen Motorkonzepte relativ gering sind, gibt es bei kaltem Motor deutliche Abweichungen untereinander. Aufgrund der wesentlich geringeren zu benetzenden Oberfläche (Nichtbeeinflussung des Kraftstoffwandfilmes durch die Einlasskanaloberfläche) benötigen direkteinspritzende Ottomotoren bei tiefen Temperaturen um den Faktor 2 bis 3 geringere Starteinspritzmengen als Saugrohreinspritzer. Die vor dem Start noch kalten Zylinderwände erfordern aber auch bei diesem Motorkonzept weiterhin eine Anreicherung. Bei konventionellen, saugrohreinspritzenden Ottomotoren ist erkennbar, dass der Anreicherungsbedarf in erster Linie von der benetzten Kanaloberfläche abhängt. Neben der Position der Einspritzventile und deren Strahlcharakteristika sowie der Kanaloberfläche ist
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Bild 1: Beispielhafter Zeitplan für Motorsteuerungsapplikationsprojekte Figure 1: Exemplary time schedule for engine management systems calibration projects
2 Datenbanken
Bild 2: Kennfeld der Datenbank über Anfettungsbedarf beim Motorstart Figure 2: Database map of enrichment requirement for engine start
hier vor allem die Zahl der Einlassventile die bestimmende Größe auf die Startanreicherung. Für die Nachstart- und Warmlaufanreicherung sind weitere Einflussgrößen wie Steuerzeiten, konzeptspezifische Bauteilerwärmung im Ansaugbereich sowie Einlassventilgeometrie zu berücksichtigen. Die Erstauslegung der Anreicherungen erfolgt in der Mitte des jeweiligen Streubereichs. Während der Applikation erfolgt
dann die Feinanpassung an das individuelle Motorkonzept unter Berücksichtigung des spezifischen Motorverhaltens. 3 Offline-Tools
Normalerweise werden Faktoren oder Korrekturgrößen in der Motorsteuerung aus einer Vielzahl von Kennfeldern, Kennlinien und Festwerten, verknüpft durch mathematische Operationen, Begrenzun-
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Motormanagement
3 Offline-Tools
und ab Sekunde 25 bei der dann höheren Drehzahl zu mager. Der dazu gehörende Gesamtanreicherungsfaktor ist als durchgezogene Linie im mittleren Bild dargestellt. Die gestrichelte Kurve im mittleren Bild zeigt den modellierten neuen Anreicherungsfaktor mit einem geänderten Datensatz. Die geänderten Daten liegen als CSV Datei vor und können somit direkt in die Motorsteuerungsfunktionen übertragen werden. 4 Statistische Versuchsplanung – DoE
Bild 3: Darstellung eines Kaltstarts mit Anreicherungsfaktor aus Offline Tool Figure 3: Cold start with enrichment factor from offline tool
gen und Filterungen, gebildet. Sind erste Versuchsaggregate vorhanden, zeigt die Durchführung eines ersten Versuchs, dass ein Parameter (unter gegebenen Randbedingungen wie Motor- oder Ansauglufttemperatur, Last oder Drehzahl) mehr oder weniger von einem gewünschten Sollwert (wie zum Beispiel dem Motorlambda bei Ottomotoren) abweicht. Dies lässt sich über die Änderung unterschiedlichster Kennwerte innerhalb der Motorsteuerung darstellen. In welchem Kennfeld oder welcher Kennlinie und in welcher Größenordnung diese Änderung erfolgen muss, um den gewünschten Effekt zu erzielen, ist oft ohne weiteres nicht erkennbar. Außerdem kann die Änderung des Kennwertes unter anderen Randbedingungen zu einer nicht gewünschten Beeinflussung der Zielgröße führen. Hier setzen zahlreiche Offline-Tools an, in denen der Algorithmus der Motorsteuerung nachgebildet ist. Die in ersten Versuchen gemessenen Daten werden in das Tool importiert. Danach können die relevanten Kennfelder beliebig geändert und die Auswirkung auf die Ausgangsgröße unmittelbar am Bildschirm beobachtet werden. Auch die Änderung von Randbedingungen kann hiermit simuliert und damit ohne zeitaufwändige Untersuchungen am Versuchsträger ungewünschte Beeinflussungen erkannt und eliminiert
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werden. Eigene Tools wurden unter anderem für die Bereiche Nachstart/Warmlauf, Übergangskompensation, Abgleich des Nebenlastsignals und Saugrohrdruckmodellierung für Ottomotoren entwickelt. Besonders zeitsparend sind diese Tools in der Versuchsphase dann, wenn zum Beispiel wegen der erforderlichen Abkühlphase des Motors bei der Nachstart/ Warmlaufabstimmung nur zwei bis drei Versuche pro Tag möglich sind. In den angesprochenen Optimierungsaufgaben wird ein Excel Tool verwendet. Vor Beginn der Versuche werden alle im Nachstart/Warmlauf aktiven Label als CSV Datei importiert. Im zweiten Schritt werden die notwendigen Daten der Ausgangsmessung als ASCII-File eingelesen. Aus der Differenz zwischen dem angestrebten Lambdaverlauf und den gemessenen Werten wird ein neuer Sollanreicherungsfaktor ermittelt. Die Kennfelder können dann beliebig manipuliert werden, bis der vom Tool modellierte Anreicherungsfaktor dem Sollwert entspricht. In Bild 3 sind die ersten 30 Sekunden nach einem Kaltstart bei +10°C dargestellt. Die gemessenen Drehzahlen/Lasten sind im oberen Teilbild eingetragen. Im unteren Teilbild ist der gewünschte „ideale“ Lambdaverlauf und der tatsächliche gemessene Lambdaverlauf dargestellt. Ab Sekunde 11 ist das Gemisch noch zu fett
Bei der Applikation am Stationärprüfstand werden umfangreiche Kennfelder mit den für den jeweiligen Betriebspunkt optimalen Werten bedatet. Dabei wird oft nicht exakt jeder Kennfeldpunkt angefahren und separat bedatet, sondern es wird Expertenwissen eingesetzt, um gewisse Bereiche zu interpolieren. Um bei den Versuchen möglichst schnell ein Optimum zu finden, wird ebenfalls das Expertenwissen verlangt, damit schon der Startwert relativ nahe am Optimum liegt. Mit zunehmender Variabilität der Motoren (zum Beispiel kontinuierlich verstellbare Nockenwellen auf Einlass und Auslassseite beim λ = 1 Motor oder die Vielzahl der freien Parameter beim DI-Ottomotor) ist es auch dem Experten kaum noch möglich, die besten Kombinationen vorherzusagen. Der Aufwand für eine Rastervermessung in allen Stützpunkten der Kennfelder ist aber extrem hoch. Eine Möglichkeit zur Reduzierung des Versuchsaufwands ist der Einsatz der statistischen Versuchsplanung (Design of Experiments – DoE). Das Prinzip von DoE beruht darauf, dass das physikalische Verhalten durch mathematische Regressionsmodelle, die das Verhalten der Einflussgrößen auf die Zielgrößen beschreiben, wiedergegeben werden kann. Wenn der Typ des Regressionsmodells bekannt ist, kann ein Versuchsplan erstellt werden. Die zu fahrenden Versuche (Kombination der Einflussgrößen – Faktoren) werden so im Versuchsraum verteilt, dass nach statistischen Gesichtspunkten ein optimales Ergebnis (gute Genauigkeit bei geringer Versuchsanzahl) erreicht wird. Nachdem die Versuche durchgeführt wurden, werden die Koeffizienten der Regressionsterme bestimmt. Jetzt können rechnerisch beliebige Kombinationen der Faktoren eingesetzt werden. Die Regressionsgleichungen liefern die Systemantworten. Oft wird diese Methode eingesetzt, um in einem Betriebspunkt die optimale Kombination der verstellbaren Parameter zu ermitteln [2]. In einem weiteren Schritt
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3 Offline-Tools
müssen aus diesen optimierten einzelnen Betriebspunkten für den gesamten Last-/ Drehzahlbereich gültige Kennfelder ohne zu starke Unstetigkeiten erstellt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es aber auch möglich, direkt ganze Kennfelder mit Unterstützung von DoE zu erstellen. Das folgende Beispiel zeigt, wie der Aufwand zur Ermittlung der Drehmomentdaten für eine momentenbasierte Motorsteuerung bei einem λ = 1 Ottomotor erheblich reduziert werden kann. Grundlage einer Bedatung von Kennfeldern mit DoE ist die Regressionsrechnung. Zwangsläufig werden die Kennfelder, die damit erzeugt werden, die Ordnung der Regressionsrechnung wiederspiegeln und einen harmonischen Verlauf haben. Unstete Verläufe wie kleine Ecken in den Kennfeldern, die zum Beispiel durch Pulsationen oder Klopfbegrenzung entstehen können, lassen sich somit nicht mit der Regressionsrechnung über größere Kennfeldbereiche ermitteln. Die in der momentenbasierten Steuerung vorhandenen „optimalen“ Kennfelder, die Grundlage der Momentenstruktur, besitzen aus Prinzip einen harmonischen Verlauf. Vor dem Einsatz der statistischen Versuchsplanung für die Bedatung der Kenngrößen der Drehmomentenstruktur wurde anhand der Daten eines bereits früher auf herkömmliche Weise durchgeführten Projekts der Typ des Regressionsansatzes und die Zuverlässigkeit der Methode nachgewiesen. Aus den früher durchgeführten Versuchen standen eine Vielzahl von Messungen in Form von Zündwinkelvariationen im gesamten Last-/Drehzahlbereich zur Verfügung. Gesucht war ein Regressionsmodell mit der Antwort „Motormoment“ aus den Faktoren „Drehzahl“, „Last“, „Zündwinkel“ und „Lambda“. Als optimal wurde ein D-optimales Modell mit kubischem Lösungsansatz und Streichung der nicht relevanten Terme (backward regression) ermittelt. Die Ermittlung der Regressionsgleichung und die Residuenanalyse erfolgen mit Hilfe spezieller DoE-Software. Die Optimierung und die Erstellung der Kennfelder werden teilautomatisiert mit Excelmakros durchgeführt. Ein so ermitteltes Zündkennfeld ist in Bild 4 dargestellt. Auch alle weiteren für die Drehmoment-
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Bild 4: Kennfeld des optimalen Zündwinkels mit kubischem DoE-Lösungsansatz Figure 4: Map of optimum ignition timing with cubic DoE solution
Bild 5: Abweichung zwischen berechnetem und gemessenem Moment Figure 5: Difference between calculated and measured torque
berechnung in der Motorsteuerung erforderlichen Kennfelder wurden auf ähnliche Weise mit Regressionsgleichungen neu ermittelt. Zum Abschluss wurde das im gesamten Last-/Drehzahlbereich berechnete Moment mit dem aus den ursprünglichen Daten berechneten verglichen. Der Unterschied war immer kleiner als 10 Nm. Damit ist die Zulässigkeit der Regressionsgleichungen bewiesen. Wie groß die erreichbare Zeitreduktion durch die Anwendung von DoE am
Stationärprüfstand ist, zeigte der folgende Versuch. Zur Ermittlung der Momentendaten wurden früher mindestens 500 Messpunkte gefahren. Jetzt wurden nur 100 Versuche mit DoE geplant, durchgeführt und wie beschrieben ausgewertet. Bild 5 zeigt die Abweichung zwischen gemessenem und mit dem Modell berechneten Moment. Die ersten 100 Versuche sind die, mit denen das Regressionsmodell gebildet wurde. Die anderen 420 Punkte sind Zündschleifen, die mit dem
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Motormanagement
5 Automatischer Prüfstandsbetrieb
Bild 6: Softwaremodule des Prüfstandsautomatisierungssystems Figure 6: Software modules of the test bench automation system
ermittelten Regressionsmodell nachgerechnet wurden. Auch hier war die Abweichung mit unter 10 Nm gering; das maximale Moment dieses Motors lag über 400 Nm. Neben der Ermittlung der Drehmomentdaten kann DoE in folgenden Kalibrierungsschritten eingesetzt werden: ■ Abgasrückführung ■ Abgastemperaturmodell ■ Ladedruckregelung ■ Nockenwellensteuerung ■ Übergangskompensation. Hier ist die Einsatzmöglichkeit über weite Kennfeldbereiche gegeben. Bei DIOttomotoren und Dieselmotoren erfolgt die Kalibrierung der einzelnen Betriebspunkte (AGR, l, Einspritzzeitpunkt, Raildruck) ebenfalls mit Unterstützung durch DoE. 5 Automatischer Prüfstandsbetrieb
Insbesondere beim Abfahren von DoEVersuchsplänen, in denen von Messpunkt zu Messpunkt oft eine Vielzahl von Parametern verstellt werden, aber auch bei konventionellem Betrieb, wenn die Ressource Prüfstand optimal ausgenutzt werden soll, ist automatischer Prüfstandsbetrieb sinnvoll. Das FEV-Prüfstandsatomatisierungssystem kann bezüglich der Funktionalität und der Rechenleistung auf die jeweilige Aufgabenstellung skaliert werden. Neben verschiedenen Rechnerplattformen steht dazu eine Vielzahl von Softwaremodulen zur Verfügung, von denen einige im Bild 6 dargestellt sind. Neben anderen ASAM-Schnittstellen steht eine ASAM-MCD-Schnittstelle zur
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Anbindung beliebiger Applikationssysteme zur Verfügung, so dass das für das jeweilige Projekt benötigte Motorsteuergerät über das dazugehörige Applikationssystem vom Automatisierungssystem beeinflusst werden kann. Zusätzlich können Messwerte aus dem Steuergerät in den Automatisierungsprozess eingebunden werden, ohne dafür zusätzliche Messstellen vorbereiten zu müssen. Ebenfalls wichtig für den rechnergestützten Applikationsprozess ist die Möglichkeit zur Anbindung eines automatischen Kennfeldoptimierungssystems, die über die ASAM-ACI-Schnittstelle gegeben ist. Durch die Möglichkeit der modularen Behandlung einzelner Aspekte innerhalb der Gesamtaufgabe können neue Testaufgaben basierend auf einer Vielzahl von bestehenden Standard-Blöcken in kurzer Zeit automatisiert werden. Der Benutzer bewegt sich dabei weitestgehend auf der Projektierungsebene ohne spezielle Programmierarbeiten durchführen zu müssen. 6 Instationärprüfstand
Bei vielen Applikationsprojekten sind während des Applikationsprozesses kostenintensive Fahrzeugversuchsträger in ausreichender Stückzahl nicht verfügbar. Als Alternative zum Fahrzeugversuch ist deshalb der Einsatz von instationären Prüfständen[3] unverzichtbar geworden. Konditioniereinrichtungen für Kühlmittel, Schmieröl und Ansaugluft, gekoppelt mit schnellen Rückkühlsystemen auch für das Abgassystem sowie die Möglichkeit der freien Programmierung von beliebigen Fahrzyklen und vollautomatischer
Betrieb erlaubt bei einer Vielzahl von Applikationsschritten die Optimierung von dynamischen Parametern von Motorsteuerungen. Durch den automatisierten Betrieb ist eine hohe Reproduzierbarkeit gewährleistet. Gleichzeitig können durch Beeinflussung von Reglerparametern der Prüfstandssteuerung Fahrereinflüsse auf das Motorverhalten im dynamischen Betrieb untersucht werden. Neben der Optimierung der Abgasemissionen in den gesetzlich vorgeschriebenen Emissionszyklen kann eine Vielzahl weiterer Funktionalitäten aus dem Bereich Grundapplikation (zum Beispiel AGR dynamisch), Fahrbarkeit (Übergangskompensation, Ladedruckregelung, Getriebeschaltpunkte) oder OBD-Funktionen (Sonden-, Katalysator- und Sekundärluftdiagnose) auf den Transientenprüfständen abgestimmt werden. Als Beispiel sei ein Teilaspekt bei der Abstimmung einer Katalysatordiagnose genannt: Die Katalysatordiagnose beruht auf dem Prinzip, dass die Amplituden der Hinterkatsonden ausgewertet werden und so ein Maß für die Sauerstoffspeicherfähigkeit des Katalysators ermittelt wird. Diese Sauerstoffspeicherfähigkeit ist temperaturabhängig. Darum muss ein Korrekturfaktor eingeführt werden, um ein neutrales Maß für den Katalysatorzustand zu erhalten. Durch die Möglichkeit, definierte Last-/Drehzahlsprünge mehrmals hintereinander exakt zu reproduzieren, kann die Abstimmung im Vergleich zu Fahrzeugmessungen schneller und genauer durchgeführt werden. 7 Katalysatorprüfstand
Mit der Einführung der direkteinspritzenden Ottomotoren werden neue Anforderungen an das Emissionskonzept gestellt. Während bei konventionellen Ottomotoren der Schwerpunkt der Abgasabstimmung in der Optimierung der Katalysatoraufheizfunktionen sowie der Lambdaregelerparameter liegt, ist beim Otto-DI im geschichteten Betrieb ein Optimum zwischen NOx-Emission und Verbrauch zu finden. Parallel zur Abstimmung des Brennverfahrens kann ein spezieller Prüfstand, Bild 7, zur Auslegung und Optimierung des Abgasnachbehandlungsystems eingesetzt werden. Nachfolgend sind die wichtigsten Arbeitsgebiete aufgelistet: ■ Bewertung von NOx-Adsorber-Katalysatoren und ganzer Abgassysteme ■ Definition von geeigneten Katalysatorsystemen für DI-Motoren ■ Untersuchung des Light-Off-Verhaltens ■ Kalibrierung von NOx-Speichermodellen in Motorsteuerungen
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■ Einfluss von Schwefelvergiftung auf NOx-Speicherkatalysatoren ■ Optimierung von Schwefelregenerationen ■ Kalibrierung von Katalysator-Diagnose-Funktionen in DI-Motoren ■ Erprobung von NOx-Sensoren ■ Definitionen von NOx- und Lambdasensoren. Zur Abarbeitung dieser Aufgabenstellungen ist dieser Prüfstand mit folgenden Einrichtungen ausgestattet: ■ GDI-Motor mit Vollzugriff auf die momentenbasierte Motorsteuerung ■ geregelter Wärmetauscher zur Kontrolle der Abgastemperatur vor Vor-Katalysator ■ zwei Abgasmesssysteme zur parallelen Messung der Emissionen (HC, CO und NOx) vor und nach den Katalysatoren oder vor und nach dem Katalysatorsystem ■ Massenspektrometer – CIMS – zur Messung der schwefelhaltigen Komponenten (H2S, COS und SO2) vor und nach Katalysator einsetzbar ■ zusätzliche Messtechnik zur Bestimmung von Kraftstoffverbrauch, Luftdurchsatz, Umgebungsdruck, Umgebungstemperatur, Öldruck, Öl- und Kühlwassertemperatur, Abgastemperatur einzelner Zylinder, Abgasdruck vor den Katalysatoren sowie indizierten Mitteldrücken. Somit ist die Untersuchung verschiedener Abgasnachbehandlungssysteme sowie eine Vorauswahl der für die nachfolgenden Entwicklungsarbeiten benötigten Hardware in einem frühen Projektstadium möglich. Weitere Anwendungsgebiete für den Prüfstand stellen Arbeiten zur Definition und Applikation von Strategien zur Speicherkatalysatorsteuerung und Diagnose dar [4, 5]. Bild 8 zeigt als Beispiel die Bewertung von drei Abgassystemen in einem geeigneten Testzyklus, der zur Charakterisierung von Abgassystemen von DI-Ottomotoren dient. Der Motor wird im Schichtladebetrieb mit magerem Abgas-LuftGemisch betrieben. In regelmäßigen Abständen (im Beispiel: 50 s) wird von der Motorsteuerung eine Regeneration des NOx-Speicherkatalysators eingeleitet, in der der Motor kurzzeitig mit fettem LuftAbgas-Gemisch betrieben wird (im Beispiel: 2 s). Im stabilisierten Zustand wird der Konvertierungswirkungsgrad ermittelt. Diese Untersuchungen werden in mehreren Motorbetriebspunkten bei unterschiedlichen Abgastemperaturen durchgeführt. Die Abgastemperatur kann durch den im Abgassystem integrierten Wärmetauscher bei konstantem Emissionsprofil und konstanter Raumgeschwindigkeit variiert werden. In vorher-
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7 Katalysatorprüfstand
Bild 7: Schematische Darstellung des Katalysator-Test-Prüfstands Figure 7: Schematic presentation of the catalyst test bench
Bild 8: Konvertierungsfenster drei verschiedener NOx Adsorber Figure 8: Conversion windows of three different NOx adsorbers
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8 Katalysatoralterung te. Bei einer motornäheren Adsorberposition würde das System A mit einem Vorkatalysator zur besseren HC-Konvertierung favorisiert. 8 Katalysatoralterung
Bild 9: Reproduzierbarkeit eines nach FEV Methode gealterten Katalysators Figure 9: Reproducibility of a by the FEV-method aged catalyst
gehenden Fahrzeugabgasrollentests wurden die Randbedingungen ermittelt. Nach den geforderten Kriterien Temperaturniveau vor Adsorber, Raumgeschwindigkeit, Verschwefelungszustand und Rohemis-
sionen wurde das Katalysatorsystem B ausgewählt. Dieses System erzielte im gewünschten Temperaturbereich, das abhängig vom Einbauort des Adsorbers ist, die geforderte NOx-Konvertierungsra-
Die On-Board-Diagnosevorschriften in USA, Europa und seit diesem Jahr auch in Japan schreiben unter anderem eine Überwachung der Funktionalität des Katalysators im Motorbetrieb vor. Überschreitet das Emissionsniveau im gesetzlich vorgeschriebenen Testzyklus definierte Grenzwerte, ist dies dem Fahrzeugnutzer anzuzeigen, damit dieser umgehend eine Werkstatt aufsucht. Für die Abstimmung dieser in die Motorsteuerung integrierten Funktionalität ist der Einsatz eines Katalysators notwendig, der im Testzyklus die vom Gesetzgeber vorgegebenen Limits erreicht. Eine bisher eingesetzte Möglichkeit zur Herstellung eines solchen OBDGrenzkatalysators ist die Alterung durch gezielte Beaufschlagung des Katalysators mit Fehlzündungen entweder im Fahrzeug oder auf dem Motorenprüfstand. Die Aufheizung des Katalysators durch unkontrollierte Verbrennung ist allerdings nicht gleichförmig über den Querschnitt des Monolithen verteilt. Dies kann zu lokalen, sehr heißen Stellen im Kataly-
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Quer schau
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Ti t e l t h e m a
Produktoptimierung durch Software-Integration Zur Unterstützung des Gesamtentwicklungsprozesses ist eine einheitliche CAE-Umgebung für alle Lösungen Voraussetzung. Der Wunsch nach einer einzigen Umgebung, in der alle funktionalen physikalischen Attribute analysiert, bewertet und optimiert werden können, besteht schon lange. LMS hat mit Virtual.Lab eine attributübergreifende und multidisziplinäre CAE-Plattform geschaffen.
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Messebericht: Cebit 2002 – Von der Produktentstehung über die Fertigung bis hin zum Service
Reifen – Teil des optimierten Gesamtsystems
Vieweg Verlag Postfach 1546 D-65173 Wiesbaden
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sator führen. Durch die thermische Überbeanspruchung zersetzt sich die Zellstruktur des Katalysators mit dem Risiko einer erheblichen mechanischen Beschädigung wie ausgebrochene Monolithteile oder Schmelzen der Zellstruktur, was einen Anstieg des Abgasgegendrucks zur Folge haben kann. Ferner zeigen Grenzkatalysatoren, die durch das Misfire-Verfahren hergestellt werden, in der folgenden Datenapplikation von Abgastest zu Abgastest eine Verbesserung im Emissionsergebnis auf. Somit ist dieses Verfahren auch aufgrund des erheblichen Zeitaufwandes nur bedingt geeignet. Eine weitere Möglichkeit stellt die Alterung des Monolithen unter definierter Atmosphäre in einem Ofen bei vorgeschriebener Temperatur und für einen festgelegten Zeitraum dar. Erst nach dem Alterungsprozess wird der Monolith ins Katalysatorgehäuse montiert. Eine Aussage über das durch den Ofenalterungsprozess erreichte Emissionsniveau lässt sich erst nach dem Alterungsprozess machen und lässt somit keine weitere Alterung zu, falls das gewünschte Emissionsniveau noch nicht erreicht wurde. Ein neues Verfahren, das die Nachteile der beiden oben beschriebenen Alterungsverfahren vermeidet, ist die gezielte, periodische Alterung des kompletten Katalysatorsystems auf einem speziell dafür entwickelten Prüfstand. Der Katalysator wird solange durch kontrollierte und partielle Oxidation der Monolithbeschichtung gealtert, bis die erwünschten Abgaswerte erreicht werden. Durch automatisierte Regelung und Überwachung des durchströmenden Abgasmassenstromes sowie der Abgastemperatur kann die Katalysatortemperatur auf ein hohes Niveau direkt unterhalb der je nach Katalysator- und Beschichtungsart spezifischen Grenze für thermische Überbeanspruchung von zum Beispiel 1100 °C. eingestellt werden. Auf diese Weise wird die für die Abgaskonvertierung verantwortliche Edelmetallbeschichtung sehr schnell gealtert, wobei die Zellstruktur des Katalysators intakt bleibt. Durch Demontage und Einbau der kompletten Katalysatoranlage in ein geeignetes Fahrzeug kann das durch die Alterung erreichte Emissionsniveau im Testzyklus auf dem Abgasrollenprüfstand verifiziert werden und falls erforderlich auf dem Alterungsprüfstand nochmals nachgealtert werden, bis die OBD-Emissionslimits erreicht werden. Die Katalysatoren, die mit dieser Methode hergestellt werden, zeigen von Test zu Test eine bemerkenswerte Reproduzierbarkeit der Abgasemissionswerte, Bild 9. Der komplette Alterungsprozess
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Motorsteuerung
9 Objektivierung von Lastwechselreaktionen
Bild 10: Gegenüberstellung von Lastwechselreaktionen von Schub in Vollast Figure 10: Comparison of load alteration effects from fuel cutoff to full load
Bild 11: Modell der Regelstrecke Antriebsstrang Figure 11: Model of the drive train
Bild 12: Vergleich zwischen der gemessenen und simulierten Sprungantwort Figure 12: Comparison between the measured and simulated step response
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Motormanagement
inklusive Verifikation im Fahrzeug dauert weniger als zwei Wochen. Der größte Teil der Zeit wird für die periodisch durchgeführten Abgastests im Fahrzeug benötigt. Der eigentliche Alterungsprozess benötigt lediglich zwischen fünf und zehn Stunden. 9 Objektivierung von Lastwechselreaktionen
Ein für den Fahrzeugnutzer wesentliches Kriterium, ein Fahrzeug subjektiv als spontan und dennoch komfortabel zu empfinden, ist die Reaktion des Fahrzeuges auf Änderungen des Fahrerwunsches über das Gaspedal. Zur Abstimmung dieses Verhaltens sind in der Motorsteuerung verschiedene Funktionen integriert wie ■ Fahrpedalkennfelder ■ Lastschlagdämpfung ■ Antiruckelfunktion ■ Dashpot ■ Wiedereinsetzen aus Schub. Ein messbares Kriterium zur Beurteilung der Güte eines Lastwechsels ist die Motorbewegung aufgrund der elastischen Motorlagerung. Mittels eines berührungslosen Wegmesssystems kann diese Relativbewegung parallel zum subjektiven Empfinden ausgewertet werden und den Applikationsprozess der Fahrbarkeitsfunktionen wirkungsvoll unterstützen. In Bild 10 sind zwei Lastwechsel im 2. Gang bei 2500/min von Schub auf Volllast gegenübergestellt. Im unteren Teilbild ist das von der Motorsteuerung aus der aktuellen Füllung und dem momentanen Zündwinkelwirkungsgrad berechnete Kupplungsmoment eingetragen. Im oberen Teilbild sind die Motordrehzahl und die mit dem berührungslosen Wegmesssystem ermittelte relative Motorposition dargestellt. Die Auslenkung wurde in Höhe des Zylinderkopfs gemessen. Die Entfernung im ausgekuppelten Zustand ist zu Null gesetzt worden. Die Bewegung unter Last ist positiv aufgetragen, die im Schub negativ. Bei der (letztendlich gewählten) spontanen Abstimmung ist zu erkennen, dass das Moment durch geeignete Drosselklappen und Zündwinkeleingriffe relativ schnell auf etwa 170 Nm erhöht wird. Der Motor wechselt seine Anlage zügig, aber bewegt sich nur wenig über die „stationäre“ Position unter Vollast (+9 mm) hinaus. Das Moment wird langsam weiter auf den Vollastwert erhöht. Durch die Federwirkung der Motorlagerung und weil das Verhältnis Motordrehzahl/Fahrzeuggeschwindigkeit nicht mehr passt, bewegt sich der Motor wieder etwas zurück, wechselt die Anlage aber nicht nochmals. Zu spüren ist ein bei einer Volllastbeschleuni-
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gung durchaus erwünschter Schlag, der unerwünschte Doppelschlag wurde vermieden. Eine trägere Abstimmung ist gestrichelt eingezeichnet. Bei der Motorposition fällt auf, dass ein erster Wendepunkt auftritt, bevor der Motor seine Volllastposition erreicht hat. Das Moment wurde in diesem Fall unnötig langsam aufgesteuert. Danach erfolgt die weitere Aufsteuerung jedoch so schnell, dass in der Spitze nahezu die gleiche Motorposition erreicht wird. Subjektiv wird in diesem Fall ein ähnlicher Schlag, nur zu einem späteren (unerwarteten) Zeitpunkt empfunden. Wie an der Drehzahl im rechten Teil des Bildes zu erkennen, ist diese Abstimmung fast 0,1 Sekunde langsamer, ohne einen Komfortvorsprung zu bieten. Bei Bedarf können derartige Messaufnehmer auch an weiteren Stellen im Fahrzeug, zum Beispiel an der Sitzschiene oder Kopfstütze des Fahrersitzes angebracht werden. Die Korrelation zwischen subjektivem Empfinden und objektiven Weg-, Beschleunigungs- und Beschleunigungsänderungsinformationen hilft, den Prozess der Datenabstimmung der Fahrbarkeitsfunktionen erheblich zu verkürzen. Die beiden Messgrößen Drehzahl und Motorbewegung können außer zur Objektivierung der Lastwechselreaktionen, auch zur Identifikation eines Modells des Antriebsstrangs verwendet werden. Ziel der Identifikation des Modells ist es, den Antriebsstrang im regelungstechnischen Sinne zur charakterisieren und so eine schnelle und zielorientierte Auslegung des Ruckeldämpfers, Leerlaufreglers und der Fahrverhaltenskennfelder zur ermöglichen. Das modular aufgebaute Modell besteht aus mehreren Masse-Feder-Dämpfersystemen, die die einzelnen Komponenten des Antriebstranges modellieren: Motorlager, Motorblock, Schwungrad, Achsen und Übersetzungen, Räder und Fahrzeugkarosse, Bild 11. Die einzelnen physikalischen Parameter der Komponenten werden anhand der gemessenen Sprungantworten in Matlab identifiziert. Die jetzt bekannten linearen Differenzialgleichungen können in jeweils eine Übertragungsfunktion für die Motorbewegung und der Drehzahl umgerechnet werden, und mit geeigneten regelungstechnischen Methoden analysiert werden. In Bild 12 ist die sehr gute Übereinstimmung der Sprungantwort des Modells mit der gemessenen Sprungantwort zu erkennen. Die auszulegenden Regler und Kennfelder werden ebenfalls in Matlab simuliert.
Durch die Kopplung der Regler mit dem Regelstreckenmodell können die Auswirkungen der Reglerapplikation auf das Fahrverhalten simuliert werden, und weitere Optimierungsschritte durchgeführt werden. Nur die Feinabstimmung muss noch am Fahrzeug durchgeführt werden. So werden Zeit und Kosten eingespart. Da die Parameter des Regelstreckenmodells physikalischen Größen sind, können auch Einflüsse modifizierter Komponenten wie zum Beipiel steifere Motorlager, andere Getriebeübersetzungen oder größere Fahrzeugmasse auf das Fahrverhalten simuliert und vorhergesagt werden und schon eine angepasste, virtuelle Abstimmung der Regler erarbeitet werden. 10 Zusammenfassung
Die zunehmend steigende Komplexität der Motorsteuerungen in Verbindung mit der Forderung nach kürzeren Produktentwicklungszeiten sowie der stetig zunehmende Kostendruck führt zu der Forderung, für die Abstimmung der Steuergerätedaten Tools zu entwickeln und bereitzustellen, die eine immer weitergehende Automatisierung des Prozesses ermöglichen. Zu Beginn der Applikation ist der Einsatz einer Datenbank, in der die Erfahrung aus unterschiedlichsten Vorgängerprojekten eingeflossen ist, zur Erstbedatung der wichtigsten Funktionen und Erstinbetriebnahme der Motoren auf dem Prüfstand und im Fahrzeug inzwischen unabdingbar. Während der Feinanpassung der Funktionalitäten auf die spezifischen Erfordernisse der speziellen Fahrzeug-/Motorkombination sind vorhandene Ressourcen wie Motorprüfstände zu automatisieren und Tools wie DOE bereitzustellen, um eine wesentliche Reduktion der Messpunkte und somit der Prüfstandszeit zu gewährleisten. Zusätzliche spezielle Prüfeinrichtungen wie Katalysatorprüfstand, Transientenprüfstand oder Katalysatoralterungsprüfstände gewährleisten die schnelle Optimierung von Teilsystemen weitgehend unabhängig von den Untersuchungen in den Prototypenfahrzeugen und verlagern somit einen Teil der Applikation von der Straße in das Labor. Dies verringert sowohl die Anzahl der benötigten Versuchsfahrzeuge als auch die Zeit für den Applikationsprozess, da unterschiedliche Aufgaben parallel und weitgehend unabhängig voneinander abgearbeitet werden können. Bei der nach wie vor notwendigen Abstimmung im Fahrzeug helfen Tools zur Objektivierung subjektiver Fahreindrücke sowie die Modellierung des Triebstranges, den
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Applikationsprozess wesentlich zu beschleunigen, indem auch hier die Anzahl der Versuche reduziert werden kann. Insgesamt lässt sich prognostizieren, dass dieser Automatisierungsprozess noch lange nicht abgeschlossen ist, sondern sich insbesondere sowohl durch weitere Modellierung des Triebstranges sowie dessen Wechselwirkung mit dem gesamten Fahrzeug als auch durch Verlagerung der Abstimmung vom Fahrzeug auf hochdynamische Prüfstände noch weiter optimieren lässt. ■
Literaturhinweise
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MTZ 7-8/2002 Jahrgang 63
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