Nervenarzt 2002 · 73:729–735 DOI 10.1007/s00115-002-1332-1
Übersicht R. Klingebiel1 · G. Bohner1 · C. Zimmer1 · P. Rogalla2 · F. Masuhr3 · R. Lehmann1 1 Abteilung Neuroradiologie,Institut für Radiologie,Campus Charité Mitte,Humboldt Universität zu Berlin · 2 Institut für Radiologie,Campus Charité Mitte,Humboldt Universität zu Berlin 3 Klinik für Neurologie,Charité,Humboldt Universität zu Berlin
Einsatz der Mehrschicht-SpiralCT in der neuroradiologischen Bildgebung
Zusammenfassung Die Mehrschicht-Computertomographie (MS-CT) wurde 1999 in die klinische Diagnostik eingeführt und hat die Indikationsbereiche der Computertomographie wesentlich verändert.Technische Merkmale sind die gleichzeitige Datenaufnahme von z.Z.bis zu 4 Schichten, eine verkürzte Rotationszeit und eine Verringerung der Schichtdicke auf bis zu 0,5 mm.Daraus ergeben sich für die Praxis der neuroradiologischen Schnittbildgebung die Möglichkeiten, längere Untersuchungsbereiche (z.B.Kopf und Halswirbelsäule bei polytraumatisierten Patienten) in kurzer Zeit hochauflösend abzubilden, nach intravenöser Kontrastmittelgabe längere Gefäßabschnitte (z.B.das gesamte zervikozerebrale Gefäßsystem) detailliert darzustellen, dynamische Untersuchungen (z.B.zerebrale Perfusionsbildgebung) mit verbesserter Zeitauflösung und breiterem Untersuchungsfeld durchzuführen und die diagnostische Aussagekraft der CT-Diagnostik durch die Reduktion von Bildartefakten in Problembereichen (Schultergürtel, Metallimplantate) wesentlich zu verbessern.Neben der optimierten Bildqualität der primären Schnittbilder ermöglicht die MS-CT zwei- und dreidimensionale Rekonstruktionen von hoher diagnostischer Wertigkeit.Bei der neurologischen Indikationsstellung zur MS-CT sind insbesondere im Bereich der Schädelbasis Aspekte des Strahlenschutzes zu beachten. Schlüsselwörter Mehrschicht-CT · Spiral-CT · 2D-/3D-Bildgebung · Neuroradiologie
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ie Mehrschicht-Computertomographie (MS-CT) gilt als wichtigster technischer Fortschritt in der CT-Technologie seit der Einführung der Spiral-Technik durch Kalender et al. im Jahre 1990 [7]. Seit ihrer Erstbeschreibung 1998 [23] hat die MS-CT in verschiedenartigen Indikationsbereichen der Computertomographie erfolgreich Anwendung gefunden [1, 6, 9, 10, 11, 15, 18, 21]. Die technischen Vorteile gegenüber der Einschicht-CT (ES-CT) hinsichtlich der Untersuchungsgeschwindigkeit und der Bildqualität prädestinieren die MS-CT grundsätzlich zum Einsatz in der neuroradiologischen CT-Diagnostik. Die Eignung der MS-CT zur hochauflösenden Darstellung des zervikozerebralen Gefäßsystems (CT-Angiographie CTA) konnte in einer aktuellen Studie bei Patienten mit stenosierenden Gefäßprozessen der Karotiden, akuten intrakraniellen Gefäßverschlüssen im Bereich des Circulus arteriosus Willisii sowie Thrombosen der zerebral-venösen Blutleiter belegt werden [11]. Weitere neuroradiologische Einsatzbereiche, neben der nativen und KM-gestützen kranialen CT, sind die zerebrale Perfusionsbildgebung, die hochauflösende Bildgebung der Schädelbasis [8, 10] sowie die spinale CT-Diagnostik [20]. Wir berichten anhand einer 21-monatigen Erfahrung mit dem Einsatz der Mehrschicht-Spiral-CT bei über 700 Patienten über die Anwendungsergebnisse in der neuroradiologischen Bildgebung eines Universitätskrankenhauses unter besonderer Berücksichtigung von Strahlenschutzaspekten.
Technische Aspekte Detektoren Wenn auch wesentliche technische Merkmale der Einschicht-Spiral-CT (ESCT) in die MS-CT übernommen wurden (Röntgenröhre und gegenüberliegende Detektoren rotieren um den Patienten), so beruht der entscheidende Vorteil der neuen CT-Technologie darauf, dass statt einer Reihe mit Detektoren bis zu 34 Detektorreihen (je nach Fabrikat) um den Patienten rotieren und entsprechend mehr Bilddaten aufgezeichnet werden können. Diese 34 Detektorreihen können je nach Untersuchungsziel zu verschieden breiten Schichten zusammengeschaltet werden, wobei allerdings derzeit in der Regel maximal 4 Schichten gleichzeitig aufgenommen werden können. In universitären Zentren werden gegenwärtig die ersten 8- und 16Schicht-Spiralscanner evaluiert, sodass mittelfristig mit der Einführung neuer Gerätegenerationen zu rechnen ist.
Rotationszeit Im Vergleich zur herkömmlichen ES-CT, die überwiegend mit einer Rotationszeit der Röntgenröhre von 1 s/360° arbeitet, ist die MS-CT doppelt so schnell
© Springer-Verlag 2002 Dr. R. Klingebiel Abteilung Neuroradiologie, Institut für Radiologie, Campus Charité Mitte, Schumannstraße 20/21, 10098 Berlin Der Nervenarzt 8•2002
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R. Klingebiel · G. Bohner · C. Zimmer · P. Rogalla · F. Masuhr · R. Lehmann Use of multislice spiral computed tomography in neuroradiological imaging Summary Multislice computed tomography (MS-CT) was introduced into clinical radiology in 1999 and has shown a significant effect on various indications for computed tomography (CT) imaging in neuroradiology.Technical highlights of this new scanner type are the simultaneous data acquisition by up to four detector rows at present, an accelerated rotation time, and a reduction of the slice thickness to as low as 0.5 mm.These features account for an extended scan area, such as head and neck imaging in polytraumatized patients, detailed contrast-enhanced studies of the cervicocerebral vascular system from the carotid bifurcation to the vertex, as well as cerebral perfusion studies of a larger brain volume with an improved time resolution compared to established CT procedures.In addition, the diagnostic yield of the CT is increased with respect to several applications by reducing common image artefacts at the level of the cervicothoracic junction as well as those caused by metallic implants.Apart from improving the image quality of the primary cross-sectional slices, MS-CT significantly enhances two- and three-dimensional image reconstructions.Radiation protection is an important issue with MS-CT, especially when skull base imaging is considered. Keywords Multislice computed tomography · Spiral computed tomography · 2D and 3D imaging · Neuroradiology
Übersicht Tabelle 1
Untersuchungsprotokolle der MS-CT in der neuroradiologischen Bildgebung Parameter
CCT
cPCT
ccCTA
Schädelbasis
Spinale CT (zervikal/lumbal)
kV mAs Pitch FOV [mm] Schichtdicke [mm] Inkrement [mm] Rotationszeit Scanbereich
120 450
120 150 0 240 32 (4×8) 0,5 s 0,5 s/360° N. lentiformis
120 150 0,75 240 1 0,8 0,5 s/360° C4-Vertex
120 50 0,75 160 0,5 0,2 0,5 s/360° Standard
30 50 7,2
30–40 120 4
13–15
120 150 1,375 200/250 1 0,7 0,5 s/360° SchädelbasisTh1/Th12-S1 14–20
240 4 (Basis)/8 1,5 s/360° Standard
Scanzeit [s] KM: Volumen [ml] KM: Fluss [ml/s]
c zerebral; cc zervikozerebral; PCT Perfusions-CT; CTA CT-Angiographie
(0,5 s/360°). Da sie gleichzeitig die 4fache Schichtzahl aufnimmt, verkürzt sich die Untersuchungszeit auf ein Achtel gegenüber der ES-CT bei gleicher Schichtdicke. In der Summe können mittels MSCT längere Untersuchungsbereiche (z. B. bei polytraumatisierten Patienten) mit hoher Auflösung in kürzerer Zeit untersucht werden.
Parameter Die Parameter der Akquisitionsprotokolle sind in Tabelle 1 gegliedert nach Anwendungsbereichen zusammengefasst. Zusätzlich zu den dort aufgeführten Parametern fand im Rahmen der spinalen MS-CT ein herstellerseitig implementiertes Programm zur Reduktion von Schulterartefakten im zervikothorakalen Übergang Anwendung („RASP“).
Bildrekonstruktion Mit der optimierten Detailauflösung sind auch die Schnittbildzahlen gestiegen, teilweise auf das 5- und mehrfache im Vergleich zur herkömmlichen CT. Sequenzielles Abfotografieren („Bild für Bild“) wird hierdurch unpraktikabel und wirtschaftlich untragbar. Daher ist die zusammenhängende Befunddokumentation anhand von zwei- und dreidimensionalen Bildrekonstruktionen sinnvoll, neben dem Ausdruck weniger befundrelevanter Einzelbilder [8, 17, 18, 19]. Aufgrund der optimierten Detailauflösung in der Längsachse des Patien-
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ten (z-Achse) erreichen die einzelnen Bildvolumenelemente (Voxel) weitgehend die Idealform eines Würfels, auch als Voxelisotropie bezeichnet. Isotrope Voxel erlauben Bildrekonstruktionen in allen Raumebenen mit vergleichbarer Qualität zu den primären Schnittbildern. Die Verringerung von Bildartefakten durch Metallimplantate, Schultergürtel- sowie Bewegungsartefakte unterstützen darüber hinaus die Bildqualität der primären und rekonstruierten Bilddaten der MS-CT. In Abhängigkeit von der klinischen Fragestellung werden sowohl multiplanare (MPR) wie auch kurviplanare Reformationen (KPR) (CTA, spinale CT, Schädelbasis), Maximum-IntensitätsProjektionen (MIP) (CTA) und/oder 3DRekonstruktionen in Surface- oder Volume-Rendering-Technik (CTA, Schädelbasis) erstellt.Virtuell endoskopische Ansichten tubulärer bzw. kavitärer anatomischer Strukturen wie der Gefäße können in fotorealistischer Bildqualität erzeugt werden, ebenso wie dreidimensionale Ansichten der intrakraniellen Gefäßverläufe. Im Rahmen der Perfusionsbildgebung wurden in unserem Kollektiv folgende Parameterbilder berechnet: ◗ zerebrale Blutperfusion (CBP), ◗ zerebrales Blutvolumen (CBV) und ◗ mittlere Transitzeit (MTT). Diese Parameter werden farbkodiert dargestellt und qualitativ ausgewertet.
Die Befundung der Bilddaten erfolgt bei der MS-CT vorwiegend an sog. „Workstations“, d. h., hochleistungsfähigen Rechnern mit Programmen, die das Durchblättern der Bilderstapel per Maus oder Tastatur am Bildschirm ermöglichen.
Dosis Die Betrachtung der mit der MS-CT verbundenen Strahlenexposition umfasst mehrere Aspekte. Um auch in den Randbereichen der Detektoren eine hinreichende Dosis zu gewährleisten, wird der kegelförmige (Cone Beam) Strahlenfächer über die aktivierte Detektorbreite hinaus ausgedehnt (Overbeaming). Dieses Overbeaming ist vor allem bei geringeren Schichtdicken relevant und führt bei 1 mm Schichtdicke zu einer Dosiserhöhung um bis zu ca. 40% gegenüber der ES-CT. Gleichzeitig erlaubt die MS-CT allerdings den Einsatz eines schnelleren Tischvorschubs/Schichtdicke (=höherer Pitchfaktor), sodass zusammen mit der verkürzten Rotationszeit der Röhre eine Verringerung der Expositionszeit resultiert. Eine wichtige Kenngröße zur Charakterisierung der Strahlenexposition stellt die effektive Dosis dar, in die, neben der Energiedosis, die Strahlensensibilität der exponierten Organe einfließt. Die von uns ermittelten Werte der effektiven Dosis im Rahmen der spinalen MS-CT-Diagnostik sind vergleichbar mit Werten, wie sie auch von anderen Autoren [2, 13] für die Wirbelsäulendiagnostik mittels konventioneller CTTechnik angegeben wurden, bzw. aus Untersuchungsparametern zu errechnen sind (HWS: ca. 2,4 mSv, LWS ca. 6,9 mSv). Alle Patienten, die sich einer kranialen CT-Bildgebung unterzogen, erhielten vor Untersuchungsbeginn einen neuartigen wismuthaltigen Linsenschutz (AttenuRad, F&L Medical Products Co, USA), der zu einer Reduktion der Augenlinsendosis um ca. 40% führte. Da in der aktuellen Generation der MS-CT-Scanner eine Kippung der Gantry (enthält u. a. Röhre und Detektorkranz) im Spiralmodus nicht möglich ist, werden die Augenlinsen bei der Schädelbasisbildgebung regelhaft miterfasst. Die mit Linsensschutz gemessene Oberflächendosis war höher als die
für konventionelle CT-Untersuchungen berichtete, betrug aber nur ein Drittel der Dosis, die bei orbitalen CTUntersuchungen bestimmt worden ist [12, 14, 16]. Bei der CT-Angiographie der Halsund Kopfgefäße entsprach die Linsendosis mit 30 mGy den in der Literatur genannten Werten für die digitale Subtraktionsangiographie (DSA) [4]. Insgesamt scheint weniger die Wahl der CT-Technik (Einschicht- versus Mehrschicht-CT) als vielmehr die Definition des Untersuchungsfeldes von entscheidender Bedeutung für die Strahlenexposition zu sein. Die Wahl des Un-
tersuchungsfeldes sollte sich daher streng an der klinischen Indikation orientieren, wenn auch die kurzen Untersuchungszeiten und die selbst bei längerer Scanstrecke gute Bildqualität dazu verleiten, den Untersuchungsbereich auszudehnen. Im Einzelfall ist der Einsatz alternativer Bildgebungstechniken (z. B. der MRT in der spinalen Diagnostik) hinsichtlich ihrer Eignung zur Beantwortung der klinischen Fragestellung zu prüfen. Die Ergebnisse einer jüngst veröffentlichten Arbeit zur vergleichenden Bestimmung der Strahlenexposition bei Einschicht- und Mehrschicht-Spi-
Abb.1a–d CCT nativ und Perfusions-CT in Mehrschichttechnik. a CCT, axiale Schicht in Höhe des pontomedullären Überganges. Der Hirnstamm (Pfeil) ist ohne signifikante Artefaktüberlagerung dargestellt. b–d Mediateilinfarkt bei einer stationären Patientin (Z.n Schrittmacherimplantation bei Vorhofflimmern) mit apoplektiform aufgetretener Hemiparese links. b CCT nativ, ca. 1 h nach Symptombeginn.Weder ein manifester Infarkt noch Frühzeichen einer zerebralen Ischämie sind sicher abgrenzbar. c Perfusions-CT, gleicher Zeitpunkt wie unter b, Parameter-Bild (Mean-Transit-Time MTT). Eine deutlich verlängerte MTT-Zeit im Sinne einer Perfusionsstörung ist als helles Areal rechts im anterioren Media-Stromgebiet dargestellt (Pfeil). d Kontroll-CCT am Folgetag. Die Patientin war am Vortag unmittelbar nach der CCT einer systemischen Lysetherapie unterzogen worden. Ein Mediateilinfarkt rechts hat sich zwischenzeitlich demarkiert (Pfeil) Der Nervenarzt 8•2002
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Abb.2a–h MS-CTA. Normalbefund (a) und verschiedenartige Pathologien. a Laterale MIP, Mittellinie.Visualisierung der ACA bis in Höhe des A3-Segmentes (Pfeil), des S. sagittalis superior und rectus, der V. cerebri magna (Pfeilkopf) und der inneren Hirnvenen (gekrümmter Pfeil). b, c KPR der linken ACI (b) sowie virtuelle Endoskopie des Gefäßes (c). Ein flottierender Thrombus (gekrümmter Pfeil) ist dargestellt in der langstreckig visualisierten ACI. d Koronare MIP in Höhe der T-Gabel. Kollateralisierter M1-Verschluss links (Pfeil). e 3D-Ansicht eines Aneurysmas der A. communicans anterior von kranial (Kreis). f, g Laterale MIP und virtuelle Endoskopie eines Basilariskopfaneurysmas (Pfeil). Da sowohl die A. cerebelli superior (schwarze Pfeile) wie auch die ACP (gekrümmte Pfeile) jeweils beidseits neben der A. basilaris (gepunkteter Pfeil) aus dem Aneurysma entspringen, kommt ein Coiling nicht in Betracht. h Koronare MPR. Eine Sinusvenenthrombose im S. sagittalis superior, confluens und transversus ist dargestellt (Pfeile)
ral-CT, in der der MS-CT generell eine höhere Exposition zugeschrieben wird [3], legen nahe, dass es auch zwischen den verschiedenen Scannerfabrikaten sowie den seitens der Untersucher definierten Protokollen erhebliche Differenzen bezüglich der Strahlenexposition gibt.
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Anwendungen Schlaganfalldiagnostik Insbesondere bei Patienten mit dem klinischen Verdacht auf eine akute zerebrovaskuläre Insuffizienz stellt die MSCT eine wichtige methodische Erweite-
rung dar, die ohne Wechsel der Untersuchungsmodalität bereits im Rahmen der initialen Bildgebung alle klinisch wichtigen Informationen seitens der Bildgebung im Hinblick auf die Entscheidung über eine Lysetherapie zur Verfügung stellt. Die kraniale CT (CCT), im MS-CTGerät in der üblichen sog. InkrementalTechnik durchgeführt (d. h. eine Schicht nach der anderen wird aufgezeichnet, im Gegensatz zur Spiral-Technik), wies in unserem Kollektiv eine äquivalente Abgrenzbarkeit der Mark-Rinden-Grenze im Vergleich zur herkömmlichen CCT auf. Die typischen Aufhärtungsartefakte im Bereich der hinteren Schädelgrube waren hingegen reduziert [5] (Abb. 1a), sodass bei Patienten mit Verdacht auf eine Ischämie im hinteren Stromgebiet die Untersuchungen regelhaft in das MS-CT-Gerät verlagert wurden. Die Gesamtdetektorbreite von 32 mm (4×8 mm) ermöglichte in unseren Perfusionsuntersuchungen die Platzierung einer zentralen Schicht in Höhe der Stammganglien unter Miterfassung von Anteilen des Frontal-, Temporal-, Parietal- und Okzipitallappens sowie der zerebralen Pedunculi. Die obersten Schichten reichten bis in Höhe der Cella
media und enthielten Anteile der zentralen Sulci. Im Rahmen einer Studie an 27 Patienten mit klinischen Zeichen eines Territorialinfarkts und unauffälliger nativer CCT wiesen alle Infarktpatienten in den Parameterbildern ein Perfusionsdefizit im späteren Infarktareal auf (Abb. 1b–d). Während die reine Untersuchungszeit für alle 3 Verfahren (native CCT, CTPerfusion, CTA) in unserem Kollektiv weniger als 5 min betrug, wurde die Zeitdauer bis zur abschließenden Auswertung durch die Rekonstruktion, Übertragung und Nachverarbeitung der Bilddaten auf bis zu ca. 30 min ausgedehnt. Weiterentwicklungen der Perfusions-Software und der Rechnertechnologie lassen jedoch eine beschleunigte Auswertung der CT-Daten in naher Zukunft erwarten.
detaillierte Darstellung der Innen- und Mittelohrstrukturen inklusive bildqualitativ hochwertiger 3D-Rekonstruktionen (Abb. 3d, e), u. a. die virtuelle Endoskopie der Paukenhöhle (Abb. 3d). Zusätzliche Schichtungen des Felsenbeines in anderen Raumebenen,wie sie im Hinblick auf feinste anatomische Details wie die Stapessuprastruktur empfohlen werden [22], sind aufgrund der hohen Ortsauflösung in den Schnittbildern und den daraus abgeleiteten Bildreformationen nicht mehr erforderlich.
Spinale CT Die MS-CT ermöglicht die bildgebende Evaluierung multisegmentaler spinaler
Pathologien innerhalb von 20–45 s, je nach untersuchtem Wirbelsäulen (WS)Abschnitt, bei hoher Detailauflösung [20]. In einer Studie an 64 Patienten, die einer postmyelographischen (pm) MSCT unterzogen worden waren, war die präzise Beurteilung der Wurzeltaschen sowie die überlagerungsfreie Darstellung verschiedenartiger intraspinaler, extraduraler Kompressionssyndrome (Abb. 4a–d) gegeben. Im Vergleich zum Einschicht-Spiral-CT zeigte die MS-CT eine deutliche Reduktion von Metallartefakten (Abb. 4e) sowie von Bildartefakten im zervikothorakalen Übergang. Insbesondere bei höhergradigen spinalen Fehlstellungen (Torsionsskoliose, Listhesis) ermöglichten multiplanare
CT-Angiographie Die MS-CT ermöglicht die umfassende Visualisierung des gesamten zervikozerebralen Gefäßsystems von der Ebene der zervikalen Karotisbifurkation bis zu den 2. und 3. Segmenten der intrazerebralen Territorialarterien [11] (Abb. 2a). Das von uns definierte Untersuchungsprotokoll [11] erlaubte die Beurteilung der Sinus rectus, transversus und sagittalis superior, ebenso wie der V. cerebri magna und der inneren Hirnvenen (Abb. 2a). Die Gesamtdauer der Untersuchung von der Karotisbifurkation bis zum Scheitel betrug hierbei ca. 40 s.Verschiedenartige Vaskulopathien wie ein intraluminaler Thrombus in der A. carotis interna (Abb. 2b, c), thrombembolische Verschlüsse der Territorialarterien (Abb. 2d) und intrakranielle Aneurysmata im vorderen und hinteren Stromgebiet (Abb. 2e–g) wurden ebenso mit dem CTA-Protokoll detektiert wie arteriovenöse Malformationen und Sinusvenenthrombosen (Abb. 2h).
Schädelbasis Traumatische,entzündliche und neoplastische Prozesse der Schädelbasis können mittels MS-CT umfassend visualisiert werden (Abb. 3a, b) ebenso wie verschiedenartige knöcherne und vaskuläre Dysplasien; Abb. 3c und d zeigen den Fall eines Patienten mit aberranter A.carotis interna. Die hochauflösenden MS-CT-Datensätze des Felsenbeines erlauben eine
Abb.3a–e Schädelbasisbildgebung mittels MS-CT. a, b Langerhans-ZellHistiozytose. Ausgedehnte bipetrosale Knochendestruktionen (Kreise) sind erkennbar im koronaren Schnittbild (a) sowie in der 3D-Ansicht der Schädelbasis von kranial (b). c, d Aberrante A. carotis interna (Pfeile), axiales Schnittbild sowie farbkodierte Darstellung der Pathologie mittels virtueller Otoskopie. Linksseitig zieht das Gefäß durch die Paukenhöhle am Promontorium vorbei (Pfeile) und erreicht den Hammerstiel. e Normalbefund der farbkodierten Innenohre in der Aufsicht auf die mittlere Schädelgrube von anterokranial Der Nervenarzt 8•2002
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Übersicht
Literatur
Abb.4a–e Myelographie (a) und postmyelographische (pm) MS-CT (b–e). a Myelographie, seitliche Projektion. Abbruch der intrathekalen KM-Säule in Höhe L4/5 (Pfeil). Randständig angebildeter Zustand nach Spondylodese L1/2. b Pm MS-CT, sagittale Reformation. Die erhaltene KM-Passage nach kaudal ist dargestellt ebenso wie die zirkuläre Spinalstenose in Höhe L4/5 (Pfeil) bei Anterolisthesis des 4. LWK. c Pm MS-CT, koronare Reformation. Die rechtsseitigen Wurzeltaschen L2 und L3 (gestrichelte Pfeile) sind abgrenzbar, während die Wurzeltasche L4 (Pfeil) kupiert erscheint. d Pm MS-CT, axiales Bild der zirkulären Spinalstenose in Höhe L4/5. Zusätzlich zur Osteochondrose mit Vakuumphänomen und dorsobilateralen Protrusio zeigen sich eine hypertrophe Spondylarthropathie (gestrichelter Pfeil) sowie verbreiterte Ligg. flava (Pfeil). e Zervikale pm CT, sagittale Reformation. Die weitgehende Reduktion der Metall- und Schultergürtelartefakte ermöglicht die detaillierte spinale Evaluation in allen Bereichen trotz Spondylodese mit Metallimplantaten in Höhe C4–6 (Pfeil)
und kurviplanare Reformationen eine zusammenhängende Darstellung multisegmentaler Pathologien. Bei Patienten mit polytoper multisegmentaler Pathologie konnten durch kurzzeitige Umlagerung (ca. 3 min) HWS und LWS postmyelographisch untersucht werden, ohne dass eine erneute Punktion bzw. eine Erhöhung des intrathekal applizierten KM-Volumens erforderlich wurden.
Fazit Die Mehrschicht-Spiral-Computertomographie optimiert die neuroradiolo-
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gische Bildgebung durch eine deutlich verbesserte Bildqualität sowie verkürzte Untersuchungszeiten. Während alle neuroradiologischen Untersuchungsbereiche von dieser neuen CT-Technologie profitieren, eröffnet die MS-CT insbesondere in der Diagnostik der akuten zerebrovaskulären Insuffizienz neue Perspektiven. Mit Ausnahme der SchädelbasisBildgebung gelten für die MS-CT die gleichen Strahlenschutzaspekte wie für die konventionelle CT; eine generell erhöhte Strahlenexposition ist durch den Einsatz der MS-CT nicht gegeben.
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