Erwerbs-Obstbau DOI 10.1007/s10341-015-0237-7
Originalbeitrag
Exkursionsbericht: Süßkirschenproduktion in Australien Martin Balmer
Eingegangen: 17. Februar 2015 / Angenommen: 29. März 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
Zusammenfassung Auf einer Fachexkursion in den Südosten und Süden Australiens machten sich Obstbauern im Dezember 2014 ein Bild von der australischen Süßkirschenproduktion. Der Anbau ist exportorientiert, was hohe Standards bei Sortierung, Verpackung und Haltbarkeit erfordert. Große Produktionseinheiten, niedrige Baumformen wie der Spanish Bush oder der Kym-Green-Bush sowie ein hoher Technisierungsgrad bei Sortierung und Verpackung helfen, die Kosten trotz hoher Stundenlöhne zu senken. Durch größere Nähe zu den Hauptabnehmern in Ostasien im Vergleich zum Mitbewerber Chile und die Nutzung der Luftfracht können Preise realisiert werden, die eine Produktion wirtschaftlich machen. Schlüsselwörter Süßkirsche · Australien Excursion Report: Sweet Cherry Growing in Australia Abstract On a study visit to the south-east and south of Australia in December 2014, fruit farmers got an impression of the Australian sweet cherry production. The cultivation is export oriented, requiring high standards of sorting, packing and freshness. Large production units, low tree forms such as the Spanish bush or Kym-Green Bush and a high level of automation for sorting and packing help to reduce costs despite of high wages. Through closer proximity to major customers in East Asia compared to the Chilean competitor and the use of air freight prices can be realized, which make production economically. M. Balmer () Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz, Campus Klein-Altendorf 2, 53359 Rheinbach, Deutschland E-Mail:
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Keywords Sweet cherry · Australia Anlässlich seines vierzigjährigen Bestehens führte das Bundes-Steinobstseminar im Dezember 2014 eine zweiwöchige Exkursion nach Australien durch, an der 36 Obstbauern aus Deutschland und dem benachbarten Ausland teilnahmen. In Australien muss für Erntehelfer ein gesetzlicher Mindestlohn von ca. 14 €/h gezahlt werden. Wichtig für die Reiseteilnehmer war es daher, kennenzulernen, wie sich eine pflückkostenintensive Kultur wie die Süßkirsche unter diesen Bedingungen entwickeln kann. Mit ungefähr 28,5 Mio. Einwohnern ist Australien einschließlich der vorgelagerten Insel Tasmanien ein bevölkerungsarmer Kontinent. Es kommen 3 Klimazonen vor: Die tropische Zone (nördlich des Wendekreises des Steinbocks), die subtropische Zone (südlich des Wendekreises des Steinbocks) und die kühlgemäßigte Zone im äußersten Süden und auf Tasmanien. 80 % der Fläche Australiens sind semiaride und aride Gebiete mit weniger als 250 mm Niederschlägen im Jahr. Der Hauptanteil der Landwirtschaft liegt in der extensiven Viehhaltung. Ackerbau wird vorwiegend in den Küstenregionen des Ostens und auf Tasmanien betrieben. Selbst die besten Flächen sind zumindest teilweise auf Bewässerung angewiesen. Steinobst wird in Australien in 26 Regionen (Abb. 1) von über 1200 Anbauern produziert. In den vergangenen 10 Jahren ist die Produktion um ca. 25 % auf über 100.000 t gestiegen, die von Oktober bis Anfang April geerntet werden. Die ersten Anlieferungen kommen aus dem subtropischen Queensland und den nördlichen Gebieten der Bundesstaaten New South Wales und Western Australia, es folgen die weiter südlichen Gebiete. Spätestes Anbaugebiet ist die Insel Tasmanien. Renmark, Swan Hill und Goulburn Valley (Shepparton und Cobram) liefern mehr als 50 % der Produktion. Mehr als 10 % des gesamten Steinobstes wer-
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M. Balmer Tab. 1 Ländervergleich Australien und Deutschland im Jahr 2012 Australien Deutschland Geografische Lage 10° bis 43°, 47° bis 55°, Südhalbkugel Nordhalbkugel Einwohner je km2 2,84 228 BIP/Kopf 2013, US-Dollara 64.863 44.999 ha Äpfel und Birnen 29.200 33.671 ha Kirschen (Süß- und 2200 7539 Sauerkirschen) ha Pflaumen 3000 4372 ha Pfirsiche und Nektarinen 19.000 ca 200 Zahl der Obstbaubetriebe 6857 7455 Obstbauliche Zahlen für Australien: FAO-Stat, August 2014 Obstbauliche Zahlen für Deutschland: Stat. Bundesamt 2013, Fachserie 3 Reihe 3.1.4 a
Abb. 1 Die wichtigsten Anbauregionen für australisches Steinobst. (Quelle: Australian Bureau of Statistics (2012), Agricultural Commodities, Catalogue 7121.0, Canberra)
den exportiert, der größte Teil davon über den Bundesstaat Victoria (65 %) mit der Hauptstadt Melbourne. Wie Tab. 1 zeigt, sind Kirschen in Australien eine vergleichsweise kleine Kultur. Ein Sauerkirschenanbau findet fast nicht statt und wird nicht statistisch ausgewiesen. Aktuelle Zahlen des Kirschenanbauerverbandes geben ein Bild zu regionalen Schwerpunkten (Tab. 2): Reiseroute Ankunftsort für die Reisegruppe war die Millionenstadt Sydney. Von dort ging es über die Blue Mountains in die Region Orange, das zweitgrößte australische Kirschenanbaugebiet mit der „Kirschenhauptstadt“ Young. Ein Abstecher führte nach Griffith, wo Kirschenanbau in semiaridem Klima betrieben wird. Über das Anbaugebiet von Shepparton führte der Weg nach Melbourne, wichtigster Exporthafen für australisches Obst und nicht nur Kirschenanbauregion, sondern auch Sitz einer bedeutenden Obstbaumschule und eines Herstellers moderner Sortieranlagen. Über die Great Ocean Road fuhr die Gruppe dann nach Adelaide in Südaustralien, wo die Exkursion endete (Abb. 2). Kirschenanbau in der Region Orange Das Unternehmen Caernarvon Cherry Company produziert nicht nur in eigenen Anlagen, sondern sortiert und vermarktet auch die Ernte von 30 weiteren Obstbauern. Die Eigentümer haben vor 2 Jahren in eine optische Sortieranlage investiert, über die ca. 1500 t Kirschen pro Jahr laufen. Die Gruppe exportiert 60 % der Kirschen nach Asien (Hongkong,
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IWF: World Economic Outlook Database, April 2014
Tab. 2 Struktur des australischen Kirschenanbaues 2014 (Quelle: Australian Cherry Growers Association 2014) Bundesstaat Zahl Betriebe Fläche [ha] Produktion [t] (2013/14) New South Wales 108 800 4407 Victoria 95 800 4500 Tasmanien 76 560 4000 South Australia 118 590 2500 Western Australia 70 70 500 Queensland 18 25 36 Gesamt 485 2845 15.943
Singapur, Indonesien und Malaysia), 30 % gehen direkt an australische Supermärkte und ca. 10 % an Großhändler. Für den Verkauf wird ein eigener Export Development Manager beschäftigt. Die Produktionskosten sind mit 6 AUD je kg Kirschen sehr hoch (AUD = australischer Dollar, 1 AUD entspricht € 0,69 mit Stand vom 17.02.2015), wobei der Ernteanteil daran mit 4 AUD zu Buche schlägt. Die Pflücker sind vorwiegend Rucksacktouristen („Backpackers“) aus verschiedenen Ländern. Im Anbau befinden sich hauptsächlich kanadische Sorten, aber auch ‘Kordia’ und ‘Regina’. Unterlagen sind überwiegend Colt und neuerdings auch Gisela 5 und Gisela 6. Die Bäume kommen ausschließlich aus Australien und kosten ca 18 AUD, einjährig und meist unverzweigt. Dominierende Baumform ist der „Spanish Bush“, ein niederstämmiger Baum mit vielen Leittrieben (Abb. 3). Pflanzenschutz wird intensiv betrieben. Monilia, Pseudomonas, Läuse und die Queensland Fruchtfliege werden bekämpft. Zur Verbesserung der Fruchtfestigkeit wird mit GA3 gearbeitet. Dormex soll helfen, das Kältebedürfnis zu senken, damit auch Sorten mit hohem Kältebedürfnis angebaut werden können. Dem Wasser der Sortieranlage (Kistenentleerung, Transport) wird Pyrimethanil und Chlor zugesetzt und alle 5 Tage gewechselt. Mit Netzen werden die Kulturen vor Vögeln und Hagel geschützt. Eine Folienüberdachung ist nicht notwendig.
Exkursionsbericht: Süßkirschenproduktion in Australien
Abb. 2 Reiseroute der Exkursion
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Abb. 4 Auch auf dem Marktstand sind die Kirschen in Folie verpackt
schen kaum, doch in Sydney gibt es eine große iranischstämmige Gemeinde, die aus den Früchten Chutney macht. Die Kirschen werden im LKW nach Sydney geliefert und dort in 5-kg-Steigen an 10–15 kleine Geschäfte zum Preis von ca 9 €/kg verkauft (Zitat: „Here we are pricemaker, not pricetaker“). Die Region Melbourne
Abb. 3 Der „Spanish Bush“, hier mit der Sorte ‘Lapins’, ist in Australien die dominierende Baumform
Beim Besuch des National Cherry Festival in der Kleinstadt Young erfuhr die Gruppe, dass hier im Jahr 1928 die mittelfrühe Sorte ‘Ron’s Seedling’ von S.A. Thornell gezüchtet wurde (‘Eagle Seedling’ × ‘Noir de Guben’), die auch heute noch eine regionale Bedeutung im Anbau hat. Auffällig war, dass alle Kirschen, auch kleinfrüchtige Ware, gegen Wasserverlust mit Folien geschützt waren (Folienbeutel im 5-kg-Karton oder im Kleingebinde, Abb. 4). Auch Betriebe wie der von Tom Eastlake sind bei einer Anbaufläche von 40 ha auf einen hohen Exportanteil angewiesen. Ganz anders die Cherrybrook Farm in Mount Bruno von Tony und Marion Rak. Es wird nur für den heimischen Markt produziert. Sehr eindringlich wurde hier die Abhängigkeit vom Wasser vor Augen geführt. 7 Jahre Dürre Anfang des Jahrtausends führten fast zum Ruin. 2 Reihen Sauerkirschen der Sorte ‘Schattenmorelle‘ mit hohem Behang fielen ins Auge. Hier wurde ein eigener Markt in Sydney entwickelt. Die europäisch-stämmigen Australier kennen Sauerkir-
Zu Cherryhill Orchards (Familie Riseborough) gehören insgesamt 6 Betriebsstandorte mit 300 ha Süßkirschen. Im besuchten Betrieb in Wandin stehen nur 30 ha und es regnet hier für den Kirschenanbau eigentlich zu häufig. Da dieser Standort aber nur ca. 1 h von Melbourne entfernt ist, ist er gut geeignet für die Selbstpflücke. Im vergangenen Jahr kamen bereits 30.000 Leute, dieses Jahr hofft man, die Zahl 40.000 zu überschreiten. Jeder zahlt Eintritt, Erwachsene AUD 10,-. Dafür darf man Kirschen essen, soviel man will und bekommt einen kostenlosen Pflückeimer. Es stehen Busse bereit, mit denen die Kunden zu den gerade reifen Sorten gebracht werden. Kunden sind hauptsächlich Familien asiatischer Herkunft, die das Angebot als unglaublich preiswert empfinden, da sie in ihren Heimatländern zur Weihnachtszeit bis zu US$ 50,- pro kg zahlen müssen. Von den 30 ha können insgesamt etwa 50 % in Selbstpflücke geerntet werden. Dafür machen die Riseboroughs viel Werbung, auch auf Facebook. Ein Internetverkauf existiert ebenfalls. Bei den Sorten ist man von ‘Kordia’ sehr angetan. Weiter stehen auch viele kalifornische Lizenzsorten von Bradford und Zaiger in den Anlagen. Hauptbaumerziehung ist der Spanish Bush. Wichtigste Unterlagen sind Colt und P. avium F12/1, aber man ist auch experimentierfreudig: So werden Versuche mit der Krymsk-Unterlage und demnächst auch mit Gisela 12 gemacht. Im zentralen Packhaus für die
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6 Betriebe werden jährlich ca 1500 t sortiert und marktfertig gemacht. Die Anlage von GP-Graders leistet ca 5 t/h. Am Tag des Besuches wurde die Sorte ‘Sylvia’ mit einem regenbedingt sehr hohen Ausschussanteil von 50 % sortiert. In der optischen Sortierung werden auch beschädigte Früchte detektiert: Platzer, Faulstellen, Fruchtdeformationen, Druckstellen, Früchte ohne Stiel. Beschädigte Früchte werden in 2 Kategorien aussortiert: 1. Starke Beschädigungen, Entsorgung als Abfall, da eine Vermarktung zu Saft nicht lohnt. 2. Leichte Beschädigungen, hier wird noch manuell nachsortiert und als Kategorie II vermarktet. Auch Wandin Valley Orchards ist strategisch aufgestellt. Alison Sebire und ihr Mann Tim Jones bewirtschaften hier das zentrale Packhaus. Mit den 3 Produktionsbetrieben auf Tasmanien, in Boweya und im Norden ist man in der Lage, über 14 Wochen Kirschen anzubieten. Der Standort für das Packhaus wurde bewusst in die Nähe von Melbourne gelegt, weil der Flughafen nur 1 h entfernt und Südost-Asien ein Hauptmarkt ist. Per Schiff wird nur für das chinesische Neujahrsfest exportiert, welches Mitte Februar gefeiert wird. Nur dann ist eine Langzeit-Frischhaltung notwendig. Die Konkurrenz des 10fach größeren chilenischen Anbaus ist riesig. Da die Chilenen hauptsächlich mit dem Schiff exportieren, in Australien aber größere und billigere Luftfrachtkapazität nach Asien besteht, wählt man eher das Flugzeug. Die Kosten der Luftfracht betragen AUD 5,- je 5-kg-Kiste. Die Kühlung im Flugzeug erfolgt mit Trockeneis. Insgesamt beträgt der Exportanteil 50 %. Nur großfrüchtige Ware lässt sich exportieren. In diesem Jahr haben viele Betriebe nicht auf den hohen Fruchtansatz reagiert und nun Probleme mit der Fruchtgröße. Sortiert wird auch hier optisch. Je größer die Kirschen sind, umso kleiner ist die Verpackungseinheit. Viel Mühe wird in die optische Aufmachung der Verpackung investiert, mit der die Marken der Händler bedient werden. Sortiertechnik für Kirschen Das Unternehmen GP-Graders in Mount Waverley wurde 1963 gegründet und verkauft weltweit Sortieranlagen für Obst, Gemüse und Krustentiere. Sortieranlagen für Süßkirschen stellen inzwischen das Hauptgeschäft dar. Neben Mount Waverley bei Melbourne besteht eine weitere Produktionsstätte in Seattle, USA und eine Servicestelle in Currico, Chile. Beliefert werden die großen, kirschenexportierenden Länder wie Australien, Chile, USA und die Türkei, inzwischen auch Westeuropa. In Australien werden mehr als Dreiviertel der Kirschen in Supermärkten verkauft. Diese kaufen ihre Ware nur noch bei großen Lieferanten ein. Dadurch ist die Sortierung und folierte Verpackung schnell zum australischen Standard geworden. Elektronische Sortieranlagen werden seit 2007 angeboten. Bis 2011 konnten
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diese nur nach Größe und Farbe sortieren (Genauigkeit 98 %), inzwischen können auch Defekte erkannt werden (siehe Betrieb Riseborough). Durch die neue Technik konnte der Personalstand in den Packhäusern weiter deutlich reduziert werden werden. Es wurde ein neuer Stieltrenner mit Sägeblättern entwickelt, der gegenüber den hydraulischen Modellen eine höhere Leistungsfähigkeit besitzt. Die größten Maschinen sind 42-bahnig und leisten 25 t/h, die kleinste Maschine, 1-bahnig, leistet 600 kg/h. Durch die hohe Zahl der Qualitätsstufen kann für den Erzeuger ein maximaler Preis herausgeholt werden. Kirschenanbau in den Adelaide Hills, Südaustralien Ellimatta Orchards von Jane und Kym Green liegt bei Lenswood im Hügelland westlich der Millionenstadt Adelaide. Der Betrieb wird bereits in der 5. Generation geführt. Es werden 15 ha Äpfel und 15 ha Süßkirschen bewirtschaftet. Die Betriebsgröße ist typisch für diese Region, da den Farmern nach der Landerschließung durch Holzfäller jeweils 30–40 ha zur Verfügung gestellt wurden. In der Bodennutzung treten seit einigen Jahren Hobbylandwirte mit 2–3 ha Land in Konkurrenz zur professionellen Landwirtschaft und treiben die Bodenpreise nach oben, so dass eine Ausweitung kaum möglich ist. Die Betriebsflächen sind auf einer Distanz von 5 km verteilt. Dadurch wird auch das Risiko für Hagel und Trockenheit gemindert (Jahresunterschiede auf den Flächen bis zu 250 mm Niederschlag). Die in der Nähe liegende Versuchsstation Lenswood, von der einige Innovationen ausgingen, wurde vom Bundesstaat South Australia immer stärker im Budget beschnitten und vor kurzem komplett geschlossen. In der Obstregion ist überwiegend Apfelanbau zu finden (Sorten z. B. ‘Cripps Pink’, ‘Rosy Glo’ und ‘Fuji, Nagafu 2’. Wegen schlechter Marktlage wird die Sorte ‘Fuji’ gerade umveredelt auf ‘Rockit’, von der man sich bessere Vermarktungsmöglichkeiten erhofft. Bei der Veredlungsmethode des „Step Grafting“ wird seitlich am Stamm eine Kerbstufe eingesägt. In diese Stufe werden 2–5 Pfropfreiser der neuen Sorte eingesetzt. Die Umveredlungen sind nach 2 Jahren wieder in voller Produktion. Vermarktet werden die Kirschen vorwiegend auf dem Inlandsmarkt, der zunehmend von schlechteren Qualitäten zu niedrigen Preisen belastet ist. Die Ursache sieht Kym Green in den großen Exportbetrieben, die bestrebt sind, ihre guten Qualitäten zu Höchstpreisen zu exportieren, wobei dann der Rest auf den Inlandsmarkt und das Preisniveau drückt. Hauptursache für den hohen Prozentsatz guter Qualitäten in seinem Betrieb sieht Kym Green in seiner Baumerziehung und Kulturführung. Die Bäume sind als modifiziertes Spanish-Bush-System erzogen, auch als „Kym-Green-Bush“ (KGB) bezeichnet. Dazu werden die Haupttriebe in den
Exkursionsbericht: Süßkirschenproduktion in Australien
ersten beiden Jahren stark zurückgeschnitten, um bis zu 20 kräftige, aufrecht stehende neue Haupttriebe zu erhalten. Zusätzlich werden Lateraläste entfernt. Dadurch wachsen die Früchte am kräftigeren Holz, werden dicker, bringen eine höhere Pflückleistung (30 kg/h) und sollen besser mit Calcium versorgt sein. Die gesamte Baumhöhe ist bei rund 2 m begrenzt. Bei älteren Bäumen wird vor dem Handschnitt ein maschineller Schnitt durchgeführt, bei dem die Höhe und Seiten maschinell zurückgeschnitten werden. Der Schnitt erfolgt in der Regel im Winter, um keine vorzeitige Schwächung des Wachstums zu verursachen. Von den Leittrieben werden immer nur die stärksten herausgeschnitten, ebenso Lateraläste, sofern sie nicht schon bei der Sommerbehandlung herausgebrochen wurden. Die Wachsstumssteuerung erfolgt vorwiegend über die Bewässerung. Bei Bedarf wird die Bewässerung gestoppt und die Triebenden pinziert, um einen schnellen Triebabschluss zu erreichen. Die Bäume stehen in einem Pflanzraster von 4 m × 2 m, meistens auf der Unterlage Colt. Die Entwicklung zum Vollertrag im 6. Jahr geht von 1-, zu 3-, 5-, 15- bis zu 20 kg/Baum. Das Netz zur Vogelabwehr wird frühzeitig vor der Ernte aufgezogen und liegt direkt auf den Bäumen. Die Vogelschäden, besonders durch Regenbogensittiche, können enorm sein. Die Ernte erfolgt in Pflückboxen, die am Schultergurt vorm Bauch getragen werden. Sie werden in Kisten entleert, die dann wieder in flache Großkisten (150 kg) mit Reflektionsfolien-Abdeckung gefüllt werden (Abb. 5). Von dort gelangen die Früchte in den Hydrocooler, wo sie in 2 Temperaturstufen von ca. 30 °C auf zunächst 15 °C und dann auf 7 °C heruntergekühlt werden. Am nächsten Tag steht die Sortierung an. Anschließend werden sie bei Bedarf innerhalb von 7 min auf 1–2 °C für den längeren Vermarktungsweg bzw. Lagerung heruntergekühlt. Der Betrieb von Susan, Simon und Craig Cornish in Kenton Valley hat eine der seltenen Süßkirschenanlagen in
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Abb. 5 Anlieferung an der Packstation in 150 kg fassenden Großkisten
Spindelerziehung, auch hier auf den Unterlagen Colt und Vogelkirsche. Auf 40 ha Süßkirschen, aktuell 30 ha im Ertrag, werden etwa 200 t/Jahr produziert. Die Sorten sind ‘Merchant’, ‘Chelan’, ‘Sir Douglas’, ‘Sunburst’, ‘Stella’, ‘Van’, ‘Lapins’, ‘Simone’, ‘Sweet Georgia’, ‘Sir Tom’ und ‘Sweetheart’. ‘Regina’ kann in Kombination mit dem den Kältebedarf brechenden Mittel Dormex noch angebaut werden, ‘Kordia’ jedoch nicht mehr. Für die Ernte werden ca. 70 Pflücker beschäftigt, für die Sortierung bis zu 30 Mitarbeiter. Für die Sortierung und Verpackung werden 24 AUD/h bezahlt. Durchschnittlich ernten die Pflücker 100 kg/Tag bei Lohnkosten von 1,40 AUD/kg. Wenn durchgepflückt werden muss, steigen die Lohnkosten auf bis zu 3 AUD/ kg. Das Vogelnetz bleibt ganzjährig über den Bäumen, da die Regenbogensittiche auch Knospenschäden verursachen können.
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